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Full text of "Journal für Ornithologie"

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JOURNAL 


ORNITHOLOGIE 


GEGRÜNDET VON J. CABANIS 
Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


mit Beiträgen von 


M. Bartels, v. Bianchi, R. Blasius, F. Braun, Conwentz, 
Frhr. C. v. Erlanger, O. Finsch, Frhr. H. Geyr v. Schweppenburg, 
B. Hantzsch, E. Hartert, O. Heinroth, Ed. Hellmayr, 

F. Helm, O. Kleinschmidt, P.Kollibay, O. Neumann, F. Poche, 
W. Schuster, J. Thienemann 


herausgegeben 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 


LII. Jahrgang. 


Mit 20 Tafeln, 5 Karten und einem Bildnis. 


Leipzig 1904. 
Verlag von L. A. Kittler. 


9 London, ris, New-York, 
F Williams & Norgate,.14 F. Vieweg, rue Richelieu 67. B. Westermann & Üo. 
% Henrietta Street, Coventgarden. 812 Broadway. 


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Inhalt des Lil. Jahrganges (1904). 


Seite 
V. Bianchi, Übersicht der Formen der Gattung Ithaginis. (Aus 
dem Russischen übersetzt von R. Schmidt) . . EN) 
R. Blasius, Gustav Radde f. Ein Lebensbld . . . „2... 1 
F. Braun, Zugvögel und Florenwechsel . . . . 2.2.2... 448 
Conwentz, Zur Abwehr. . . 1.2 650 
C. v. Erlanger, Beiträge zur Vogelfauna Nordostafulas a 
Taf. 1—19))..% 02%. a . 137 
O0. Finsch und M. Bartels, Über eine neue Pinkenart von Java. 
(Eiierzu Dar. oA) 2 122 
H. Geyr v. Schweppenbu m, Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 506 
B. Hantzsch, [Über eine Reise nach Island]. BE ARLER 0.2.88 
E. Hartert, Antikritik BERNER . 558 
0. Heinroth, [Bemerkenswerte Hreignisse i im Berliner Zoologischen 
Garten] . . REN REISDE. aa SS 
Ed. Hellmayr, [Über Iyn« pectoralis] ER .. 807 
F. Helm, Weitere Beiträge zu der Gätkeschen Hypothese über den 
Zug ir Vögel nach Alter und Geschlecht . . . . a) 
— Ornithologische Beobachtungen . . 408 
O0. Kleinschmidt, Über die geographische Verbreitung und den 
Zug der Santa 9 Blaukehlchen . . Sa N 12 
P. Kollibay, Die Vogelfauna der Bocche di Cataror I=.204880,.487 
0. Neumann, Vögel von Schoa und nn ee ra ie 
— Über name A : 5 RE EHER 
— [Über Rotflügelglanzstare] RR 50T 
F. Poche, Über die Zulässigkeit der : von lisa in seiner „Trait6 
d’Ornithologie“ eingeführten Namen . . . 2. 2 2020....296 
A. Reichenow, [Neue Vogelarten] . » © 2 2.2... 183, 307 
— [Über den Begriff der Subspezies] 3 700 
— [Über d. Unterschiede d. in Deutschland arkamıananllen N ucifraga- 
Formen] . . N A Ne EN Er 3 
— Zur Banlankemns EN: a 0 
W. Schuster, Entwickelung "oder Nicht-Entwickelung® ae an . 431 


J. Thienemann, III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten 
der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft . . . 245 


IV 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. Seite 
Bericht über die Oktobersitzung 1903 (Von P. se) a 
Bericht über die Novembersitzung 1903 . . . en 
Bericht über die Dezembersitzung 1908 . - . 2 2.2.2.2...808 
Bericht über die Januarsitzung 1904. 2, er 
Bericht über die Februarsitzung 1904 2313 
Bericht über die Aprilsitzung 1904 . . 2 2 2 2.2 22.7566 
Mitsliederverzeichnis 1904 7... nn 
Dem Herausgeber zugesandte Schriften. . . . 135, 316, 455, 570 

Abbildungen. 

Bildnis G. Radde’s. 


Taf. A. Orithagra estherae Finsch. 


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Gyps fulvus (Gm.) 

Gyps rüppelli Bp. 

Pseudogyps africanus (Salvad.) 

Serpentarius serpentarius (Mill.) u. orientalis (Verr.) 
Melierax canorus(Risl.)‚metabates(Heugl.),poliopterusCab. 
Aceipiter hilgerti Eıl. 

Aceipiter minullus tropicalis Rehw. 

Accipiter minullus (Daud.) u. m. intermedius Eıl. 
Hieraaetus spilogaster ([Du Bus] Bp.) 

Hieraaetus fasciatus minor Erl. 

Duteo anceps A. Brehm. 

Milvus aegyptius (Gm.), M. korschun (&m.) u. k. reiche- 
nowi Erl. 

Milvus korschun affıinis (J. Gd.) 

Falco eleonorae Gene u. schistaceus Hempr. Ehr. 
Falco concolor Tem. 

Cerchneis tinnunculus arthuri (Gurn.) 

Cerchneis fieldi El. 

Asio otus abyssinicus (Gußr.) 

Asio leucotis nigrovertex Erl. 


Karten. 


Taf. 1. Übersichtskarte des Nordosthorns Afrikas nebst Darstellung der 
VII zoogeographischen Gebiete. 
Taf. 2—5. Geographische Ergebnisse der Expedition Carlo Freiherr von 


Erlanger in Nordost-Afrika. 


JOURNAL 


ORNITHOLOGIE 


Zweiundfünfzigster Jahrgang. 


No. 1. Januar 1904. 


Gustav Radde 7. 
‚ Ein Lebensbild. 


Von Rudolf Blasius. 
(Mit Schwarzbild.) 


Gustav Radde wurde am 27. November 1831 als Sohn eines 
Schullehrers in Danzig geboren. Er besuchte dort das Real- 
eymnasium zu Petri und Pauli und wurde dann Apotheker. 
Namentlich Professor A. Menge unterstützte ihn bei seinen 
Studien. Besonderes Interesse zeigte Radde schon in frühster 
Jugend für Naturwissenschaften und sein glühendster Wunsch 
war, die weite Welt kennen zu lernen. Es gelang ihm, eine - 
geringe Reiseunterstützung von der Naturforschenden Gesellschaft 
in Danzig zu bekommen, 'und. mit Empfehlungen des damaligen 
russischen Konsuls in. Danzig, Herrn von Adelung, ging er 
im Winter 1852 nach der Krim. 

Hier und in Südrussland blieb er 3 Jahre und sammelte 
und beobachtete unermüdlich, indem er meistens zu Fuss Ge- 
birg und Tal durchstreifte. Die Resultate dieser Reisen, „Über 
das Tierleben am Faulen Meer“, „Versuch einer Pflanzenphy- 
siognomik Tauriens“, „Beiträge zur Ornithologie Südrusslands“ 
veröffentlichte er im „Bulletin der Moskauer naturforschenden 
Gesellschaft‘ und erregte hierdurch Aufsehen in dem massgeben- 
den Kreise Petersburgs. Von der Kaiserl. Geographischen Ge- 
sellschaft nach Petersburg berufen, traf er dort 1855 mit seinen 
reichen Sammlungen ein und wurde dann einer wissenschaftlichen 
Expedition nach Ostsibirien und Kamtschatka beigegeben. Im 

Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Januar 1904. 1 


2 Rudolf Blasius: 


September 1855 war er am Baikal-See, kam dann nach Seleginsk 
und blieb 11 Monate in Daurien, der hohen Gobi, ging westlich 
bis zu den Quellgebieten des Onon, östlich bis zum grossen Chin- 
san. In den Jahren 1857/58 lebte er am mittleren Amur in den 
damals 250 km auf- und abwärts menschenleeren Urwäldern des 
Bureja-Gebirges, dem sogenannten kleinen Chingan mit 2 Kosaken, 
einem Tungusen und einem Hunde in einem selbsterbauten Block- 
hause. 1859 erforschte er den östlichen Sajan, die Quellgebirge 
des Irkut, die östlichen Quellen des Jenissei und erstieg den 
3500 m hohen Munku-Sardyk. Nach Gründung einer Kosaken- 
Stanitza, nach ihm Raddowka genannt, kehrte er im Winter 1860 
mit reichen zoologischen und botanischen Sammlungen nach 
5jährigem Einsiedler-Leben nach Petersburg zurück. 

Die Resultate dieser Forschungen sind veröffentlicht in den 
Schriften der Kaiserlich Russischen Geographischen Gesellschaft, 
im Bulletin der Kaiserl. Russischen Akademie der Wissenschaften, 
im 23. Bande der Beiträge zur Kenntnis des russischen Reichs 
(Berichte über Reisen im Süden von ÖOstsibirien) und in einem 
zweibändigen selbständigen Werke: „Reisen im Süden von Ost- 
sibirien: I Die Säugetierfauna, Il. Die Festlandornis“, das von 
der Akademie der Wissenschaften herausgegeben und mit dem 
Demidow-Preise belohnt wurde. Einiges erschien auch in „Peter- 
manns Mitteilungen“, z. B. „3 Vorträge über den Amur‘ 1860 
und 1861 und in den Veröffentlichungen der Danziger Natur- 
forschenden Gesellschaft. 

Nach seiner Rückkehr nach Petersburg wurde er zum Kon- 
servator bei der Akademie ernannt, begleitete die Akademiker von 
Brandt und von Baer auf mehreren wissenschaftlichen Reisen 
nach Südrussland und wurde 1863 als Direktor des transkauka- 
sischen Museums und Leiter der öffentlichen Bibliothek nach 
Tiflis berufen, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Am 21. Juni 
1863 vermählte er sich mit Marie, der Tochter des Akademikers 
von Brandt. 

Die wissenschaftliche biologisch-geographische Er- 
forschung der Kaukasus-Länder war von nun an seine 
Lebensaufgabe. Jahr für Jahr durchstreifte er unermüdlich 
den kleinen und grossen Kaukasus, die Tiefländer zwischen bei- 
den Gebirgen, die Umgebung des Kaspischen Meeres, er beob- 
achtete und sammelte in den kolchischen Hochtälern, in Svane- 
tien, in den Quellgebieten des Rion und Ingur, am Elbrus (bis 


Gustav Radde 7. 3 


14300 Fuss), bei den Chewsuren, Tuschen, Pschawen, im Hoch- 
gebirge des Daghestan, im Quellgebiet des Argun, in den Hoch- 
tälern des westlichen Kaukasus bis zu der Küste des Schwarzen 
Meeres, in Talysch am Kaspischen Meer, am Salawan, im arme- 
nischen Hochlande, am Ararat (bis 14500 Fuss) und Alagös, am 
Goktschai-See, an den Quellen der Kura, in Karabag, Transkas- 
pien und Chorassan. 

Ausser diesen besonders Transkaukasien und Zentral-Asien 
betreffenden Reisen, hatte Radde das Glück, mehrere Male zum 
Begleiter auf Reisen russischer Grossfürsten auserwählt zu werden. 
Als er nach Tiflis kam, war der Grossfürst Michael Nicola- 
jewitsch Statthalter des Kaukasus. Dieser in hohem Grade 
für wissenschaftliche Bestrebungen empfängliche Fürst hatte die 
ausserordentliche Bedeutung eines so allgemein naturwissenschaft- 
lich durchgebildeten Mannes, wie Radde, richtig erkannt und zog 
ihn immer näher und näher an die grossfürstliche Familie heran. 
Ein wahres Freundschaftsverhältnis entwickelte sich zwischen Radde 
und dem ältesten Sohne des Grossfürsten Michael Nicolajewitsch, 
dem Grossfürsten Nicolai Michailowitsch, und Radde erhielt 
den Auftrag, den Grossfürsten 1870 auf dessen Reise in die Tiefländer 
des Kaspi-See’s zu begleiten, ähnlich 1888 bei einer Erforschungs- 
Reise nach Kolchis und Svanetien. In den Jahren 1890 und 1891 
begleitete er die jüngeren Söhne des Grossfürsten Michael Nico- 
lajewitsch, Alexander und Sergei, auf der Yacht „Tamara“ 
für 9 Monate nach Ceylon, den Sunda-Inseln und Vorderindien 
und in den Jahren 1895 auf der Yacht „Polarstern“, und 1898 
auf der Yacht „Sarniza‘‘ (Wetterleuchten) ging er zur Begleitung 
des damals schon schwerlungenkranken Grossfürsten Thronfolger 
und Caesarewitsch Georg Alexandrowitsch auf mehrere 
Monate nach den nordafrikanischen Küstenländern, nach Algier 
und Tunis, und streifte weiter südlich in mehreren Landtouren 
bis zum afrikanischen Wüstenrande. 

Die Beschreibungen dieser Reisen sind meistens in selb- 
ständigen Werken erschienen, vieles damals in geographischen 
(namentlich „Petermann’s Mitteilungen) und naturwissenschaft- 
lichen Zeitschriften, wie „Journal für Ornithologie“ und ‚Ornis“ ver- 
öffentlicht. Von selbständigen grösseren Werken seien erwähnt: 
„Berichte über die biologisch-geographischen Untersuchungen in 
den Kaukasusländern“, „Die Chewsuren und ihr Land“, „Reisen 
an der russisch-persischen Grenze: Talysch“, „Wissenschaftliche 

1* 


4 Rudolf Blasius: 


Ergebnisse der Expedition nach Transkaspien, Bd. I, Zoologie“; 
verschiedene Ergänzungshefte von Petermann’s Mitteilungen („Vier 
Vorträge über den Kaukasus“, „Aus den Hochalpen des Daghestan“, 
„Karabagh“, „Das Ostufer des Pontus‘“, „Der Nordfuss des Da- 
ghestan“, „Transkaspien und Chorassan“); „23000 Meilen auf der 
Yacht „Tamara“, Reise Ihrer K. K. Hoheiten der Grossfürsten 
Alexander und Sergei Michailowitsch nach Ceylon, den Sunda- 
Inseln und Vorder-Indien“ (russisch). 

Die Resultate seiner speziell naturwissenschaftlichen For- 
schungen hat er zusammengefasst in: 1) „Die Ornis caucasica“ 
(von der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg mit der 
Makarow-Prämie gekrönt), 2) „Die Fische der Kaukasusländer“, 
3) „Die Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasus- 
ländern (als 3. Band des Sammelwerkes der Professoren Engler 
und Drude „Die Vegetation der Erde‘, Leipzig, Engelmann, 1899), 
endlich 4) „Die Sammlungen des Kaukasischen Museums“, ein 
Werk, das auf 6 Bände berechnet war, wovon aber bis jetzt nur 4, 
Zoologie, Botanik, Geologie und Archaeologie erschienen sind. 

Mir ist das seltene Glück geworden, diesen hochgegabten 
unermüdlichen Forscher seit ungefähr 40 Jahren persönlich ge- 
kannt zu haben und ihm in der freundschaftlichsten Weise näher 
setreten zu sein. Nach dem er seine Amur-Reise vollendet hatte, 
kam er nach Braunschweig, um meinen Vater persönlich kennen 
zu lernen. Da sah ich ihn Anfang der 60er Jahre als junger 
Student in meinem elterlichen Hause, ein unauslöschlicher Ein- 
druck, den ich nie vergessen werde. Die Freundschaft, die ihn 
mit meinem Vater verband, übertrug er auf dessen Söhne, meinen 
Bruder Wilhelm und mich, 5 mal besuchte er mich, jedes Mal 
auf mehrere Tage, in meinem Hause in Braunschweig, zuletzt 
1899 mit seiner Frau, 1885 war ich mit meinem Vetter, Oberst- 
leutnant Brenning, mehrere Wochen bei ihm in Tiflis; auf 
mehreren Kongresse, so 1884 auf dem ersten in Wien und 1900 
auf dem dritten internationalen Ornithologen-Kongresse in Paris 
waren wir zusammen, seit 1878 unterhielten wir einen regen 
Briefwechsel (über 100 Briefe verwahre ich als teures Andenken 
meines mir unvergesslichen Freundes!). So habe ich einen tiefen 
Einblick gewinnen können in Radde’s Entwicklung als Mensch 
und als Pionier der Wissenschaft. 

Am besten lernt man den Menschen kennen im traulichen 
Gespräche unter guten Freunden und aus seinen Briefen. Einiges 


Gustav Radde 7. 5 


hieraus will ich zur Charakterisierung Radde’s mitteilen, zunächst 
aus den an meinen Vater gerichteten Briefen, dann aus den an 
die „lieben Braunschweiger“ Adolf Nehrkorn, Wilhelm und Rudolf 
Blasius. Der älteste Brief, den ich besitze, ist geschrieben am 
7./19. Oktober 1857: .‚In Ching-gan Gebirge am linken Amur- 
ufer, etwas oberhalb der Mitte des Ching-gan, 60 Werst strom- 
abwärts von seinem Beginne; auf meinem neu erbauten Schlosse‘. 
Ohne hier auf alle zoologischen Einzelnheiten einzugehen, will ich 
nur die geradezu klassische Schilderung mitteilen, die Radde uns 
von der Umgebung seines „Schlosses“ (es war dies ein ein- 
faches, von ihm selbst erbautes Blockhaus, in dem er monate- 
lang wohnte) und dem Leben im Urwalde gibt: 

„Jetzt endlich sind die Urwälder, die mich hier rings um- 
geben, einigermassen gelichtet und das Auge hat wenigstens 
auf den Höhen diejenige freie Gewalt, die ihm nötig ist zum Auf- 
spüren jeglichen Wildes. Nur in den Tälern verhindern dicht- 
gedrängte Gebüsche, besonders einer stacheligen Epheu - Art 
(Hedera senticosa) sowie Philadelphus sp. im Vereine mit Corylus 
rostrata, Berberis sp. etc.) das deutliche Sehen und so kam es, dass 
wir, ich und mein Tunguse, gestern ein Tigerweibchen mit Jungen, 
auf welches unser Hund uns aufmerksam machte, nicht gewahr 
wurden. Sie werden gewiss begierig sein, etwas Näheres über 
F. tigris zu hören und da kann ich denn Ihnen der Wahrheit 
gemäss Folgendes sagen: Der Tiger ist hier ein beständiger und 
namentlich im unteren Teile des Ching-gan ein recht häufiger Be- 
wohner, sodass ich fast mit Sicherheit darauf rechne, ihn irgendwo 
zu schiessen oder zu vergiften. In diesem Sommer wurde ein 
junges Weibchen 25 Werst unterhalb meiner Wohnung erlegt, und 
ich habe die sehr schöne Haut käuflich an mich gebracht. Auch 
schwamm vor fast einem Monat ein mächtiger Tiger durch den 
Amur und landete wenige hundert Faden von unserer Wohnung, 
wurde indessen zu spät bemerkt, um erlegt werden zu können. 
Viel seltener ist F. irbzs hier, die aber in den Ebenen des Son- 
gari vorkommen soll. Dagegen wird das Vorkommen des Luchses 
mir durch die Jagd treibenden Solonen (etwa 20 Seelen im ganzen 
Ching- gan, ein Mongolenstamm friedlicher Natur) als nicht 
selten angegeben, und tiefer im Hochgebirge soll Canis alpınus 
(„Dschergül‘“ genannt) in kleinen Gesellschaften hausen. Bären 
gibt es hier die schwere Menge, leider aber sind sie sehr furcht- 
samer Natur, so dass wir, obgleich wir bei unseren Jagden viele 


6 Rudolf Blasius: 


sahen, nur wenige erlegen konnten. Wenn Sie einen Tag hier 
in der Wildnis spazieren gehen würden, so bin ich überzeugt, 
dass Ihnen 10—15 Petze begegneten, die aber alle so flink sind 
und Reissaus nehmen, dass selbst unser guter Hund sie nicht 
stellen kann. Besser aber werden wir mit den Wildschweinen 
fertig, ein erlegter Eber gab uns 10 Pud prachtvolles Fleisch, 
und Hirsch und Reh werden zur Genüge für mich und meine 
4 Leute getötet. Ich lebe, wie Sie schon bemerkt haben werden, 
ein wahres Jägerleben, und das muss auch geschehen, wenn man 
sich in menschenleeren Urwäldern wohl befinden will. Die Jagd 
erhält mich frisch, gesund und mutig, sässe ich hier in meiner 
Stube und wollte auf europäische Weise leben, so würden Miss- 
mut, Langeweile etc. mich bald befallen und dann sich traurige 
Folgen anderer Art nur zu bald einstellen; denn Sie müssen 
wissen, dass ich, obgleich Gottlob für den Winter geborgen und 
ohne Mangel am Nötigsten zu leiden, doch viele Entbehrungen 
zu ertragen habe, wie solches nicht anders möglich ist, wenn 
man dergleichen Unternehmungen macht. Allein ich darf auch 
Ihnen sagen, dass mir bei Schwarzbrot und selbsterlegtem Wilde 
in diesen Einsamkeiten durchaus nicht die frohe Stimmung fehlt 
und dass ich als leidenschaftlicher Jäger ebensoviel Zerstreuung 
im Urwalde mir suche, als ich brauche, um Sehnsucht zum Westen 
mit Gleichmut zu ertragen. Ich habe die Wälder sehr lieb ge- 
wonnen, wer sich mit ihnen befreundet und ein wenig die tausend- 
fachen Stimmen der freien Natur versteht, der findet für Herz 
und Kopf, sei er selbst ganz isoliert, genug Stoff zu jeder Zeit.“ 

Die schalkhafte Ader Radde’s, die er in seinem späteren 
Alter so meisterhaft in der mündlichen Unterhaltung zeigte, 
spricht schon aus einem Briefe vom 9./21. August 1858 „Im 
Ching-gan in meiner Wohnung“: „Verehrtester Herr Professor! 
Ich muss Ihnen diesmal einen Irrtum nehmen, den Sie über 
meine Person haben. — Ich bin gar nicht, wie Sie glauben, Dr.; 
obgleich es mir recht lieb wäre, wenn ich es sein würde. Seit 
dem 20. Jahre treibe ich mich ununterbrochen in Gottes freier 
Natur umher und dafür bekommt man keinen gelehrten Grad. 
Die schöne Zeit vor dem 20. Jahre habe ich leider so gut wie 
ganz für meine jetzige Laufbahn verloren, da fast 4 volle Jahre 
in einer Lehre zugebracht wurden, die strenge sein musste und 
die zwar zur Bildung meines Charakters viel beigetragen, allein 
zur Kenntnis der Natur nur sehr wenig. Das, was ich von der 


Gustav Radde 7. 7 


Natur weiss, verdanke ich einigen wohlwollenden Lehrern und 
Freunden, manchen Büchern, mir selbst und endlich meinen 
Reisen, die unter den kläglichsten Umständen begonnen, dafür 
ein recht günstiges Ende scheinen nehmen zu wollen. — Auch 
soll der Magister oder Doktor später noch kommen, denn da die 
Hunde ohne Halsband und Namen, wie Sie wissen, ein schlechtes 
Leben auf offener Strasse führen und zuletzt doch nur dazu 
dienen, dass man ihnen das Fell über die Ohren zieht und es 
benutzt; so will ich mir solche Hunde zum Beispiel nehmen“ ..... 
„Jetzt hat man in der Nähe meines Schlosses eine Kosakenan- 
siedlung gegründet, deren Kommandeur ich für die Zeit meines 
Hierseins bin, und hat sie nach mir benannt „Raddedorf“.‘“ 
Schon auf der Rückreise begriffen, gibt er meinem Vater 
in einem Briefe vom 29. Januar /10. Februar 1859 eine schöne 
kurze nnd characteristische Schilderung der Flora des mittleren 
Amur-Landes mit Streiflichtern auf die Fauna: „Was mir in 
der ganzen organischen Schöpfung am mittleren Amur besonders 
auffiel und wohl die sorgsamste Prüfung bei späterer Bearbeitung 
erfordern wird, ist: der schneidenste Contrast vieler Tier- und 
Pflanzenformen im Vergleiche zu den dort waltenden klimatischen 
Zuständen. Es gehören diesen Gegenden, die im Winter die 
strengste Kälte eines continentalen Klimas heimsucht, eine ge- 
wisse und nicht geringe Anzahl fast tropischer Pflanzen und 
Tiere an. Papilio Maakii (eine neue Art, von der ich etwa 80 
Prachtexemplare mitbringe) ist eine jener tropischen Formen, 
und wintert als Puppe (2te Brut) bei anhaltender arktischer 
Kälte (30—35° R); freilich sind die Frühlings-Exemplare (April) 
fast nur halb so gross als die Sommerexemplare, allein es kommt 
uns hier nicht auf relative Grösse, sondern vielmehr auf über- 
raschende Lebenszähigkeit an. — Es liegt mir nun leider nur 
ein an mehreren Stellen in kleinen Intervallen unterbrochener 
Jahreseyklus meteorologischer Beobachtungen vor, da ich allein 
reise und Niemand während der unvermeidlichen Exeursionen 
ablesen und notieren konnte; allein etwas ist besser als garnichts 
und annäherungsweise wird sich wohl die mittlere Jahrestempe- 
ratur ermitteln lassen, und somit kann es sich herausstellen, ob 
sich die manigfaltigen Beispiele aus der belebten Natur, hier den 
bis dahin gültigen Theorien über die Abhängigkeit der Pflanzen 
vom Klima werden fügen wollen oder nicht. Bis jetzt kann ich 
Ihnen nur sagen, dass ebensowohl der plötzliche Wechsel südlicher 


8 Rudolf Blasius: 


und nordischer Typen, wie auch der augenscheinliche Wider- 
spruch der organischen Schöpfung zum Klima den mittleren 
Amur nicht nur zur interessantesten Gegend, sondern auch zur 
wichtigsten in Ostasien macht.“ 

Schon als junger Mann, Ende der 20er, hatte Radde diesen 
weiten Blick bei seinem Aufenthalte in der freien Natur. Diese 
ausgezeichnete Gabe, nicht bioss Pflanzen oder Tiere zu sehen 
oder zu sammeln, sondern zu gleicher Zeit ein offenes Auge zu 
haben für geologische, geographische, ethnographische und 
archaeologische Fragen, wurde gerade während der Hauptarbeits- 
zeit seines Lebens, als es galt, die Kaukasusländer zu erforschen 
und im Transkaukasischen Museum in Tiflis ein Bild des Er- 
forschten zu geben, besonders ausgebildet. Dazu kam eine ur- 
sprünglich vortreffliche Gesundheit und ein eiserner Fleiss im Ar- 
beiten bei einer übrigens für materielle Genüsse durchaus nicht 
enthaltsamen Natur. 

Nachdem Radde 1878 nach Besuch des Pariser interna- 
tionalen Kongresses der Botaniker zum ersten Male einige Tage 
bei mir in Braunschweig gewohnt hatte und wir manches Stündchen 
im Kreise guter und andächtig seinen Schilderungen lauschender 
Freunde zugebracht hatten, schrieb er mir am 12./24. Juni 1879 
aus Tiflis: „Ich sass seit Januar wie festgenagelt an meiner 
Ornis caucasica. Jetzt bin ich freier, weil die Systematik mit ca. 
400 Arten einstweilen abgeschlossen wurde. Ich kam gestern 
von einer Reise zum Kasbek zurück und sehe jetzt überall aus- 
schliesslich mit ornitholegischen Augen, um meine Beobachtungen 
im Manuskripte zu vervollständigen. Der eigentliche Zweck der 
Reise war ein botanischer. Ich habe ca. 50 Arten hochalpine 
Pflanzen mit Erdballen in vielen Exemplaren gehoben und sie 
lebendig nach Petersburg expediert. Ein Teil wird erst dort in 
der sibirisch -kaukasischen Alpengruppe auf’s Neue erwachsen. 
Die Pflanzen wurden in 9—11000° Meereshöhe genommen, es 
sind Pedicularis-, Anemone-, Androsace-, Primula-, Pulsatilla-, 
Alsine-, Draba-, Gentiana- etc. Arten. Ich hatte scheussliches 
Wetter, ich schimpfte den Geist des Kasbek, aber es half 
nichts. Fast den ganzen Tag dort oben Schnee und Regen 
— ich wurde ganz nass. — 3 Carabus Pushkinii brachte ich 
dito mit, mehrere Pierostichus- und Nebria-Arten. Nun kam 
ich Abends auf die Poststation, so zu sagen „mistnass,“ trank 
einen riesigen Schnaps, ass Forellen aus den Terek -Quellen 


Gustav Radde 7. 9 


und legte mich totmüde hin, schlief bis 3 Uhr, es goss wie aus 
Eimern, ich duselte weiter. Es wurde hell. — Wieder Nebel, 
Regen und damit Basta! Ich liess den Postkarren anspannen, 
zog meine Filzburka über den Kopf und flog im Regen mit 
dem Dreigespann davon. So wurden 23 Meilen in 24 Stunden 
zurückgelegt und ich kam im heissen Tiflis am anderen Morgen 
an. — Reine Wäsche, 2 Stunden Schlaf — Kopfschmerzen. Ich 
denke an Typhus — ich stehe auf, es geht gut; nochmals 4 
Stunden Schlaf, ich stehe auf, es geht gut. Ich expediere meine 
Pflanzen nach Petersburg, es ist abends, ich bekomme Appetit 


— am anderen Morgen ganz frisch und gesund. — Ich muss 
mich beim lieben Herrgott recht sehr für so starken Körper be- 
danken. — Das tue ich auch oft“....... „Bei Gelegenheit von 


Lanius Homeyeri komme ich auf den „Ragout fin“, den Cabanis 
mir in Bezug auf excubitor und major im Journal zum Vorwurf 
macht, zu sprechen (nämlich in der Ornis caucasica. Bl.). Die 
weissen Binden der Flügel sind sehr variabel. — Das sind keine 
Arten. Nicht anders geht es mir mit den 6 oder 7 Species, die 
man aus Phileremos alpestris und aus Garrulus glandarius 
creirt hat. Dass man unterscheidet, ist gut; dass man aber Alles 
trennt, was geringfügige Farben-Varietät ist, das ist nicht gut. 
Dadurch wird vor Allem das geographische Verständnis für weit 
verbreitete Species gestört und nicht selten ganz unmöglich 
gemacht. Blanford geht noch weiter als Cabanis. Seine 
Rubecula hyrcanica ist absolut gleich dem Rotkehlchen. Ich 
kann meinen Standpunkt nicht ändern, so lange ich nicht 
bessere Beweise für den Wert der Species habe, als die bei- 
gebrachten sind. Bei den Saxicola-Arten ist die Verteilung von 
Schwarz und Weiss ebenfalls sehr variabel. Ich halte an den 
Ansichten Pallas’, Gloger’s, Middendorff’s Schrenk’s 
und namentlich an denen Ihres Vaters fest, freilich wird Bremen 
und Berlin mich dafür schmähen“. 

Die Speziesmacherei der damaligen Zeit beschäftigte Radde 
immer auf das lebhafteste, so schreibt er mir in einem Briefe 
vom 14. Oktober 1880, eben zurückgekehrt von einer Sammelreise 
nach Lenkoran: „An E. von Hömeyer ist vorgestern langer 
„offener Brief“ zum Druck abgegangen. Da haben wir es nun, 
Homeyer selbst zieht Lanius major, excubitor und Homeyeri 
jetzt zusammen. Cabanis hat mir seiner Zeit im Journal einen 
„Ragout“, den ich gekocht hätte, vorgeworfen. Ich habe ihm, 


10 Rudolf Blasius: 


bevor ich Homeyer’s letzte Arbeit kannte, in meiner Ornis aus- 
einandergesetzt, dass ich trotz feiner Nase und einer gewissen 
Gourmandise diesen Ragout nicht im Stande war, zu entwirren, 
und dass der liebe Herrgott selbst ihn so gekocht hatte Behm 
wird in Gotha bald drucken (Bericht über Lenkoran in Peter- 
manns Geographischen Mitteilungen! Bl.) und wenn auch, dem 
Zwecke der Zeitschrift entsprechend, dort vornehmlich Geogra- 
phica behandelt werden, so bietet doch auch die Lebensweise 
der Vögel ausserordentlich viele Beziehungen zu Land und Klima, 
Boden und Nahrung, so dass er in geographischer Beziehung oft 
interessanter wird als in systematischer. Dies gilt gerade vom 
Kaukasus. — Die wesentlichsten Gesichtspunkte Gioger’s teile 
ich vollkommen und bin stolz darauf, ein Jünger Pallas’ zu 
sein... . Die Zeit der Reformation auf dem Gebiete der syste- 
matischen Ornithologie tut sehr Not.“ — 

1881 tagte der V. Archäologen-Kongress in Tiflis, und Radde 
hatte als Präsident des disponierenden Komites die Reise mit den 
Kongressmitgliedern nach Kutais zu arrangieren. 

Im Winter 1882/83 war Radde wieder in Deutschland und 
hatte die Ehre, Seiner Kaiserlichen Königlichen Hoheit dem 
Kronprinzen Rudolf von Österreich am 2. Februar seine 
im Manuskript fertig gestellte Ornis caucasica in Prag im Hradshin 
zeigen zu dürfen. Er schreibt mir unter dem 2. Februar 1883 
aus Prag: ‚Seit gestern Abend bin ich hier im Palais Seiner 
Kaiserl. Hoheit und erfreue mich der grössten Liebenswürdigkeit, 
die man sich nur wünschen und denken kann. Wenn alle Kron- 
prinzen der Erde so freundlich und gescheut, wie dieser, wären, 
so müsste man sie beneiden und jeder anderen Staatsform ausser 
der constitutionellen Monarchie fluchen. Es gibt viel zu er- 
zählen und auch die Allergnädigste Kronprinzessin hört, wie es 
scheint, ganz gern zu. Mein Leben, lieber Freund, ist reich, und 
ich habe in der Tat die Gabe vom Himmel erhalten, mein treues 
Gedächtnis mit der Phantasie einigermassen zu schmücken und 
meine gehorsame Zunge dann sprechen zu lassen. Nach einer 
halben Stunde bringe ich dem Prinzen meine Ornis und halte 
Vortrag. Er steht in Bezug auf Spezies-Begriff durchaus ganz 
auf unserem Standpunkt, und es wäre wünschenswert, wenn er 
sich an die Spitze der reformierenden Richtung stellen wollte.“ 
— Von Prag ging’s über Wien zurück. „Das Ende der Reise 
war schlecht (schreibt mir Radde im Briefe vom 24. Febr. aus 


Gustav Radde 7. 11 


Tiflis!), man sagt ja gewöhnlich: Das dicke Ende kommt nach, und 
so ist es mir gegangen. Nach 2tägigem Aufenthalte in Wien, 
wo ich auch Pelzeln sah (er steht auf unserem Standpunkte in 
der Systematik) ging ich an die Grenze und nach Odessa in der 
Hoffnung, dort sofort ein Schiff nach Batum zu finden. Aber 
der Hafen war zugefroren und es setzte bei NO. so starke Kälte 
ein, dass an ein Fortkommen nicht zu denken war. Ich wartete 
9 Tage und machte mich dann per Bahn über Charkow nach 
Wladikawkas auf, wo ich am 4. Tage Abends ankam, sofort an- 
spannen liess und Gott sei Dank schon in der Nacht das Gebirge 
mit seinem 8400’ hohen Pass forcierte und um 4 Uhr Nachmittag 
in mein Haus trat.‘‘ — Die nächsten Monate wurden nun ganz 
der Fertigstellung der Ornis caucasica gewidmet. Mein Bruder 
Wilhelm und ich hatten die Korrektur des bei Fischer in Kassel 
erscheinenden Werkes übernommen, um das zeitraubende Hin- 
und Hersenden nach Tiflis zu vermeiden. 

Nebenher beschäftigte sich Radde auf das Eingehendste mit 
dem auch decorativ prächtig auszustattenden Gebäuden des 
Museums und der Bibliothek in Tiflis. Bei seiner künstlerischen 
Veranlagung hatte er grossartige Pläne. So schreibt er mir 
unter dem 10. December 1883, nachdem er sich eingehend über 
den Druck der Ornis caucasica mit mir verständigt hatte, Fol- 
sendes: „Ich lebe und webe seit 2 Monaten in ganz anderen 
Sphären! Ich will Museum und Bibliothek durch eine „Ruhmes- 
halle“ verbinden und darin 15 riesige Fresken malen. Sie sollen 
die Haupterfolge der russischen Waffen in Vorderasien im Bilde 
für alle Zeiten fesseln. Dazu in Vitrinen der Nachlass der Heroen 
und die sonstigen Decorationen, vornehmlich durch Kriegstrophäen 
hergestellt. Ich habe mich derartig in diese Ideen hineingelebt, 
dass ich sie nicht mehr los werden kann und, da sie allerseits 
die grösste Sympathie hier finden, so zweifle ich gar nicht an 
der endlichen Ausführung. Bereits wird über das Terrain unter- 
handelt und mein Project will der Fürst Dondukow persönlich 
S. M. dem Kaiser vorlegen und um die Erlaubnis einer allgemeinen 
Subscription bitten. Die Sache muss gehen und in meiner leb- 
haften Phantasie sind schon alle Bilder fertig. Ich male schon. 
In 4 Jahren muss Alles fertig sein.“ 

Im Frühjahr 1884 ging Radde zum ersten internationalen 
Ornithologen-Kongresse nach Wien. Vom 7.—14. April waren 
die bedeutendsten Ornithologen der Gegenwart dort versammelt. 


12 Rudolf Blasius: 


Der hohe Protector, Kronprinz Rudolf, eröffnete die Versamm- 
lung mit jener für alle, die sich mit Ornithologie beschäftigen, 
unvergesslichen Rede: „Seien wir nur eingedenk der Tatsache, 
dass die Ornithologie, der zu Ehren wir uns heute hier vereinigt 
haben, ein schöner und wichtiger Teil der Naturwissenschaften 
ist, und die Naturwissenschaften mit ihren klaren, realen Thesen, 
mit ihrer Erforschung der Naturgesetze, mit ihrer Nutzbarmachung 
der Naturkräfte, haben diesem Jahrhundert den Stempel aufge- 
drückt, und unter dem Zeichen wahrer, weil wissenschaftlich be- 
sründeter, Aufklärung, dringen sie siegreich vor, die Forscher, 
gleichviel, ob ihre Werkstatt aufgeschlagen ist in hoher Stern- 
warte, im chemischen Laboratorium, im Seziersaale, in der Studier- 
stube, oder in Walde draussen bei der Beobachtung des Lebens, 
Schaffens und Vergehens in der Natur.“ Radde wurde zum Prä- 
sidenten gewählt und leitete die Versammlungen bei seiner ausser- 
ordentlichen Sprachgewandtheit (er sprach ausser russisch und 
deutsch, fertig französisch und konnte sich sehr gut englisch 
verständigen!) vortrefflich. Ausserdem erfreute er uns mit einer 
farbenreichen Schilderung seiner Reisen im Kaukasus, am Ararat 
und am Kaspischen Meere. Schöne unvergessliche Tage verlebte 
ich mit ihm zusammen in Wien. Hochinteressant war unser ge- 
meinschaftlicher Besuch beim Prinzen Ferdinand von Coburg 
(jetzigem Fürsten von Bulgarien), bekanntlich einem eifrigen sehr 
tüchtigen Ornithologen, der uns selbst in seiner grossartigen 
Vogel-Voliere umherführte, einem prächtigen luftigen, mit Dampf- 
heizung mässig erwärmten Raume, in dem wohl einige hundert 
der seltensten ausländischen, namentlich südamerikanischen, Vögel 
wie in einem tropischen Urwalde untergebracht waren und ihren 
lustigen Gesang erschallen liessen. 

Am 22. April wurde er in die Gesellschaft zur „Grünen 
Insel‘ als fahrender Ritter Prometheus in den Ritterbund aufge- 
nommen und mit folgendem Hymnus feierlich bewillkommnet 

Der Du von Tiflis mit dem Zug der Wandervögel 

Zum Strand der lieben blauen Donau kamst 
Und von der „grünen Insel“ Ritterordensregel 
Und ihrem schlichten Wirken Kenntnis nahmst, 
Sei uns gegrüsst in uns’rer treuen Freundesrunde, 
Du Mann der Wissenschaft aus fernem Land, 
Und lass nicht reuen Dich die hier verlebte Stunde, 
In der Dein Herz hier Treue fand! 


Gustav Radde y. 13 


Als Forscher der Natur kennst Du die vielen Arten 
Der Vögel, die da nisten, gross und klein, 
Vom mächtigen Adler bis zum Kolibri, dem zarten, 
Dir dürfte unbekannt kein Vogel sein. 
Hier findest lust’ge Vögel Du von allen Sorten, 
Für die im Winter selbst der Lenz nicht schied, 
Zur Fröhlichkeit dressiert, sogar zu ernsten Worten, 
Treu deutscher Kunst und echtem deutschen Lied. 
Als Bruder grüssen Dich hier geistverwandte Brüder 
Und bleiben Freunde Dir auf Lebenszeit; 
Drum, kehrst zurück Du in die ferne Heimat wieder, 
Gedenke ihrer stets mit Freundlichkeit! 
Ornitholog, uns allen endlos lieb und teuer, 
Du siehst, dass Wien so Kunst als Wissen pflegt, 
Und dass so mancher lust’ge Vogel goldene Eier 
Im scheinbar unscheinbaren Neste legt. 


Dann fuhr er weiter durch Deutschland über seine Vater- 
stadt Danzig, die er niemals zu besuchen vergass, wenn er sich 
auf europäischen Boden befand, nach St. Petersburg zum inter- 
nationalen Botaniker-Kongress. Derartige Reisen nach der Haupt- 
stadt des russischen Reiches waren notwendig, um sich einmal 
wieder in Erinnerung zu bringen. und neue Gelder für wissen- 
schaftliche Expeditionen und Publicationen flüssig zu machen. 
Sind diese bewilligt, dann sprudelt Radde förmlich vor Freude 
über. So schliesst er seinen Brief vom 3. Juli 1884 in höchst 
characteristischer Weise, in dem er auch der schönen in Braun- 
schweig und Riddagshausen verlebten Tage gedenkt: „Unser neuer 
Etat ist am 8. Mai von Sr. Majestät bestätigt worden und haben 
wir die Summe von 13000 Rubel pro Jahr schon vom 1. Januar 
dieses Jahres zur Disposition gestellt erhalten. Damit sind denn 
die lahmen Flügel gesund geworden und ich werde nun auch für 
Spirituosen sorgen können. — Nun wünsche ich Euch einen 
sonnigen Nachmittag und eine Ausfahrt zur Schwiegermama (diese 
wohnte damals auf einem grossen parkartigen Garten vor der 
Stadt! Bl.), einen guten Kaffe mit Kuchen, einen schönen Sonnen- 
untergang und vielleicht, obgleich das schon Etwas zu spät sein 
dürfte, den Amselschlag. — Schön ist es bei Euch doch. Nehr- 
korn meine Empfehlungen, die ganze Familie miteingeschlossen. 
Die Karpfenteiche dazu! (Es war Radde’s grösstes Vergnügen, 


14 Rudolf Blasius: 


bei seinem Hiersein der grossen Fischerei der Riddagshäuser 
Teiche beizuwohnen und oben im Saale des Fischmeisterhauses in 
gemütlicher Gesellschaft zu frühstücken! Bl.) — Ich hoffe, nächstens 
wieder aus Kassel etwas zu erhalten. Ich muss frei werden und 
dann nur an Merw und die Expedition dorthin denken. — 
Ich mache den liebenswürdigen Damen einen tiefen Knix allerseits 
hin, grüsse die Kinderchen und schüttle Euch in treuer Freund- 
schaft die Hand. Euer Gustav der Schöne.“ 

Im Juli ging Radde nach den Siemens’schen Kupferwerken 
in Kedabeg und von dort gegen 8. S.W. in das Hochgebirge von 
Karabageh und an die Ostseite des Goktschai-Sees, hauptsächlich 
um in Höhen von 12000‘ Pflanzen zu sammeln. 

Im Winter 1884/85 schrieb R. sein grosses Werk über 
Talysch. 17. Januar 1885 heisst es in seinem Briefe: „Täglich 
schreibe ich 10—12 Druckseiten, dabei wird mir aber die Hand- 
wurzel heiss und der Arm schmerzt, auch die Augen lamentieren 
schon. — Erst in den Wüsten wird es mir besser gehen.“ 

Im Sommer 1885 durchstreifte er das südliche Daghestan vom 
Bogos bis zum Schach- dagh und kehrte im August nach Titlis 
zurück, um meinen Vetter Oberstleutnant Brenning und mich, 
die wir die längst verabredete Reise nach dem Kaukasus unter- 
nommen hatten, in seinem Hause gastlich aufzunehmen. Das 
waren schöne unvergessliche Wochen, die wir dort zusammen 
verlebten. Am 29. August trafen wir nach einer Reise durch die 
Krim, über das Asowsche Meer, Rostow, Wladikawkas und das 
Hochgebirge des Kaukasus per Post in Tiflis ein. 

Ein wahres Vergnügen war es, die Räume des Museums zu 
durchwandern und sich von Radde in die Kenntnis der Kauka- 
sischen Menschen-, Tier- und Pflanzenwelt einführen zu lassen 
und dabei die köstlichen Schilderungen seiner Reisen von Mund 
zu Mund bei fast jedem Stücke des Museums zu hören. Staunens- 
wert ist es, was dieser eine Mann schon damals dort in diesem 
Muster - Museum zusammengebracht hatte. — Mit Radde’s Em- 
pfehlungen ausgerüstet, machten wir die interessantesten Ex- 
kursionen in die nähere und weitere Umgebung. Am 1. September 
brachen wir auf nach dem Siemens’schen Kupferbergwerke Keda- 
beg, wo wir in dem gastfreundlichen Familienkreise Bolton, 
des damaligen Direktors des Werkes, köstliche und interessante 
Tage verlebten. Dann fuhren wir, wieder mit Empfehlungen 
von Radde ausgerüstet, am 11. September nach Baku und 


Gustav Radde }. 15 


besichtigten dort die: hochinteressanten Naphta - Quellen, den 
sogen. Tempel des Zoroaster und die Petroleumraffinerien. Am 
15. September unternahm Radde mit uns eine gemeinschaftliche 
Tour nach Borshom, dem Sommer-Aufenthalte des Grossfürsten 
Michael Nicolajewitsch und seiner Familie. Im Kavalierhause 
wurden wir untergebracht und hatten die Ehre, von Seiner Kaiser- 
lichen Hoheit im Schlosse empfangen und auch der Grossfürstin 
Olga, einer Schwester des Grossherzogs von Baden, vor- 
gestellt zu werden. Es war ausserordentlich interessant für uns, 
die ganze grossfürstliche Familie, auch die Söhne, darunter den 
ältesten Nicolai Michailowitsch (bekannten Lepidopterologen) 
kennen zu lernen, die alle in so überaus entgegenkommender 
Weise die wissenschaftlichen Arbeiten Radde’s unterstützt hatten 
und seine vortrefflichen Eigenschaften als Pionier der Wissen- 
schaft und anregenden Gesellschafter zu schätzen wussten. Auf 
Freitag, den 18. September, wurden wir zu einer grossen Jagd auf 
Gemsen, Bären und Hirsche eingeladen. Nichts kann bezeichnender 
sein für das innige freundschaftliche Verhältnis, in dem Radde 
zu seinen grossfürstlichen Gönnern stand, als der Verlauf dieser 
Jagd. Ich lasse meine Tagebuchnotizen folgen: „51/, Uhr stiegen 
wir auf die uns vorgeführten Kaiserl. Kosakenpferde, Gewehre 
und Patronen erhielt der Kosak. Ich hatte glücklicher Weise 
ein sehr ruhiges Pferd, sehr guten Sattel und sehr gute Steig- 
bügel (N.B. ich bin an und für sich kein guter Reiter, hatte aber 
vor 8 Tagen in Kedabeg noch das Unglück gehabt, beim Sturz 
mit dem Pferde mir eine schwere Kontusion des rechten Schien- 
beines zuzuziehen, sodass ich selbst beim Gehen noch sehr be- 
hindert war). Auf dem Jagd-Rendez-vous an der 5. Brücke 
oberhalb der Schlucht, waren wir, Radde, Brenning und ich, von 
den Jägern die ersten, nur 1 Kosaken-Offizier mit 12 Kosaken 
waren bereits anwesend. 61/, Uhr kam der Grossfürst Michael 
mit seinem ältesten Sohne Nicolai angefahren, stieg aus, be- 
grüsste uns Alle, reichte Jedem von uns die Hand und liess uns 
aus seiner Hand die Nummern für die Stände ziehen. Die übrigen 
Jagdgäste, namentlich der Fürst Bariatinski, der Stallmeister 
Dubenski, der Gutsverwalter Wassilei, der Oberförster Kratke 
waren alle schon vorher eingetroffen. Der Grossfürst stieg in 
seinem grauen Joppen-Anzuge, nachdem er sich den Baschlik 
umgeschlagen hatte, zu Pferde und ergriff die T&te, dann ging 
es, im ganzen wohl 30—40 Pferde, einen unglaublich steilen 


16 Rudolf Blasius: 


Reitweg immer im Schritt bergan. Nach etwa 20 Minuten 
hatten wir den Bergrücken erreicht. Auf gutem Fahrwege ging 
es dann auf diesem zwischen beiden Flüssen liegenden Bergsattel 
weiter östlich etwa 1 Stunde lang. In einem kleinen Dorfe 
präsentierte eine Bäuerin Brot und Salz. Endlich hatten wir die 
Treiber und Hunde erreicht; in 2 Koppeln standen sie dort, der 
Rüdemann mit dem Horne daneben, einige 20 Kosaken zur Seite. 
In strammer Haltung wurde der Grossfürst begrüsst. Nun kam 
ein steiler Abritt, den Brenning und ich lieber zu Fusse machten, 
unten an der Borshomka angekommen, hiess es nun im reinsten 
Urwalde, auf einem schier unglaublichen Wege, wobei man Hals 
und Bein brechen konnte, seinen Stand erreichen. Ich stand in 
demselben kleinen Seitentale mit dem Grossfürsten Nicolai; 
Grossfürst Michael hatte den letzten Stand und musste noch 
viel weiter. Grossfürst Nicolai kam gleich auf mich zu und bat 
mich, ihm etwas näher zu rücken, damit ich das, was er ver- 
pudelte, totschiessen könnte; ich tat das aber nicht, da ich sonst. 
nur 20 Schritte von ihm entfernt gestanden hätte — sondern 
entschuldigte mich und blieb auf meinem Stande (Nummern, die 
an den Bäumen angeschrieben waren) stehen. Vor dem lauten 
Rauschen der Borshomka hörte man nichts, endlich kam es mir 
vor, als ob Hunde über mir jagten, es dauerte fast 1 Stunde, 
da kamen die Hunde an mir vorbei und bellten verloren, bald 
erschien auch der Oberförster und teilte mit, dass das Treiben 
nochmals zurück genommen werden sollte. Auch nichts! Müh- 
seliger Weg zurück! Wir waren alle ermattet und lagerten uns 
auf Befehl des Grossfürsten zum Frühstück im Schatten. Köstlicher 
Fleck in diesem Urwalde von Nordmanns-Tannen! Radde musste, 
wie üblich, die Hugenotten singen und begann mit den Anfangs- 
takten des Raoul, die an den Lockruf der Kohlmeise erinnern. 
Der Grossfürst Nicolai setzte sich, wie gewöhnlich, auf seinen 
Hut. Sehr nette amüsante ungenierte Jagdunterhaltung, Radde 
wurde immer per „Du“ angeredet. Es folgte noch ein drittes 
Treiben, dann wurde der Rückweg, zum Teil zu Fuss, da es sehr 
steil war, angetreten. Unten am Flusse stiegen wir alle zu Pferde, 
es ging den steilen Berg hinan, dann immer auf gutem Fahrwege 
über den Bergrücken hin. Unten dicht über dem Orte Borshom 
sahen wir den Grossfürsten Michael, der voran geritten war, in 
schnellem Trabe ankommen. Er rief Dubensky etwas zu und 
schickte ausserdem einen Kosaken, wir möchten doch so, wie wir 


Gustav Radde }. 17 


wären, im Palais frühstücken. Ich ritt nun im Schritt direkt 
dorthin! Wie ich war, in meiner grauen Jagdjoppe! Radde 
kam bald nach in seiner famosen Joppe. Wir entschuldigten uns 
wegen unseres Kostüms, aber der Grossfürst hatte es ja so ge- 
wollt. Sehr bald erschienen der junge Grossfürst Nicolai und 
der Vater Michael, die sich beide umgekleidet hatten. Nun 
stellte es sich heraus, dass wir dort dinieren sollten. Die Hof- 
dame, Fräulein von Ursuff, erschien, also musste auch die 
Grossfürstin kommen. Wir lernten die beiden jüngsten Gross- 
fürsten kennen, Sergei und Alexander, den einen älteren in 
Kadetten-Uniform, den kleinen (ein reizender Junge, ganz wie die 
Mutter!) in weissem Kittel. Der Grossfürst bat uns nun, zum 
Diner zu kommen, die Grossfürstin erschien, ich machte meine 
untertänigste Verbeugung, der Grossfürst führte mich zu dem 
Tische mit der Sakuska, dann hörte ich, wie er fragte (es wurde 
immer „Deutsch“ gesprochen), wen sie zu ihrem Tischherrn zu 
haben wünschte, sie nannte mich und der Grossfürst befahl, dass 
ich mich zu ihr setzte, er sass auf der anderen Seite, Radde 
uns gegenüber. Das Diner war ausgezeichnet; als ich die Fisch- 
suppe nehmen wollte, wehrte die Grossfürstin ab, die könne ich 
nicht essen, und redete mir zur Bouillon zu. Ich unterhielt mich 
mit der Grossfürstin ausgezeichnet, gerade so lebhaft, wie mit 
jeder anderen Dame, viel sprachen wir über unseren verstorbenen 
Herzog Wilhelm, den sie sehr gut gekannt hatte. Radde nahm 
in der ungezwungensten Weise an der Unterhaltung teil und 
schrob sich etwas mit dem Hofmarschall. Nach dem Diner, das 
wohl 1 Stunde dauerte, bekamen wir eine ausgezeichnete Tasse 
Kaffee und einen Papyros (Cigarette!), dann empfahlen wir uns 
der Grossfürstin im Entre-Zimmer und wurden mit der grossen 
Dolgushka nach dem Kavalierhause gebracht. Unvergesslich 
schöner Tag!“ 

Am folgendem Tage fuhr ich mit Radde nach Abastuman 
über Achalzi. Unter Führung des Dr. Remmert (späteren 
Generalstabsarztes der russischen Armee) besichtigten wir die 
grossartigen Badeeinrichtungen, dann am folgenden Tage die 
Luftbäder für tuberkulöse russische Soldaten. Das ganze Bad 
liest in bezaubernd schöner Gegend, so dass man es verstehen 
kann, dass der kranke Grossfürst-Thronfolger hier einen grossen 
Teil des Jahres sich aufhielt. Am 20. September kehrten wir 
nach Borshom zurück, um uns der grossfürstlichen Familie mit 

Journ. f. Orn, LII, Jahrg. Januar 1904. 2 


18 Rudolf Blasius: 


den Gefühlen des tiefsten Dankes zu empfehlen, und waren am 
22. September wieder in Tiflis, um am folgenden Tage unserem 
liebenswürdigen Wirte zur Heimreise Lebewohl zu sagen. 

Unvergesslich werden mir diese Wochen sein, die ich bei 
meinem alten Freund Radde zubringen durfte. Unendlich viel 
Interessantes haben sie mir gebracht, namentlich aber gaben sie 
mir einen klaren Einblick in das wirklich innige, freundschaftliche 
Verhältnis, das zwischen der grossfürstlichen Familie und Radde 
bestand und das so ausserordentlich günstig auf Raddes ganze 
wissenschaftliche Thätigkeit im Kaukasus einwirkte, indem vor allen 
Dingen immer die nötigen Geldmittel für seine wissenschaftlichen 
Expeditionen zur Verfügung standen. 

Die schon seit Jahren geplante russische „wissenschaftliche 
Reise‘ nach Zentral-Asien kam zu Stande Am 28. Juli traf er 
wieder auf der Rückreise in Aschabad ein. Wie riesengross die 
Strapazen dieser Reise waren, ergibt ein Brief vom 2. August 
aus Aschabad: „Ich bin seit 5 Tagen wieder hier, aber halb tot. 
Alle Mitglieder der Expedition sind mehr oder weniger krank. 
Ich und Bergingenieur Kontoschin wurden von heftigen Fieber- 
anfällen heimgesucht. Dr. Walter hat sich am 3. Juni das 
rechte Bein gebrochen und ist jetzt so weit hergestellt, dass er 
zu gehen anfängt. Diener und Präparant sind auch leidend. Im 
Hospital liegen hier über 500 Soldaten an Typhus und Ruhr. — 
Wir haben sehr schwere Reise in den letzten Monaten gehabt. 
Das Gebiet Murgab-Fedschen und die neue Afghanen-Grenze 
studiert. Wochenlang 2 Uhr nachm. 53—58° Cels. in der Sonne. 
Zweimal hat 60° nicht gereicht. Nachts heisse Nordstürme von 
den erhitzten Karakum-Sandwüsten. Tausende von Mücken und 
Mosquitos, sobald es still wird. Total zerstochen. Dabei infolge 
der Hitze prickelnden, feinen Ausschlag fast auf dem ganzen 
Körper. Auf 300 Werst Distanz haben wir Wasser in Schläuchen 
und Gerste für die Pferde mitnehmen müssen, es ging durch 
menschenleere Sand-, Lehm- und Salzwüsten. Immer reitend, 
ohne Schutz vor der Sonne. Es gibt da keine Bäume. Auf 
weite Strecken hin gibt es zu dieser Jahreszeit auch keinen 
Vogel (buchstäblich), danke Gott, dass Du solche Gebiete nicht 
siehst. Wir sind in wenigen Tagen auf den höchsten Punkten 
des Kopetdagh (10000). Mir wird Luftwechsel helfen. Ob es 
dann nach Mesched geht, kann ich nicht sagen. Es hängt alles 
von unserer Gesundheit ab.“ 


Gustav Radde j- 19 


Im Winter 1886/87 wurde der russische Bericht über die 
Merw-Expedition und die Schilderungen aus dem Daghestan für 
Petermanns Mitteilungen fertiggestellt. Dann sandte er mir die 
Nachträge zur Ornis caucasica. Er schreibt unter 20./1.1887: „Dann 
kommt der Beitrag für Deine ‚„Ornis‘“, von mir pro 85: Daghestan 
und von Dr. Walter: Daghestan Ergänzungen zu Talysch, die er 
soeben brachte. Er fuhr nämlich zum Feste dorthin und wäre um 
ein Haar am 3.—4. Januar in der Mugan im Schnee umgekommen. 
13 Stunden hatte er sich verirrt und die Pferde fielen. Das ist 
wieder so eine Szene unter dem 39° N. Br., die nur in Asien 
möglich ist. Walter ist der vorzüglichste Jäger, den ich kenne, 
und gründlicher Zoologe.“ 

Mitte Juli 1887 ging er mit Dr. Brückner (Seewarte von 
Hamburg) zu den Gletschern der Ossetischen Alpen. Hier erlitt 
er seinen ersten Podagra-Anfall, eine unangenehme Krankheit, 
die sich nun von Zeit zu Zeit wieder einstellte und ihn sehr 
an seinen geplanten Reisen hinderte. Er sandte infolge dessen 
Dr. Walter auf seine Kosten zunächst Ende Februar nach 
Transkaspien bis zum Amu-Darja und der neuen Afghanengrenze. 
W. brachte reiche Ausbeute mit, holte sich aber, wie Radde anfangs 
meinte, durch vieles Wassertrinken ein böses Fieber und wurde 
dann zum Herbste nochmals in den Kaukasus geschickt. — Radde 
schreibt mir unter dem 8. Oktober 1887: „Dr. Walter entsandte 
ich ins Hochgebirge, um zu beobachten, ob irgend etwas dort 
wirklich drüber fortzieht. Im August fand das nicht statt und 
ich werde wohl — contra Bogdanow — recht behalten. — 
Jedenfalls findet der Hauptzug in den von mir in der Ornis ver- 
zeichneten Richtungen im Tieflande statt. Der arme Walter ist 
ernstlich krank. Ich werde mich leider nicht getäuscht haben, 
wenn ich ihn lungenleidend betrachtete. Er hat in letzter Zeit 
fast beständig starkes Fieber und Blutauswurf. Man kann da 
leider gar nicht helfen. Seinen Wunsch, zu reisen, habe ich ihm 
erlillte. Mia... —" 

Mit seinen grossfürstlichen Freunden blieb er in steter Ver- 
bindung. „Aus Granada (Brief vom 8./10. 1887) erhielt ich 
liebenswürdige Depesche vom Grossfürst Nicolai Michailo- 
witsch, er reist mit Dr. Sievers (einem der besten Freunde 
Raddes und Privatsekretär des Grossfürsten! Bl.) in Spanien 
und geht nach den Kanaren. Aber eine noch viel liebens- 


würdigere kam vom Amur, woselbst der Grossfürst Alexander 
Di 


20 Rudclf Blasius: 


Michailowitsch (er ist Seemann und macht eine Reise um die 
Welt, war von Wladiwostok über Nicolajewsk dem Amur auf- 
wärts gereist) die von mir seit 30 Jahren gegründete Kosaken- 
Stanitza (Raddowka) besuchte und mir nun zum Erfolge, eingedenk 
meiner Erzählungen, die er als Knabe hier hörte, gratulierte. 
Dies war äusserst liebenswürdig vom jungen Prinzen.“ 

Trotzdem Radde eine so ausserordentlich angenehme Stellung 
in Tiflis besass, hatte er doch im Stillen oft die Sehnsucht, wieder 
in sein deutsches Vaterland zurückzukehren. Um ihm dazu be- 
hilflich zu sein, hatten im Beginn des Jahres 1888 A. Nehrkorn, 
mein Bruder und ich uns bemüht, ihm hier eine Stellung zu ver- 
schaffen. Dieselbe sagte ihm aber nicht zu. Er schrieb 24./2. 1888: 
„Gern würde ich mich ganz vom Dienste zurückziehen und irgendwo 
bei Euch meine alten Tage verleben, aber dazu bin ich doch noch 
zu rege und habe auch nicht reichliche Mittel.‘“ Mit einigem In- 
erimm lässt er sich in demselben Briefe wieder über die Arten- 
splitterei aus, gegenüber Bogdanow und Menzbier: „Was wir 
von Transkaukasien über die Vogelwelt wissen, gehört wesentlich 
meiner Ornis an und wird durch die Nachträge alljährlich ergänzt. 
Hätte ich hier zu Lande nur Ornithologie getrieben und diese auf 
meinen Reisen extensiv behandelt, so wäre natürlich mehr Material 
zusammengekommen, — aber Du hast ja selbst gesehen, was Alles 
im Museum aufgestapelt wurde und das habe ich doch im wesent- 
lichen Alles selbst zusammengebracht. — In der Menzbierschen 
Vorrede zu Lorenz’ Beiträgen zur Ornithologie der Nordseite des 
Kaukasus findest Du seine Musik — und natürlich noch eine 
neue Star-Art. Nun haben wir schon 5 bis 6 Star-Arten in 
Europa, die sich nach dem Metallschimmer der Federn artlich 
und erblich unterscheiden, wobei man natürlich noch in einer 
bestimmten Richtung auf die Federn sehen muss und dabei auf 
Individuen stösst, bei denen man die Grenzen zwischen Grünblau 
und Blaugrün, Stahlpurpur und Purpurblau nicht auseinander 
halten kann. Meiner Meinung nach endet derartige Spezies- 
bildung, konsequent durchgeführt, ganz so wie das alljährlich 
durch N. N. bereicherte Verzeichnis der Rosen- oder Hyacinthen- 
Kataloge. In diesen Tagen schreibe ich auch an Menzbier. 
Ich kenne ihn zwar nicht persönlich, aber ich will gern in guten 
Beziehungen zu ihm bleiben.“ 

Am 21. Juni 1888 feierte Radde im Kreise seiner Kinder 
in den gastlichen Räumen seines hohen Freundes, des Gross- 


Gustav Radde f. 21 


fürsten Nicolai Michailowitsch, seine silberne Hochzeit und 
sing dann mit ihm und dem Fürsten von Mingrelien im Juli 
nach Hochsvanien, „eine prachtvolle, märchenhafte Reise. Der 
Mingrelier hat uns über alle Massen fürstlich empfangen. Ich 
habe dergleichen nie in meinem Leben in so wilden Gegenden 
gesehen‘ (Brief vom 6./8. 1888). — Nach der Rückkehr stürzte 
er sich wieder in volle Arbeit, um das Museum zu dem bevor- 
stehenden Besuche des Kaisers würdig vorzubereiten. In aus- 
gelassener Weise beantwortet er mir einen Brief, wegen Korrektur 
der Ornis-Nachträge unter dem 5./9. 1888: „Liebster Freund! 
Umgehend Antwort! Vor 3 Tagen mit Extrazug angekommen — 
begleitete Grossfürst Nicolai Michailowitsch und Sievers 
bis Mschet. Nun bis 10. September hier. Arbeit kocht im 
Museum. Remonte fertig. Jetzt Ergänzungen! Neue Gruppen, 
elegante Ausstellung. Einstweilen auf Pump, werde schon Geld 
bekommen, brauche Minimum 2000 Rubel. Gott ist gross und 
lässt einen ordentlichen Preussen nicht umkommen. Bin kreuz- 
fidel, Podagra schläft, Gott sei Dank, obgleich sehr viel getrunken. 
Warum soll man sich grämen? Bin vor kurzem Grossvater in 
München geworden, befinde mich dabei ganz wohl und will auch 
bald ernst werden, wird auch vielleicht gelingen. In London 
Ehrenmitglied von Geographical Society, auch vom Alpine-Club, 
Senckenberg in Frankfurt a. M. Mitglied und in Paris dito ernannt. 
Alles gut, wenn ich komme, wollen wir lustig sein. Jetzt 
denke ich viel an die Drosseln und im Oktober noch mehr. 
Schade, dass ich nicht bei Nehrkorn dem Teiche entlang die 
Dohnen besehen kann. Lebt alle recht wohl, grüsse die Deinigen 
und die Freunde und auch den famosen Hund!) und bleib gut 
dem lieben Gustavchen.“ 
Im Frühjahr 1889 reiste er über Petersburg, Danzig, Berlin 
nach London, um sich persönlich für die verschiedenen wissen- 
schaftlichen Auszeichnungen, Medailfen etc. zu bedanken. In 
London wurde ihm die Viktoria -Medaille mit folgender Anrede 
übergeben: „Für ein Leben, welches der Förderung wissenschaft- 
licher Geographie gewidmet war, dem Reisenden, Forscher und 
Autor, besonders für seine 5 jährigen &eisen in Ostsibirien 
(1855—60), für seine andauernde Erforschung der Kaukasischen 
Bergketten (1854—65 und 76—85) Mingreliens, Abchasiens, des 


1) Ich besass damals einen sehr schönen Gordon-Setter. BI. 


22 Rudolf Blasius: 


Karatschai, Daghestans und des Armenischen Hochlandes, sowie 
der kaspischen Küsten-Gebiete (1875—80), für seine Dienste als 
Chef der Transkaspischen Expedition in 1886 und endlich für 
die bedeutenden Werke, in welchen er die Resultate seiner For- 
schungen niedergelegt hat. Besonders für das Talent, mit welchem 
er den verschiedenen Zweigen der Naturwissenschaft, insbesondere 
der Botanik, Ornithologieund Ethnographie, besondere Aufmerksam- 
keit schenkte und ihre Beziehungen zur Geographie im Auge 
behielt und sich als Hauptaufgabe gestellt hat, in einer klaren 
und verständlichen Form die physischen Verhältnisse der von 
ihm erforschten Gegenden mit ihren Ursachen und Folgen dar- 
zustellen. Und endlich für den Eifer, die Energie und die 
künstlerische Intelligenz, welche er in dem auf geographischer 
Grundlage ruhenden Arrangements des naturwissenschaftlichen 
Museums in Tiflis bewiesen hat,“ 

Mitte Juni war er einige Tage wieder bei uns in Braun- 
schweig und kehrte dann über Wien Ende August nach seinem 
geliebten Borshom zurück, nachdem er vorher in Bad Leuk eine 
Bade-Kur für sein Fussleiden gebraucht und Freund Tschusi 
in Hallein besucht hatte. — Im September und Oktober unter- 
nahm er mit dem Vetter des Generals Annenkow eine sehr 
vergnügte Spritzfahrt nach Samarkand, die er sehr launig im 
Briefe vom 25./10. 1889 beschreibt: „Kaum in Tiflis angekommen, 
läuft Brief aus Petersburg ein, ein reicher Freund und weitläufiger 
Verwandter des Generals Annenkow ladet mich zu einer Spritz- 
fahrt nach Samarkand. Von Annenkow kommt auch Telegramm, 
und so bin ich denn auch bald fertig — arbeite aber bis zur 
Abreise von früh bis spät in unserer sehr gelungenen Ausstellung, 
deren feierlicher Eröffnung noch beiwohne, dann ein paar hübsche 
Mittagstafeln gebe und abrutsche. Prachtvolles Wetter. Baku 
zwei Tage, herrlicher Dampfer, immer gute Sakuska und Partie 


„Wint“1) — Usun- ada General Annenkow. — Eigener Wagen, 
in 60 Stunden in Samarkand. — An Tamerlans Grab, alte und 
neue Zeit. Ich bereite eigenhändig ein Mittag in Annenkows 
Wohnung und bewirte sogar hübsche Damen. — Wunderbare 
Leistungen der Russen in 18—20 Jahren. — Langsamer geht es 
zurück. — Buchara 1 Tag, leider zu wenig. — Brillante Bazar- 


Einkäufe, auch sehr schöne Objekte für das Museum, — in Merw 


!) Ein in Russland sehr beliebtes dem Whist ähnliches Spiel! BI. 


Gustav Radde 7. 23 


3 Tage, dann ohne Aufenthalt retour. Westlich vom Tedschen 
grosse Antilopen-Scharen. Zu Hunderten. Sonst Steppe und 
Wüste ungemein leer, — jetzt der treueste Besucher des hoch- 
wellig gestauten Sandmeeres mit seinem festen Wogengange: 
Sazxicola saltatrix. — 

Hier nun natürlich alle Hände voll zu tun — gehe morgen für 
3 Tage nach Borshom. Bis jetzt köstliches Wetter mit Sommerhitze. 

Mein Podagra durch Colchicum vollständig im Zaume ge- 
halten. Sehr lustig gestimmt. 

Grus leucogeranus wurde oberhalb von Lenkoran erlegt. 
Alte Pallas hat immer recht, werde Exemplar kaufen.“ 

Am 22. April ging er mit Dr. Valentin aus Frankfurt a./M. 
nach Karabagh, auf 3 Wochen, wesentlich um geologische Unter- 
suchungen auszuführen. Kaum zurückgekehrt, erfolgte der Auf- 
trag, die Grossfürsten Alexander und Sergei Michailowitsch 
auf der Yacht „Tamara“ zu einer Reise nach Indien zu begleiten. 
Selbstverständlich ist Radde entzückt schon in dem Gedanken, 
die Tropen zu sehen. Er schreibt am 26./8. 1890: „Dass ich 
natürlich schwärme und jetzt schon allnächtlich von Sumatra etc. 
träume, könnt Ihr Euch denken. Schade nur dass ich schon bald 
Nr. 60 antrete! Bin aber ganz frisch an Geist und Gemüt und 
bis auf die Füsse noch körperlich stark. Letztere werden jetzt 
sachkundig täglich massagiert, was ihnen sehr gut bekommt. 
Der Betreffende meint, dass von Podagra keine Rede, vielmehr 
ein Fall von verrottetem Rheuma vorliege. Trinke daher auch 
täglich mein liebes Schnäpschen und lasse es mir bei Tisch 
äusserst behäbig und kulinarisch etwas üppig reichen. Dafür 
darbe ich oft auf meinen Reisen. So auch noch auf der letzten 
in Karabagh. Alles Wetter macht mir nichts. 9—10000° hoch 
im Regen genächtigt, tut mir bis dato nichts, ist aber recht un- 
angenehm, weil nass und kalt. Am 3. Spk. pesteigen wir die „Ta- 


7. Okt. 
Ä & r 16. 
mara“ in Batum, wohin der Grossfürst Alexander M. am m 


kommen will. Man wird mir Alles nachsenden. Mag es auf he 
Meere nur immer recht toll hergehen, je toller, je besser, nur 
eins: nicht ersaufen! Ich kann nun einmal das Seewasser in 
grossen Quantitäten nicht vertragen.“ 

Inzwischen ist er wieder mehrfach von den sogenannten 
„Artenmachern“ litterarisch angegriffen und ist der sehr richtigen 
Ansicht, dass man darum nicht persönliche Freundschaften auf- 
geben muss. So schreibt er im Briefe vom 29. Juli 1891 von 


24 Rudolf Blasius : 


einem seiner Gegner: „Auch diesen Herrn kenne ich kaum. 
Seine Unzufriedenheit hängt mit dem leidigen Artenbegriffe zu- 
sammen. In meinen Augen ist es lächerlich, einen Menschen 
deshalb schlecht zu machen, weil er sagt, Parus rieskei ist eine 
gelbliche Varietät von P. cyanus, oder es gibt nicht 6 europäische 
Stararten, sondern nur 1 und 6 Varietäten. Der biedere 
Nehring (Professor Dr. Alfred Nehring in Berlin! Bl.) hat 
Herrn Pleske (früher Konservator am Museum in St. Peters- 
burg! Bl.) die Wahrheit gesagt, als er über mich loszog.‘“ Bald 
kommt aber Frieden in sein Gemüt und so Schreibt er einem 
seiner litterarischen Gegner: „Der herrliche Herbstwald hat mich 
wie immer erquickt, meine Seele geht im Frieden dieser hin- 
sterbenden Natur auf und die Empfindungen in ihr sind jetzt, 
wie sie es immer waren, meine Gebete. Man söhnt sich mit 
Allem aus und es bleibt nichts auf der Seele, nichts auf dem 
Herzen, was wehe täte. Wem, wie mir, sein Dasein zum grössesten 
Teile im innigsten Umgang mit der Schöpfung dahineilte, der 
wird bei dem bald vollendeten 60. Jahre ruhig und dankbar 
zurück, — frohhoffend vorwärts schauen; mögen die Schatten, 
welche hie und da auf den Bildern der Vergangenheit lagern, und 
die Ungewissheit des morgenden Tages auch immerhin der Wehmut 
ihren berechtigten Platz in diesen Empfindungen gewähren.‘ 

Am 2. Juni 1891 war Radde zurück in Tiflis. Er schreibt 
uns unter dem 10. Juni 1891: „Liebe Brüder in Braunschweig! 
Seit 8 Tagen bin ich wieder in Tiflis; ich kam nach Petersburg, 
ging nach Sebastopol auf die Yacht „Tamara“, packte dort alle 
Sammlungen in 24 Kisten ein und reiste per Dampfer nach Batum 
und gleich weiter. Die herrliche Reise ist damit glücklich be- 
endet, und werden bereits neue Pläne gemacht. 

Während des fast 3wöchigen Aufenthaltes in Petersburg 
wurde Alles hergerichtet, um unter dem Titel „eine ideale Reise“ 
2 Bände herzustellen. Es werden 40 phototypische Vollbilder 
und 400 Cliches den Text zieren. Die russische Ausgabe bezahlen 
die jungen Grossfürsten, die deutsche Parallel-Ausgabe hoffe ich 
selbst von Stapel zu lassen, falls ich Cliches und Tafelplatten 
unentgeltlich erhalte!) Wie Ihr wisst, so schrieb ich schon 
während der Reise das umfangreiche Buch, nämlich Alles was ich 


!) Leider ist dies nicht gelungen! Nur Auszüge aus der Reise 
sind deutsch veröffentlicht. Bl. 


Gustav Radde 7. 25 


sah — jetzt wird dieser Text überarbeitet und stellenweise 
raisonniert, was mit Hinzuziehung der einschlägigen Litteratur am 
Schreibtisch nicht schwer zu leisten ist. Im Spätherbste kommt 
der Grossfürst Nicolai Michailowitsch für 1 Monat hierher, 
und ich reise mit ihm nach den Jagden nach Petersburg, wo ich 
die Redaktion der Bücher (2 Bände) übernehme und bis Ende 
Mai zu beenden gedenke. — Ich wohne nun im Palais und lebe 
natürlich in jedweder Hinsicht grossfürstlich. Wie das doch 
Alles so nach und nach gekommen ist! Ich verdenke es am Ende 
den hiesigen Neidern nicht, wenn sie ab und zu schimpfen. 
Meine neue Ordre, nach Petersburg zu gehen, lautet auf unbe- 
stimmte Zeit, ich werde wohl 7— 8 Monate dort bleiben. — Meine 
neuen Schwärmereien gelten dem Hochnorden. Vielleicht gelingt 
es mir, nach 2 Jahren wieder auf derselben oder einer andern 
herrlichen Yacht Island und Grönland je für 8 Tage anzulaufen 
und dann der ostamerikanischen Küste entlang nach Süden bis 
Brasilien zu gehen, mit kürzerem oder längerem Aufenthalte auf 
dem Festlande. Ich arbeite bereits für diese meine Lieblingsidee, 
und möglich ist ja fast Alles auf Erden! Ich habe für das jetzt 
in Angriff genommene Werk den guten Titel „eine ideale Reise“ 
vorgeschlagen. Es war wirklich, angefangen vom Schiffchen 
(360 Tonnen) bis zum Palais des Vicekönigs, alles was Mensch 
und Natur darboten: ideal. Jeder der Grossfürsten hat 3 Elefanten 
erlegt. 9 wurden im Beisein des Zarewitsch (2. Mal in Colombo) 
in den Kraal getrieben und gefesselt. 2 Tiger, 5 Büffel, 8 Kroko- 
dile, 30 Affen und an 300 Vögel (erlegt wurden mehr als 1000) 
wurden präpariert. Kann Euch leider nicht Specialia schreiben.‘ 

Während seines Petersburger Aufenthaltes hatte er schwere 
Krankheit durchzumachen, so schreibt er mir unter dem 23. Mai 
1892 von dort: ‚Lieber Freund! Ich habe schwere Zeit durch- 
gemacht. Seit 8 Wochen zu Hause und davon 5 im Bette. In 
den 3 ersten vom heftigsten Podagra befallen, dies mal ging es 
bis in die Knie. Dabei wird man fromm und zahm. Wen der 
Herr lieb hat, den züchtiget er. Nach dem Masse seiner Strafe, 
muss er mich sehr lieb haben. Jetzt sitze ich wieder am 
Arbeitstische und schaffe hurtig weiter. Übrigens hat eine ge- 
naue Untersuchung meines Körpers seitens der Doktoren das 
günstigste Resultat in jeder Hinsicht ergeben. Zwar schwellen 
am Tage immer noch die Füsse — aber das hat nichts mit den 
Nieren zu tun. Wenn die Schmerzen nicht gar so entsetzlich 


26 Rudolf Blasius: 


wären, wollte ich noch den schlechten Witz über mein Podagra 
machen, dass ich nunmehr auch von dieser Seite zu den Aristo- 
kraten gehöre und zwar nur von dieser einzigen Seite. — Ich 
schwelge viel in Erinnerungen. Gestern hatte ich die Pflanzen 
aus dem Himalaja vor. Jedes Blatt wird zum entzückenden 
Panorama! Sonst geht Alles gut, auch in Tiflis — gern gedenke 
ich der alten Zeiten in der Akademie. Der junge Nachwuchs 
konveniert mir teilweise nicht. — Enger, beschränkter Blick und 
viele Anmassung! Wie herrlich gross stehen Baer, Brandt und 
andere alte Herren diesen Pygmäen gegenüber da. Ob das wohl 
überall so ist?“ 

Nach Tiflis zurückgekehrt, werden sofort neue Pläne ge- 
schmiedet und wissenschaftliche Exkursionen ausgeführt, wenn 
auch das Podagra zuweilen hemmend auftritt. Radde schreibt 
mir unter dem 9. August 1892: „Es geht mir trotz aller Cholera 
ganz gut. Wir haben auch hier 7 Fälle und da das geängstigte 
Volk nicht festzuhalten ist, sondern in die Wälder läuft, so sind 
2 Fälle hinübergeschleppt in die Einöden des Gebirges nach 
Dschichi-dsherani. Vor 10 Tagen waren wir noch mit Grossfürst 
Nicolai Michailowitsch dort und weilten 3 Tage hoch im 
Gebirge in dem Lager von Kodani (6500‘), welches man im 
Frühjahr für den kranken Grossfürsten Georg Alexandrowitsch 
(5. Sohn des Kaisers) hergerichtet hatte. Es war eine herrliche 
Exkursion — märchenhaft schön. Abends Punsch. Eine pracht- 
volle Calame’sche Landschaft. Im Lager Alles aufs Beste, auch 
Kegelbahn. Ich lebe immer noch die herrlichsten Tage. —... 
20 Bäder und 30 Massagen haben, wie Strauch!) es nennt, 
meine „Kiauenseuche“ soweit kuriert, dass ich 4—6 Werst gehen 
konnte. Sicher hat mich der Wein nicht ruiniert — wohl aber 
das vermaledeite Petersburger Klima und meine dortige sitzende 
Lebensweise. Hoffentlich komme ich mit meinen Füssen glück- 
lich bis zum seligen Ende.“ 

Nach Aufarbeitung der laufenden Arbeiten, namentlich nach 
Fertigstellung der Ergebnisse der transkaspischen Expedition, 
wozu ich ihm die Vögel in der „Ornis“ gedruckt hatte, ging es 
März 1893 an eine neue Reise ins Kolchische Tiefland, das Nord- 
westende des Kaukasus, das Kuban-Tiefland, mit 3 maliger Durch- 
querung des Gebirges. — Ganz so schlank, wie früher, ging es 


1) Der jetzt verstorbene Direktor des Petersburger Museums! Bl. 


Gustav Radde 7. 27 


nicht mehr, aber mit eiserner Energie setzte Radde die Reise 
durch und schreibt uns darüber unter dem 19. September 1893: 
„Liebe Braunschweiger! Seit dem 13. bin ich wieder hier und 
habe mich von der Reise erholt. Ich wurde nämlich von bösem 
Fieber in Noworossiisk befallen, welches ich erst oben am Kuban 
los wurde. Die gesamte Ostkante des Pontus vom Tschorock 
bis Anapa habe ich zu Lande bereist und bin öfter tief ins Ge- 
birge getreten. So von Artwin bis in die basalpine Zone. Zuletzt 
aber machte ich die beschwerliche Tour von der Stanitza Psebai 
die kleine Laba hinauf in ihr Nebenthal Uruschten, wo ich die 
frischen Spuren des Auerochsen fand, dann zu den Quellen der 
Laba über das Gebirge bis fast zu denen der Msymta und nach 
Sotchi zum Meere. Diese Strecke, 250 Werst, legte ich im 
Kosakensattelim Verlauf von 5 Tagen zurück. Von Wegen in Eurem 
Sinne war dabei natürlich nicht die Rede. Stellenweise oben am 
Uruschten müssen wir mit dem Beile Durchhaue schaffen, weil der 
Schnee des letzten Winters alles Gebüsch ganz niedergedrückt hatte. 
Schlimmer kam es jedoch an der Südseite, wo die Gebirge sehr 
steil, die Pfade sehr glatt sind und meine geschwächten Füsse 
den Widerstand im Sattel nicht leisten konnten, ebensowenig 
auch von anhaltendem Marschieren die Rede sein konnte. Hier 
legten mich die Kosaken auf eine improvisierte Tragbahre und 
trugen an einer besonders steilen Stelle mich etwa 4 Werst weit 
talabwärts. Ich sehe, dass 63 nicht 36 ist und dass es mit er- 
müdenden Hochgebirgs-Touren für mich vorbei ist. Vollständig 
erschöpft kam ich in Borshom an, wo zunächst Ruhe geboten 
wurde. Jetzt bin ich wieder der Alte und arbeite scharf. — Zug 
am Ostufer des Pontus bestätigt sich vollkommen. Ich werde 
später alles Ornithologische zusammentragen, aber jetzt komme 
ich dazu nicht. — Ich komme wohl erst 1895 oder 96 nach 
Deutschland, falls ich leben bleibe. Jetzt ist es nicht möglich, 
ich bin, weil ich weiss, dass bald das Ende kommt, in voller 
Arbeit. Mit herzlichsten Grüssen Euer Aller getreuer G. Radde.“ 

Im November und Dezember 1894 machte Radde seine 
letzte grössere Tour in den Kaukasus-Ländern, am Nordfuss des 
Kaukasus und im Tiefland daneben am Westufer des Caspi vom 
Terek bis Baku. Er schreibt mir darüber am 11. Januar 1895 
in der herzlichsten Weise: „Lieber Rudolf! und Alles, was in 
Braunschweig Blasius heisst, nebst Nehrkorn etc. etc.! Nun soll 
es mal losgehen! Kam gestern vom Caspi zurück, heillose „tote 


28 Rudolf Blasius: 


See“ während der 12 stündigen Rückreise, so dass der Extra- 
Dampfer bei einem Tiefgang von nur 8° bedenklich wackelte und 
uns alle niederwarf. Ich kam mit heiler Haut davon, etliche 
andere opferten freigebig. 10 Uhr Abends Ankunft in Baku, 
Extrazug. Büffet im Zuge ausgezeichnet, der kleine russische 
Koch des Grossfürsten hat höhere Gage als ich selbst. — Er- 
quickende Nachtruhe. 2 Uhr Nachmittag in Tiflis kalt, unfreund- 
lich. Grosse Post in den 8 Tagen angekommen, 28 Briefe und 
die Verlobungsanzeige (meine jüngste Tochter hatte sich verlobt! 
Bl.). Dies für gute Freunde das Hauptereignis des Tages, mehr 
als Japan und China, melır als des Kaisers 21/, stündige Marine- 
rede und allerlei sonstige „welterschütternde“ Erlebnisse. Ach 
möge es doch den lieben, jungen Menschen, die sich fanden, 
immer recht gut ergehen. Zum wirklichen Glück gehört mehr 
als äusseres Wohlergehen, die durch Erfahrung und Prüfung 
immer mehr herausgebildete und abgerundete Harmonie der 
Seelen ist der höchste Gewinn des Lebens, das schönste Ziel des 
Daseins. Wie viele suchen es?, wie wenige finden es! — Bitte 
beiden, auch dem mir unbekannten Bräutigam, die allerherzlichsten 
Grüsse und Glückwünsche zu übermitteln und mir zur richtigen 
Zeit einen Wink über die Hochzeit zu geben. 

Nun successive zur Beantwortung der gestellten Fragen. Deine 
Rede und Deine Nekrologe habe ich gelesen — Bitte mir, wenn 
ich an die Reihe komme, auch so etwas Gutes, Wahres nachzurufen! 

Von 1 Uhr Mittags bis 2—3 Uhr Morgens bin ich fast 
immer bei meinem Gönner (ich darf sagen „Freund“, da wir 
unter uns auf „Du“ sind) mit den Petersburgern zusammen. 
Dazu die Ausflüge nach Borshom, wo ich im reizenden neuen 
Palais den persischen Saal in allen seinen Details einrichte. Dann 
wieder 8 Tage Lenkoran, Beute über 200 WWasseryuren die man 
auch besorgen muss. 

Was weitere Beiträge für die Ornis anbelangt, so habe ich 
wohl Material, aber jetzt absolut keine Zeit, es zum Drucke 
fertig zu machen. Ich arbeite 

1. für Professor Engler-Drude pflanzen-physiognomisch und 
phytogeographisch Alles, was den Kaukasus und Hocharmenien 
anbelangt. 

2. Jahresbericht pro 94, deutsch und russisch — den Du, 
wie auch die früheren, in etlichen Exemplaren erhalten wirst, 
und Reisebericht pro 94 für Supan. 


Gustav Radde }. 29 


3. Allgemeinen Teil über die transkaspische Expedition (1886) 
mit Benutzung des Nachlasses von Alf. Walter. 

4. Meine schliessliche Lebensaufgabe: Physico-Geographie 
der Kaukasus-Länder, mit Benutzung aller einschlägigen Litte- 
ratur. Dieses Werk verlangt riesigen Fleiss und Vielseitigkeit, 
es stehen mir dafür zur Seite für Geodäsie und Kartographie 
General Kühlberg, Chef der Topographen, für Meteorologie 
Stelling, für Geologie Simanowitch. Wo Zweifel obwalten 
oder Revision nötig, wollen die drei mir aushelfen und beistehen, 
ausserdem Weidenbaum, dessen Du Dich wohl erinnerst, mit 
Litteratur-Hinweisen. Für diese letzte Arbeit bemesse ich die 
Zeit mit 4 Jahren. Du kannst Dir wohl denken, dass ich 
ausserdem kaum die sehr umfangreiche Korrespondenz und die 
Administrations-Arbeiten bewältigen kann, um so mehr, als ich 
Gesellschaftsmensch bin und sein muss. Extra-Störungen alle 
Tage, hoher Besuch, mancherlei Exkursionen etc. Auch gestehe 
ich offen, dass in Hinsicht auf die unbegreiflichen Schimpfereien 
— mir die Lust, auf ihrem Gebiete Mitteilungen zu machen, 
wenn auch nicht fehlt, aber doch nicht gross ist. In Lenkoran 
haben wir wieder aus einem Starenfluge ebensowohl polteratzkyi 
Finsch, als auch caucasicus Lorenz geschossen und etliche 10 Exem- 
plare mitgebracht; auch tachardus rufus wurde erbeutet. Klein- 
schmidts Arbeiten über die Häher und über Parus coeruleus, 
persicus, ultramarinus von P.. — vertreten doch schon recht 
merklich meine Richtung und wenn man die gegenteilige An- 
schauung duldet und sich mit der immer grösser werdenden 
Synonymie aussöhnt, so sehe ich nicht ein, warum man so böse 
über die andere Ansicht ist und deshalb Feindschaft übt. In dieser 
Hinsicht liegt die Schuld allein bei jenen Herren. Lokal-Neider 
habe ich ob meiner Stellung und meiner Erfolge mehr als zu viel. 
Aber da ich gerade gewachsen bin und nicht viel Umstände mit 
denen mache, die zu mir nicht halten, so kann ich das, ganz 
abgesehen von meinem ausnahmsweisen Glück in Haus und 
Dienst, begreifen und nicht jenen zu Liebe ändern. 

Ich gedenke 1896 im Herbst (Sept., Okt.) in Deutschland 
zu sein und zwar zum letzten Male. Natürlich gehe ich bei dieser 
Gelegenheit an alle lieben Plätze, um Abschied zu nehmen, auch 
auf die kurische Nehrung nach Rossitten. Zu Euch komme ich 
dann sicherlich und will mir mal die stattlichen Herren Söhne, 
womöglich als Offiziere ansehen, auch den Damen die Hand 


30 Rudolf Blasius: 


küssen und beim „Gläschen‘“ in der Sommer-Veranda den köst- 
lichen Heringssalat verspeisen unter Tränen der Dankbarkeit und 
in Erinnerung an den ersten Besuch bei Papa Blasius, als bei 
ihm ein A. naeviat) lebte, dann ein Beefsteak verzehrt wurde, und 
dann ein altes Giebelhaus in der Stadt abbrannte. Auch an 
„Lohengelb‘“ will ich denken — an den Abend bei Vieweg?), 
an die Teiche und Karpfen bei Nehrkorn, an den alten Scholz°) 
in Wolfenbüttel und die Weinstube — sogar an den Käsemarkt 
am Sonnabend. Nun natürlich die besten Grüsse an Alle, gross 
und klein, dito Haus Wilhelm Blasius und Nehrkorn. Heute 
Abend (31.) sind wir bei Grossfürst N. M. und werden mit ihm 
das Neujahr begrüssen. Gott weiss, was Kommt! 


Ich muss schliessen. Eben kommen 80 Junker ins Museum, 
um 12 Uhr Visiten, 1 Uhr bei N. M. Frühstück, 3 Uhr Weiden- 
baum. 8 Uhr bei N. M. 4 Uhr früh gehe ich schlafen. O du 
armer, armer Kirchenrats- Präsident. ) O du armer Pomuchels- 
kop. Was kann nicht alles aus einem Danziger werden und zwar 
ohne sein Verdienst und Würdigkeit. Immer der alte G. R.“ 


1895 begleitete er den Grossfürst-Thronfolger und Cäsare- 
witsch Georg Alexandrowitsch auf einer Reise durch das 
Mittelmeer nach Algier. 


In den nächsten Jahren wurde Radde viel von seinem 
Podagra gequält und verliebte den grössten Teil des Jahres bei 
seinen wissenschaftlichen Arbeiten in Borshom beim Grossfürsten 
Nicolai Michailowitsch oder im Museum in Tiflis. Im Februar 
1896 schreibt er mir: „Bin seit 1 Monat fussleidend — „Klauen- 
seuche“. Hoffe doch im Sommer zu reisen und, falls nicht sterbe, 
in 4—-5 Jahren meine Werke zu Ende zu bringen. Habt mich 
wohl ganz vergessen? Bin manchmal traurig.“ — Am 17. März 
1896 heisst es wieder: „Geehrteste Familie Blasius R. et W.! 


1) Als Junge hatte ich aus dem Horste hier bei Braunschweig einen 
Schreiadler gebolt und aufgezogen! Bl. 


2) Den Verlagsbuchhändler, Jäger und Ornithologen Heinrich Vie- 
weg! Bl. 


3) Rat Scholz, vortrefflicher Naturbeobachter, dessen vorzüglich aus- 
gestopften Tiergruppen jetzt das Naturhistorische Museum in Braunschweig 
zieren! Bl. 


*) Radde war kurz vorher in den Vorstand der protestantischen 
Gemeinde in Tiflis gewählt! Bl. 


Gustav Radde F. 31 


3 Wochen am Fussübel gelegen — entsetzliche Schmerzen. Jetzt 
leidlich auf, aber natürlich verstimmt.“ 

Den nächsten Brief erhielt ich datiert vom 14. Januar 1897: 
„Lieber Freund! Dass ich so lange geschwiegen Dir und allen 
sonstigen Freunden gegenüber hat seinen guten Grund. Vom 
Anfang Mai habe ich im reizenden Likani-Schlösschen bei dem 
Grossfürsten Nicolai Michailowitsch gesessen und zwar fest 
am Schreibtisch. Nur 2 mal machte ich Touren nach Abastuman 
zum Thronfolger und blieb 10—14 Tage dort, wo ebenfalls un- 
gestört die Arbeit gefördert werden konnte. Am 11. Januar 
sandte ich endlich Alles an Professor Engler nach Berlin ab. 
Das Buch behandelt die Vegetation der Kaukasus-Länder, pflanzen- 
physiognomische und phytogeographische Studien. (Es erschien 
1899. Bl.) Fleissig bin ich gewesen, im Sommer mit Tagesanbruch 
bis 1 Uhr, dann Frühstück bis 3 Uhr, daun bis 5 Uhr Ruhe. 
7—8 wieder Arbeit, 9—12 Uhr Abends Essen und Unterhaltung. 
Likani (das neu erbaute Sommer-Schloss des Grossfürsten Nicolai 
Michailowitsch, bei Borshom! Bl.) ist unvergleichlich schön 
und friedlich — nicht grossartig, aber gemütlich. — Am 30. Dez., 
nachdem mein Werk expediert wurde, fuhren wir mit Extrazug 
2 Uhr ab, kamen 6 Uhr an und blieben dort zum neuen Jahre. 
Am 1. Abends kehrte ich heim. Wahrscheinlich werde ich Ende 
Februar wieder in’s Mittelmeer mit dem Thronfolger reisen. — 
.... Jetzt kommt man zu gar nichts, nicht einmal mehr zum 
Briefschreiben. — Oidemia fusca Gelege und 4 Weibchen vom 
Tabizchuri-See. sSilta Krüperi, 6 Exemplare Borshom. Gute 
Sachen. Dresser hat meinen Parus minor quadrifasciatus an- 
erkannt, ebenso Lanius minor obscurior. An meinem Geburtstage 
überraschte mich Herr „Pleske“. Er hat die Akademie an den 
Nagel gehangen und ist Direktor eines grossen kommerziellen 
Unternehmens geworden. Wie doch die Menschen sich ändern! 
Er war sehr liebenswürdig und anerkennend — hat aber jahrelang 
sich recht feindlich mir gegenüber benommen. Als alter Mann 
kann es mir nur lieb sein, wenn etliche sich bekehren.“ 

Da kam der Befehl, den kranken Grossfürst-Thronfolger auf 
der Yacht: „Sarniza“ („Wetterleuchten“) 3 Monat im Mittelmeer 
zu begleiten. Am 13. Februar 1897 reiste Radde ab und kehrte 
Mitte Mai zurück. „Es ging diesmal (Brief vom 19./6. 1897) 
Algier — Palermo, von wo nach einwöchigem Aufenthalte dann 
die Reise über Messina, Charybdis, Catanea und von da direkt 


32 Rudolf Blasıus: 


nach Constantinopelund ohne Aufenthalt nach Batum ging. — Überall 
gute See, sehr schöne Beleuchtung, fast immer sonniges Wetter.“ 
Dann schildert er mir die Arbeiten für den raisonnierenden Katalog 
der Sammlungen des Museums und schreibt: „Damit schliesse ich 
wohl mit 1900 ab und da ich dann nahe am 70. bin, will ich 
mich am liebsten nach Likani in den Frieden der Natur zurück- 
ziehen und mit meiner schönen Bibliothek und meinen reichen 
Erinnerungen an der Seite meines Kaiserlichen Freundes und 
seines Sekretärs mein Leben beschliessen und auch hier den Schlaf 
des Gerechten schlafen. So will ich — ob es so kommt, wollen 
wir abwarten.“ 

Im Herbste 1897 hatten wir hier in Braunschweig die Ver- 
sammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte, in Moskau tagte 
der internationale Geologen - Kongress. Interessant ist es, wie 
Radde über derartige grosse mitgliederreiche Versammlungen 
dachte und wie er mit den nach Russland gereisten Geologen in 
Verbindung kam. Er schreibt mir darüber in einem Briefe vom 
2./0. 1897: „Man wird von derartigen vielzähligen Versammlungen 
sehr müde und abgespannt. Jetzt sind auch die Doktoren und 
Geologen, welche en masse aus aller Herren Länder heranbrausten, 
weil Majestät sie umsonst im Russischen Reich herumfahren liess, 
von uns geschieden. Es kamen ihrer viele in den Kaukasus, 
vielleicht mehr eingeschmuggelte als wirkliche Mediziner und 
Geologen, allerlei Ingenieure, Beamte und Andere. Ich habe mich 
gefreut, etliche berühmte Männer, die mir bereits persönlich be- 
kannt waren, hier in Tiflis wieder zu sehen. So auch Haeckel, 
mit dem wir einen herrlichen Abend am gastfreien Tisch des 
Grossfürsten verlebten. Auch v. Richthofen kam mit Gemahlin, 
der Nachfolger Ferdinand Roemer’s in Breslau, Professor Frech, 
nebst netter Frau erschien. Mit diesen machte ich eine prächtige 
Fahrt zum Zra Zcharo Passe. Sie hatten sich mir anvertraut 
und dabei kamen sie besser fort als bei den Dispositionen des 
Kongresses. Überhaupt bin ich nicht für Massen-Exkursionen. 
Alles eilt, vieles passt nicht Jedem und oft handelt es sich nur 
um gemeinschaftliches Essen und Trinken. Kleine Partien sind 
viel angenehmer. Nun ist wieder Ruhe bei Euch und auch bei 
mir. — Heute ist das erste Hirschtreiben in den Ständen, die 
Rudolf kennt. Der Grossfürst Sergei Michailowitsch, der 
eben von seinen herrlichen Jagden hoch an den Kuban-Quellen 
kommt, ist dabei. Er hat dort sehr grossen Erfolg gehabt. Ihn 


Gustav Radde 2 33 


begleitete Dr. Reyher, der bekannte Massagist von Dresden, der 
den Grossfürsten gesund machte. Dieser hat 2 Auerochsen erlegt, 
der Grossfürst einen starken Bullen. Es wurden 35 Gemsen, ein 
Dutzend Prachthirsche, darunter 20-Ender und 10 Capra cau- 
casica geschossen.“ 

Im Winter 1897/98 arbeitete er wieder fleissig an seinem 
grossen Kaukasus-Werke. Speziell über die Vögel schreibt er 
mir in einem Briefe vom 17. Januar 1898: „Wahrscheinlich geht 
es Ende Februar wieder in See. Unterdessen schaffe ich, soviel 
es angeht, am Zool. Kataloge; habe jetzt 250 N. N. Vögel und 
bin bei den Krähen. Habe jedes Exemplar nochmal geprüft, und 
da ich von Sarudny Transcaspica kaufte, welche er und somit 
Menzbier bestimmten, so konnte ich gut revidieren. Bei manchen 
Spezies halte ich meine Ansicht aufrecht. Prat. rubicola, Hemn- 
prichii und maura bieten vermittelnde Übergänge, die Otocorys- 
Arten auch, ebenso die weissen Bachstelzen und Calandrella 
pispoletta und brachydactyla, welche Dein Vater ebenfalls artlich 
nicht trennte. Bei allen den genannten kann man die extremen 
Formen gut auseinander halten, aber was fängt man mit den ver- 
mittelnden an? Ich bleibe bei meiner Überzeugung und trete 
dem Grundsatze Dressers, „dass man mit der Zeit mitgehen 
müsse“ nicht bei; man muss gegen die unsinnige Zersplitterung 
der Arten streiten, natürlich ohne persönlich zu werden, aber 
seine wohlerrungene Überzeugung auch vollauf vertreten. Du 
wirst sehr bald die Fortsetzung vom Lachswerk erhalten; was 
soll man sagen, wenn mit mathematischer Genauigkeit (nach den 
Massen und den relativen Verhältnissen) aus Salmo fario Salmo 
irutta wird und diese als Grundform auch dem Kaspilachse zu gute 
komnt. Hängt alles von den veränderlichen Lebensverhältnissen ab‘* 

Eifrig war Radde bedacht, die reichen Schätze, die er im 
Museum caucasicum angesammelt hatte, für die Wissenschaft 
nutzbar zu machen. Was er nicht selbst machen konnte, liess 
er durck berufene Forscher zur Veröffentlichung durcharbeiten. 
So wurden die Lachse und die Cypriniden, jene von Kawraisky, 
diese von Kamensky herausgegeben. Durch regelmässig er- 
scheinende Veröffentlichungen: Mitteilungen vom Kaukasischen 
Museum, liess er ichthyologische (Kawraisky und Berg), 
geologische (Lebedew) und mammalogische (Saturnin) Arbeiten 
erscheinen (siehe das am Schlusse befindliche Verzeichniss der 
Veröffentlichungen Radde’s!). 

Journ. f. Orn. LI, Jahrg. Januar 1904. 3 


34 Rudolf Blasius: 


In den ersten Monaten des Jahres 1898 hatte Radde wieder 
schwere Zeiten mit dem Podagra durchzumachen, dazu kamen 
traurige Gemütserregungen. Sein bester Freund, Sievers, Privat- 
sekretär des Grossfürsen Nicolai Michailowitsch starb; dieses 
ging ihm sehr nahe. Im Schlosse Likani wurde er wieder gesund. 
Er schrieb mir unter dem 30./5. 1898: „Wir lebten Anfang Mai 
11 Tage in Likani, wohin der Grossfürst Thronfolger aus Abastuman 
kam. Da wurde ich bald wieder im Gemüt gesund, wenn auch 
nicht froh. Die Finken schlugen, die Ahorn- und Birnbäume 
blühten. Auch 2 Philomelen (Seltenheit!) liessen sich hören. Das 
hilft mir mehr als jede Predigt. Im Sommer lebe und schreibe 
ich in Likani und in Abastuman, wo ich ein für alle Male bei dem 
Thronfolger mein Zimmer habe und er es gern hat, wenn ich komme.“ 

Mit grossem Interesse verfolgte er die Erlanger’schen und 
Kleinschmidt’schen Arbeiten, so schreibt er mir unter dem 
15. September 1898, nachdem er das letzte Heft vom Journal für 
Ornithologie erhalten: „Erlanger’s Tunesische Vögel gefallen 
mir, er und Kleinschmidt arbeiten ganz in meinem Sinn, 
Formen soll man unterscheiden, aber Spezies soll man daraus 
nicht machen. Sehr instruktiv ist die Tafel über F. Feldeggi. 
Die beiden Milwus auf Tafel VI kann ich selbst im Bilde nicht 
unterscheiden. Wozu diese unendliche Splitterung ?“ 

In ähnlichem Sinne spricht er sich in einem Briefe vom 
30. November 1898 aus: „Arbeiten wie sie Baron Erlanger und 
Kleinschmidt liefern, atmen meinen Geist, sie beweisen das- 
selbe, was ich für manche Spezies behauptete, und worüber 
Menzbier, Pleske und, wie ich höre, auch Hartert so sehr 
ungehalten sind. Ich habe den Mut meiner Überzeugung und 
verabscheue den Autoritätsglauben. Ernst Haeckel ist mein 
Mann. 2 Citate aus seiner natürlichen Schöpfungsgeschichte stelle 
ich als Muster an die Spitze des zoologischen Bandes.“ 

Die beiden Citate lauten: 

„Die am wenigsten bekannten Spezies sind die „besten‘“; 
sie werden um so schlechter, je besser wir sie kennen lernen, je 
weiter wir die Divergenz ihres Varietäten-Büschels verfolgen und 
je deutlicher wir ihren Zusammenhang mit verwandten Formen 
nachweisen können. Schlechte Arten im Sinne der Spezies- 
Fabrikanten würden alle Spezies ohne Ausnahme sein, wenn wir 
sie vollständig kennen würden.“ Ernst Häckel (Generelle Morpho- 
logie, II, S. 360). 


Gustav Radde 7. 35 


„Was eigentlich eine echte oder gute Art ist, diese Frage 
vermag kein Naturforscher zu beantworten, obgleich jeder Syste- 
matiker täglich diesen Ausdruck gebraucht. Wir nennen die Arten 
dann gut, wenn wir sie schlecht kennen, wenn uns die Übergangs- 
formen zu verwandten Arten unbekannt sind. Die schaffende 
Natur bewegt sich ewig in einem ununterbrochenen Flusse der 
Formen, ihre Erkenntnis gewinnt dadurch nicht, dass die be- 
schreibenden Systematiker sie in unzählige Arten künstlich spalten; 
die Erkenntnis des natürlichen Zusammenhanges geht durch diese 
übertriebene Zersplitterung verloren.“ Ernst Haeckel (Natürliche 
Schöpfungsgeschichte). 

Der Winter 1898/99 war gesundheitlich schlecht für Radde. 
Er schreibt mir unter dem 19. Januar 1899: „Ich kann diesmal 
gar nicht recht auf die Beine kommen. Zwar schleppe ich mich 
seit Neujahr bis zum Schreibtisch, aber die Knie sind immer noch 
schmerzhaft, der ganze Körper unzweckmässig und namentlich 
der Unterkörper ermüdet. Ich weiss nicht, wann und womit das 
endigen wird. Dazu zaghafte, gereizte Stimmung — kurz ich bin 
ein schlechter Kerl, der keinen Kopeken mehr wert ist.“ Dann 
schreibt er weiter über den Museums-Katalog und kommt wieder 
auf die Artenmacherei zurück: „Arbeiten, wie Kleinschmidt 
sie über die Häher und Baron Erlanger über F. Feldeggi 
publizierten, sind ganz in meinem Sinn. Sie beweisen aber das, 
was ich immer behauptet, dass in vielen Fällen vermittelnde 
Übergänge in Kolorit, Zeichnung und Plastik vorliegen und man 
dann nur von Formen, nicht von Arten reden darf. Darüber sind 
natürlich etliche kurzsichtige Systematiker recht wütend geworden 
und haben brav geschimpft. Der alte Gloger hat aber doch 
Recht und ihm folge ich auf Schritt und Tritt.“ 

Während Radde im Sommer 1897 und 1898 in den heissen 
Quellen von Tiflis Heilung von seinem Gichtleiden gesucht hatte, 
rieten ihm die Ärtzte 1899 nach Wien zu fahren und dort Pro- 
fessor Nothnagel zu konsultieren. Dieser empfahl eine Karls- 
bader Kur, und so reiste Radde im Sommer mit seiner Frau nach 
Europa und gebrauchte eine Kur in Karlsbad. Dieselbe bekam 
ihm gut, hatte aber im Übrigen nicht seinen Beifall. Er schrieb 
mir am 31. Juli 1899 aus Karlsbad: „Ich sehne mich sehr nach 
Likani an meinen Arbeitstisch. Das Nichtstun hier, eine Vor- 
schrift des Arztes, und die matte Kurkost langweilen mich. Ich 
will einen Hymnus auf den russischen Wudki dichten, den so ein 

3* 


36 Rudolf Blasius: 


alter Wandersmann in den Wildnissen lieb gewonnen hat, ohne 
den sein Leben schläfrig wird und von dem hier kein Mensch 
eine richtige Vorstellung hat. Wir wollen die paar Tage (es 
handelt sich um den geplanten Aufenthalt bei mir in Braun- 
schweig! Bl.) recht gemütlich verleben, wer weiss ob man sich 
wiedersieht.“ 

Nach der Beendigung der Kur reiste er durch Thüringen 
nach hier und war 5 Tage mit seiner Frau bei uns. Das war 
eine köstliche Zeit! Alle alten Erinnerungen wurden nochmals 
aufgefrischt, auch die immer wiederkehrende Tour nach Wolfen- 
büttel unternommen, um das Haus des alten „Scholz“ zu sehen 
und der berühmten Bibliothek mit seinem von Alters her be- 
freundeten und hochverehrten Oberbibliothekar Dr. von Heine- 
mann einen Besuch zu machen. Mit dem Gehen wollte es nicht 
mehr so recht, eine Strecke von ca. 1 Kilometer erforderte fast 
1/, Stunde Zeit zum Marschieren zu Fuss, da in Wolfenbüttel 
keine Droschken zu haben waren. Der köstliche Humor und die 
gottbegnadete Gabe der Unterhaltung war noch ganz dieselbe wie 
früher. Unvergesslich werden uns die Schilderungen seiner Tätig- 
keit als Kirchenrats-Präsident bleiben! 

Kaum nach Tiflis zurückgekehrt, ging er wieder energisch 
an’s Arbeiten; nur mit einem kleinen Ausfluge nach Likani sollten 
die Wintermonate unterbrochen werden — aber es ward nichts 
daraus. Unter dem 15. Januar 1900 schreibt er mir: „Es kommt 
alles anders als man es sich dachte und in seinem Sinn zurecht- 
legte. Aus der Fahrt nach Likani ist nichts geworden. Schauder- 
hafter Winter und das böse Erdbeben haben Alles verdorben, ich 
hatte mich so gefreut, in die Ruhe der Natur einzukehren und 
beschaulich, angesichts ihrer Herrlichkeiten, in das neue Jahr- 
hundert zu treten. Ich sehe so gerne, wenn die Dompfaffen ihr 
sauberes Kleid behaglich aufblähen und in kleinen Gesellschaften 
im Busche sitzen, ab und zu den kurzen trüben Pfiff erschallen 
lassen, und dabei die grossen Schneeflocken sich langsam senken. 
Es ist so andächtig still rund herum, weithin die dunkeln Tannen 
schauen aus den Hochschluchten herab ins Tal und unten im 
Weidengebüsch entlang den Ufern des Cyrus tummeln sich ein 
paar Familien der kaukasischen Schwanzmeisen. — Aber im 
Villenschlösschen ist es behäbig warm, und man sitzt beim Gross- 
fürsten im Kabinet nach der Frühstückstafel im elastischen Leder- 
sessel, bei guter Habana und edlem Cognac. — Was kümmert 


Gustav Radde 7. 37 


mich da die Gegenwart mit ihren Schrecken, mit England und 
Transvaal und den konfiscierten Reichspostdampfern! Wie herrlich 
betätigt sich die Friedens- Konferenz im Haag und wie human 
benimmt sich das „Ebenbild Gottes“, homo sapiens, zu Beginn 
des neuen Jahrhunderts! — Traurige Reflexionen! Mehr gelernt 
und mehr erfunden hat die Menschheit, besser geworden ist sie 
darum nicht, die Urbestie bleibt in ihr und keine Heuchelei hält 
sie im Versteck, sie macht sich, wo sie kann, wichtig. 

Es kam also anders! Wir blieben zu Hause, Sohn Robert 
mit Frau und Kindern waren zum Fest angekommen, sie teilten 
die Freude des Weihnachtsfestes, die hohe herrliche Nordmanns- 
tanne stand, steht noch in vollem Schmucke im Saal, und so haben 
wir denn diesmal ganz im kleinen Familienkreise das neue Jahr 
erwartet. Sehr verschiedene Gedanken und Gefühle, — in Jedem 
andere! Wir Alten haben ja nicht mehr viel zu hoffen und zu 
wünschen, und trotz so vieler freudiger Erlebnisse hat sich doch 
nach und nach eine pessimistische Lebensanschauung heraus- 
gebildet; man sieht doch ernster auf das Getriebe rund herum 
und mit dem Jauchzen der übereilten und unbesonnenen Jugend 
ist es vorbei. — Die Liebsten sind fast alle in der Erde, der 
Nachwuchs hat andere Ideen; er passt den Alten nicht, und so 
vereinsamt man. Man muss von den Erinnerungen zehren, von 
der Vergangenheit. Die Gegenwart bietet zwar Interessantes, 
aber wenig Tröstliches und die Zukunft hat keine weite Perspektive 
mehr. So dachte ich und so fühlte ich, als mit dem Schlage 12 
— 1900 begann. Dann stiessen wir nach altem Brauche an! 

Ende dieses Monats geht es fort. Von Batum nach Marseille 
braucht der Messagerie- Dampfer Minimum 14 Tage. Zum 
4? Februar bin ich wohl in Paris. 

Fürs Erste werde ich wohl kaum wieder nach Deutschland 
kommen. Die Sehnsucht nach Ruhe und Beschaulichkeit stellt 
sich immer häufiger und intensiver ein. Am liebsten ginge ich 
jetzt schon in den Frieden der Natur, mit meinen Erinnerungen, 
Büchern und Bildern, die ich so lieb habe. Aber die 6 Bände 
müssen doch erst vollendet werden und darüber stirbt man 
wohl, so dass mein Lieblingswunsch kaum in Erfüllung gehen 
wird.“ 

Im Februar 1900 reiste Radde zur Weltausstellung nach 
Paris, um dort den russischen Pavillon mit einzurichten. Wir 
waren zusammen während des 3. internatioralen Ornithologen- 


38 Rudolf Blasius: 


Kongresses und verbrachten schöne Stunden mit H. Schalow, 
Rittmeister von Berlepsch, Professor Dr. Nüsslin,O. Herman, 
v. Chernel u. A. Es sollte das letzte Mal sein, dass wir uns 
von Auge zu Auge sahen und zusammen plaudern durften. 
Sofort nacb der Rückkehr nach Tiflis stürzte sich Radde 
wieder in die anstrengendste Arbeit, um von seinem Kaukasus- 
Werke den 3. Band (Botanik) zu vollenden. Es ist erstaunlich, 
welche geistige Tätigkeit und Energie der bald Siebzigjährige 
mit seinen körperlichen Leiden noch entwickelte. Er schreibt 
uns unter dem 30. Januar 1901: „Liebe Freunde Rudolf und 
Wilhelm und was Alles an Euch dran und drum ist, als Kleider, 
Schuh — Haus und Hof, Weib und Kind und Enkel! Jetzt 
kommt auch Ihr an die Reihe. — Die riesigen Herbarien sind 
vollbracht. 220 Convolute von 50 X 33 X 20 cm. Inhalt. Ich 
habe in meinem Leben noch niemals so bei der Arbeit gesessen. 
Buchstäblich vom 42 September bis 4? Januar von 7 Uhr früh 
bis 11 Uhr Abends. Nur von 3—5 Essen und Schlaf. Allein 
die Kaukasier füllen 160 Convolute, über 3500 Phanerogamen 
in etlichen Hunterttausenden von Exemplaren und von X ver- 
schiedenen Sammelplätzen, wo ich sie meistens selbst hernahm. 
Der technische Teil dieser Riesenarbeit war natürlich langweilig, 
vieles musste berichtigt und das meiste neu signiert werden. 
Aber die tausendfach auftauchenden Erinnerungen an Lokalitäten 
und Personen haben mir das reichlich entschädigt. Ich habe 
von vielen Orten dabei innigen Abschied genommen, denn bei 
70 Jahren kann man doch nicht wieder Hochalpen-Kraxler werden. 
Auch an Küp Göl, in 12000‘ Höhe auf dem Ararat, war ich wieder 
mit dem unglücklichen Sievers und fror ordentlich in meiner 
Wohnung, als ich der 9 Nächte auf dem Noah-Berge in solcher 
Weise gedachte. Ob wir das wohl Alles mitnehmen, wenn die 
letzte grosse Reise angetreten wird, von der keiner heimkehrt ? 
Ich bin in meinen alten Tagen doch zu der Überzeugung 
gekommen, dass nur reelle Arbeit bleibenden Wert am Leben 
hat. — Alles Andere, und gerade das Angenehmste und Schönste, 
ist so wankend und schwankend, so veränderlich und ungewiss, 
so hinfällig und trügerisch, dass summa summarum das grosse 
Rätsel des Daseins dadurch weder klar noch befriedigend sich 
löst. Selbst einen so lebhaften Sanguiniker, wie ich einer bin, 
drängt sich zum Ende seiner Tage solche Überzeugung auf und 
gerne flüchtet er in die Einsamkeit der hehren, ewigen Natur 


Gustav Radde 7. 39 


und versenkt sich in anbetender Frömmigkeit in den Friedens- 
schooss Buddahs zur Ruhe. 

Unterdessen packt Einen das Leben auf Schritt und Tritt; 
immer noch bin ich der Hammer! Die 70 haben daran nichts 
geändert — aber ich sehne mich nach behaglicher und beschau- 
licher Ruhe. Mit dem letzten Federzuge von Band VI gehe ich 
— falls der Grossfürst mir in Likani mein Heim anweist, wie 
das so ziemlich feststeht, so will ich mit meinen Büchern, Bildern 
und Erinnerungen, angesichts der schönen, heiligen Natur, dort 
oben am klassischen Cyrus bleiben und an dem Dir bekannten 
Platze (einer der sympathischsten, den ich auf Erden kenne) den 
Schlaf des Gerechten schlafen. — Wo nicht, so breche ich mit 
der Vergangenheit, mit ihren Reizen und Mängeln, verwerte das 
weniger Teure, schenke das Liebste meinen Kindern und ziehe 
mich als simplicissimus homo in irgend eine liebliche Einsamkeit 
zurück, z. B. an den Kochel-See, der mir sehr zusagt. 

Das sind Pläne! Wie alle anderen Seifenblasen. Ein Moment 
entscheidet Alles anders. Vor 5 Wochen z. B. speiste ich mit 
Konsul Oberg (Deutscher) bei dem Grossfürsten sehr gut und 
sehr lebhaft, ich trank den köstlichen Rheinwein allein aus, er 
und der Grossfürst hatten schon Angst vor ihm. Aber welch ein 
Ende! Nach 36 Stunden lag der liebe Oberg mausetot im Bette. 
Wo sind und bleiben da unsere Hoffnungen und Pläne! Ganze 
4 Wochen hindurch starben die Menschen hier wie die Fliegen 
und dabei erschütternde Fälle. — Das war der Totenmonat in 
meinem Leben. Und doch jauchzt die Menschheit weiter, das 
sprudelnde Leben tritt immer wieder in seine Rechte. Es ist ja 
gut, dass es so ist. — Auf dem folgenden Bogen will ich nun 
manches Andere erwähnen, da Ihr zu allerlei Herzensergüssen 
und philosophischen Betrachtungen wohl kaum Zeit und Lust habt. 

Girtanners Mitteilung über den Kondor in der Schweiz 
ist sehr interessant; ich glaube aber nicht, dass er oder die 
beiden entflohene Gefangene waren. KRaubvögel, die längere 
Zeit in Volieren, wenn auch bequem, lebten, verlieren die Wucht 
und Kraft des Fluges. Mir hat man entflogene Adler gewöhnlich 
in 2—3 Tagen zurückgebracht, sie sind, auch wenn nicht ope- 
riert, doch fluglahm oder matt und können sich nicht selbständig 
ernähren. Dass Vultur fulvus und cinereus gelegentlich vom’ 
Mittelmeer an die Ostsee gelangen, ist mehrfach erwiesen; dass 
wir etliche Amerikaner auch ab und zu in Deutschland finden, 


40 | Rudolf Blasius: 


ist bekannt; aber vom Kondor steht das Faktum wohl ver- 
einzelt da. 

Bis dato gibt es trotz des schweren und schneereichen 
Winters im Norden nur wenig Krammetsvögel auf dem Markte. 
Wahrscheinlich bringt sie der Februar erst en masse. Die 
Nahrung, die Beeren, ist im Norden in diesem Jahre im Über- 
fluss vorhanden; vom Seidenschwanz noch keine Spur. Von 
Pastor Lindner erhielt ich heute langen, begeisterten Brief, er 
will hierher kommen. Er soll, falls er Gewehr mitnimmt, für 
gesetzlichen Waffenpass sorgen; für alles Andere kann ich hier 
sorgen. Ich werde ihm morgen ausführlich schreiben. Die 
deutschen Landpastoren sind doch oft ganz famose Menschen. 
Gerade auf unserm Gebiete haben sie grosse Verdienste. Solche 
bescheidenen Existenzen sind wahrlich beneidenswert, zumal wenn 
sie das Dogma nicht gar zu stramm nehmen. An Andree?) 
einen Gruss! Die Objekte von Paris sind immer noch nicht da; 
doch kannst Du ihm sagen, dass ich mein Wort halten werde, 
doch müssen wir beide abwarten. 

Dein Nachruf an Hartlaub ist vortrefflich, kommt einmal 
an mich die Reihe, so kaufe blaue Tinte und vergiss meinen 
Lehrer, Professor Menge, nicht — der ruht schon lange aus. 

Was soll man wohl zu diesem Jammertal sagen? Seit Neu- 
jahr zahle ich Logissteuer! Obwohl ich Kronswohnung habe — 
reichlich 50 Rubel im Jahr. Nimmt man dazu noch den Buren- 
und Chinakrieg, den Tod der Königin Victoria und andere tausend 
Kleinigkeiten, so kann man wohl von einem Jammertal sprechen. 
Es ist 11 Uhr Abends, kalt in den hohen leeren Räumen, ich 
gehe einen Imbiss machen, 1-2 Wudki und 1 Bytok, gehackte 
Cotelette, da ich nun nach und nach meine oberen Zähne selbst 
verschluckt habe, sie so lange wackeln liess, bis sie selbst den 
Weg ins Freie fanden. Nie habe ich mich mit Zahnkünstlern 
befreundet und jetzt gehen die treuen Lebensgefährten, die 
Zähne, selbst in den Winkel. Es ist kalt und einsam. Imbiss, 
dann Zeitung und dann 1 Uhr Schlaf — süsser Freund, Bruder 
des Todes. Euer alter Pappi G. Radde.“ 


Im Sommer 1901 war Radde hauptsächlich in Likani bei 
seinem Freunde dem Grossfürsten Nicolai Michailowitsch, 


!) Professor Dr. R. Andree, früher Redakteur des „Globus“, hier 
in Braunschweig wohnend, jetzt in München! Bl. 


Gustav Radde 7. 41 


es wurde fleissig an dem grossen Werke über den Kaukasus 
weiter gearbeitet. Der Winter in Tiflis war gesundheitlich wieder 
sehr schlecht. Der letzte Brief vom 10. September 1902, den 
ich von Radde erhielt, klingt zum Teil recht melancholisch, wenn 
auch zuweilen der alte Humor wieder durchbricht. Er schreibt: 
„Liebe Braunschweiger! Zumal Rudolph und Wilhelm nebst 
Gemahlinnen, Kindern, Grosskindern und Grossmüttern! Aber 
auch alle anderen gelobten Herren und Damen aus jener Gegend! 
Amen! „Denn die Zeit ist erfüllet und wenn auch das Himmel- 
reich noch nicht näher kam, im Gegenteil der alte Mephisto sich 
unter den Menschen recht wichtig macht und der liebe Herrgott 
doch nur in der ewigen Natur waltet, so ist es doch Zeit, Euch 
einige Nachricht über mein Sein und Nichtsein zu geben. Von 
Dezember bis Mai total herunter! Nichts getrunken, wenig und 
nur widerwillig gegessen, tiefe Wehmuth, Melancholie, Gichtan- 
fälle — kurz ganz auf den Hund gekommen. Allerlei Diagnosen 
der Aesculape! Nur elektrischer Strom und Massage halfen der 
Milz und Leber. Ich lief wie ein alter Kater umher und sprühte 
tagelang Funken aus meinem Felle. Alles andere „Innerliche“ 
half gar nichts. Trotz alledem habe ich leidlich gearbeitet. 
Meine Krankheit ist das Alter, das kann man nicht kurieren. 
Der ganze Mensch ist plötzlich ein anderer geworden. Esse 
- äusserst wenig, magere zusehends ab, rauche 1 bis 2 Cigarren 
(früher 12 und mehr) pro Tag, kein Bedürfnis nach edlem Trunk 
und niemals einen heiteren Strich mit gemütvoller Poesie. Tempi 
passati. Fühle mich aber nicht schwach und arbeite gerne. Von 
Band V sind 20 Bogen fertig, noch circa 10 beinahe vollendet. 
Im Januar erhaltet Ihr ihn via Friedländer Berlin, er behandelt 
die Archäologie — bearbeitet von der Gräfin Uwarow. Unter- 
dessen Band 1V in Angriff genommen und zu Band VI von 
meinem Lebenslauf 1831—63 vollendet und schon zum Teil über- 
setzt, jetzt kommt 1864—19 ... an die Reihe. Möchte gern die 
6 Bände vollenden und dann die Augen schliessen. Habe keine 
Lebensperspective mehr und singe immer die Schlussarie aus 
der Aida. Decoration ganz nahe, toter Stein, grau in grau 
und darin der schwarze Tod und das ungelöste Rätsel bei 
herrlicher Abschiedsmelodie. Damit will ich Band VI meinen 
Lebenslauf beschliessen und zwar in gestrichenen Noten. 

Wir beide haben uns hier vollkommen erholt. Marie ist 
niemals so heiter und zufrieden gewesen wie jetzt — Warum? 


42 Rudolf Blasius: 


Weil sie gar keine Wirtschaftssorgen hat. Wir sind in voller 
Pension bei dem ehemaligen Tischler des Thronfolgers, der ja in 
Abastuman lebte und starb. Da wo ich so oft bei ihm lebte, 
ist Alles absolut beim Alten geblieben. Dieselben Blumen, die- 
selben Menschen, nur 2 liebe Augen fehlen. Wenig oberhalb 
vor seinem Tusculum starb er auf der Strasse vom Velociped 
fallend am Blutsturz (R. meint den Grossfürst Thronfolger. Bl.). 
Man errichtet da aus Marmor eine kleine Kapelle auf der Stelle, 
sie ist von Blumen umgeben. Wenig weiter auf der Besitzung 
des Grossfürsten Alexander Michailowitsch starb vor einem 
Monat unser Freund Dr. Remmert. Er war der Generalin- 
spector für ganz Russland aller Kriegshospitälen und Begründer 
von Abastuman, als Student flotter Tänzer mit Marie und in 
Tiflis unser häufiger Gast und Dutzfreund. Er wusste, dass er 
sterben musste, er wollte in Abastuman die Augen schliessen. 
Man brachte ihn totkrank und ohne Besinnung hierher. Einmal 
vor dem Ende leuchtete es in seiner Seele noch klar auf, er 
wusste, dass er in Abastuman sei und schloss für immer die 
Augen. Merkwürdig, er hatte an Alles gedacht und Alles ange- 
ordnet. Der Diener packte auf sein Geheiss die Uniform und 
alle Orden ein, aber laut Ordre seines Herrn nur ein Hemde, 
das sei genügend, meinte er. Am 6/18. Sept. bringe ich Marie 
nach Borshom, setze sie in den Zug nach Tiflis und bleibe selbst 
in Likani bei meinem Grossfürstlichen Freund bis 16/28. Sept. 
Dann kommt das Leben in Tiflis, Alles in alter Weise, hoffentlich 
für Marie nicht zu strapaziös.“ 

Soweit die Briefe, die ja ein gutes Bild des Verstorbenen 
geben. Geschriebenes Wort ist aber lange nicht das, was uns 
das gesprochene Wort gibt. 

Man musste Radde reden hören, dann erst bekam man einen 
Begriff von der unendlichen Vielseitigkeit, von dem enormen 
Wissen, von dem treuen Gemüte und dem sprudelnden Humore 
dieses Mannes. Wenn Einer es verstand zu schildern, dann 
war es Radde. Seine Vorträge im grösseren Öffentlichen Kreise, 
vor den Augen und Ohren von Hunderten von wissbegierigen 
Zuhörern, wie er sie in Wien, Dresden, Leipzig, Braunschweig, 
Berlin und vielen anderen Städten, namentlich in seiner Vater- 
stadt Danzig hielt, waren unvergleichlich interessant und fesselnd. 
Fast noch schöner war es, wenn er in traulichem Gespräch in 
vergnügter Tafelrunde von seinen Fahrten im fernem Asien oder’ 


Gustav Radde }. 43 


in den Hochgebirgen des Kaukasus erzählte. Niemals wird der 
unseren Radde vergessen, der an dem Frühstück Teil nahm, das 
er als Präsident des ersten internationalen Ornithologen-Kongresses 
seinen Freunden dort in Wien darbot, oder an die festliche Ver- 
anstaltung, die er seinen Freunden in Paris gelegentlich der 
Weltausstellung 1900 im russischen Restaurant zum Besten gab. 
Aber auch in kleineren Kreisen war er von einer bezaubern- 
den Liebenswürdigkeit und unerschöpflichen Unterhaltungsgabe. 
Wenn er bei mir in Braunschweig einige Tage zubrachte, pflegte 
ich einen Kreis von Freunden bei mir zu versammeln. Bald 
war der Augenblick gekommen, wo Alles den Schilderungen 
Radde’s lauschte und mit ihm im Geiste die Schönheiten der 
kaukasischen Hochalpen oder das lukullische Leben am Hofe des 
Fürsten von Mingrelien an sich vorüberzieheu liess. — 

Dabei war er selbst von einer ausserordentlichen persönlichen 
Bescheidenheit. In den letzten Jahrzehnten seines Lebens war 
er wirklicher Kaiserlich Russischer Geheimer Staatsrat mit dem 
Adel und Titel Excellenz. Wenn man ihn „Excellenz von Radde“ 
vorstellte, verwahrte er sich energisch: „Ich heisse Gustav Radde, 
mein Vater war Schulmeister in Danzig.“ 

Geradezu unerschöpflich in der Unterhaltung war er in 
dem, man kann wohl sagen, persönlichen Freundeskreise der 
russischen Grossfürsten im Kaukasus, bei dein Grossfürst Michael 
Nicolajewitsch und dessen Familie, ganz besonders dem ältesten 
Sohne Nicolai Michailowitsch, dem bekannten tüchtigen 
Forscher und ausgezeichneten Lepidopterologen. — Ein inniges 
Freundschaftsverhältnis verband ihn mit dem verstorbenen Gross- 
fürst Thronfolger, der bis an sein Lebensende in seinen 
Erinnerungen fortlebte. — Man muss das selbst gehört haben, 
wie er auf der Hirsch-, Bären- und Gemsenjagd bei Borshom, 
die ich die Ehre und das Glück hatte, im Sommer 1885 mitzu- 
machen, beim Jagd -Frühstücke im Hochwalde der Nordmanns- 
tannen die ganze Gesellschaft in fesselnder Weise unterhielt. 

Radde war ein Gesellschaftsmann, er weilte gern bei einem 
suten Glase Wein im frohen Kreise — aber er beschränkte sich 
nicht auf die materiellen Genüsse, die ihm in seiner Stellung 
so reichlich geboten wurden, — er arbeitete unablässig und 
zwar mit einer Ausdauer, wie sie geradezu einzig dasteht, an 
seiner wissenschaftlichen Lebensaufgabe, der Erforschung des 
Kaukasus. 


44 Rudolf Blasius: 


Leider ist es ihm nicht gelungen, seine, wie er selbst sagte, 
letzte Lebensaufgabe zu erfüllen, das Werk über den Kaukasus, 
das „Museum caucasicum,“ fertig herauszugeben. Wie aus seinen 
oben mitgeteilten Briefeu hervorgeht, ist vieles von den noch nicht 
erschienenen Bänden (4 liegen vor: Zoologie, Botanik, Geologie, 
Archaeologie) im Manuscript vollendet und wird hoffentlich von 
berufenen Gelehrten fertig gestellt und veröffentlicht werden. 

Der letzte Winter 1902/1903 in Tiflis sollte anders kommen, 
als Radde es sich gedacht hatte. Ein schweres Leiden, ein un- 
heilbarer Leberkrebs, entwickelte sich und seine treue Gattin 
Marie hatte nicht, wie Radde in seinem letzten Briefe andeutete, 
ein gesellschaftlich strapaziöses Leben in Tiflis vor — nein am 
Bette ihres totkranken Mannes sass die treue Pflegerin. 

Am 16. März erhielt ich die telegraphische Nachricht von 
ihr, dass Radde am 15. März seinem schweren Leiden erlegen sei. 

Zahlreiche Auszeichnungen wurden Radde bei Lebzeiten zu 
Teil. Die Universitäten von Dorpat und Breslau ernannten ihn 
zum Doctor honoris causa, viele Grosskreuze russischer und aus- 
ländischer Orden schmückten seine Brust, die bedeutendsten 
naturwissenschaftlichen und geographischen Gesellschaften der 
Welt wählten ihn zum Ehrenmitgliede, so die Königliche 
Geographische Gesellschaft in London, die geographischen Ge- 
sellschaften von Berlin, Dresden, Budapest und Amsterdam, er 
war korrespondierendes Mitglied der Kaiserlichen Akademie der 
Wissenschaften und der Kaiserlichen geographischen Gesellschaft 
in St. Petersburg; die höchsten wissenschaftlichen Auszeichnungen 
wurden ihm zu Teil, wie die Victoria - Medaille der Royal 
Geographical Society in London und die Konstantin-Medaille der 
Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft. 

In der Zoologie und Botanik ist sein Name vielfach ver- 
ewigt, ich erwähne nur Otomela Raddei, Fritillaria raddeana und 
das Pilzgenus Raddestes. 

Ein unvergängliches Denkmal hat er sich aber selbst ge- 
setzt durch die grosse Menge von wissenschaftlichen Veröffent- 
lichungen, die meistens in grossangelesten inhaltsvollen Werken 
bestehen und von denen die wichtigsten am Schlusse aufge- 
führt sind.t) 

1) Auch die geographischen Arbeiten habe ich mit erwähnt, nicht 


bloss die zoologischen (ornithologischen) und botanischen, da gerade _ 
darin sehr viele naturwissenschaftliche Mitteilungen gebracht werden. Bl. 


Gustav Radde 7. 45 


Mit gerechtem Stolze können wir Deutsche auf unseren 
Landsmann zurückblicken, der im Dienste einer befreundeten 
und benachbarten Macht die Wissenschaft pflegte und auf den 
weiten Gebieten der beschreibenden Naturwissenschaften und 
Geographie so Grosses leistete, dabei als Mensch sich immer 
durch Bescheidenheit auszeichnete und treue unverbrüchliche 
Freundschaft seinen Freunden bewahrte. 


Verzeichnis der wissenschaftlichen Veröffentlichungen 
von G. Radde. 


(ohne Anspruch auf Vollständigkeit.) 


Beiträge zur Ornithologie Süd-Russlands, nach Beobachtungen im Jahre 
1852—53, in Cab. J. f. Orn. 2. Jahrgang 1854, p. 52—63. 
Beiträge zur Ornithologie Süd-Russlands, insbesondere die Vögel Tauriens 
betreffend, in Bull. Soc. Imp. Natur. Moscou. XXVI. 1854. I. 

p- 131—173. 


Versuch einer Pflanzenphysiognomik Tauriens. Bull. Soc. Imp. Natur. 
Moscou. XXVII. 1854. 


Thierleben am faulen Meere, in Bull. Soc. Imp. Natur. Moseou. XXVIN. 
I. 1855. p. 150—184. 


Krimsche Tataren (russisch) in Schriften der k. Geogr. Ges. in St. Peters- 
burg. 1856. 


Auszüge aus seinen Briefen in Alex. v. Nordmann: Notiz über die von 
der K. Russischen Geographischen Gesellschaft nach dem östlichen 
Sibirien unternommene wissenschaftliche Expedition in Öfvers. af 
Finsk. Vetensk. Societ. Förhlg. III. 1856. p. 141—149. 


Der Baikalsee (russisch). Schriften der K. Geogr. Ges. in St. Petersburg. 1858. 


Über Arctomys bobac, dessen Winterschlaf und Temperatur seiner Baue 
in Bull. phys. math. Acad. St. Petersburg. Tom. 15. 1857. p. 317 
—318. — Melang. biolog. II, 6, 1858, p. 572 — 574. 


2 Briefe an den Akademiker von Koeppen, russisch. Anzeiger d. K. 
Geogr. Ges. in St. Petersburg. 1858. 


Die dauro-mongolische Grenze Transbaikaliens (russisch) in Schriften der 
K. Geogr. Ges. in St. Petersburg, 1858. 


Brief, vom Amur, St. Petersburg, Zeit. 1859. 
Besteigung des Munku-Sardyk. P. M.!) 1860, S. 482. 


Berichte über Reisen im Süden von Ost-Sibirien in Beiträge zur Kenntniss 
des russischen Reiches, Bd. XXIII, 1861. 


Vorlesungen über Sibirien und das Amurland, gehalten im Saal der Kaiser- 
lichen Universität zu St. Petersburg März 1860 in Petermann’s Mit- 


1) Abkürzung für Petermanns Mitteilungen! Bl. 


46 Rudolf Blasıus: 


theilungen 1860: 1. Vorlesung: Geographisch naturhistorische Skizze 
des südlichen Sibiriens u. s. w. p. 257—263. — 2. Vorlesung: Das 
Nordost-Ende der Hohen Gobi in naturhistorischer und landwirthschaft- 
licher Beziehung, ebd. p. 386 — 394. 
Die südlichen Gebirgsgebiete von Ost-Sibirien, P. M. 1861, S. 449. 
Reisen im Süden von Ost-Sibirien in den Jahren 1855—59 incl. 
Im Auftrage der Kaiserl. geographischen Gesellschaft ausgeführt. 
2 Bde. St. Petersburg 1862--63 (Leipzig, Voss.). 
1. Bd. Die Säugethierfauna. f 
2. Bd. Die Festlands-Ornis des südöstlichen Sibiriens. 
Neue Säugethierarten aus Ostsibirien in Bull. de l’Acad. imp. Se. St. 
Petersbourg. T. 4 1862. p. 47—55. 
Ornithologische Skizzen aus Nord-Asien in P. M. 1864. p. 342 —346. 
Forschungen im Kaukasus. P. M. 1864, S. 223 und 231. 
Ornithologische Skizzen aus Nord-Asien, P. M. 1864, S. 342. 
Reisen und Forschungen im Kaukasus 1864. P. M. 1865, S. 15 und 43. 
Beschreibung des Munku-Sardyk und Kossogoul. P. M. 1865, S. 356. 
Berichte über die biologisch-geographischen Untersuchungen in den Kau- 
kasus-Ländern. 
I. Jahrgang. Reisen im Mingrelischen Hochgebirge und in seinen 
3 Längenhochthälern Rion, Tskenis-Tsgali und Ingur. Tiflis 1866. 
(russisch und deutsch). 
Reisen und Forschungen im Kaukasus 1865. P.M. 1367, S. 12 und 92. 
Reisen und Forschungen im Kaukasus 1867. P. M. 1868, S. 55 und 129. 
Die letzten Auerochsen im Kaukasus. P. M. 1868, S. 72. 
In Verbindung mit Sievers: Reisen im armenischen Hochlande 1871. 
P. M. 1872, S. 367 und 485. 1873, S. 174. 
Bereisung von Hocharmenien 1871. P. M. 1372, S. 206. 
Das kaukasische Königsrebhuhn, Megaloperdix caucasica. J.f.0.1873, 1. 
Über Vögel bei Tiflis, in Cab. J. f. Ornith. 21. Jahrg. 1873, p. 58. 
Über den faunistischen Character von Steppe und Wüste, in Cab. J. f. 
Ornith. 21. Jahrg. 1873, p. 457 — 558. 
Vier Vorträge über den Kaukasus, gehalten im Winter 1873/74 in den 
grösseren Städten Deutschlands. P. M. Ergänzungband. VIII, 1874, No. 36. 
In Verbindung mit Sievers: Die Vegetation von Hocharmenien. P. M. 
1875, S. 58. 
Über den Massenuntergang von Thieren, in 11. und 12. Jahresbericht des 
Vereins für Erdkunde. Dresden. 1875, p. 47. 


In Verbindung mit Sievers: Reisen in Hocharmenien, ausgeführt im 
Sommer 1874. Vorläufiger Bericht. Die Quellen des Aras, Frat und 
Tschorok. P. M. 1875, S. 56 und 301. 


In Verbindung mit Sievers: Vorläufiger Bericht über die Reisen im 
Jahre 1875 in Kaukasien und dem Armenischen Hochlande. P. M. 
1876, S. 139. i 


Gustav Radde 7. 47 


Briefliches vom Kaukasus, J. f. O0. 1876, S. 216. 


Zur Berichtigung! (Nicht (ic. alba sondern Grus leucogeranus bei 
Irkutsk). Orn. Centralbl. 1877, S. 100. 


Die Ebene des oberen Frat. P. M. 1877, S. 260. 

Erdbeben von Erzerum. P. M. 1877, S. 265. 

Die organische Welt im Kaukasus. Für den kaukasischen Kalender 1877. 
(russisch). 

Flora des Quellgebietes des Aras. P. M. 1877, S. 266. 

Flora der Frat-Ebene. P. M. 1878, S. 266. 

Der Bin-göl-dagh, der tausend Seeen-Berg, das Quellgebiet des Aras. P. 
M. 1877, S. 411. 

Vorläufiger Bericht über die im Sommer 1876 ausgeführten Reisen. P. 
M. 1878, S. 248. 

Über die Chewsuren, für den kaukasischen Kalender. 1878. (russisch). 

Die Chewsuren und ihr Land (ein monographischer Versuch) untersucht 
im Sommer 1876. Kassel. Verlag von Th. Fischer 1873. (russisch 
und deutsch). 

Reisen in den Kaukasusländern. P. M. 1880, S. 359. 

Offenes Sendschreiben an den Präsidenten der Deutschen Ornithologischen 
Gesellschaft, Herrn E. F. von Homeyer. Tiflis 1°/,, September 1880. 

Reise nach Talysch, Aderbeidschan und zum Sawalan, 1879—1880. P. 
M. 1881, S. 47, 169 und 261. 

Über eine Sendung von Vögeln aus dem Kaukasus (in Verbindung mit 
A. von Pelzeln). Mitth. d. orn. V. in Wien. 1884, S. 1. 

Malerisches Russland: ‚Der Kaukasus“. St. Petersburg 1884 (russisch). 

Ornis caucasica. Kassel bei Theodor Fischer. 1334 (deutsch und russisch). 

Reisen P. M. 1885, S. 28, 350, 393; 1887, S. 215; 1890, S. 205, 
230, 252; 1894, S. 245. 

Talysch, das Nordwestende des Alburs und sein Tiefland. P. M., 1885, 


S. 254. 
Zweiter Nachtrag zur Ornis caucasica. J. f. 0. 1885, S. 74. 


Vorläufiger Bericht über die Expedition nach Transkaspien und Nord- 
Chorassan im Jahre 1886. P. M. 1837, S. 225 und 269. 


Reisen an die Persisch-Russische Grenze. Talysch und seine Bewohner. 
Leipzig. F. A. Brockhaus. 1886. 

Die Fauna und Flora des südwestlichen Kaspi-Gebietes. Leipzig. Brock- 
haus. 1886. 


Aus den Daghestanischen Hochalpen, vom Schah-dagh zum Dulty und 
Bogos. P. M. Ergzbd. XVII, No. 85; 1887. 


Dritter Nachtrag zur Ornis caucasica für das Jahr 1885. Ornis, 1887, S. 457. 
Ornithologisches aus Transkaukasien.-. Orn. Monatsschrift. 1888, S. 97. 


Die Vögel Transkaspiens (in Verein mit Dr. G. Walter). Ornis, 1889, 
S. 1—128 und 265— 279. 


48 Rudolf Blasius: 


Erwiderung auf Herrn Prof. M. N. Bogdanow’s, (f) Kritik der Ornis 
caucasica. Ornis, 1889, S. 336. 


Sendschreiben an Herrn Professor Dr. Liebe. Orn. Monatsschrift. 1889, 
8. 82. 

Wissenschaftliche Ergebnisse der im Jahre 1386 in Transkaspien von 
Dr. 6. Radde, Dr. A. Walter und A. Konschin ausgeführten Ex- 
pedition. 

Bd. I. Zoologische Abteilung. Jena. Gustav Fischer. 1889. 
(NB. Die Vögel, Separatabdruck aus Ornis, 1889). 


Über das Steppenhuhn, Syrrhaptes paradoxus. Zoologischer Garten, 
XXX (1889), S. 154. 


Vierter Nachtrag zur Ornis caucasica. Ornis. 1890, S. 400. 


Bericht über die im Sommer 1890 im russischen Karabagh ausgeführte 
Reise. P. M. Ergzbd. XXI, No. 100. 1890. 


Reise nach Ceylon, dem indischen Archipel und Vorderindien. P. M., 
1390, S. 230 und 252. 


Brütendes Uhuweibchen in der Voliere. Orn. Monatsschrift, 1891, S. 263. 


Die Reise der Grossfürsten Alexander und Sergei Michailowitsch 
auf der Yacht „Tamara“. P. M. 1891, S. 29, 75, 252, 277 und 289. 


On the vertical range of alpine plants in the Caucasus. Journ. Linn. Soc. 
Bot. XXVIII, 255. 1892. 


2300 Meilen auf der Yacht Tamara. St. Petersburg 18923 und 1893 
(russisch). 


Bericht über das Kaukasische Museum und die öffentliche Bibliothek 
in Tiflis. 
(derartige Berichte von Radde erschienen im letzten Jahrzehnt jährlich, 
oder für 2 Jahre zusammengefasst). 1892 und ff. 


In Verbindung mit König: Das Ostufer des Pontus und seine kulturelle 
Entwicklung im Verlaufe der letzten 30 Jahre. P. M. Ergzbd. XXIV, 
No. 112. 1895. 


Zum Andenken an Maximilian Noska, Sr. Kaiserlichen Hoheit des Gross- 
fürsten Sergei Michailowitch Jagdmeister im Gebiete der Kau- 
kasischen Auerochsen. (Zwei monographische Studien: 1) Capra 
(Aegoceros) caucasica, Güld., 2) Capella rupicapra, Keys. et Blas. 
von Max. Noska). Weidmann, 1895, S. 198, 205, 213, 231, 241, 
265, 273 und 281. 


Ornithologisches aus Transkaukasien. Orn. Monatsschrift. 1895, S. 99. 


In Verbindung mit König: Der Nordfuss des Daghestan. P.M. Ergzbd. 
XXV, No. 117, 1896. 


Die Lachse der Kaukasusländer und ihrer angrenzenden Meere. Bearbeitet 
durch Kawraisky. Herausgegeben von G. Radde. 1896 u. ff. 


Gustav Radde 7. 49 


Mittheilungen vom Kaukasischen Museum. 
(halb russisch und halb deutsch) herausgegeben von G. Radde. 


Tom. I. Lieferung 1. 1897. 
Die Kaukasischen Ucklei-Arten, Genus Alburnus 
von F. F. Kawraisky. 
Lieferung 2. 1897. 
Übersicht der geologischen Sammlungen des Kaukasischen Museums 
von L. Lebedew 
(übersetzt von G. Radde). 
Lieferung 3. 1899. 
Beiträge zur Ichthyofauna des Kaukasus 
von L. Berg. 
Lieferung 4. 1901. 
Über die Säugethiere der Steppen des nordöstlichen Kaukasus 
von K. A. Saturnin. 


Einzelne illustrirte Artikel über die Reisen nach Algier und Tunis. Rund- 
schau für Geographie. Wien 1898. 

Grundzüge der Pflanzenverbreitung in den Kaukasus-Ländern. Leipzig. 
Engelmann, 1899. 


Transkaspien und Nord-Chorassan. P. M. Ergzbd. XXVII, No. 126, 1899. 


Die Cypriniden des Kaukasus bearbeitet von Kamensky. 1901. Heraus- 
gegeben von G. Radde. 


Besprechungen von dem Werke Gottfried Merzbacher’s „Aus den Hoch- 
regionen des Kaukasus‘, Wanderungen, Erlebnisse, Beobachtungen. 
Leipzig. 1901. P. M. 1901, S. 156. 


Zwei Reiseberichte von G. Radde aus der Krim vom Mai und November 
1852 in: Schriften der Naturforschenden Gesellschaft zu Danzig, 1902, 
September,"p. 1—26. 

Museum caucasicum. Die Sammlungen des Kaukasischen Museums. Tiflis. 
Typographie der Kanzlei des Landeschefs, (russisch und deutsch). 

Bd. I. Zoologie. (Radde.) 1899. 

Bd. II. Botanik. (Radde.) 1901. 

Bd. III. Geologie. (N. J. Lebedew.) 1901. 

Bd. IV. Archaeologie. (Gräfin P. S. Uwarow.) 1902. 


Journ. f. Orn, LII, Jahrg. Januar 1904, 4 


50 


Weitere Beiträge zu der Gätkeschen Hypothese 
über den Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 


Von F. Helm. 


„Was die Höhe des Wanderfluges anbetrifft, so möchte ich 
noch besonders herverheben, dass seit dem Frühjahr 1901, seit- 
dem ornithologische Beobachtungen auf den Ballonfahrten ange- 
rest sind und auf allen militärischen und wissenschaftlichen 
Fahrten stattfinden, bis heute nicht ein einziger Fall vor- 
liegt, in dem Vögel einmal in grösseren Höhen, d. h. in Höhen 
von mehreren 1000 m und ausser Sehweite über der Erde ange- 
troffen sind. Dies nach wie vor negative Resultat muss wohl 
dafür sprechen, dass eben die Zugstrassen der Vögel 
nicht in den hohen Regionen zu suchen sind.“ 

„Eine besondere Organisation der Vögel, die sie befähigt, 
geringen Luftdruck zu ertragen, und ihnen den Flug. in grosse 
Höhen gestattet, wie es Gätke in seiner „Vogelwarte Helgoland“ 
annimmt, trifft (also) nicht zu. Dies muss aber ebenfalls dar- 
auf hinweisen, dass der Vogelzug nicht sehr hoch vor sich geht, 
sondern in geringer Entfernung von der Erde, wo die schädlichen 
Einflüsse der Abnahme der Temperatur und des Luftdrucks sich 
noch nicht geltend machen.“ (Orn. Monatsber.) Das sind die 
Hauptergebnisse der durch v. Lucanus ausgeführten, von der 
Deutschen Ornithologischen Gesellschaft vorgeschlagenen und 
von mir angeregten Untersuchungen. Die praktischen Erfah- 
rungen haben demnach vollständig bestätigt, was ich auf Grund 
der Resultate einer Reihe von internationalen Ballonfahrten ver- 
mutete (Journal f. Ornith. 1901). Zur Stütze seiner Theorie 
über die Höhe des Wanderfluges der Vögel führt Gätke unter 
anderm auch die Tatsache an, welche Humboldt in den Anden 
am Kondor nachgewiesen haben will. Darnach kreiste einer dieser 
Vögel dort stundenlang in einer Höhe von 22,000 Fuss umher. 
Aber ist das auch sicher? Im Annual Report of the Smithsonian 
Institution 1901, S. 655 urteilt Lucas darüber folgendermassen: 
„Humboldt will einen Kondor über dem Gipfel des Chimborasso 
fliegen gesehen haben, ob aber dieser oder irgend ein anderer 
Vogel jemals eine solche Höhe!) erreicht, ist mehr als fraglich, 


1) Es ist bekannt, dass Vögel in beträchtlicher Höhe ziehen, aber 
man glaubt, dass bis jetzt noch keiner in einer Höhe von 4 Meilen 
angetroffen wurde. Die Höhe des Chimborasso beträgt 20,494 Fuss. 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 51 


Whymper, der neuste und sorgfältigste Beobachter, setzt. die 
Grenze, bis zu welcher der Grosse Geier aufsteigt, in 7000 bis 
15000 Fuss.“ Diese Annahmen werden auch von anderer Seite 
bestätigt. So heisst es (Bulletin of the Wisconsin Natural 
History Society Vol. II, No. 4 (Okt. 1902), S. 207: „Abschätzungen 
über die Höhe der Wanderungen mit Hilfe des Fernrohrs zeigen, 
dass die früheren Forscher die Höhen viel zu gross angenommen 
haben. Bei den Beobachtungen in Beloit befand sich die Mehr- 
zahl der ziehenden Vögel nicht über 1500 Fuss vom Boden ent- 
fernt; in Detroit angestellte Untersuchungen zeigten, dass der 
Zug etwas höher vor sich ging, aber trotzdem weit niedriger als 
frühere Forscher glaubten. Nach H. Warren folgte mehr als die 
Hälfte der Wanderer dem Lauf des Flusses in einer Höhe von 
etwas mehr als !/, Meile. 

Die Fernrohrbeobachtungen führten zu dem Ergebnis, dass 
die wandernden Vögel in verschiedenen Höhen ziehen, aber bei 
weitem die grösste Zahl derselben nicht viel über eine 
halbe Meile von der Erde sich entfernt.“ Der Vollständig- 
keit wegen sei auch noch folgende hierher gehörige Angabe an- 
geführt. In dem offiziellen Bericht über den III. internationalen 
ornithologischen Congress in Paris 1900, S. 320 sagt Quinet in einem 
Vortrag betitelt: Consideralions sur les migration des oiseaux: 
„La hauteur de leur vol n’est jamais bien considerable, 1000 
metres maximum, et s’explique par la la rarefaction et le refroi- 
dissement de l’air en altitude. Les grand Echassiers se tiennent 
dans la nue; la plupart de nos voyageurs, & quelques centaines 
de metres de hauteur; les Alouettes et les Hirondelles rasent 
souvent le sol.“ 

Einer der Leitsätze, welche Gätke in seiner Vogelwarte 
aufgestellt hat, lautet: 

„Unter normalen Verhältnissen eröffnen von den hier vor- 
kommenden 398 Arten mit Ausnahme einer einzigen den Herbst- 
zug die jungen Vögel, welche etwa 6—8 Wochen zuvor das Nest 
verlassen, die Eltern derselben folgen dann erst 1—2 Monate später. 
„beweismaterial für diese Angaben lieferten in entscheidender 
Deutlichkeit solche Arten, deren ausgefärbtes Kleid so abweichend 
von dem ihrer Jungen gefärbt ist, dass man in einiger Entfernung 
schon sehr leicht zu unterscheiden vermag, welche Alterstufe 
man vor sich hat. ... Unter den einschlägigen Arten nehmen 
eine ganz besonders hervorragende Stelle die Stare ein, einer- 

4* 


52 F. Helm: 


teils wegen der so sehr verschiedenen Färbung ihres Jugend- und 
Alterskleides, als auch infolge ihres so überaus massenhaften 
Auftretens.“ Die Wahl des Stares zur Feststellung des Zuges 
nach Alter und Geschlecht scheint mir aber eine sehr unglückliche 
zu sein, denn gerade dieser Vogel führt eine ganz eigentümliche 
Lebensweise nach der Brütezeit, welche vielleicht in erster Linie mit 
der Nahrung zusammen hängt. Ich habe schon nachgewiesen (Journ. 
f. Ornith. 1903, S. 259 u. ff.), dass im Herbst in verschiedenen 
Teilen Deutschlands ete. junge und alte Stare sich zeigen, und es 
liegen mir auch gegenwärtig wieder eine Reihe dies bestätigender 
Beobachtungen vor.!) Weil ich aber Vorkehrungen getroffen, 
dass der Star in verschiedenen Gegenden eingehend beobachtet 
wird, will ich heute auf diesen Gegenstand nicht näher ein- 
gehen. Überdies ist wohl auch der Ausspruch Gätkes, dass „die 
Eltern den jungen Vögeln erst 1—2 Monate später folgen“ 
nicht wörtlich zu nehmen, denn wie könnte man sonst die nach- 
folgenden Gätkeschen Angaben verstehen: „Der regelmässige Zug 
der jungen Steinschmätzer tritt aber erst mit der letzten Woche 
des Juli ein... und währt bis Mitte Sept., auch wohl etwas 
darüber hinaus, worauf er nach und nach erlischt. Die alten 
Vögel dieser Art sieht man während des Herbstzuges auf Helgo- 
land in viel geringerer Zahl. Ihre eigentliche Zugzeit ist der 
Oktober, jedoch stellen sich zerstreute Stücke im blaugrauen 
Kleide schon im Laufe des Sept. ein; so befanden sich z. B. 
unter 45 in der Nacht zum 1. Sept. 1881 beim Leuchtfeuer 
gefangenen 7 alte Vögel! In ganz gleicher Weise verläuft der 
Zug von Muscicapa luctuosa, Sylvia phoenicura, Emberiza hortu- 
lana etc..... Von Sylvia phoenicura aber, deren Junge kaum 
vor Ablauf der ersten Woche des August eintreffen, folgen die 
Alten in etwas kürzerer Zeit nach. Unter 36 während der Nacht 
des 4. Sept. 1881 gefangenen dieser Art befanden sich schen 11 
alte Vögel. Tags vorher hatte ich in meinem Tagebuch bemerkt: 
Oenanthe '/, alt, Phoenicura die Hälfte alt, Hortulana sehr 
zahlreich, etwa der 4. Teil alt. Unter Berücksichtigung dieser 
Tatsachen ist es meiner Meinung nach doch gar nicht gerecht- 
fertigt zu behaupten, die Eltern dieser Vogelarten folgen ihren 
Jungen erst nach 1—2 Monaten. Dass aber auch bei anderen 


1) So erhielt ich z. B. am 25. Sept, aus Sylt die Nachricht; . 
„Junge Stare massenhaft!“ 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 53 


Vögeln jung und alt zusammen die Herbstwanderung unternimmt, 
soll im folgenden nachgewiesen werden. Im „The Ibis“, April 1902, 
veröffentlicht W. Eagle Clarke eine Abhandlung unter dem Titel: 
A Month on the Eddystone: a Study in Bird-migration. Schon 
in Nummer 7, Jahrgang 1902, der Ornith. Monatsber. wurde auf 
die grosse Bedeutung dieser Abhandlung hingewiesen, sodass ich 
mir jetzt ersparen kann, darauf näher einzugehen. Nur einige 
der Ergebnisse dieser ungefähr 4 wöchigen Beobachtungen (vom 
18. Sept. bis 19. Okt.) seien kurz angeführt. Über den Zug nach 
Alter und Geschlecht äussert sich Clarke in folgender Weise: 
„Auf die Frage, ob junge und alte Vögel zusammen oder getrennt 
ihre Reisen ausführen oder mit welchen Arten sie gemeinschaft- 
lich dies tun, verbreiten meine Beubachtungen auf Eddystone 
einiges Licht. Schwalben, jung und alt, wurden gemein- 
schaftlich während des Tages ziehend, beobachtet; junge und 
alte Mistel-, Rot- und Schwarzdrosseln, Steinschmätzer, schwarz- 
kehlige Wiesenschmätzer, gelbe Bachstelzen und Feldlerchen 
erhielt ich zusammen in der Nacht am Leuchtfeuer.‘ 

Bereits 1901 veröffentlichte Clarke eine ausführliche Arbeit 
über die Wanderung der Feldlerche (Alauda arvensis) und der 
Dorfschwalbe (Her. rustica) namentlich auf Grund der Leucht- 
turmbeobachtungen von 1880 bis 1887, der schottischen Berichte 
über den Vogelzug von 1892 bis 1900 (von Hinxman und Laidlaw) 
und der irländischen Berichte von 1888 bis 1897 (von Barrington). 
Neben diesen Unterlagen benutzte Clarke auch noch Mitteilungen 
von Collett (die Vögel Südnorwegens betreffend) und von Knud 
Andersen (über den Vogelzug auf den Färör). Es ist hier nicht 
der Ort, auf die höchst interessanten Ergebnisse der Studie ein- 
zugehen, nur einige den Zug der Schwalbe betreffende Tatsachen 
seien kurz angeführt. Noch in der ersten Hälfte des November 
kommen an der Ostküste Grossbritanniens und an der Südküste 
Irlands vereinzelte Individuen vor. 1880 beobachtete man selbst 
in der letzten Novemberwoche noch einige an der Südküste 
Englands, am 7. Dezember eine bei Bournemouth, am 11. 2 bei 
Eastbourne und 1 bei Woolwer, 1887 wurde sogar auf den Monach- 
Inseln ein Ex. im Januar gefangen. Hinsichtlich des Zuges nach 
Alter und Geschlecht kommt Clarke dabei zu folgenden Ergeb- 
nissen: „Die ersten Scharen,. welche man den Kanal kreuzen sah, 
setzten sich zusammen aus jungen und alten Vögeln. Es hat sich 
jedoch auch ergeben, dass die grossen, an verschiedenen Punkten 


54 F. Helm: 


der Südküste auftretenden Flüge, welche entweder sich zur Ab- 
reise vorbereiteten oder auf ihr begriffen waren, in manchen 
Fällen hauptsächlich oder ganz aus jungen Vögeln, in anderen 
Fällen ganz aus alten bestanden. Häufiger indes steht die 
Zahl der alten Vögel im richtigen Verhältnis zu dem 
der jungen.“ 

Wie verläuft nun der Zug der Rauchschwalbe in Mittel- 
europa? Aus der mir zur Verfügung stehenden Literatur habe 
ich die nachstehenden Angaben zusammengestellt. 


Dänemark. 

Kopenhagen. 1885. Eine Verminderung trat im Laufe des 
September ein, eine beträchtliche Anzahl zeigte sich am 30. d. M., 
ebenso in den ersten Oktobertagen nicht wenige, einzelne oder 
mehrere täglich bis zum 13, meist Junge, mehrere Alte; die 
letzte, eine Alte, wurde am 14. beobachtet. Bei Amager erlegte 
man am 12. Nov. eine Junge. Ornis 1886, 559. 

Kopenhagen. 1886. Von 27. bis zum 29. Sept. zeigte sich 
ein Schwarm (beinahe aus lauter Jungen bestehend) bei Nord 
Harbour; am 9. Okt. kamen mehrere (alles Junge, wie zu dieser 
Zeit sehr oft) zur Beobachtung. Ornis 1888, 378 u. f. 

Kopenhagen. 1887. Die Verminderung begann am 16. Sep- 
tember; am 3., 4., 5., 8. und 16. Okt. wurden einige, meist Junge, 
beobachtet, ebenso am 24. noch eine. Ornis 1890, 350. 


Ostseeprovinzen. 
Der Abzug und zwar meist junger Exemplare ohne Schwanz- 
gabel wurde am 23. September beobachtet. Die Hauptzüge waren 
schon seit Mitte August in Bewegung. Ornis 1890, 173. 


Polen. 

Bis zum 10. Oktober verschwinden sie vollständig, nur 
einige Nachzügler, gewöhnlich Junge, bleiben noch einige Tage. 
Ornis 1888, 452. 

. Mittelschlesien. 

In Breslau zeigten sich am 10. September bei Westwind 
grosse durchwandernde Züge, am 11. Sept. war 3 Meilen südlich 
von Breslau eine deutliche Abnahme nachzuweisen. Eine grosse . 
Anzahl jedoch, namentlich Junge der 2. Brut mit deren Eltern 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 55 


blieben noch bis zum 17. Sept. An diesem Tage war bei Südwind 
eine Temperatur von 422° R im Schatten; sie zogen also keines- 
wegs aus Nahrungsmangel, sondern von Wanderlust getrieben hin- 
weg. Orn. Monatsschr. 1886, 58. 


Oberschlesien. 


Ratibor. Am 25. September 1898 kamen noch 9 Stück Junge 
von demselben Jahr vor. Orn. Monatsschr. 1900, 223. 


Westfalen. 


Münster. Bei Schiesshaus wurden am 19. Sept. alte, am 
23. Sept. junge Schwalben zuletzt gesehen. Journ. f.Ornith. 1885, 259. 


Bayern. 
Burgpreppach. Vom 22. bis 28. Sept. wurden Familien, 
d. h. einige Alte mit ihren spät erbrüteten Jungen beobachtet. 
Journal f. Ornith. 1886, 193. 


Prov. Sachsen. 
Bei Magdeburg beobachtete Thienemann am 28. Sept. 
5 junge Rauchschwalben, die den ersten Ausflug machten; Mitte 
Oktober zogen die beiden Alten mit 2 Jungen fort, während die 
3 anderen noch über eine Woche zurückblieben. Orn. Monatsschr. 
1886, 21. 


Brandenburg. 


Bei Brandenburg sah Thiele amı 29. Okt. noch junge Schwalben. 
Journ. f. Ornith. 1896, 98. 


Hessen. 


Aus Kassel berichtete 1883 Walter folgendes: „Der Abzug 
dieser Schwalbe ist sehr verschieden. Diejenigen, die weiter im 
‚Norden gebrütet haben, treffen hier ein, füttern auch hier noch 
ihre Jungen, wenn die hiesigen schon längst abgezogen sind ..... 
Am 15. Okt. morgens erschienen grosse Schwärme, von denen ein 
Flug von mindestens 100 Stück meinen Garten occupierte. Es 
befanden sich nämlich in diesem Fluge so viele junge und sichtlich 
ermüdete Schwalben, dass eine Rast notwendig sein musste. Die 
grossen Birnbäume wurden in Beschlag genommen und die 
trockenen und frischen Zweige von den jungen Schwalben besetzt, 


‚56 F. Helm: 


Die Alten brachten Nahrung und setzten sich dann auch öfter in 
die Zweige. Am Nachmittag waren alle verschwunden. Journ. f. 
Ornith. 1885, 258. 

Königreich Sachsen. 

Bei Waldheim wurden am 10. Okt. 1885 ca. 10, darunter 
einige Junge beobachtet. 

Bei Grossenhain zeigte sich am 20. Sept. 1886 eine Familie, 
deren Junge von den Alten im Fluge gefüttert wurden. 

Grimma. Den 3. Okt. 1887 sassen 30—40 auf einem Tele- 
graphendraht, darunter befanden sich viele Junge mit unvollständig 
entwickeltem Gefieder. Am 15. Okt. beim ersten Schnee suchten 
2 Junge in einem geschützten Garten Nahrung. Am 27. 1 Junge, 
29. Okt. 3 Junge zeigten sich in einem Garten vor der Stadt. 

Bei Dresden kamen am 19. Sept. 1888 15—20 Durchzügler, 
darunter Junge, vor, welche Nahrung suchend nach SW. zogen; 
am 2. Okt. stellte sich im Grossen Gehege eine Schar von 
30—40 Stück ein, darunter ebenfalls Junge, die von den Alten 
im Fluge gefüttert wurden. Diese Schar verweilte teilweise 
bis zum 14. Okt., kreiste namentlich gegen Abend in der Luft 
und stellte auch Flugübungen an, vom 9. Okt. ab verringerte sich 
ihre Zahl und am 15. Okt. konnten dort nur noch einzelne 
bemerkt werden. (Jahresber. orn. Beob. Kgr. Sachsen.) 

Im Anschluss daran seien noch einige hierher gehörige No- 
tizen aus meinen ornithologischen Tagebüchern mitgeteilt. Am 
16. September 1887 bei schönem Wetter zogen früh von 7—9 Uhr 
bei Arnoldsgrün i. V. ca. 170 Stück in kleinen Trupps nach SW, 
die einzelnen Individuen der Flüge waren sehr zerstreut; alle 
flogen sehr niedrig, 1—2 m über die Felder; am Walde ange- 
kommen, erhoben sie sich bis zu den Spitzen der Bäume und 
setzten so ihre Reise fort. Unter diesen Durchzüglern befanden 
sich viele Junge mit noch nicht vollkommen entwickelten Spiessen. 

Auch am 29. Sept. 1888 beobachtete ich bei Dresden eine 
kleine aus Alten und Jungen sich zusammensetzende Schar, des- 
gleichen am 19. Sept. 1889, ferner am 9. Okt. 1891 einige 
Junge bei Moritzburg, am 2. Okt. 1901 an den Frohburger 
Teichen eine grössere Schar, die eifrig Nahrung suchte, darunter 
Junge mit noch unvollkommenem Schwanze, ebenso traf ich am 
6. Okt. bei Königswartha eine grössere Anzahl Alte und Junge 
an, die letzteren waren bei ziemlich starkem Winde kaum im - 
stande, sich auf den Telegraphendrähten zu halten, Zahlreiche 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 57 


andere Beobachtungen, das Vogtland, die Umgegend von Leipzig etc. 
betreffend, könnte ich noch anführen. Es geschehe dies aber nur 
noch mit einigen auf andere Länder Bezug habenden Angaben. 


Böhmen. 

Aus Aussig meldete Hauptvogel am 15. Sept. 1889 folgendes: 
„An der Mündung der Biala in die Elbe flogen Hunderte von 
Hirundo rustica umher, meist Junge, ganz nahe des Wasser- 
spiegels auf und abjagend und selbst aus dem Wasser Insekten 
fangend“. Schwalbe 1889, 472. 

Über Starkoc bei Caslau berichtet Koresonseke ae Okt. 
1894 waren meist nur junge Vögel zu sehen, am 13. Okt zeigten 
sich 2 Junge bei Zbyslau, 1896 beobachtete ich am 3. Okt. nur 
wenige und fast nur junge Rauchschwalben.“ Ornith. Jahrb. 1898, 38. 


Mähren. 


Über Oslawan liegen von Öapek folgende Beobachtungen vor: 
„Anfangs September vereinigten sich die Schwalben zu Scharen, 
und am 10. d. M. flogen sie fort; einige Junge trieben sich bis 
zum 4. Okt. herum“. Suppl. z. Ornis 1888, 85. 

„Die Hauptmasse zog am 12. September ab; dann folgten 
kalte Tage, und man sah stets einige junge Vögel im Städtchen“. 
Ornis 1889, 463. 

Brünn. 1900. Heuer wurden nöch am 3. Oktober 6 Stück 
eben fligge gewordene Junge auf einer Erle an der Schwarza 
gefüttert. Orn. Jahrb. 1901, 187. B% 


Oberösterreich. 


In Linz beobachtete Karlsberger, wie am 3. und 10. Sept. 
Alte die Jungen im Fluge fütterten. Ornis 1888, 85. 


Salzburg. 
Hallein. Nach v. Tschusi waren die Rauchschwalben am 
8. September grösstenteils verschwunden, und sassen am 13.d. M. 
ziemlich viel Alte und Junge auf Telegraphendrähten. Ornis 1888, 86. 


Ungarn. 
Hegyfoky berichtet: „Auf ein und derselben Stelle einer 
Robinie unseres Hofes machte sich anfangs September bis zum 
10. eine Schwalbenfamilie ansässig; die Jungen erwarteten dort 


98 F. Helm: 


die Alten, um Futter zu bekommen. Und siehe! Als die Stunde 
des Wegzuges kam, und immer mehrere und mehrere sich zu 
häufen anfıngen, über den Hausgiebeln, jedoch nicht sehr hoch 
herumflatterten, so zog nach etlichen Tagen auch die junge Brut 
fort.“ Aquila 1895, 143. 

Über die Höhe des Schwalbenzuges macht unser Ge- 
währsmann nachstehende interessante Angabe: „Indem die Schwalbe 
sich schon bei Temperaturen um den Gefrierpunkt entfernt, kann 
ihr Zug nur in solchen Luftschichten stattfinden, deren Wärme- 
grad über Null ist. Die Höhe derselben kann leicht berechnet 
werden auf Grund der Temperatur, welche auf der Erdoberfläche 
herrscht“. ibid. S. 151. 


Schweiz. 

Über Zofingen liegt von Fischer-Sigwart folgender Bericht 
vor: „1885 war am 22. Sept. Kälte mit Schneegestöber einge- 
treten, das mit wenigen Unterbrechungen bis Ende September 
dauerte und das einen grossen Schwalbenzug im Wiggertale über- 
raschte und einige Tage zurückhielt. Am 28. September nun flog 
bei sehr dichtem Schneegestöber ein Schwarm dieser Schwalben 
umher, der z. T. aus Alten und Jungen, z. T. aus noch nicht 
iange flüggen Rauchschwalben bestand. Die alten Schwalben 
erhaschten über dem Wasser mühsam einige Nahrung und hoben 
auch hineingefallene schwimmende Insekten auf. Damit ätzten 
sie ihre Jungen“. Ornith. Beobachter 1902, 35. 

Ferner liegt über die Schweiz noch folgender Bericht von 
Weber vor: „Die letzten Rauch- und Mehlschwalben zogen am 
16. und 18. Okt. bei Bern durch. Am 16. war es eine etwa 
100 köpfige Schar, meist Rauchschwalben, die, dem Aaretal in 
südlicher Richtung folgend, noch eifrig auf Insekten Jagd machten, 
wobei die mitreisenden Jungen geätzt wurden. Am 18. sassen 
3 junge Rauchschwalben auf einem Telegraphendraht, eine schien 
sehr ermattet, wohl auch hungrig, während die beiden Alten Futter 
suchend in der Nähe umherflogen. Ornith. Beobachter 1902, 273. 


Doch genug der Citate! Unzweifelhaft geht aus dem Ange- 
führten hervor, dass vielfach junge und alte Rauchschwalben ge- 
meinschaftlich im Herbst ihre Wanderungen ausführen. Das 
verzögerte Flugbarwerden der Jungen aus verspäteten Bruten mag 
oft die Ursache dieser Erscheinung sein. Grosse Wichtigkeit 
scheinen mir aber die nun anzuführenden Beobachtungen zu 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 99 


beanspruchen. In der Rhea veröffentlichte Thienemann über 
seine zahme Schwalbe einen interessanten Artikel unter dem 
Titel „Meine Schwalbe“, in dem sich folgender Passus findet: 
„Sobald die ersten Jungen flugbar wurden, führte das Männchen 
dieselben bei mir ein, bis im Herbst alle zusammen des Nachts 
an die gemeinsame Schlafstelle der Umgegend sich begaben. Ein- 
mal blieb jedoch mein Männchen des Nachts wieder bei mir, führte 
auch am anderen Tage die ganze Familie ins Zimmer und sang 
anhaltend und lebhaft, was mich den nahen Abschied vermuten 
liess... . des anderen Tages waren alle Schwalben verschwunden“. 
Orn. Monatsschr. 1888, 314/15. 

In seiner Vogelwelt des Teutoburger Waldes (Detmold 1877) 
S. 225—234 schildert Schacht den Verlauf des Brutgeschäftes 
von einem, den Flur seines Hauses bewohnenden Rauchschwalben- 
paare. Er sagt darin unter anderem auch folgendes: Am 5. Juli, 
23 Tage nach dem Ausschlüpfen, waren die Jungen heran- 
gewachsen, und eins derselben wagte gegen Abend den ersten 
Flug aus dem Neste. Am 24. Juli 10 Uhr morgens durchsegelte 
die ganze Kinderschar schon draussen in Gesellschaft der Alten 
die Sommerlüfte..... Am 17. August fanden sich gleichzeitig 
die 5 Kinder der 1. Brut wieder im Hause ein, sodass heute 
die Familie vollzählig beieinander war. Die Liebe der Eltern 
schien auch gegen die Erstgeborenen noch nicht erkaltet zu sein, 
da sie sich durchaus nicht feindselig gegen dieselben betrugen... . 
Am 1. Sept. flog die 2. Brut aus... Nachgerade war nun die 
Zeit herangerückt, wo in der Schwalbenwelt alles Leben und Be- 
wegung ist und wo man sich rüstet zu der grossen Reise nach 
der südlichen Hemisphäre. In diesen Tagen fanden sich die Jungen 
der ersten Brut wieder häufig im Hause ein; schien es doch, als 
wollten die Kinder zusammenbleiben, um gemeinsam die weite 
Strecke unter Führung der erfahrenen Eltern zurückzulegen. Noch 
am 15. September bemerkte ich gegen Abend die Alten und auch 
die Jungen der letzten Brut im Hause — am 16. war die 
ganze Familie abgereist. 

Ferner mag auch auf einen im Departement de la Seine 
beobachteten und im Bericht über den III. internationalen orni- 
thologischen Kongress S. 253 u. ff. veröffentlichten gleichen Fall 
kurz hingewiesen sein. Es heisst da: „Das Weibchen eines Paares, 
das sich im Speisesaal eines Hauses angesiedelt hatte, legte 4 Eier, 
das Paar zog 3 Junge auf, und im Oktober wanderte die ganze 


60 F. Heim: 


Familie fort.“ — Endlich sei aus den sächsischen Ornithologischen 
Jahresberichten angeführt, dass in Sebnitz 1893 bis zum 11. Sept. 
die Alten eines Paares mit ihren Jungen regelmässig ins Nest 
kamen und am 12. alle fortgezogen waren. 

Den Schluss bilde eine von Emin Pascha herrührende und 
die Aequatorial-Provinz betreffende Mitteilung. Sie lautet: „Die 
Rauchschwalben kommen gewöhnlich in grossen Schwärmen an, 
welche eine sehr grosse Anzahl junger, noch nicht völlig 
ausgefärbterJahresvögelenthalten“. Zool. Jahrb. 1892, 146. 


Es mögen an dieser Stelle noch einige Beobachtungen über 
andere Vogelarten folgen, welche den Zug nach Alter und Geschlecht 
betreffen. Jedem Feldornithologen ist wohl die Tatsache bekannt, 
dass unter den bei uns durchziehenden Seglern zuweilen Junge 
sich befinden, welche im Fluge von den Alten gefüttert werden. 
In der einschlägigen Literatur finden sich derartige Fälle nicht 
selten angeführt. Nur auf einen derselben, von welchem ich schon 
im Ill. Jahresbericht über die ornithologischen Beobachtungssta- 
tionen im Königreich Sachsen (S. 40) ausführlich berichtete, sei 
kurz eingegangen. In Arnoldsgrün bei Schoeneck i. V. bezog 1888 
im Juni 1 Seglerpaar einen an einer Scheune aufgehängten „Star- 
kasten“. Am 30. Juni enthielt derselbe neben I faulen Ei einen 
kürzlich ausgeschlüpften, blinden jungen Segler. Noch am 2. Aug. 
hielt sich derselbe im Kasten auf, war aber schon sehr flügge und 
schlug, als ich eine Untersuchung vornahm, mit den Flügeln; am 
3. August morgens war der Kasten leer, jung und alt verschwunden. 
Wenn es sich hier auch um eine verspätete Brut handeln mag, 
so beweist der Fall doch, dass der Segler auch familienweise seine 
Wanderung ausführt. 


Gelbe Bachstelze. 
Schon 1850 berichtete in der Naumannia I, H. 2, S. 23 u. £. 
L. Brehm: „Nach Mitte August zeigten sich in der Nähe von 
Renthendorf die ersten Schafstelzen. Zu Anfang September begann 
ich Jagd auf sie zu machen. Am 7. Sept. traf ich eine Gesell- 
schaft von 15—20 Stück an. Ich schoss 3 Stück derselben: 1 altes 
Männchen und 2 Junge im 1. Herbstkleid“. 


Weisse Bachstelze. 


In der Schwalbe 1889, S. 472 teilt Hauptvogel aus der Gegend . 


von Aussig mit, er habe am 15. Sept. an der Elbe neben hunderten 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 61 


von meist jungen Rauchschwalben auf 10—15 junge und alte 
weisse Bachstelzen bemerkt. 


Über den Hausrotschwanz 


verdanken wir D. Berg nachstehende interessanten die Bettlacher 
Allmend am Jura betreffenden Mitteilungen: 

„im Jahre 1900 fanden sich am 22. Sept. noch einzelne 9, 
am 18. Sept. trieb sich noch eine Familie bei Bettlach am Gigler 
umher. In andern Jahren sind nach Mitte Sept. kaum mehr @ 
zu sehen. Die jungen $ dagegen halten sich bis in den 
Oktober bei uns auf, meiden jedoch die Nähe der 
Häuser und bleiben beisammen an den Jurafelsen, 
wo sie lebhaft singen. Der Rotschwanz fügt sich über- 
haupt, wie mir scheint, nicht ganz den kategorischen 
Gesetzen der Ornithologen. Diese lassen bekanntlich 
nicht zu, dass junge Vögel vor den alten ankommen und nach 
denselben abreisen (ausgenommen der Kuckuck). Trotz diesem 
ornithologischem Gesetze kommt es vor, dass letzjährige Junge, 
erkenntlich am weibchenähnlichem Kleide vor allen andern Rot- 
schwänzen ankommen. So waren die ersten in Olten beob- 
achteten Rotschwänze alle junge d; am 15. März zeigte sich das 
erste in Hauenstein, am 16. 2 in Olten. Alle diese trugen das 
Jugendkleid. Erst am 21. März erschienen in unserer Gegend 
3 prächtige alte 3.“ (Orn. Beob. 1902, 315.) 


Der offizielle Bericht über den III. internationalen ornitho- 
logischen Kongress (Paris 1901) enthält S. 285 u. ff. eine Ab- 
handlung über die Kleider und Mauser von Xema sabinei von 
L. Bureau. Darin macht der Verfasser auch die folgenden höchst 
interessanten Mitteilungen über den Zug dieser Möve an den 
Küsten der Bretagne. Sein Bericht lautet: „Die Wanderungen 
dieser Möve an den Küsten von Loire-Inferieure und von Morbihan 
sind nicht so selten, als man vermuten könnte. Meine Beob- 
achtungen sind zahlreich genug, um zu beweisen, dass sie höchst, 
wahrscheinlich jedes Jahr stattfinden, ausserdem unterliegt es 
keinem Zweifel, dass dies an den andern ozeanischen Küsten 
Frankreichs der Fall ist. 


Aber man muss auseinander halten, 1. den Zug der Alten, 
2. denjenigen der Jungen im ersten Gefieder. 


62 F. Helm: 


1. Zug der Alten. 

Die Alten bilden Scharen, die zuweilen gross sind. Wenn 
dieselben bis jetzt der Aufmerksamkeit der Ornithologen ent- 
gingen, so erklärt sich dies daraus, dass diese Flüge sich nur 
ausnahmsweise den Küsten nähern.“ Nachdem Bureau eine aus- 
führliche Übersicht der an den französischen Küsten erlegten 
Möven unserer Art gegeben, kommt er zu nachstehenden Schlüssen : 
„Der zeitigste Termin, an welchem ihr Vorkommen festgestellt 
wurde, ist der 15. August 1893.1) Da trotz zahlreicher, in fast 
jedem Jahre vor diesem Zeitpunkt nach dem gewöhnlichen Aufent- 
haltsorte von Larus sabinei unternommenen Excursionen nie eine 
Möve angetroffen wurde, so kann man dieses Datum als den 
Anfang des Zuges an den ozeanischen Küsten Frankreichs be- 
trachten. Einige Tage später, ziemlich regelmässig vom 20. bis 
30. August, zeigen sich die Alten in kleinen Trupps, zuweilen 
auch in starken Flügen. Die Wanderung hat dann den Höhe- 
punkt erreicht. Sie dauert jedoch bis zum September und ver- 
längerte sich bis zum 5. Okt. (1896) oder gar bis zum 18. Okt. 
(1886). Ich kenne keinen Fall, dass nach diesem Zeitpunkt an 
den Küsten Frankreichs eine Alte erlest worden sei. Allerdings 
ist dabei zu beachten, dass vom Anfang des Septembers ab die 
Jahreszeit für Vergnügungsfahrten nicht mehr so günstig ist und 
die Beobachtungen nicht mehr so eingehend stattfinden. Wir sind 
deshalb nicht berechtigt zu dem Schlusse, dass nach dem oben 
festgestellten Zeitpunkt die Alten vollständig verschwunden seien. 


2. Zug der Jungen im 1. Kleide. 

Die Jungen im 1. Kleide fangen an, allein sich zu zeigen 
gegen Mitte September (18. Sept. 1896), das heisst also einen 
Monat nach dem Ankommen der Alten (15. August 1893). 
Zur Zeit des stärksten Zuges der letzteren (vom 20. August 
bis Mitte September) sind die Jungen bestimmt noch nicht 
angekommen. Aber bald darauf zeigen sie sich einzeln oder in 
kleinen Trupps von 4—5 Individuen und treffen mit den Alten 
zusammen, die zu dieser Zeit die Küsten des Ozeans besuchen.“ 
Obgleich Bureau die Abreise der Jungen nicht feststellen konnte, 
hat er doch dafür Beweise, dass man derartige Vögel noch Mitte 
Dezember (1891), ja sogar im Januar (1897) erlegt. 


1) Nach Bidwell aber wurde in der Bai von Bridlington in York- - 
shire 1892 schon am 10. August eine Alte erlegt. 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 63 


(Auf Helgoland wurde am 25. Oktober 1847 und 28. Oktober 
1883 je ein junger Herbstvogel erlegt und am 10. November 
1883 ein solcher beobachtet.) 

In seiner Ornis von Marburg (Journal f. Ornith.) kommt 
O0. Kleinschmidt auch auf meine Zusammenstellung über das 
Auftreten des rotsternigen Blaukehlchens zu sprechen und be- 
zeichnet dieselbe „als eine Reihe lückenhafter und z. T. recht 
fraglicher Einzelangaben.‘ 

Ich habe darauf folgendes zu erwidern. Nachdem ich seit 
einer Reihe von Jahren zum Zwecke ornithologischer Beob- 
achtungen grössere Reise unternommen und (dabei in erster 
Linie mein Augenmerk darauf gerichtet, ob wohl die Gegenden, 
welche ich besuchte, dem durchziehenden rotsternigen Blau- 
kehlchen für einige Zeit Aufenthalt gewähren könnten, unterliegt 
es für mich keinen Zweifel mehr, dass es in unserem Vaterlande 
noch viele, viele Okm gibt, welche sich ganz vorzüglich für das 
rotsternige Blaukehlchen zum vorübergehenden Aufenthalt eignen, 
die aber ornithologisch gar nicht durchforscht sind. Aus diesem 
Grunde und dann auch deshalb, weil die Gätkeschen Be- 
hauptungen über Höhe und Schnelligkeit des Vogelfluges, sowie 
über Zug nach Alter und Geschlecht von ihm in keiner Weise 
logisch begründet, teilweise sogar schon als unrichtig nachge- 
wiesen sind, halte ich diese Hypothesen Gätkes nicht mehr für 
wahr. Es würde mir deshalb heute gar nicht mehr einfallen, 
mit Literaturstudien und -citaten denselben zu Leibe zu gehen. 
In der kurze Spanne Zeit, die seit der Anfertigung meiner schon 
genannten Zusammenstellung und der Gegenwart vergangen ist, 
sind so zahlreiche positive Tatsachen, die Unwahrscheinlichkeit 
der Gätkeschen Behauptungen beweisend, konstatiert worden, 
dass wir für die Zukunft das Beste zu hoffen berechtigt sind. 

Weil nun aber die vielgenannte Abhandlung existiert, 
müssen wir uns noch einmal damit beschäftigen. Kleinschmidt 
nennt dieselbe, wie schon eingangs erwähnt, „eine Reihe lücken- 
hafter Einzelangaben.“ Kein Mensch kann dies mehr bedauern, 
als ich selbst! Aber es war beim besten Willen aus der Lite-% \ 
ratur, die mir im ziemlichem Umfange zur Verfügung stand,® / 
nicht mehr zu schöpfen, weil ich selbstredend nur solche An- 
gaben berücksichtigte, welche sich ausdrücklich auf das rot- 
sternige, schwedische oder Tundra-Blaukehlchen bezogen. (In 
solchen Fällen war das weisssternige Blaukehlehen natürlich 


64 F. Helm: 


gesondert behandelt.) Weil aus leicht ersichtlichen Gründen meine 
Gewährsmänner bei ihren Beobachtungen nicht ahnen konnten, 
dass es einst eine „Formenkreis- Theorie“ oder „Lebensring- 
Theorie‘: geben würde, haben sie unterlassen, nähere Angaben 
darüber zu machen, welche heute die Feststellung ermöglichen, 
ob die beobachteten Vögel zu Erithacus Astrologus suecicus (L.) 
oder zu Erithacus Astrologus cyaneculus (Wolf) oder gar zu 
Erithacus Astrologus discessus (Mad.) gehörten. 

3. Ist für Kleinschmidt meine Zusammenstellung „eine Reihe 
z. T. recht fraglicher Finzelangaben“. Meiner Ansicht, nach wäre 
es wohl das richtige gewesen, wenn Kleinschmidt sich näher 
darüber geäussert hätte, welche Angaben er für fraglich hält. Da 
er dies nicht getan, untersuchen wir, welche er wohl gemeint 
haben könnte. Wir müssen dabei einen Unterschied machen 
zwischen Literaturangaben und Berichten von Gewährsmännern. 
Die Literaturangaben stammen aus unseren wichtigeren ornitho- 
logischen Zeitschriften. 

Wie schon vorher betont, habe ich für meine Zwecke nur 
solche Angaben benutzt, welche auf das eigentliche rotsternige 
Blaukehlchen sich bezogen. Ich will ja gern zugeben, dass bei 
dieser Zusammenstellung meinerseits hie und da ein Versehen 
vorgekommen sein mag, im übrigen aber muss ich die Verant- 
wortung dafür, dass in Wirklichkeit in allen Fällen die richtigen 
rotsternigen Blaukehlehen gemeint sind, den Herausgebern der 
betr. Zeitschriften überlassen. Mir sind bis jetzt folgende Be- 
richtigungen dieser Literaturzitate bekannt geworden. In der 
Aquila, 1894, S. 135 weist Herman darauf hin, dass die von 
Kolombatovie aus Spalato gemachten Angaben, Oyanecula suecica 
sei am 23., 25. und 27. März dort in ungemein grossen Mengen 
erschienen (veröffentlicht Ornis 1885, S. 425), sich auf das weiss- 
sternige Blaukehlchen bezogen. Es ist also aus meiner Zusammen- 
stellung Dalmatien zu streichen. 

Des weiteren glaubt R. v. Tschusi, die auf Böhmen bezug- 

 ıabenden und von Peiter und Schier herrührenden Angaben be- 

; »träfen das weisssternige Blaukehlchen (Ornith. Monatsber. 1902, 
4 N (3, 22 u. fl). Da von dem Gewährsmann des Herrn v. Tschusi 
SIR N yeitere diesbezügliche Untersuchungen in Aussicht gestellt worden 
sind, bleibt abzuwarten, welche Angaben die richtigen sind. Dass 
aber das rotsternige Blaukehlchen tatsächlich Böhmen im Früh- 
ling berührt, hat v. Tschusi im Ornith. Jahrbuch f. 1896 selbst 


Zug der Vögel nach Alter und Geschiecht. 65 


nachgewiesen. Von den durch einzelne Personen auf brieflichem 
etc. Wege erlangten Berichten sind 4 vorher schon durch v. Tschusi 
im Ornith. Jahrbuch veröffentlicht worden, mit den übrigen 5 tat 
ich es. Einen derselben, und zwar von Gallas jun. herrührend 
und den Harz betreffend, hält Lindner für nicht einwandfrei, da 
Gallas ‚eine in den weitesten ornithologischen Kreisen völlig 
unbekannte Persönlichkeit und ein durch völlige Unkenntnis in Be- 
ziehung auf die Vogelwelt sich auszeichnender Mann sei und 
keineswegs ornithologisch ernst genommen werden könne“. Obwohl 
es nun durchaus nicht nötig ist, dass man, um ein guter Vogel- 
kenner zu sein, in den „weitesten ornithologischen Kreisen be- 
kannt sein muss“, so mag doch wegen des 2. von Lindner ange- 
führten Umstandes auch diese Angabe aus meiner Zusammenstellung 
verschwinden. Es wird dadurch an den Tatsachen nicht viel 
geändert. Ist ja doch durch Lindner das rotsternige Blaukehlchen 
am 9. Mai 1901 bei Osterwiek, also am Harz, beobachtet worden. 

Im Anschluss daran sei kurz auf einige weitere Literatur- 
angaben, die sich auf das rotsternige Blaukehlchen beziehen, 
hingewiesen. 

Im Ornith. Jahrb. 1901, S. 115 wird mitgeteilt, A. Bonomi 
habe am 11./Ill. 1898 bei Adige ein Oyanecula suecica $ mit 
dem orientalis-Stern erhalten. 

S. 183 derselben Zeitschrift berichtet F. Schade in seinen 
ornithologischen Notizen aus Mähren über das rotsternige Blau- 
kehlchen: „Durchzügler. Im Jahre 1898 wurden 10 Stück, 1899 
2 Stück dieser Art gefangen. Heuer wurde kein rotsterniges 
Blaukehlchen beobachtet. Es erscheint gewöhnlich etwas früher 
als das weisssternige, im Frühjahr anfangs April (4.—10.) 
im Herbst Mitte September.‘ 

Schon vorher (Ornith. Jahrb. 1897, S. 186 und 187) wurde 
aus der Umgebung Brünns von Br. Feuereisen über Oyanecula 
coerulecula (Pall.), über das rotsternige Blaukehlchen gemeldet: „Im 
Jahre 1894 ein Stück bei Gerspitz einem Vogelfänger abgenommen. 
In den Jahren 1895/96 konnte weder ich noch Schade dessen Vor- 
kommen als Durchzügler konstatieren, trotzdem wir zur Zugzeit 
eifrig sowohl den Vogelmarkt als auch das Durchzugsgebiet (die 
Ufer der Schwarza und Zwitta) kontrollierten. Erst heuer (1897) 
Ende März gelangten wieder 2 Stück (3) in meinen Besitz, und 
das waren zuverlässlich die einzigen, welche hier gefangen wurden. 
Es ist dies hier ein recht seltener Durchzügler.“ In den „Vögeln 

Journ. f, Orn, LIl. Jahrg. Januar 1904, 5 


66 F. Helm: 


des Grossherzogtums Mecklenburgs“ von C. Wüstnei und G. Clo- 
dius, 1900, Seite 136 heisst es: „CO. suecica L., das rotsternige 
Blaukehlchen brütet im höchsten Norden und zieht alljährlich 
durch Deutschland gegen Ende April, während (. leucoc. schon im 
1. Drittel des April kommt. In Mecklenburg sind beide Arten 
gefunden worden. Z. (gemeintist Zander) kennt nur O. leucoe. bei 
uns, aber seitdem ist ©. suecica bei Rostock und von da das 
Warnowtal aufwärts bis Bützow nicht allein häufig auf 
dem Zuge beobachtet, sondern — was hochinteressant ist — 
auch ganz bestimmt brütend angetroffen worden. Ja im 
Archiv heisst es: „Alle bei Bützow gesammelten, sowie alle in 
den dortigen Gärten nicht selten brütenden Blaukehlchen sind 
braunsternig. Nur einmal wurde auf dem Frühlingszuge ein 
weisssterniges bemerkt.‘‘ Auch bei Rostock in den Warnowbrüchen 
scheint nach Steebock swecica allein zu brüten. Sogar bei Schwerin 
und Pinnow brütete swecica nach Preen. Alle bei Dömitz a. 
d. Unterwelde und der Elbe und bei Boizenburg nicht selten 
brütenden Blaukehlchen sind weisssternig, wie wir noch 1896 
wieder zu konstatieren Gelegenheit hatten. Ebenso sind es die 
bei Grabow und manche der bei Schwerin gefundenen; wir 
konnten 1894—1896 bei Grabow allerdings überall keine Blau- 
kehlchen entdecken, und auch Haese hat dort bisher keine ge- 
funden. Würde das Recknitztal einmal ornithologisch durch- 
forscht, sowie das der Peene, so würden dort sicher Blaukehlehen 
gefunden, und zwar, wie wir bestimmt annehmen, vor allem 
suecica“ (Clodius). 


Nun zum Schlusse noch einige Worte über die Kleinschmidt- 
schen Theorien und Folgerungen. Aus verschiedenen Stellen 
seiner Abhandlung (Journ. f. Ornith. 1903 S. 326, 345 und 392) 
ist zu ersehen, dass er glaubt, diejenigen Individuen einer 
Vogelart, welche sich durch etwas längere Flügel auszeichnen, 
vollenden ihre Wanderungen schneller als ihre Verwandten mit 
etwas kürzeren Flugwerkzeugen. 


In dem Annual Report of the Board of Regent of the 
Smithsonian Institution für 1902, S. 649 u. ff. befindet sich eine 
von F. A. Lucas herrührende Abhandlung unter dem Titel: The 
greatest flying creature, the great Pterodactyl ornithostoma. Ein 
Referat darüber erschien in der „Umschau“ 1903, $S. 573 unter. 
dem Titel: Das grösste fliegende Geschöpf. Dort sind auch die 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 67 


nachstehenden von Langley herrührenden Zusammenstellungen 
veröffentlicht. !) 


Tragende 


Pferdestärke 


Nalıne Körperge- | Flügelbreite 


wicht in kg in m Fläche in qm 
Langleysche Flug- 

maschine, die Y, 

—1/, Meile flog .| 15 — 5,4 1,5 
Pterodactilus . . 15 4 2,5 0,036 
Kondor Re | 8,5 3 1,0 0,043 
Bussard 0. 2.5, 2 0,5 0,015 
Wilde Gans . . . 4,5 — 0,265 0,026 
Maubei iu. un 0,5 — 0,07 0,012 
Kolibri... ..v. 0,0075 _ 0,0026 0,001 


Dazu heisst es: 
„Das Gewicht steht nicht immer in gleichem Verhältnis zur 
tragenden Fläche, es bedürfte einer Pferdekraft um zu tragen: 


Gewicht Tragfläche m Trage- 
Name | in kg | 2 qm ra een kg 
Flugmaschine . . 10 3,6 0,36 
Pterodactilus . . 415 69 0,14 
Wilde Gans. . . 175 10 0,057 
Haube Ar m narn, 40 3 0,075 
Kohlbri.as on. 13 2,5 0,35 


Angenommen ist hierbei, dass die tragende Fläche zu dem 
Gewichte gleichbleibt. 

Die Tabelle zeigt, dass die kleinen Flieger, wie z. B. der 
Kolibri, mit der gleichen Kraft (einer Pferdestärke) viel ge- 
ringere Gewichte zu tragen vermögen als die grossen, wie z. B. 
die wilde Gans oder der Pterodactilus, dass ferner die Tragfläche 
im Verhältnis zum Körpergewicht eine grössere sein muss“. (Dabei 
ist noch sehr bedeutungsvoll, dass mit der Zunahme der Vogel- 
grösse die Oberfläche sich nur im Quadrat, die Körper- 
masse jedoch im Kubus sich vermehrt). 


1) In den Originalabhandlungen finden sich ausserdem noch spezielle 
Angaben über das Verhältnis der Flugfläche zur Muskeloberfläche und 
Brustbeingrösse, sowie über die verschiedenen Flugarten u. a. 


Hr 


68 F. Helm: 


„Für den Flug kommt hauptsächlich in Betracht die Körper- 
srösse, dietragende Fläche, die Länge der Flügel und die 
Geschicklichkeit des Vogels.“ 

Soviel aus den Arbeiten von Langley und Lucas! 

Gehen wir nun auf die Kleinschmidtschen Behauptungen, 
welche die Blaukehlchen betreffen, etwas näher ein. 

Im Journal f. Ornith. 1903 S. 341 u. ff. veröffentlichte er 
folgende Masse: 

1. Erith. Astr. suec. (L.) 2. Erith. Astr. cyan. (W.) 3. Erith. Astr. 

Helgoland. discessus (Mad.) 
Flügellänge. Bisis 8 cm. Max. 7,7—7,8 cm. Max. 7,1 cm. 

Kleinschmidt besitzt, wie er so liebenswürdig war mir mit- 
zuteilen, in seiner Sammlung 8 Stück E. Astr. suec. von Helgo- 
land, 4 Astr. cyan. von Westdeutschland, sowie 4 Stück vom 
alten Brehm und 1 E. Astr. discessus; ausserdem hat er noch 
sehr viele in andern Sammlungen gesehen. Bedauerlicher Weise 
fehlen nun in seiner Arbeit Angaben über das Alter der unter- 
suchten Blaukehlchen, und ferner ist speziell bei den Helgoländer 
Vögeln nicht angegeben, wie die Flügellänge bei den einzelnen 
Individuen sich verhält. Hat die Mehrzahl derselben eine 
solche von 8 cm, ist dies nur bei einzelnen der Fall, sind dies 
relativ junge oder alte Vögel? 


Nehmen wir aber an, die grösste Länge komme allen 8 Vögeln 
zu. Was will das sagen ? Nichts anderes als: diese Vögel haben 
infolge der verlängerten Flügelspitze einen 2 mm resp. 3 mm 
längeren Flügel als Asir. cyan., der Flügel ist demnach bei 
ihnen 1/,, resp. Yss mal länger als bei letzteren. Nun klagt 
aber Kleinschmidt selbst: „Die Schwingenverhältnisse der Blau- 
kehlchen sind schwer zu beurteilen, denn wenn die Vögel im 
Frühjahre ankommen, sind die Schwingfedern oft schon abgenutzt, 
und im Herbst ist man oft zweifelhaft, ob die Schwingen schon 
völlig ausgewachsen sind.“ Ferner: „Das Längenverhältnis der 
ersten Schwinge scheint bei den Blaukehlchen ganz individuell 
zu variieren. Ich messe: 

bei suecicus 17—20 mm, 
„ euaneculus 14—21 mm, 
„ discessus 14 mm.“ 

Aus diesen Zitaten geht doch wohl zur Genüge hervor, dass 
die in Frage kommenden Verhältnisse noch sehr wenig geklärt 
sind. 


Zug der Vögel nach Alter und Geschlecht. 69 


Aber ganz abgesehen davon! Glaubt denn Kleinschmidt 
wirklich, das ein Flügel, der 2—-3 mm oder !/,, bis 1, länger 
als ein anderer ist, einen Vogel zu einem viel schnelleren Fluge 
befähigt? Zudem ist die Flügellänge gar nicht ausschliesslich 
massgebend für die Fluggeschwindigkeit, sie nimmt nicht einmal 
unter den massgebenden Faktoren die erste Stelle ein Sondern 
dies tut die Körpergrösse bezw. -schwere! Hat nun Kleinschmidt 
dieselbe bei seinen Vögeln festgestellt? Ich finde darüber keine 
Angabe! 

Deshalb dürfte die Annahme, ein um wenige Millimeter 
längerer Flügel befähige das nordische Blaukehlchen zu einer 
bedeutenderen Flugfähigkeit auf nicht ganz sicherer Grundlage 
beruhen. Denn von massgebendem Einfluss dabei sind eben 
auch andere Teile des Vogels (wie Körpergewicht, Musku- 
latur, Flugfläche, vielleicht auch die Elasticität der Schwingen, 
die Pneumaticität der Knochen u. s. w.). Zu einer derartigen 
Entscheidung genügt nicht allein ein „Balgstudium.“ 

Ich finde auch — wenigstens bei einheimischen Vögeln, 
welche ja vielfach ohne besondere Schwierigkeiten beschafft 
werden können — durchaus keinen Grund, warum man nur die 
„Bälge“ untersucht, um über biologische Probleme Urteileabzugeben. 

Ich kann mich überhaupt nicht ganz des Gedankens er- 
wehren, dass manchmal viel zu viel Gewicht auf die Beschaffen- 
heit des Federkleides gelegt werde. Dasselbe ist jedes Jahr ganz 
oder zum Teil einem Wechsel unterworfen, sieht bei jugendlichen 
Individuen anders als im Alter aus und ändert zudem auch leicht 
ab (infolge anderer Lebensweise u. s. w.) — ist also bei seiner 
Entwicklung sicher manchen Zufälligkeiten unterworfen. Dieselbe 
Aufmerksamkeit aber wie die äussere Körperbedeckung kann 
überdies zum mindesten auch der Körper selbst beanspruchen. 
Erstrecken sich die Studien deshalb auch auf ihn, so werden auf 
viel breiterer Grundlage beruhende Resultate sicherlich die Folge 
sein, wie dies ja schon Fürbringer vor anderthalb Jahrzehnten 
durch seine klassischen „Untersuchungen zur Morphologie und 
Systematik der Vögel, zugleich ein Beitrag zur Anatomie der 
Stütz- und Bewegungsorgane‘“‘ so schlagend bewiesen hat. 


70 


Übersicht der Formen der Gattung Ithaginis Wagler. 
Von V. Bianchi. 


(Übersetzt aus dem Russischen!) von Rich. Schmidt.) 


Bei der Bearbeitung der Sammlungen, einerseits derjenigen 
der letzten Tibetexpedition unter Leitung von P. K. Kozlov, 
andrerseits der vom verstorbenen N. M. Przevaljski zusammen 
gebrachten Materialien, war ich genötigt, alles in unserem Museum 
vorhandene Material an Arten der Gattung Ithaginis Wagler, die zur 
Familie der Phasianidae gehört, durchzusehen. Das Ergebnis dieser 
Durchsicht war die Überzeugung, dass eine der zu dieser Gattung 
gehörigen Arten in mehrere Formen zerfällt, welche zum mindesten 
die Bedeutung von Unterarten haben. Die Darlegung dieser Formen 
ist der Zweck dieser Zeilen. 

Zur Gattung Ithaginis, welche der Nadelwaldzone des öst- 
lichen Himalaja und den Tannenwäldern am Ostrande des tibeta- 
nischen Hochlandes eigentümlich ist, gehörten bis jetzt 3 Arten: 
nämlich J. cruentus (Hardw.), dessen Wohngebiet sich auf Nepal, 
Sikkim und West-Butan mit den angrenzenden Teilen Tibets er- 
streckt; I. geoffroyi Verr., welcher in Südost-Tibet und den be- 
nachbarten Teilen West-Chinas lebt und schliesslich ]. sinensis 
David, der den ganzen Nordost-Rand des tibetanischen Hoch- 
plateaus, von I-schang am Blauen Fluss und dem nördlichen 
Sy-tschuan bis zum Nordabhang des Nan-schangebirges bewohnt. 
Alle drei Arten sind in unserem Museum vertreten, aber nicht 
gleichmässig stark. Wir besitzen im ganzen 6 Exemplare von 
J. eruentus, davon 5 aus Sikkim und eins ohne genauen Fundort, 
nämlich bloss mit der Bezeichnung „Tibet“. Eine glänzende Serie 
von Exemplaren (25 St.) von J. geoffroyi aus verschiedenen Ge- 
genden von Kam (Süd- u. Ost-Tibet) hat die Tibetexpedition P. 
K. Kozlovs mitgebracht; ausserdem haben wir ein Exemplar dieser 
Art aus Ost-Tibet ohne genauere Fundortangabe. Unser Material 
an J. sinensis besteht aus den Sammlungen N. M. Przevaljskis 
(8 Exemplare aus Kan-su), P. K. Kozlovs (14 Exemplare aus 
Kan-su), der Gebrüder Grum-Grzimailo (3 Exemplare aus dem 
nördlichen Nan-schan) und M. M. Berezovskis (5 Exemplare aus 


!) Annuaire du Mussde Zoologique de l’Acad6mie Imp6riale des 


Sciences & St. Pötersbourg. t. VIII, 1903, pag. 1. (Presents a l’Aca- . 


dömie le 23 Octobre 1902.) 


Die Formen der Gattung Ithaginis. 71 


Süd-Kan-su und Nord-Sytschuan). Ausserdem gingen durch meine 
Hände alle übrigen 25 Exemplare der Kan-su-Expedition G. N. 
Potanins, von denen die Mehrzahl sich nun im Irkutsker natur- 
historischen Museum befindet. 

Die Durchsicht dieses reichen Materials an 1. sinensis über- 
zeugte mich nun davon, dass die Vögel aus verschiedenen Gegenden 
bei weitem nicht identisch sind. 

Diese Art wurde zuerst vom Erforscher Chinas, dem fran- 
zösischen Missionar Armand David, nach Exemplaren, die im 
Dezember 1872 in den Bergen Lao-ling in der Provinz Schen-si, 
d. bh. am Nordabhang des Gebirgszuges Tsing-ling (östl. Kuen-lun), 
erbeutet waren, beschrieben. In der Originalbeschreibung nennt 
David die Farbe der grossen Flügeldeckfedern goldgelb (roux-dor£) 
und bemerkt, dass die weissen Schaftstreifen der oberen Körper- 
seite bei einigen Exemplaren auf dem Bürzel und den oberen 
Deckfedern des Schwanzes grünlich sind. 

Die Exemplare N. M. Przevaljskis und P. K. Kozlovs sind 
alle an einem und demselben Orte des nördlichen Kan-su in der 
Umgebung des Tempels Tschortentän, d.h. am Südabhang des 
östlichen Nan-schan erbeutet. Sie passen vollständig zu der Be- 
schreibung von David und müssen zur typischen Form ge- 
rechnet werden. Sie lassen sich charakterisieren: durch goldgelbe 
Färbung des Fiügelfleckes, dessen goldene Nuance von einer 
geringen Beimischung grünen Pigmentes abhängt; durch Fehlen 
des grünen Pigmentes auf den weissen Schaftstreifen der Rücken- 
federn: eine grössere oder geringere Entwicklung des grünen 
Pigments ist nur an den oberen Schwanzdeckfedern und zwar von 
14 ©@ nur bei 5 zu bemerken; schliesslich durch starke Ent- 
wicklung der karminroten Farbe an den Rändern der Steuerfedern. 

Von den Vögeln aus Tschortentän unterscheidet sich scharf 
ein von der Expedition der Gebrüder Grum-Grzimailo erbeutetes 
Männchen, das vom Flusse Chy-cho, also nördlich vom Haupt- 
sebirgszug des Nan-schan, stammt. Es ist grösser und merklich 
blasser als die Vögel vom Südabhang des Nan-schan, sein Haupt- 
unterschied aber besteht in der aussergewöhnlich starken Ent- 
wicklung des grünen Pigmentes auf den weissen Schaftstreifen der 
oberen Körperseite; eine Beimischung von grünem Pigment ist 
schon am hinteren Teile des Interscapulariums gut sichtbar, auf 
den Schulterfedern, dem unteren Rücken, dem Bürzel und den 
oberen Schwanzdeckfedern aber sind die Schaftstreifen auf dem 


72 V. Bianchi: 


Teile der Federn ganz grün, welcher nicht durch die höher gelegenen 
Federn verdeckt ist. Ebenso ist das grüne Pigment viel stärker 
als bei den typischen Stücken aus Schen-si und Tschortentän 
auch auf den roten Federn des Flügels, besonders auf den grossen 
Deckfedern entwickelt. Andrerseits ist die karminrote Färbung 
an den Rändern der Steuerfedern bei dieser Form viel schwächer 
ausgebildet, als bei den typischen Vögeln. 

Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal der Nord-Nan-schan- 
Form ist also die Ausdehnung des grünen Pigmentes auf die 
Federn des Unterrückens und der Interscapularregion. M. E.Grum- 
Grzimailo teilte mir mit, dass der lebende Vogel dieser Form von 
oben ganz grün erscheint. Es ist deswegen sogar möglich, dass 
bei dem einzigen mitgebrachten Stücke die Entwicklung des grünen 
Pigments nicht einmal ihr Maximum erreicht hatte. Ich nenne 
diese Form zu Ehren des Sammlers, Michael Efimovitsch Grum- 
Grzimailo: Ithaginis sinensis michaelis. 

Als ich zusammen mit M. M. Berezovski die Vögel der 
Kan-su-Expedition G. N. Potanins bearbeitete, hatten wir zu wenig 
Vögel der typischen Form, um der zimmtroten Färbung des 
Flügelfleckes eine diagnostische Bedeutung beizulegen, umsomehr, 
da wir bei den Vögeln aus Süd-Kan-su eine Neigung zum va- 
riieren überhaupt, sowie speziell die Veränderlichkeit der zimmt- 
roten Färbung bemerkten. Wir sagen unter anderen: „Alle unsere 
Vögel sind nur an zwei Stellen des Kreises Sigu erbeutet worden, 
nämlich in der Nähe des Dorfes Dsju-juan und des Dorfes Sätani. 
Diese Dörfer sind von einander nur 40 Kilometer in der Luftlinie 
entfernt, aber durch das tiefe Flusstal des Siguflusses getrennt, 
Die Vögel aus diesen beiden Orten sind etwas verschieden: die 
Männchen aus Dsju-juan sind etwas grösser, haben eine sehr grelle, 
kastanienbraune Flügelfärbung, der lichte Brustfleck ist aber sehr 
schwach ausgeprägt, kaum entwickelt; die Stücke aus Sätani sind 
dunkler, die kastanienbraune Flügelfärbung schmutziger, der Brust - 
fleck scharf ausgeprägt . . .“ Gegenwärtig sind zu den 26 Vögeln 
mit zimmtrotem Flügelfleck aus Süd-Kan-su noch 5 Stück aus 
Nord-Sy-tschuan dazu gekommen, die von M. M. Berezovski 1893 
gesammelt wurden und auch Flügel mit zimmtroten Flecken haben. 
Diese rote Farbe variiert etwas, wie wir schon bemerkt haben. 
von kastanienbraun bis hell zimmtrot, aber dennoch bleibt sie, 
bei allen 23 $$ aus dem Gebiete des Blauen Flusses zimmtfarben 
und geht bei keinem ins Goldgelb über, wie wir dieses bei den 


Die Formen der Gattung Ithaginis. 73 


14 dd aus dem Bassin des Gelben Flusses und dem 1 ZJ vom 
Nordabhang des Nan-schan sehen. Bei der typischen Form so- 
wohl, als auch bei der aus dem Nan-schan sehen wir eine Neigung zur 
Ablagerung des grünen Pigmentes in den fuchsroten Bezirken der 
Flügelfedern, jedoch können wir bei keinem der 23 aus dem Bassin 
des Blauen Flusses stammenden Exemplare auf den fuchsroten 
Flügeldeckfedern auch nur eine Spur des grünen Pigments wahr- 
nehmen; dagegen tritt bei der Mehrzahl der Stücke deutlich eine 
Beimengung karminroten Pigmentes hervor, welches zuweilen einen 
breiten Streifen längs der äusseren Fahne der Schwungfedern bildet. 
Hinsichtlich des grünen Pigmentes auf den weissen Schaftstreifen der 
oberen Körperseite schliesst sich diese Form an die typische an; 
es erstreckt sich nicht weiter nach oben als bis zum hinteren Teil 
des Bürzels, bei einigen Exemplaren ist es nicht einmal auf den 
oberen Schwanzdeckfedern bemerkbar. Die rote Farbe an den 
Rändern der Steuerfedern ist bei dieser Form sehr stark und 
intensiv entwickelt. Überhaupt ist dies die dunkelste und im all- 
gemeinen die kleinste von den drei ]. sinensis-Formen. Ihr unter- 
scheidendes Merkmal ist also der zimmtbraune und nicht goldig- 
fuchsrote Flügelfleck. Ich nenne sie Itkaginis sinensis berezowskin. 

Die Weibchen der drei Formen sind natürlich schwerer als 
die Männchen zu unterscheiden, dennoch kann das Weibchen von 

Ith. berezowskii von den Weibchen der beiden übrigen Formen 

ohne Vergleich der Exemplare unterschieden werden, was jedoch 

bei der Unterscheidung des Weibchens von Ih. michaelis von dem 
der typischen Form nötig ist. Die diagnostischen Merkmale der 

Weibchen werden aus der weiter unten angeführten synoptischen 

Tabelle ersichtlich sein. 

Die Diagnose dieser drei Formen lässt sich also folgender- 
massen resumieren: 

Ithaginis sinensis sinensis: $ Ithaginis plaga alari aureo-fulva (non 
cinnamomea vel castanea) pigmento viridi plus minusve tincta, 
striis medianis plumarum dorsi medi albis, ne minime quidem 
colore viridi pigmentatis; @ lateribus colli cinereis (non cin- 
namomeis), plumis ingluviei et pectoris unicoloribus, haud 
transversim brunneo (uti plumis dorsi) variegatis, collo postico 
plumisque cristae occipitalis fere concoloribus, ceinereis, ga- 
straeo chocolatino- (non castaneo-vel cinnamomeo) brunneo. 

Ithaginis sinensis michaelis: $ Iihaginis plaga alari pallide aureo- 
fulva (non cinnamomea vel castanea) pigmento viridi valde 


74 V. Bianchi: 


perfusa, striis medianis plumarum dorsi medii viridibus (non 

albis); © lateribus colli cinereis (non cinnamomeis), plumis 

ingluviei et pectoris unicoloribus, haud transversim brunneo 

(uti plumis dorsi) variegatis, collo postico plumisque cristae 

oceipitalis fere concoloribus, cinereis, gastraeo pallide choco- 

latino- (non castaneo- vel cinnamomeo-) brunneo. 

Ithaginis sinensis berezowskü: g Ithaginis plaga alari cinnamomea 
vel castanea (non aureoflava), pigmento viridi perfecte 
destituta, sed saepe pigmento rubro admixta, striis me- 
dianis plumarum dorsi medii albis, ne minime quidem 
colore viridi pigmentatis; 2 lateribus colli brunnescentibus 
(non cinnamomeis, non distincte cinereis), plumis ingluviei 
et pectoris unicoloribus, haud transversim brunneo, (uti 
plumis dorsi) variegatis, collo postico fere interscapulario 
concolori, brunneo, a plumis cristae oceipitalis cinereis Sat 
diverso, colore praevalescenti gastraei obscure cinnamomeo. 
Die Entscheidung der Frage, ob diese drei Formen nah- 

verwandte Arten oder noch nicht genügend differenzierte Unter- 

arten sind, kann nur dann endgültig gelöst werden, wenn wir die 

Vögel auch aus allen zwischengelegenen Gebieten erhalten werden. 

Das zu meiner Verfügung stehende Material war ganz genügend, 

um sich davon zu überzeugen, dass jede dieser drei Formen ver- 

schiedenen Distrikten der nordöstlichen Grenzgebiete Tibets 
angehört, aber es ist nicht genügend, um zur vollen Überzeugung 
zu gelangen, dass zwischen ihnen keine Übergänge existieren. 

Wie es auch sein möge, die taxonomische Bedeutung dieser drei 

Formen ist kaum geringer, als die der verschiedenen Formen 

der Gattung Phasianus oder der zwei Teiraophasis- Formen 

(T. obscurus und T. szechenyi), die von der Mehrzal der Orni- 

thologen für Arten angesehen werden. 

Zur Beurteilung der geographischen Variabilität der beiden 
andern Arten der Gattung (]. cruentus und 1. geoffroyi) ist 
unser Material zu geringfügig. In betreff der ersten sagt W. R. 
Ogilvie-Grant, dass bei den Vögeln aus Nepal und den oberen 
Regionen Sikkims die rote Farbe an den Rändern der Kropf- und 
Brustfedern stärker entwickelt ist als bei den Vögeln aus dem 
brittischen Sikkim, bei welchen sie nur in kleinen Fleckchen 
oder garnicht vorhanden ist. Alle Männchen von 1. geoffroyi 
stammen vom Flussgebiet des oberen Mekong, und bei ihnen allen 


haben die Steuerfedern stark entwickelte karminrote Ränder 
e] 


Die Formen der Gattung Ithaginis. 75 


während Ogilvie-Grant den Schwanz des im British Museum of 
Natural History aufbewahrten Typus-Exemplar, als „uniform 
whitish grey‘ beschreibt. 

Die Synonymie und die bis jetzt bekannten Fundorte der 
drei Formen von 1. sinensis und von I. geoffroyi lassen sich 
folgendermassen zusammenfassen: 


Ithaginis sinensis David. 

Ithaginis sinensis, David, Ann. Sc. Nat. (5) XVIIL, 1893, Art. 5, 
p. 1; XIX, 1874, Art 9, p. 1. — David, Journ. III roy. Emp. 
Chinois i, p. 174 (1875.) — David et Oustalet, Ois. Chine, 
p. 402, pl. 114 (1877). — Ogilvie-Grant, Cat. B. Brit. Mus. 
XXH, p. 270 (1893, partim; Ithagenes). — Styan, Ibis, 1899, 
p- 292. 

Ithaginis geoffroyi (nec Verr.), Przewalski, Mongolia i strana 
Tangut., II, Aves, p. 122 (1876) — Przewalski in Rowley’s 
Orn. Misc., I, 1877, p. 471. — Przewalski, Tretje puteschestv. 
v Central. Asii, p. 114 (1883). — Deditius, J. Orn., 1884, 
pp: 538, 540. — 

Fundorte: Hochland des Gelben-Flussgebietes. Süd- 
Abhang des östlichen Nan-schan in der Provinz Kan-su: 
Umgebung des Tempels Tschortentäan am Flusse Tetung-gol 
(Przevaljskij, Februar; Kozlov, Februar). Nord-Abhang des 
Gebirgszuges Tsin-ling in der Provinz Schen-si: Lao-lingge- 
birge und von hier an demselben Abhang bis Cho-nan (Hu- 
nan) in der Provinz gleichen Namens (David, Dezember; 
Styan, Winter). 


Ithaginis sinensis michaelis, subsp. nov. 

Ithaginis sinensis (nec Verr.) Pleske, Bull. Acad. St. Petersb., 
XIII, 1892, p. 297. — Ogilvie-Grant, Cat. B. Brit. Mus., 
XXII, p. 270 (1893, partim Ithagenes). 

Fundorte: Nord-Abhang des Nan-schan. Flüsse: Babo- 
che (eine der Verzweigungen des Edzin-gol) und Chy-cho 
(Grum-Grzimailo, August). 


Ithaginis sinensis berezowskiü, subsp. nov. 
Ithaginis sinensis (nec Verr.) Berezowski u. Bianchi, Aves expe- 
dit. Potanini, p. 15 (1891, eitat. et distr. geogr. exclus.) — 
Ogilvie-Grant, Cat. B. Brit. Mus., XXII, p. 270 (1893, par- 


76 V. Bianchi: 


tim; Ithagenes). — Deditius, J. Orn. 1897, p. 62. — Styan, 
Ibis, 1899, p. 298. — Ogilvie-Grant, Ibis, 1900, p. 606. 

Fundorte: Hochland des Blauen-Flussgebietes: Süd- 
lichster Teil der Provinz Kan-su: Umgebung der Dörfer 
Dzju-juan und Sätani am Flusse Si-gu im Bezirk gleichen 
Namens (Berezovskij, August und November bis Januar). 
Nordwestlicher Teil der Provinz Sy-tschuan: Schlucht Cho- 
azi-gou in der Nähe von Lung-n’gan-fu (Berezovskij, Mai 
und Juni); Sung-pan (Ogilvie-Grant, März); Tung-pei 
(Oktober, November), 20 Meilen südwestlich und Yang-lin- 
pan (August, September), 100 Meilen südlich von Sung-pan 
(Styan). Süd-Abhang des Tsin-ling im südlichen Teil!) der 
Provinz Schen-si: Hing-ko-yu in der Nähe von Han-tschung- 
fu (Ogilvie-Grant). 


Ithaginis geoffroyi. 

Ithaginis geoffroyi, Verreaux, Bull. Soc. Acclim. (2) IV, 1867, 
p. 706. — Gray, Handlist B., II, p. 264 (1870). — Selater, 
Ibis, 1870, p. 297. — David, N. Arch. Mus. Paris, VII, 1871, 
3ull. p. 11, no. 358 — Swinhoe, P. Z. S., 1871, p. 400. — 
Gould, B. As., VII, pl. 42 (1872). — Elliott, Mon. Phas., II, 
pl. 31 (1872). — Selater, Ibis, 1874, p. 169. — David et 
Oustalet, Ois. Chine, p. 401, pl. 113 (1877). — Oustalet, 
Naturaliste, 1886, p. 276. — Seebohm, Ibis, 1891, p. 381. 
— Oustalet, Ann. sc. nat. Zovl., (7), XII, 1892, p. 313. — 
Ogilvie-Grant, Cat. B. Brit. Mus, XXIL, p. 269 (1893, 
Ithagenes). — Oustalet, Nouv. Arch. Mus. Paris (3), VI, 
1894, p. 77. — Bower, Diary Journ. across Tibet, pp. 235 
s. 244 (V...). — Davies, Ibis. 1901, p. 408. 

Fundorte: Südöstliches Tibet und Hochländer des 
Blauen-Flussgebietes. ? Weit verbreitet in (Süd-) Tibet 
(Bower). ? Route des Prinzen von Orleans und Bonvalot 
vom Tengri-nor bis Batang (Oustalet),. Bassin des oberen 
Mekong: Kumtatchie?) (7. V. 90) am westlichen Nebeniluss 
des Mekong, südlich von Rutschi (prince H. d’Orleans und 
Bonvalot: Oustalet). Flüsse Dze-tschju (1-6. IX), Bar- 


1) Wenn ich die Fundortsangabe Ogilvie-Grant’s richtig verstehe 
(Ibis, 1900, p. 606). 

2) Bull. Soc. Gö6ograph. (7) XII, 1891: Karte der: Voy. de la 
Siberie au Tonkin par Bonvalot et pr. H. d’Orleans. 


Die Formen der Gattung Ithaginis. 77 


tschju (September und erste Hälfte Oktober), N’omu-tschju 
(27—30. X), Dza-tschju (Hauptquellfluss des Mekong, 4—11. 
November), De-tschjun (November) und Re-tschju (Januar, 
— Kozlov). Jer-ka-lo (290 2‘30° n. Br. und ca. 99° ö. L.) 
am Mekong (ÖOustalet, Natur. 1886; Davies). — Bassin 
des Blauen Flusses: überall gemein im nordwestlichen 
Teile der Provinz Jü-nan und dem westlichen Teile der 
Provinz Sy-tschuan (Davies) — in den Umgebungen von Ta- 
tzin-lu (Scelater, Seebohm, Oustalet.. Mupin (David). Ge- 
biet der Mausen, nahe von Lung-n’gan-fu? (David). 


Zum Schluss halte ich es noch für nötig, eine synoptische 
Tabelle anzufügen, welche die Möglichkeit gewährt, die alten 
Männchen und Weibchen aller Formen der von uns betrachteten 
Gattung leicht zu diagnostizieren. 

1 (10) Die Brust grün gefärbt (Männchen). 

2 (3) Scheitelfedern mehr oder weniger rot. Kinn und Kehle 
durchgehends dunkel karminrot, nur die Enden der Federn 
sind weiss oder fahlgelb. Flügeldeckfedern ohne rötliche 
oder zimmtrote Färbung. Flügellänge 202—206 mm. 

I. eruentus. 


‚3. (2) Scheitelfedern grau oder grau mit weiss. Kinn und Kehle 
höchstens nur mit Spuren roter Färbung. 

4(5) Die grossen Flügeldeckfedern und die Schwungfedern 
3. Ordnung ohne Spuren rötlicher oder zimmtbrauner 
Färbung. Flügellänge 210—231 mm. J. geoffroyi. 

5(4) Die grossen Flügeldeckfedern und die Schwungfedern 
3. Ordnung zeigen viel rötlichere oder zimmtbraune Farbe. 

6 (9) Auf dem zusammengelegten Flügel prävaliert die rötliche 
Farbe mit goldgelber Nuance infolge stärkerer oder ge- 
ringerer Beimischung grünen Pigmentes. 

7(8) Auf den weissen Schaftstreifen der Federn des unteren 
Teils der Interscapularregion eine deutliche Beimischung 
grüner Farbe, auf den Schulterfedern, dem hinteren Teile 
des Rückens, dem Bürzel und den oberen Schwanzdeck- 
federn sind die Schaftstreifen in ihrem Endteil durch- 
gehends grün gefärbt. Rote Flügelfärbung sehr blass 
mit bedeutender Beimengung von grün, besonders auf 


78 


8 (7) 


9 (6) 


10.(1) 
11 (12) 


12 (11) 


V. Bianchi: 


den grossen Deckfedern. An den Rändern der Steuer- 
federn sehr wenig rote Farbe. Allgemeine Färbung des 
Gefieders sehr blass. Stärkste Form: Flügellänge 5 226 mm. 

J. sinensis michaelis. 
Auf den weissen Schaftstreifen der Schulterfedern und 
und des Rückens gar keine Beimengung grünen Pigmentes, 
selten Spuren des letzteren auf dem hinteren Teil des 
Bürzels, nur auf den oberen Schwanzdeckfedern ist es 
zuweilen deutlich entwickelt. Auf dem Flügel ist die 
soldig rötliche Farbe dunkler mit geringerer Beimengung 
von grün. Allgemeine Färbung des Gefieders dunkler als 
bei J. michaelis. Körpergrösse geringer als bei letzterem, 
aber grösser als bei I. berezowskis. Flügellänge $ 205 
—213 mm. I. sinensis. 


Auf dem zusammengelegten Flügel prävaliert die zimmt- 
rötlichen Farbe ohne jede Beimengung grünen, aber mit 
grosser Menge karminroten Pigmentes (Beimischung grünen 
Pigmentes auf den weissen Schaftstreifen der Rückenseite, 
falls vorhanden, nur am hinteren Teile des Bürzels und 
der oberen Schwanzdeckfedern. Die rote Farbe an den 
Rändern der Steuerfedern ist dagegen sehr stark ent- 
wickelt). Allgemeine Färbung des Gefieders dunkel. 
Schwächste Form: Flügelläinge $ 187—209 mm. 

l. sinensis berezowskü. 
Auf der Brust kein Grün (Weibchen). 
Vorwiegende Färbung der Halsseiten ist hell zimmtrot; 
Federn der Stirn, der Halsseiten, des Kinns und der Kehle 
durchgehends zimmtrot. (Prävalierende Farbe der unteren 
Schwanzdeckfedern ist Schwarz, sie haben nicht so viel 
rote Quermusterung wie die Bauchfedern und sind daher 
bedeutend dunkler als die letzteren. Die graue Färbung 
des Genicks erstreckt sich nicht auf die Interscapular- 
region. Federn des mittleren Teiles des Kropfes und 
der Brust ohne kleine, schwarzbraune Quermusterung, 
wodurch sie sich scharf von den Rückenfedern unter- 
scheiden). Flügellänge 192 mm. J. eruentus. 


Vorherrschende Färbung der Halsseiten Grau oder Dunkel- 
bräunlich; Federn der Stirn, der Kopfseiten, des Kinns 


und der Kehle nicht zimmtrot, wenn sie aber rötliche 


Die Formen der Gattung Ithaginis. 79 


Färbung zeigen, so sind sie bunt gemustert, nicht ein- 
farbig. 

13 (14) Aufden unteren Schwanzdeckfedern prävaliert eine schwärz- 
liche Färbung, in scharfem Kontrast zu den Bauchfedern. 
Die graue Farbe des Genicks erstreckt sich auf den an- 
liegenden Teil der Interscapularregion. Die Federn des 
ganzen Kropfes und der Brust haben dieselbe scharfe, 
dunkelbraune Quermusterung wie die Rückenfedern. Die 
Federn der Stirn, der Kopfseiten und der Kehle sind 
bunt: rötlich längs dem Schaft und grau an den Rändern. 
Flügellänge 196—205 mm. 1. geoffroyi. 

14 (13) Vorwiegende Färbung der unteren Schwanzdeckfedern 
nicht Schwarz, da sie in starker Entwicklung helle 
Musterung zeigen; daher stehen sie in geringerem Kon- 
traste zu den Bauchfedern. Die graue Farbe des Genicks 
erstreckt sich nicht auf den angrenzenden Teil der Inter- 
scapularregion, oder aber das Genick ist fast dunkelbraun. 
Die Federn des mittleren Teils des Kropfes und der Brust 
haben keine dunkelbraune Quermusterung, deren Spuren 
sich auf den Seiten des Kropfes und der Brust befinden. 
Schaftstreifen auf den Federn der Stirn, der Kopfseiten 
und der Kehle schmutzig weisslich oder leicht fahlgelb, 
aber nicht hellrötlich. Kehlfedern zuweilen fast einfarbig, 
aber nicht rötlich oder zimmtrot. 

15 (18) Prävalierende Farbe der Stirn, der Kopfseiten, der Kehle 
und der Halsseiten grau, in scharfem Kontrast zu der 
Farbe der Körperoberseite, auf der allerdings die zimmt- 
rote Nuance schwächer ausgeprägt ist als bei ]. bere- 
zowskii. Untere Körperseite ohne zimmtrote Nuance. 

16 (17) Alle Farben dunkler und intensiver. An den Rändern 
der Steuerfedern zum mindesten Spuren roter Farbe. 
Kleiner; Flügellänge 190—199 mm. I. sinensis. 

17 (16) Alle Farben bleicher. An den Rändern der Steuerfedern 
nicht einmal Spuren von roter Farbe. Grösser; Flügel- 
länge 203—210 mm. I. sinensis michaels. 

18 (15) Vorwiegende Farbe der Stirn, der Kopfsseiten, der Kehle 
und der Halsseiten braun !); Genick braun, in schwachem 


1) Bei den jungen Weibchen im frischen Gefieder ist die graue Farbe 
der Kehle schärfer ausgeprägt. 


80 P. Kollibay: 


Kontrast zur kaffeebraunen Oberseite des Körpers und 
nur die Schopffedern sind deutlich grau. Unterseite des 
Körpers hell kaffeebraun, d. h. mit starker zimmtroter 
Nuance. (An den Rändern der Steuerfedern keine Spur 
roter Farbe.) Flügellänge 178—195 mm. 

I. sinensis berezowskiü. 


Die Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 
Von Paul Kollibay. 


A. Einleitung. 

Nur die Rücksicht auf wünschenswerte Kürze liess mich vor- 
stehende Überschrift wählen. Denn was ich auf den folgenden 
Seiten biete, ist weit entfernt davon, eine abschliessende Arbeit 
über die Vogelwelt jenes mächtigen Fjords im südlichsten Dalmatien 
zu liefern, beabsichtigt vielmehr im Gegenteil erst die erste Grund- 
lage für eine solche umfassende Abhandlung zu legen. Denn 
bislang sind die ornithologischen Nachrichten aus jener, in so viel- 
facher Beziehung hoch interessanten Gegend mehr als spärlich. 
Professor Brusina hat in seinem Bericht über die von ihm nach 
Montenegro entsendete Sammelexpedition (Ornith. Jahrb. 1891 S. 
1—27) die bis damals vorhandenen Arbeiten zusammengestellt, 
welche ornithologische Notizen aus Montenegro und dem Gebiete 
von Cattaro enthalten. Scheidet man die ersteren als hier nicht 
interessierend aus, so bleiben nur übrig: 

1. Küster, Reisebericht aus Dalmatien und Montenegro (Okens 
Isis, XXXIV und XXXV, 1842 und 1843) und 
2. Anton Fritsch, Einige ornithologische Notizen, gesammelt 
auf einer Reise durch Croatien, Dalmatien und Monte- 
negro (Journ. f. Ornith. 1858 S. 411—415). 
Dazu kommt die Brusina’sche Arbeit selbst: 
3. Spirid. Brusina, Beitrag zur Ornis von Cattaro und Monte- 
negro (Ornith. Jahrb. 1891, S. 1—27); 
ferner enthält Mitteilungen über die zur Bocche di Cattaro ge- 
hörige herzegowinische Sutorina folgender Aufsatz: 
4. Othmar Reiser, Neue und seltene Arten der Vogelwelt 
Bosniens und der Herzegowina (Ornith. Jahrb. 1903 
8. 113—118). 
und endlich habe ich selbst über meine vorjährige Reise berichtet: 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 81 


5. P.R.Kollibay, Beiträge zur Kenntnis der Vogelwelt Dalma- 
tiens (Ornith. Jahrb. 1903 S. 22—45). 
Die Arbeiten von Kosice und Kolombatovic schliessen den Süd- 
zipfel Dalmatiens aus. 

Von meiner vorjährigen Excursion hatte ich den grössten Teil 
auf der Insel Curzola zugebracht. Nur wenige Tage wohnte ich in 
Dobrota bei Cattaro und in diesen war ich durch ein körperliches 
Leiden an eingehenderen Beobachtungen behindert. Was ich aber 
von der Vogelwelt der Bocche gesehen und durch Herrn Hauptmann 
Grossmann, früher in Cattaro, jetzt in Castelnuovo, gehört, was ich 
inzwischen von diesem vorzüglichen Präparator erhalten, das legte 
mir den Wunsch nahe, noch ein zweites Mal jenen herrlichen, tief in 
das Land einschneidenden und von hohen Bergriesen eingeengten, 
reich verzweigten Meerbusen aufzusuchen. So fuhren wir denn (meine 
Frau begleitete mich abermals) am 30. April 1903 von Neisse ab, 
trafen am 3. Mai nach bewegter Seefahrt in Ragusa ein, wo wir 
die interessante Localsammlung besichtigten, und erreichten am 
folgenden Tage unser Reiseziel Castelnuovo. Hier verweilten wir, 
beobachtend, jagend und sammelnd, bis zum 26. Mai. Wenn die 
erzielten Ergebnisse nicht besonders reiche waren, so liegt dies 
zum Teil daran, dass Herr Grossmann mit der Umgebung seines 
neuen Wohnorts noch nicht ausreichend vertraut war, zum grössten 
Teil aber daran, dass wir ganz auf uns selbst angewiesen waren 
und jeder Unterstützung durch Einheimische entbehren mussten. 
Die zumeist in kümmerlichen Verhältnissen lebende ländliche Be- 
völkerung der Bocche zeigt offenbar (so behauptet es Herr Gross- 
mann und so Schien es mir selbst) für nichts ein Interesse, was 
ausserhalb der Sphäre ihrer Alttagsbeschäftigung liegt. Ein Be- 
dürfnis, sich kleine Annehmlichkeiten durch einen Nebenverdienst 
zu verschaffen, besteht für den Bocchesen nicht. Es ist uns wieder- 
holt vorgekommen, dass die Leute es ablehnten, für uns durch 
‚Nestersuchen und dergl. Geld zu verdienen, obwohl ihnen Beträge 
versprochen wurden, welche nach ihren Verhältnissen sie hätten 
aus ihrer Gleichgültigkeit aufrütteln müssen. Sie lächelten nur 
und wandten sich ab. — Ein weiteres Impediment bildeten die 
Terrainschwierigkeiten. Wer den Karst kennt, wenn auch nur als 
Tourist, der kann ermessen, was es heisst, in seinem Gestein und 
Getrümmer Vögel zu jagen! 

Castelnuovo liegt am nördlichen Ufer desMeerbusens und wird 
von dem die Bocche bei Punta d’Ostro erreichenden Dampfer zuerst 

Journ. f. Om. LII. Jahrg. Januar 1904. 6 


82 P. Kollibay: 


berührt. Die alte Feste mit ihrer kriegerischen Vergangenheit baut 
sich terassenförmig auf einem Gebirgsausläufer auf, der durch die enge 
Waldschlucht der Sawina von dem Hauptstocke getrennt wird. Durch 
dessen Steilhänge geschützt vor den rauhenWinden desNordens und 
sich öffnend dem Mittag und seinen warmen Lüften zeichnet sich die 
Gegend durch mildes Klima und hohe Jahrestemperatur aus. Die 
Durchschnittswärme des Januar erreicht die mittlere Jahrestempe- 
ratur von Prag. (Vergl. die österreichisch-ungarische Monarchie in 
Wort und Bild. Band: Dalmatien. Wien 19028. 30). Dem entsprechend 
ist die Vegetation eine überaus üppige und wohl die reichste von 
ganz Dalmatien, zumal die Sutorina und die Sawina ausreichend 
fliessendes Wasser bieten. Verlässt man die Buchen- und Kastanien- 
wälder von Castelnuovo, so genügt eine Ansteigung von wenigen 
100 m, um den denkbar grössten Contrast vor seinen Augen er- 
scheinen zu sehen. Eben noch frisches Waldesgrün und viel- 
stimmiger Vogelgesang und plötzlich rauhes, zerrissenes und zer- 
klüftetes Gestein, unabsehbare Geröilfelder, ragende Felswände 
und Zinnen, und das alles grau, tot und öde; nur vereinzelt steigt 
ein Steinschmätzer in die Luft oder ertönt die klangvolle Strofe 
der Blaumerle! Und eine dritte Scenerie bietet sich dem Besucher 
von Castelnuovo, wenn er in prachtvoller Fahrt am Meeresufer 
entlang, vorbei an Palmen und den im Freien reifenden Gold- 
orangen, vorbei an verfallenden Palastruinen, den stummen Zeugen 
einer glänzenderen Vergangenheit, das wenige Kilometer entfernte 
Schwemmland der Sutorina erreicht. Dort breiten sich, begrenzt 
von sanften Höhen, die mit mediterranem Strauchwerk bestanden 
sind, weite Brachen, Felder und Weingärten aus, durchzogen von 
den Armen der Sutorina und ihren Zuläufen. Dort entwickelt sich 
wieder ein anderes Vogelleben. Uns wohlbekannte Erscheinungen 
wie Stieglitz, Hänfling, Braunkehlchen und Neuntöter mischen 
sich mit den Charactervögeln des mittelländischen Gestades, der 
Kappenammer, dem Sammtköpfchen, der weissbärtigen Grasmücke, 
dem Heckensänger und anderen. Dort steigen auch die beiden 
schwarzweissen Steinschmätzer bis zur Talsohle herab, die ihnen 
reichlichere Nahrung bietet. 

Alle diese Örtlichkeiten haben wir durchstreift, aber auch die 
Olivenbestände und Eichenwälder von Teodo und die weite Ebene 
der Zupa am südlichen Ufer des Meerbusens nicht vernachlässigt. 

Es erschien mir nun aber auch wünschenswert, bei der. 
Bearbeitung meiner Beobachtungen mich nicht nur auf diese zu 


Vogelfauna des Bocche di Cattaro. 89 


beschränken, sondern überhaupt alles das grundlegend festzustellen, 
was bis jetzt zuverlässig über die Ornis der Bocche di Cattaro 
ermittelt ist. Da sind es denn, abgesehen von dem geringen, in 
der Literatur zerstreuten Materiale die reichen Erfahrungen, welche 
mein verehrter Freund Grossmann in den vielen Jahren seines 
Aufenthalts und seiner Sammeltätigkeit in der Bocche, und ins- 
besondere in der wilden Krivosije, bei Cattaro und Castelnuovo, 
gesammelt hat. Mit grosser Liebenswürdigkeit und Bereitwilligkeit 
hat er mir bei jeder einzelnen Art alles das mitgeteilt, was ihm 
über ihr Vorkommen in der Bocche bekannt geworden, und es 
mir dadurch ermöglicht, mich über eine weitaus grössere Anzahl 
von Arten auslassen zu können, als ich sonst im Stande gewesen 
wäre. Ich spreche ihm auch hier meinen herzlichen Dank für 
seine Mitarbeit aus. Wo ich bei seinen Mitteilungen Grossmanns 
Namen nicht im Contexte ausschreibe, füge ich ihn abgekürzt in 
Klammer bei (Gr.) 2 

Eine weitere angenehme Pflicht ist es mir, auch denjenigen 
Herren zu danken, welche mir durch Überlassung von Vergleichs- 
material und Auskunftserteilung oder in anderer Art behülflich 
waren. Es sind dies die Herren von Tschusi, Reichenow, Schalow, 
Koenig, von Erlanger, von Madarasz und Schlüter. Ihnen allen 
danke ich nochmals auf’s herzlichste. 

Ich habe möglichst alle Bocche-Vögel, die ich in die Hand 
bekam, gemessen und gebe die Resultate entweder ausführlich, 
oder, wo die Anzahl eine zu grosse ist, in der Form der Dureh- 
schnitts-, der Maximal- und der Minimalmasse. Dabei will ich 
nicht verhehlen, dass ich selbst auf Massergebnisse kein grosses 
Gewicht mehr lege. Durch viele Wochen habe ich jetzt einige 
Hundert Vogelbälge gemessen. Ich versichere, dass ich die Mes- 
sungen auf das sorgfältigste vorgenommen habe. Aber ich kann 
nur dem beistimmen, was vor kurzem Kleinschmidt sagte, dass 
nämlich derselbe Ornithologe an demselben Objecte bei verschie- 
denen Messungen häufig verschiedene Resultate erhält. Wie soll 
nun ein anderer Forscher, der beim Messen vielleicht etwas anders 
manipuliert, mit den von jenem erzielten Resultaten etwas anfangen 
können! Dazu kommen noch die grossen Schwankungen, die sich 
je nach dem Stande der Abnutzung des Gefieders zeigen! Indessen 
ich gebe die Resultate, weil andere vielleicht anderer Meinung sind. 

Über die Art der Messung habe ich schliesslich noch folgendes 
zu bemerken: Der Flügel ist mit dem unterseits leicht ange- 

6* 


84 P. Kollibay: 


drückten Stabmasse gemessen. Bei Flügeln bis zu 150 mm be- 
nutzte ich den feststehenden Teil eines Eiermasses, weil dessen 
kurzer Schenkel die sichere Fixierung des Flügelbuges gestattet. 

Den Schwanz messe ich nicht nach Reichenow’scher Art, 
weil die Aufsuchung der Wurzeln der Schwanzfedern unterseits 
(nicht zum wenigsten wegen der oft darüber liegenden Tarsen) 
zu unsicher ist. Vielmehr fixiere ich oberseits mit dem Daumen- 
nagel den stets deutlich fühlbaren letzten Schwanzwirbel, bezw. 
wo er bei sorgfältiger Präparation zwischen den Schwanzfeder- 
wurzeln herausgeschnitten ist, das dann sicher fühlbare Feder- 
wurzelende, und messe von da ab mit dem Stabmasse. Bei der 
Schnabelmessung scheine ich zu grösseren Ergebnissen gekommen 
zu sein als andere. Wenn man aber nicht wirklich, wieich es getan, 
stets mit dem Zirkelende bis zur Wurzel der Stirnbefiederung 
zurückgeht, können zuverlässige Ergebnisse nicht erzielt werden. 
Auch bei der Messung der Tarsen kann man m. E. selbst bei Be- 
folgung der Reichenow’schen Methode, die auch ich anwendete, 
nie zu ganz zuverlässigen Resultaten gelangen, weil je nach der 
Grösse des Vogels der Ansatz des Zirkels in der hinteren Tarsal- 
gelenkgrube zu viel Spielraum hat. 


B. Spezieller Teil. 


1. Yultur monachus L. 
Wird hin und wieder gesehen (Gr.). 


2. Gyps fulwus (Gm.). 
Diesen Geier konnte ich einmal am 15. Mai 1903, bei Kameno 
oberhalb Castelnuovo, seine Kreise ziehen sehen. Nach Gross- 
mann erscheint er häufiger als der vorige. | 


3. Neophron percnopterus (L.). 


Ich selbst habe in der Bocche den Aasgeier nicht beobachtet, 
Grossmann versicherte mir aber, dass er in höheren Gebirgslagen 
zu allen Zeiten zu treffen sei, am häufigsten während des Zuges. 
Ich besitze ein $ vom 1. April 1903 aus der Nähe von wen 
nuoVo, welches folgende Masse aufweist: 

2. 489, c. 240, r. (im Bogen) 69, t. 82 mm. Die Adränhier 
Sammler beobachteten im Mai und Juni 1890 in den Bergen wo 
Montenegro 2 Stück (Brusina, a. a. O. S. 20). 


Vogelfauna der Boeche di Cattaro. 85 


4. Circus aeruginosus (L.). 
Nach Grossmann nur im Winter und Frühjahre anzutreffen. 


5. Circus cyaneus (L.). 
6. „ macrurus (L.). 
1. u. Pygargus (L.). 
Diese 3 Weihenarten sind nach Grossmann zu den Zugzeiten 
sehr häufig und können am Uhu in Menge geschossen werden, 
namentlich die Kornweihe. 


8. Astur palumbarvus (L.). 

Bevorzugt die höheren Gebirgslagen, insbesondere jene 
Stellen, wo sich von Columba livia bevölkerte Felsenhöhlen be- 
finden (Gr.). | 

9. Astur brevipes Sev. 

Durch Brusina, Reiser und L. v. Führer ist bekannt, 
dass in Montenegro der Zwerghabicht ein nicht gerade seltener 
Brutvogel ist. Die Vermutung erschien sonach begründet, dass 
er auch in Süd-Dalmatien vorkommen werde. Während meiner 
vorjährigen Hinreise nach Cattaro teilte mir auch v. Führer, den 
ich in Budapest traf, mit, dass er auf dem Wege von Üettinje 
nach Cattaro auf der dalmatinischen Seite einen brevipes in 
grosser Nähe habe vorüberfliegen gesehen. Indessen Grossmann 
hatte ihn noch nie angetroffen. Auch in der Literatur kann ich 
über das Vorkommen des Zwerghabichts in Dalmatien nicht mehr 
finden, als dass Kolombatovic (Zoologiske vijesti iz Dalmazije. 
Spalato 1896. p. 8) bemerkt, er habe von Reiser erfahren, dass 
ein Exemplar dieser Spezies bei Spicca an der montenegrinischen 
Grenze erbeutet worden sei. Daher war es mir in hohem Grade 
interessant, auf der diesjährigen Hinreise nach der Bocche in der 
Sammlung zu Ragusa 2 dalmatinische Zwerghabichte vorzufinden, 
von denen der eine, ein d vom 21. August 1898, sogar der Bocche 
di Cattaro, nämlich der Zupa, entstammte. Ein viertes Exemplar 
gelangte endlich zu meiner grossen Freude in meine eigene 
Sammlung. Es ist ein prächtiges, sehr altes 9, von Grossmann 
am 17. Juli 1903 bei Castelnuovo erlegt. Dasselbe entspricht 
genau der Beschreibung, welche Ssomow im Ornith. Jahrb. (1891. 
8. 131) von dem Federkleide des sehr alten d gegeben hat. 
Masse: a. 226, c. 165, r. 20, t. 44 mm. — Grossmann teite mir 
‘nachträglich mit, dass er. den Vogel bei Kameno, als er tief am 
Boden die Militärstrasse kreuzte, mit Vogeldunst N0.18 erlegt habe. 


86 P. Kollibay: 


10. Acciwiter nisus (L.). 
Brutvogel, im Winter sehr gemein (Gr.). 


11. Buieo buieo (L.). 


Grossmann hat in der Krivosije Eier erhalten, erachtet den 
Bussard aber auch im übrigen als Brutvogel der Bocche, da er 
während der Brutzeit stets zu sehen ist. Im Winter tritt er in 
Menge auf, z. B. in der Zupa. Ich besitze ein Exemplar aus der 
Bocche vom 3. November 1902, welches der dunklen Phase an- 
gehört. 

12. Pernis apworus (L.) und 
13. Circaetus gallicus (Gm.) 
sind nach Grossmann häufig auf dem Zuge. 


14. Pandion haliaetus (L.). 

Am 23. Mai 1903 beobachteten wir ein Stück in der Zupa, 
welches bei unserem Anblicke schleunigst hinter einem Hügel 
verschwand. Grossmann hat den Vogel in der Zupa und am 
Berge Vrmac wiederholt angetroffen uud an letzterem Orte vor 
dem Uhu im Jahre 1899 zwei Stück erlegt. 


15. Aguila chrysaetus (L.). 
Brutvogel in den höheren Lagen der montenegrinischen 
Grenzgebirge und keine Seltenheit, wie Grossman versichert, der 
mehrere Stück am Aase erlegt hat. 


16. Aguila pomarina Brehm. 
Grossmann erhielt im Jahre 1901 einen jungen Vogel lebend. 


17. Falco peregrinus Tunst. 
Am Zuge und während des Winters. Das Horsten hat 
Grossmann noch nicht festgestellt. Im August betraf er einmal 
ein Stück, welches an einem Astur palumbarius juv. kröpfte. 


18. Falco subbuteo L. 

Einmal erhielt Grossmann Junge aus Budua, sonst bemerkte 
er den Vogel nur auf dem Zuge. Ich selbst beobachtete am 
25. April 1902 bei Fort Trinita oberhalb Cattaro 5 Stück, die 
in nördlicher Richtung zogen. 


Vogelfauna des Bocche di Cattaro. 87 


19. Falco aesalon Tunst. 


Auf dem Zuge, doch wurden bislang nur 929 erlegt (Gr.). 


20. Cerchneis vespertina (L.). 


Ziemlich regelmässiger Durchzugsvogel. Über den Zug von 
1902 berichtete ich im Ornith. Jabrbuche 1903 S. 28. — In 
diesem Jahre erlegte bei einem Ausfluge am 10. Mai nach Krtole 
unser Bootsführer Jvo ein nach seiner Angabe einzelnes, altes g. 
— Meine in der Jabresversammlung der Ornithologischen Ge- 
sellschaft von 1902 in Berlin vorgelegten Bälge gaben Anlass zu 
einer Unterhaltung darüber, ob das graue Alterskleid durch Mauser 
oder durch Umfärbung entstehe. Ich verweise auf meine da- 
maligen Ausführungen (J. f. ©. 1903 S. 144), bei denen ich auch 
jetzt noch durchaus stehen bleibe. Ich erwarb inzwischen noch 
ein $ im Übergangskleide vom 5. Mai 1902 aus der Dobrudscha, 
welches noch instruktiver ist, als ein vorjähriges vom 18. April 
aus Cattaro. Bei diesem Dobrudscha-Vogel ist die ziegelrote 
Wölkung nicht nur auf der Brust, sondern auch noch am Bauche 
vorhanden. Sie besteht überall nur aus dem roten Mittel- und 
Basalteile der Federn, nirgends aus ganz roten Federn. 
Jede einzelne dieser Federn ist gleichzeitig rot und grau, und 
zwar tritt letztere Farbe mindestens an der Spitze, meist auch 
an den Säumen der einzelnen Federn auf und vielfach so stark, 
dass nur noch ein schmaler, nach der Basis sich verbreiternder 
roter Mittelstreif übrig bleibt. Solche gemischt rot-graue Feder 
ist keine dauernde Erscheinung. Mir ist wenigstens nicht bekannt, 
dass solche Übergangskleider noch unmittelbar nach der Sommer- 
mauser gefunden werden. Dass angesichts der Doppelfärbung der 
einzelnen Feder jener Erklärungsversuch des besprochenen Feder- 
kleides nichts besagen will, der betont, dass für verloren ge- 
gangene Federn solche aus dem nächstfolgenden Federkleide 
nachwachsen, liegt auf der Hand. Denn dann müsste zunächst 
der Vogel im ganzen rot mit eingesprengten einzelnen grauen 
Federn aussehen, nicht aber grau mit roter Wölkung; und sodann 
würden sich eben nur Federn finden, die entweder rot oder grau 
sind, nicht aber die besprochenen grau-roten. Daher gibt es keine 
andere Möglichkeit als meine Annahme, dass das rote Klein- 
gefieder sich derart ohne Mauser zum grauen umfärbt, 
dass jede einzelne Feder zuerst an der Spitze, dann an den 


88 P. Kollibay: 


seitlichen Säumen das Rot in Grau verwandelt und letzteres immer 
mehr nach dem Schafte und der Basis verdrängt. 

Für die Richtigkeit dieser Annahme liefert mein Dobrudscha- 
Vogel noch einen anderen Beweis, insofern als einzelne der noch 
das meiste Rot tragenden Flankenfedern gleichzeitig auch noch 
den stärksten Rest des schwarzen Schaftfleckens des Jugendkleides 
aufweisen, welcher immer schmäler wird, je weiter vom Rande 
her das Grau vordringt, sodass schliesslich bei den fast ganz 
grauen Federn nur noch der Schaft selbst als feine schwarze 
Mittellinie übrig bleibt. 


21. Cerchneis naumanni (Fleisch.). 


Zieht mit C©. vespertina durch. Bei Trebinje in der Herze- 
gowina (nicht mehr zum Bocche-Gebiet gehörig) horstend ge- 
funden. (Gr.) 


22. Cerchmeis tinnuncula (L.). 
Nach Grossmann in der Bocche ziemlich gemein. 


23. Bubo bubo (L.). 


Grossmann nennt den Uhu einen ziemlich gemeinen Stand- 
vogel, derin Felsen jeder Höhenlage horste, wenn er nur senkrechte 
Wände finde. Gelegentlich ahmt der Uhu das Kunststückchen 
des Sperbers nach, sich auf der Verfolgung einer Beute in einem 
Hause greifen zu lassen, wie Grossmann es einmal in Cattaro 
erlebt hat. — Ich besitze nur ein Stück aus der Bocche, welches 
folgende Masse aufweist: $ 2. 11. 02, a. 438, c. 235, r. (Bogen) 
39, t. 78 mm. 

24. Asio accipitrinus (Pall.). 


Bezieht in Mengen die Bocche als Winterquartier. (Gr.) 


25. Pisorhina scops (L.). 

Grossmann bezeichnet die Zwergohreule als einen, erst im 
späten Frühjahre ankommenden, durchaus nicht seltenen Brut- 
vogel, der mehr die Wälder als die Ortschaften zu seinem Auf- 
enthalt wähle. Ich selbst habe dennoch diese Eule jeden Abend 
auf dem kleinen Marktplatze von Castelnuovo gehört, wo sie von 
einem Dache oder Baume einzeln oder zu zweien ihren melan- 


cholischen Pfiff „giu“ — „giu“ ertönen liess. Aber auch am. 


frühen Morgen, wenn längst die Sonne hoch stand, konnte ich 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 89 


von meinem Zimmer aus den Ruf vernehmen. — Bei einer Streife 
in der Sutorina sah Grossmann eine Zwergohreule in einem 
hohlen Ölbaume verschwinden. Er deckte schnell das Loch zu, 
um sich des Vogels zu versichern, als letzterer zu seinem Ärger 
durch eine Öffnung auf der anderen Baumseite das Weite suchte. 
— Meine bocchesischen Exemplare von Pisorhina scops habe ich 
weggegeben, ohne leider die Masse zurückzubehalten. Ich besitze 
zur Zeit nur noch ein Junges vom 14. Juli 1902 im ersten noch 
unentwickelten und mit Flaum durchsetzten Gefieder. 


26. Syrnium aluco (L.). 


Auch der Waldkauz erscheint als Wintergast in der Bocche, 
zuweilen in noch grösseren Mengen als Asio accipitrinus. (Gr.) 


. Athene noetua (Ritz.). 


Nach en sehr häufiger Standvogel. Wenn ich nach 
je einem Exemplare aus der Bocche und aus Montenegro urteilen 
soll, sind die Steinkäuze dortiger Gegend ein wenig heller als 
diejenigen Mitteldeutschlands.. Auch Brusina betont (a. a. O. 
S. 19) die Färbungsabweichung bei den in Montenegro gesammelten 
‚Stücken, unterlässt aber die Angabe, in welcher Richtung dieselbe 
stattfinde. Ich besitze 3, allerdings auch untereinander in der 
Farbentiefe recht verschiedene Individuen von Athene glaux 
(Savigny) aus Tunesien. Legt man diese neben meine beiden 
vorerwähnten Stücke aus der Bocche und Montenegro und füst 
dazu schlesische Exemplare, so hat man den wunderschönsten 
Übergang von der sehr dunklen noctua bis zur rötesten glauz. 

Mein Bocche-Exemplar misst: $ 15. 3. 03. a. 156,5; c. 89; 
r. 19,5; t. 29 mm. 


28. Erithacus luscinia (L.). 


Während Brusina (a. a. O. S. 12) nach dem Berichte der 
Agramer Sammler bemerkt, dass die Nachtigall nicht häufig zu 
sein scheine, und nur ein einziges Beobachtungsdatum anführt, 
behauptet Grossmann im Gegenteil, dass sie im Gebiete und ins- 
besondere bei Castelnuovo ein äusserst häufiger Brutvogel sei, 
der sein Nest mit Vorliebe im Judenkirschenstrauche anlege. 

Und Grossmann hat Recht. Schon 1902 hörte ich in Cattaro 
Ende April die Nachtigall in den Gärten und Gesträuchen am 
Fusse der berühmten Kunststrasse nach ' Montenegro häufig 


90 P. Kollibay: 


schlagen, und es machte einen unvergesslichen Eindruck, bei der 
nächtlichen Rückkehr aus Cettinje die trauten Heimatsklänge in 
so wildromantischer Umgebung über die ruhige See erschallen 
zu hören. Auch in diesem Jahre konnte ich die Sängerkönigin 
in der Bocche wieder begrüssen. In den reichen Laubwäldern 
der Sawina und bei Teodo, wo ausreichende Feuchtigkeit von den 
Hängen den Boden sättigt, war der Vogel in einer Unmenge 
vertreten. Aus den schlesischen Auwaldungen bin ich wahrhaftig 
gewöhnt, mit einer Fülle von Nachtigallen zu rechnen; aber das 
enge Waldtal der Sawina stellt alles in Schatten, was ich bisher 
in dieser Hinsicht erlebt. Von einem und demselben Standorte 
aus konnte ich z. B. einmal in meiner nächsten Nähe 6 schlagende 
Nachtigallen gleichzeitig beobachten. 

Ein am 6. Mai 1903 von mir während des vollsten Gesanges 
erlegtes $ besitzt nur eine einzige ausgewachsene Schwanzfeder, 
alle übrigen beginnen zu sprossen und werden noch durch die 
Schwanzdecken verborgen. Eine einleuchtende Erklärung für den 
Verlust des Schwanzes habe ich nicht finden können. 

Am 10. Juni 1903 erhielt ich ein Junges im gefleckten 
Nestkleide. 

Ich habe 8 Nachtigallen aus der Bocche verglichen mit 26 
Stück aus verschiedenen anderen Teilen des Verbreitungsge- 
bietes und gebe zunächst die Masse der ersteren: 

g 6.5. 03. aunslee: Cat a rt... 145 t. 26 mm. 


318.50 7a, a oe 
US H. 03T SA en Tor BE... 
SRRTNIEH Ola: BR TON „la, een 
29.4, 030, Asse SL za: rl Ro 
8 1,5, 
805030 1.00 ai: Bier, 
oO 6.5.08. Bu 7a: En... 


Bei diesem Slsinken der Flügelmasse dürften letztere ein 
brauchbares Unterscheidungsmerkmal für Nachtigallen überhaupt 
nicht abgeben. Das bestätigen auch die gleichen Masse des 
Vergleichsmaterials, nämlich: 


2 aus Tunesien mit 82, 77 mm, 
1 , Marocco 5 8l iR 
3 „ Rumänien N 83, 84, 4 
2 ,„ Ungarn ‚ 86, 86 DR. 
3 „ Südfrankreich „, 84,184,,85u. 25, 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 91 


3 aus Schlesien mit | : 85, 82 mm, 
2 „ der Mark hr Siasanr 
9 „ Rheinhessen „ 82, 84, ?, 84, 83, 84, 82, 85, 800  „, 
2 „ England c Sr len 


Ich habe auch die Schnäbel dieser Vögel gemessen, aber 
überall nur Schwankungen zwischen 13 und 14 mm gefunden. 
Lediglich die beiden Schlesier bleiben mit 12 und 12,5 mm da- 
hinter zurück. 

Was die Färbung anbelangt, so scheiden bezüglich der Ober- 
seite die Vögel aus Tunis, England und Südfrankreich, welche 
abweichen, aus. Alle anderen stimmen mit einander völlig über- 
ein. Heller sind schon die Engländer, noch mehr aber die 
Tunesen, deren Rückenfärbung schon in’s Gelbliche zieht. (Vgl. 
auch Erlanger, Journ. f. O. 1899 S. 213.) Umgekehrt fallen die 
Vögel von der Riviera sofort durch ihre dunkle, ins Graue 
übergehende Oberseite in die Augen. — Unterseits sind alle mir 
vorliegenden Stücke gleich bis auf diejenigen aus Südfrankreich, 
welche abermals eine Ausnahme bilden, indem bei ihnen die 
Unterschwanzdecken intensiv rostgelb sind. Diese Erscheinung 
tritt auch bei einem Exemplare aus Castelnuovo auf. 


Wenn meine Beobachtungen bezüglich der Färbung der 
Oberseite sich auch sonst bestätigen, so würde dies m. E. aus- 
reichen, die Vögel von Tunis, Südfrankreich und England sub- 
specifisch zu sondern, falls dies noch nicht geschehen ist, was 
ich nicht weiss. 


29. Erithacus rubeculus (L.) 


Nach Graf von der Mühle, (Beiträge zur Ornithologie 
Griechenlands, Leipzig 1844, S. 74) ist das Rotkehlchen in Griechen- 
land überall gemein. Für die Bocche kann dasselbe nicht gesagt 
werden. Ich selbst habe den Vogel nie bemerkt, sodass er 
‚jedenfalls nicht häufig sein kann. Das bestätigt auch Gross- 
mann, welcher ihn bislang nur im Winter, dann aber massenhaft, 
beobachtet hat. Erst dieses Jahr (1903) bemerkte er noch in 
den ersten Tagen des Mai einen singenden Vogel und an der- 
selben Örtlichkeit erlegte er am 26. Juni 1903 ein Nestjunges, 
welches er mir als ersten Beweis für das Brüten des Rot- 
kehlchens in der Bocche übersandte. 


92 P. Kollibay: 


30. Ruticilla phoenicurus (L). N 

Ich habe den Gartenrotschwanz nie beobachtet, auch Brusina 

erwähnt ihn nicht. Im Einklange damit erklärt Grossmann, 
dass der Vogel nur auf dem Zuge vorkomme. 


31. Ruticilla titys (L.) 


Grossmann bezeichnet den Hausrotschwanz als häufigen 
Brutvogel und massenhafte Wintererscheinung. Danach scheint 
er in Süddalmatien nicht Zug-, sondern Standvogel und Dalmatien 
Winterquartier für nordische Zuzügler zu sein. Ich beobachtete 
den Vogel im felsigen Gelände und erlegte am 15. Mai 1903 ein 
© oberhalb Castelnuovo. — Brusina (a. a. O. S. 12.) berichtet über 
die Erbeutung einer Ruticılla titys cairei (Deg].) in der Krivosije. 
Auf Grund meiner Beobachtungen in Schlesien habe ich früher 
die Unhaltbarkeit dieser angeblichen Gebirgsform dargetan und 
befand mich im Einklange mit wohl der Mehrzahl der Ornith- 
iogen. Ohne diese Ansicht aufzugeben, glaube ich doch, folgende 
Mitteilung nicht unterdrücken zu sollen. Am 31. Dezember 1902 
sandte mir Grossmann 3 graue Rotschwänzchen, von denen 2, 
erlegt am 5. 12. 1902 als $ und 9, und eines, erlegt am 20. 12. 
1902 als @ .etikettiert waren. Er schrieb mir dazu: „Ich be- 
merkte heuer bei dem strengen Winter in den höheren Lagen 
und speciell dort, wo zerklüftete Felsenpartien mit steilen Wänden 
vorkommen, nur graue Rotschwänzchen, die schwarzen aber nur 
ganz unten, Sogar in den Weingärten der Talsohle. Der Zufall 
wollte es, dass ich eines Tages 2 graue Rotschwänzchen hoch 
im Gebirge bemerkte, die nach dem Beisammenhalten zu urteilen, 
zu einer Art gehören mussten. Da ich sofort an $Q von AR. cairei 
dachte, habe ich den Moment erwartet, diese mit einem Schusse 
zu erlegen. Da es mir gelungen, beide zu erlegen, konnte ich 
zu meiner grossen Freude $ und © von R. cairei, constatieren“. 
Es folgt dann ein Vergleich mit dem © vom 20. Dezember aus der 
Niederung, der nach Grossmann’s Ansicht kleine Verschiedenheiten 
ergibt. Ich selbst habe solche nicht feststellen können. Indessen 
ist der Fall deswegen interessant, weil die anatomische Ge- 
schlechtsbestimmung keinem Zweifel unterliegt und daher einmal 
die Anpaarung eines grauen g festgestellt ist, was ja nichts 
neues ist, aber von Wichtigkeit für die zweite Tatsache, dass 
nämlich in den höheren Gebirgslagen nur graue Vögel beob- 
achtet wurden. Damit würde wieder einmal‘ das: biologische 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 93 


Moment der Bevorzugung höherer Gebirgslagen als Differen- 
zierungsmerkmal in den Vordergrund geschoben. 


Masse von Bocche-Vögeln: 


8 11.2:3..19027723.853 €,665 ar. 11,5; t. 237 mm: 
& 195 12.019025, .88:0,.0355 ul 5 22,8% 
53 12, 1902 raaldsuns 6er nl 545722 808, 
©5204.19.,. 19022040 7.7:,.,.04 ":., EL. 21,8... 
©215-,,9.,1903.12:,:80: 262 3.5 11.5; „22%, 


32. Saxicola oenanthe (L.). 


Ich selbst habe den grauen Steinschmätzer nie in der Bocche 
angetroffen. Grossmann hat ihn allerdings schon Anfang Mai 
erlegt, will aber auch nicht behaupten, dass er Brutvogel sei. 
Nach Brusina (a. a. O0. S. 10) haben die Agramer Sammler noch 
am 19. Mai Exemplare erlegt, sodass man das Brüten wohl an- 
nehmen muss. Aber auch Brusina sagt: „Der graue Steinschmätzer 
scheint etwas weniger häufig als die zwei nächsten Arten vor- 
zukommen‘. 


33. Sazxicola. amphileuca Hempr. u. Ehrenb. und 
34. Saxicola melanoleuca Güld. 

Die beiden schwarz-weissen Steinschmätzer des balkanischen 
Karstgebietes sind in Süddalmatien sehr häufige Brutvögel und 
charakteristische Erscheinungen der kahlen Gebirgspartieen. Sie 
"halten sich aber auch dort, wo die nackten Felshänge baumlos 
bis zur Talsohle heruntergehen, wie in der Sutorina, auf letzterer 
auf und liegen dann namentlich in den Weingärten und Maisfeldern 
auf dem Erdboden dem Insektenfange ob. Nach Grossmann ziehen 
beide Arten frühzeitig fort und kehren zusammen anfangs April 
zurück. Ihr Brutgebiet erstreckt sich bis auf die Gipfel der 
Berge. Nach meinen Wahrnehmungen ist der Ohrensteinschmätzer 
häufiger als der schwarzkehlige, denn von den erlegten kam immer 
1 schwarzkehliger auf 2 Ohrensteinschmätzer. Es besteht also 
dasselbe Verhältnis wie bei den westlichen Formen in Tunis 
(vergl. v. Erlanger, Journ. für Ornith. 1899. S. 223). 

Kleinschmidt regte mich in einem nach Castelnuovo an mich 
gerichteten Schreiben zu der Prüfung an, ob nicht die beiden 
Steinschmätzer artlich zusammen fielen. Schon Bonnelli und La 
Marmora haben diese Frage aufgeworfen. Nun ist es ja richtig, 


94 P. Kollibay: 


dass Zug, Lebensgewohnheiten, Aufenthalt der beiden Vögel die 
nämlichen sind, dass sie insbesondere ganz untereinander gemischt 
vorkommen. Ich kann sogar noch folgendes Vorkommnis be- 
richten: Am 15. Mai d. J. schoss Grossmann in meiner Gegenwart 
auf einer Felsplatte ein @ des Ohrensteinschmätzers, worauf als- 
bald auf derselben Stelle neben dem toten Vogel ein schwarz- 
kehliges erschien, welches mit dem zweiten Schusse erlegt wurde. 
Wir waren überzeugt, ein gepaartes Paar erbeutet zu haben. 
Indessen ist das alles doch nicht ausreichend, um die beiden so 
sehr verschiedenen und nie einen Übergang zeigenden Vögel zu- 
sammen zu werfen, zumal nach Reiser (Ornis balcanica IV S. 51) 
die Eier sich unterscheiden lassen. Meines Erachtens erklärt 
sich ein Fall wie der berichtete einfacher durch die Annahme 
gelegentlicher Verbastardierung. 

. Die nächste Frage ist die, ob die beiden Arten je in eine 
östliche und eine westliche Form zu trennen und wie diese 
Formen systematisch zu bewerten sind. Dresser und Arrigoni 
trennen nur den schwarzkehligen Steinschmätzer, mit Radde, 
Reiser, von Erlanger und Whitaker halte ich aber diese Trennung 
auch beim Ohrensteinschmätzer für durchaus geboten. Wer die 
schöne Erlanger’sche Suite von Tunis-Vögeln und daneben meine 
noch zahlreicheren Reihen von Dalmatinern aus beiden Arten 
sieht, der kann nicht einen Moment die Berechtigung und die 
Verpflichtung bezweifeln, beide Arten je in eine östliche und eine 
westliche Form zu sondern. Und nach meiner Überzeugung sind 
diese östliche und westliche Form nicht als Subspezies aufzufassen, 
sondern als vollwertige gute Arten. Denn wenn das Kernzeichen 
einer solchen ist, dass der Vogel ohne Kenntnis der Herkunft 
und ohne Vergleichsmaterial bestimmt werden kann, so ist dieses 
Erfordernis hier gegeben; ich verpflichte mich, jeden mir einzeln 
vorgelegten Vogel, ob d, 2 oder iuv., sofort richtig zu bestimmen. 
Von Erlanger (Journ. für Ornith. 1899. S. 227) stellt für die 
Ohrensteinschmätzer die Unterschiede einander gegenüber, doch 
gelten dieselben ebenso für die schwarzkehligen Steinschmätzer, 
pur dass sich für diese die Unterscheidungsmerkmale um eins 
vermehren. Von Erlanger sagt: 

„Sazxicola aurita aurita Sazxicola aurita amphileuca 

(Temm.). (H. et E.). 
Oberkopf, Rücken gelb, nach Oberkopf weissgelb, je nach 
Bürzel zu heller werdend. Bürzel Alter noch weisser werdend, 


Vogelfauna der Bocche dı Cattaro. 95 


weissgelb. Unterseite der Rücken gelb, Bürzel weiss. Unter- 
Schwanzfedern grau. seite der Schwanzfedern weiss. 
Das Gelb des Oberkopfes geht Die beiden schwarzen Ohr- 
bis zum Schnabel vor und trennt flecken sind durch einen schma- 
die beiden schwarzen Ohrflecken. len Streifen, welcher sich über 
den Schnabel hinzieht, mitein- 

ander verbunden.“ 

Unrichtig ist in dieser Gegenüberstellung, was über die 
Unterseite der Schwanzfedern gesagt ist, da diese bei allen in 
Betracht kommenden Steinschmätzern weder grau noch (einfarbig) 
weiss, sondern schwarz und weiss zugleich ist. Meine Vermutung, 
dass ein Druckfehler und ausserdem ein sonstiger lapsus vorliegen 
müsse, wurde mir durch Herrn von Erlanger brieflich bestätigt. 
Danach muss der betreffende Passus heissen: 

Unterseite der Schwung- Unterseite der Schwung- 
federn grau (oder hell). federn schwarz (oder dunke)). 

Das ist auch zutreffend. Alle von mir untersuchten Vögel, 
welche die sonstigen Kennzeichen der östlichen Schmätzer trugen, 
hatten die Unterseite der Schwungfedern so schwarz wie die Ober- 
seite, alle sonst als westliche charakterisierte dagegen grau. 

Nach Whitaker (Ibis 1905 S. 409) soll allerdings der Ohren- 
steinschmätzer mit dunkler Flügelunterseite durch das ganze 
europäische Festland, westlich bis Frankreich und Portugal vor- 
kommen. Wenn das richtig ist (Nizza-Vögel fand ich stets mit 
heller Flügelunterseite), so ist eben die Farbe der Flügelunterseite 
kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal, weiljedenfalls dieanderen, 
von Erlanger erwähnten und das von mir noch hervorzuhebende, 
konstant sind und nie im Stiche lassen. Bei den östlichen Formen 
beider Steinschmätzer sind die $5$ immer viel weisser, manchmal 
selbst auf dem Rücken kaum noch eine Spur von Gelb aufweisend, 
während die westlichen diese Farbe auch auf dem Kopfe an- 
scheinend nie verlieren. Übrigens ist die Bezeichnung der Kopf- 
und Rückenfarbe mit „gelb“ schlechthin doch nicht ganz ein- 
wandfrei. Das Gelb des Stieglitzflügels oder des Pirols oder der 
Goldammer u. s. w. kommt nicht in Frage: Dresser nennt die 
Farbe „rufous isabelline‘‘ und „rufous“, Arrigoni bezüglich „giallo- 
rossiccio“ und „giallo-crema“. Ich selbst würde diese Farbe 
„rötlich-sandgelb‘ nennen; einen Unterschied derselben beim Ohren- 
steinschmätzer und dem schwarzkehligen Steinschmätzer der 
nämlichen Herkunft kann ich nicht entdecken; ebenso wenig 


96 1," 31 BD. Kollibay:: 


finde ich bei den gg des östlichen und westlichen Schwarzkehl- 
steinschmätzers in der gedachten Färbung diejenige Verschiedenheit, 
welcher Arrigoni durch die Bezeichnung „fulviccio“ für den Vogel 
des Ostens Ausdruck verliehen hat. Jedenfalls habe ich bei dem 
Studium dieser Farbennuancen nur durchaus dem Bedauern 
Finschs beipflichten können, dem er in seiner Zosteropiden - Be- 
arbeitung im ‚Tierreich“ bezüglich des Fehlens einer guten Farben- 
tafel Ausdruck verleiht. Meiner Meinung nach sollte doch das 
Haupthindernis für die Schaffung einer solchen Farbentafel, die 
Besorgnis mangelnder Standhaftigkeit der einzelnen Farben, bei 
dem Stande der heutigen Technik sich beseitigen lassen! 

Zutreffend habe ich für beide Steinschmätzer stets auch das 
weitere Erlanger’sche Unterscheidungsmerkmal gefunden, nämlich 
die Verbindung der schwarzen Kopfseiten durch ein gleichfarbiges 
schmales Band über die Stirn an der Schnabelwurzel, das den 
Vögeln des Ostens eigen ist, denen des Westens aber fehlt. 

Die von Erlanger angegebenen Kennzeichen beziehen sich 
nur auf alte dd. Für die 22 und jüngeren Jg gibt es aber 
noch ein besonderes untrügliches Unterscheidungsmerkmal, auf 
welches mich nach Besichtigung meiner vorjährigen Ausbeute 
Professor König aufmerksam machte, als ich selbst die westlichen 
Formen noch nicht besass und verglichen hatte, ein Merkmal, 
welches meines Wissens bisher noch nirgends gewürdigt worden 
ist. Die @@ und jüngeren Jg zeigen nämlich im Westen eine 
dunkelsandgelbe, zuweilen ins Braungelbe ziehende Oberseite, 
diejenigen im Osten dagegen eine rauchfahle Oberseite und ins- 
besondere einen häufig dunkelaschgrauen Scheitel. 

Von der Oberseite aus sind diese Vögel sofort beoügliei 
ihrer Herkunft zu bestimmen. 

Es handelt sich schliesslich um die Nomenclatur der 4 Stein- 
schmätzerarten, welche durchaus noch nicht geklärt ist. Neuer- 
dings hat sich im Ibis eine Auseinandersetzung zwischen Dresser 
und Whitaker über die richtigen Namen der Ohrensteinschmätzer 
entsponnen. Whitaker hat nämlich den bisher gebräuchlichen 
Namen für die westliche Form einen neuen hinzugefügt, indem er 
sie Saxicola caterinae benannte. Das hat Dresser gemissbilligt 
mit der kurzen Ausführung, dass dieser Form der Name albicollis 
(Vieill.) zustehe, während die östliche amphileuca (Hempr. u. Ehrenb.) 
zu heissen habe (Ibis 1903 S. 90). Demgegenüber versucht Whitaker 
nachzuweisen, dass diese beide Namen auf die östliche Form zu 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 97 


beziehen seien, die westliche bisher namenlos gewesen sei und 
daher einer Neubenennung bedurft habe (ibis 1903 S. 408.) Ich 
muss sagen, dass mir die Beweisführung zutreffend erscheint. Da 
ich aber zur Zeit ohne ausreichendes literarisches Material nicht 
selbständig zu entscheiden wage, ziehe ich es vor, zunächst Dresser’s 
Antwort abzuwarten, untersuche auch vorläufig nicht, ob auria 
durch albicollis zu ersetzen, sondern folge bis auf Weiteres aus 
Zweckmässigkeitsgründen den von Erlanger angewendeten Namen. 

Das bisher Gesagte bezog sich auf beide Steinschmätzer und 
beruht auf der Untersuchung eines Materiales von 62 Stück aus 
verschiedenen Teilen der Verbreitungsgebiete. 

Im Einzelnen ist zu den beiden Arten noch folgendes zu 
bemerken: 

Von Saxicola amphileuca wurden 20 Exemplare aus der Bocche 
gemessen mit folgendem Resultate: 

13 dd a. C. 1% b 
Max. 94 75 14 24 mm. 
Min. 86 64 OD DD, 
Durchschnitt 88,5 67,4 13,2 227 ,„ 
8 927 
Max. 88 72 14 DB 0, 
Min. 83,5 56 12.537 1821 a 
Durchschnitt 86,5 62.60).,.18:3..221, 88}, 

So verschieden wie die Masse sind die Kleider der dd. Um 
alle Abänderungen vertreten zu haben, muss man eine grosse 
Reihe besitzen, da fast kein Vogel völlig dem anderen gleicht. 
Nach meiner Meinurg muss es mehrere Jahre dauern, bis der 
Vogel sein reines Prachtkleid erreicht, bis er im vollsten Con- 
traste des tiefen Schwarz und des silbernen Weiss erglänzt. 
Auch das (viel seltener zu erlangende) Herbstkleid, welches vor 
dem Wegzuge angelegt wird, ist sehr schön mit seinen breiten 
rostgelben Kanten und Säumen an den tiefschwarzen Secundarien 
und grossen Deckfedern. 

Die 99 sind von denen von Sazwicola oenanthe (L.) mit 
Sicherheit nur durch die Achselfedern zu unterscheiden, denen 
jedes Weiss fehlt. 

Ich konnte auch ein Nestjunges aus Cattaro vom 25. Juli 
1902 mit einem der offensichtlich gleichalterigen vom 19. Juni 
1897 aus Tunis vergleichen, welche Erlanger im Journ. f. Ornith. 
1899 S. 225 beschrieben hat. Auch hier ergibt sich die speci- 

Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Januar 1904. 7 


98 P. Kollibay: 


fische Verschiedenheit. Das noch flaumartige Gefieder des Kopfes, 
Oberhalses und Rückens ist bei meinem Vogel aschgrau mit 
rostfahler Tropfenzeichnung auf dem Kopfe, bei dem Erlanger’schen 
Vogel, soweit nicht die schmutzigraue Farbe der Basalhälfte der 
Federn hevortritt, blass sandgelb mit noch blassereu Tropfen. 
Die dunkle Wellenzeichnung auf dem Rücken wird durch braune 
Terminalbinden erzeugt, hier auf rostfahlbraunem, dort auf blass 
sandgelbem Grunde. Die Säumung der Flügel und deren Deck- 
federn ist beim dalmatinischen Jungen von graulich-rostroter, 
beim tunesischen von gelblich-rostroter Färbung. — Bis jetzt 
ist das Nestkleid von Sazxicola amphileuca anscheinend noch 
unbeschrieben gewesen. 

Ich besitze ein Gelege von 8. amphileuca vom 10. Juni 1903 
von folgenden Massen: 

19,5 20 19 19,5 
"16... 155.0. 155,0 DH) 

Die rundlichen Eier sind über und über, jedoch nicht dicht, 
mit kleinen, blass rotbraunen Pünktchen bespritzt. 

Von Saxicola melanoleuca habe ich 10 JS und 3 ©2 ge- 
messen. Das Ergebnis ist folgendes: 


10 dd a. C. Tr. (B 
Max. 92 71 13,5 23,5 mm. 
Min. 87 63 1292221 3 
Durchschnitt 89,7 67.2 12,8 222. „ 


3 89 

Max. 91... 64 193 930, 

Min. 6 63 10.5 09 
Durchschnitt 88,6 633 132 225 „ 


Die Grössenverschiedenheit der Geschlechter kommt durch 
vorstehende Angaben nicht zutreffend zum Ausdrucke Denn 
während die gemessenen $g zum grossen Teile der Brutzeit 
entstammen, also schon abgenutztes Gefieder tragen, befinden 
sich unter den 3 gemessenen 82 2 im frisch vermauserten 
Herbstkleide. 

Je reiner das Weiss der Oberseite und Unterseite, je tiefer 
das Schwarz der Schwingen bei den $g, desto grösser auch die 
Masse von Flügel und Schwanz, ein Beweis, dass die unreinen 
Individuen auch die jüngeren sind. Die ersten Erlegungsdaten 
meiner Stücke (13. und 14. April) dürften auch die Ankunftszeit 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 99 


darstellen. Die ganz alten 5g erscheinen dann schon im völlig 
ausgebildeten Prachtkleide Nur an dem einen Vogel entdeckte 
ich noch einige Überbleibsel der winterlichen rostgelblichen 
Säumung an den Secundarien. 

Noch mehr wie amphileuca bildet melanoleuca eine Belebung 
seiner einförmig grauen Umgebung, da er durch das schwarze 
Kehlschild noch contrastreicher erscheint. 

Dieses Kehlschild bildet für den schwarzkehligen Stein- 
schmätzer ein weiteres selbständiges Unterscheidungsmerkmal 
zwischen der östlichen und der westlichen Art neben den anderen, 
die ihm mit dem Ohrensteinschmätzer gemeinsam sind. Dressers 
Angabe (Manual S. 37), melanoleuca unterscheide sich von stapa- 
zina lediglich dadurch, dass das Schwarz an der Kehle ‚less 
extended‘ sei, muss auf einem Schreibfehler beruhen. Denn ge- 
rade umgekehrt ist es eben ein Kennzeichen für melanoleuca, 
dass das bei siapazina auf Kinn und obere Kehle beschränkte 
Schwarz sich auf die untere Kehle und den Kropf, sowie an den 
Halsseiten bis zum Flügelbuge ausdehnt. 

Eine Beschreibung des @ von S. melanoleuca habe ich 
nirgends gefunden. Für die westlichen aurita und stapazina 
gibt Koenig im Journ. f. Ornith. 1895 S. 363 die Unterscheidungs- 
merkmale der 99. Ich kenne die 29 dieser Arten nicht, aber 
es fällt mir auf, dass der Unterschied nur in dem dunkleren und 
helleren Kolorit bestehen soll. Das würde ein sehr unsicheres 
Bestimmungsmittel sein, und auch Koenig betont die ausser- 
ordentliche Schwierigkeit der Auseinanderhaltung beider 99. 
Da nun Koenig ausdrücklich nur von einem „zweifellos echten“ @ 
spricht, das er für seine Unterscheidung benutzte, aber auch von 
diesem gleichzeitig bemerkt, dass er es „mit ziemlicher Sicher- 
heit als $. stapazina ansprechen konnte‘, so scheint es mir, dass 
auch dieses @ doch nicht zu stapazina, sondern zu aurita gehört 
hat. Denn es scheint mir ausgeschlossen, dass stapazina sich so 
ganz anders als melanoleuca bezüglich des weiblichen Kleides 
verhalten sollte. Die melanoleuca-QQ sind aber ohne weiteres 
von den amphileuca-29 durch die schwarzgrundierte Kehle und 
Gurgel zu unterscheiden, während bei amphileuca die Federn 
- dieser Gegenden bis an die Basis rostweisslich sind. 

Das Glück hat es gewollt, dass ich auch ein Nestjunges 
von 8. melanoleuca erwarb, welches am 28. Juni 1902 bei Cattaro 
erbeutet wurde. Dieses Jugendkleid ist wohl noch nirgends be- 

Mer 


100 P. Kollibay: 


schrieben. Es unterscheidet sich von dem oben besprochenen 
der Saxicola amphileuca durch viel dunkleres Gesammtkolorit. 
Kopf, Oberhals und Rücken sind düster rostgrau, braun gewellt, 
die Unterseite schmutzig graugelb, die Federn der Brust und 
der Bauchseiten fein dunkelgrau gerandet. Über den Kopf zieht 
sich von einer Halsseite zur anderen ein schmales graubraunes 
Band, die Grenze markierend, bis zu welcher im Alterskleide 
das schwarze Kehlfeld reicht. 


35. Pratincola rubetra rubetra (L.) und 
36. Pratincola rubeira dalmatica Koll. 


Grossmann berichtet mir, dass das Braunkehlchen nicht 
nur auf dem Zuge gemein, sondern auch häufiger Standvogel in 
den ebenen Gegenden sei. Als solche kommen nach meinen 
Wahrnehmungen insbesondere die Sutorina und die Zupa in 
Betracht. Aber auch dort habe ich sie nicht oft bemerkt. 
Meist nahm der Vogel seinen Sitz auf Rebstockpfählen oder 
kräftigen Blütenstengeln. 


Die am Zuge erbeuteten Braunkehlchen unterscheiden sich 
nicht von den mitteleuropäischen, wohl aber die in Süddalmatien 
einheimischen. Diese habe ich im Ornithologischem Jahrbuche 
1903 S. 43 subspecifisch gesondert, da die helle Farbe der Ober- 
seite nicht rostbraun, sondern hellrostgelhlich und, namentlich 
im Nacken, leicht grau überflogen ist, und da ferner das $ die 
rostrote Farbe nur an Kehle und Kropf, nicht aber auch an der 
Brust zeigt, diese Farbe zudem erheblich bleicher erscheint als 
bei Mitteleuropäern. 

Leider habe ich dieses Jahr nicht viel Vergleichsmaterial 
gesammelt. Anfangs beachteten wir die Braunkehlchen weniger 
in der Zuversicht, später deren noch genügend zu bekommen, 
und dann sah man sie nur noch selten, wohl weil sie dem Brut- 
geschäfte oblagen. 

Ich gebe die Masse von 10 Stück: 


204. 03.119 78.7750 6, 85. SR Im OR TED ne 
23. 4.03: 1650. „52,597 7010322 5 
25. 4. 08. 305, 12:0) 0,495 Sal > 
20. 4.03. 8, 1; ee “ 
25.14.03... 2° 795 110,0 A737 ©, one » 
ION Te Aubliis 2 ae] vie 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 101 


DSTA FUND ran a.niden ac 51° 3520 1.680,55 6:6 19,5 mm: 
1 ls \9e . (Dal er an To a 
2, LE DO N oe ee eo ER 1 Oyer 7 5 
Dal De DER LEE ae oe Ray 1 KEN | „ 


37. Pratincola rubicola (L.) 


Grossmann hat den Vogel nur im Winter angetroffen. Ich 
besitze 1 J und 2 © aus dem Oktober und November. 


38. Monticola saxatilis (L.). 


Den herrlichen Steinrötel habe ich bei meiner vorjährigen 
Exkursion auf der Fahrt von Cattaro nach Cettinje kennen gelernt 
und seinen prachtvollen Balzflug bewundert. Begreiflicher Weise 
war es in diesem Jahre mein heissester Wunsch, diesen schönen 
Vogel jagen zu können. Indessen nur einmal sollte es mir be- 
schieden sein, mit ihm zusammenzutreffen. Am 15. Mai 1903 
jagten wir bei dem Gebirgsdorfe Kameno oberhalb Castelnuovo. 
Dieses Dorf liest am Westrande einer ungeheuren Geröllhalde, 
welche sich zwischen zwei mächtigen Gebirgsrücken ergossen hat. 
In ihrem höheren Teile ist diese Halde trostlos und öde, kein 
Fleckchen Erde sieht man zwischen dem blendenden Karst- 
getrümmer hervorlugen, und die wenigen Steinschmätzer, welche 
zu Gesicht kommen, dürfen ohne Furcht vor dem tötlichen Blei 
sich ihres Daseins freuen, da jeder Schritt, den nicht der Blick 
am Boden begleitet, Arm- und Beinbruch bringen kann, ein An- 
schleichen, eine Verfolgung also ausgeschlossen ist. Am West- 
rande der Halde liegt das Geröll nicht so dicht. Es lässt grössere 
und kleinere Flecke des Erdbodens jener ursprünglichen Hoch- 
ebene frei, und dort sind armselige Wein- und Getreidefelder 
angelegt, dort wächst auch stellenweise wieder Laubwald. An 
jener Stelle nun, nahe bei der Kirche des zerstreuten Ortes, 
trafen wir mit dem Steinrötel zusammen. Grossmann hatte dies, 
obwohl er die Umgegend von Castelnuovo noch nicht kannte, da 
er erst vor kurzem von Cattaro dorthin verzogen. war, dennoch 
vermutet. Denn nach seinen in der wilden Krivosije gemachten 
Erfahrungen entsprach die Örtlichkeit durchaus den Anforderungen 
des Steinrötels, der sich am liebsten auf weiten, geröllübersäten 
Flächen im Gebirge ansiedelt, im Gegensatz zu Monticola cyanus, 
welche mehr zerklüftete Wände mit einzelnen Felszinnen bevor- 
zugt. Im ganzen sahen wir 3 Jg, von denen Grossmann eins 


102 P. Kollibay: 


erlegte. Schon vorher besass ich 2 22 und 1 pull. aus der 
Bocche und erhielt nachträglich noch mehrere Stücke, nämlich 
9 schöne d& im frischen Herbstkleide aus der zweiten Hälfte 
des August und dem September 1903, ferner 3 vermauserte 29 
und ein mitten in der Mauser stehendes sehr interessantes altes $ 
vom 20. Juli 1903. Ich behalte mir vor, auf die Vermauserung 
dieses Vogels später zurückzukommen, nachdem ich mir noch 
reichlicheres Material beschafft haben werde. 

Gemessen habe ich 5 Jg und 5 @8, teils im Sommer-, teils 
im Winterkleide. Die Schwankungen in den Grössenverhältnissen 
sind bedeutende und, wie die Erlegungsdaten ergeben, durchaus 
nicht immer auf die Abnützung des Sommergefieders zurückzu- 
führen. 


g 15. 5. 1903 a. 117 ,c. 68, r. 19 ‚t. 26 mm. 
„ 20. 7. 1903 „ 3 » $n „ 20 ,, 28,5 ” 
„©16. 9. 1908. 118 Alto. on Kos 
20. 921903. „1258 a oo oo 
‚93.9.1903, 1070 Seo oe 
© 28: 4, 1903.,, lea en no oe 
1 5146. 19021, aan Pr? N 
„2398. 1903. ala oe oe 
„11.08.1903. „le Boolı Den 
„99.8.1903... 115, or ag 


Ein Gelege vom 2. Juni 1903 aus der Krivosije hat folgende 
Masse: 
26 25,5 26 26,5 26,5 
205 207 20522051205 
Das eine Ei (No. 2) ist ziemlich gleichhälftig (Taubenei- 
form), die anderen 4 sind normal. Bei einem Ei ist die Punkten- 
zeichnung sehr deutlich, bei dreien schwach angedeutet und bei 
dem abnorm gestalteten nur bei angestrengter Betrachtung zu 
erkennen. 


39. Monticola cyanus (L.). 

Nach Brusina (Ornith. Jahrb. 1891, S. 11) wurde die Blau- 
drossel von den Agramer Sammlern überall gesehen, auch in der 
nächsten Umgebung von Cattaro, bei den Forts Trinita und Go- 
razda, am Berge Vrmac u. s. w. Ich selbst beobachtete sie, wenn 
auch nur vereinzelt, sowohl voriges, wie dieses Jahr, und Gross- 
mann nennt sie einen häufigen Brutvogel der niederen Regionen 
des Karstgebirges. 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 103 


Ich habe 9 33 und 3 29 gemessen und folgendes Ergebnis 
erzielt: 
gg Maximum aual2 IE 93 1 24511 7298 mim! 
Minimum SH. Sa AN NN 2 
Diunchsehnitt@ 2 1227. 2,287,0.0.022,6 975 
oo Maximum LIE a SINN 2 29 
Minimum REIT SH 2129 1) 
Durchsenmit N 120, 0,2877.2.723.3429 N 
Ein Gelege vom 3. Juli 1903 aus der Gegend von Castel- 
nuovo weist folgende Masse auf: 
DI 28 28 280092845 


200.195... 195,,. 195, 4.195: 


40. Turdus musicus L. 


Offenbar nicht Brutvogel in der Bocche. Ich habe die 
Singdrossel nie bemerkt und auch Grossmann kennt sie nur als 
sehr gemeinen Wintergast, der allerdings auch noch Ende April 
beobachtet wurde. 

41. Turdus iliacus L. 
42. Turdus viscivorus L. 
43. Turdus pilaris L. 

Diese 3 Drosselarten sind in der Bocche nach Grossmann 

regelmässige Wintergäste. 


44. Turdus merula L. 


Die Amsel ist in allen Waldungen der Bocche gemein. Die 
Agramer Sammler (Brusina a. a. ©. S. 12) fanden die meisten 
in einem Eichenwalde zwischen den zwei Forts Vrmac. Ich selbst 
fand den Vogel voriges und dieses Jahr häufig in den Waldpartien 
bei Cattaro, Castelnuovo und Teodo. Ein am 17. Mai 1903 von 
mir in der Sawina-Schlucht, erlegtes g zeigt folgende Masse: 

a. 125, c. 112, r. 22,5, t. 33. 
Flügel und Schwanz bleiben hinter schlesischen Stücken um 10, 
bezw. 3 mm zurück. Doch zeigt der Vogel, obwohl schon gelb- 
schnäblig, noch Spuren des Jugendkleides, sodass seine Klein- 
wüchsigkeit sich wohl durch seine Jugend erklären lässt. 

Grossmann erlegte Anfang Dezember 1902 ein interessantes 
junges albinotisches $: der Kopf und der ganze Hals sind rein- 
weiss, desgleichen die Schulterfedern und einzelne Federn des 
Vorderrückens, des Bürzels, der Brust und des Bauches. Rein- 


104 P. Kollibay: 


weiss ist auch die ganze Schenkelbefiederung. Von den Hand- 
schwingen sind links die 1., 2., 4., 6. und 7., rechts die 1., 2., 
5. und 7. weiss, von den Armschwingen links die 3. gauz und 
die 4. partiell, rechts nur die 4. ganz weiss. Der Schwanz ist 
sanz normal, der Schnabel gelb mit schwärzlichem Rücken der 
Spitze, die Füsse hornbraun; die Iris war braun. 


45. Turdus torguatus alpestris (Brehm). 


Grossmann besitzt ein am 25. März 1903 erlegtes $ von 
Castelnuovo. Ein im benachbarten Topla ansässiger ungarischer 
Gastwirt, der die Flinte führt und einiges Verständnis für Vögel 
hat, sah die Drossel bei Grossmann, und erklärte, solche Vögel 
schon mehrfach vereinzelt in der Sutorina erlegt; zu haben. 


46. Phylloscopus sibilator sibilator (Bchst.) und 
47. Phylloscopus sibilator flavescens. Erl. 


Die typische Form ist nach Grossmann ein äusserst gemeiner 
Wintervogel. Der Waldlaubsänger ist aber auch häufiger Brut- 
vogel, z. B. in den Eichenwäldern bei Dobrota und in der Sawina. 
Voriges Jahr erhielt ich am 30. April ein 5, das nach seinem 
ganzen Aussehen zu der Erlanger’schen Subspecies flavescens (J. f. O. 
1899 S. 255) gehörte und das ich unter diesen Namen beschrieb 
(Ornith. Jahrb. 1903 S. 42.) 

Auch die diesjährige Excursion brachte mir ein gleiches Stück 
ein, mit welchem mich Herr Grossmann bei meiner Ankunft er- 
freute. Wie beim vorjährigen zeigt auch bei diesem die Oberseite 
ein schönes Hellgrün, und es tritt das an den Flanken herunter- 
gehende Gelb auf den untersten Bauchfedern wieder zusammen- 
Indessen ich erhielt aus der Brutzeit noch öfter Vögel, welche 
unterseits so wenig gelber erschienen, als mitteleuropäische, dass 
ich an Ort und Steile in Castelnuovo ohne Besitz meines Vergleichs- 
materials begann, die von Erlanger zur Begründung seiner flavescens 
hervorgehobenen Kennzeichen nur noch für individuelle Erschei- 
nungen, vielleicht bedingt durch hohes Alter, zu halten. Die da- 
heim bewirkte Vergleichung der weiteren beiden Stücke, auf deren 
Erbeutung, bezw. Präparierung ich mich leider beschränkte, ergab 
jedoch, dass sämtliche Süddalmatiner von unseren einheimischen 
Waldlaubsängern sich durch die viel lichtere Oberseite, den hoch- 
gelben Flügelrand, den bis zur Schnabelwurzel breiten, hochgelben 
Superciliarstreifen und das, wenn auch manchmal nur andeutungs- 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 105 


weise vorhandene Gelb auf den untersten Bauchfedern unter- 


scheiden. 
Meine 4 Stücke messen: 
8 500 42002222174 9 .0.052 010r,92 31.1 17,8 mm. 
la: A203. lei, 10a R 
En 6 3. 07 eig 18 h 
58 03 TERN LO N 


48. Phylloscopus trochilus (L.) 


Nach Grossmann massenhafter Wintervogel. Während meiner 
Anwesenheit im April und Mai habe ich ihn nie bemerkt. 


49. Phylloscopus rufus (Bchst.) 


Grossmann beobachtete den Vogel (,„Zilpzalp“) auch während 
der Brutzeit. Doch muss er sehr selten sein, da ich ihn nie ge- 
hört habe. — Ich besitze ein Stück vom 5. November 1902 aus 
Castelnuovo, welches mir insofern bemerkenswert erscheint, als 
der Rücken viel heller ist, wie bei deutschen Stücken. Legt man 
einen Teneriffa-Vogel (Ph. rufus canariensis Hartw.), einen soichen 
aus Westdeutschland und meinen dalmatinischen neben einander, 
so ist die Oberseite bei dem mittleren aus Grau und Olivgrün 
eleichmässig gemischt, bei canariensis überwiegt sehr stark das 
Grau, bei dem Dalmatiner ebenso stark das Oliv. Es wird daher 
gut sein, die südöstlichen Weidenlaubsänger im Auge zu behalten. 


50. Hypolais hypolais (L.) 

In den Laubwäldern der Bocche ist unser Gartenspötter ein 
ziemlich häufiger Brutvogel, namentlich bei Castelnuovo. — Kolom- 
batovic (Osservazioni sugli uccelli della Dalmazia. Spalato 1880 
S. 23) sagt von Hypolais polyglotta: „Abbastanza commune ai 
due passi.‘‘ Hierbei kann er unmöglich die wirkliche polyglotia 
(Vieill.) gemeint haben, da diese sicher in keinem Lande nördlich 
von Dalmatien brütend vorkommt, woher und wohin sie durch- 
ziehen könnte. Kolombatovice dürfte vielmehr die gewöhniiche 
Hypoluis hypolais im Auge gehabt haben, zumal er letztere ander- 
weit nicht erwähnt. Freilich stimmt auch wieder die Hervor- 
_ hebung als Durchzugsvogel nicht, da der Spötter ja in Dalma- 
tien, nämlich in der Bocche und daher auch wohl weiter nördlich, 
brütet. 

Nun berichtete aber auch Brusina (a. a. O. S. 13) von einem 
bei Spica Mitte Juni erlegten und in die Agramer Sammlung ge- 


106 P. Kollibay: 


langten $ von H. polyglotta. Indessen schon Reiser sagt in seiner 
Ornis balcanica (IV. S. 41.): „Alle Beobachtungen, so wie dieser 
specifisch westeuropäischen Art zugeschriebenen Bälge aus Dalma- 
tien, der Herzegowina und Montenegro beziehen sich auf den ge- 
wöhnlichen Gartenspötter, wie die Masse der Flügel, abgesehen 
von anderen Kennzeichen, unzweideutig beweisen. H. polyglotta 
ist im Gesamtgebiet der Balkanhalbinsel noch niemals aufge- 
funden worden.“ Ich möchte mich bezüglich des Brusina’schen 
Vogels dieser Vermutung anschliessen, aber auch die andere Mög- 
lichkeit nicht ausser Acht lassen, dass hier eine Namensver- 
wechselung vorliegen kann, nämlich dass der von Brusina ge- 
meinte Vogel die Aypolais olivetorum (Streckl.) war, welchen Namen 
Brusina, wie weiterhin zu zeigen, wieder fälschlich für H. pallıda 
(Hempr. u. Ehrb.) anwendet. — Jedenfalls hat Grossmann in der 
Bocche die polyglotta niemals angetroffen, und so sehr wir auch, 
durch Herrn von Tschusi angeregt, auf jeden gelben Spötter 
achteten, so erwiesen sich die erlegten doch immer nur als echte 
H. hypolais (L.) 

Masse von 6 Exemplaren: 

& 23.5..03...2: 807 .€.061,572 0,522 0 Damm? 

&.8.5..09.5,..800 az 


3 145.038... 200, 1503 „2 n 
8: 1: 5:.03,..5%.78,5 5,592 00.1200 2090500 
g.14. 5.03... 80, So leo 
& 14. 5.03... a Eon R 


51. Hypolais pallida (Hempr. u. Ehrb.) 

Einer der letzten Zugvögel in der Bocche ist der Blass- 
spötter. Wenn längst alle Vegetation sich entfaltet hat, etwa 
um den 8. Mai, kommt das Vögelchen aus der Winterherberge 
zurück und erfüllt alsbald mit seinem einförmigen Liede Wald 
und Gebüsch, Gärten und Flussläufe.. Seine Wohnstätten sind 
ausgebreiteter als diejenigen seines grossen Vetters, des Oliven- 
spötters. Aber dort, wo letzterer auftritt, wird man auch den 
Blassspötter nicht missen. Kolombatovic (a. a. O. S. 24) nennt 
den Gesang „bellissimo‘‘ und vergleicht ihn sogar mit dem Liede 
der Nachtigall. Das ist mir unfassbar. Denn etwas eintönigeres als 
das in der unermüdlichen Wiederholung einer kurzen Strofe be- 
stehende Geleier des Blassspötters ist kaum zu denken. Kolom- 
batovic verlegt auch die Frühjahrsankunft in den April, lässt.den 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 107 


Vogel in den ersten Tagen danach sich ruhig verhalten und nimmt 
einen Wechsel des Aufenthalts an. Das alles stimmt nicht zu 
H.pallida, sodass meiner Ansicht nach Kolombatovic einen anderen 
Vogel im Sinne gehabt haben muss, den ich allerdings nicht de- 
finieren kann. 

Aus der Menge von Blassspöttern, welche mir durch die 
Hände gingen, habe ich folgende Masse entnommen: 

SRN26. 1028 02. 65,922 0.56, 1a 20 Enm: 


ENT. 303.09, ee ae 
Brosin. 030 wos u, Han ls on N 
Balga 5038 Nasissaını nen za. 0 ao 
Earl LER NE 
SEEN EEE een 
BE os, non N 
& oe se en i 
ea 619 N 
BLEI OS LER R. E ater)e9g r 


EU90 03.1, 00 reger Hi 

Ich besitze 3 Gelege aus der Bocche. Die Eier sind mit 
keinem der mir bekannten HAypolais-Eier (hypolais, olivetorum 
und opaca) zu verwechseln. Schon frisch zeigen sie eine äusserst 
zarte, hellrote Färbung, die Punktierung ist eine innig feine und 
das Gesamtaussehen zierlicher als bei irgend einer der 3 anderen 
Arten. Die Masse sind: 

a. Gelege vom 3. Juli 1903 (4 Stück). 


16 17 17,5 16,5 
Eiasen TR Var TE 
b. Gelege vom 4. Juni 1903 (4 Stück). 
18,5 18 18,5 18,5 _ 
RN IE: 
c. Gelege vom 3. Juli 1903 (3 Stück). 
18 17 17,5 
Bene “am 


52. Hypolais olivetorum (Strickl.) 

Der Olivenspötter ist einer der interessantesten Vögel Dal- 
matiens. Über sein Brutvorkommen in diesem Kronlande ist noch 
wenig bekannt. Die Mitteilung Reisers im Ornithologischen Jahr- 
buche, 1903 S. 113, dass im Juni 1902 ein dieser Art unzweifel- 
haft angehöriges Nest mit 4 frischen Eiern bei Nöum am Meere 


108 P. Kollibay: 


(Kleck) entdeckt worden sei, bezieht sich auf den Dalmatien durch- 
schneidenden Zipfel der Herzegowina, genügt wohl aber auch zur 
Feststellung dieses Brutvorkommens für Dalmatien selbst. Eine 
andere zweifellose Nachricht hierüber ist mir nicht bekannt ge- 
worden. Allerdings schreibt Brusina schon 1891 a. a. O. S. 13 
über die Agramer Expedition: „Aypolais olivetorum (Strickl.). Der 
Olivenspötter, welchen wir noch nie aus dem kroatischen Küsten- 
lande und noch weniger aus der Agramer Umgebung erlangen 
konnten, ist in der Bocche und in Montenegro überall zu finden.“ 
Aber mit Recht bemerkt Reiser (Ornis balcanica IV. S. 41): 
„Selbstverständlich gehören die angeblich dieser Art zuge- 
schriebenen Spötter, welche die Agramer Expedition 1890 in Monte- 
negro sammelte, nicht: hierher, sondern zu H. pallida (Hempr. — 
Ehrenb).“ 

Diesem Ausspruche, der natürlich auch für die damals in 
der Bocche di Cattaro gesammelten Vögel gilt, möchte ich die 
von Reiser unterlassene Begründung hinzufügen. Zunächst ist 
H. olivetorum durchaus nicht überall zu finden, wie dies Reiser 
schon für Montenegro festgestellt hat, und wie es für die Bocche 
sich aus dem Nachstehenden ergeben wird. Sodann erhellt daraus, 
dass Brusina den fraglichen Vogel anscheinend sogar für die 
Agramer Umgebung vermutet, dass er nicht den wahren olivetorum 
im Sinne gehabt haben kann. Endlich aber widerlegen die von 
Brusina gegebenen Flügelmasse die Zugehörigkeit seiner Vögel 
zu unserer Art. Letztere haben, wie meine Masstabellen am Schlusse 
ergeben, in keinem Falle unter 84 mm Flügellänge, während 
Brusina das Minimum mit 70 mm angibt. Allerdings passen die 
Brusina’schen Masse auch nicht für H. pallida, an den man bei 
seinen Angaben denken möchte, da sie für diese Art viel zu gross 
sind. Aber die Agramer Sammler, welche die Vögel im Fleisch 
ınassen, haben überhaupt eine Messmethode befolgt, die viel zu 
srosse Masse ergab. So bewegen sich die Flügelmasse bei der 
winzigen Sylvia subalpina Bonn. genau so zwischen 7 und 81/, cm 
wie bei der angeblichen H. olivetorum. Letztere Masse können 
daher sehr wohl von H. pallida genommen sein.t) 


1) In meiner Arbeit im Ornith. Jahrb. 1903 S. 41 bezweifelte ich 
noch nicht die Richtigkeit der Brusina’schen Angabe, weil mir damals die 
Aufenthaltsorte des Olivenspötters noch nicht bekannt waren, und ich 
vergleichende Messungen an meinen damaligen 2 Vögeln noch nicht vor- 
genommen hatte. 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 109 


Sonach erschien es mir jedenfalls ein erstrebenswertes Ziel, 
über den Olivenspötter in der Bocche von Cattaro etwas Näheres 
zu erfahren. Im vorigen Jahre hatte ich diesen Spötter gar nicht 
kennen gelernt, da er bei unserer Abreise von Cattaro nach der 
Insel Curzola (4. Mai) noch nicht angekommen war. Ich brannte 
daher dieses Jahr vor Begierde, die Bekanntschaft des ausge- 
zeichneten Vogels zu machen. Aber erst am 18. Mai wurde dieses 
Verlangen gestillt, obwohl Herr Grossmann schon am 12. Mai in 
der Zupa den Gesang gehört zu haben glaubte. Am 18. nun 
waren wir in der vogelreichen Waldschlucht der Sawina eifrig 
mit der Jagd beschäftigt. Eben hatte ich einen wunderschönen 
Lanius senator rutilans erlegt, als ich einen bisher noch nie 
gehörten Gesang vernahm. Unverkennbar war der Sänger ein 
Spötter, aber sein Lied klang viel kräftiger, sonorer als das von 
hypolais und von pallida; an manchen Stellen bekam es einen 
entschieden bauchrednerartigen Anstrich. Immer blieb es ein 
Geleier, das nie enden wollte und in dem sich die deutlichen Silben 
„tschau tschum zizeri‘ bis zum Überdruss wiederholten. Der 
Vogel trug den Gesang nicht stillsitzend vor, sondern eifrig die 
Kronen der höheren Steineichen durchschlüpfend. Zu Gesicht 
bekam ich ihn nicht. Zuweilen setzte der Gesang aus, aber nur 
anscheinend; denn dann war der Vogel, von mir unbemerkt, nach 
einem entfernteren Baume geflogen, von wo er sich alsbald wieder 
bemerklich machte. Die Jagd in dem schwierigen Gelände blieb 
erfolglos; aber Herr Grossmann tröstete mich. Auch er hatte an 
anderer Stelle einen singenden Olivenspötter vor sich gehabt, 
und nachdem so die Ankunft des Vogels sicher konstatiert war, 
schlug er mir vor, den nächsten Tag zu einem Ausfluge nach 
einem Orte zu benützen, den er als ein Dorado bezüglich Ayp. 
olivetorum und zugleich auch bezüglich Parus lugubris kennen 
gelernt hatte, nämlich nach einem Steineichenwalde bei Kavac 
oberhalb Teodo. Am 19. Mai früh 5 Uhr bestiegen wir den Va- 
poretto, der einmal täglich die Rundfahrt um die Bocche di Cattaro 
unternimmt, und wurden nach zweistündiger Fahrt in Teodo ge- 
landet. Nebenbei bemerkt: Wer so recht eindringlich und nach- 
haltig die wilde Schönheit, die romantische Pracht der die Bocche 
einengenden gewaltigen Gebirgsmassen kennen lernen und auf 
sich einwirken lassen will, dem ist eine mehrstündige Fahrt mit 
dem kleinen Lokaldampfer, der an allen grösseren Ortschaften 
der Bucht anlegt, auf das wärmste zu empfehlen. — Kaum hatten 


110 P. Kollibay: 


wir von Teodo aus uns einige 100 m vom Meeresstrande land- 
einwärts entfernt, als wir in einigen mächtigen Eichen an einem 
Kommunikationswege, ganz oben in den Wipfeln, 2 bis 3 Oliven- 
spötter feststellten, von denen glücklich einer erlegt. wurde, während 
auch H. pallida teils in den Eichen, teils auf daneben stehenden 
Ölbäumen ihr unstetes Wesen trieben, und einige Kappenanımern 
dummdreist sich dem Feuerrohr darboten. Der Weg führte uns 
aufwärts in weitläufige Ölbaumanlagen. Hier wurde A. olivetorum 
häufiger, war aber, von Olive zu Olive fliegend, wegen mangelnder 
Deckung nicht leicht zu berücken. Schon war ich geneigt, den 
Namen olivetorum für recht charakterisierend zu halten, als meine 
noch weiter aufwärts gemachten Wahrnehmungen diesen Eindruck 
einigermassen modifieierten. Danach gibt für die Bocche unser 
Vogel den Oliven durchaus nicht den Vorzug vor den Eichen, nur 
dass er sein Nest fast ausschliesslich auf jenen anlegt. In jenen 
Eichenwäldern bei Kavac ist der Olivenspötter eine Erscheinung 
von verblüffender Häufigkeit. Sein lauter Gesang, dessen Strophen 
übrigens individuell abwechseln (anders wie bei pallida), ertönt 
von jedem zweiten, dritten Baume. Kommt ein Sänger dem 
zweiten gar zu nahe, so beginnt sofort ein anscheinend erbitterter 
Kampf. Der Stärkere verfolgt den Schwächeren, ein Dritter und 
Vierter schliessen sich an, und so geht die wilde Jagd auf ver- 
hältnismässig kleinem Flächenraum umher, bis plötzlich die Sache 
sich in Woblgefallen auflöst und die vier Kämpen gemütlich aus 
ebensoviel Eichenkronen ihren komischen Cantus wieder erschallen 
lassen. Ich suche vergebens nach einem zutreffenden Vergleiche 
aus unseren Auwäldern, um die Häufigkeit des Olivenspötters an 
jener Stelle zu illustrieren. Bezeichnend möge daher sein, dass, 
als ich Herrn Grossmann, von dem ich mich getrennt hatte, nach 
dem Ergebnisse seiner 8 Schüsse fragte, er mir 7 Olivenspötter 
vorlegte mit dem Bemerken, der achte sei leider geflügelt ent- 
kommen. Die Vögel waren nahezu auf einem und demselben 
Platze erlegt! Ich selbst hatte dieses Resultat nicht, teils weil 
mir die Übung fehlte, den unscheinbaren Vogel stets oben im 
Eichenwipfel zu entdecken, teils weil ich mich mehr Beobachtungen 
widmete. — Am 23. Mai unternahmen wir die Tour nochmals, 
zumal ich mich überzeugen wollte, ob wir nicht das erste Mal 
gerade in den Frühjahrszug hineingekommen waren. Dem wider- 
sprach allerdings von vornherein die Grossmann’sche frühere 
Feststellung, dass 4. olivetorum bei Kavac gemeiner Brutvogel 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 111 


ist. Wir fanden aber auch diesmal denselben Reichtum an Oliven- 
spöttern, wie am 19. Mai vor, sodass ich notieren konnte: „Ayp. 
olivetorum ist geradezu gemein, zunächst unten in den Oliven- 
hainen bei Teodo, dann oben im Eichenwalde bei Kavac“. Überall 
zu finden ist der Vogel jedoch keineswegs (vergl. Brusina. a. a. 
0. S. 13). Wo Olivenbestände und hohe Laubbäume fehlen, sucht 
man ihn vergeblich, und nicht allemal da ist er anzutreffen, wo 
pallida singt, wohl aber umgekehrt. Am Erdboden beobachtete 
ich den Vogel ein einzigesmal. Die mehrerwähnten Olivenbestände 
bei Teodo durchfliesst die Gradinica pijaca, deren Bett bei unserer 
Anwesenheit, nahezu ausgetrocknet war. Im niedrigsten Gestrüpp 
des Flusssandes bemerkte ich nacheinander 2 graue Vögel, die 
ich auch mit dem Glase nicht zu bestimmen vermochte. Ich er- 
legte sie deshalb. Es waren Z und © von oliveforum. Ich kann 
nur annehmen, dass dieselben Nistmaterial am Boden suchten. 


Masstabelle. 
3 19. 5. 03 a0 ca 10r ran... 62024 Simm. 
d 9. 6. 02 RSS EDER A, 
g 23. 5. 03 NO TED LADEN 23 Ne 
BER, N. OD Zee Damme Due Ar 
g 19. 5. 03 DOuol: DAN EAN Dia Na LE) LSB „ 
RR shi. u) a er 
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(6) 79 „ eb} eh) 87,5, „ 73 I 99 ? $) 9 24 au} 
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239092 03,80,5, N eo 2 En 
Q eb) 79 99 „I 86,5, 9 74 I eh} * I I 24 CR) 


Die Nester stehen nach Grossmann auf Olivenbäumen. 
Ich besitze 2 Gelege. Die gesättigt rosenroten Eier geben durch 
ihre Grösse und die auffallenden, grossen, schwarzbraunen Punkte 
ihre Artzugehörigkeit unzweifelhaft zu erkennen. Sie messen: 


112 P. Kollibay: 


a. Gelege von 4 Eiern vom 15. Juni 1903 aus Castelnuovo: 


20 20,5 21,5 20,5, 
5 „zgr 192 
b. Gelege von 3 Eiern vom 28. Juli 1903 aus Castelnuovo: 
21 19,5 20,5 
a5. a 


53. Qisticola cisticola (Temm.). 
Ich besitze ein Stück vom 11. Dezember 1900 aus der Bocche. 


54. Cettia cetti (La Marm.). 

In meiner Sammlung befindet sich ein $ vom 17. April 
1901 aus Cattaro. Ausserdem hat Grossmann den Vogel nur 
noch während des letzten Winters in der Sutorina beobachtet 
und dort im November 1902 drei Stück und im April 1903 ein 
Stück erlegt. Ich habe aber gar keinen Zweifel, dass der Cetti- 
sänger Brut- und Standvogel in der Bocche ist, zumal Reiser 
(Ornis balcanica IV. S. 58) dasselbe für das benachbarte Monte- 
negro festgestellt hat. 

Meine Vögel messen: 


817.4. 01. x a 66,5,..0 720, zu 11,5 1 Ola 


21. hl. 02.1 05 6A eo ao 
& 195.1:403... 0064 Bes ol on 
04.1112. 02...4.58 22 ro ee I oo 


Die geringe Grösse des letzten Vogels braucht nicht auf 
das Geschlecht zurückgeführt zu werden, da diese Art bedeutenden 
Grössenschwankungen unterworfen ist. 


55. Lusciniola melanopogon (Temm.). 
Dieser mediterrane Vogel ist in der Bocche erst einmal 
bemerkt worden. Grossmann erlegte am 24. März 1903 ein 
in der Sutorina. Der Vogel befindet sich in meiner Sammlung. 


56. Acrocephalus arundinaceus (L.). 


Bei einer unserer Streifen in der Sutorina, am 5. Mai d.J., 
beobachtete Grossmann zwei sich jagende Drosselrohrsänger 
und erlegte das J. Etwas weiteres ist mir über das Vor-- 
kommen in der Bocche nicht bekannt. Masse des erlegten Vogels: 

2.093 199C2182, Ver: 18780) 25mm: 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 113 


57. Acrocephalus palustris (Bchst.). 

Herr Grossmann berichtete mir von einem Rohrsänger, den 
er fern vom Wasser im Gebüsch beobachtet habe und der sich 
durch seine Imitationskünste ausgezeichnet habe. Dies kann 
wohl nur A. palustris gewesen sein. 


58. Acrocephalus schoenobaenus (L.) 


Nach Grossmann häufig auf dem Zuge, aber auch in der 
Zupa brütend. Ein Exemplar meiner Sammlung vom 5. November 
1902 beweist, dass der Vogel die Bocche auch als Winterquartier 
wählt. 


59. Acrocephalus aquaticus (Gm.) 


Grossmann gibt an, dass er den Binsenrohrsänger gelegentlich 
auf dem Zuge, aber auch schon im Sommer erlegt habe, und 
zwar letzteres in der Niederung der Zupa. 


60. Sylvia nisoria (Bcehst.) 


An trockenen Orten ist die Sperbergrasmücke ein sehr häu- 
figer Brutvogel, sobald nur einige Bäume vorhanden sind, von 
denen sie ihr Lied hören lassen kann. Namentlich im Mittel- 
walde bei Kameno (600 m) habe ich den Vogel recht häufig ge- 
hört. Die mir vorliegenden Vögel, mit solchen aus Deutschland, 
Rumänien, Italien und dem Kaukasus verglichen, ergeben keine 
Besonderheiten. Masse: 

Bulas 6.02... 83, ve ar) 14 t. 25,5 mm. 


I 
93, 168.01 Ta rl 
30058 024° .,..86,5, 11, Ta a a 
onen, ea la. 24 0, 
DE a a ae re 


O8 02E nn ee ned.) 523 N 

Ich besitze 2 Gelege von 4 und 5 Eiern aus Castelnuovo, 
bezw. Cattaro. Die Eier geben bezüglich Färbung und Zeichnung 
zu Bemerkungen keinen Anlass. Sie messen: 

Gelege vom 13. Juni 1902 aus Cattaro: 


21,5 20,5 22 20 ak 
TOR NIS. Pioneer 
Gelege vom 2. Juli 1903 aus Castelnuovo: 
21 21 20,5 20,5 
In 1a Er ur5R 


Journ, f. Orn. LII, Jahrg. Januar 1904. 8 


114 P. Kollibay: 


61. Sylvia simplex (Lath.) 
Nach Grossmann Brut- und Durchzugsvogel. Häufig kann die 
Grasmücke nicht sein, da ich sie nur wenige Male angetroffen habe. 
Masse von 2 dies Jahr erlegten: 
& 8. 5: 03.2 81 ,„ .@,6l..,2r2 sense z2lemme 
2 6. 5. 08. „ Ehen ? DW) 10,5, ” 20 eh) 


62. Sylvia sylvia (L.) 

Die Agramer Sammler haben diesen Vogel auffallender Weise 
nur einmal, in der Nähe von Cattaro beobachtet (Brusina, a. a. O. 
S. 13). Und doch ist die Dorngrasmücke die häufigste unter 
ihren in der Bocche brütenden Gattungsgenossen. Sie ist an ge- 
eigneten Orten überall zu finden. Besonders häufig traf ich sie 
in den Gärten und Gehölzen bei Kameno. Ein erlegtes Z zeigte 
an dem einen Unterschenkel ein traubenartiges Hautgebilde, be- 
stehend aus 7 hanfkorngrossen Kugeln. Es schien aber dadurch 
nicht besonders belästigt, da es eifrig Nahrung suchend und da- 
zwischen fröhlich singend erlegt wurde. — Im September ziehen 
nach Grossmann die Dorngrasmücken in grossen Massen durch. — 
Masse erlegter Stücke: 

& 15. 7. 03. a. 71,5, c.65 , r. 11,5, t. 22 mm. 

„else 76) 8708 (m Obe 

151. 5::031.1,07250 ‚LLock aD oa ars 

130.38, 03.2, 771,5, 203062,5,02 , 3121 ‚19,201, ou, 

Ein Gelege aus Castelnuovo vom 26. Juni 1903 zeigt die 
auch bei uns häufigste Färbung: grünlichweiss mit aschgrauen, 
sich besonders am stumpfen Pole anhäufenden Flecken und Punkten. 
Die 5 Eier messen: 

19 I9 18 19 18,5 
Tara Ta Aa) No Te 

Ein zweites Gelege derselben Herkunft aus dem Juni 1903, 
aus 2 Eiern bestehend, gehört demselben Färbungstypus an, zeigt 
aber eine so auffallend grobe Fleckung, wie ich sie noch nie gesehen. 


Die Eier messen: 
19,5 18,5 


Na 14 
63. Sylvia curruca (L.) 


Brusina erwähnt den Vogel nicht. Ich selbst habe ihn 
weder voriges noch dieses Jahr angetroffen. Nach Grossmann 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 115 


ist er nur Durchzügler, doch besitzt derselbe ein Ei aus der 
Krivosije. 
64. Sylvia orphea jerdon: (Blyth). 

Die Orpheusgrasmücke ist in der Bocche ein so häufiger 
Brutvogel, dass die Agramer Sammler bei Cattaro 6 Stück erbeuten 
konnten, obwohl sie sich dort nicht lange aufhielten. Allerdings 
ist der Vogel daselbst, insbesondere in den Eichenwäldern von 
Dobrota sehr zahlreich, wie ich voriges Jahr konstatieren konnte. 
Aber auch sonst wird sie in den üppigen Laubwäldern der Bocche 
nirgends vermisst. Ihr Nest baut sie nach Grossmann in Strauch- 
werk, bisweilen in einer Höhe von 3 bis 4 m. 

Masse der mir vorliegenden Bocche-Vögel: 

81502 0:02. war 78...,0. 20,0: 145, 1225 mm 

BR20E 1 V2000 78, 0009,64, 20,0, 150220,,.28 hr 

„ 7. 5. 03. „ 79 33 71,» 13,5, „ 22 „ 

DIESE TODE ll mar, 1,2858, 5 

BES ROD ll 00 ..lAr ss 0512958 5 

„18. 5. 08. „78 , „66, „145 „215 „ 

Ein Gelege vom 24. Juni 1902 aus Cattaro misst: 

207922218 32171900021 
15° me 15,5’ EI 14,5° 

In Färbung und Zeichnung unterscheiden sich die Eier nicht 
von denen, welche ich im Ornith. Jahrbuch 1903 S. 41 von der 
Insel Curzola beschrieb und deren beträchtliches Abweichen von 
spanischen Eiern ich hervorhob. Diese Verschiedenheit hat schon 
Baldamus betont (Naumannia 1853 S. 424), nach welchem Eier 
des Orpheussängers aus Frankreich und Spanien den Zeichnungs- 
charakter der Eier von 8. curruca besitzen, insbesondere dunkel- 
braune bis schwarze Punkte und Brandflecken, während solche 
bei Eiern aus Griechenland nie vorkommen, sondern durch oliven- 
srüne bis olivenbraune Oberzeichnung ersetzt werden. Diese 
Färbungsverschiedenheit ist gewiss nicht ohne systematische Be- 
deutung. Dresser (A Manual of palaearctic birds. S. 86) zieht 
nämlich die dalmatinischen Vögel zu Sylvia jerdon? Blyth, deren 
Kennzeichen er wie folgt angibt: 

„Differs from $. orphea merely in having a larger bill, 
and the under parts are whiter .... its eggs are a trifle larger.“ 
Auf Grund dieser Angabe (die Original-Diagnose von Blyth war 
mir nicht zugänglich) untersuchte ich mein Material. Ein Gelege 
vom 20. Mai 1895 aus Malaga misst: 

8* 


116 P. Kollibay: 


1815191795 1117,20 18,718 
Ma® FI? 14°’ A? 14° 

Wenn diese Masse die durchschnittlichen des westlichen 
Orpheussängers darstellen, so stimmt zunächst das Kennzeichen 
der beträchtlicheren Eiergrösse bei der östlichen Form. Sodann 
sind dalmatinische Vögel unterseits unzweifelhaft heller, als west- 
liche. Ich verglich mit ihnen zwei Stücke aus Tunis, zwei aus 
Ober-Italien und eirs von der Riviera, wobei ich dieses Unter- 
scheidungsmerkmal bestätigt fand. Nur würde ich es für richtiger 
halten, die grössere Helligkeit der Unterseite östlicher Vögel 
dahin zu präzisieren, dass ihnen die rostfarbene Flankenfärbung 
abgeht, an deren Stelle ein helles Olivenaschgrau tritt, sodass 
die Hauptfarbe Weiss mehr hervorsticht. Endlich trifft auch das 
dritte Kennzeichen, der grössere und längere Schnabel, wenigstens 
für den Durchschnitt zu. Allerdings schwanken die von mir 
gemessenen westlichen Vögel zwischen 11,5 und 15 mm Schnabel- 
länge; aber da letztere Länge nur einmal, anscheinend ausnahms- 
weise, vorkam, so ergab sich doch nur ein Durchschnitt von 
wenig über 13 mm, der noch unter diese Grenze sank, wenn man 
den einen grossschnäbligen Vogel nicht berücksichtigte Die 
bedeutendere Schnabellänge der Dalmatiner ergibt die obige 
Masstabelle. 


Einige Vögel aus Griechenland und Kleinasien, die ich 
vergleichen konnte, stimmen mit dalmatinischen völlig überein. 


Nach der Grösse und Zeichnung der Eier, nach der helleren 
Unterseite der Vögel und der Schnabelstärke, sowie auf Grund 
der Autorität Dressers ziehe ich daher mit. diesem die dalmati- 
nischen Orpheusgrasmücken zu der Subspezies jerdon: Blyth. 


Ich bemerke nur noch, dass das im neuen Naumann (Il. 
S. 145) neben dem stärkeren Schnabel allein angegebene Unter- 
scheidungsmerkmal, der überhaupt stärkere Körper, nach meinen 
Untersuchungen nicht Stich hält. Die von mir untersuchten 
östlichen und westlichen Vögel schwanken in den sonstigen 
Körpermassen in gleicher Weise; ein @ aus Oberitalien wies 
sogar eine Flügellänge von 79,5 mm auf. — Die Bearbeiter der 
nordafrikanischen Fauna möchte ich schliesslich zu Vergleichungen 
der dortigen Brutvögel einerseits und aller sonstigen Orpheus- 
sänger andrerseits anregen. Denn die beiden tunesischen Stücke 
aus der Erlanger’schen Sammlung, die mir vorlagen, entsprechen 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 117 


in der Rückenfärbung keineswegs der in der Literatur wieder- 
holten Temminck’schen Beschreibung. 


65. Sylvia atricupilla (L.) 

Der Mönch scheint nur sparsamer Brutvogel in der Bocche 
zu sein. Brusina (a. a. O. S. 13) berichtet nur über ein am 
19. Mai in der Nähe von Cattaro beobachtetes Stück, und ich 
selbst habe ihn auch nur vereinzelt angetroffen und nur 2 Stück 
erlegt. Dieselben messen: 

302129..1903 a.,1T: er63 2 Tr. 11,5; t. 20,5 mm 

lg oe ol 290 

Den Winter über ist dagegen der Vogel nach Grossmann 
massenhaft vorhanden. 


66. Sylvia subalpina Bonn. 


Nach Grossmann ein häufiger Brutvogel und die erste der 
von dem Winteraufenthalt zurückkehrenden Grasmücken. Ich selbst 
habe die weissbärtige Grasmücke in der Bocche nicht’ so besonders 
häufig angetroffen, keinesfalls auch nur annähernd so zahlreich, 
wie im vorigen Jahre auf der Insel Curzola. Allerdings ist der 
von ihr so besonders bevorzugte, immergrüne, duftende Nieder- 
wald an den steilen Hängen der die Bocche einschliessenden 
Gebirgsriesen nicht entfernt so verbreitet wie auf den sanften 
Höhenzügen und in den Niederungen von Curzola. Immerhin 
habe ich doch eine beträchtliche Anzahl der niedlichen Vögel 
untersuchen können. Die Messung von 9 $g und 5 22% ergab 
folgendes Resultat: 

as Maximum 2.65 ı €.62 5'712; t. 19,5 mm. 
Minimum RO WITT SAD IE SE 18 s 
Dorchschnitt' 4, 62,921, 109334 2,8103 2771... 18,9 77, 

00 Maximum 1 ans old San, ALON a 

Minimum 160 Wi DAsosmaın Ban) NENNEN, 

Durchschnitt}, 61,35. ,.1.50440204710,25 WyRl8;6:t 

Ich besitze 2 Gelege von $. subalpina. Das eine vom 
6. Juni 1899 aus Budua (3 Eier, halbbebrütet) misst: 

17,5 18 18 
aaa 1335 

Der Typus dieses Geleges ist derjenigen der bekannten 
Sylvia sylwia- Eier. Ein zweites Gelege vom Juni 1903 aus 
Castelnuovo hat rötlichen Typus, Grundfarbe milchweiss mit asch- 


mm. 


118 P. Kollibay: 


grauen und noch mehr rötlichbraunen Fleckchen. Die 3 Eier 


h a! 
(von ursprünglich 5) messen je . mm. 
I 


67. Pyrophthalma melanocephala (Gm.) 


Auch für das Sammetköpfchen gilt dasselbe wie für Sylvia 
subalpina: es ist in der Bocche zweifellos viel seltener wie auf 
Curzola.. Während wir dort jede beliebige Anzahl erlegen konnten, 
kam es mir bei Castelnuovo nur spärlich zu Gesicht. Gleichwohl 
nennt Grossmann den Vogel für das Gesamtgebiet der Bocche 
noch einen häufigen Brutvogel, der an den Nistplätzen überwintert. 
Reiser hat das Brutvorkommen in den mediterranen Sträuchern 
der Halbinsel Kobila festgestellt (Ornith. Jahrb. 1903. S. 113), 
also nahe denjenigen Örtlichkeiten in der Sutorina, wo auch ich 


ihn fand. — Ein mir am 22. Mai 1903 in Castelnuovo zuge- 
tragenes Gelege von 3 Eiern misst: 

19 18,5 18 

An 14 ‚» und ag mm. 


Ich habe 8 Vögel aus der Bocche gemessen, 6 Jg und 
299. Die Masse sind: 
& 20: 11. 02,. a.57. >. »c. 69:2 17,105; 6220 
20.11.02 ., 565: „60 0.109: 0 TOR 
„00.12.09, 585: ...60 0,0 1100 oo 
10..12. 02... 575; „eos 01:2 00 one 
0 14.8.,08,,5,.087 05 2, 6b aloe M 
„17. 5. 03 ..,.585. 6000, 10200 los 
2724. 11.02 0.58 :: „base „elle: on) N 
„ 17. 5. 03 „ 97 3 ” 62; ” 10 ; „ 20 „ 


68. Agrobates familiarıs (MEnetr.) 


Gegenwärtig ist die Verschiedenheit des östlichen Hecken- 
sängers von dem westlichen, die Naumann noch bestritt, wohl 
allgemein anerkannt. Arrigoni (Alante Ornitologico II p. 218) 
weist ihm zwar nur subspecifischen Rang zu; aber die braun- 
graue, statt braunrote Oberseite machen ihn auch ohne Kenntnis 
der Herkunft bestimmbar, sodass selbst Dresser (Manual p. 115) 
ihn als Art aufführt. Nach einem von Baron Loudon erhaltenen 
Exemplare aus Transcaspien verschwindet weiter nach Osten 
das Braune noch mehr aus der Farbe des Rückens. 

Über das Brutvorkommen des Heckensängers in Dalmatien 
(einschliesslich die herzegowinischen Landesteile) scheint noch 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 119 


wenig bekannt zu sein. Der neue Naumann und Dresser sagen 
darüber nichts, auch V. Kosiet macht den Vogel in seinem Ver- 
zeichnis der Ragusanischen Vogelfauna nicht namhaft (Gragja za 
Dubrovacka nomenklatura i faunu ptica und Anhang, Agram 1888). 
Nur Arrigoni führt nach Brusina dalmatinische Exemplare in den 
Museen von Agram und Sarajewo auf. Brusina selbst berichtete 
(ide Kolombatovic, Druge zoologiske Vijesti iz Dalmacije, Spalato 
1900, S. XXVIII) über die Erlegung zweier 535g vom 19. Juni 
1899 aus der Sutorina, dem bis an die Bucht von Cattaro sich 
hinunterziehenden südlichsten Teil der Herzegowina, wo indessen 
Reiser und Santarius den Vogel schon 1896 aufgefunden hatten. 
(Vergl. Ornith. Jahrbuch 1903 p. 113). Sonst ist meines Wissens 
über diese Frage nichts publiziert worden, und auch für Montenegro 
haben Reiser und Führer den Vogel nicht aufgeführt (Ornis 
balcanica II). 

Es mag daher von Interesse sein, dass ich Agrob. familiaris 
als regelmässigen Brutvogel für den Südzipfel von Dalmatien 
anführen kann, wo er (neben der Sutorina) die nördlichste Grenze 
seines Brutgebietes erreicht. Grossmann nennt ihn einen späten 
Ankömmling, der am Fusse des Gebirges seinen Wohnsitz ein- 
nimmt und am liebsten von der Spitze hoher Wachholdersträucher 
sein einfaches Lied vorträgt. Ich kann diese Angaben nur be- 
stätigen. Der Heckensänger ist in den tiefen Lagen der Bocche 
ein ziemlich häufiger Brutvogel. Insbesondere konstatierte ich ihn 
in den Talsohlen nicht nur der herzegovinischen Sutorina, sondern 
auch der dalmatinischen Zupa und zwar an trockenen Örtlichkeiten, 
wo er im Buchen-, Wachholder- und Erikagestrüpp sein Wesen 
treibt. Sein Gesang hatte für mich etwas ausgesprochen Ammer- 
artiges. — Die von Reiser a. a. OÖ. geäusserte Befürchtung, dass 
die neue Bahn nach Zelenika den Vogel aus der Sutorina ver- 
treiben könne, hat sich also nach Obigem nicht bestätigt. Aller- 
dings unmittelbar am westlichen Hange des Tales, an dem sich 
die Bahn hinzieht, habe ich den Heckensänger nicht bemerkt, 
wohl aber in dem hügeligen Gelände östlich des Sutorina-Baches. 
— Wenn Krüper (Journ. f. Ornith. 1869 S. 39) bemerkt, dass 
man auf der Jagd nur 5g erlege, da die 22 sich versteckt 
halten, so ist dies sehr cum grano salis zu nehmen. Krüper 
erwähnt ja selbst, dass die Geschlechter gleich gefärbt sind; er 
hat also auch 29 in der Hand gehabt. An jener Bemerkung 
ist in der Tat nur soviel richtig, dass die 29 viel seltener zur 


120 P. Kollibay: 


Erlegung gelangen als die $g. Das trifft aber bei den meisten 
Singvögeln zu, weil die $ sich durch den Gesang weit bemerk- 
barer machen. 

Bezüglich des Frühjahrszuges scheinen familaris und galac- 
todes zu differieren. Mit Grossmanns Angaben über den späten 
Zug stimmt die Mitteilung Krüpers a. a. O. überein, wonach der 
griechische Heckensänger zu den zuletzt ankommenden Zugvögeln 
gehört und frühestens am 3. Mai bemerkt wurde. Ich selbst 
habe mit Grossmann den Vogel dies Jahr zuerst am 11. Mai 
beobachtet. Dagegen wurde nach König (Journ. f. Ornith. 1892 
S. 405) die Ankunft von galactodes in Tunis schon am 2. April 
festgestellt und im Einklange damit datiert ein Gelege meiner 
Sammlung aus Südspanien bereits vom 20. April. 

Ich habe 10 $& und 5 29 gemessen und gebe nachstehend 
das Resultat: 


gg Maximum a. 88, Ver 72. ur lan, 2627 Damm: 
Minimum 84,5, I 08. 0,052. 4825 3 
Durchschnitt ‚85,8, 5». 20,2, 15,8. „ 250602, 

9 Maximum „84,9, 1510), 2,10, 7124,00 
Minimum 5.800,77 560505, la nnd, 
Durchschnitt , 82,6, „ 67,6, „ 14,8, „245 „ 

Dr. Rey hat einen Unterschied zwischen Eiern des griechischen 
und des spanischen Heckensängers nicht gefunden (Naumann, 
neue Ausgabe, Bd. II S. 134). Ich kann mir ein Urteil darüber 
nicht erlauben, bemerke aber, dass ein in meinem Besitze befind- 
liches familiaris-Gelege aus Castelnuovo sich von dem oben er- 
wähnten galaciodes-Gelege aus Malaga durch geringere Grösse 
der Eier unterscheidet, was ja individuell sein kann. 

Masse. 
a. Agr. galactodes. Gelege von 4 Eiern vom 
20. April 1896 aus Malaga 
24 ga 2200 235 
155, 16. 159.62 
b. Agr. familiarıs. Gelege von 4 Eiern vom 
4. Juli 1903 aus Castelnuovo 
20,5 21 20,5 21 
A6Rl, 16.155 

König hat (a. a. O.) 34 Messungen von Eiern des Agr. 

galactodes publiziert. Unter dieser grossen Zahl hat nur ein 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 121 


Gelege 2 Eier mit dem Längsdurchmesser 21 aufzuweisen, 20,5 
kommt überhaupt nicht vor. Nimmt man aber den Durchschnitt 
der 34 Längenmasse, so erhält man ein mittleres Mass von 
mehr als 23 mm für galaciode. Ich werde mich bemühen, 
durch Untersuchung künftigen Materials festzustellen, ob famili- 
arts konstant kleinere Eier hat als galaciodes. 


69. Accentor modularis (L.). 
Wird nur einzeln auf dem Zuge bemerkt (Gr.). 


70. Accentor collarıs reiseri Tschusi. 


Die „Regeln für die zoologische Nomenklatur“ (Journ. f. 
Ornith. 1891 S. 315—329) definieren die Subspezies als „Lokal- 
formen, welche in so geringem Grade durch Färbung, Form oder 
Grössenverhältnisse von einander abweichen, dass sie nach einer 
Diagnose ohne Zuhilfenahme von Vergleichsmaterial oder ohne 
Kenntnis des Fundorts nicht festgestellt werden können“ Da- 
nach müsste die Tschusi’sche Form füglich binär als Spezies auf- 
geführt werden; denn der schön aschgraue Rücken des Balkan- 
vogels ergibt seine Bestimmung stets von selbst, ohne dass man 
seine Herkunft kennt oder ihn mit Stücken anderer Provenienz 
vergleicht. — Über Verbreitung und Lebensweise kann ich leider 
nichts sagen, da ich an die Brutstellen des Vogels nicht gelangt 
bin. Nach Grossmann bilden die Alpenflüvögel im Winter grössere 
Trupps, die bis an die Wald- und Gartengrenze herabsteigen, 
bei Cattaro also sehr tief, bei Castelnuovo dagegen erst erheblich 
über der Stadt erscheinen und eine solche Zutraulichkeit an 
den Tag legen, dass sie in beliebiger Anzahl erbeutet werden 
können. 

Die Messung von 11 ZZ und von 7 89, alle im Februar 
und März erlegt, hatte folgendes Ergebnis: 

Se Maxımume 4.100, can, 7,15 , 6,25 "mm. 
Minimum AR Eu N san 2 Ma 23 105 
Durchsehnitt „, 96,9, „0045 „138 „298 „ 

99 Maximum „ 9, » 70, „23, „25 „ 
Minimum RR u er DL Da Te 5 Re 
Duschsehnttt, ., 196,30 0 som 1a sa 9, 9a N, 


71. Troglodytes troglodytes (L.). 


Nur im Winter bemerkt, dann aber in Menge (Gr.). 
(Fortsetzung folgt.) 


122 


Über eine neue Finkenart von Java. 
Von O. Finsch u. M. Bartels. 
(Mit einer farbigen Abbildung von O. Finsch. Taf. A.) 


Orithagra Estherae, Finsch in: Notes from the Leyden 
Museum vol. XXIII (1901/3) Juli 1902 p. 151 ($). 


Von dieser schönen, nach meiner einzigen Tochter be- 
nannten Finkenart, konnte ich bisher nur das Weibchen be- 
schreiben, über das Männchen aber nur eine kurze Notiz des 
Herrn Max Bartels mitteilen, welche die von mir bereits ver- 
muteten erheblichen Färbungsverschiedenheiten bestätigten. Durch 
Güte des Entdeckers erhielt ich nun auch das alte Männchen 
und freue mich, somit eine vollständige Darstellung der Art 
geben zu können. 


Altes Männchen. Die kurzen Federchen über den Nasen- 
löchern, Zügel und ein Ring ums Auge weiss; Stirn und Vorder- 
kopf zitronengelb, mit sichtbarer dunkler Federbasis, daher un- 
regelmässig dunkelbraun getüpfelt; übrige Kopf, Hinterhals, 
Mantel und Schultern umbrabraun; Backenstreifen, (unter dem 
weissen Augenringe) Ohrgegend, Halsseiten, Kinn und Oberkehle 
umbrabraun (etwas heller als der Rücken), einen zitronengelben 
länglichen Fleck umgrenzend, der sich von der Basis des Unter- 
schnabels herabzieht, Kinnfedern hie und da mit sichtbarer 
gelber Basis; Kropf und Brust zitronengelb mit tiefbraunen 
langzettlichen Schaftflecken, übrige Unterseite nebst den unteren 
Schwanzdecken weiss, letztere mit schmalen, die Körperseiten 
mit sehr breiten tiefbraunen Schaftflecken, die hier drei unregel- 
mässige Längsstreifen bilden; Bürzel und obere Schwanzdecken 
hochzitronengelb, auf den letzteren hie und da mit sichtbarer 
tiefbrauner Federbasis, also etwas gefleckt; Schwingen und Deck- 
federn schwarz, die Armschwingen auf der Aussenfahne, nicht 
ganz bis zur Basis schmal weiss gesäumt, die drei letzten am 
Ende der Aussenfahne etwas breiter weiss gerandet, Decken der 
Armschwingen mit zitronengelben Enden, wodurch eine gelbe 
Flügelquerbinde gebildet wird; obere Flügeldecken zitronengelb, 
mit z. T. sichtbarer schwarzer Federbasis, daher etwas gefleckt; 
untere Flügeldecken graulichweiss, die kleinen am Handrande 
mit dunkler Basis, Achselfedern fast weiss; Schwanzfedern schwarz. 
Schnabel hellhornbraun, Firstenrücken dunkler; Füsse bräunlich. 


Eine neue Finkenart von Java. 123 


Das alte Weibchen unterscheidet sich vom alten Männchen 
hauptsächlich durch das Fehlen von Gelb auf dem Vorderkopf, 
an der Basis des Unterschnabels und auf Kropf und Brust; das 
Braun der Oberseite ist etwas heller (mehr dunkel olivenbraun) 
und erstreckt sich über den ganzen Kopf, Kinn und Kehle; Kropf 
Brust- und Körperseiten rauchschwärzlich mit weisslichen Seiten- 
säumen, daher auf hellem Grunde mit breiten dunklen Schaft- 
strichen, eben solche aber mehr versteckt, auf den unteren weissen 
Schwanzdecken; Mitte der Brust und des übrigen Unterkörpers 
schmutzig weiss, einzelne Federn am Ende blassbräunlich ver- 
waschen ; Bürzel lebhaft zitronengelb, obere Schwanzdecken 
schwarz mit gelben Endsäumen; Schwingen schwarz, nur die 
drei letzten Armschwingen mit schmalen weissen Aussensäumen; 
Deckfedern schwarz, die der Armschwingen und die grössten 
oberen Deckfedern mit gelbem Endrande, wodurch zwei gelbe 
Flügelquerbinden entstehen, ausserdem Andeutungen einer dritten 
dadurch, das einige der mittleren Flügeldecken schmale gelbe 
Endsäume tragen; Zügel weisslich, ebenso ein undeutlicher schmaler 
Ring ums Auge; einzelne Federn des Vorderkopfes, wie an der 
Basis des Unterschnabels, mit schmalen gelb verwaschenen End- 
säumen. Schnabel hornbraun, der untere etwas heller. 


Long. tot. al. caud. culm. tars. 
110 mm 67 mm 44 mm 10 mm 16 mm d 
Le Ba ADEREL.LON „ Brlory.  © 


Beide Exemplare sind Eigentum des Herrn Max Bartels, 
der diese schöne Art auf dem Berge Pangerango (West-Java) in 
ca. 6000 Fuss Höhe entdeckte. Da ausser Passer montanus bis 
jetzt noch kein Finkenvogel von Java bekannt war, so ist der 
Nachweis eines solchen von hervorragendem Interesse. Ich kenne 
‚keine Art, die sich mit der vorliegenden in irgend einer Weise 
vergleichen liesse. 

Ich lasse nun die Beobachtungen des Herrn Bartels folgen. 

Leiden, Oktober 1903. O. Finsch. 


Ein Ausflug nach dem noch von keines Europäers Fuss 
betretenen Urwalde, der sich im Laufe der Zeiten auf dem Boden 
des ausgebrannten Kraters des Pangerango gebildet hat, war schon 
von jeher mein sehnlichster Wunsch, der endlich in Erfüllung 
gehen sollte. 


a M. Bartels: 


Am 11. März des vorigen Jahres (1902) machte ich mich 
morgens früh mit einigen Eingeborenen auf den Weg und kam 
nach beinahe 4stündigem Aufstieg, durch teilweise dichten Urwald, 
bei der auf 6000 Fuss Höhe gelegenen Jagdhütte an, welche ich 
einige Tage zuvor am Anfang besagten Waldes hatte bauen lassen. 

Bereits kurz nach unserer Ankunft bemerkte ich unweit der 
Hütte einen kleinen Schwarm Vögel, welche mir durch ihre gelb- 
lichen Flügelbinden und den kegelförmigen Schnabel besonders 
auffielen. — Es gelang mir ohne Mühe, einen derselben zu er- 
legen, in welchem ich eine Art vor mir sah, die meines Wissens 
vorher noch nicht auf Java gesammelt war. 

Ich versuchte, noch mehrere Exemplare zu bekommen, musste 
aber schon bald durch plötzlich einfallenden schweren Wolken- 
nebel, dem kurz darauf bis in die Nacht anhaltender Regen 
folgte, die Verfolgung aufgeben. Am anderen Morgen war das 
Wetter sehr schön und sah ich jetzt, dass das Unterholz des 
Kraterwaldes zum grössen Teil aus über mannshohen Sträuchern 
bestand, welche in reichem weissen Blütenschmuck prangten. 

Da ich in einem solchen Strauche am vorigen Tage den 
Vogelschwarm angetroffen, pflückte ich einige der Blüten und fand, 
dass sich in den, wie kleine Kiefernäpfel geformten Blütenkelchen 
auch zugleich eine Anzahl reifer Samen befand, welche ganz mit 
denen übereinstimmten, die ich nebst wenigen Sandkörnern im 
Magen des erlegten Vogels gefunden hatte. Dies veranlasste mich 
zu der Annahme, dass die Vögel sich haupsächlich von diesen 
Samen ernährten, worauf ich von Morgens bis Abends genanntes 
Unterholz nach allen Richtungen der Windrose durchkreuzte, 
ohne aber auch nur ein Stück zu Gesicht zu bekommen. — 

Am 29. April desselben Jahres (1902) unternahm ich einen 
zweiten Ausflug, zwecks ornithologischer Beobachtungen, nach 
diesem Walde und fand diesmal zu meiner Freude die neue 
Finkenart ziemlich häufig. Die Vögel waren wenig scheu und 
eifrig beschäftigt, nach Art unserer Zeisige und Stieglitze, die 
reifen Samen aus den Blütenkelchen der erwähnten Sträucher 
zu picken. Dabei liessen sie nur selten einen leisen Lockton 
hören, ähnlich dem unseres Stieglitz (Carduelis elegans). 

Bei einem dritten Besuch des Kraterwaldes (im März 1903) 
fand ich zu meiner nicht geringen Verwunderung das Unterholz 
vollständig abgestorben, eine Tatsache, die umso unbegreiflicher 
erscheint, als doch im vorhergehenden Jahre in demselben Monat 


Eine neue Finkenart von Java. 125 


hier alles grünte und blüte. Das war eine bittere Enttäuschung; 
denn gerade dieses Unterholz beherbergte früher verschiedene 
Arten, die wie Oreocincla horsfieldi, Brachypteryc montana und 
Scolopax salurata nur hier vorkommen. Sie alle fehlten diesmal 
und mit ihnen leider auch die neue Finkenart, deren Lebens- 
bedingungen, wie es scheint, eng mit denen des weissblühenden 
Strauches verknüpft sind. Da der letztere voraussichtlich auf 
allen hohen Bergen Javas vorkommt, so lässt sich annehmen, 
dass Crithagra Estherae je nach den Beständen und der Sommer- 
reife zu Streifzügen genötigt ist und mit dem Erstehen von Nach- 
wuchs hoffentlich auch auf dem Pangerango wiedererscheinen wird. 


Pasir Datar, August 1903. Max Bartels. 
Mitgliederverzeichnis 


Dafschn Oritoloischn Geslchf 


1904. 


Vorstand: 


. Blasius, Präsident. 

. Schalow, Vize-Präsident. 
Reichenow, Generalsekretär. 
. Matschie, Stellvertr. Sekretär. 
. Deditius, Kassenführer. 


Rob ım 


Ausschuss: 
J. Cabanis. M. Kuschel. 
W. Blasius. A. Nehrkorn sen. 
Frhr. R. König-Warthausen. Graf v. Berlepsch. 
P. Kollibay. J. Talsky. 
A. Koenig. 


Ehrenmitglieder: 
1870. Herr Möbius, Carl, Dr., Prof., Geh. Regierungsrat, Direktor 
des Königl. Museums für Naturkunde in Berlin. 
Ehrenpräsident der Gesellschaft. 


126 


Mitglieder-Verzeichnis. 


1868. Herr Bolle, Carl, Dr., Gutsbesitzer, Scharfenberg bei Tegel. 


1870. 
1900. 


1862. 


1862. 


1900. 


1900. 


1900. 


Collett, Robert, Professor, Christiania, Oscarsgade 19. 
Herman, O., Chef der Ungarischen Ornithologischen 
Zentrale, Budapest VIII. Jözsef-Körüt 65 1. 
Krüper, Theobald, Dr., Konservator am Universitäts- 
museum in Athen. 

Newton, Alfred, Dr., Professor, Cambridge, Magdalene 
College. 

Graf Salvadori, T., Professor, Vizedirektor des 
zoologischen Museums in Turin. 

Sclater, P. L, Dr., Sekretär der Zoologischen 
Gesellschaft in London, W., 3 Hanover Square. 
Sharpe, R.B., Dr., Assistant Keeper, British Museum, 
London SW., Cromwell Road. 


Mitglieder: 


1874. Seine Königliche Hoheit Ferdinand Fürst von Bulga- 


1887 


1897 


1894 


1898. 
1884. 
1903. 
1891. 
1901. 
1870. 
1893. 


1897. 
1862. 


rien, Prinz von Sachsen-Koburg-Gotha, in Sofia. 


. Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Therese von Bayern 


in München. 


. Seine Durchlaucht Fürst von Salm-Salm in Anholt. 
1879. Direktion des Zoologischen National-Museums in Agram 


. Herr 


in Kroatien, (vertreten durch den Direktor Hrn. Prof. 
Dr. Langhoffer). 

Arends, Dr. med., prakt. Arzt, Nordseebad Juist. 
Graf Arrigoni Degli Oddi, Ettore, Professor, 
Dozent der Zoologie an der Universität Padua (Italien.) 
von Bardeleben, Friedrich, Generalmajor z. D., 
Frankfurt a. M., Beethovenstr. 49. 
Bartels, Max, PasirDatar, HalteTjisaat, Preanger, Java. 
Freih. von Berg, Kais. Landforstmstr., Strassburg i. E. 
Berge, Robert, Zwickau, i. S., Parkstr. 2. 

Graf von Berlepsch, Hans, Erbkämmerer in Kur- 
hessen, Schloss Berlepsch bei Gertenbach. 

Freiherr von Berlepsch-Seebach, Hans, Cassel, 
Landaustrasse 2. 

Biedermann, Rich., Dr., Eutin, Waldstrasse. 
Blasius, Rud., Dr. med., Professor, Stabsarzt a. D., 
Braunschweig, Insel-Promenade 13. 


1872. 


1890. 


1902. 
1895. 


1886. 
1851. 


1894. 
1884. 
1902. 
1884. 
1868. 
1880. 


1902. 


1868. 
1890. 


1900. 
1882. 
1894. 
1893. 
1890. 


1873. 
1868. 


Mitglieder-Verzeichnis. 127 


Herr Blasius, Wilhelm, Dr. med., Prof, Geh. Hofrat, 
Direktor des Herzogl. Naturhist. Museums u. Botan. 
Gartens, Braunschweig, Gauss-Strasse 17. 

- Bolau, H., Dr., Direktor des Zoolog. Gartens in Ham- 
burg, Tiergartenstr. (Für die Zoolog. Gesellschaft 
in Hamburg). 

- Braun, F., Oberlehrer an der Deutschen Realschule 
in Konstantinopel-Pera. 

- Brehm, Horst, Dr. med., prakt. Arzt, Berlin N. 58, 
Wörtherstrasse 48. 


- Bünger, H., Bankvorsteher, Potsdam, Victoriastr. 72. 


- Cabanis, Jean, Dr., Professor, Friedrichshagen, 
Friedrichstrasse 101. 

- Chernel von Chernelhäza, Stef., Köszeg (Com. 
Güns), Ungarn. 

- vonDallwitz, Wolfgang, Dr. jur., Rittergutsbesitzer, 
Tornow bei Wusterhausen a. d. Dosse. 

Danziger Naturforschende Gesellschaft (vertreten durch Hrn. 
Oberlehrer Dr. Lakowitz, Danzig, Brabank 8). 
Herr Deditius, Karl, Rechnungsrat, Schöneberg b. Berlin, 

Merseburgerstr. 6. 11. 
- Dohrn, H., Dr., Stettin, Lindenstr. 22. 
- Graf von Douglas, W., Karlsruhe (Baden). 
Dresdener Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn 
Dr. med. Braune in Dresden, Bismarckplatz 12). 
Herr Dresser, H. E., 110 Cannon Street, London E. C. 
- Dreyer, Otto, Buchdruckereibesitzer, Berlin W. 8, 
Mauerstr. 53. 
Gräflich Dzieduszyckisches Museum (vertreten durch 
Herrn Dr. P. J. Mazurek), Lemberg. 
Herr Ehmcke, H., Landgerichsrat, Rittergut Rehfelde 
(Ostbahn). 
- Freiherr von Erlanger, Carl, Nieder-Ingelheim. 
- Evans, A. H., Cambridge in England, 9 Harvey Road. 
- Freese, Richard, Polizeisekretär, Berlin N. O. 18, 
Bardelebenstr. 1. 
- Frick, C., Dr., Geh. Sanitätsrat, Burg, Bz. Magdeburg. 
- Fritsch, Anton, Dr., Professor, Kustos d. National- 
Museums in Prag, Wenzelsplatz 66. 


123 


Mitglieder-Verzeichnis. 


1888. Herr Fürbringer, M., Dr., Geh. Hofrat, ord. Professor 


1894. 


1892. 


1896. 
1872. 


1898. 


1896. 
1871. 


1902 


1902 


1885. 
1889. 
1862. 


1895. 
1898. 


1901. 
1889. 
1898. 
1900. 
1902. 


1891. 


der Anatomie a. d. Universität Heidelberg. 

Gaalde Gyula, Gaston, Gutsbesitzer, Boglär (Com. 
Somogy), Ungarn. 

Gengler, J., Dr. med., Stabsarzt im bayer. 19. Infant. 
Regiment, Erlangen, Friedrichstr. 1 1. 

Gottschlag, H., Kaufm., BerlinW.57, Potsdamerstr. 86. 
Grunack, Albert, Kaiserl. Kanzleirat, Berlin SW.61, 
Blücherstr. 7. 

Haase, O., Adr. F. Sala & Co., Berlin NW.7, Mittel- 
strasse 51. 

Härms, M., Samhof b. Nustago, Livland. 
Hagenbeck, Carl, Handelsmenageriebesitzer, Ham- 
burg, St. Pauli. 


. Hamburger Ornithologisch-Oologischer Verein (vertreten 


durch Hrn. Geometer H. Cordes, Hamburg, Bleichen- 
brücke 17). 


. Herr Hantzsch, B., Lehrer an der höheren Volksschule, 


Dresden-Plauen. 

Hartert, Ernst, Direktor des Zoologischen Museums 
in Tring in England. 

Heck, L., Dr., Direktor des Zoolog. Gartens in 
BerlinW.62,Kurfürstendamm 9. (Fürden zoolog.Garten). 
Heine, F., Oberamtmann auf Kloster Hadmersleben, 
bei Hadmersleben. 

Heine, F., Dr., Referendar, Hadmersleben. 
Heinroth, O., Dr. med., Berlin W. 62, Kurfürsten- 
damm 9. (Zoolog. Garten). 

Hellmayr, Eduard, Zoologisches Museum in München, 
Alte Akademie. 3 
Helm, F., Dr., Lehrer an der Landwirtsch. Schule 
in Chemnitz, Schillerplatz 21, I. 

Hennicke, C. R., Dr. med., Specialarzt für Augen- 
und Ohrenleiden, Gera (Reuss j. L.), Adelheidstr. 12. 
Henrici, F., Dr. jur., Gerichts-Assessor, Thorn, 
Bachestr. 15, 1. 

Henrici, Regierungs- und Forstrat, Marienwerder 
(Westpr.). 

von Heyden, Lucas, Major z. D., Dr. phil. h. c., 
Professor, Frankfurt a. M.-Bockenheim. 


Mitglieder-Verzeichnis. 129 


1897. Herr Hilgert, C. Präparator, Nieder-Ingelheim. 


1831. 


1903. 


1868. 
1890. 
1901. 
1901. 
1892. 


1890. 


1901. 
1897. 


Hintz, Robert, Königl. Ober-Forstmeister, Cassel, 
Annastr. 6. 


Hoffmann, Jul, Dr. phil, Verlagsbuchhändler, 
Stuttgart, Rotebühlstr. 93. 

Holtz, Ludw., Greifswald, Wilhelmstr. 6. 
Hülsmann, H., Fabrikbesitz., Altenbach b. Wurzen. 
Hundrich, Amtsgerichtsrat, Hermsdorf am Kynast. 
Hundrich, R., Kaufmann, Breslau, Museumsstr. 7. 
Jacobi, A., Dr., Professor an der Kgl. Forstaka- 
demie Tharandt. 

Junghans, K., Professor, Oberlehrer an der Ober- 
Realschule in Cassel, Grüner Weg 26. 

Klein, Eduard, Dr. med., prakt. Arzt in Sofia, Bulgarien. 
Kleinschmidt, O., Pfarrer, Volkmaritz bei Deder- 
stedt, Prov. Sachsen. 

Richard Freiherr König von und zu Warthausen, 
Dr., Königl. Kammerherr, Schloss Warthausen bei 
Warthausen. 

Koenig, A., Dr., Professor, Bonn, Koblenzerstr. 164. 
Kollibay, Rechtsanwalt u. Notar, Neisse, Ring 121. 
Kräpelin, Dr., Prof., Direktor des naturhistorischen 
Museums, Hamburg, Steintorwall. 

Kuschel, Max, Polizeirat, Guhrau, Rgbz. Breslau. 
Lampert, Dr., Professor, Ober-Studienrat, Vorstand 
des Kgl. Naturalien-Kabinets, Stuttgart. 
Lamprecht, H., Fabrikbesitzer, Jauer. 
Lauterbach, Dr., Stabelwitz b. Deutsch-Lissa. 


1896. Leipziger Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn Dr. 


1886. Herr 


1900. 


1881. 


1891. 


R. Schulze, Leipzig, Sidonienstr. 21). 
Leverkühn, Paul, Dr. med., Hofrat, Direktor der 
wissenschaftlichen Institute und Bibliothek Sr. Kgl. 
Hoheit des Fürsten von Bulgarien, Sofia, Bulgarien. 
von Lucanus, F., Oberleutnant im 2. Garde-Ulanen- 
Regiment, Berlin NW. 52, Werftstr. 14. 

von Madaräsz, Julius, Dr. phil, Kustos am Un- 
garischen National-Museum in Budapest. 
Mannkopf, Oskar, Königl. Hof- und Garnison- 
Apotheker, Cöslin. 


Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Januar 1904. 9 


130 


Mitglieder-Verzeichnis. 


1895. Herr Martin, Dr., Direktor des Grossherzoglichen Natur- 


1884. 


1872. 


1894. 


1892. 


1880. 


1897. 


1880. 
1868. 


1893. 


1901. 


1896. 
1895. 


histor. Museums in Oldenburg (Grhzgt.). 
Matschie, P., Professor, Kustos am Kgl. Zoologischen 
Museum in Berlin, N. 4, Invalidenstr. 43. 

Meyer, A. B., Dr., Geh. Hofrat, Direktor d. Zoo- 
logisch., Anthropol. und Ethnograph. Museums in 
Dresden. 

v. Middendorff, E., Majoratsherr auf Hellenorm 
b. Elwa in Livland. 


Graf von Mirbach-Geldern-Egmont, Alphons, auf 
Schloss Rogenburg in Schwaben, Kgl. Bayr. Kammer- 
herr, Kaiserl. Legationssekretär an der Deutschen 
Botschaft in Wien. 


Müller, August, Dr. phil., Inhaber des naturhistor. 
Instituts „Linnaea“, Berlin N. 4., Invalidenstr. 105. 


Münchener Ornithologischer Verein. (Vertr. durch den 


Vorsitzenden Hrn. Dr. Parrot, München). 


Königliche Forst-Akademie in Hann. Münden. 
Herr Nehrkorn, A., Amtsrat in Braunschweig, Adolf- 


strasse 1. 

Nehrkorn, Alex., Dr. med., Privatdozent, Akadem. 
Krankenhaus, Heidelberg. 

de Neufville, Robert, Sektionär der ornith. Samml. 
d. Senckenbergischen Naturh. Mus. i. Frankfurt a. M., 
Taunusplatz 11. 

Neumann, 0. Berlin N. 4, Invalidenstr. 41. 


Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes, (vertreten 


durch Herrn Lehrer Schilling) Altenburg S. A., 
Schmölln’sche Chaussee. 


1890. Herr Pabst, Wilhelm, Dr., Kustos der naturhistorischen 


1897. 
1875. 
1886. 


1885. 


Samml. d. Herzogl. Museums in Gotha. (Für das 
Museum). 

Paeske, Ernst, Berlin SW. 48, Besselstr. 12 I. 
Palmen, J. A., Dr., Professor, Helsingfors, Finland. 
Parrot, Carl, Dr. med., prakt. Arzt, München, 
Thierschstr. 37 IL 

Pasch, Max, Königl. Hof-Lithograph und Hof-Buch- 
und Steindrucker, Verlagsbuchhändler, Berlin SW. 68, 
Ritterstr. 50. 


Mitglieder-Verzeichnis. 131 


1903. Herr Ponebsek, Johann, Dr., K. K. Steuer-Oberinspektor, 


1897. 


1892. 


1868. 


1885. 


1865. 
1894. 


1876. 
1893. 


1888. 


1872. 


1902. 


1903. 


1898. 
1901. 
1870. 
1898. 
1896. 
1891. 


1879. 


Rudolfswert (Krain). 

v. Quistorp-Crenzow, W., Dr. jur., Rittergutsbes,., 
Mitglied des Hauses der Abgeordneten, Crenzow. 
von Rabenau, H. Dr., Direktor des Museums der 


“ Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz. (Für die 


Naturf. Gesellschaft). 


Reichenow, Anton, Dr., Professor, Kustos des Kgl. 
Zoologischen Museums in Berlin, N. 4, Invaliden- 
strasse 43. 

Reiser, Othmar, Kustos d. Naturwissenschaftlichen 
Abteilung des Bosnisch-Herzegowinischen Landes- 
museums in Sarajewo, Bosnien. 

Rey, E., Dr., Leipzig, Elisenstr. 43. 

Rörig, G., Dr., Prof, Regierungsrat im Reichs- 
Gesundheitsamt, Gross-Lichterfelde, W. Augustastr. 29. 
Rohweder, J., Gymnasial-Öberlehrer, Husum. 
Baron von Rothschild, W., Dr. phil, Tring in 
England. 

Schäff, Ernst, Dr., Direktor des Zool. Gartens in 
Hannover. 

Schalow, Herm., Kaufm,, Berlin NW. 25, Flens- 
burgerstr. 15 LI. 


Schenkling, C., Reallehrer, Berlin SW. 11, König- 
grätzerstr. 35. 

Schiebel, G., cand. rer. nat., Schloss Breitenau, 
Post Rudolfswert, Krain. 

Schillings, C. G., Gutsbesitzer, Gürzenich. 
Schlegel, R., Leipzig, Oststr. 56. 

Schlüter, Wilhelm, Naturalienhändler, Halle a. S. 
Schöpf, Direktor des zoologischen Gartens in Dresden. 
Schulz, A., München, Thalkirchnerstr. 1 Ill. 

von Schutzbar gen. Milchling, Rittmeister a. D., 
Hann.-Münden. 


Schwerdt, C. F. G. Richard, Millcourt Alton. (Hants), 
England. 


1892. Herr Shelley, G. E., Captain, 39 Egerton Gardens, Lon- 


don SW. 
9* 


132 Mitglieder-Verzeichnis. 


1879. Stettiner Ornithologischer Verein (vertreten durch Herrn 
Oberlehrer Dr. Plathe, Stettin, König Albertstr. 10). 

1900. Herr Suschkin, P., Dr., Assistent am Kabinet für vergl. 
Anatomie der Universität Moskau. 

1878. - Talsky, Josef, Professor, Olmütz, Cöhmengasse 18. 

1893. Kgl. Forstakademie Tharandt. 

1872. Herr Thiele, H., Baumeister, Cöpenick. 


1874. - Thiele, Hch., Forstmeister, Braunschweig. Ausser- 
ordentliches Mitglied. 

1901. - Thieme, Alfred, Lehrer, Leipzig, Johannisallee 7 II. 

1899. - Thienemann, J., Rossitten a. d. Kurischen Nehrung. 

1890. - von Treskow, Majora.D., Westend, Spandauerberg 5. 

1868. - Victor, Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen, 
Villa Tännenhof bei Hallein. 

18866. - Urban, L., Architekt u. Maurermeister, Berlin SW. 61, 


Blücherstr. 19. 
1890. Frau Vieweg, H., geb. Brockhaus, Braunschweig. 
1901. Herr Voigt, Alwin, Dr. phil., Leipzig, Färberstr. 15 1. 


1890. - Wendlandt, P., Kgl. Forstmeister, St. Goarshausen. 
1896. - Wickmann, H., Dr., Münster i. W., Kathagen 11. 
1873. - Graf von Wilamowitz-Möllendorf, _Wirklicher 


Geheimer Rat, Exzellenz, Majoratsherr auf Schloss 
Gadow bei Lanz, Reg.-Bez. Potsdam. 


1884. - Ziemer, E. Klein-Reichow b. Standemin, Pommern. 
18922. - Zimmermann, Th., Apotheker, Danzig, Kaninchen- 
berg 11. 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 
Bericht über die Oktobersitzung 1903. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 5. Oktober, abends 8 Uhr 
im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. 

Anwesend die Herren: Grunack, Ehmcke, Reichenow, 
Schalow, Thiele, Heinroth, Haase, Deditius, Heck und 
Matschie. 

Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Matschie. 

Die Herren Reichenow, Schalow und Matschie legten 
einige neu erschienene ornithologische Arbeiten vor und bespra- 
chen sie. 


Bericht über die Oktobersitzung 1903. 133 


Herr Reichenow teilte hierauf mit, dass die Deutsche 
Ornithologische Gesellschaft die Absicht habe, eine Anzahl von 
Versuchen zu unternehmen, um einwandfreie Aufschlüsse über 
die Richtung und Schnelligkeit des Vogelzuges zu erlangen. Auf 
der Vogelwarte in Rossitten ist Herr Thienemann damit be- 
schäftigt, zahlreiche Krähen in diesem Herbst einzufangen. Jede 
bekommt am rechten Fuss einen Metallring, auf dem eine Nummer 
eingegraben ist. Dann lässt man sie wieder fliegen. Es wird 
gebeten, bei erbeuteten Krähen darauf zu achten, ob sie einen 
solchen Ring tragen, den betreffenden Fuss mit einem Zettel zu 
versehen, auf dem die Stunde und der Tag der Erlegung ver- 
merkt ist, und ihn im geschlossenen Briefumschlage an die Vogel- 
warte Rossitten (Kurische Nehrung) einzusenden. An alle Jagd- 
zeitungen, an die weit verbreiteten Tagesblätter, an die ornitho- 
logischen Zeitschriften des Auslandes, an befreundete Ornithologen 
in Österreich-Ungarn, England, Holland, Frankreich, Dänemark 
und Russland sind Aufrufe, die von den Versuchen Kenntnis 
geben, verschickt worden. 

Herr Reichenow legte alsdann einige neue Vogelarten vor: 


Andropadus insularis somaliensis: Dem A. :. subalaris sehr 
ähnlich, aber im ganzen um vieles blasser; Unterschwanzdecken 
sraugelblich mit blassgelber Umsäumung. Südliches Somaliland: 
Barawa (Fschr.). 


Zosterops toroensis: Dem Z. stuhlmanni sehr ähnlich, aber 
mit schmalem weissen Augenringe; Stirn wohl etwas gelber als 
der übrige Oberkopf, aber kein deutlich abgesetztes gelbes Stirn- 
band; ferner kleiner. Lg. etwa 100—105, Fl. 52—53, Schw. 35 
—38, Schn. 10—11, L.16 mm. Toro: Kitimba in Uvamba (Emin). 


Zosterops niassae: Oberseits gelbgrün, aber der Farbenton 
viel gesättigter, kräftiger und trüber als bei Z. stuhlmanni und 
toroensis, kein deutlich sich abhebendes gelbes Stirnband, nur 
ein etwas hellerer, gelblicher Strich oberhalb des Zügels; das 
Gelb der Unterseite kräftiger und trüber als bei Z. siuhlinannı, 
- Körperseiten nur sehr schwach grünlich verwaschen; der weisse 
Augenring ziemlich breit. Ungoni: Songea (Stierling). 

Cinnyris mariquensis ovamboensis: Wie ©. m. suahelicus, 
aber Unterkörper viel dunkler, fast schwarz. Lg. etwa 120—125, 
Fl. 65—67, Schw. 47—52, Schn. 19—21, L. 16mm. Ovamboland: 
Ochimbora, Ovaquenyama (Eriksson). 


134 Bericht über die Oktobersitzung 1903. 


Im Anschluss daran wird vom Vortragenden noch für den 
Gattungsnamen Bathmocercus Rchw. (nec Dathmicercus Fitz. 1863) 
der Name Dathmedonia vorgeschlagen und für Cinnyris affınis 
angolensis Rehw. [nec. Less.] C. a. mechowi. 

Herr Heinroth berichtete zum Schluss über einige be- 
merkenswerte Ereignisse im Berliner Zoologischen Garten. Ein 
Kuttengeierpaar, das in einem besonderen Fluskäfig untergebracht 
war, baute ein gut mit Stroh und feinen Reisern ausgefüttertes 
Nest, jedoch wurde trotz oft wiederholt ausgeführter Paarungen 
kein Ei gelegt oder wenigstens keines gefunden. In den verflossenen 
Jahren hatte das Weibchen im Gesellschaftskäfig öfter ein Ei auf 
die Erde gelegt. Auch in diesem Jahre hat es das Turkmenen- 
Uhu-Paar wieder zu einem Ei gebracht, das unbefruchtet war und 
eifrig bebrütet wurde. Von Neuerwerbungen an Raubvögeln ist 
ein Rüppell-Geier, Polyboroides radiatus, Circus maculosus u. ein 
Bonelli-Adler zu erwähnen, ferner eine Huhua poensis. 


Von einem seit langer Zeit zusammenlebenden Paar Weiss- 
nackenkraniche ist zu erwähnen, dass der anscheinend weibliche 
Vogel wütend über seinen Genossen herfiel und ihn zu töten 
versuchte. Seit einigen Wochen war ein dritter Vertreter derselben 
Art im Nebengehege untergebracht, und dies erklärt vielleicht 
das merkwürdige Gebaren des Vogel, der, mit dem neuen zu- 
sammengesetzt, diesen in werbender Haltung umging, aber schroft 
abgewiesen wurde. Von zwei weiblichen Chenalopex jubata machte 
die eine in einem hohlen Baume ein Gelege von 6 Eiern und be- 
brütete sie mit Hingebung; es soll versucht werden, ihr einen 
Nilgansert anzupaaren. Die 3 Pinguine (2 Sp. humboldti, 1 Sph. 
demersus) mauserten, nachdem sie Ende voriges Jahres die Federn 
in der ihnen eigenen plötzlichen Weise gewechselt hatten, noch- 
mals im September: vielleicht eine allmähliche Anpassung an unsere 
Jahreszeit. Plotus anhinga, sowie Grus paradisea, leucogeranus 
u. collaris wechselten die Schwingen nach Entenart, bei den Fla- 
mingos schien diese Mauserungsweise wenigstens vorzuherrschen. 


Auch dieses Jahr wurden wieder eine Anzahl Bastarde ge- 
zogen: Sporenflügelgansmännchen X Bisamente, Penelope sibilatrix 
mas. X Dafıla spinicauda fem., Bisamerpel X Hausente. Die Nach- 
kommen von letzterem Paare wiesen in 9 Exemplaren alle Über- 
gänge in Form und Benehmen zwischen den sehr verschieden ge- 
färbten Eltern auf. Der nunmehr vierjährige Mischling von Ibis 
melanocephala mas. und Platalea minor fem. erzielte wie im Vor- 
jahre auch heuer einen Nachkommen mit einer Rosa-Löfflerin. 
(Pl. ajaja). Drei Bastarde von Mantelmöve und weiblicher Silber- 
möve gingen leider durch Unfälle zugrunde, während der vorjährige 
sich sehr wohl befindet. Ein im Frühjahre schwarzer Kanarienvogel- 
Stieglitzbastard legte in der Sommermauser ein gelbes Kleid an. 
Mit allen diesen Mischlingen sollen Zuchtversuche gemacht werden. 
Versuche, junge Gold-, Silber- Weisshauben- und Ringfasane frei 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 135 


im Garten zu halten, sind 'bis jetzt, nachdem die Vögel erwachsen, 
‚als gelungen anzusehen. 

| Nachdem das erste Gelege des Argus-Paares verunglückt 
war, brachte die Henne aus dem zweiten beide Eier glücklich 
aus. Das eine noch lebende Junge gedeiht zusehends. Ein Paar 
Craz carunculata lieferte zunächst zwei unbefruchtete Eier, denen 
bald zwei gute folgten. Da die Tiere nicht selbst brüteten, er- 
gaben die Eier unter einer Haushenne mit 28 Tagen kräftige, 
‚dunkel gefärbte Junge von eigentümlichem Aussehen. Die Tierchen, 
welche trotz ihrer kurzen Flügel im Gebüsch sich zur Nachtruhe 
emporarbeiteten, entwickelten sich vortrefllich, haben jetzt nach 
91/, Monaten die Grösse von Silberfasanen und sind an den ver- 
schieden gefärbten Bauchfedern bereits als Paar zu unterscheiden, 
sie gleichen bis auf die Grösse ihren Erzeugern nahezu vollkommen. 

Matschie. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine. 
Edinburgh. No. 48. 

Aquila. Zeitschrift für Ornithologie. Redact. Otto Herman. X. 
No. 1—4. 1903. 

The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XX No. 4 1903. 

‚Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. C—-CI 1903. 


The Condor. A Magazine of Western Ornithology. Cooper Orni- 
thological Club. Palo Alto, California. Vol. V No. 5—6 1903. 


Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. 
Karl Neunzig. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung). 
Jahrg. XXXII. Heft 34—38. 

The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) Ill. Heft 4 1903. 


Naturae Novitates. Bibliographie neuer Erscheinungen aller Län- 
der auf dem Gebiete der Naturgeschichte und der exakten 
Wissenschaften (R. Friedländer u. Sohn, Berlin). XXV. Jahrg. 
No. 14—17 1903. 

Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Viktor Ritter von Tschusi zu 
Schmidhoffen. XIV. Jahrg. Heft 5—6 1903. 


Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelwelt. XXVII. Jahrg. No. 11. 

M. P. Anderson and J. Grinnell, Birds of the Siskiyon Moun- 
tains, California: a Problem in Distribution. (Abdruck aus: 
Proc. Acad. N, Sc. Philadelphia Jan. 1903). 


St. v. Chernel, Besondere Nistfälle (Wendehals und Fäustling). 
(Abdruck aus: Aquila 1903 S. 254—255). 


136 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


St. v. Chernel, Die kurzzehige Lerche (Alauda brachydactyla), 
eine neue Erscheinung in der Ornis Ungarns. (Abdruck aus: 
Aquila 1903. 8. 250—251). 

C. Chun, Über die sogenannten Leuchtorgane australischer Pracht- 
finken. (Abdruck aus: Zool. Anzeiger XXVII. No.2 1903). 

W. K. Fisher, Notes on the Birds peculiar to Laysan Island, 
Hawailan Group. (Abdruck aus: The Auk XX No.4 1903). 

G. Gaal de Gyula, Beiträge zur Vogelfauna des Balaton Sees. 
(Abdruck aus: Aquila 1903. S. 215—218). 

J. Grinnell, Call Notes of the Bush-Tit. (Abdruck aus: The 
Condor V. No. 4 1903). 

E. Hartert, Die Vögel der palaearktischen Fauna. Systematische 
Übersicht der in Europa, Nord-Asien und der Mittelmeer- 
region vorkommenden Vögel. Hft. 1. Berlin 1903. 

G. Janda, Ein Ausflug nach Nord-Russland. (Abdruck aus: 
Ornith. Jahrb. XIV. 1903 Hft. 3, 4). 

E. Lönnberg, On a Collection of Birds from North-Western 
Argentina and the Bolivian Chaco. (Abdruck aus: The Ibis 
Okt. 1903). 

HB. v. Loudon, Zur Kenntnis der west-turkestanischen Repräsen- 
tanten der Gattung Galerida. (Abdruck aus: Ornith. Jahrb.: 
XV. No0:5,.65 1903). 

J. v. Madaräsz, Description of some new Birds from Venezuela. 
(Abdruck aus: Annales Musei Nationalis Hungarici I. 1903. 
3. 462 — 464). 

C. Parrot, Ornithologische Wahrnehmungen auf einer Fahrt nach 
Ägypten. (Abdruck aus: III. Jahresber. Orn. Vereins Mün- 
chen 1905). 

C. Parrot, III. Jahresbericht des Ornithologischen Vereins Mün- 
chen für 1901 und 1902. München 1903. 

G. Rörig, Studien über die wirtschaftliche Bedeutung der insekten- 
fressenden Vögel. Untersuchungen über die Nahrung unserer 
heimischen Vögel, mit besonderer Berücksichtigung der Tag- 
und Nachtraubvögel. (Abdruck aus: Arbeiten Biol. Abteil. 
Land- u. Forstwirtsch. Kaiserl. Gesundheitsamt IV. Heft 1. 
1903). 

V. v. Tschusi, Über palaearktische Formen. (Abdruck aus: 
Ornith. Jahrb. XIV. 1903 Heft 5, 6). 

V. v. Tschusi, Zur Ornis der Kanaren. (Abdruck aus: Ornith. 
Jahrb. XIV. 1903 Heft 5, 6). 

H. F, Witherby, An Ornithological Journey in Fars, South-West 
Persia. (Abdruck aus: The Ibis Okt. 1903). 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


IHN. 


ORNITHOLOGIE 


Zweiundfünfzigster Jahrgang. 


No. 2. April 1904. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas 
mit besonderer Berücksichtigung der Zoogeographie. 


Von Carlo Freiherr von Erlanger. 


I Raptatores. 


Otogyps auricularis: (Daud.) 


Levaillant Ois. d’Afr. I. 1799 p. 36 T. 9. 
Daud. Traite II. 1800 p. 10 ex Lev. Vultur auricularis. 
Heuglin Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869 p. 8. V. auricularis. 


Abessinien. 


Salvadori Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 33. Otogyps au- 
ricularis. 

Von dieser grossen Art liegen mir drei auf meiner Reise 
gesammelte Exemplare vor. Leider fehlt es mir an nötigem Ver- 
gleichsmaterial, um die interessante Frage entgültig zu lösen, 
ob wirklich die nordöstliche Form constante Unterschiede von 
südlichen Vögeln aufweist. Bei den nordöstlichen Vögeln sol- 
len nämlich die Hautlappen am Kopf fehlen, bei letzteren dagegen 
stets vorhanden sein. Bei den von mir gesammelten drei, als 
auch bei zwei von Hemprich und Ehrenberg in Ober-Agypten 
gesammelten Exemplaren fehlen in der Tat die Hautlappen am 
Kopf. Auch auf der Tafel in Temminck Pl. Col. T. 407 (II) 
fehlen dem Vogel diese Hautlappen. 

Exemplare aus Ost- und Südafrika fehlen mir zum Ver- 
gleich. Meines Wissens wurde bis jetzt nur ein Balg von 
Otogyps auricularıs aus Ost-Afrika nach Europa gebracht und 
zwar von C. G. Schillings. Leider befindet sich das Exemplar 
aber nicht hier auf dem Museum. Sollte demnach ein ständiger 
Unterschied zwischen nord-östlichen und südlichen Vögeln vor- 


Journ. f. Orn. LIL. Jahrg. April 1904. 10 


138 C. v. Erlanger: 


handen sein, so müssen die nordöstlichen Geier zur Form 
Otogyps auricularis nubicus A. Sm. gezogen werden. Bei dieser 
Geierart ist: Die Iris braun, Kopfseiten und Kehle violett. Ober- 
kopf blassrot. Füsse und Wachshaut graugrün. Schnabel grau- 
grünlich. 

g Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi Gallaland, 18. Jan. 1901: 
Flgl. 73, Schwz. 37, Schn. 6,7 cm. 

© Artu, Nord-Somaliland, 26. Febr. 1900: Flgl. 73, Schwz. 
36,8, Schn. 7,1 cm. 


Lophogyps occipitalis (Burch.) 


Burch. Trav. 1I. 1824 p. 329. Vultur oceipitalıs. 
Heuglin Orn. Nord-Ost-Afrikas. I. 1869 p. 12. V. oceipitalis. 


Abessinien. 


Antinori, Salvadori Ann. Mus. Gen. 1873 p. 375. Vultur 
occipitalis. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 33; 1888, p. 195. 
Lophogyps occipitalis. 

Saivadori, Bull. Mus. Zool. et. Anat. comp. Torino 1897, 
p. 1. Lophogyps occipitalıs. 

Ogilvie Grant, Ibis 1900, p. 321. L. occipitalıs. 


Somaliland. 


Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894, p. 550. Lophogyps oc- 
cipitalis. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1896, p. 42. L. occipitalis. 

Elliot, Field Columbian Mus. 1897, p. 59. L. oceipitalis. 


Auch diese Geierart ist überall auf der Expedition beob- 
achtet und in mehreren Exemplaren gesammelt worden. Beson- 
dere biologische Beobachtungen konnte ich nicht über diese Art 
machen, da ich seine Niststätte nicht fand. Im Verein mit 
anderen Geierarten besucht er die Lagerplätze und erscheint am 
Aas. Er scheint aber im Allgemeinen seltener aufzutreten als 
die anderen Arten. Auch beim Lophogyps occipitalis ist das 
Jugendkleid vom Alterskleid verschieden. 

Vogel im hohen Alter: Ober- und Hinterkopf mit weiss- 
wolligen Dunen bedeckt. Brustschild, Hosen und Unterleibs- 
federn weiss. Brust und Oberseite, Schwanz- und Schwungfedern, 
Flügeldeckfedern erster und dritter Ordnung dunkelschwarzbraun. 
Die inneren Armschwingen weiss, die äusseren aschgrau. Flügel- 
deckfedern zweiter Ordnung braun mit breitem weissen Rand 
geziert, Bürzel braun. Die unteren grossen Flügeldecken weiss, 
die übrigen braun. Schnabel kirschrot, an der Spitze hornfarben. 
Wachshaut an den Nasenlöchern und dem Schnabelwinkel hell- 
blau. Nachteile am Auge und Kehle hellviolett. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 139 


Vogel in medialem Stadium: Ober- und Hinterkopf mit 
gelblichweissen wolligen Dunen bedeckt. Brustschild, Hosen 
und Unterleibsfedern weiss. Brust und Oberseite, Schwanz- und 
Schwungfedern, Flügeldeckfedern erster und dritter Ordnung 
braun. Armschwingen braun, die äusseren mit aschgrauem Anflug. 
Flügeldeckfedern zweiter Ordnung braun mit breitem grauem 
Rand geziert. Bürzel braun, untere Flügeldeckfedern braun, 
untere grosse Reihe weiss. Wachshaut auf der Stirn zinkgrün, 
auf den Seiten und am Unterschnabel bläulichgrün. Iris kaffee- 
braun, Schnabel kirschrot, auf der First, nach der Basis zu grün- 
lich werdend. 

Vogel im Jugendkleid: Ober- und Hinterkopf mit braun- 
“ wolligen Dunen bedeckt. Der ganze Vogel einfarbig braun, 
mit Ausnahme der unteren grossen Reihe der Unterflügeldecken, 
welche weiss sind. Schnabel orange. 

; g ziemlich alt. Odamuda Arrussigallaland, 12. Jan. 1901: 
Flgl. 64,5, Schw. 31, Schn. 5,2 cm. 

© sehr alt. Ganda-Kore, Argobaland bei Harar, 19. Mai 
1900: Flgl. 64, Schw. 31, Schn. 5,2 cm. 

g mittelalt. Odamuda Arrussigallaland, 12. Januar 1901: 
-Flgl. 61,5, Schw. 28, Schn. 5 cm. 

g jung. Artu, Nord-Somaliland, 25. Febr. 1900: Flgl. 60, 
Schw. 28,5, Schn. 5,1 cm. 


Gyps fulvus fulvus (Gm.) 
[Hierzu Tatfel.] 


Gmelin S. N. I. 1788 p. 249 Vultur fulvus. 

Gray Gen. of B. I. 1844 p. 6 Gyps fulvus. 

Schlegel Mus. d’ hist. nat. des Pays Bas. 1862 p. 6 Vultur 
fulvus orientalis. [Susemihl Vög. Eur. 1839, 45 p. 12 11]. 

Verbreitungsgebiet: Süd-Ost-Europa, Ural [Kaukasus] 9 sehr 
alt, gesammelt von Dombrowski. Dobrudscha, Rumänien 10. 4. 02: 
Flgl. 71, Schwzl. 37,5, Schnabel v. d. Wachsh. 5,2 cm, Halskragen 
weiss, Gesamtgefieder gelbbraun. 

Einzelne Federn mit helleren Mittelstreifen mit starkem 
Grau untermischt, welches zumal auf den Schultern, Flügeln und 
Rücken zu Tage tritt. Bürzelfedern mit weissem Mittelstreifen, 
weiss gerändert. Brustschild entsprechend der Unterseite grau- 
braun. Schnabel hornbraun, Oberteil gelbbraun, (hellster Schnabel 
der Suite.) 

© sehr alt. Samml. Dombrowski. Dobrudscha, Rumänien 
9. 5. 02: Flgl. 69, Schwanzl. 38, Schnabel v. d. Wachsh. 5,2 cm. 
Halskragen gelblich weiss, am Halsansatz sind die Federn noch 
mit gelbbraunem Anflug behaftet. Gesamtgefieder gelbbraun mit 
starkem Grau untermischt, welches zumal auf den Schultern, 
Flügeln und Rücken zu Tag tritt. Einzelne Federn mit helleren 
Mittelstreifen. Bürzelfedern mit weissem Mittelstreifen weiss ge- 


10* 


140 C. v. Erlanger: 


rändert. Brustschild braun entsprechend der Unterseite. Schnabel 
hornbraun, oberer Teil gelbbraun. 

© Samml. Santarius. Herzegovina 22. XII. 97: Flgl. 70, 
Schwanzl. 35, Schnabel v. d. Wachsh. 5,2 cm. Halskragen gelblich 
weiss. Gesamtgefieder braun. Einzelne Federn mit hellerenMittel- 
streifen. Auf Flügeln und Schultern beginnt der graue Anflug 
des älteren Vogels, jedoch dringt das Grau noch nicht so stark 
hervor wie bei dem vorigen Exemplar. Auf dem Rücken dagegen 
ist der Vogel vorgeschrittener als Ersterer. Brustschild braun 
entsprechend der Unterseite. Schnabel hornbraun. Schnabelfirst 
gelbbraun. 

° alt, anscheinend etwas jünger als vorheriges Exemplar. 
Samml. Dombrowski. Dobrudscha, Rumänien 1. 5. 02: Flgl. 70, 
Schwanzl. 37, Schnabel v. d. Wachsh. 5 cm. Während Rücken 
und Schulterfedern bei diesem @ entschieden heller gefärbt und 
mehr in’s Graue übergehen, als bei vorigem Exemplar, ist der 
Bürzel und Halskragen weniger vorgeschritten d. h. also Bürzel- 
federn braun mit helleren Längsstreifen, nicht schon mit gelben 
Mittelstreifen, gelb umrändert. Halskragenfedern hellgelbbraun. 
Brustschild braun entsprechend der Unterseite. Schnabel horn- 
braun, auf First heller. 

& Samml. Santarius. Herzegovina 4. III. 98: Flgl. 70, 
Schwanzl. 35,5, Schnabel v. d. Wachsh. 5,5 cm. Färbung und 
Altersstadium wie bei vorigem ©. Halskragen gelblich weiss. 
Brustschild braun entsprechend der Unterseite. Schnabel horn- 
braun. 

g Samnil. Santarius. Herzegovina 26. X. 98: Flgl. 69, 
Schwanzl. 35, Schnabel v. d. Wachsh. 5 cm. Halskragen gelblich 
weiss. Gesamtgefieder braun. Einzelne Federn mit helleren 
Mittelstreifen. Auf Flügeln und Schultern fängt der graue Anflug 
an durchzudringen. Bürzelfedern mit helleren Mittelstreifen braun. 
Brustschild dunkelbraun entsprechend der braunen Unterseite. 
Schnabel hornbraun. 

& Samml. Dombrowski. Dobrudscha, Rumänien 1. 5. 02: 
Flgl. 71,5, Schwanzl. 39,5, Schnabel v. d. Wachsh. 5,1 cm. Hals- 
kragen gelbbraun, Gesamtgefieder braun, einzelne Federn mit 
helleren Mittelstreifen und gleichfarbigen Bürzelfedern. Brust- 
schild braun entsprechend der Färbung der Unterseite. Schnabel 
hornbraun, auf First heller. 

Q Samml. Dombrowski. Dobrudscha, Rumänien 3. 4. 02: 
Flgl. 70, Schwanzl. 37,5, Schnabel v. d. Wachsh. 5,2 cm. Hals- 
kragen hellbraun. Gesamtgefieder braun, einzelne Federn mit 
helleren Mittelstreifen. Unterseite mit rötlichbraunem Anflug 
behaftet. Bürzelfedern entsprechend der Gesamtfärbung. Brust- 
schild rotbraun, entsprechend Färbung der Unterseite des Vogels. 
Schnabel hornbraun. 

9 jung. Samml. Dombrowski. Dobrudscha, Rumänien 1. 
5. 02: Flgl. 69, Schwanzl. 32,5, Schnabel v. d. Wachsh. 5,4 cm. 


(4 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 141 


Dieser Vogel noch im Jugendgefieder, von hellrötlichgelber Ge- 
samtfarbe; die einzelnen Federn mit scharfhervortretenden hel- 
leren Mittelstreifen. Zumal auf der Unterseite und dem Hals- 
kragen ist die Färbung mit rötlichgelbem Anflug behaftet. Bürzel 
geiblichweiss, noch mit starkem Flaumgefieder. Brustschild ent- 
sprechend der Unterseite des Vogels. Auf der Oberseite, Rücken 
und Schulterfedern, zeigen sich zwischen den verschlissenen hellen 
Federn des Jugendkleides die neu vermausserten braunen Federn 
des medialen Stadiums. Schnabel hornbraun, auf First heller. 

Ferner liegt mir noch ein weiteres Exemplar aus dem Berliner 
Mus. leg. Ebras, Kaukasus. & ad. Dasselbe bildet infolge seiner 
grossen Masse entschieden einen Übergang zu „himalayenis“. 
Dennoch sehe ich mich veranlasst, es noch zu dieser Form zu 
stellen, da es mir vorerst an genügendem Vergleichsmaterial fehlt. 

d alt. Kaukasus. Samml. Ebras Berl. Mus. N. 2200: Flgl. 73, 
Schwanzl. 39, Schnabel v. d. Wachsh. 5,4 cm. 

Nunmehr komme ich zu folgender Schlussfolgerung: 

Gyps fulvus fulvus (Gm.), 

Gygps fulvus occidentalis (Schlegel), 

Gyps fulvus rüppelli (Bp.), 

Gyps fulvus kolbei (Daud.), 

Gyps fulvus himalayenis (Temm) 
gehören ein und demselben Formenkreis an. 

Nach Vergleich der verschiedenen Färbungen ergeben sich 
klar bei grösseren Reihen die Alterskleider, die natürlich auch 
einer individuellen Variation unterworfen sind. Ferner die stän- 
digen Merkmale, die die verschiedenen zoogeographischen Formen 
haben. Den Untersuchungen A. Brehm’s (Naumannia 1852 Heft 
III. p. 40) betreffend den Halskragen der Gyps-Arten, worin Ver- 
fasser die dunenartige Halskrause für ein Zeichen des Alters, 
die aus schiwalen langen Federn gebildete, als Zeichen geringeren 
Alters erklärt, muss ich mich entschieden anschliessen, da es mit 
meinen Untersuchungen völlig übereinstimmt. Aus der mir vor- 
liegenden grossen Reihe von Gyps fulvus fulvus ergibt sich, dass 
der ganz junge Vogel hellrötlichgelbes Gesamtgefieder, der ältere 
Vogel braunes und der ganz alte Vogel gelbbraunes Gefieder 
mit starkem grauen Anflug trägt. Ebenso verhält es sich bei 
- occidentalis und himalayenıs, nur dass diese entsprechend dem 
Alterskleid immer um eine Schattierung heller sind. Gyps fulvus 
kolbei wird im Alter bei weitem am hellsten. Gyps fulvus rüp- 
pelli ist ebenfalls dunkel in der Jugend, hell im Alter. 

Merkmale, welche die zoogeographischen Formen von ein- 
ander unterscheiden, sind: 

Gyps fulvus fulvus. Brustschild entsprechend der Unter- 
seite des Vogels. 

Gyps fulvus rüppelli. Brustschild immer dunkelbraun. 
Flügel überragen den Schwanz, während sie bei den anderen 
Arten kürzer oder gleich lang sind, 


142 C. v. Erlanger: 


Gyps fulvus himalayensis ist leicht an seinen grossem 
Massen zu erkennen. 

Gyps fulvus kolbei an seinem dunkelhornbraunem Schnabel. 

Schwieriger ist es mit Gyps fulvus occidentalis und fulvus 
Gm., die nur unterscheidbar sind, wenn man Reihen vor sich hat 
und die Herkunft kennt, dann wird man sofort den Farbenunter- 
schied innerhalb der gleichen Alterskleider beider Formen erkennen, 
sowie leicht ersehen, dass der Schnabel bei der Form occi- 
dentalis im allgemeinen heller ist. Aus den Massen kann ich 
folgende Schlussfolgerung ziehen: 


Gyps fulvus fulvus sind gleich gross Dt 68 — 71,5 cm 
Gyps fulvus occidentalis, und variieren +Schwzl. 32,5 — 39,5 „ 
Gyps fulvus kolbei folgendermassen |Schnabel DU — 5, 


Flgll. 61,5 — 68,5 cm 
Gyps fulvusrüppelli, kleiner, variiert zwisch. „Schwzl. 28 — 33 „ 
Schnab. 4,9 — 5,5 „ 
Flügel überragen zum Unterschiede der anderen Formen 
das Schwanzende. 
der Grösste (ass Bu: 76 cm 
Gyps fulvus himalayensis, seiner Gattung,) Schwzl. 42 — 45 cm 
variiert | Schnabel 5,5 cm. 
Die Kaukasusvögel stehen ihren Massen zufolge zwischen 
den Südeuropäischen- und Himalaya-Vögeln. 
Gyps fulvus fulvus (Gm.) Süd-Ost-Europa, Kaukasus, Ööst- 
lich bis Ural. 
Gyps fulvus occidentalis (Schleg.) Spanien, Nord-Afrika, 
Cypern, Ägypten. 
Gyps fulvus rüppelli (Bp.) Abessinien, Somaliland, Deutsch- 
und Britisch-Ost-Afrika [Natal?]. 
Gyps fulvus kolbei(Daud). Süd-Afrika, Damaraland[Sambesi?] 
Gyps fulvus himalayensis (Temm.) Himalaya, Turkestan. 


Gyps fulvus occidentalis (Schleg.) 


Schlegel, Rev. Crit. 1844 XII. Vultur fulvus occidentalis. 

Schlegel, Mus d’hist. nat. des Pays. Bas. 1862 II. p. 6. 
V. f. occidentalis. [Susemihl. Vög. Eur. 1839—45, p. 12. 11]. 

Heuglin, Ornith. N.-O.-Afrikas 1869 I, p. 3 (Synopsis) V. f. 
occidentalis. 

Sharpe, Brit. Catal. 1874, p. 6. Gyps hispaniolensis Sharpe. 

Heuglin, Reise in N.-O.-Afrika (Vögel) 1877 I, p. 145. 
Vultur (Gy»s) fulvus (L.) 

Salvadori, Mus. Civ. di Genova 1884, p. 34. Gyps fulvus. 

Reichenow, Die Vögel Afrikas 1900—01 I, p. 515. @. fulvus. 

Von dieser zoogeographischen Form des Gänsegeiers sind 
die Unterscheidungsmerkmale für die einzelnen Alterskleider die- 
selben wie bei voriger Art. Der Vogel unterscheidet sich von 
seinem östlichen Verwandten im Allgemeinen durch die hellere, 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 143 


fahlere Färbung, die je nach Abstufung sich bei den einzelnen 
Alterskleidern, verglichen mit gleichalterigen der typischen 
Form, drastisch zu Tage tritt. Die Schnäbel variieren ebenfalls 
in der Hornfarbe von dunkel zu hellhornfarben, jedoch ist der 
Vogel mit dunkelstem Schnabel von occidentalis ebenso hell wie 
der hellste mir vorliegende der Form fulvus. Verbreitungsgebiet: 
Spanien, Nord-Afrika, Cypern, Ägypten. 

Samml. Hemprich und Ehrenberg. Nubien [Berl. Mus. No. 
378]: Flel. 69, Schwzl. 34, Schnabel v. d. Wachsh. 5,1 cm. Dieses 
ist das älteste mir vorliegende Exemplar von Gyps fulvus occiden- 
talis. Gesamtgefieder braungelb, ins Graue übergehend. Hals- 
kragen weiss. Brustschild entsprechend der Unterseite graugelb. 
Die helleren Mittelstreifen der einzelnen Federn treten durch das 
helle Colorit kaum hervor, sodass der Vogel einfarbig erscheint. 
Schnabel hellhornfarben. 


Samml. Gr. v. Sack. Cypern [Berl. Mus. No. 380]: Flgl. 68, 
Schwzl. 34, Schnabel v. d. Wachsh. 5,3 em. Altes Exemplar in 
hellem Gefieder. Halskragen weiss. Schnabel hornfarben, Ober- 
schnabel heller als Unterschnabel. 


g ad, erh. durch Dr. Wolterstorff. Sardinien [Berl. Mus. 
No. 6801]: Flgl. 69, Schwzl. 36, Schnabel v. d. Wachsh. 5,5 cm. 
Halskragen weiss. Gesamtgefieder hellgelbbraun. Auf Schultern 
und Flügeln tritt deutlich der graue Schimmer des Alterskleides 
zu Tage. Merkwürdiger Weise ist bei diesem Exemplar, als ein- 
zigster aus der grossen Suite das Brustschild verhältnismässig 
dunkler als die übrige Unterseite. 


Q sehr alt. Samml. Spatz. Tunesien. 16. 4. 99: Flgl. 71, 
Schwzl. 33, Schnabel v. d. Wachsh. 5,3 cm. Halskragen weiss. 
Gesamtgefieder hellgeibbraun. Auch hier tritt der graue Schimmer 
des Alterskleides auf dem Gefieder zumal auf Flügeln und Schultern 
zu Tage, nur ist.bei dieser Form das Gelb des Gesamtgefieders 
hervortretender, während bei der vorhergehenden Form das Braun 
im Farbenton vorherrschend ist. Die einzelnen Federn mit hellem 
Mittelstreifen, die jedoch in Folge des Alters des Vogels fast ver- 
schwinden. Brustschild der Unterseite des Vogels entsprechend 
gefärbt, dunkelster Schnabel aus den mir vorliegenden Exemplaren. 


g ad. Samml. Spatz. Tunesien 29. III. 99. [kgl. Mus. f£. 
Naturk.]: Flgl. 69, Schwzl. 35, Schnabel v. d. Wachsh. 5,3 cm. 
Fast gleich gefärbt mit vorigem Exemplar, doch etwas dunkler, 
zumal auf dem Rücken hat das Gefieder teilweise noch die braunen 
Federn des jüngeren Stadiums. Schnabel hell hornfarben. 

g Samml. Spatz. Tunesien 16. 4. 99: Flgl. 71, Schwzl. 33,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. 5,3 cm. Dieses Exemplar hat noch mehr 
braune Federn des medialen Stadiums unter dem helleren Alters- 
gsefieder. Zumai auf dem Öberrücken sind noch soviel braune 
Federn vorhanden, dass dieser bräunlich erscheint. Halskragen 
weiss, während er bei gleichalterigem Exemplar der typischen Form 


144 C. v. Erlanger: 


noch mit bräunlichgelben Federn versehen ist. Schnabel hell- 
hornfarben. 

Oo, jüngstes, mir vorliegendes Exemplar. Samml. v. Erl. 
Tunesien 14. 5. 97: Flgl. 71, Schwzl. 34, Schnabel v. d. Wachsh. 
5,2 cm. Gesamtgefieder noch stark braunrötlich gelb. Halskragen 
gelb mit dunkleren Federn am oberen Ende. Am Oberrücken 
und Bürzel kommen schon die neuen dunkleren Federn des me- 
dialen Stadiums hervor. Brustschild entsprechend der Unterseite 
des Vogels. Schnabel hellhornfarben. 


Gyps fulvus rüppelli (Bp.) 
[Hierzu Tafel.] 


Cretzschm. (non Daud.) Atlas 1826. p. 47. T. 32. Vultur kolbei. 

Heuglin, Orn. N. O. Afr. I. 1869. p. 5. Vaultur rüppelli. 

Bonaparte, Rev. Mag. Zool. 1850. p. 477. Gyps rüppelli. 

Reichenow, Die Vögel Afrikas I. 1900—01. p. 518. Gyps 
rüppelli [hierselbst siehe weitere Literatur]. 

Blanford, Geology and Zoology of Abyssinia 1870. p. 285. 
Gyps rüppelli. 

Antinori und Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873. p. 
377. G. rüppellı. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884.p. 34. Gyps fulvus (Gm.). 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1888. p. 190. Gyps rüppelli. 

Salvadori, Bolletino Mus. Zool. Anat. Torino No. 287. 1897. 
Gyps rüppelli. 

Der Rüppelsgeier ist der Vertreter der beiden europäischen 
Gänsegeierarten in Nord-Ost und Ost-Afrika. Auf der Reise von 
Zeyla nach Djeldessa wurde dieser Geier öfters von mir be- 
obachtet und gesammelt. Zumal an den beiden Lagerplätzen 
Bir-Kaboba und Artu, woselbst die Karawane für mehrere Tage 
Standlager bezogen hatte, versammelten sich die Geier in grosser 
Anzahl. Auch im Arrussigallaland bei Ginir und Sheikhussain 
ferner bei Ssire auf dem Karawanenweg von Adis-abeba nach 
dem Arussi-Gallaland (Ginir) war der Rüppelsgeier eine häufige 
Erscheinung, überhaupt überall wo gelagert wurde, stellten sich 
alsbald auch die Geier ein. Unbekümmert um das Treiben im 
Lager sassen diese grossen Vögel im Verein mit Neophron und 
anderen tropischen Geierarten auf den Bäumen in nächster Nähe 
oder stritten sich um die Überreste eines von den Askari ge- 
schlachteten Stieres herum. Hierbei konnte man zumal in der 
Nähe des Lagers ruhig und ungedeckt bis auf 30 — 40 Schritt 
an die nichtsachtenden und nicht scheuen Vögel herangehen. 
Zumal bei Ssire sah ich eines Tages in der Nähe des Lagers 
eine Unmenge von Geiern meist Gyps fulvus rüppelli mit Pseu- 
dogyps africanus. 

Es war ein eigentümlicher Anblick, Trupps von 100 und 
mehr dieser grossen Vögel beim Herannahen an das in der Nähe 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 145 


des Lagers liegenden Aas einfach vor einem weglaufen zu sehen. 
Erst dann flogen die auf der Erde so schwerfälligen Vögel unter 
lautem Flügelschlagen auf, als ich mit Schroten auf 30 Schritt 
in den Haufen hineinschoss und auch mehrere erlegte, welche 
mir unter anderen nunmehr als Vergleichsmaterial vorliegen. 

Aus weiter Entfernung gleicht ein solcher auf der Erde 
laufender Geier durch seinen krummen Rücken und graue Färbung 
einer Hyäne, mit der er von mir einmal verwechselt wurde. 

Kaum hat man auf der Jagd eine Antilope erlegt, so kreisen 
schon eine Unmenge Geier hoch über einem, während man die- 
selbe abstreift. Oft fragte ich mich, wo die Vögel herkamen, denn 
vorher war auch nicht ein einziger Geier zu sehen. ÖOfters gingen 
die Geier auf nicht wehr als 30 — 40 Schritt neben mir und 
meinen Leuten nieder und äugten nach uns in der Hoffnung, 
dass wir bald die geschossene Antilope ihnen überliessen. Kaum 
hatten wir uns entfernt, als auch schon diese Besitz von ihrer Beute 
nahmen. Es war ein echtes Bild des Kampfes ums Dasein, 
welches sich vor unsern Augen abspielte. Alle Arten Geier und 
Raubadler stürzten sich auf die willkommene Beute und bissen 
sich um die Nahrung, wobei der stärkere den schwächeren zu 
vertreiben trachtete. Langsam und wegen seines grossen Schnabels, 
seines Erfolges sicher stolzierte der Marabu einher, und vertrieb für 
kurze Zeit die Geier, die aber dann in noch verstärkter Anzahl 
bald wieder Herr der Situation wurden. An einzelnen losgeris- 
senen Stücken sah man Neophron pileatus, percnopterus und 
Aquila rapax. Gewandten Fluges erhascht der Schmarotzermilan 
ein kleines Stück für sich und fliegt dem nächsten Baume zu, 
auf welchem eine Anzahl Raben sitzen, die geduldig abwarten, 
bis die anderen satt geworden, um dann für sich, was die stärkeren 
übrig gelassen, in Anspruch zu nehmen. 

Wie häufig ereignete sich für mich, dass ich eine angeschossene 
Antilope dadurch fand, dass ich in weiter Ferne Geier kreisen 
sah, dieser Stelle eilte ich dann mit meinen Leuten zu und fand 
richtig das verendete Stück Wild; aber auch für die Somali ist 
der Geier öfters ein nützlicher Wegweiser. Wo Geier kreisen, 
befindet man sich in der Nähe von Karawanenstrassen, mensch- 
lichen Behausungen, in welchen der verirrte Somali gleichen 
Stammes stets Unterkunft und Gastfreundschaft finden wird. 

Aus der mir vorliegenden Reihe aus dem kgl. Mus. für 
Naturk. und aus meiner Sammlung ergibt sich, dass der Vogel, 
je älter er ist, desto heller wird, d. h. die Marmorierung wird 
viel ausgeprägter, und die dunklen Federn heben sich von den 
schmutzig weissen stark ab. Der junge Vogel, bei dem auch der 
Halskragen bräunlich ist, erscheint mehr einfarbig, da sich die 
dunkle Marmorierung nicht so scharf von den übrigen bräunlichen 
Federn abhebt. Der ganz alte Vogel dagegen verliert einem von 
mir bei Sheikhussain (Arussigallaland) gesammelten Exemplar zu 
Folge die Marmorierung und wird völlig einfarbig hell braungelb, 


146 C. v. Erlanger: 


ähnelt also sehr, was Färbung und Befiederung anbelangt, den 
beiden vorher behandelten zoogeographischen Formen seiner 
Gruppe. Vielleicht könnte auch vorliegendes Exemplar ein Misch- 
exemplar zwischen Gyps fulwus occidentalis und Gyps fulvus 
rüppelli sein, doch möchte ich mich vorerst ersterer Anschauung 
anschliessen. Letzteres wäre ein drastischer Beweis für die Ver- 
wandtschaft der 3 Arten zu einander. 


Um sich einigermassen ein Bild von den auf den ersten 
Blick so unregelmässig variierenden Kleidern der Gyps-Arten zu 
machen, ist es nötig, dass ich auch die anderen zu dem Formen- 
kreis von Gyps fulvus gehörenden Arten behandele, und dann 
wird ersichtlich sein, dass die Variation keineswegs unregelmässig 
ist, sondern von bestimmten durch Alter und Heimat der 
Exemplare bedingten Gesetzen abhängt, indem man natürlich gleich- 
zeitig die jedem Tier eigene individuelle Variationsfähigkeit be- 
rücksichtigen muss. 

Ein gutes Merkmal zur Unterscheidung von Gyps fulvus 
rüppelliö von den beiden vorigen Fulwus-Arten ist, dass bei rüppelli 
das Brustschild immer dunkelbraun ist, sich also scharf von der 
Unterseite des Vogels abhebt, während bei den beiden anderen 
Arten das Colorit des Brustschildes mit der Gesamtfärbung der 
Unterseite des Vogels corespondiert. Schnabel immer horn-gelb. 
Flügel überragen stets das Schwanzende, während bei den anderen 
Arten dieser Gruppe der Schwanz die Flügel überragt. Auch 
in den Massen ist der Rüppelgeier bei weitem der kleinste seiner 
Gruppe, was aus der folgenden Tabelle ersichtlich ist. 

© sehr alt. Sheikh-Hussain, Arrussigallaland 28. Juni 00: 
Flgl. 68,5, Schwzl. 35, Schnabel v. d. Wachsh. 5,4 cm. Unterseite 
und Flügeldeckfedern einfarbig, blasssandfarben. Die dunkeln 
Flecken auf dem Gefieder, wodurch der Vogel ein marmoriertes 
Aussehen erhält, haben sich nur auf der Innenseite der Flügel 
und auf Rücken und Bürzel erhalten. Brustschild dunkelbraun. 
Schnabel hell hornfarben. Halskragen weiss und wollig. 


Abessinien. Samml. Hemprich und Ehrenberg. Berl. Mus. 
No. 377: Flgl. 65, Schwzl. 33, Schnabel v. d. Wachsh. 4,9 cm. 
Sehr altes Exemplar bei dem ebenfalls wie bei vorigem © die 
marmorierte Fleckenzeichnung abnimmt, an der Unterseite schon 
völlig verschwunden ist und das blasssandfarbene Alterskleid 
angenommen hat. Wolliger Halskragen weiss. Brustschild dunkel- 
braun. Schnabel hell hornfarben. 


Q alt. Nord-Somaliland, Bir Kaboba 18. 2. 00: Flgl. 67, 
Schwzl. 32, Schnabel v. d. Wachsh. 5,5 cm. Bei diesem 2 ist 
die marmorierte Fleckenzeichnung vorherrschend, welche auf dem 
Bürzel und Oberrücken mehr und mehr verschwindet, da sich 
hier noch die dunklen Federn häufen. Auf den Schultern da- 
segen nehmen die dunkelen Federn ab und beginnt der Vogel 
das blasssandfarbene Gewand anzulegen. Der wollige Halskragen 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 147 


schmutzig-weiss mit gelblichen Spitzen. Brustschild dunkelbraun. 
Schnabel hell hornfarben. 

© Nord-Somaliland, Bir Kaboba 17. II. 02: Flel. 64, Schwzl. 
28, Schnabel v. d. Wachsh. 5,3 cın. Färbung wie beim vorigen 
Exemplar, nur ist bei diesem Vogel der Beginn der blasssand- 
farbenen Coloritannahme auf der Unterseite noch vorgeschrittener. 
Wolliger Halskragen schmutzigweiss. Brustschild dunkelbraun. 
Schnabel hell hornfarben. 

Deutsch-Ost-Afrika. Samml. Schillings Mittlerer Rufu Berl. 
Mus. No. 34948: Flgl. 66, Schwzl. 33, Schnabel v. d. Wachsh. 
5,1 cm. Gesamt-Colorit braun, hell-sandfarben marmoriert, auf 
Rücken und Bürzel sind die braunen Federn des jüngeren Sta- 
diums noch so vorherrschend, dass der Vogel an diesen Stellen 
noch einfarbig braunes Oolorit trägt. Wolliger Halskragen schmut- 
zig-weiss. Brustschild dunkelbraun. Schnabel hell hornfarben. 

Nord-Abessinien. Samml. Schöller (Berl. Mus.): Flgl. 61,5, 
Schwzl. 29, Schnabel v. d. Wachsh. 4,7 cm. Völlig mit vorigem 
Vogel übereinstimmend. 

g iuv. Nord-Somaliland. Artu 26. II. 00: Flel. 67, Schwzl. 
3l, Schnabel v. d. Wachsh. 4,9 cm. Bei diesem Vogel herrscht 
das Braun des jungen Vogels auf der Oberseite noch vor. Unter- 
seite hellgelbbraun. Brustschild dunkelbraun. Schnabel hell horn- 
farben. Halskragen braun. 

Chartum. Samml. Brehm. Berl. Mus. No. 375: Flgl. 63, 
Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 5 cm. Noch jüngerer dunkeler 
Vogel mit dunkelbraunem Halskragen. Brustschild braun. Schnabel 
hell hornfarben. Aus diesen beiden jungen Vögeln ergibt sich, 
dass der Vogel in der Jugend braun, dann heller wird, nach der 
dritten Mauser die braune Fleckenzeichnung erhält, welche dann 
im hohen Alter wiederum verschwindet. 

Verbreitungsgebiet: Nord-Ost- und Ost-Afrika, Abessinien, 
Somaliland, Deutsch- und Britisch-Ost-Afrika. Soll südlich-Natal 
vorkommen. 


Gyps fulvus himalayensis (Temm.) 


Temminck, Pl. Col. 1. 1824. T. 22. Gray. Cat. (Acciptres), 
1844. p. 3. Vultur indieus. 

Hume, Rough Notes. I. 1869. p. 14. Gyps himalayensis. 

Von dieser zoogeographischen Form liegen mir 2 Exemplare 
des Kgl. Mus. f. Nat. gesammelt von Dr. Holderer vor. 

Verbreitungsgebiet dieser Form: Himalaya, Turkestan. 

Die Merkmale der Alterskleider sind dieselben wie bei Gyps 
fulwus typieus. Der Vogel im jungen Stadium braun. Halskragen 
braun, im Alter hell, Halskragen hell. Schnabel hell hornbraun. 

g ad. Himalaya. Samml. Holderer 18. VIII. 98: Flgl. 76, 
Schwzl. 42, Schnabel v. d. Wachsh. 5,5 cm. 

g iuv. Himalaya. Samml. Holderer 24. IX. 98: Flgl. 76, 
Schwzl, 45, Schnabel v. d. Wachsh. 5,5 cm. 


148 C. v. Erlanger: 


Gyps fulvus kolbei (Daud.) 


Levaillant, Ois d’Afr. I 1799. 28. T. 10 Le Chasse-fiente. 

Sundevall Krit., 1857. 24. Traite II. 1800. 15. Vultur kolbei. 

Reichenow, Die Vögel Afrikas. I. 1900-1901. p. 517. Gyps 
kolbe. [Siehe bierselbst weitere einschlägische Literatur.] 

Gyps fulvus kolbei, von welchem mir mehrere Exemplare 
des Berl. Mus. vorliegen, variiert in Bezug auf Alterskleid ebenso 
wie die anderen Formen der Gruppe „fulvus“ von dunkel zu 
hell. Diese Art wird entschieden am hellsten, fast völlig ein- 
farbig schmutzigweiss im hohen Alter mit silbergrauem Schimmer. 
Das Brustschild entspricht der Färbung der Unterseite, ebenso 
variiert der Halskragen je nach dem Alter mit dem übrigen Ge- 
wande von braun zu schmutzigweiss. Schnabel immer dunkel 
hornbraun. Verbreitungsgebiet: Südafrika nordwärts bei Damara- 
land, [Sambesi?]. 

Sehr alt. Kaffernland leg. Krebs. Berl. Mus. No. 379: 
Gesamtfärbung einfarbig schmutzigweiss mit silbergrauem Schim- 
mer. [Ich verweise auf die Tafel Brit. Cat. Bd. I. Taf. I. Gyps 
kolbei, auf welcher auch ein sehr alter Vogel dargestellt wird]. 
Flgl. 70, Schw. 36, Schnab. v. d. Wachsh. 5,2cm. Halskragen weiss, 
ebenfalls Brustschild gelblichweiss. Schnabel dunkelhornbraun. 

Alt. Kap. Berl. Mus. No. 16390. Jünger als voriges 
Exemplar, auf der Unterseite, wie zumal auf Rücken und Bürzel 
befinden sich braune Federn, welche den Vogel marmoriert er- 
scheinen lassen. Die Schulternfedern haben schon das einfarbig 
schmutzigweisse Gewand angenommen. Flügl. 68, Schwanz 36, 
Schnabel v. d. Wachsh. 5,5 em. Halskragen gelblich weiss, Brust- 
schild gelblich weiss mit etwas Braun. Schnabel dunkel hornbraun. 

Im mittleren Alter. Deutsch-Südwest Afrika. Berl. Mus. 
No. 1400: Flügl. 68, Schwanz 32, Schnabel v. d. Wachsh 5,2 em. 
Dieser Vogel, noch jünger als voriger, ähnelt durch seine mar- 
morierte Befiederung (braun auf hellem Grund) einem Exemplar 
der Form röppelli. Zumal auf Rücken und Bürzel hat sich die 
braune Färbung erhalten. Brustschild entsprechend mit braunen 
Längsstreifen versehen. Unterseite gelbbraun. Halskragen gelb- 
braun. Schnabel dunkeihornbraun. 


Pseudogyps. 
[Hierzu Tafel.] 


Pseudogyps Sharpe Ann. N. H. (4.) XI. pay. 133. (1873). 

Bei dieser Art will ich mich nur auf die afrikanischen Formen 
beschränken, da es mir an asiatischem Material mangelt. In der 
Literatur stimmen die Angaben der einzelnen Autoren auch durch- 
aus nicht überein. Die einen stellen die eine Art unter Gyps, 
die anderen wiederum unter Pseudogyps, ja nach eigenem Gut- 
dünken, ohne dass ich eigentlich ein System herausfinden könnte, 
wohl weil es mir an Vergleichsmaterial fehlt. Gyps indicus Scop. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 149 


z. B. ist im Brit. Catal als Gyps aufgeführt, nach der Tafel bei 
Gray und Hardw. Ill. Ind. Zool. 1. T. 15. sollte man glauben, 
man hätte es mit einem Pseudogyps zu tun. 

Im allgemeinen scheinen mir aber aus dem leider nur sehr 
geringen Vergleichsmaterial von indischen Geiern des kgl. Mus., 
ferner aus der Literatur im allgemeinen hervorzugehen, dass wir 
bei den indischen Vögeln Gyps indicus und tenwirosiris, ferner 
bei dem im Brit. Cat. unter Pseudogyps gestellten bengalensis.“ 
Merkmale finden, welche darauf schliessen lassen, dass wir es 
hier mit einem anderen Formenkreis von Gyps zu tun haben, 
auch wenn man die Anzahl der Schwanzfedern 12 oder 14 be- 
rücksichtigt und danach diese zu Gyps oder Pseudogyps stellt. 
Bei genauerer Betrachtung wird man herausfinden, dass sie zu 
keiner der beiden genannten Arten passen. Doch gehen wir nun 
zu den afrikanischen Pseudogyps-Arten über, deren Nomenelatur 
sich den Prioritätsgesetzen nach natürlich ändern würde, sobald 
die Frage der indischen Geier an genügendem Vergleichsmaterial 
gelöst worden ist. 

Bis jetzt war aus ganz Afrika nur eine, im Jahre 1865 von 
dem italienischen Forscher Salvadori entdeckt, oder richtiger ge- 
sagt, als neu erkannte Art unter dem Namen Gyps africanus 
aufgestellt worden. Gesammelt wurde der Vogel schon von Rüppel 
1845 und Brehm 1855. Nach Vergleich meiner in Nord-Ost-Afrika 
gesammelten Pseudogyps mit solchen aus Ost-, Süd- und West- 
Afrika ergab sich, dass diese keineswegs mit den meinigen über- 
einstimmen, auch untereinander je nach der Gegend, wo sie ge- 
sammelt, abändern, so dass ich genötigt bin, 3 verschiedene zoo- 
geographische Formen aufzustellen, jedoch genügt einstweilen das 
mir vorliegende Vergleichsmaterial noch nicht, zumal auch die 
Pseudopyps ebenso wie die Gyps-Arten je nach Alter ihre Fär- 
bung ändern, sodass nur an Hand von grossen Suiten irgend- 
welche feststehende statistische Angabe gemacht werden kann. 

Folgende Merkmale sind es, welche sofort erkennen lassen, 
dass man es mit einem Pseudogyps und nicht mit einem Gyps 
zu tun hat. 

1) Schnabel ist viel kleiner, variierend zwischen 4,5 — 4,7 cm, 
während er bei Gyps zwischen 4,9 — 5,5 cın variiert. 


2) Allgemeine geringere Grösse. 
3) 12 statt 14 Schwanzfedern. 


Pseudogyps africanus africanus (Salvadori). 


Rüppel, Syst. Übers. 1845, p. 9. Gyps bengalensis. 

Salvadori, Nat. Stor. R. Accad. Torin 7. Mai 1865, p. 133. 
Gyps africanus. 

Heuglin, Ornithologie N.-O.-Afrikas 1869 I. p. 6. Vultur leuco- 
notus africanus. Verbreitungsgebiet: Nord-Ost-Afrika (Abessinien, 
Somaliland, östlich bis zum Tana). 


150 C. v. Erlanger: 


Gesamtgefieder hellgelbbraun, mit starkem isabellfarbigem 
Anflug; je älter die Vögel werden, desto mehr nimmt die Isabell- 
farbe zu. Bei ganz alten Vögeln auf den Flügeln und Schultern 
schwacher silbergrauer Anflug. Brustschild bei alten Vögeln 
immer dunkelbraun, bei letzteren auch der Bürzel rein weiss. 
Bei jüngeren Vögeln, bei welchen der Bürzel noch nicht reinweiss 
ist, sondern mit braunen Federn untermischt, ist das Brustschild 
entsprechend heller braun. Das Gesamtgefieder, zumal auf Rücken, 
Flügeln und Schultern, weniger isabellfarben, sondern mehr röt- 
lichbraun, während die Isabellfarbe nur auf der Unterseite stark 
und intensiv hervortritt. In diesem Stadium und ebenso bei 
alten Vögeln Halskragen isabellfarben. Der junge Vogel ist 
braun, die einzelnen Federn mit rötlich isabellfarbenen Mittel- 
streifen versehen, welche zumal auf der Unterseite und den 
Flügeldeckfedern letztere Farbe vorherrschen lassen, während der 
Rücken mehr einfarbig braun ist. Ebenso sind die Bürzelfedern 
braun mit helleren Mittelstreifen. Brustschild der Unterseite des 
Vogels entsprechend gefärbt. Halskragen immer braun, die ein- 
zelnen Federn mit isabellfarbigen Mittelstreifen. Die inneren 
Unterflügeldecken sind beim alten Vogel weiss, die äusseren braun- 
rot, entsprechend dem Gesamtkolorit des Vogels, während bei 
jüngeren Exemplaren, bei welchen der Bürzel ebenfalls "noch 
nicht rein weiss ist, auch die inneren Unterflügeldeckfedern noch 
nicht rein weiss sind. An diesen weissen Unterflügeldeckfedern, 
welche sich scharf von den äusseren bräunlichen abheben, lässt 
sich auch in grosser Entfernung sofort der fliegende, Pseudogyps 
africanus von Gyps fulvus-Arten unterscheiden. Schnabel immer 
dunkelhornbraun. 


© sehr alt. Artu, Nord Somaliland 26. II. 1900: Flgl. 60, 
Schwz. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 4,7 cm. 

g sehr alt. Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 17. II. 1901: 
Flgl. 60, Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 4,5 cm. 

& sehr alt. Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 17. IL. 1901: 
Figl. 60, Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 4,7 cm. 

g alt. Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 25. I. 1901: 
Flel. 58, Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh, 4,7 cm. 

& alt. Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 16. II. 1901: 
Flgl. 60, Schwzl. 30, Schnabel v. d. Wachsh. #5 cm. 
© mitti. Direchebira, Arrussi-Gallaland 7. I. 1901: Flegl. 
Schwzl. 30, Schnabel v. d. Wachsh. 4,5 cm. 
Jung. Ira-Luku, Arrussi-Gallaland [Route Harar-Ginir] 21. 
6. 1900: Flgl. 58, Schwzl. 28,5, Schnabel v. d. Wachsh. 4,7 cm. 

g jung. Artu, Nord-Somaliland 26. 2. 1900: Flgl. 57, Schwzl. 
28, Schnabel v. d. Wachsh. 4,5 cm. 


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—ı ER 


57,5 


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Pseudogyps africanus schillingsi Erl. 
Böhm, Orn. Centralblatt 1882, 120. Gyps leuconotus africanus. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 151 


In dieser zoogeographischen Form tritt Pseudoyyps in 
Deutsch-Ost-Afrika auf. Nähere Angabe der Grenzen seines Ge- 
bietes vorerst unmöglich. Gesamtgefieder beim alten Vogel braun. 
Schultern und Flügeldeckfedern heller mit silbergrauem Schimmer. 
Unterseite des Vogels gelbbraun. Brustschild dunkelbraun. Hals- 
kragen entsprechend der Unterseite hellgelbbraun. Bürzel und 
innere Unterflügeldecken weiss. Ebenso wie bei der vorigen Art 
ändert das Kleid je nach Alter vom Jugend zum Altersstadium. 
Schnabel dunkelhornbraun. 

Ein Hauptmerkmal, was sofort bei vorliegender Reihe die 
aus dem deutsch-ostafrikanischen Gebiet herrührenden Geier von 
solchen aus Nordost-Afrika unterscheidbar macht, ist das Fehlen 
der Isabellfarbe, welche ein Charackteristicum der abessinischen 
und Somalivögel ist. 

Meiner Ansicht nach muss man den Grund, warum die Be- 
fiederung der deutsch-ostafrikanischen Pseudogyps von solchen 
aus N. O. Afrika abändert, darin suchen, dass die isabellfarbige 
Befiederung durch das Klima im trockenen, verhältnismässig 
wasserarmen und an Niederschlägen dürftigen Somaliland ent- 
standen ist, während im feuchten, an Niederschlägen und Vege- 
tation reichen deutsch- und Britisch-Ost-Afrika die isabellfarbige 
Befiederung sich verliert und zu einem braunen resp. rotbraunen 
Gewand abändert. 

Bestätigt wird die Richtigkeit dieser Annahme durch Vögel 
aus dem Nyassagebiet, welche noch dunkler sind und als einem 
anderen zoogeographischen Gebiet angehörend, indem diese Fär- 
bung konstant ist, ebenfalls eine Abtrennung erheischen. 

Typus. 9 Samml. v. Trotha 20. II. 96. Mkomasi Deutsch- 
Ost-Afrika Berl. Mus: Flügl. 58,5, Schwanzl. 30, Schnabel v. d. 
Wachsh. 4,7 cm. 

Samml. O. Neumann Herbst 92. Usambara, (Lewa) Deutsch- 
Öst-Afrika. Berl. Mus: Flügell. 60, Schwanz 27,5, Schnabel v.d. 
Wachsh. 4,6 cm. 


Pseudogyps africanus fülleborni Erl. 


Bocage, Ornithologie d’Angola 1881, p. 1. Taf. IX. Gyps 
africanus. 

Verbreitungsgebiet: Nyassagebiet(Rukwasee) Angola. Nähere 
Grenzangaben vorerst unmöglich. Gesamtbefiederung beim alten 
Vogel graubraun. Schultern und Flügeldeckfedern um eine 
Schattierung heller. Halskragen schmutzig weiss. Brustschild 
dunkelbraun. Bürzel und innere Flügeldeckfedern weiss. 

Typus. Alter Vogel. Samml. Fülleborn, Rukwasee 5. VII. 
1899. Berl. Mus.: Flgl. 61, Schwz. 30, Schnabel v. d. Wachsh. 
4,7 cm. 

Alter Vogel. Samml. Fülleborn, Rukwasee 1899. Berl. Mus.: 
Figl. 57, Schwz. 30, Schnabel v. d. Wachsh. 5 cm. 


152 C. v. Erlanger: 


Ein weiteres Exemplar des Berl. Mus. aus Angola ist eben- 
falls graubraun in seiner Gesamtfärbung. Der Vogel ist noch 
nicht ganz ausgefärbt, daher innere Unterflügeldecken und Bürzel 
noch nicht reinweiss. Halskragen schmutzig weiss. Brustschild 
entsprechend der Unterseite des Vogels graubraun. Ich ziehe 
dieses Exemplar noch zu den im Nyassagebiet gesammelten 
Pseudogyps. 

Q Humbe, Angola. Samml. Anchieta: Filgl. 60, Schwz. 30, 
Schnabel v. d. Wachsh. 4,7 cm. 


Pseudogyps africanus zechi Erl. 


[Bouvier, Catal. geogr. Ois. 1875.p.5. Pseudogyps africanus]. 

Reichenow, Journ. f. Orn. 1897. p. 9. FP. africanus. 

Verbreitungsgebiet: Togo, [Goldküste] Nähre Angaben über 
das Verbreitungsgebiet vorerst unmöglich. 

Gesamtgefieder beim alten Vogel grau mit graubraunem An- 
flug. Die helle graue Färbung tritt zumal auf den Flügeln und 
Schultern deutlich hervor, da bei den einzelnen Federn, welche 
am übrigen Körper nur durch einen hellgrauen Mittelstreifen ge- 
ziert sind, letzterer sich verwischt und die ganzen Federn die 
graue Färbung annehmen. Je älter der Vogel wird, desto inten- 
siver wird das Grau der Befiederung. Brustschild dunkelbraun, 
Bürzel und die inneren Unterflügeldeckfedern weiss. Halskragen 
weiss. Schnabel dunkel hornbraun. 

Typus: Alter Vogel. Samml. Graf Zech, 1. IX. 96. Kratchi 
(Togo): Flgl. 57, Schwzl. 30, Schnabel v. d. Wachsh. 4,6 cm. 

Alter Vogel. Samml. Graf Zech, 19. VI. 96. Kratchi (Togo): 
Flgl. 56, Schwzl. 29, Schnabel v. d. Wachsh. 4,6 cm. 


Neophron percnopterus (L.) 


Linne, S. N. X. 1758. p. 87. Vultur percnopterus. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas, 1869. p. 13. Neophron per- 
enopterus. 
Hinterland von Aden. 


J. W. Yerbury, Ibis 1886. p. 13. N. percnopterus. 
Barnes, Ibis 1893. p. 64. N. percnopterus. 
Yerbury, Ibis 1896. N. percnopterus. 


Abessinien. 


Blanford, Geology und Zoology of Abyssinia 1870. p. 287. 
N. percnopterus. 

Salvadori, Boll. Mus. Zool. M. Anat. comp. Torino 1897. p. 1. 
N. percnopterus. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888. p. 57. N. perenopterus. 

Reichenow, Vögel Afrikas. 1900—1901. I. p. 521. N. per- 
cnopterus, [siehe hier weitere Synonymie und Literatur]. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 153 


Verbreitungsgebiet: Nord-, Nord-Ost, Ost- und Süd-Afrika 
Süd-Europa, Mittelmeersubregion, Kleinasien, Arabien. Der Aas- 
geier ist in Nord-Ost-Afrika eine alltägliche Erscheinung. Über- 
all in der Nähe von Ansiedlungen und Städten ist auch er zu- 
hause. Ferner stellt er sich ebenfalls auch mit Sicherheit in 
der Nähe der Karawanenstrassen ein, zumal in der Nähe der 
Lagerplätze der Karawanen, wo sich naturgemäss für ihn reichliche 
Nahrung findet. Meinen Erfahrungen nach zieht der widerliche 
Vogel Exkremente von Menschen anderem Aas vor, wenigstens 
hatte ich häufig Gelegenheit, den Vogel hierbei zu beobachten. 
Natürlich wurde auch von diesem Geier eine grössere Suite ge- 
sammelt und stellte sich heraus, dass zwischen den von mir auf 
meiner Expedition in Nord-Afrika im Jahre 1896/97 gesammelten 
Geiern und denen aus Somaliland, Abessinien und Gallaländern 
kein Unterschied vorhanden ist. Die @9 sind im allgemeinen 
etwas stärker in den Massen als die $g, doch ist dieser Grössen- 
unterschied nicht konstant. 

Die ausgefärbten Exemplare des typischen Aasgeiers haben, 
den von mir gesammelten Exemplaren zu Folge, im Alter ihrer 
besten Kraft rostfarbenen Anflug, der zumal auf dem Rücken, 
dem Hals, der Brust und den lanzettförmigen Genickfedern her- 
vortritt. In Nord-Afrika entsinne ich mich niemals Exemplare 
mit rostfarbenem Anflug auf dem Gefieder gesehen zu haben. 
Auch in der mir vorliegenden Suite aus den Atlasländern be- 
findet sich kein derartig gefärbter Vogel. 

Das Jugendkleid des Aasgeiers ist braun, die helle Befiederung 
des Alterskleids tritt zuerst auf Bürzel, Rücken und Flügeldeck- 
federn hervor, von da dehnt sie sich beim noch älteren Vogel 
über die ganze Unterseite und die Genickfedern aus, bis der Vogel 
ein fast einfarbig schmutziggraues Gefieder erhält. Dann treten 
bei der nächsten Mauser die weissen Federn des Alterskleides 
hervor, sodass der Vogel wieder schattiert aussieht, Brust und 
Genickfedern mit rostfarbenem Anflug. Im Alterskleid, wie 
gesagt, hat dann das weisse Gefieder rostfarbenen Anflug, welcher 
im hohen Alter wieder verschwindet, und sieht dann der Vogel 
weiss aus mit schmutziggrauem Anflug. 

Das Dunenkleid ist weisswolligmit rostfarbenem Anflug, der zu- 
mal auf der Stirn, dem Hinterkopf und den Wangen stark hervortritt. 

Dunenjunge. Samml. Erlanger. Ain- Bou- Dries, Tunesien, 
28.5. 97. 

Iris beim jüngeren Vogel bräunlichgelb; die Nacktteile am 
Kopf und Hals zitronengelb, Füsse blassgelb. 

Iris beim alten Vogel blassgelb, braun melliert. Die Nackt- 
teile am Kopf und Hals zitronengelb, Füsse gelblichweiss. 

Aus der mir vorliegenden Reihe aus Nordost-Afrika gehen 
deutlich die Abstufungen und Übergänge vom weissen Alters- 
bis braunen Jugendkleid hervor. Folgende sind die Masse der 
einzelnen Vögel, dem Alter nach gemessen: 

Journ. f, Orn. LII, Jahrg. April 1904. 11 


154 C. v. Erlanger: 


Sehr altes $ 4. Schedama, [Route Abera-Ginir] 7. I. 01: 
Flgl. 47,5, Schwzl. 26, Schnabel v. d. Wachsh. 3,2 cm. 

Sehr altes $ 2. Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 
21. 11. 01: Figl. 50,5, Schwzl. 26,5, Schnabel v. d. Wachsh. 3,3 cm. 

Sehr altes @ 3. Fluss Daroli bei Ginir Arrussi- Gallaland 
15. II. 01: Flgl. 51,5, Schwzl. 29, Schnabel v. d. Wachsh. 3,3 cm. 

Altes ©. Ganda-Kore bei Harar (Argobaland) 22. X. 00: 
Flgl. 50, Schwzl. 28,7, Schnabel v. d. Wachsh. 3,3 cm. 

Altes @. Fluss Daroli bei Ginir Arrussi-Gallaland 31. 1. 01: 
Filgl. 50, Schwzl. 29,5, Schnabel v. d. Wachsh. 2,9 cm. 

Altes J. Artu, Nord-Somaliland 2. III. 00: Flgl. 48, 
Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 3,1 cm. 

Mittl. © 2. Fluss Daroli bei Ginir. Arrussi - Gallaland 
20. II. 01: Figl. 49,5, Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 3,1 cm. 

Mittl. g. Fluss Daroli bei Ginir Arrussi-Gallaland 20. II. 01: 
Flgl. 48,6, Schwzl. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 3,1 cm. 

Junges d. Schedama. [Route Abera-Ginir.] 7. II. O1: 
Flgl. 48, Schwzl. 26,6, Schnabel v. d. Wachsh. 2,9 cm. 

Junges $ 4. Odamuda Arrussigallaland. 12. I. 01: Flgl. 47,5, 
Schwzl. 27,5, Schnabel v. d. Wachsh. 3 cm. 


Neophron monachus (Temm.). 


Temminck, Pl. Col. T. 222. 1823. Cathartes monachus. 
Heuglin, Orn. Nord - Ost - Afrikas 1869 I. p. 15. Neophron 
pileatus. 
Abessinien. 


Blanford, Geology und Zoology of Abessinia 1870 p. 287. 
N. pileatus. ; 
Antinori, Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1873 p. 378. N. pvleatus. 
Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 35. N. monachus. 
Salvadori, Ann. Mus. Civ. Gen. 1888 p. 193. N. monachus. 
Reichenow, Vögel Afrikas 1900—1901. Bd. I. p. 522. 
N. monachus [siehe hierselbst weitere Literatur und Synonymie]. 
Verbreitungsgebiet: Das ganze tropische Afrika. 
Belegstücke für Abessinien, Somaliland und die Gallaländer 
liegen mir aus meiner Sammlung vor. Aus dem Berliner Museum 
für Deutsch - Ostafrika. Nyassagebiet, Togo. Auch dieser Geier 
ist in Nordost-Afrika, in Abessinien, den Somali- und -Galla- 
ländern eine häufige Erscheinung. in grossen Mengen zeigt er 
sich im Verein mit den anderen Arten seiner Gattung in der 
Nähe der Karawanenstrassen und Lagerplätzen bei Ansiedelungen 
und am Aas. Alters und Jugendkleid sind auch bei dieser Art 
verschieden. Während beim altem Vogel Hinterkopf und Nacken 
mit gelblichweissen, wolligen, weichen Dunen bedeckt und auch 
die Federn des Brustschildes entsprechend gefärbt sind, sind 
beim jungen Vogel die Dunenfedern des Hinterkopfs und Nackens 
braun und dementsprechend ebenfalls die Federn des Brust- 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 155 


schilds. Auch die Kehle und der Hals sind in diesem Alters- 
stadium spärlich mit wenigen braunen Federn bedeckt, während 
bei den alten Vögeln sowohl die Kehle als auch Hals nackt 
sind. Bei Vögeln in medialem Stadium ist Brustschild und die 
Dunenbefiederung am Hinterkopf und Nacken gelbbraun, je älter 
die Vögel werden, desto mehr verliert sich dann das Braun an 
diesen Stellen. 

Unter den Geschlechtern ist sowohl in der Befiederung als 
auch in der Grösse kein Unterschied. 

Die Schnäbel von der Spitze bis zum Beginn der Wachs- 
haut gemessen sind ebenso wie bei Neophron percnopterus indi- 
viduell gestaltet, teilweise wenig gebogen und entsprechend 
länger, teilweise mehr gebogen und kürzer. Iris bei alten Vögeln 
braun. Nacktteile der Kehle und Kopfseiten blassgrünlichblau- 
weiss, nach vorn zu blassrosa werdend. Füsse blassgrünlichgelb. 

Ich traf den afrikanischen Aasgeier sowohl im nördlichen 
Somaliland als auch bei Adis-abeba in einer Höhe von fast 
3000 m, in den Gallaländern und endlich an der ostafrikanischen 
Küste bei Kismayu. Überall steilte sich, nachdem das Lager be- 
zogen war, sofort auch dieser Geier ein, um in der Nähe des 
Lagers aufzubaumen und nach Nahrung auszuspähen. Oft konnte 
ich vom meinen Zelt aus 50 und mehr zählen, welche die 
nächsten Bäume besetzt hatten. 

Am 21. Febr. 1900 war ich so glücklich, in den Waldungen 
von Dambale bei Artu im nördlichen Somaliland einen Horst von 
Neophron monachus zu finden. Derselbe stand ungefähr 3 m 
über dem Erdboden auf der Krone eines mit Hangeeuphorbien 
bewachsenen Baumstumpfs; sodass das Hinaufsteigen nach dem 
Horst keineswegs eine leichte Aufgabe war. Zumal der milchige 
Saft, der aus den durch das Klettern abgebrochenen Euphorbien- 
stengeln hervorgequillt, für die Augen des Kletterers sehr ver- 
hängnisvoll werden kann. 

Dennoch gelang es einem der Somali, die bei mir waren 
den Horst zu ersteigen, und dieser zeigte mir freudestrahlend von oben 
ein reizendes Dunenjunge. Dass etwas sich im Horst befinden 
würde, davon war ich überzeugt; denn erstens strich einer der 
alten Vögel bei unserem Herannahen vom Horst, wodurch ich auf 
denselben aufmerksam gemacht wurde, zweitens kreisten die 
beiden Eltern während wir unter dem Horst standen, immer 
ängstlich gerade über der Niststätte und lugten dabei nach dem 
Horst herab. Das Dunenjunge, ungefähr 6—8 Tage ausgeschlüpft, 
ist graubraun gefärbt. Im Innern des aus Reisigen gebauten 
übelriechenden, schmutzigen Horstes, lagen alte Aasstücke, Reste 
einer verendeten Krähe, eine Springmaus, ferner lag im Innern 
der Nestmulde ein Stück alten Tuches. 

Masse einiger auf meiner Reise gesammelten Stücke: 

Altes $ 2. Artu, Nord-Somaliland 23. I. u Filgl. 49, 
Schwzl. 27, Schnabel v. d. Wachsh. 3,1 cm. 

11* 


156 C. v. Erlanger: 


Altes $2. Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 16. II. 01: 
Flgl. 51, Schwzl. 27, Schnabel v. d. Wachsh. 3,2 cm. 

Altes @. Soo madu Nord- Somaliland. 12. II. 00: Flgl. 50, 
Schwzl. 26, Schnabel v. d. Wachsh. 3,3 cm. 

Altes ©. Artu, Nord-Somaliland 23. II. 00: -Flgl. 51,5, 
Schwzl. 27, Schnabel v. d. Wachsh. 3,2 cm. 

Altes ©. Adis-abeba. Abessinien 11. IX. 00: Figi. 51, 
Schwzl. 27,5, Schnabel v. d. Wachsh. 3,4 cm. 

Altes@ 2. Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 20. II. O1: 
Flel. 50, Schwzl. 26,5, Schnabel v. d. Wachsh. 3,1 cm. 


Serpentarius serpentarius orientalis (Jul. Verreaux). 
[hierzu Tafel.] 


Jules Verreaux, Proc. zool. Soc. 1856 p. 348—352. sSerpen- 
tarius orientals. 

Miller, Various Subj. N. H. 1785. Tab. 18. Falco serpentarius. 

Heuglin, Orn. Nord-Öst-Afrikas I. 1869 p. 78. Gypogeranus 
serpentarius. 

Reichenow, Vögel Afrikas I p. 528. sSerpentarius serpen- 
tarıus. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie der ver- 
schiedenen zoogeogr. Arten.]. 


Abessinien. 

Blanford, Geology und Zoology of Abyssinia Aves 1870 
p. 247. Gypogeranus serpentarius. 

Antinori, Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 398. 
Serpentarius secretarius. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p. 205. 8. secretarius. 

Salvadori, Boll. Mus. Zool. anat. Torino 1897. No. 287. 
S. secretarius. 

Den Sekretär habe ich auf meiner ganzen Reise nur ein- 
mal zu Gesicht bekommen, ein Zeichen, dass in den von mir 
bereisten Gegenden dieser Raubvogel zu den Seltenheiten gehört, 
und zwar im Nord-Somaliland auf den kahlen Steppen bei Dadab. 
Längere Zeit verfolgte ich den flüchtigen Vogel, doch konnte ich 
niemals an den vor mir herlaufenden Raubvogel auf Büchsen- 
schuss herankommen. 

Einige Tage später, am 2. Februar 1900, wurde derselbe 
Vogel wiederum vom Lager aus beobachtet und von einem 
Somali der Karawane geschossen. 

g ad. Dadab 2. II. 00: Flgl. 61,5, Schwzl. 4,5 cm. Dem 
sehr abgestossenen Schwanz fehlten die beiden langen Federn. 

Ein noch etwas jüngeres Exemplar; [die grauen Federn auf 
Stirn, Kopfplatte und Nacken haben noch braunen Anflug] wurde 
während meines Aufenthaltes in Adis-abeba von einem dortigen 
Kolonisten erlegt und mir in liebenswürdigster Weise für meine 
Sammlung überlassen. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 157 


8 2. Managascha bei Adis-abeba Abessinien 22. Sept. 1900: 
Flgl. 59, Schnabel 4,5, Schwanz 65,5 cm. 

Nach Vergleich verschiedener Exemplare des hiesigen Mu- 
seums aus Süd- und Ost-Afrika mit meinen Vögeln ergibt sich, 
dass die beiden von mir gesammelten Vögel viel heller im 
Gesamtkolorit sind als Exemplare aus Ost-Afrika, gesammelt von: 
Fülleborn; ich greife daher auf die von Jules Verreaux schon 
richtig erkannte zoogeographische Form des Sekretärs zurück. 

Die hellere Färbung beschränkt sich nicht nur auf das 
Grau der Oberseite, das beim nordost-afrikanischen Vogel viel 
heller ist, sondern, zumal auf die Unterseite, welche beim ost- 
afrikanischen Vogel hellgrau, beim nordost-afrikanischen, der 
Form „orientalis“ angehörenden Sekretäre weiss mit gelblichem 
Anflug ist. -. 

Leider fehlt es mir an genügendem Vergleichsmaterial, um 
zu entscheiden, ob ein konstanter Färbungsunterschied zwischen 
kapländischen und ost- resp. central-afrikanischen Serpentarius 
nachzuweisen ist. 


Polyboroides typicus typicus (Smith). 


Smith, 8. Afr. J. I. 1830 p. 107. Polyporoides typicus. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas I. p. 26. Polyboroides radiatus. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01 p. 531. P. iypicus. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Stor. 1884 p. 75; 1888 p. 204. 
P. typieus. 


Somaliland. 


Sharpe, Proc. zool. Soc. 1895 p. 504. FP. typveus. 

Vom Schlangensperber sind bis jetzt zwei geographische 
Formen bekannt und zwar: 

Polyboroides typicus typicus Smith, der das ganze tropische 
Afrika bewohnt. 

Polyboroides typicus radiatus Hartl. Verz. Hamb. 1850 p. 15. 
Madagaskar. 

Polyboroides typicus typicus variiert sehr in den verschiedenen 
Alterskleidern. 

Beim alten Vogel ist das Gesamtgefieder grau, Unterkörper, 
Unterflügeldecken, Achselfedern und Unterschwanzdecken schwarz 
und weiss quergebändert; vordere Handschwingen schwarz, an 
der Wurzel grau, schwarzgefleckt, am Innensaume weiss gewellt; 
die übrigen Schwingen grau mit schwarzem Ende. Frisch ge- 
mauserte Schwingen mit weissem Endsaum. Auf der Unterseite 
sind die Wurzelteile der Schwingen grau mit weissen Wellen- 
linien;;, Schulterfedern grau mit rundlichem, schwarzen Fleck 
gegen das Ende hin. Meistens sind auch die grossen, bisweilen 
sogar die mittleren Deckfedern mit solchem Fleck gezeichnet; 


158 C. v. Erlanger: 


Schwanzfedern schwarz mit weisser oder graulicher, schwarzbraun 
gefleckter Querbinde, welche auch in ihrer Breite individuel 
variiert, weisser Wurzel und weissem Endsaum. Oberschwanz- 
decken schwarz mit weissen Querbinden (Reichenow). Wachshaut 
rosa. Nacktteile am Kopf und den Füssen orange. Schnabel 
schwarz. Iris braun. 

Im höchsten Alter scheint der Vogel, nach zwei von Eggel 
in Bukoba am Victoria-Nyanca gesammelten Jg, die schwarz 
und weisse Querbänderung des Unterkörpers gegen eine einfarbig 
graue Befiederung einzutauschen, wenigstens halte ich vorerst 
diesen Unterschied nur als Altersunterschied event. individuelle 
Variation, denen alle Raubvogelarten ja mehr oder weniger 
unterworfen sind, nicht aber für eine weitere geographische Form. 
Auf alle Fälle haben wir es bei der einfarbig graugefärbten 
Unterseite nicht mit einem Geschlechtsunterschied zu tun, was 
als fraglich von Reichenow, Vögel Afrikas p. 531, angenommen 
wird. Leider reicht das, obwohl grosse, hier auf dem Museum 
befindliche Material nicht aus, um diese interessante Frage ent- 
gültig zu erledigen. Der Vogel im medialen Alterskleid unter- 
scheidet sich vom adulten Vogel durch die individuelle, teils 
dunkler, teils heller auftretende Befiederung an Kopf, Hals und 
Nacken, woselbst sich das Braun des Jugendkleides am längsten 
erhält. Die grauen Federn der Brust haben, je nachdem der 
Vogel älter oder jünger ist, mehr oder weniger ausgeprägte 
braune Endspitzen. Rücken und Öberflügel ebenfalls, je nach 
Alter, stärkeren oder schwächeren braunen Anflug. Die gebänderte 
Unterseite ist mit braunen Federn durchsetzt. Unterflügeldeck- 
federn braun. Wachshaut und Nacktteile am Kopf gelblich, nach 
dem Schnabel zu hellbleigrau. Füsse gelblich. Beim jungen 
Vogel ist das Gesamtgefieder braun, individuel heller oder dunkler. 
Während ältere Vögel mehr einfarbig sind, erscheint die Be- 
fiederung bei ganz jungen Vögeln mehr gefleckt durch die hellen 
Federwurzeln, die breiter sind und zumal auf der Unterseite des 
Vogels an Brust, Hals, Nacken und Kopf deutlich hervortreten. 
Schwanzfedern braun mit 4 schwarzbraunen Querbinden, am 
äussersten Ende gelblichbraun gesäumt. Bei einem von Böhm 
in Kakoma (Berl. Mus. No. 19617) gesammelten jungen braunen 
Vogel bricht die graue Befiederung schon durch, sodass der ganze 
Vogel einen graubraunen Schimmer erhält. 

Polyboroides typicus radıatus ist kleiner in seinen Massen 
und heller in seiner Färbung, was beim alten Vogel zumal auf 
der gebänderten Unterseite, den Unterflügeldecken und auf Hals 
und Brust deutlich zum Vorschein tritt. 


Masse von 4 auf meiner Expedition in Nord-Ost-Afrika 
sesammelten Exemplaren: 

© ad. Hanole, Süd-Somaliland, 29. Juni 1901: Flügell. 43, 
Schwanzl. 32, Schnabel 2,3 cm. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 159 


© ad. Hanole, Süd-Somaliland, 30. Juni 1901: Flügell. 43,5, 
Schwanzl. 31, Schnabel 2,5 cm. 

Q ad. (am Horst erlegt) Gigiro (Djam-Djam) Süd-Schoa, 
25. Dez. 1901: Flügell. 46, Schwanzl. 32,5, Schnabel 2,5 em. 

Q med. Adis-abeba, 6. Sept. 1900: Flügell. 43, Schwanzl. 33, 
Schnabel 2,5 cm. 

Nach Messung des ganzen mir vorliegenden Materials, leider 
kann ich die Geschlechter hierbei nicht trennen, da an den meisten 
Bälgen die Geschlechtsangabe fehlt, variieren die alten Exemplare 
von Polyboroides iypicus typicus folgendermassen: Flügell. 42—46, 
Schwanzl. 29—33, Schnabel 2,5—2,5 cm. 

Polyboroides typicus radiatus: Flügell. 37,5—39, Schwanzl. 
30—31,5, Schnabel 2,3—-2,5 cm. 

Diesem Vogel bin ich häufig nur im südlichen Somaliland 
auf der Strecke von Bardera bis einige Tagereisen von der 
Küste begegnet, hier aber konnten wir ihn täglich beobachten 
und leicht an seinem weihenähnlichen Flug erkennen. 

Eine interessante biologische Beobachtung konnten wir vom 
Lager bei Hanole aus machen. In der Nähe des Lagers stand 
eine hohe, abgestorbene Steinpalme, deren morscher Stamm völlig 
mit Engerlingen und Käfern, ferner von einer Menge von Geckos 
belebt war. Ein Schlangensperber kam an die Palme geflogen, 
hing sich ähnlich einem Mauersegler an den hohlen Palmstamm 
und streckte Kopf und Hals tief unter die morsche, teils los- 
hängende Palmrinde, um daselbst nach Nahrung zu suchen. 
Präparator Hilgert eilte, nachdem wir mehrere Minuten dem 
eigentümlichen Schauspiel zugesehen, aus dem Lager, um den 
Raubvogel zu erlegen und kam ohne Deckung an den an der 
freistehenden Palme hängenden Raubvogel heran, der sich um 
nichts kümmerte, sondern stets den Kopf verdeckt unter der 
Rinde hatte. 

Der Mageninhalt des erlegten Vogels, den wir durch Sektion 
feststellten, ergab Reste von Eidechsen und Engerlingen. 

Am 25. Dez. 1900 konnte ich bei Gigiro in Djam-Djam 
den Schlangensperber am Horst beobachten. Es waren einzelne 
grössere und kleinere, öfters wegen des vielen Unterwuchses und 
dornigen Unterholzes kaum passierbare Gehölze, mit uralten 
riesigen Bäumen, welche der Landschaft ihr Gepräge geben. 
Natürlich konzentrierte sich die Vogelwelt der hiesigen Gegend 
srösstenteils in diesen Wäldern, und meine Aufgabe bestand 
darin, diese ornithologisch gründlich abzusuchen. Auf einmal, 
ich hatte gerade unter hohen Bäumen mit meinen Leuten ein 
wenig geruht, beobachtete ich, wie ein Schlangensperber durch 
die Aste der hohen Bäume, nach Art unseres Hühnerhabichts, 
durchflog, griff natürlich zu spät nach meiner Flinte, sah dem 
Vogel nach und erblickte, wie er ganz dicht neben uns in einen 
Horst strich, der in der Gabel eines hohen Baumes stand. Den- 
selben zu erreichen, war unmöglich, als wir plötzlich Galla 


160 C. v. Erlanger: 


kommen hörten, welche nach Honig suchten und zu diesem Zweck 
ein Bastseil mit sich führten; nach Versprechung eines Stücks 
Tuchs, welches einer meiner Somali um den Kopf gebunden hatte, 
erkletterte einer der Gallajungen mit affenartiger Geschicklichkeit 
und mit Hülfe des Seils den Horst. Leider befanden sich noch 
keine Eier darin, jedoch war die Nestmulde mit frischen, grünen 
Zweigen ausgelegt. Nach kurzem Ansitz kam das @ wieder und 
wurde von mir beim Einstreichen in den Horst erlegt. Leider 
war es zu spät geworden, die Nacht drohte uns zu überfallen, 
auch wussten wir nicht, wo die Karawane das Lager aufschlagen 
würde, welche am frühen Morgen das alte Quartier verlassen 
hatte, und so konnte ich nicht noch das J erwarten. Es war 
zu gleicher Zeit das erste Mal, wo ich Polyboroides beobachtete, 
erst im Süd-Somaliland wurde die Art häufig. In Djam-Djam 
scheint demnach die Lege- und Brutzeit in den Januar zu fallen. 
Ein weiteres Exemplar wurde in der Nähe von Adis-abeba von 
einem dortigen französischen Kolonisten während meines Aufent- 
haltes erlegt und mir in liebenswürdiger Weise überlassen. Das 
Exemplar war ein nicht völlig ausgefärbtes @ und befanden sich 
ebenfalls Engerlinge in seinem Magen. 


Circus macrourus (Gm.). 


Gmelin, N. Comm. Petr. XV. 1771 p. 439. T. 8. Accipiter 
MAcrourus. 

Heuglin, N. O. Afrika I. 1869 p. 105. Circus swainsonüi. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—1901 p. 535. Circus 
macrourus. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie.] 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870 p. 301. CO. swainsonii. 

Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 599. 
C©. swainsoni. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 76; 1888 p. 205. 
©. swainsonii. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1889 p. 53. CO. swainsonü. 

Sharpe, Proc. Zooi. Soc. 1895 p. 505. C. macrourus. 

Salvadori, Boll. Mus. zool. Torino No. 287 Apr. 1897. 
C. swainsonü. 

Die Steppenweihe hält sich den ganzen Winter in Nordost- 
Afrika auf und bevorzugt Flussläufe, Steppenlandschaften, über- 
schwemmte Wiesen und überschwemmtes sumpfiges Gelände. 
Häufig traf ich sie aber auch, wenn sie des Abends niedrigen 
Fluges über die Saatfelder in der Nähe der Gallaansiedlungen 
einherstrich. Ein Exemplar wurde sogar in einer Höhe von 
2600 m circa bei Adis-abeba erlest, als sie auf der Suche nach 
Nahrung tief über eine Viehtrift herstrich. Die Steppenweihe 
scheint im allgemeinen häufiger aufzutreten als die Kornweihe, 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. „ıi61l 
wenigstens habe ich sie auf meiner Expedition viel öfter beobachtet 
und erlegt. 

Von dieser Art liegt eine Reihe von 8 Exemplaren vor: 


gd ad. Nord-Somaliland 15. Jan. 1900. 
g ad. Adis-abeba, Abessinien 20. Okt. 1900. 
g ad. Seengebiet 25. Nov. 1900. 
d ad. bei Adis-abeba 25. Okt. 1900. 
g ad. Burka, Abessinien 8. Okt. 1900. 


g ad. Cialanko, Abessinien 9. Okt. 1900. 
© juv. Ganda-Kore bei Harar 24. Nov. 1900. 
© iuv. Laku (Djam-Djam) 23. Jan. 1901. 
Der Haupt-Frühjahrszug dieser Art durch Abessinien, Galla 
und Somaliländer fällt in die Monate Januar, Februar. Der 
Haupt-Herbstzug in die Monate Oktober und November. 


Circus eyaneus (L.). 
Linne, S. N. XII. 1766 p. 126. Falco cyaneus. 
Heuglin, Orn. N. O. Afrikas I. 1869 p. 104. Circus cyaneus. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01 p. 537. C. cyaneus. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie.] 


Abessinien. 

Salvadori, Ann, Mus. Civ. 1888 p. 528. Circus cyaneus (Linn.). 

Salvadori, Boll. Mus. zool. Torino No. 287. Apr. 1897. 
©. cyaneus. 

Von dieser Weihenart wurden drei Exemplare gesammelt 
und zwar: 

© med. am Fluss Maki bei Adis-abeba am 8. Nov. 1900. 

Q juv. am Fluss Maki, Abessinien (Seengebiet) am 21. Nov.1900. 

© juv. Haramaya-See bei Harar am 17. März 1900. 

Diese Weihenart, welche in Nordost-Afrika Zugvogel ist, 
zieht nach Reichenow im Winter bis Nordindien und bis an die 
Grenzen des aethiopischen Gebiets in Nordost-Afrika. Heuglin 
traf sie im Winter ebenfalls in Abessinien und Kordofan. Rüppel 
in Arabien und Nubien. 


Melieras Gray. Singhabicht. 
[Hierzu Tafel.] 


Melierax Gray. List. Gen. B. I. 1840 p. 5. Typ. Falco 
canorus Rislach. 

Nach eingehender Betrachtung des reichen Materials, welches 
sich hier im Berliner Museum befindet, ferner der Ausbeute 
meiner Reise in Abessinien, Galla- und Somaliländer kam ich zu 
der Ansicht, die 4 bis jetzt bekannten Arten als geographische 
Formen einer Art anzusehen, zumal ich an Hand der mir vor- 
liegenden Bälge Übergänge zwischen den einzelnen Species 
herausgefunden habe. 


162 C. v. Erlanger: 


Zoogeographisch verteilen sich die Formen folgendermassen: 

1. Melierax canorus canorus (Risl.). Süd-Afrika. 

2. Melierax canorus poliopterus (Cab.). Somaliland von der 
Nordküste südlich bis Jrangi (Deutsch-Ostafrika). 

3. Melierax canorus metabates (Heugl.). Nordost-Afrika mit Aus- 
nahme des nordöstlichen Somalilandes. Sein Verbreitungs- 
gebiet endigt mit dem Auslauf der abyssinischen Gebirge in 
die Somalitiefländer, ferner Nordwest-Afrika. 

4. Melieraw canorus mechowi (Cab... Angola. Inneres von 
Deutsch - Ostafrika, nordwärts bis Scamuye, ostwärts bis 
Morogoro gefunden. 

Hauptunterscheidungsmerkmal für Melierax canorus canorus 
ad. ist die vor den anderen Arten bedeutendere Grösse. Wellen- 
zeichnung der Unterseite grau-weiss. Die weissen Wellen sehr 
breit, die grauen sehr schmal. Armschwingen weiss mit grauer 
Wellenzeichnung, welche im hohen Alter immer mehr verschwindet. 
Oberschwanzdecken weiss. Brust sehr hellgrau. Bei Melierax 
canorus poliopterus ad. ist die Wellenzeichnuug der Unterseite 
grau-weiss. Die weissen Wellen breiter als die grauen. Arm- 
schwingen einfarbig grau, am äusseren Ende weissgesäumt. Ober- 
schwanzdecken weiss. Brust sehr hellgrau. Bei Melierax canorus 
metabates : Wellenzeichnung der Unterseite dicht grau-weiss, die 
einzelnen grauen und weissen Wellen sehr schmal. Armschwingen 
grau mit weisser, sehr feiner Wellenzeichnung, sodass die Federn 
marmoriert erscheinen. Oberschwanzdecken grau und weiss gewellt. 
Brust grau, dunkler als bei voriger Art. 

Bei Melierax canorus mechowi ad. ist das Grau des gesamten 
Gefieders viel dunkler als bei den anderen Arten. Wellenzeichnung 
der Unterseite wie bei der Form ‚‚metabates“, nur die grauen 
Wellen dunkler. Armschwingen einfarbig grau auf der Innen- 
fahne, grau und weiss gewellt auf der Aussenfahne; Ober- 
schwanzdecken grau und weiss gewellt, die grauen Wellenlinien 
entsprechend der übrigen grauen Färbung des Vogels, ebenfalls 
dunkler als bei voriger Art. 

Ein am 3. Juli 1900 von mir bei Sheik-Hussein, Arrussi- 
Gallaland, erlegtes @ zeigt deutlich die Übergänge zwischen der 
Form „poliopterus‘‘ und ,‚metabates“. Es hat nämlich auf der 
Unterseite die grauweisse Wellenzeichnung, bei der die weissen 
Wellen breiter als die grauen sind, ferner die Armschwingen mit 
weissem Endsaum, Merkmale für die Form poliopterus, dagegen 
sind die Oberschwanzdecken grau und weiss gewellt. Die Flügel- 
decken und Oberarmschwingen, letztere nur vor der Spitze, mit 
ganz schwach angedeuteten weissen Wellenlinien, beides Merkmale 
für die Form ‚‚metabates“, ferner ist die Brust dunkler gefärbt 
als bei Exemplaren von Melierax poliopterus und entspricht das 
Grau dem von Melierax metabates. 

Das vorliegende Exemplar @ Melierax poliopterus metabates 
zeigt folgende Masse: Flügell. 33,9, Schwanzl. 27, Schnabel v. d. 


| 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 163 


Wachsh. 2,3 cm. Schwieriger sind die Jugendkleider der 4 zoo- 
geographischen Formen zu unterscheiden. Leider liegt mir von 
Melierax mechowi kein ganz junger Vogel vor, sondern nur ein 
Exemplar in medialem Stadium, jedoch ersehe ich daraus, dass 
junge Vögel der Form mechowi von solchen der Form metabates 
überhaupt nicht zu unterscheiden sind ohne Berücksichtigung des 
Fundorts, wodurch sich die Art auf zoogeographischem Wege 
identificieren lässt, es sei denn ein auf dem Zuge befindlicher 
Vogel, was dann nur mit Berücksichtigung der Zugverhältnisse 
konstatiert werden könnte, worüber unser Wissen bei tropisch 
afrikanischen Arten bis jetzt leider noch ein sehr ungenügendes 
ist. Wie bei unseren jungen Habichten, so ist auch bei den 
afrikanischen jungen Singhabichten die Charakterfarbe braun, 
graubraun, rotbraun einer individuellen Variation unterlegen, 
welche auch je nach Alter des einzelnen Exemplars variiert. 
Junge Vögel von Melierax canorus unterscheiden sich von 
den anderen durch ihre bedeutendere Grösse; ferner erscheinen 
die Teile der Unterseite, woselbst sich später die grauweisse 
Wellenzeichnung befindet, mehr braun und weiss gefleckt, was 
daraus entsteht, dass die breiten braunen Wellen längs des 
Federschaftes durch eine braune Längswelle geschnitten werden. 
Bei Melierax metabates sind die braunen Wellen der einzelnen 
Federn viel breiter und weniger zahlreich als bei „polopterus“. 
Der Federschaft selbst ist braun und werden die braunen Wellen 
häufig durch einen braunen Streifen, der längs des Schaftes her- 
läuft, geschnitten, während bei der Form „polopterus“ die braunen 
und weissen Wellen scharf getrennt sind, auch der Schaft ist, 
wenn er durch die weissen Wellen läuft, weiss, beim Durchqueren 
der braunen Wellen braun. Bei älteren Vögeln ist Iris und 
Wachshaut schwefelgelb, bei jüngeren blassgelb. Füsse orange, 
bei jüngeren Exemplaren blass grünlichgelb. Beifolgende Ab- 
bildung wird das Verständnis erleichtern, jedoch möchte ich davor 
warnen, ohne Fundortsangabe jüngere Vögel danach zu bestimmen. 


Melierax canorus mvetabates (Heugl.) 
[Hierzu Tafel]. 


Rüppel, Neue Wirbeltiere 1835 p. 36. Tab. 15. Falco (Nisus) 
polyzonus. 

Heuglin, Ibis 1861 p. 72. Melierax metabates. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01 I. p. 544. M. metabates. 


Abessinien. 
Blanford, Abyssinia 1870 p. 241. Melierax polyzonus. 
Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 ». 397. 
M. polyzonus. 
Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 73; 1888 p. 203. 
M. polyzonus. 
Giglioli, Ann, Mus. Civ. Genova 1888 p. 57. M. polyzonus. 


164 C. v. Erlanger: 


Salvadori, Boll.Mus. z00l.Torino N0.287 Apr.1897. M.polyzonus. 

Grant, lbis 1900 p. 319. M. polyzonus. 

In dieser zoogeographischen Form kommt der Singhabicht 
in Abessinien und den sich südlich, südöstlich und südwestlich 
daran anschliessenden Gallaländern vor. Östlich und südöstlich 
hört sein Verbreitungsgebiet mit den Ausläufern des abessinischen 
und südschoanischen Hochlands auf. Ich fand ihn im ganzen 
Seeengebiet, Vom Abayasee stammt das südlichste Exemplar, 
welches von mir gesammelt wurde. Von Hilgert wurde ein Exem- 
plar in der Hauaschebene erlegt. 

Heuglin fand ihn in Taku, Sennar, Kordofan, Bogos und am 
weissen und blauen Nil. Durch Hemprich und Ehrenberg ge- 
sammelt, befinden sich einige Exemplare hier auf dem Berliner 
Museum. Vorerst ziehe ich diese noch zur Form „metabates‘“, 
da es mir an genügendem Material fehlt. Ein Exemplar Berl. 
Mus. No. 17896 aus Arabien, bestimmt als Falco polyzonus Rüppell, 
ferner als Falco arabic«s |Musealnahme], bestimmt von Hempr. 
Ehren., zeigt deutlich breite weisse und graubraune Bänderung 
auf den Armschwingen, ferner haben dieses und 2 andere in Ara- 
bien gesammelte Exemplare die Armschwingen mehr oder weniger 
mit feiner weisser Wellenzeichnung versehen, Merkmale von meia- 
bates, dagegen zugleich auch weiss gesäumt wie bei poliopterus ; 
im übrigen aber völlig mit Melierax metabates übereinstimmend. 
Bei einem anderen Exemplar wiederum fehlen die weissen End- 
säume, so dass ich mich vorerst nicht entscheiden kann, die 
arabischen Vögel von der Form „Meiabates“ zu trennen, zumal 
die Etikettierung der mir vorliegenden arabischen Vögeln unge- 
nügend ist. Weitere Exemplare liegen vor aus Togo und Senegal. 

Auf meiner Reise durch Abessinien und die Gallaländer 
wurden 9 Exemplare von folgenden Fundorten gesammelt: 

g Ganda-kore vei Harar 22. Okt. 1900. 

g Abu-el-kater bei Harar 3. Mai 1900. 

9 Errer Thal bei Harar 11. Mai 1900. 

g Arba (Hauaschebene) 6. Juni 1900. 

? Guda (Seeengebiet) 1. Dezbr. 1900. 

Q Abaya-See (Seeengebiet) 31. Dezbr. 1900. 

© Erer-Thal bei Harar 11. Mai 1900. 

gg Iuv. Fluss Daroli bei Ginir (Arrussi- -Gallaland) 6. März 1901. 

Die vorliegenden $g variieren in ihren Massen: Flügell. 
30,5—81, Schwanzl. 22—24,5, Schnabel 1,9—2,1 cm. 

Die vorliegenden 88: Flügell. 31,7—32,7, Schwanzl. 23,4—26, 
Schnabel 2—2,1 cm. 


Melierasx canorus poliopterus Cab. 
[Hierzu Tafel.] 
Cabanis, Journ. f. Orn. 1868 p. 413. Melierax poliopterus. 


Neumann, Orn. Monatsberichte 1897 p. 192. M. nz 
somalvensis. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 165 


Reichenow, Vögel Afrikas 1900—1901. MM. poliopterus. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie|. 


Somaliland. 


Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894 p. 550. M. poliopterus. 

Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895 p. 506. M. poliopterus. 

Lort Phillips, Ibis 1898 p. 419. M. poliopterus. 

Diese Art fand ich weit verbreitet im nördlichen Somali- 
land, woselbst sie in den dichteren und vegetationsreicheren 
Akazienbeständen längs der periodischen Flussläufe als Brutvogel 
vorkommt. Am 16. Januar erlegte ich Dadab ein vom Nest ab- 
streichendes ©, dessen Ovarium sehr stark entwickelt war, bei 
der Sektion fand sich ein legreifes Ei in dem Vogel. Leider 
hatte er noch nicht gelegt. Der Horst, der der Grösse eines 
Rabenborstes gleichkommt, stand auf einer 2—3 m hohen Akazie, 
war aus dürren Akazienreisern erbaut, die Nestmulde aus dünneren 
Zweigen gearbeitet und mit einigen grünen Akazienblättern be- 
lest; ferner war dieselbe mit zwei kleinen alten blauen Lappen 
ausgelegt, welche aus dem Gewand einer Somalifrau stammten. 
Diese Art kam ferner häufig im Lande der Ala und Eniagalla 
auf dem Marsch von Harar nach Ginir zur Beobachtung, welches 
zoogeographisch noch zum Somaliland gehört. Mehrere im Süd- 
somaliland, z. B. bei Hanole, ferner auf dem Marsch durch das 
Land der Gurra von Ginir zum Ganale gesammelte Exemplare 
sehörten zur Art poliopterus. Von folgenden Fundorten der Reise 
befinden sich Exemplare in meiner Sammlung. Zeyla, Lasman, 
Warabot, Dadab, So-omadu |Route Zeyla-Djeldessa, Ganda-Kore, 
Hochebene Gabiba zwischen Harar und Gara-Mulata. Huluko, Garra- 
Dirrha] [Route Harar-Ginir] Gorobuba und Karayu im Gurra- 
Land. [Route Ginir-Ganale] Hanole Südsomaliland. [Route 
Umfudu-Gobwen.] 

Die Lege- und Brutzeit für das nördliche Somaliland fällt 
dem bei Dadab erlegten @ zu Folge in die zweite Hälfte Januar. 

Die 29 sind grösser als die Jg und variiren in folgender Weise: 

gg: Flel. 29,3 — 30,5, Schwzl. 22,5 — 24,5, Schnabel 1,9—2 cm. 

29: Flügell. 31 —32,5, Schwzl. 24,3— 27, Schnabel 2,1—2,2 cm. 

Melierax poliopterus somaliensis, der sich von Exemplaren 
aus Deutsch- und Englisch-Ostafrika durch die hellaschgraue 
Kopfplatte, die sich kaum oder gar nicht von der Färbung des 
Nackens abhebt, unterscheiden soll, ist nur ein Altersunterschied, 
da ich unter der grossen Suite von Somalivögeln, sowohl hell- 
köpfige alsauch dunkelköpfige habe, die sich keineswegs von deutsch- 
ost- oder englischostafrikanischen Vögeln unterscheiden lassen. 


Kaupifalco monogrammicus monogrammicus (Temm.). 
Temminck, Pl. Col. I. 1824. Tab. 314. Falco monogrammicus. 


Heuglin, Nord-Ost-Afrika 1864. I. p. 64. Astur mono- 
grammicus. 


166 C. v. Erlanger: 


Reichenow, Vögel Afrikas 1900—1901. I. pg. 547. Kaupi- 
falco monogrammicus. [Siehe hier weitere Literatur und Synoymie.] 

Dem Kehlstreifhabicht bin ich erst auf dem letzten Teil 
der Expedition begegnet und zwar im Süd -Somaliland auf dem 
Marsch längs des Unterlaufs des Ganale, woselbst er anscheinend 
häufiger vorkommt. Täglich kam diese Raubvogelart zur Beob- 
achtung und wurde auch in mehreren Exemplaren erlegt. Im 
allgemeinen ist er scheu und vorsichtig und bäumt mit Vorliebe 
auf freistehenden Bäumen oder am Rand von Vorhölzern auf, 
von wo er freie Übersicht auf das Gelände hat, jedoch wurde 
er auch in den dichten Uferwaldungen beobachtet, woselbst er 
sicher Brutvogel ist, da die Geschlechtsteile mehrerer Exemplare, 
welche erbeutet wurden, sehr entwickelt waren. Leider gelang 
es uns nicht, seinen Horst ausfindig zu machen. Die Brutzeit 
dieses Vogels fällt in hiesiger Gegend anscheinend in den Monat 
Juni, während sich von Baumann gesammelt, Togo Leglebi 19. IV. 
1894, drei fast flügge Nestjunge im Berl. Mus. befinden. Am 
häufigsten kam er auf der Strecke Umfudu - Gobwen vor. Ich 
entnehme meinem Tagebuch folgende Notiz: Bei Umfudu im 
dichten Uferwald erlegt. In der Ebene daselbst und in Vorhölzern 
nicht selten. Sein Benehmen erinnert sehr an den Wanderfalken, 
mit dem er im Flug sehr viel Ähnlichkeit hat. Charakteristisch 
für ihn ist der schnelle Flügelschlag. Aufgebaumt nimmt der 
Kehlstreifhabicht meist eine senkrechte Haltung an. Bevor er 
aufbaumt, glaubt man, er wolle sich unter dem Baum auf die 
Erde setzen, da plötzlich siebt man ihn kurz vor demselben 
senkrecht aufsteigen und im Wipfel des Baumes aufbaumen. 
Sehr scheu ist er in der Ebene, woselbst man nie näher als 60 m 
circa an ihn herankommen konnte. Im dichten Gehölz, in Ufer- 
wäldern am Ganale und an Sümpfen zeigte er sich weniger scheu. 
Sehr treffend sind die Beobachtungen Böhms. Siehe Vögel 
Deutsch-Ost-Afrikas von Reichenow 1894. pag. 87. 

Je älter der Vogel wird, desto heller und reiner grau wird 
er auf der Oberseite, während jüngere Vögel einen graubräunlichen 
Anflug haben, der zumal auch auf der einfarbigen grauen Brust, 
dem Nacken und den Backen hervortritt, auch die schwarzgraue 
und weisse Querbänderung auf der Unterseite hat bräunlichen 
Anflug. Die oberen Flügeldeckfedern haben beim Vogel im 
medialen Alterskleid hellbraune Endspitzen, wodurch der Vogel 
auf der Oberseite der Flügel schwach gebändert erscheint. 

Die @@ sind etwas grösser in den Massen als die gg. Sein 
Verbreitungsgebiet erstreckt sich nach Reichenow über das ganze 
tropische Afrika, mit Ausnahme des Südwestens, woselbst er durch 
den etwas grösseren mit breiterer und dunklerer Bänderung auf 
der Unterseite behafteten Kaupifalco monogrammicus meridionalis 
(Hartl.) vertreten wird. i 

g ad. Umfudu, Südsomaliland 18. Juni 1901: Flügell. 21, 
Schwanzl. 16, Schnabel 1,8 cm. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordotsafrikas. 167 


g ad. Hanole, Südsomaliland 30. Juni 1901: Flügell. 21,3, 
Schwanzl. 15,5, Schnabel 1,7 cm. 

g med. Hanole, Südsomaliland 1. Juli 1901: Flügell. 21, 
Schwanzl.. 14,5, Schnabel 1,8 cm. 

© ad. Hanole, Südsomaliland 2. Juli 1901: Flügell. 23,2, 
Schwanzl. 26,2, Schnabel 1,9 cm. 


Astur melanoleucus (A. Sm.). 


A. Smith, Orn. S. 1830 p. 229 T. 18 S. Afr. Accipiter 
melanoleucus. 

Heuglin, Orn. N.O. Afrikas 1869 I. p. 60. Astur melanoleucus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01 I. p. 551. A. melanoleucus. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 67; 1888 p. 201. 
Astur melanoleucus. 

Der Trauerhabicht ist noch wenig bekannt. Auf meiner 
Reise wurde er nur zweimal beobachtet und erlegt. Wie alle 
Habichte, lebt er versteckter wie andere Raubvögel im dichten 
Wald, und mag es daher kommen, dass man so wenig über seine 
Biologie weiss; auch in den Sammlungen ist er noch ein seltener 
Vogel. Man unterscheidet 2 Kleider bei dem alten ausgefärbten 
Vogel. Erstens das Kleid, in welchem der Habicht ganz schwarz 
auf Ober- und Unterseite ist mit nur völlig weisser oder weisser 
mit feinen Längsflecken gezeichneter Kehle. Bei einem mir vor- 
liegenden schwarzen Exemplar befindet sich auf der Brust an- 
gedeutet noch ein weisser Fleck, der dadurch entsteht, dass die 
Federn in ihrer oberen Hälfte weiss sind und sich gegenseitig 
nicht völlig überdecken. 

Aus den teils meiner Sammlung, teils dem königl. Museum 
angehörenden Exemplaren ergibt sich, dass sowohl 29 wie Jg 
im Alterskleid sowohl in dem ganz schwarzen Kleid vorkommen, 
als auch im Kleid mit weisser Unterseite. Leider sind nun 
unsere bivulogischen Beobachtungen und Kenntnisse noch so gering 
über diese Art, dass man nicht weiss, ob diese beiden Kleider 
dennoch Altersstufen sind, oder ob wir es mit 2 verschiedenen 
Phasen zu tun haben. Niemals wurden bis jetzt von einem 
Sammler zusammengehörige 9% erbeutet, wodurch nachgewiesen 
wurde, ob stets die schwarzen Vögel sich begatten oder die mit 
weisser Unterseite behafteten, oder ob beide sich begatten. Im 
ersteren Falle hätten wir es dann mit 2 Arten zu tun, im letzteren 
Falle entweder mit Altersunterschieden oder verschiedenen 
Färbungsphasen, wie z. B. bei unserm Bussard. Zu letzterer 
Ansicht möchte ich mich bekennen, da mir ein entschieden adulter 
Vogel des kgl. Museums vorliegt, leg. v. Zech. Ill. 99, bei Kratschi, 
Togoland, der auf der weissen Unterseite schwarz gefleckt ist und 
nur Kehle und untere Hälfte des Leibes rein weiss hat, also 


168 C. v. Erlanger: 


entschieden Nachkomme von 2 den verschiedenen Kleidern an- 
gehörenden Eltern ist. Auch dürfte der weisse Fleck auf der 
Brust eines sonst mit Ausnahme der weissen Kehle völlig schwarzen 
g meiner Sammlung, leg. Hilgert 3. Mai 1900 Abessinien [Gebirgs- 
route Harar-Adis-abeba], auf denselben Ursprung zurückzuführen 
sein. Im Jugendkleid ändert das Kleid wie bei unsern Habichten. 
Der Vogel ist oberseits braun, Federn hell umsäumt, auf der 
Unterseite je nach Alter heller oder dunkler braun und gelb mit 
grösseren und kleineren Schaftflecken. 

Folgende alte Exemplare liegen mir vor: 

Schwarze Phase. g ad. Dabaassa |Gebirgsroute Harar-Adis- 
'abeba] Samml. Hilgert 3. Mai 1900: Flügell. 28,5, Schwanzi. 23,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. 2 cm. 

© ad. Boschbergen Samml. Krebs Berl. Mus. No. 769: 
Flügell. 34, Schwanzl. 26,5, Schnabel v. d. Wachsh. 2,3 cm. 

Phase mit weisser Unterseite. $ ad. Burka [Gebirgsroute 
Harar-Adis-abeba] Samml. Hilgert 28. April 1900: Flügell. 29, 
Schwanzl. 24, Schnabel v. d. Wachsh. 1,9 cm. 

g ad. Kap d. g. Hoffnung Samml. Warwick: Flügell. 28,7 
Schwanzl. 23, Schnabel v. d. Wachsh. 2 cm. 

© Deutsch - Ostafrika Samml. Schillings: Flügell. 31,3, 
Schwanzl. 27,4, Schnabel v. d. Wachsh. 2,4 cm. 


Astur tachiro tachiro (Daud.). 


[Vielleicht auch Astur tachiro unduliventer (Rüppel)]. 

Daudin, Traite II. 1800 p. 90. Falco tachiro. 

Reichenow, Vögel Afrikas. I. 1900—01 p. 552, 553. Astur 
tachiro, Astur tachiro unduliventer. [Siehe hier weitere Literatur 
und Synonymie.] 

Abessinien. 

Blanford, Abyssinia 1870 p. 290. Nisus tachiro. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 70; 1888, 527, 
202. Scelospizias unduliventer. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p. 56. $. unduliventer. 

Diesem Habicht bin ich nur ein einziges Mal begegnet und 
zwar am 14. Juni 1901 bei Solole in Süd-Somaliland und zwar 
in den dichten fast undurchdringlichen Uferwaldungen des Ganale. 
Im dichten mit Unterholz, Schlingpflanzen unterwachsenen Ufer- 
wald, durch den ich mir mit Axt und Beil mit meinen Leuten 
den Weg schlug, flogen zwei jüngere Vögel dieser Art vor mir 
auf und bäumten an verschiedenen Stellen in der Nähe wieder 
auf. Nach kurzem Anschleichen hatte ich beide Vögel, ein g 
und © iuv. erlegt. Endschieden stand der Horst der nicht scheuen 
Vögel in der Nähe, doch war ein Auffinden desselben hier im 
dichten Gestrüpp eine Unmöglichkeit. Ich setzte mich an, um 
die alten Vögel zu erlegen, sah diese auch mehrmals in dichtem 
Gehölz vorbeistreichen, konnte aber nie zu Schuss kommen..Ein län- 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 169 


geres Ansitzen wurde mir durch die Unmassen von Mosquitos und 
einem beginnenden Fieberanfall unmöglich und so musste ich 
leider mein Vorhaben, auch die alten Vögel zu erlegen, aufgeben. 

An den jüngeren Vögeln ist es mir daher unmöglich zu be- 
stimmen, ob diese der zoogeographischen Form Zachiro oder undu- 
liventer Rüppel angehören. Ich ziehe sie vorerst zu „tachiro ,“ 
da in zoogeographischer Beziehung die Wahrscheinlichkeit mehr 
dafür spricht, dass es ostafrikanische Vögel sind. Jedoch können 
die Südsomalivögel auch noch zur nord-ost-afrikanischen Form 
gehören, eine Frage, welche für spätere Forschungen offen bleibt. 
Ich verweise auf die Abhandlungen von Reichenow über die 
Gruppe von Astur tachiro und seine Formen. Vögel Afrikas, 
Bd. I. p. 552—556. 

Die beiden von mir erlegten Exemplare $ und 2& iuv. 
stammen von Solole. Uferwald des Ganale [Route Bardera-Um- 
fudu] 14. Juni 01. Iris graugrün. Füsse und Wachshaut gelbgrün. 

g Flgl. 20,7, Schwz. 19,1, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm; 

Q Flgl. 24,3, Schwz. 22,6, Schnabel v. d. Wachsh. 1,9 cm. 


Astur badius sphenurus (Rüppell). 


Rüppell, N. W. 1335. p. 42, 44. Falco (Nisus) sphenurus. 

Heuglin, N. O. Afrika I. 1860 p. 70. Nisus badıus [non 
Gm.] Heuglin. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01 p. 557. Astur sphe- 
nurus. |Siehe hier weitere Literatur und Synonymie.] 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870 p. 294. Nisus sphenurus. 

Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 394. 
Micronisus sphenurus. 

Salvadori, Mus. Civ. Genova 1884 p. 72; 1888 p. 527 
Scelospizias sphenurus. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p. 57. Scelospieias 
sphenurus. 

Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895 p. 505. Asiur sphenurus. 


Astur badius sphenurus ist der Vertreter von Astur badius 
badius (Gm.) in Nord-Ost-Afrika. 

Folgende Arten sind aus dem Formenkreis von Asiur badius 
bekannt. 

1. Astur badius badius (Gm.) S. N. I. p. 280. (1788 ex 
Brown). Verbreitungsgebiet: Indien, Ceylon, westl. bis Afghanistan. 

2. Astur badius poliopsis (Hume) Stray Feathers 1874. 
Verbreitungsgebiet: Burmah, Tenasserim, Siam, Formosa, Hainan. 

3. Astur badıus brevipes (Severtz.) Bull. Soc. Imp. Nat. 
Moskau XXXIH. p. 234. Verbreitungsgebiet: Zentral-Russland, 
Türkei, Klein-Asien, Griechenland, Persien. 

Journ, f. Orn, LI, Jahrg. April 1904. 12 


170 C. v. Erlanger: 


4. Astur badius sphenurus (Rüpp.) N. W. 1335. p. 42—44. 
Verbreitungsgebiet: Nord-ost- und Nord-west-Afrika. 

5. Astur badius polyzonoides (A. Sm.) II. S.-Afr. 1838. 
Taf. 11. Verbreitungsgebiet: Ost- und Südafrika. 

Astur badius sphenurus ist Vogel des Tieflands und fehlt 
dem abyssinischen Hochgebirge. Ich beobachtete und sammelte 
diese Art häufig im Süd-Somaliland, den nördlichen Galla- 
ländern, Hauaschgebiet (Hilgert). Die ausgedehnten Akazien- 
waldungen sind seine Heimat. Zur Horstanlage bevorzugt er und 
sucht sich stets ältere grosse Schirmakazien aus. Am 30. April 
1901 fand ich bei Dolo am Einfluss des Daua in den Ganale den 
Horst dieses Sperbers, entnahm ihm ein fast flügges Junge und 
erlegte das $ am Horstbaum. Der Horst stand auf einer Stein- 
akazie gut im dichtesten Gezweig versteckt, sodass er nur schwer 
sichtbar und aufzufinden war. 

Die braun und weisse Querhänderung ist bei den alten Q9 
viel marquanter als bei den gg, bei welchen die Strichelung zumal 
nach der Brust zu verwaschen erscheint. Auch sind bei den 2@ 
die braunen Bänder im allgemeinen dunkler als bei den gd. 

Bei alten Vögeln ist die Iris korallrot. Füsse und Wachshaut 
zitronengelb ; bei Vögeln im Jugendkleid Iris gelb. Wachshaut 
und Füsse blassgelb. 

Vögel im Jugendkleid der Art „polyzonovdes‘ und „sphenurus“ 
sind nur auf zoogeographischem Weg zu unterscheiden. 

Exemplare von der Expedition liegen aus folgenden Fund- 
orten vor: 


g ad. Ruffo (Ennia-Gallaland) [Route Harar-Ginir] 31. Mai 00. 

g ad. Dolo (Fluss Daua) Süd-Somaliland. 30. Apr. 01. 

g ad. Djido (Garre-Livin) Süd-Somaliland. 13. Mai 01. 

g ad. Abrona (Garre-Livin) Süd-Somaliland. 23. Mai 01. 

© ad. Dadadschamalka (Hauaschgebiet) leg. Hilgert. 27. 
September 1900. 

© ad. Dolo (Fluss Daua) Süd-Somaliland. 30. Apr. 01. 

9 iuv. Djido (Garre-Livin) Süd-Somaliland. 13. Mai. 01. 

?. iuv. Dolo [dem Horst entnommen] Süd-Somaliland. 30. 
April 1901. 

In den Massen variieren die gg: Flgl. 17 — 17,8, Schwz. 

14,9 — 16,2, Schnabel v. d. Wachsh. 1 — 1,1 cm; die 99 


Flgl. 19 — 20,2, Schwz. 17 — 18,5, Schnabel v. d. Wachshaut 
1,2 — 15 cm. 


Accipiter nisus nisus (L.) 


Linne, S. N. ,X. 1758 p. 92. Falco nisus. 
Rüppell, S. Ub. 1845 p. 11. Neisus communis. 
Heuglin, N. O. Afrika I. 1869 p. 65. Nisus fringillarius. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 171 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p.68. Aceipiter nisus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01 I p.554. Accipiter nisus. 

Von europäischen Sperbern wurden auf meiner Reise 2 
Exemplare erlegt und zwar am 1. Okt. 1900 und 16. Nov. 1900. 
Der Sperber ist Wintergast in Nord-Ost-Afrika, was ja schon 
Heuglin beobachtet hat. Rüppell beobachtete ihn zur Winterzeit 
bis Kordofan und Süd-Arabien Antinori in Schoa. 


9 ad. Womba am Sekuala Abessinien 16. November 1900: 
Figl. 23,6, Schwz. 20, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4 cm. 


© med. See-Hardin (Gebirgsroute Adis-abeba-Harar) Abes- 
sinien. Sammil. Hilgert 1. Okt. 00: Flgl. 23,7, Schwz. 18, Schnab. 
v. d. Wachsh. 1,4 cm. 


Aceipiter hilgerti Erl. nov. spec. 
[hierzu Tafel]. 


Diagnosis: Gesamtgefieder schwarzbraun, Oberkopf, Nacken, 
Backen und Hals mit grauem Anflug. Handschwingen mit schwarz- 
braunen Querbinden. Am Wurzelteil sind die Innenfahnen, sowohl 
der Handschwingen als auch Armschwingen weiss, dunkelbraun 
gebändert. Schwanzfedern schwarzbraun, hellbraun gebändert, 
auf der Unterseite mit weissen Querbinden. Schnabel schwarz. 
Iris karminrot. Füsse gelb-braun. 

Verbreitungsgebiet: Arussigallaland, N.-O.-Afrika. Nähere 
Angaben unmöglich, da vorerst nur in einem Exemplar gesammelt 
und bekannt. 

Dieser echte Sperber wurde auf meiner Expedition nur ein- 
mal beobachtet und erlegt und zwar von Hilgert am 18. Febr. 1902. 

Hilgert zu Ehren, der mich schon auf 2 Expeditionen als 
Praeparator begleitet hat und dem ich durch sein eifriges Sammeln 
und rastlosen Fleiss während der Reise mein grosses Material 
verdanke, welches mir sowohl von dieser in Nord-Ost-Afrika, als 
auch von meiner vorigen in Nord-Afrika unternommenen Expedition 
vorliegt, nenne ich diese neue und bis jetzt unbekannte Sperberart 
Accipiter hilgerti. 

Typus: © (2) Fluss Daroli, Arussi-Gallaland, 18. Febr. 1901 
Flgl. 25,3, Schwz. 20,4, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4 cm. 

Das anscheinend zu diesem @ gehörige $ wurde an der- 
selben Stelle, woselbst das 2 erlegt wurde mehrmals von Hilgert 
beobachtet, zeigte sich aber derartig scheu, dass es leider nicht 
von ihm erlegt werden konnte. 

Die länglichen, nicht runden Nasenlöcher lassen sofort den 
echten Accipiter erkennen, ein genereller Unterschied von Micro- 
nisus, auch ist der Vogel so bedeutend grösser, dass eine Ver- 
wechselung mit Micronisus niger überhaupt unmöglich ist. 

12* 


172 C. v. Erlanger: 


Accipiter rufiventris perspicillaris Rüppell. 


Rüppell, Neue Wirbeltiere 1835 p. 41, Taf. 18, Fig. 2. Falco 
perspicillaris. R 

Rüppell, Syst. Übers. 1845, 11. Daedalion perspieillaris. 

Heuglin, Ibis 1861 p. 75. Accipiter perspicillaris. 

Heuglin, N.O. Afrika I. 1869 p. 66. Nisus rufiventris. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 69; 1888 p. 202. 
Accipiter rufiventris. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p.56. Accipiter rufientris. 


Nach Vergleich eines auf meiner Expedition in Nord-Ost- 
Afrika von Dr. Ellenbeck gesammelten Exemplars mit solchen 
aus Süd- und Westafrika, ferner mit Berücksichtigung der vor- 
liegenden Abbildungen und Literatur komme ich zur Ansicht, 
dass die Form „‚perspicillaris“ für nordostafrikanische Vögel auf- 
recht erhalten werden muss. Schon auf der Tafel in Rüppells 
„Neue Wirbeltiere‘“ ist die Unterseite viel dunkelrotbrauner ge- 
halten als beiden Tafeln Temmincks, Pl. Col. I. 496 nach einem 
Exemplar aus Süd-Afrika Kaffernland, ferner in Smith Zoology of 
S. Afrika. Taf. 93 mit Text. 

Heuglin bespricht in Orn. N.O.-Afrikas 1. 1869 p. 67 eben- 
falls die Unterseite mehrerer ihm vorliegender Exemplare, wobei 
er aber die oft verwaschenen, ziemlich breiten tropfenförmigen, weiss- 
lichen Querstreifen als Eigenheiten von südafrikanischen Vögeln 
gezeichnet, während er wiederum das g ad., abgebildet im Smith 
Zoology of S. Afrika, mit 2 von Rüppell in Tigre und Gondar 
besammelten Exemplare identificiert. 

Aus den mir vorliegenden Exemplaren geht deutlich/hervor, 
dass die einfarbige Unterseite das Alterskleid ist, bei dem dann 
die Oberseite des Vogels wie bei allen Sperbern auch einfarbig 
grau ist. Sobald die Unterseite, Tropfenzeichnung oder weissliche 
Querstreifung hat, ist die Oberseite braun, also jüngere Vögel. 

Es liegen mir sowohl aus Süd-Afrika, wie Nord-Ost-Afrika 
verschiedene Alterskleider vor, bei welchen dies deutlich hervor- 
geht, dass die nicht einfarbige Zeichnung nicht auf eine zoogeo- 
graphische Form, sondern lediglich auf Altersunterschied zurück- 
zuführen ist. Nicht so verhält es sich mit dem auf der Unter- 
seite einfarbig gefärbten Vogel. Der nord-ostafrikanische Vogel 
ist rotbraun, auf der Oberseite dunkler grau. Der südafrikanische 
Vogel hellrötlichbraun, auf der Oberseite hellgrau. 

Reichenow bespricht im Journ. f. Orn. 1891 p. 375. ein 
Exemplar ges. von Büttner bei Bismarckburg Togoland und indentifi- 
ziert es mit nord-ostafrikanischen Exemplaren. Der vorliegende 
Vogel ist noch nicht ausgefärbt, hat also keine einfarbige Unter- 
seite und braune Oberseite. In der Tat ist die Unterseite rot- 
braun wie bei dem auf meiner Expedition in N. O. Afrika erlegten 
Vogel. Auffallend ist die rötliche Färbung, auf der Stirn, im 
Nacken und den Schultern, sodass man es hier wahrscheinlich 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 173 


mit einer dritten zoogeographischen Form zu tun hat. Leider 
fehlt es mir an Material, um diese Frage entgültig zu lösen. 
Das mir aus meiner Sammlung vorliegende Exemplar aus Nord- 
Ost-Afrika trägt folgende Masse: 

den Massen nach g ad. leg. Dr. Ellenbeck. März 1901 auf 
Route. Fluss Mane-Goba. (südlich abyss. Gallaländer.): Flgl. 19,4, 
Schwzl. 16,2, Schnabel v. d. Wachsh. 1 cm. 

Von der südafrikanischen Art, Aceipiter rufiwveniris rufi- 
ventris A. Sm., liegen mir 2 Stück des Berl. Mus. vor, beide von 
Krebs gesammelt und zwar ein Exemplar im mittleren Alter am 
Vischrivier in Südafrika, das zweite, alte im Kaffernlande. 

Alteste Literatur Stelle, welche sich auf diese zoogeogra- 
phische Form bezieht: A. Smith, Orn. J. 1830 p. 231 Tafeln A. 
Smith, IIL. S. Afr. Tab. 93. Ein altes und 2 jüngere Exemplare. 
Ferner Temm. Pl. Col. I. Taf. 496. 

Das fragliche Stück aus Westafrika, Togo, Samml. Büttner 
ist am 10. IV. bei Bismarckburg gesammelt. & iuv. Berl. Mus. 
No. 28922. 

Leider wurde ausser dem von Dr. Ellenbeck gesammelten 
Exemplar kein weiteres erlegt oder beobachtet, sodass keine bio- 
logische Beobachtungen gemacht werden konnten. Entschieden 
ist die Art in den von mir bereisten Gegenden sehr selten; schon 
Heuglin bezeichnet ihn als selten für Abessinien. Dagegen scheint 
die südafrikanische Form in ihrem Verbreitungsgebiet häufiger 
aufzutreten. In Schoa wurde ausserdem Accipiter rufiventris per- 
spicillaris von Harris gesammelt. Vorerst ist es unmöglich, nähere 
Grenzen für das Verbreitungsgebiet der zwei resp. drei zoogeo- 
graphische Arten anzugeben. 


Accipiter minullus intermedius Erl. 


Heuglin, W. O. Afrika I. 1869 p. 69 [partim]. Nesus 
minullus Böhm O. C. 1882 p. 130. 

Heuglin, Ibis 1861 p. 75. Accipiter minullus. 

Shelley, Proc. zool. Soc. 1882 p. 305. A. minullus. 

Oustalet, Nat. 1893 p. 60. (Accipiter minullus.) 

Reichenow, Deutsch - Ost - Afrika 1894 p. 88 (partim); A. 
minullus. 

Neumann, Journ. f. Orn. 1899 p. 43 [partim]. A. minullus 
tropicalis. 

Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 69. Accipiter 
minullus. 

Diagnosis: Von !Accipiter minullus minullus durch die 
hellere Oberseite unterschieden. Während diese bei der typischen 
südafrikanischen Form schieferschwarz, dunkel mattschwarz ist, 
ist die Oberseite der Form „intermedius‘‘ schiefergrau. Die 
Backen noch heller. In den Massen und in der übrigen 


174 C. v. Erlanger: 


Befiederung unterscheiden sich die beiden zoogeographischen 
Formen nicht. 

Typus. @ am Horst erlegt. Abela Abessinien (Seeengebiet) 
11. Dezember 1900: Flügell. 16,3, Schwanzl. 14,2, Schnabel v. d. 
Wachsh. 1 cm. 

Irisfärbung bei alten Vögeln orange, Wachshaut und Füsse 
zitrongelb. Bei jüngeren Vögeln Iris und Wachshaut grünlich- 
gelb. Füsse citrongelb. 

Die Jugendkleider dieser Form und der typischen Levail- 
lant’schen Art aus Südafrika sind auf systematischem Weg nicht 
zu unterscheiden, und muss han nur eine sichere Bestimmung 
machen, wenn es auf zoogeographischem Weg möglich ist, d. h. 
die Fundortsangaben der einzelnen Exemplare sicher richtig sind. 

Von den afrikanischen Zwergsperbern wurden bis jetzt 2 
Arten unterschieden, nämlich die hellere Art, zu der insgesamt 
die in Ost-Afrika als Brutvögel vorkommende und die in den So- 
maliländern heimische Art gezogen wurde. Diagnosis Journ. f. Orn. 
1898 p. 138. Accipiter minullus tropicalis Rehw. ferner die dunklere 
Form aus Südafrika, der typische Accipiter minullus minullus. 
Leavillant. Orn. d’Afre. I. 1799 p. 92 Taf. 34. 


In Wirklichkeit aber müssen wir 3 zoogeographische Arten 
des afrikanischen Zwergsperbers unterscheiden. 


1. Accipiter minullus tropicalis Rchw. Somaliland, Witu südlich- 
Tanga (Deutsch-Ost-Afrika) (Oberseite sehr hell, schiefergrau). 


23. Accipiter minullus minullus (Daud.) Süd-Afrika, Kaffernland, 
nördlich- zum Nyassagebiet und Kuanga. 


3. Accipiter minullus intermedius Erl. (Oberseite dunkel matt- 
schwarz) Abessinien, Süd-Schoa. 


Gallaländer östlich und südöstlich bis zu den Gebirgsaus- 
läufern nach den Somalitiefländern, Seeengebiet (Süd-Schoa) 
Deutsch-Ostafrika, Vietoria-Nyansa. Tanganyika noch bis zum 
Nyassasee (Oberseite schiefergrau). Leider lassen sich bei den 
tropisch-afrikanischen Arten die näheren Grenzangaben ihres Ver- 
breitungsgebietes noch nicht fest bestimmen, da unser Wissen bis 
heute noch lange nicht erschöpft ist und wir uns in den meisten 
Fällen nur mit lückenweisem Wissen und Beobachtungen be- 
gnügen müssen. Anscheinend also folgt die Form „entermedius“ 
vonAbesssinien, die ganzen gebirgigen Gallaländer mit einschliessend 
dem Seeengebiet, während die Somaliländer westlich bis zu den abys- 
sinischen und schoanischen Gebirgsausläufern eine andere Form 
„tropicalis“‘ beherbergen, von der mir noch Exemplare von Witu 
und Tanga in Deutsch-Ost-Afrika vorliegen, also sich bis hierher 
südlich erstreckt und im Süden wiederum durch die dritte und 
dunkelste Form, „minullus‘‘ vertreten wird. 

Von Accipiter minullus intermedius liegen mir 9 Exemplare 
vor und zwar 5 von mir gesammelt in Nord-Ost-Afrika; Abessi- 
nien, Gallaländern (Seeengebiet), 4 vom Berliner Museum. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 175 


Q ad. Typus. Abela, Seeengebiet 11. Dezbr. 1900. 
2 ad. Fluss Daroli bei Ginir, Arrussigallaland 
5. Febr. 1901. 
Q inv. Abu-el Kassim bei Ginir, Arrussigallalan 
12. Juli 1900. 
g inv. Webi-Schebelli, Arrussigallaland 7. Juni 1900. 
g inv. Abela, Seeengebiet 11. Dezbr. 1900. 
9 20. VII. 93. Qua Mpala leg. Böhm No. 1209.) 
Expl. — leg. Emin? — \ Berl. 
Q VI. 82. Usegua leg. Fischer No. 604. Museum. 
© VII. — Konde Land leg. Fülleborn No. 717. 


In den Massen variieren die alten 22 folgenderweise: Flgl. 
15,9 — 16,5, Schwzl. 13,8 — 14,2, Schnabel v. d. Wachsh. 1 — 
11 cm. 

Von 3 3 liegen mir leider keine alten Exemplare vor, sondern 
nur die beiden jungen Exemplare aus meiner Sammlung. 

g inv. 7. Juni 1900: Flgl. 12,9, Schwzl. 11,2, Schnabel v. 
d. Wachsh. 0,8 cm. 

g inv. 11. Dezbr. 00: Flgl. 14,1, Schwzl. 11,8, Schnabel v. 
d. Wachsh. 0,8 cm. 


Der Zwergsperber ist nur wenig scheu, aber schwer 
zu erlegen, weil er sich im dichten Urwalde in fast undurch- 
dringlichen Gebieten und Waldungen aufhält und daher dem 
Jäger nur selten zu Gesicht kommt. Infolge dessen kommt es 
wohl auch, dass das viel kleinere und zierliche $ so selten und 
viel weniger in den Museen vertreten ist, als die grösseren 289. 
Ebenso wie unser Sperber uns beim Pirschgang durch den 
Wald durch sein plötzliches Abstreichen überrascht und im Holz 
verschwindet, so macht es auch der Zwergsperber, wobei ihm seine 
Miniaturgestalt noch sehr zu statten kommt. Ein am Fluss Daroli 
erlegtes @ hatte im Kropf kleine Vögel; auch er ist wie unser 
Sperber der grösste Feind der kleinen gefiederten Welt. Am 
11. Dezbr. 1900 bei Abela war ich so glücklich, durch Zufall den 
versteckten Horst dieses Sperbers zu finden. Er stand im dichten 
Laub eines Urwaldbaumes, dessen Stamm von Schlingpflanzen, 
Hänge-Euphorbien dicht überwachsen wurde, sodass von unten, 
schon wegen des übrigen Unterholzes und der anderen Bäume, 
der Horst kaum erkennbar war. Anfänglich wusste ich garnicht, 
dass der Vogel vom Horst gestrichen, doch als er in demselben 
Moment wieder aus dem dichten Gehölz dem Baume zuflog, sah 
ich aufmerksam nach und sah, wie der Vogel, anscheinend das 9, 
in den Horst strich. An ein Schiessen im Flug hier im dichten Wald 
war nicht zu denken, in den Horst mochte ich nicht schiessen 
wegen des Geleges, welches sich eventuell darin befinden könnte, 
und so beschloss ich, einen Gallajungen aus einer in der Nähe 
gelegenen Ansiedelung zu holen, um den Baum zu besteigen. 
Keine leichte Aufgabe, jedoch gelang es dem tüchtigen Kletterer. 


aus meiner 
Sammlung. 


N en mn 


176 C. v. Erlanger: 


Leider waren noch, keine Eier im Horst, der völlig dem unseres 
Sperbers glich, nur bedeutend kleiner war. In der Nestmulde be- 
fanden sich einige grüne Blätter. Dann setzte ich mich, die Flinte 
am Kopf, mit dem Laufe nach der Stelle gerichtet, wo das Nest 
stand. Schon nach wenigen Minuten erlegte ich das ©. Das 
war scheuer, umflog schreiend mehrmals den Baum, öfters im 
Unterhoiz dicht über mich herfliegend, doch wollte es sich nicht 
setzen. Erst um die Abenddämmerung kam es angestrichen, 
setzte sich auf einen Ast des Horstbaumes und wurde ebenfalls 
von mir erlegt. Während das @ völlig ausgefärbt ist, trägt das 
g noch das Jugendkleid, eine Beobachtung, die ich übrigens schon 
häufig bei unserem Sperber gemacht habe, dass sich ungleich- 
altrige Vögel paaren. 


Accipiter miinullus tropicalis Rchw. 


Reichenow, Journ. f. Orn. 1898 p. 138. Berlin Okt. Sitz. 
1897. Accipiter minullus tropicalis. 

Fischer u. Reichenow, Journ. f. Orn. 1878 p. 251, No. 47. 
Nisus minullus. 

Fischer, Journ. f. Orn. 1885 p. 121, No. 127. N. minullus. 

Reichenow, Deutsch-Ost-Afrika. 1894 p. 88 (partim). A. 
minullus. 

Neumann, Journ. f. Orn. 1899 p. 43 [|partim]. A. minullus 
tropicalis. 

Shelley, Ibis. 1888 p. 291. A. minullus. 

Jackson, Ibis. 1898 p. 141. A. minullus. 

Von dieser Form, welchein ihrem Wesen den anderen Formen 
ihrer Gattung gleicht, liegen mir von meiner Reise 3 Exemplare, 
aus dem Berl. Mus. 2. vor. Ich traf ihn in den dichten Ufer- 
wäldern des unteren Ganale, woselbst er sehr häufig vorkommt, 
wegen seines versteckten Wesens aber ebenfalls nur selten zu 
Schuss kommt. 

Die mir vorliegenden Exemplare stammen aus folgenden 
Fundorten. 

& ad. Umfudu Süd-Somaliland. Unterlauf 


des Ganale 18. Jan. Ol. befinden 
g ad. 5 Süd-Somaliland. Unterlaufı sich in 

des Ganale 24. Juni 01. (f meiner 
9 ad. R Süd-Somaliland. Unterlauf | Sammlung. 


des Ganale 18. Juni 01. 
9 II. 93. Tanga leg. Neumann, No. 31899. Berl. Museum. 
@ 19. II. 95. Marangu (Kilimandscharo) leg. v. d. Marwitz. 
Berl. Mus. 
Accipiter minullus tropicalis ist bei weitem der hellste seiner 
Gattung. Oberseite sehr hell schiefergrau, mausgrau. Im Jugend- 
kleid unterscheiden sich die Exemplare dieser Art von den beiden 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 177 


anderen Arten wenig, mit Ausnahme der helleren Backen, welche 
grauen Anflug haben. 


Die von mir gesammelten Exemplare tragen folgende Masse: 


g 18. Juni 01: Flgl. 13,5, Schwzl. 11,6, Schnabel v. d. 
Wachsh. 1 cm. 


g 24. Juni 01: Flgl. 13,1, Schwzl. 11,5, Schnabel v. d. Wachsh. 
0,9 cm. 

9 18. Juni 01: Flgl. 15,7, Schwzl. 13,8, Schnabel v. d. Wachsh. 
1,1 cm. 

Einschlägige Literatur u. Synonymie der südafrikanischen 
Form, siehe Reichenow, Vögel Afrikas, I. 1900—01 p. 561. Aceipiter 
minullus minullus. 


Von dieser Art liegen in dem Berl. Mus. Exemplare aus 
folgenden Orten vor: 
Kaffernland leg. Krebs, 4 Exemplare No. 852, 853, 854, 855. 
een 
arka leg. Krebs. No. 822. 
Bochherzen leg. Krebs. No. 823. | Süd-Afrika. 
Zondagsrivier (Mund u. Maire) No. 856. 


Aus den Tagebuch-Notizen Hilgerts, der das Gelege dieses 
Sperbers fand, entnehme ich folgendes: 

Ich fand am 6. April 1901 südlich Ginir im Lande der 
Gurra bei Burka den Horst dieses zierlichen Sperbers mit 3 zum 
Ausfallen reifen Eiern. Der Horst, einem kleinen Saatkrähenneste 
ähnlich, stand ca 5 Meter hoch in der Gabel des Seitenastes 
einer Platane. 

Nicht im dichten Holze nach Art unseres Sperbers stand 
der Horst, sondern im ganz lichten Bestande, wo zwischen Dornen 
und Sträuchern einzelne grosse Platanen und Schirmakazien stehen. 

Die Eier, charakteristische Sperbereier, sind in Form und 
Grösse wenig verschieden, dagegen ist die Schalenstruktur bei 
Ei 3 matt und rauh, während 1 und 2 schwach glänzen. Die 
Grundfarbe ist ein trübes Weiss. 

Ei 1 hat an der stumpfen Hälfte grosse schokoladen- und 
schwarzbraune Fleckenzeichnung, zwischendurch tritt die blass- 
graubraune Schalenfleckung deutlich hervor. 

Bei Ei 2 tritt die Zeichnung ganz spärlich am spitzen Pole 
auf, dagegen ist Ei 3 auf der ganzen Oberfläche spärlich schwarz- 
braun, fein punktiert. 


El= 355x295 | 
1,2 | 
mar =30 
Ei 2 ol \ Bebrütungsgrad (5) 
sn en | 
102 ) 


178 C. v. Erlanger: 


Der brütende Vogel sass fest auf den Eiern und strich beim 
Anklopfen ähnlich wie unser Sperber ab und zwar so ungünstig 
zwischen dem Geäste hindurch, dass an ein Schiessen nicht zu 
denken war. 

In einem sofort in der Nähe angefertigten Ansitze gar nicht 
lange untergeschlüpft, kam das @ in den Baum gestrichen und 
fusste unter dem Horste Von da von Ast zu Ast hüpfend war 
es gleich auf dem Horstrande. In diesem Moment schoss ich 
— aber leider ohne Erfolg, denn mit einigen zerschossenen Schwanz- 
federn strich der Vogel auf der andern Seite des Horstes ab und 
zwar so gedeckt, dass ich den zweiten Schuss nicht mehr an- 
bringen konnte. Argerlich über diesen mir unbegreiflichen Fehl- 
schuss sass ich noch mehrere Stunden, hoffend, dass vielleicht das 
g noch kommen könnte, falls das @ krank geschossen wäre, aber 
es kam nur einmal, und zwar ausser Schussweite, zu Gesicht. 

Den Ansitz verlassend, strich hinter mir von einem Baume 
das @ ab, nachdem es längere Zeit dort gesessen hatte, wie mir 
meine Leute nachher erzählten. Das $ kreiste hoch über der 
Horststätte, als wir uns entfernten. 


Micronisus gabar (Daud.) 


Levaill, Ois d’Afr. I. 1799 p. 89, Taf. 33. (Le Gaber). 
Daudin, Traite II. 1800 p. 87. Falco gabar. 
Rüppell, N. Wirbeltiere 1835 p. 45. Falco (Nisus) gabar. 
Rüppell, Syst. Übers. 1845 p. 12. Melierax gabar. 
Heuglin, Orn. N.O. Afr. 1869 I. p. 73. Nisus gabar. 
Finsch u. Hartlaub, v. d. Decken’s Reisen IV. 1870. N. gabar. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01 p. 565. Micronisus 
gabar. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870 p. 292. Nisus miloticus. 
Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 396. 
Micronisus gabar. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 72, 1888, 203. 
Micronisus gabar. 


Somaliland. 


Grant, Ibis 1900 p. 319. Melierax gabar. 
Shelley, Ibis 1885 p. 391. M. gabar. 
Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895 p. 506. M. gabar. 


Alters- und Jugendkleidbeschreibung siehe Reichenow 
Vögel Afrikas. Interessant ist ein von Hilgert bei Kismayu er- 
legtes @ am 13. Juli 1901, welches im Übergangsstadium ist und 
dessen Gefieder teilweise die Aitersbefiederung, teilweise noch 
das Jugendkleid aufweist. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 179 


Auf der Oberseite besteht die Befiederung teils aus den 
grauen Federn des alten Vogels (zumal im Nacken und Rücken), 
während die Kopfplatte und Flügeldeckfedern dunkelbraun sind 
mit rostfarbenen Federsäumen. Unterseite die des alten Vogels. 
Hals einfarbiggrau. Unterkörper weiss mit grauer — graubrauner 
Querbänderung. Auf der Brust dagegen noch mit dem Jugend- 
kleid behaftet, weiss mit rostfarbener Längsfleckung. 

Das Verbreitungsgebiet dieses Raubvogels ist das östlich- 
südliche Steppengebiet. 

Belegexemplare aus dem Berliner Museum liegen mir aus 
folgenden Gegenden vor: Senegal, Nubien, Deutsch- und Britisch- 
Ost-Afrika, Süd-Afrika, Kaffernland. 

Von mir wurde ebenfalls eine grössere Suite in Nord-Ost- 
Afrika und zwar an folgenden Fundorten gesammelt: 

© Belana (Abessinien) [Route Djeldessa-Harur] 4. März 1900. 

g iuv. Dagaya Ennia. Gallaland [Route Harur-Ginir] 25. 

Mai 1900. 

? ad. Hauasch-Ufer [Route Ginir-Adis-abeba] 3. Aug. 1900. 

© ad. Fluss Maki (Seeengebiet) 19. Nov. 1900. 

g ad. Dagaje (Land der Gurra) 4. Apr. 1901. 

Q iuv. Haro-Ali (Land der Gurra) 6. Apr. 1901. 

g ad. Dolo am Einfluss des Dana in den Ganale (Süd-So- 

maliland) 28. Apr. 1901. 

9 iuv. Karo-Lola (Garre-Livin) Süd-Somaliland 3. Mai 1901. 

© iuv. Karo-Lola (Garre-Livin) Süd-Somaliland 5. Mai 1901. 

© med. Kismayu, Ostküste des Süd-Somalilands 13. Juli 1901. 

Aus diesen Fundorten und aus den von mir gemachten Be- 
obachtungen geht hervor, dass Micronisus gabar ein Vogel des 
Tieflandes ist. Im abyssinischen Hochland kam er nie zur Beob- 
achtung. Dagegen traf ich ihn im Seeengebiet und als häufigen 
Raubvogel in den Akazienwäldern des Somalilands und der süd- 
lichen Gallaländer; auch in der Hauaschebene wurde er beobachtet 
und gesammelt. 

Das am 6. April 1901 bei Haro-Ali im Land der Gurra 
[Route Ginir-Ganale| gesammelte @ hatte, nach Sektion konstatiert, 
stark entwickeltes Ovarium. Die Brutzeit in dortiger Gegend 
fällt demnach in den April. Das Land der Gurra ist ausgedehntes 
Tiefland mit unermesslichen Akazienwäldern, auf denen also unser 
Raubvogel seinen Horst errichtet. Leider ist es mir nicht gelungen, 
denselben zu finden. Das hier erlegte @ ist im Jugendkleid, ein 
weiterer Beweis dafür, dass auch in den Tropen junge unaus- 
gefärbte Raubvögel schon zur Fortpflanzung schreiten. 

Auch Heuglin hat Micronisus gabar niemals im abyssinischen 
Hochland beobachtet, dagegen häufig längs des Kulturlandes und 
auf den Nilinseln in Nubien und Sennar. Als Brutzeit gibt er 
Juli und August an und nennt als Lieblingsbäume für die Horst- 
anlage Akazienbäume und Dattelpalmen, auf deren ‘grossen 
Blattscheiden der Horst errichtet ist. 


180 C. v. Erlanger: 


In den Massen variieren die nord-ost-afrikanischen Exemplare 
folgendermassen: _ 

gg Flel. 16,7 — 17,4, Schwzl. 15,9 — 16,4, Schnabel v. d. 
Wachsh. 1,1 — 1,2 cm. 

99 Flgl. 19,3 — 20, Schwzl. 18 — I9, Schnabel v. d. Wachsh. 
1,4 — 1,5 cm. 

Die Iris alter Vögel hell-karminrot, Füsse orangerot. Wachs- 
haut zitrongelb. Schnabel schwarz, bei jüngeren Vögeln Wachs- 
haut braungelb. Schnabel dunkelhornbraun. Süd-afrikanische 
Vögel scheinen im allgemeinen grösser zu Sein, jedoch genügt 
das mir vorliegende Material nicht, um es mit Bestimmtheit be- 
haupten zu können. 


Micronisus niger niger (Vieill.) 


Bonn. Vieillot, Enc. Meth. III. 1823, 1269. Sparvius niger. 

Heuglin, Orn. N.O. Afrikas 1869 I. p. 74. Nisus niger. 

Finsch u. Hartlaub, v. d. Decken’s Reisen 1870 IV. p. 88. 
N. niger. 

Reichenow, Vögel Afrikas Bd. I, 1900—01 p. 567. Micro- 
nisus niger. |Siehe hier weitere Literatur u. Synonymie, partim]. 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870 p. 293. N. niger. 

Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 396. 
Micronisus niger. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 73. M. niger. 

Grant, Ibis 1900 p. 320. Melierax niger. 


Somaliland. 


Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895 p. 506. Melierax niger. 

Lort Phillips, Ibis 1898 p. 419. M. niger. 

Mecronisus niger wird von vielen Forschern als Melanismus 
von Micronisus gabar gehalten, andere wieder wie Heuglin und 
Reichenow, halten ihn für eine selbständige Art. Als Haupt- 
srund hierfür führt Heuglin an, dass er ihn zwar in den Bogos- 
Ländern, Central-Abessinien, am oberen weissen Nil, nördlich 
bis zur Bajuda-Steppe getroffen habe, niemals aber in Gegenden, 
in welchen Micronisus yabar eine häufige Erscheinung ist, wie 
z.B.in der Provinz Dongola. Ferner gibt Heuglin für den schwarzen 
Sperber als Lieblingsaufenthalt dichten Hochwald an, während 
Micronisus gabar kein absoluter Waldvogel ist, eine Beobachtung, 
welche mit den meinigen völlig übereinstimmt. 

Nach meiner Überzeugung muss ich mich der Ansicht an- 
schliessen, dass wir es mit einer selbständigen Art und nicht 
mit einem Melanismus zu tun haben. Jedoch fehlen zur Zeit 
noch jegliche Beobachtungen über das Brutgeschäft von Meero- 
nisus niger, sodass die Frage vorerst offen bleiben muss. Bis 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 181 


jetzt wurden schwarze Sperber stets einzeln beobachtet, niemals 
in Pärchen, aber auch noch nie schwarzgefärbte junge gabar mit 
anderen in einem Nest. Ich muss hinzufügen, dass unsere bio- 
logischen Kenntnisse über das Brutgeschäft von Mecronisus gabar 
auch noch sehr gering sind, sodass dies recht gut der Fall sein 
könnte. 

Im Habitus stimmen beide Arten völlig überein. Auffallend 
ist, dass gerade die Oberschwanzdecken, welche bei Mieronisus 
gabar weiss sind, die dunkelste Färbung am ganzen Gefieder von 
Micronicus niger aufweisen. Die Oberschwanzdecken sind kohl- 
schwarz, während das übrige schwarze Gefieder bräunlichen An- 
flug, hat. 

Die Verbreitung von Micronisus niger, den ich demnach 
mit Reichenow, Sclater, Heuglin, Finsch und Hartlaub u. s. w. 
für eine selbständige Art halte, hat eine weite Verbreitung. 
Reichenow gibt als sein Verbreitungsgebiet in seinem Werk Vögel 
Afrikas Bd. I. p. 568 Östlichsüdliches Steppengebiet an: Bogos, 
Abessinien, oberer weisser Nil, Kordofan, Seunar, Habesch, Sarago 
und Kalabat, Lebka, Anseba, Mareb. Im Pariser Museum befindet 
sich ein Exemplar aus dem Senegal. Smith sammelte Exemplare 
in Süd-Afrika (Brit. Mus.), Lichtenstein im Kaffernland; im 
Leidenmuseum befindet sich ein Exemplar aus Natal und von 
Dickinson wurde die Art vom Sambesi nachgewiesen. 

Auf meiner Reise in Nord-Ost-Afrika wurden 3 Exemplare 
erlegt und gesammelt. 

© Ganda-Kore bei Harar Abessinien 30. Mai 1900: Flgl. 19, 
Schwzl. 19, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

oO? Karayu am Fluss Maur 21. März 1901 [Route Ginir- 
Ganale]: Flgl. 18,5, Schwzl. 19,7, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

© Dagaje Süd-Somaliland (Land der Gurra) 4. Apr. 1901: 
Flgl. 18,7, Schwzl. 18,8, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

Ferner liegen mir von dieser kleineren Art 3 Belegstücke 
aus dem Berliner Museum vor. 

g IV. 77 Kitui in Ukamba (Britisch-Ost-Afrika), leg. Hilde- 
brandt: Flgl. 17,9, Schwzl. 17,2, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

Nach Hildebrandt ist die Iris dieses Vogels kastanienrotbraun; 
Augenring schwarzbraun, Wachshaut ledergelb, gegen den Schnabel 
zu orange. Beine zinnoberrot, vorn schwarz gefleckt. 

© Lado. leg. Emin. Berl. Mus. Nr. 26993: Flgl. 18,3, Schwzl. 
16,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

g Senegal. leg. Delbrück [Berl. Mus. Nr. 861]: Flgl. 17,4, 
Schwzl. 16, Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. 

Aus diesen von mir gesammelten Exemplaren und den 3 
Stücken des Berl. Mus. geht deutlich hervor, dass die Exemplare 
kleinere Masse haben als die südafrikanischen, und dass auf 
Grund dessen die Art in 2 zoogeographische Former zerfällt. 

Micronisus niger niger Vieill. bewohnt Nord-Ost-Afrika, 
Senegal, die Nilländer, Abessinien, die Galla- und Somalländer, 


132 C. v. Erlanger: 


Britisch- und den nördlichen Teil Deutsch-Ost-Afrikas. Leider 
fehlt es mir an Material, um näher die südlichste Grenze des 
Verbreitungsgebiets dieser kleineren Form zu ziehen. 

Micronisus niger carbonarius (Lcht.) hat als Verbreitungs- 
gebiet den südlichen Teil Deutsch-Ost-Afrikas (nördlichstes Beleg- 
exemplar, welches mir vorliegt, ges. von Schmitt bei Jringa, Berl. 
Mus.) Portugiesisch-Ost-Afrika. Nyassagebiet, Tanganyika?, Süd- 
Afrika, Damaraland. Nähere Grenzangaben über das Verbreitungs- 
gebiet unmöglich. 

Anbei die Masse der mir als Beiegexemplare vorliegenden 
Bälge: 

: Jringa (südl. Deutsch-Ost-Afrika) leg. Schmitt [Berl. Mus.] 

anscheinend ©: Flgl. 20,2, Schwzl. 19,7 cm, Schnabel defect. 

Songea (Nyassagebiet) leg. Fülleborn [Berl. Mus.] anscheinend 
©: Flgl. 20, Schwzl. 18,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

Damaraland leg. Lübbert [Berl. Mus.] anscheinend 3: Flgl. 
19,7, Schwz. 18, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4 cm. 

Damaraland leg. Lübbert [Berl. Mus.] anscheinend 2: Flgl. 
20,5, Schwz. 18,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,5 cm. 

g Damaraland ieg. Lübbert [Berl. Mus.]: Flgl. 19,9, Schwz. 
18,8, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4 cm. 

o 28. IX. 90. Okawangofluss, Süd-Afrika leg. Eriksson [Berl. 
Mus. Nr. 28701]: Flgl. 20,7, Schwzl. 18, Schnabel v. d. Wachsh. 
1,5 cm. 

Melierax gabar var. nigra Holub. v. Pelz S. Afr. 1882. 34. 
ist synonym mit der Lichtensteinischen Form carbonarius. 


Circaetus cinereus Mieill. 


Vieillot, N.D. H. N. XXIII. 1818 p. 445. Circaötus cinereus. 

Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas I. 1869 p. 85. Circaötus 
cinereus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01. I. p. 571. Circaetus 
cinereus. [Siehe hier weitere Synonymie]. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Stor. Nat. Genova 1884 p. 49. 
Circaetus cinereus. 


Somaliland. 


Shelley, Proc. zool. Soc. 1882 p. 304. Circaetus cinereus. 

Nur einmal wissentlich beobachtet und erlegt und zwar am 
Fluss Daroli bei Ginir (Route Harar-Ginir). 

g leg. Hilgert 15. Jan. 01: Flgl. 54,5, Schwzl. 27,5, Schnabel 
v. d. Wachsh. 4,2 cm. 

Durch die grosse Reihe, welche sich auf dem Berl. Mus. 
befindet, geht deutlich hervor, dass wir diesen einfarbig 'dunkel- 
braunen Schlangenadler als Art für sich und nicht als Jugend- 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 183 


kleid von Circaetus pectoralis zu betrachten haben, da sonst doch 
sicher auch einmal ein Ubergang vom braunen zum hellen Feder- 
kleid gesammelt worden wäre. 

Die Expl. des Berl. Mus. sind gesammelt: Port Natal, (erh. 
d. Schlüter), Pangani (Fischer), Undis, (Fülleborn), Victoria Ny- 
ansa (v. Trotha), Masinde (Stierling), Misahöhe (Baumann), Tanga 
(Neumann), Jendi (Thierry), Tigr& (Schöller). 


Circadtus pectoralis A. Sm. 


A. Smith, Orn. J. 1830 ». 109. Circaetus pectoralis. 

Heuglin, Orn. Nord-ost-Afrika I. 1869 p. 84. (ircaetus 
lhoracicus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01. I. p. 572. Oircaetus 
pectoralis. [Siehe weitere Synonymie]. 


Abessinien. 


Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 386. 
Circaetus gallicus. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 48. (. pectoralis. 

Dieser Schlangenadler wurde in zwei alten Exemplaren 
gesammelt und zwar: 

g Dabaasso, Gebirgsroute Harar-Adis-abeba leg. Hilgert 
2. Mai 1900: Flgl. 50, Schwzl. 28,5, Schnabel v. d. Wachsh. 3,5 cm. 

g Fluss Maki (Seeengebiet) von mir erlegt am 23. Nov. 1900. 
Flgl. 51,5, Schwzl. 30, Schnabel v. d. Wachsh. an gem. 3,6 cm. 

gö Deusch-Ost-Afrika leg. Bohm [Berl. Mus.]: Flgl. 50, 
Schwzl. 29, Schnabel v. d. Wachsh. 3,3 cm. 


Circaetus fasciolatus 6. R. Gr. 


Gray, Cat. Accip. 1848 p. 18. Circaetus fasciolatus. 

Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas I. 1869 p. 86. C. fasciolatus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01. I. p. 574. C. fasciolatus. 
[Siehe hier weitere Literatur]. 

Nur einmal auf der ganzen Reise beobachtet und erlegt. 

Hanole, Süd-Somaliland 9 ad. 1. Juli 1901: Flgl. 32,6, 
Schwzl. 23,3, Schnabel v. d. Wachsh. 2 cm. Iris hellgelb. 

© Tanga, Deutsch-Ost-Afrika März 93. leg. Neumann Berl. 
Mus. 3. 1902: Flgl. 34,6, Schwzl. 24,5, Schnabel v. d. Wachsh. 
an gem. 3 cm. 

o Sigifluss, Deutsch-Ost-Afrika. Febr. 93 leg. Neumann Berl. 
Mus. No. 31906. Flgl. 36, Schwzl. 25 cm. 

Abbildung dieser Art, Ibis 1862 Taf. III. 


Spizaetus bellicosus (Daud.) 
Daudin, Traite II. 1800 p. 38. Falco bellvcosus. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900--01. p. 576. Spizaetus 
bellicosus. 


184 C. v. Erlanger: 


Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 391. 
Sp. bellicosus. 

Salvadori, Aun. Mus. Civ. Genova 1884 p. 41, 1888, 195. 
Nisaetus bellicosus. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p. 53. N. bellicosus. 

Der Kampfadler wurde auf der Expedition nur einmal er- 
legt und zwar bei Ganda-Kore, eine Tagereise südlich Harar am 
19. Mai 1900. 

Das erlegte Exemplar ist ein $ und trägt folgende Masse: 
Flgl. 57,3, Schwzl. 31,7, Schnabel v. d. Wachsh. 4 cm. 

Brust und Kehle des Vogels braun wie die Oberseite. Bauch, 
Hosen, Unterschwanzdecken weiss mit einigen grösseren und klei- 
neren braunen Flecken. Bekanntlich sind die beiden Arten 
Spicaetus bellicosus (Daud.) und „coronatus“ (L.) häufig ver- 
wechselt worden. 

Ein Hauptunterscheidungsmerkmal ist, dass bei bellicosus 
die Flügel das Schwanzende fast erreichen, während bei coronatus 
der Schwanz die Flügelenden bedeutend überragt. 

Die Färbungsstufen im Alterskleid verhalten sich, soweit 
man nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft beurteilen kann, 
bei beiden Arten gleich, indem der junge Vogel weisse Unterseite 
hat, der ältere immer dunkler wird. Der alte Vogel trägt schwarz- 
braune gebänderte Unterseite auf kaum ersichtlich weissem Ge- 
wand, sodass der Vogel fast einfarbig schieferschwarz erscheint. 
Das sich in meiner Sammlung befindende $ trägt demnach schon 
die ersten Anzeichen des Alterskleides, da die Unterseite nicht 
mehr rein weiss ist. Durch die von der übrigen Unterseite scharf 
sich abhebende dunkle Brust hat der Vogel viel Ähnlichkeit mit 
Circaetus pectoralis : 

Masse von 3 Spizaetus bellicosus des Berl. Museums, sämt- 
lich mit weisser Unterseite: 

Expl. iuv. No. 536. Kaffernland leg. Krebs: Flgl. 46, Schwzl. 
32. Schnabel 4 cm. 

Expl. iuv. No. 21784. Port-Natal leg. Gueinzius: Flgl. 58, 
Schwzl. 32, Schnabel 4,3 cm. 

Expl. iuv. erhalten aus dem zool. Garten 18. VIII. 90: 
Flgl. 62,5, Schwzl. 33,7, Schnabel 4,6 cm. 


Hieraaetus spilogaster (|Du Bus] Bp.) 


[Du Bus] Bonaparte, Rev. Mag. zool. 1850 p. 487. Spi- 
zaetus spilogaster. 

Heuglin, Orn. N. O. Afrikas, 1869 I. p. 57. Sp. spilogaster. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01. I. p. 579. Hieraaetus 
spilogaster. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 185 


Abessinien., 


Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 393. 
Pseudaetus spilogaster. 
Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p. 54. Nisaetus spilogaster. 
Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1896 p. 43. Eniolmaetus 
spilogaster. 
Somaliland. 


Sharpe, Proc. zool. Soc. 1895 p. 508. Entolmaetus spilogaster. 

Färbungsunterschiede in den diversen Alterskleidern bei 
diesem Raubvogel siehe Reichenow: Vögel Afrikas p. 579. Iris 
bei alten Vögeln lebhaft orangerot. Füsse und Wachshaut 
blassgelb. Schnabel bleigrau. 

Hieraaetus spilogaster wurde auf meiner Reise in 3 Exem- 
plaren erlegt und zwar: 

g Burka Abessinien (Gebirgsroute Adis-abeba-Harar) leg. 
Hilgert, 8. Okt. 00: Flgl. 35, Schwz. 22,5, Schnabel 2,3 cm. 

Auf Hals, Brust und Wangen haben viele Federn noch 
braunen Anflug, die letzten Spuren des Jugendkleides. 

Ferner erlegte ich in der Nähe eines Horstes, der auf dem 
dicken Ast eines hohen Baumes in den dichten Uferwäldern am 
unteren Ganale errichtet war am 1. Juli 01 bei Hanole, Süd- 
Somaliland, einen dieser Raubvögel, wie er gerade im Begriff war, 
auf dem Horst aufzufussen. Es war das kleinere d. Das zu 
demselben gehörige @ kreiste hoch über dem Horst, kam aber 
nie auf Schussweite, sondern bäumte stets auf anderen Bäumen 
in der Nähe auf. Am Nachmittag desselben Tags, nachdem ich 
mich mit meinen Leuten auf mehrere Stunden entfernt hatte, 
besuchte ich wiederum den Horst, woselbst wir uns an ver- 
schiedenen Plätzen ansetzten. Nach einhalbstündigem Ansitz 
erleste Hilgert das ©, ebenfalls beim Einstreichen in den Horst. 
Leider waren noch keine Eier in der frisch hergerichteten Horst- 
mulde. Die Lege- und Brutzeit dieser Adlerart im Süd-Somali- 
land fällt demnach in die Monate Juli und August. 

g Hanole, 1. Juli 01: Flgl. 33,3, Schwz. 21, Schnabel 2,1 cm. 

Q Hanole, 1. Juli 01: Flgl. 36, Schwz. 23, Schnabel 2,5 cm. 


Hieraaetus fasciatus minor Erl. 
Vieillot, Mem. Lin. Soc. Paris 1822 p. 152. Aguila fasciata. 
Antinori, Cat. Descr. 1864 p. 9. Aquila bonelli. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869 I. p. 9. A. bonelli. 
Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01 I. p. 578. Hieraaetus 
fasciatus. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie.] 


Abessinien. 


Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 393. 
Pseudaetus spilogaster. 


Journ. f. Orn. LII, Jahrg, April 1904, 13 


186 "200, vw. Erlanger: 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 44. Nisaetus 
spilogaster. iR | | R 
Salvadori, Bull. Mus. Zool. Torino. Nr. 287. . April 1897. 
N. spilogaster. 
Hawker, Ibis 1899 p. 78. Eutolmaetus spilogaster. 


Es ist sehr schwer, kaum möglich nunmehr für mich zu 
konstatieren, ob sich obige Literatur auf Hheraaetus fasciatus 
fesciatüs (Vieill.) bezieht oder auf die dem tropischen Nord-Ost- 
Afrika als Brutvogel angehörende zoogeographische Art. Nirgends 
finde ich in der Literatur :genauere Daten oder Angaben der 
Entwicklung der Geschlechtsteile der gesammelten Individuen, 
sodass wir es eventuell auch mit Zugvögeln zu tun haben, also 
noch der palaearctischen Region angehörende Habichtsadler. Ob 
nun der aegyptische, nubische Vogel, woselbst diese Adlerart nach 
Antinori häufig ist, zu der von mir " aufgestellten zoogeographischen 
Form: ‚gehört oder zur typischen Art, kann ich auch. nicht mit 
Bestimmtheit feststellen, jedoch vermute ich, dass auch diese der 
kleineren, von mir aufgestellten, Aıt angehören. 
| Hieraaetus spilogaster dagegen als einen zoogeographischen 
Vertreter unseres typischen Heraaetus fasciatus anzusehen, halte 
ich für einen Irrtum. Zkeraaetus spilogaster und Hierauetus 
fasciatus minor kommen beide in Nord-Ost-Afrika nebeneinander 
vor, was ‘bei zoogeographischen Vertretern unmöglich wäre: 
Hieraaetus fasciatus minor ist der dem Somaliland als Brutvogel 
angehörende Habichtsadler. Er ist bedeutend kleiner als süd- 
europäische und nordafrikanische Vögel. Von hier aus scheint 
er sich über. ganz Ost-Afrika zu verbreiten, da ein von Peters 
in, Mossambik gesammeltes Exemplar (Berl. Mus. Nr. 496) eben- 
falls dieser kleinen Art angehört. Von dieser Art gelang es mir, 
ein zusammengehöriges Pärchen in den ausgedehnten Waldungen 
von Dambale bei Artu im nördlichen Somaliland am Horst zu 
erlegen .und auch die Eier zu erbeuten. Der Horst stand auf 
einem uralten hohen Baum in der Gabel zweier mächtigen Äste. 
Glücklicher Weise war der Horst, nicht schwer. zu ersteigen und 
einer meiner Somali brachte mir das für mich so wertvolle Gelege 
herunter und verlangte das übliche Backschich vom weissen 
Mann, ohne das man beim Somali nicht weit kommt, welches er 
dann freudestrahlend in den Falten seines Kopftuches verschwin- 
den liess. Von den sehr rauhschaligen Eiern ist Ei 1 auf trüb 
weissem Grunde auf der ganzen Oberfläche blass, lehmfarben 
verwischt und hat am stumpfen Pole eine blassrotbraune, feine 
Zeichnung, wie wenn dieselbe mit einem Schwamme aufgetupft wär. 

Ei 2 ist ganz mit hellaschgrauen, verschwommenen Schalen- 
flecken bedeckt, darüber einzelne. verwischte, blassrotbraune Flecke 
und Punkte stehen. 

Wenn ich die Eier nicht selbst gesammelt hätte, würde ich 
deren Zusammengehörigkeit bezweifeln, so verschieden sind sie. 


Beiträge zur: Vogelfauna Nordostafrikas. 187 


ee Sn | | 
2 u Ki ET 53,5 Bebrütungsgrad (9). 
EM 9,90: 


Nun hiess es aber, ‚auch die alten Vögel zu erlegen, und 
baute ich mir einen kleinen verdeckten Ansitz, von welchem aus 
ich direkt auf den Horst zielen konnte. Schon in meiner Arbeit 
über die Avifauna Tunesiens, Journ. f. Orn. 1898, p. 427, 428, 
machte ich darauf aufmerksam, wie schwer es ist, gerade diese 
- pfeilschnellen Adler, die direkt in den Horst fliegen, zu erlegen. 
Auch hier bestätigten sich wieder meine Beobachtungen. Die 
Adler flogen direkt in den Horst und nicht, wie es die meisten. 
anderen Raubvögel tun, erst auf einen Ast in der Nähe des 
Horstes und dann in den Horst. Dennoch gelang es mir, die 
beiden alten Vögel zu erlegen. 

-  Diagnosis von Hieraaetus fasciatus minor Erl. Beim alten 
Vogel sind Hosen und Laufbefiederung stets rein weiss. Die 
braune Fleckung der weissen Unterseite zeigt sich nicht als braune 
Längsstreifen wie bei typischen Exemplaren, sondern ist mehr 
keilförmig, so dass die Unterseite mehr gefleckt erscheint. Die 
Innenfahne der Handschwingen sind bei alten Vögeln rein weiss, 
bei jüngeren stets heller wie bei typischen Habichtsadlern. 

Typus: 3 erl. bei Dambale 24. II. 00: 3 ad. Figl. 42,8, 
Schwz. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 3,2 cm? (defect). 

Q ad. Flgl. 44,9, Schwz. 29,3, Schnabel v. d. Wachsh. 3,4 cm. 
Berl. Mus. Nr. 34 961. | 

Alter Vogel, Berbera. Samml. Gindi: Flgl. 41, Schw. 27, 
Schnabel v. d. Wachsh. 3,1 cm. 

Alter Vogel, Samml. Peters Mossambik (Berl. Mus. Nr. 496): 
Flgl. 38,5, Schwz. 25, Schnabel v. d. Wachsh. 2,6 em. Auffallend 
kleines Exemplar, wahrscheinlich d: 

Ein jüngeres noch braunes Exemplar, erlegt von (Olkar Neu- 
mann im Hinterland von Aden, El-Hota, Süd-Arabien (Sultanat 
Lahadsch) am 24. XII. 99, anscheinend Zugvogel, gehört der 
typischen Art an: @ iuv. Flel. 48,5, Schwz. 30, Schnabel v. d. 
Wachsh. 3,4 cm. | ; 


Lophoaetus oceipitalis (Daud.) 


Daudin, Traite II. 1800 p. 40. Falco oceipitalis. 
'Heuglin, Orn. N.-O.-Afrikas 1869 p. 56. Spizaetus occipitalis. 
Böhm, Journ. f. Orn. 1886 p. 425. Spizaetus spilogaster. 


Abessinien. 
Antinori u. Salvadori, Ann. Mus, 'Civ. Genova 1873 p. 392. 
Spizaetus oceipitalis. 
13* 


188 C. v. Erlanger: 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1888 p. 195. Lophoaetus 
occipitalis. 

Salvadori, Boll. Mus. Zool. Anat. Torino 1897 Nr. 287. L. 
occipitalis. 

Grant, Ibis 1900 p. 321. L. oceipitalis. 


Der Schopfadler ist wohl einer der gemeinsten und weit- 
verbreitetsten Raubvögel im tropischen Afrika. An jedem Sumpf, 
dessen Ufer mit Wald oder Schilf bestanden sind, wird man auch 
gar bald diesen Raubvogel erblicken. Von hier streicht er dann 
in’s Gelände, wobei er feuchte Gegenden mit einzelnen hohen 
Bäumen, dichtem, undurchdringlichem Unterwuchs von Schling- 
pflanzen, übermannshohem Gras jeder, anderen Landschaft vor- 
zieht. Hier sitzt er auf den dürren Ästen höherer Bäume, von 
wo er eine gute Übersicht hat, wobei man ihn schon von weitem 
an der aufgerichteten und durch den geringsten Luftzug sich be- 
wegenden Haube erkennen kann. Aber häufig traf ich ihn im 
Seengebiet an den schlammigen und schilfreichen Ufern des Suai- 
see und am Abayasee. Aber auch an Flüssen, zum Beispiel am 
Maki (Süd-Schoa) und am Errerfluss bei Harar, wurde der Schopf- 
adler beobachtet und von mir gesammelt. Täglich beobachteten 
wir ihn dann am unteren Sanale und an den sich während der 
Regenzeit bildenden Sümpfen und Seen. Heuglin bezeichnet ihn 
mit Recht als Strich- und Zugvogel in Nord-Ost-Afrika. Ausser- 
halb der Brutzeit streicht er im ganzen Land umher, und man 
kann ihn überall da, wo sich ein Regenbett angesammelt hat, 
beobachten. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom blauen 
und weissen Nil [Heuglin] durch Abessinien, Süd-Schoa, Galla- 
und südliche Somalländer, durch ganz Ost-, Süd- und Westafrika. 


Altersunterschiede im Federkleid zeigen sich hauptsächlich 
in der Laufbefiederung, welche beim alten Vogel weiss, beim 
jüngeren Vogel braun mit weiss gemischt, beim jungen Vogel 
einfarbig braun ist. 

Ein Exemplar des Berl. Mus. @ Kilimandcharo leg. Dr. Eggel 
ist insofern interessant, als es aus einer grossen Suite das 
einzige Exemplar ist, dessen Laufbefiederung fuchsbraun ist und 
dessen Schwanzbänderung fuchsbraunen Anflug hat. Grössenunter- 
schied unter den Geschlechtern ist kaum vorhanden und indivi- 
duell variabel; im allgemeinen sind die @2 wie bei allen Raubvögeln 
etwas stärker. Am deutlichsten zeigte sich dies am Schnabel, 
der bei den 22 von der Wachshaut an gemessen von 2,8—3 cm, 
bei den Jg von der Wachshaut an gemessen von 2,5—2,3 cm 
variiert. 


Aguila rapas rapasx (Temm.) 


Temminck, Pl. Col. I. T. 455 (1828). Falco rapax. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869 I. p.45. Aguila rapaz.. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 189 


Hinterland von Aden. 
Barnes, Ibis 1893 p. 65. A. chrysaetus, A. impervalis. 


Abessinien. 


Blanford, Geology und Zoology of Abyssinia 1870 p. 295. 
Aguila rapax. 

Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. 1873 p. 380. Aguila 
naevioides. p. 381. Aquila naevia. 

Salvadori, Mus. Civ. Genova 1884 p. 38; 1888 p. 195. 
Aguila albicans. 

Giglioli, Ann. Mus. Genova 1888 p. 53. Agquila albicans. 


Somaliland. 


M. E. Oustalet, Notes Oiseaux, Pays Gomalis par Revoil. 
[Faune, Flore] 1882 p. 4. Agwila rapaz. 

Sharpe, Proc. Zool. Soc. London 1895 p. 507. A. rapax. 

Elliot, Field Columbian Mus. 1897 p. 57. A. rapax. 

Lord Phillips, Ibis 1898 p. 419. A. rapex. 

Wohl keine Vogelgattung macht den wissenschaftlichen 
Bearbeitern in Bezug auf Systematik so grosse Schwierigkeiten, 
wie gerade die Agwsla-Arten und unter ihnen an erster Stelle 
die Gruppe der Raubadler. 

Wie viel Richtiges und wieviele Irrtümer haben die ein- 
zelnen Forscher und Bearbeiter gerade über Aguila rapax, seine 
verschiedenenKleider, über die ihm nahestehenden und verwandten 
Arten, geschrieben, und ein wie grosses Material und welche aus- 
gedehnte biologische Beobachtungen wären nötig, um mit Be- 
stimmtheit sagen zu können, die Arten gehören diesem, jene einer 
anderen Adlerart an. Nach Durchsicht der über die Aguwila-Arten 
behandelten Literatur, aus welcher Dresser, Birds of Europe V, Dr. 
Suschkin, Bull. of Brit. Ornith. Club. Nr. LXXIV p. 6—10, Gurney, 
List of Birds of Prey. (Norwich Museum) 1884 p. 53—57, 
Sharpe, Catal Birds Brit. Mus. 1874 I. p. 232—249 hervorzuheben 
sind, ferner nach Durcharbeitung des bedeutenden Materials an 
Bälgen im Berl. Museum erscheint es mir richtig: Agusla orien- 
talis Cab. Journ. f. Orn. 1854 p. 369, Agwila vindhiana Franklin 
P. Z. S. 1831 p. 114, Aquila belisarius (Levaill) Expl. Sci. Alger. 
Ois, pl. 2 1850, Aguila rapax (Temm.) Pl. Col. I. pl. 455 1828 
als zu einem und demselben Formenkreis gehörig anzusehen. 

Die Arten vertreten sich in den einzelnen Gebieten und zwar: 

Aquila rapax orientalis (Cab.) Süd-Ost-Europa, Nord-West- 
Indien. 

Aquila rapaz vindhiana (Frankl.) Indien. 

Aquila rapaz belisarius (Levaill.) Nord-Afrika (Hierher be- 
zügliche Literatur, siehe Journ. f. Orn. 1898 p. 418 unter Aguzla 
rapax albicans. 

Aguila rapax rapax Temm. Nord-Ost- und Ost-Afrika. 


190 it C. v. Erlanger: 


Ich habe vorgezogen, die Süd-ost-europäischen Raubadler 
Agquila rapax orientalis Cab., und nicht Aguwila rapax mogilnick, 
zu nennen, um alle Irrtümer zu vermeiden. Der Name mogilnick 
wurde z. B. von Dresser für den Kaiseradler benutzt, u. s. w. 

Aguila rapax belisarius, besprochen in meiner Arbeit über 
die Avifauna Tunesiens Journ. f. Orn. 1898 p. 418 als Aqusla 
rapax albicans, ist, meinen jetzigen Erfahrungen nach, der von 
Levaill. Atlas Ois.: pl. Il. abgebildete und von Loche Expl. scient. 
de l’Algerie I. p. 24 beschriebene Falco belisarius. 

Ich zog ihn damals zu Aquila rapazx albicans Rp., da ich 
glaubte, der nordafrikanische Raubadler würde im Alter ebenso 
wie der nordostafrikanische Vogel dunkler werden. Einem im 
Jahre 1897 gesammelten lebenden Exemplar zu Folge, weiches 
heute noch lebend ist und sich ' des besten Wohlseins erfreut, 
werde ich jedoch belehrt, dass der nordafrikanische Vogel stets 
in der Jugend und im Alter helles Colorit trägt und beibehält. ı 

Die diversen Kleider von hellgraugelb bis dunkelschwarz- 
braun trifft man nur bei den nordostafrikanischen Raubadlern. 
Der Vogel im jüngeren hellen Gewand wurde von Rüppell als 
Subspecies „Agusla rapax albicans‘ abgetrennt, jedoch haben wir 
es bei der Form albicans Rüpp. (1854) nur mit dem jüngeren 
rapax typicus Temm. 1828 zu tun. 

Aguila rapaz belisarius dagegen, der immer heil bleibt, ist 
als Vertreter von Aguila rapax rapax in Nord-Afrika an- 
zusehen. 


Aus der mir vorliegenden grossen Suite von Raubsälern 
gesammelt auf meiner Expedition 1898/1901 in Nord-Ost-Afrika, 
ferner aus den Exemplaren des Berl. Museums und Senckenberg- 
Museum in Frankfurt a. M. (nahezu 50 Exemplare) ergeben sich 
folgende Alterskleider: 


-Alterskleid: Braun (siehe Rüppell, neue Wirbeltiere Taf. 13. 
Fig. 2). 

Übergangskleid: Kopf und Hals fuchsbraun, Leib, Beine, 
kleine, mittlere und grosse Flügeldeckfedern schmutziggelb, Rücken, 
Schwanz und Schwanzfedern dunkelbraun, bei manchen Vögeln 
sind Rücken, Brust, Flügel dunkelbraun mit fuchsbrauner Längs- 
flieckung. Hosen und Unterleib gelbbraun. 


Jugendkleid: schmutzig gelbweiss, Rücken und Oberflügel 
mit graubraunem Anflug. (Siehe Rüppell, neue Wirbeltiere Taf. 
13. Fig. 1.) 

Dass Rüppell Alterskleid und Ineaniinlen verwechselt hat, 
wurde schon in früheren Arbeiten von Hartest, Katal. Senckenb. 
Mus. p. 178, von mir Journ. f. Orn. 1898 .p. 423, von Suschkin 
Bull. Orn. Club. Nr. LXXXIV p. 7 berichtigt. In letzterer Arbeit 
wird noch die Rüppellsche Subspecies albicans anerkannt, die, da 
sich nur auf das Jugendkleid von ‚„rapazx‘““ Temm. beziehend, un- 
möglich aufrecht erhalten werden kann. 


Beiträge zur. Vogelfauna. Nordostafrikas. 191 


‚Der indische Raubadler Aguila rapax vindhiana: (Frankl.) 
variiert: in seinen Alterskleidern ebenso wie die nordost- "und 
ostafrikanische Art des Raubadlers ‘d. h. Alterskleid braun, 
Jugendkleid schmutziggelbweiss, dazwischen die Übergangskleider. 

In den Massen ist die Art im allgemeinen kleiner, zumal im 
Schnabel, jedoch scheint mir, dass der Unterschied zwischen beiden 
zoogeographischen Formen ein sehr geringer ist. Der nord- 
afrikanische Raubadler Aguila rapax belisarius (Levaill.) trägt 
in allen Alterskleidern die helle Färbung, welche seinen nordost- 
resp. ostafrikanischen oder indischen Verwandten 'nur im Jugend- 
kleid eigen ist. In den Massen besteht zwischen den nord- und 
nordost- resp. ostafrikanischen Raubadlern kein Unterschied. 

! Aguila rapax orientalis (Cab.), unser südosteuropäischer 
Raubadler, ist der grösste seiner Gattung, ferner behält er im 
allgemeinen die braune Färbung in allen Alterskleidern bei. 
Jüngere Vögel sind in der Gesamtfärbung dunkler, während bei 
alten Vögeln am Kopf, Hals und Brust gelbbrauner Anflug entsteht. 


In den Massen variieren die 5 von Aquwila rapax rapaz 
(Temm.) folgendermassen: Flgl. 47 — 52, Schwz. 24 — 29, 
Schnabel v. d. Wachsh. 3,5 — 3,9 cm. 

088: Flgl. 51,5 — 56,5, Schwz. 26 — 31, Schnabel V. d. 
Wachsh. 3,7. — 4,3 cm. 

Aguila rapax belisarius (Devaill.) unterscheidet sich ie 
in den Massen von Aquila rapax rapaz (Temm.) 

Aquwila rapax vindhiana (Frankl.) 

g Agra.Indien, Berl. Mus. Nr. 26025: Figl. 50, Schwz. 27, 
Sohnabel v. d: Wachsh. 37 cm. 

g Delhi Indien, Berl. Mus. Nr. 24069: Flgl. 49, Schwz. 26,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. 3,5 cm. N 

g Indien, leg. Elwes. Berl. Mus. Nr. 20 664: Flgl. 47,5, 
Schwz. 26, Schnabel v. d. Wachsh. 3,4 cm. 
el) West-Indien, leg. Taisbanks. Berl. Mus. Nr. 22605: Flegl. 

‚ Schwz. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 3,6 cm. | / 
Q Indien (Degra Doon) leg. Finsch, Berl. Mus. Nr. 23813: 
Flgl. 51,5 Schwz. 28, Schnabel v. d. Wachsh. 3,5 em. x 

o Indien, leg. Anderson, Berl. Mus. Nr. 21831: Flgl. 51,5, 

Schwz. 29,5, Schnabel v. d. Wachsh. 3,7 cm. 


Aquila rapaz orientalis (Cab.), deren mir eine en Reihe 
des Berliner Museums zum Vergleich vorliegt, hat folgende Grössen- 
verhältnisse. Nähere Angaben über die Variation der Grössen- 
verhältnisse innerhalb der Geschlechter wage ich nicht anzugeben, 
da ich bei den mir vorliegenden Vögeln nicht volles Vertrauen 
auf die Richtigkeit der Etikettierung setze. 

3g Flgl. 52—56, Schwz. ca 30, Schnabel v. d. Wachsh. 
an gem. 3,5—3,9 cm. 


©° ‚Figl. ca 60, Schwz. 30, Sohlen d. Wachsh.' an’ En 
4,5 cm. 


192 C. v. Erlanger: 


Die zum Vergleich benutzten Vögel sind bei Sarepta und 
an der Wolga gesammelt. Aguwsila rapaz rapazx (Temm.) ist in 
Nord-Ost-Afrika eine tagtägliche Erscheinung. Kaum war das 
Lager bezogen, als auch die Raubadler im Verein mit Geiern 
in die Nähe des Lagers kamen, auf den umliegenden Bäumen 
aufbäumten und nach Nahrung ausspähten. Kaum war ein Stück 
Vieh von den Askari geschlachtet worden, als auch die Raub- 
adler mit den Geiern im Verein sofort die Überbleibsel in Be- 
schlag nahmen. Ich begegnete dem Agusla rapax sowohl in der 
Ebene, als auch im Gebirge bis zu einer Höhe von 2500 und 
mehr Metern, obwohl er hier eine viel seltenere Erscheinung ist. 
Es liegen von meiner Fxpedition Belegexemplare vor aus dem 
Süd- und Nordsomaliland, Arrussi-Gallaland, Boranland und Süd- 
Schoa (Adis-abeba) und dem Seengebiet. 

Leider gelang es mir nicht, den Horst dieser Adlerart aus- 
findig zu machen, bei Heuglin finden wir nähere Angaben über 
das Brutgeschäft von Raubadler, da es ihm gelang Horste zu 
finden und die alten Vögel darin zu beobachten. 

Näheres über Horstanlage und Brutplatz desnordafrikanischen 
Raubadlers siehe Journ. f. Orn. 1898 p. 418—422. 

Dr. Suschkin trennt den südafrikanischen Raubadler als 
Aguwila rapaxz rapax (Temm.) ab von dem nordost- resp. ost- 
afrikanischen Aguila rapax albicans, auf Grund des rötlichenTones 
im Gefieder bei der südafrikanischen Form. Meinen Unter- 
suchungen nach finden sich solche rötliche Exemplare aber auch 
im Nord-Osten, und kann ich daher diese zoogeogr. Form nicht 
aufrecht erhalten und so stelle ich die beiden Formen rapaz rapax 
Temm. und „albicans“ Rüppell, der sich auf das Jugendkleid be- 
zieht, zusammen. 

Gelege 3 Eier gef. bei Lahadj, Süd-Arabien. 

Von den rauhschaligen, milchweissen, hübsch ovalen Eiern 
hat Ei 1 an der spitzen Hälfte einige grössere und kleinere 
dunkelrotbraune markante so auch verwaschene Flecken. 

Ei 2 hat auch die spärliche Zeichnung am spitzen Pole, 
doch ist dieselbe matter nnd mehr gelbbraun verwischt und er- 
streckt sich auf zwei Drittel der Eioberfläche. 

Ei 3 ist ohne jede Fleckenzeichnung. 

mie BXE 


10,78 
E12 — 33 

10,93 
Ei3—= 69% 52,5 

9,30 


Buteo feros (Gm.) 


Gmelin, N. Comm. Ac. Petr. XV. 1869 p. 442, T. 10. 
Falco ferox. 


| 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 193 


Heuglin, N. O. Afrika 1869 p. 89. Buteo ferox. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01. p. 590. B. ferox. 

Auf der von Aden in das Sultanat Lahadsch unternom- 
menen Tour, welche uns bis nach El-Hota, der Hauptstadt des 
Sultans, und von dort noch eine Tagereise weiter nördlich in das 
Hinterland führte, wurde das Lager in der Nähe eines ausge- 
trockneten Flusslaufs unter einer Gruppe alter Bäume errichtet. 
Auf denselben befanden sich Horste von Raubadlern, aus einem 
derselben wurde sogar das Gelege entnommen, ferner trieben 
sich tagsüber stets mehrere Adlerbussarde in der Nähe der Bäume 
herum, auf welchen diese des Nachts auch schliefen, was deut- 
lich aus dem vielen Geschmeiss zu ersehen war, mit welchem 
einzelne dürre Äste und der darunter befindliche Boden be- 
schmutzt waren. 3 schöne Exemplare dieses Bussards wurden von 
uns erlegt und somit für das Hinterland von Aden nachgewiesen. 
Anscheinend waren die Vögel Wintergäste. Nach Heuglin ist der 
Adlerbussard Wintergast am Nil, von wo er südwärts bis in das 
abessinische Tiefland verstreich. Ost-Sennar, Taka, Mareb. 
Mir ist dieser Bussard auf meiner weiteren Expedition in Nord- 
Ost-Afrika niemals begegnet. 

g El-Hota, Süd-Arabien (Sultanat Lahadsch) 26. Dezbr. 99: 
Flgl. 44,3, Schwz. 25, Schnabel v. d. Wachsh. 2,4 cm. 

g eben da erlegst, 21. Dezbr. 99: Flgl. 42,5, Schwz. 24,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. 2,5 cm. 

90) eben da erlegt, 24. Dezbr. 99: Flgl. 46,5, Schwz. 27,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. gem. 2,8 cm. 

Buteo ferox bewohnt als Brutvogel Südrussland und das 
südwestliche und mittlere Asien. (Reichenow, Vögel Afrikas) 
Persien, Seiude, N. W. Indien und Himalaya (Brit. Cat. 1874 
Bd. I. Sharpe). Von höchstem Interesse sind die Übergänge 
zwischen Buteo cirtensis (Levaill. jun.) siehe Literatur und Syno- 
nymie. Journ. f. Orn. 1898 p. 408, und Buteo ferox, was aus einer 
in Nord-Afrika von mir gesammelten Suite und mehreren Exem- 
plaren leg. P. W. H. Spatz. Berl. Mus. deutlich hervorgeht und 
zumal an den 8 ersichtlich, sodass ich Buieo ferox Gm. und 
Buteo cirtensis (Levaillant jun.) als sich vertretende zoogeogra- 
phische Arten ansehe. 


Buteo augur (Rüpp.) 
Rüppell, Neue Wirbeltiere 1835 p. 38, 44. Tab. 16. Falco 
(Buteo) augur. 


Rüppell, Neue Wirbelt. 1835 p. 39, 44. Tab. 17. Falco 
(Buteo) hydrophilus. 


Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas I. 1869 p. 92. Duteo augur. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01. p. 592. Buteo augur. 


194 GC. v. Erlanger: 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870, p. 297. Buteo augur. 

Antinori u. Salvadori, Ann Mus. Civ. Genova 1873, p. 386. 
B. augur. 

Salvadori, han Mus. Civ. Genova 1884, p. Su 1888, 196, 
526. Pterolestes augur. | 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888, p. 54. P. augur. 

Salvadori, Boll. Mus. zool. Torino No. 287. Apr. 1892. 
Buteo augur. | | 

Grant, Ibis 1900, p. 320. Buteo augur. 


nen 


So Ibis 1885, p. 391. DB. augur. 

Sharpe, Proc. zool. Soc. 1895, p- 507. B. augur. 

Der Augurbussard ist das Ebenbild unseres Mäusebussards 
in Afrika. Sobald ich die südschoanischen Hochländer erreicht 
hatte, so trat auch dieser nützliche Vogel in Erscheinung und 
wurde täglich beobachtet. Wir sahen ihn auf den von den Gallas 
geflegten Ackern und Viehtriften mit dem Mausefang beschäftigt. 
Nach Art des Mäusebussards wählt er sich stets erhöhte Punkte 
auf dem freien Felde zum Ausruhen, oder sitzt in steifer Haltung 
auf einem Feldbusch oder auf dem dürren Ast eines einzelnen 
Baumes. Bei und in Adis-abeba, woselbst häufig hohe Juniperus- 
bäume um die vereinzelten Hütten der Abyssinier stehen, ist 
er eine gewöhnliche Erscheinung, auf diesen errichtet er auch 
mit Vorliebe seinen Horst. / 

Der Mageninhalt der in einer grossen Suite gesammelten 
Bussarde bestand teils in Mäusen und Dun: teils in Enger- 
lingen und Heuschrecken. 

Auch bei diesem Bussard haben wir eine dunkle und eine 
helle Phase. 

Auch im Alterskleid variieren beide Phasen bedeutend. 

32. ad. (Helle Phase.) Oberseite schieferschwarz. Schwanz 
rotbraun oder fuchsbraun häufig mit einem schwarzen Endiflecke 
am rechten oder linken Schwanzende, bei jüngeren Exemplaren 
mit einer schwarzen Binde am Ende der Schwanzfedern. Die 
längsten Oberschwanzdecken rotbraun, häufig mit grossen schwarzen 
Flecken oder dünnen Längstreifen gezeichnet. Unterseite, Flügel 
und Unterschwanzdecken weiss, letztere weiss mit braunen End- 
spitzen, nur bei ganz alten Vögeln rein weiss. Unterflügeldecken 
weiss mit einigen schwarzen Flecken geziert. Schwingen an der 
Spitze schwarzbraun, der übrige Teil grau, schwarz gebändert, 
auf der Innenfahne zum Teil weiss, bei jüngeren Vögel haben 
die Schwingen auf der Bänderung bisweilen braunen Anflug. 
Bei ganz alten Vögeln sind die vordersten 3 Handschwingen 
einfarbig schiefergrau und nicht gebändert. Kehle individuell, 
entweder weiss wie die übrige Unterseite, mehr und minder 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 195 


schwarz. Schnabel schwarz. Wachshaut und Füsse gelb. Iris 
kaffeebraun. 

' Bei jungen Nasen ist die Oberseite dunkelbraun. Ein 
grosser Teil der Oberschwanzdecken, Rücken, Schultern und 
Nackenfedern häufig rostbraun. Unterseite des Vogels weiss, je 
nach dem Alter mehr oder weniger mit rostbraunem Anflug ge- 
färbt, je älter der Vogel wird, desto mehr nimmt der rostbraune 
Anflug ab, der sich nur auf der Kehle und Brust lang erhält. 
Bisweilen haben die weissen Federn der Unterseite schwarzbraune 
Mittelstreifen. Schwanz graubraun, schwarz gebändert. Schwingen 
wie bei alten Vögeln, Unterschwanzdecken im allgemeinen dunkler. 
Schnabel schwarz, Wachshaut und Füsse gelb. Iris braun. 

g® ad. (Dunkle Phase): Ober- und Unterseite schiefer- 
schwarz. Schwanz rotbraun oder fuchsbraun, häufig mit einem 
schwarzen Endfleck am rechten oder linken Schwanzende, bei 
jüngeren Vögeln mit einer schwarzen Binde am Ende der 
Schwanzfedern. Schwingen wie bei alten Vögeln der hellen Phase. 
Unterflügeldecken ebenfalls schieferschwarz. 

Das Jugendkleid dieser dunklen Phase ist braun; je älter 
die Vögel werden, desto häufiger erscheinen auf dem Gefieder 
die schieferschwarzen Federn, sodass der Vogel gefleckt erscheint. 
Schwingen wie beim alten Vogel. Unterflügeldecken braun. 

Ein. am 2. September 1900 bei Adisabeba erlegtes @ der 
dunklen Phase in noch nicht ausgefärbter schieferschwarzer Be- 
fiederung ist auf Nacken, Rücken und Unterseite weiss gefleckt. 

Die $g variieren in ihren Massen folgenderweise: Flügel- 
länge 38,5 —42, Schwanzl. 20—22, Schnabell. 2,3—2,6 cm. 

Die 29: Flügell. 43,5—45, Schwanzl. 22—23,5, Schnabel 
2,7—3,1 cm. 

Merkwürdiger Weise bekommt der Augur-Bussard im Alter 
einen kürzeren Schwanz. Der rote Schwanz ist immer um 
1—2!/, em kürzer als der gebänderte des jüngeren Vogels, was 
deutlich aus mehreren jüngeren Exemplaren im Übergangskleid 
meiner Sammlung und der des Berl. Mus. hervorgeht, bei welchen 
der Schwanz schon einige kurze rote Federn des Alterskleides hat. 


Buteo anceps A. Brehm. 


A. Brehm, Naumannia 1855 p. 6. Habesch 1863 p. 248. 
Buteo anceps. 
 Heuglin, Orn. Nord-Ost- Afrikas I. 1869 p- 93. DB. anceps. 
Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01.1. p. 593. B. auguralis. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie|. 


Abessinien. 


Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873 p. 387. 
Buteo auguralis. 
Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884 p. 49. B. desertorum. 


196 C. v. Erlanger: 


Nach Vergleich meines in Nord-Ost-Afrika gesammelten 
Pärchens mit dem vermutlichen Typus der Art leg. Brehm, Ber!. 
Mus. No. 621 9, ferner nach Zuhülfenahme der vorhandenen 
Literatur kam ich zu der Überzeugung, dass Buteo anceps Brehm 
und Duleo auguralis Salvadori identisch sind und daher der 
Priorität zu Folge der Brehm’sche Name angewandt werden muss. 

Buteo anceps ist sofort sowohl vom jungen wie natürlich 
auch von dem gänzlich anders gefärbten alten Buteo augur zu 
unterscheiden, mit welchem Duteo anceps garnichts zu tun hat. 
Auch sind die Grössenunterschiede so bedeutend, dass hierüber 
gar kein Zweifel herrschen kann. Die Bussarde sind wohl mit 
am schwierigsten richtig zu klassificieren und systematisch richtig 
zu erkennen, sodass mir in Folge der grossen Suiten aus den 
verschiedensten Gegenden und zwar während der Brutzeit, wo- 
möglich an den Horsten gesammelt, die zur richtigen Erkenntnis 
nötig sind, vorerst Material fehlt, um eingehend mich mit dieser 
Frage zu beschäftigen. Ich glaube aber nicht fehl zu gehen, wenn 
ich Buieo anceps Brehm als den geopraphischen Vertreter unseres 
Buteo vulgaris in Nord-Ost-Afrika ansehe, doch möchte ich vor- 
erst noch diese interessante Frage offen lassen. Dass der Le- 
vaillant’sche Falco tachardus synonym mit anceps ist, wie es 
Heuglin annimmt, möchte ich bezweifeln. 

In Ann. Mus. Genova IV. 1873 Text p. 387 ist Buteo au- 
guralis abgebildet Tab. 1 und zwar mit völlig rotem ungebänder- 
ten Schwanz. Salvadori spricht auch von 3 3, bei denen der 
Schwanz schön braunrot ist, ohne alle Bänderung auf den Federn 
mit Ausnahme derjenigen nahe an der Spitze. Schon Heuglin, 
der diese 3 Exemplare erwähnt, hält sie für sehr alte Vögel, eine 
Ansicht, der ich mich völlig anschliesse, da meinen beiden Exem- 
plaren zu Folge der Schwanz im Alter immer rotbrauner wird. 
Das von Hilgert auf der Rückreise von Adis-abeba nach Harar 
gesammelte @ hat viel rotbraune Schwanzfedern mit fast ver- 
wischter Bänderung, während bei dem g die Schwanzfedern mehr 
braun sind und deutliche Querbänderung tragen. Das sich im 
Berl. Mus. befindliche Exemplar, das älteste, welches mir vor- 
liegt, hat rotbraunen, fast ungebänderten Schwanz und ist dem- 
entsprechend auf der ganzen Oberseite, Rücken, Flügeln, Nacken 
stark rotbraun. 

Bedeutend ist der Grössenunterschied zwischen dem bisher 
unbekannten @ und dem sehr kleinen d. Schon in der Nau- 
mannia 1855 p. 8 weist Brehm darauf hin, jedoch hält er das 
sich hier auf dem Berl. Mus. befindliche Exemplar, nach welchem 
die Diagnose gemacht ist, für ein @, und ist dieses ohne Zweifel 
ein $, daher stimmen auch die in der Naumannia für ein 2 an- 
gegebenen Masse nicht, sondern beziehen sich auf ein g. 

Auf die Beschreibung des Gefieders brauche ich nicht näher 
einzugehen, welche von Brehm ausführlich Naumannia 1855 p. 7 
ausgeführt worden ist. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 197 


g Typus der Art (?), Berl. Mus. Nr. 621: Flgl. 33, Schwz. 19,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. 11,2 cm. 

g®% Mora, Süd-Abessinien (Djam-djam) 20. Januar 1901: 
Flgl. 34,5, Schwz. 20, Schnabel v. d. Wachsh. 2,1 cm. 

Aus diesem Exemplar, dessen Geschlechtsteile stark ent- 
wickelt waren, geht hervor, dass sich der Vogel in seinem Brut- 
gebiet befand. 

Djam-djam, im tiefsten Süden Süd-Schoas gelegen, dürfte 
demnach mit unter das Brutgebiet dieser Bussardart gerechnet 
werden, eine Tatsache, welche auch mit einer Bemerkung Brehm’s 
Naumannia 1855, p. 8 stimmt: „Auch dieser Vogel scheint sehr 
südlich zu wohnen.“ 

©° Harar, Abessinien, 23. Okt. 1900, leg. Hilgert: Flgl. 40,5, 
Schwz. 23,5, Schnabel v. d. Wachsh. 2,7 cm. 


Butastur rufipennis (Sund.) 


Sundevall, Oefr. Ak. Förk. 1850 p. 131. Poliornis rufipennis. 

Heuglin, Orn. N. O. Afrikas 1869 I. p. 95. /Poliornis] 
Buteo rufipennis. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01 p. 597. Bulastur 
rufipennis. 


Abessinien. 
Grant, Ibis 1900 p. 320. Butastur rufipennis. 


Der Heuschreckenbussard liegt mir von meiner Reise in 
einem Exemplar vor, welches ich im südlichen Somaliland erlegte. 
Hier lebte der Vogel auf den weiten grasigen Steppen, woselbst 
er ohne Zweifel Brutvogel ist. Seinen Horst errichtet er auf den 
einzelnen höheren Bäumen, die allenthalben sich zeigen. Auch 
in den ausgedehnten Akazienwäldern, welche wir auf unserem 
Marsch vom Ganale zum Fluss Daua zu passieren hatten, kam 
dieser Raubvogel zur Beobachtung. Am 19. April 01 fand ich 
auch den Horst dieses Raubvogels, welcher etwa 6 m hoch auf 
einer Schirmakazie, hart neben dem Karawanenpfad, stand. Von 
aussen glich er einem Rabenhorst; innen war er mit Wolle und 
Resten von Heuschrecken anusgepolstert.e. In demselben befanden 
sich 2 junge Vögel, von welchen der eine nach wenigen Tagen 
einging und gebalgt wurde. Der Vogel, noch im Dunenkleid, zeigt 
nur an den Flügeln schon Federn, welche aber schon deutlich 
die braunrote Färbung andeuten. Den anderen Vogel gelang es 
srosszuziehen, und erreichte er auch noch deutschen Boden, starb 
aber alsbald dann in der Gefangenschaft. Leider konnte ich nicht 
die beiden alten Vögel, welche zu diesem Horst gehörten, erlegen, 
da es in diesen Tagen wegen der feindlichen Haltung der Süd- 
somali unmöglich war, sich auf längere Zeit weit von der Kara- 
wane zu absentieren, und so lange die Karawane sich auf dem 
Marsche in der Nähe des Horstes befand, die schlauen Vögel 


198 C. v. Erlanger: 


nicht herankamen, jedoch konnte ich sie deutlich durch mein 
Fernglas beobachten und die Art identificieren. 

Das von mir am 14. Mai Ol bei Damaso, Süd-Somaliland 
erlegte J® ad. trägt folgende Masse: Flgl. 28,8, Schwz. 10,5, 
Schnabel v. d. Wachsh. 1,9 cm. 

Der Mageninhalt bestand aus Heuschrecken, und die Ent- 
wickelung der Geschlechtsteile (2) lässt darauf schliessen, dass 
der Vogel mit Sicherheit Brutvogel des Gebiets ist. 

- Oberkopf und Nacken rostfarben, schwarzbraun gestrichelt, 
Backen braun. 

Unterseite des Vogels rostfarben, nach der Kehle, und dem 
Bauch zu heller werdend. Brust und oberer Teil des Bauches 
braun gestrichelt, Rücken, Schultern, Oberschwanzdecken und 
Flügeldecken braun. Handdecken und Handschwingen rotbraun 
mit schwarzbrauner Spitze, letztere mit schwarzbraunen Quer- 
binden auf der Innenfahne und am Wurzelteile der Innenfahne 
weiss, unterseits weiss. Je älter der Vogel wird, desto mehr ver- 
liert sich die Bänderung auf der Innenfahne der Handschwingen 
und nimmt das Weiss auf der Innenfahne an der 1., 2., 3. Hand- 
schwinge zu. Armschwingen graubraun, beim jüngeren Vogel mit 
weissem Endsaum. Kehle weiss mit rostgelben Anflug, Schwanz 
graubraun mit dunkler Bänderung. Unterflügeldecken weiss mit 
einzelnen grauen Flecken. Iris zitrongelb, um die Pupille etwas 
srünlich angeflogen. Füsse und Wachshaut gelb. Bei jüngeren 
Vögeln ist Oberkopf und Nacken wie die übrige Oberseite braun, 
ebenfalls die Brust, welche nach und nach in die rostfarbene 
Unterseite übergeht. Die braune Strichelung auf der Unterseite 
ist viel breiter und dichter als beim ganz alten Vogel. 

Die drei auf dem Berliner Museum sich befindlichen Exem- 
plare: No. 694 Sennar Brehm, No. 695 N. O. Afrika Brehm, No. 62 
N. O. Afrika v. Heuglin sind keine ganz ausgefärbten Vögel. 


Helotarsus ecaudatus (Daud.) 


Daudin, Traite II. 1800, p. 54. Falco ecaudatus. 

Heuglin, Orn. Nord - Ost - Afrikas. 1869, p. 80. Helotarsus 
ecaudatus. Hierzu Tafel Il. 1. J ad. ungebändert 2. g ad. ge- 
bändert 3 iuv. 

Blanford, Geology und Zoology of Abyssinia 1870, p. 2%. 
H. ecaudatus. 

Antinori, Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873, p. 3892. 
H. ecaudatus. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 46; 1888 p. 526. 
H. ecaudatus. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 96. H. en 

Salvadori, Ucc. race. nel. Tigre. 1. Ann. al. Mus. zool. di 
Perugia XII. 1897. No. 287. H. ecaudatus. ’ 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 199 


Somaliland. 


Elliot, Field, Columbian Mus. 1897, p. 58. H. ecaudatus. 
Sharpe, Proc. Z. S. London 1895, p. 508. H. ecaudatus. 


Reichenow, Vögel Afrikas I. p. 598. A. ecaudatus. [Hier 
siehe weitere Synonymie und Literatur.] 
‚Bis jetzt ist‘ man sich noch nicht im Klaren, ob die ver- 
schiedenen Kleider, welche von Gaukler bekannt sind, sich auf 
Altersunterschiede, individuelle Abänderungen im Gefieder, oder 
auf zoogeographische Formen beziehen. Leider ist es mir auch 
nicht möglich, diese Frage endgültig zu erledigen, da das mir 
vorliegende Material nicht ausreicht. Schon von Heuglin ist auf 
die Form „leuconotus“ Pr. Würt. hingewiesen worden, jedoch 
soll diese Form über ganz Afrika. verbreitet sein und neben den 
braunrückigen Gauklern vorkommen, unter andern auch von 
Fischer in Ost-Afrika beobachtet. Die Form „fasciatus“ Heugl. 
Var. Diagnosis. Orn. f. Nord-Ost-Afrikas I, p. 81. Var. bezieht 
sich auf die Vögel mit bräunlichsilbergrauer Bänderung auf den 
Flügeln. Nach Heuglin kommen diese im Süden, Westen und 
Osten Afrikas neben der anderen Form ohne helle Bänderung 
vor. Nach Reichenow Vög. Afrikas I, p. 598 sind die Vögel mit 
gebänderten Flügeln, ferner die mit weissgelbem Rücken, [letztere 
sehr selten], Vögel hohen Alters. Merkwürdiger Weise haben 
nun alle von mir in Nord-Ost-Afrika (Abessinien, Galla und 
Somaliländer) gesammelten Gaukler diese silbergraue Bänderung 
auf den Flügeln, mit Ausnahme eines’ Exemplars im Übergangs- 
kleid, während die 4 alten Exemplare des Berl. Mus. aus 
Ost-Afrika gesammelt von Fülleborn (Rikwa), Böhm (Ugallafluss), 
Glauning (Ukimbu), Schnorrenpfeil (Lindi) nicht gebändert sind. 
Das von Glauning (Ukimbu) gesammelte Exemplar ist hellrückig, 
demnach die Var. „leuconotus“. Ein von Thierry in Togo ge- 
sammelter Gaukler ebenso mit ungebänderten Flügeln. Aus 
Süd-Afrika dagegen befinden sich ebenfalls 4 alte Exemplare 
hier, und zwar ein Exemplar aus Port-Natal (ungebändert), ein 
anderes aus Kaffernland (gebändert), ein Exemplar vom Kap, 
ungebändert, ein weiteres aus Damaraland leg. Lübbert gebändert. 
Hieraus lassen sich nun folgende Schlussfolgerungen ziehen. 
Die silbergraue Bänderung auf den Flügeln ist das Zeichen 
höheren Alters, da ein von mir im Übergangskleid in den Galla- 
ländern bei Sheikh-Hussain gesammeltes Exemplar ungebändert 
ist, während die anderen von mir gesammelten alten Vögel aus 
derselben Gegend, d. h. aus Nord-Ost-Afrika, gebändert sind. 
Dass nun gerade die 4 alten Vögel aus Ost-Afrika alle un- 
gebändert sind, erscheint mir ein Zufall. Das hier sich befindliche 
Exemplar aus Togo ist ebenfalls nicht gebändert, vielleicht ver- 
hält es sich also auch so, dass alle Gaukler des rein-tropischen 
Afrikas stets ungebändert sind, während die weiter vom Aquator 
entfernt vorkommenden, z. B. die Nordostafrikanischen Vögel 


200 C. v. Erlanger: 


stets eine Bänderung haben. Hiergegen spricht nun, dass nach dem 
aus Süd-Afrika vorliegendem Material beide Formen vorkommen. 
Vielleicht ist also der gebänderte Gaukler eine Art, welche in 
Süd-Afrika neben der ungebänderten Art vorkommt, während im 
rein tropischen Afrika nur die ungebänderte, im Nord-Osten nur 
die gebänderte Art lebt. Dass die Gaukler mit gelben Rückenfedern 
sehr alte Vögel sein sollen, erscheint mir dagegen nicht glaub- 
würdig, da, wie oben erwähnt, das von Glauning in Ukimbu ge- 
sammelte Exemplar ungebändert ist. Der Vogel müsste also, 
wenn es wirklich Alterszeichen wäre, in der Jugend ungebändert 
sein, dann gebänderte Flügel bekommen und, wenn der Rücken 
selb wird, die Bänderung wieder verlieren. Ich glaube daher, 
dass wir es bei der Form „leuconotus‘‘ lediglich mit einer Varia- 
tion, einem seltenen Spiel der Natur, zu tun haben. 


In der Jugend ist das Gefieder dunkelbraun kupferglänzend 
mit rotbräunlichen Federspitzen. Kopf, Hals, Nacken blasser mit 
hellbräunlichgelben Federspitzen. Vordere Handschwingen schwarz. 
Füsse orange. Schnabel am Ansatz orange, vordere Hälfte schwarz. 

Beim Vogel im Übergangskleid ist die Oberseite, Kopf, Hals 
und Nacken dunkelschwarzbraun. Bei den Unterflügeln machen 
sich einige weisse Federn bemerkbar. Unterseite, Brust und 
Bauch noch gemischt, teilweise die schwarzen Federn des Alters- 
kleides, teilweise noch die braunen Federn des Jugendstadiums 
tragend. Flügel nicht gebändert, d. h. Armschwingen schwarz, 
wie die Handschwingen, und nicht silbergrau. Schnabel am An- 
satz orange, vordere Hälfte schwarz. Füsse orange, jedoch mehr 
rötlich als beim jungen. Beim alten Vogel ist Kopf, Hals, Nacken, 
die ganze Unterseite, ferner die Schulterfedern und Handschwingen 
schwarz. Rücken, Bürzel und Schwanz rotbraun. 


Mittlere Armdecken, grosse Armdecken und grosse Hand- 
decken braun, kleine Flügeldecken und Afterflügel bei älteren 
Exemplaren heller mit grauem Anflug. Armschwingen schwarz, 
bei älteren Vögeln bräunlich silbergrau. Unterflügel weiss. Iris 
rotbraun. Füsse und Nackteile orangefarben in’s Korallrote über- 
gehend. Schnabel orange, nach der Spitze zu dunkelhornfarben. 

99 haben etwas grössere Masse als gg. 

Von mir wurden Gaukler gesammelt und beobachtet im 
nördlichen Somaliland von Zeyla-Harar. Ferner in den Galla- 
ländern bei Ginir und auf der Route nach Adisabeba, im Seeen- 
gebiet und Süd-Somaliland, Lorianebene u an der Küste bei 
Gobwen und Kismayu. 


Wohl wegen seines absonderlichen Aussehens und seines gau- 
kelnden Fluges haben die Eingeborenen den Gaukler in ihren Sagen- 
kreis aufgenommen. So herrscht z. B. bei den Somal der Glaube, 
dass die Kralle der Mittelzehe des Obodi (Gauklers) schwangeren 
Frauen, wenn sie dieselben an der Brust tragen, zu einer leichten 
Geburt und einem gesunden kräftigen Kind: verhelfen. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 201 


Dem Galla und Abessinier bringt der Gaukler Unglück, wenn 

er gaukelnden und laut hörbaren sausenden Fluges über die 
Maultierkarawane fliegt. Sicher wird der Nagadi (Kaufmann), be- 
vor er sein Ziel erreicht hat, viel Maultiere an Krankheit oder 
Ubermüdung verlieren. Unter diesem Aberglauben hatte auch 
ich auf meiner Reise zu leiden, da, nachdem eine Seuche unter 
den Maultieren der Karawane ausgebrochen war, nachdem ein 
Gaukler über die Karawane hergeflogen war, die Leute nicht mehr 
für die kranken Tiere sorgen wollten, da ihrer Ansicht nach diese 
doch sicherlich dem Untergang geweiht seien. 
Ein herrliches Bild bilden die Gaukler, wenn sie, zumal in 
der Paarungszeit, ihre Flugspiele in der Luft ausführen, wobei 
sie sich oft wie Steine aus hoher Luft herabfallen lassen, um dann 
wiederum kerzengerade in die Luft aufzusteigen; gerade bei 
solchen Flugspielen lässt sich das laute Geräusch mit den Flügeln 
vernehmen. Wie oft und wie lange habe ich den possierlichen 
Vögeln mit kurzem Schwanz, gedrungenem Körper und unverhält- 
nismässig grossen Flügeln zugesehen. 

Der Gaukler ist auch Aasfresser, jedoch kommt er meist 
einzeln, immer aber nur mit seinesgleichen an’s Aas, niemals mit 
anderen Raubvögeln; z. B. erlegte ich ein Exemplar auf dem Aas 
an unserem Lager bei Dadab. In der Nähe des Lagers bei Gum- 
bowonen wurde mir ein Exemplar tot von den Leuten gebracht, 
welches vergiftetes Fleisch gefressen hatte, das für Schakale aus- 
gelegt worden war. Am Lager in Artu, Nord-Somaliland, beob- 
achtete Hilgert mehrere Gaukler auf der Erde, welche nach 
Nahrung suchten. Ihre Haltung soll ähnlich der von Aasgeiern 
gewesen Sein. Am 13.4. 00. wurde Hilgert auf der Jagd in den 
Kaffeeplantagen bei Harar plötzlich auf Gaukler aufmerksam, 
die mit mächtig sausenden Flug. hoch aus der Luft fast senk- 
recht herunter stürzten und sich dann neckend in allen möglichen 
Flugkünsten tief über dem Boden entfernten. 


Gypaetus barbatus ossifragus (Savign.). 


Savigny, Syst. Ois d’Egypte 1800 p. 19. Phene ossifraga. 

Antinori, Catal. descrit. 1864 p. 7. Gypaetus barbatus. 

Blanford, Abyssinia 1870 p. 298. Gypaetus meridionalis. 

Salvadori, Ann. del. Mus. Civ. Genova 1884 p. 35; 1888, 
194. Gypaetus ossifragus. 

Erlanger, Beitr. z. Avifauna Tunesiens, Journ. f. Orn. 
1898. Tabula IV., und V. (nebst Text). Gypaetus barbatus ossi- 
fragus. 

Reichenow, Die Vögel Afrikas 1900—01. I. p. 601. Gy- 
paetus ossifragus. [Siehe hierselbst weitere Literatur]. 

Grant, Ibis 1900 p. 321. Gypaetus barbatus. 

Journ, f. Orn. LII. Jahrg. April 1904. 14 


208 C. v. Erlanger: 


Vom Lämmergeier gelang es mir eine grössere Suite in Abes- 
sinien und den Gallaländern zu sammeln, woselbst er keines- 
wegs eine seltene Erscheinung ist. Auf jedem Hochgebirge ist 
er heimisch und daher in dem Gebirgsland Abessinien, die afri- 
kanische Schweiz mit Recht benannt, häufig. In Adis-abeba sah 
ich tagtäglich Lämmergeier über den Hütten der Abessinier kreisen, 
öfters garnicht hoch über denselben, sodass es sogar Praeparator 
Hilgert eines Tages gelang, einen Gypaetus, während er über 
unseren abessinischen Hütten, in welchen wir wohnten kreiste, 
zu erlegen. In der Nähe derselben lagen mehrere alte Knochen, 
die Lieblingsspeise der Lämmergeier, und hatte er sich wahr- 
scheinlich diese zur Mahlzeit auserkoren. 

Auf dem Gara-Mulata bei Harar erlegte ich ein altes 
und ein junges Exemplar, ferner kreisten stets Lämmergeier über 
Ginir, dem Sitz von Dedjasmatsch Waldegabriel (Arrussi-Galla- 
land), woselbst ich mehrere Tage mit meiner Karawane lagerte. 
Diese kamen alle von den zwischen Scheikh-Hussein und Ginir 
sich hinziehenden Auatu-Gebirgen: Gebirge von äusserst pito- 
resken Formen infolge ihres vulkanischen Ursprungs, Tafelberge 
(Amba) mit steil abfallenden Felswänden, woselbst diese grossen 
Vögel die passendsten ÖOrtlichkeiten zur Horstanlage finden. 

Auch auf der Reise durch die Hochländer des Arrussi-Galia- 
lands von Scheikh-Hussein nach Adisabeba wurden öfters Lämmer- 
geier beobachtet und ebenfalls ein wunderbar ausgefärbtes Exem- 
plar von mir erlegt, während es gerade über unser Lager strich. 
In Adisabeba, wie schon .erwähnt, ist er eine tagtägliche Er- 
scheinung. Ferner kamen Gypaetus im Hochland von Djamdjam 
bei Abera und Darassa mehrmals zur Beobachtung, ferner auf 
der Reise von Abera durch die Hochgebirge bei Ladscho zurück 
nach Ginir. Der südlichste Punkt, woselbst ich den Lämmer- 
geier beobachtete, war bei Burdschi südöstlich des Gangiulesee, 
also ungefähr unter dem 6.° nördlicher Breite. 

Am 23. Okt. 1900 sah Hilgert auf dem Rückmarsch von 
Gandakore nach Harar an einer Bergkuppe 2 Lämmergeier in 
einer Felshöhle aus- und einfliegen. Nachdem mit grösster Mühe 
die Stelle von einem Somali erklettert worden war, fand derselbe 
darin einen alten leeren Horst, und war die ganze Höhle und 
darunterliegende Felsen weiss vom Geschmeiss der Vögel. Dies 
als Beispiel, dass ebenfalls die Lämmergeier den einmal besetzten 
Horstplatz beibehalten. Ein Schuss auf die unweit kreisenden 
Vögel blieb wirkungslos. Im ganzen wurden auf der Expedition 
in Süd-Schoa und den Gallaländern gesammelt.: 7 alte Vögel, 2 
im Übergangsstadium, 6 junge Exemplare. 


Nach Vergleich dieser von mir gesammelten 15 Exemplare 
mit anderen dem Berl. Mus. gehörenden Lämmergeiern aus Abes- 
sinien mit Exemplaren von Süd-Afrika, stellte sich heraus, 
dass die Unterscheidungsmerkmale zwischen der Form ossifragus 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 208 


und meridionalis doch nur sehr schwache sind. Leider fehlt es 
mir an genügendem Vergleichsmaterial aus Süd-Afrika, um diese 
interessante Frage zu entscheiden. 

Aus der mir vorliegenden Suite von Gypaetus aus Abessi- 
nien ergeben sich folgende Alterskleider. 

Ausgefärbter Vogel im höchstem Alter. Iris blassgraubräunlich, 
äusserer Ring zinnoberrot. Wangen, Kinn, Oberkopf weiss. Der 
schwarze Streifen, der sich oberhalb der Ohrgegend hinzieht und 
die Kopfplatte umsäumt, ist am Hinterkopf durchbrochen und 
bildet einen schwarzen, durch weisse Federn durchbrochenen Fleck, 
der je älter der Vogel ist, desto schwächer wird; Schwanzfedern, 
Schwingen, grosse und kleine Flügel, Deckfedern, Rückenfedern 
schwarz, grau bestäubt mit weissen und blassgelben Schäften. 
Kopf, Kehle, Hals schön rostfarben. Unterseite des Vogels gelb- 


‚lich weiss, nur mit einigen rostfarbenen Federn, welche je älter 


der Vogel, desto mehr verschwinden. 

Ausgefärbter alter Vogel. Im allgemeinen gefärbt wie voriges 
Exemplar, nur, dass die Unterseite des Vogels nicht gelblich- 
weiss ist und sich von dem rostfarbenen Hals des Vogels abhebt, 
sondern einfarbig stark rostfarben, was dem stattlichen Vogel ein 
wunderbares Colorit verleiht. 

Vogel im Übergangskleid, medial. Stadium. Wangen hellgelb 
mit rostfarbenem Anflug. Die umsäumte Kopfplatte schmutzig- 
weiss mit lanzettähnlichen Spitzen versehen, die sich nach dem 
Hinterkopf mehren und den nur noch im Alter vorhandenen Fleck 
bilden, der seinerseits aus der Anhäufung dieser lanzettähnlichen 
Spitzen gebildet ist. Hals, Kinn Nacken mit braunen, gelblich- 
weissen und rostfarbenen Federn versehen. Zumal sind Kehle 
und Hals bei dem mir vorliegendem Exemplar noch mit vielen 
braunen, dem Jugendkleid angehörenden, Federn geziert. Der die 
Kopfplatte umsäumende dunkle Streifen ist nicht rein schwarz 
wie beim alten oder ganz alten Vogel, sondern hat zumal über 
dem Auge bräunlichen Anflug. Unterseite des Vogels rotbraun 
mit rostfarbenem Anflug. Federn des Oberkörpers und Flügel- 


‘ decken braun ; an einzelnen Stellen kommen die schwarzen Federn 
des Alterskleides durch. 


Vogel im Jugendkleid Iris grau mit orangerotem Ring. 

Kopf und Hals schwarz. Unterkörper graubraun, roströt- 
lich verwaschen. Federn des Oberkörpers teils dunkel, teils grau- 
braun, einzelne Federn, zumal auf dem Rücken, mit weisslichen 
Enden. 

Aus den jungen Exemplaren geht hervor, dass der Vogel 
im ersten Federkleid eine völlig graubraune Unterseite hat, was 
erstens durch einen grossen Teil von Federn der Unterseite der 
mir vorliegenden Suite von „ossifragus“ hervorgeht, zweitens aus 
zwei ganz jungen Exemplaren von Gypaetus barbatus Stor., Berl. 
Mus, Wenn diese beiden Vögel auch einer anderen Art ange- 

14* 


204 6. v. Erlanger: 


hören, so kann man von ihnen an Hand des vorliegenden Mate- 
rials leicht diese Schlussfolgerung ziehen. 

Vom Lämmergeier sind uns nun folgende Formen bekannt: 

Gypaetus barbatus barbatus Stor. Von der pyrenäischen 
Halbinsei, Sardinien, längs der Alpen nach der Balkanhalbinsel, 
von da östlich nach dem Kaukasus, Central Asien, Himalaya, und 
den Gebirgen der Mongolei: 

Gypaetus barbatus atlantis Erl. Atlasländer, Marocco, Al- 
gerien, Tunesien, Palästina, Sinai nach König [Fessangebirgen, 
Tibesti].? 

Gypaetus barbatus ossifragus (Sav.) Nordostafrika, Abes- 
sinien und in den sich südlich daran anschliessenden Gallaländern, 
nach Heuglin im peträischen Arabien und in den Bogos und 
Beni-Amer Ländern. 

Gypaetus barbatus meridionalis (Keys. Blas.) Südafrika, Natal, 
Oranjefreistaat, Kaffernland. 

Sehraltesg. Scheikh Hussein Arrussi-Gallaland, 27. Juni 00: 
Flgl. 72, Schwz. 49,5, Schnabei 4,8, Lauf bis zu den Zehen un- 
befiedert 3,5 cm. 

Sehr altes d?. Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland, 
38. Jan. 00. Figl. 69,5, Schwz. 48,5, Schnabel 4,7, Lauf bis zu 
den Zehen unbefiedert 3,3 cm. 

°(% alt. Djafa (Route Ginir-Adis-abeba) Arrussi-Gallaland, 
20. Juli 00: Flgl. 73, Schwz. 51,5, Schnabel 4,8, Lauf bis zu den 
Zehen unbefiedert 3,3 cm. 

g®% alt. leg. Hilgert, Cialanco (Route Adis-abeba -Harar) 
Abessinien, Flgl. 74, Schwz. 50,5, Schnabel 5, Lauf bis zu den 
Zehen unbefiedert 3,4 cm. 

g ad. Gara-mulata [Granitgebirgsstock 3 Tgr. südwestlich 
Harar], 21. März 00: Flgl. 73, Schwz. 49, Schnabel 4,7, Lauf bis 
zu den Zehen unbefiedert 3,6 cm. 

Q med. Gara-Mulata 3 Tgr. südwestl. Harar, 21. Dezbr. 00: 
Flgl. 74, Schwz. 51, Schnabel 5,2, Lauf bis zu den Zehen un- 
befiedert 3,6 cm. 

Sg" med. Ladscho (Route Abera-Ginir) 12. Febr. 1901: 
Flgl. 74, Schwz. 50, Schnabel 4,5, Lauf bis zu den Zehen unbe- 
fiedert 3,5 cm. 

g iuv. Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland 27. Jan. 
1901: Flgl. 72, Schwz. 50, Schnabel 4,7, Lauf bis zu den Zehen 
ungefiedert 3,5 cm. 

© juv. Ginir, Arrussi-Gallaland 27. Jan. 1901: Flgl. 74, 
Schwz. 52, Schnabel 5,1, Lauf bis zu den Zehen unbefiedert 
3,5 cm. 

g iuv. Adis-abeba, Abessinien 10. Sept. 1900: Flgl. 71, 
Schwz. 49, Schnabel 4,7, Lauf bis zu den Zehen unbefiedert 
3,6 cm. 

g iuv. Adis-abeba, Abessinien 8. Aug. 1900: Flgl. 73,5, 
Schwz. 50, Schnabel 4,8,Lauf bis zu den Zehen unbefiedert 3,7 cm. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 205 


9 iuv. Gara-Mulata, Abessinien 27. März 1900: Flgl. 74, 
Schwz. 50, Schnabel 5, Lauf bis zu den Zehen unbefiedert 3,5 cm. 


Haliaetus vocifer (Daud.) 


Daudin, Traite II. 1800, p. 65. Falco vocifer. 
Heuglin, Jorn. f. Orn. 1863, p. 8.  FPandion vocifer var. 
orientalis. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869, I. p. 53. Haliaetus 
vocıfer. 
Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 45; 1888, 196. 
Haliaetus vocifer. 


Somaliland. 


Grant, Ibis 1901, p. 682. Haliaetus vocifer. 

Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895, p. 508. A. vocifer. 

Diesem schönen Adler bin ich häufig auf meiner Reise be- 
gegnet. Wohl an jedem Fluss oder See des tropischen Afrikas 
ist der Schrei-Seeadler eine häufige Erscheinung. Hier hat er 
auf den dürren Ästen der höchsten Bäume im Uferwald aufge- 
baumt, am liebsten an solchen Plätzen, von wo er gut die Wasser- 
fläche übersehen kann. Der schöne Raubvogel bietet einen herr- 
lichen Anblick mit seinem weissen Kopf und Brust, wenn er 
steif dasitzend sich von der heissen Sonne bestrahlen lässt, ein 
echter Charaktervogel für die ganze Landschaft. Im Seengebiet 
konnten wir schon in aller Frühe die lauten Rufe des Adlers ver- 
nehmen, wenn er über dem am Seeufer errichteten Lager Kkreiste, 
wobei sich die Adler oft in gewandten Flugbewegungen verfolgten. 
Öfters konnte ich ihn beobachten, wenn er über einen See oder 
längs eines Flusses über die Wasserfläche flog, um einen Fisch, 
seine Hauptnahrung, zu erbeuten, wobei er sich dann wie ein 
Stein in das Wasser fallen lässt. Zum ersten Mai beobachtete 
und erlegte ich diesen Adler am Webbi-Shebelli am 10. Juni 1900, 
und zwar zeigte er sich hier als Aasfresser. 2 Tage vorher hatte 
ich ein Krokodil erlegt, und lagen die Überreste des abgezogenen 
Tieres auf einer Sandbank am Fluss. Da ich schon mehrmals 
einen Adler dieser Gattung beobachtet hatte, ging ich seinetwegen 
nochmals den Fluss hinauf, um ihn zu erlegen. An der Sandbank 
angekommen, sah ich den Adler an den Überresten des Krokodils 
fressen, schlich mich gedeckt bis auf 30 Schritt an den nichts- 
ahnenden Raubvogel heran und schoss ihn dann beim Abstreichen. 
Übrigens hat auch Le Vaillant Knochen von Antilopen an den 
Orten, an welchen der Schreiseeadler seine Mahlzeiten zu halten 
pflegte, gefunden. Seine Hauptnahrung besteht aber in Tieren, 
die im Wasser leben, Fischen, Fröschen, Wasserschlangen. Nach 
Böhm hat das gesamte Wassergeflügel grosse Furcht vor dem 
zanksüchtigen Adler, während Hilgert auf der Reise von Harar 


206 C. v. Erlanger: 


nach Adis-abeba das Gegenteil beobachtete, indem Enten und 
Blatthühnchen sich ungeniert unter dem aufgebaumten oder neben 
dem auf einem im Wasser liegenden Holzklotz sitzenden Adler 
im Wasser umhertummelten. 

Sehr häufig traf ich Schreiseeadler am unteren Ganale, ferner, 
wie schon erwähnt, am Seengebiet, woselbst ich am 3. Dezbr. 
1900 auf einem hohen Baume am Ufer des Abassesees den Horst 
dieses Adlers fand. Ich wurde darauf aufmerksam durch die 
beiden über dem Baum kreisenden und bei meinem Herannahen 
ängstlich rufenden alten Vögel. Im grossen Horst, der unter 
vielen Bemühungen von einem dortigen Galla bestiegen wurde, 
befanden sich 2 fast flügge junge Vögel. In dieser Gegend scheint 
demnach die Brutzeit in die Monate Okt. und November zu fallen, 
während nach Heuglin die Paarungszeit schon in die Monate Fe- 
bruar und März verlegt wird. Meiner Ansicht nach ändert sich 
aber in den Tropen die Brut- und Paarungszeit sehr, welche völlig 
mit der Regenzeit in Verbindung gebracht werden muss, die doch 
auch in den einzelnen Jahren sehr verschieden stark oder schwach 
auftritt, eventuell gänzlich ausbleibt, sodass es kaum möglich ist, 
die Jahreszeit für die Brutzeit eines Vogels in den Tropen fest- 
stehend anzugeben. 

Nach der von mir in Abessinien, den Galla und Somali- 
ländern gesammelten Suite scheinen die nord-ost afrikanischen 
Schreiseeadler etwas kleiner zu sein als die aus Deutsch-Ost-Afrika, 
von denen mir eine grosse Suite des Berl. Mus. zum Vergleich 
zur Verfügung steht. Während bei den Jg aus Nord-Ost-Afrika 
die Flgl. von 48—50,5 cm variiert, Schwz. 23—24, Schnabel 
4,5—5, bei @9 die Flgl. von 51—53 cm, Schwz. 23,5 —26, Schnabel 
5,1—5,3 cm, variieren die alten Exemplare des Berl. Mus. aus 
Deutsch-Ost -Afrika, Flgl. 53—57,5, Schwz. 24—28, Schnabel 
4,8—5,5 cm. [Leider fehlt von Seiten der Sammler die nähere 
Geschlechtsbestimmung]. 

In den einzelnen Alterskleidern ändert sich dieser Raubvogel 
ebenfalls bedeutend. 

Beim alten Vogel sind Kopf, Hals, Brust, Nacken, Ober- 
rücken, Schwanz und die längeren Unterschwanzdecken weiss. 
Flügeldecken mit Ausnahme der kleinen, die rotbraun sind, zum 
Teil mit schwarzen Mittelflecken, ferner Schwingen, Schulterfedern, 
Bürzel und Oberschwanzdecken schwarz mit grünlichem Schimmer. 
Bauch, Hosen, kürzere Unterschwanzdecken, Unterflügeldecken 
rotbraun (siehe Reichenow). Iris braun melliert, Füsse blassgelb, 
Wachshaut zitronengelb. Schnabel schwarz. 

‚Vogel im mittleren Stadium: Kopf, Hals, Nacken, Brust, 
Schwanz und die längeren Unterschwanzdecken weiss. Auf der 
Brust haben einige der weissen Federn einen rotbraunen Mittel- 
streifen, ferner sind die Federn hinter dem Auge nach Stirn und 
Hals zu bräunlich. Handschwingen schwarz. Bauch, Hosen und 
die kürzeren Unterschwanzdecken braun mit rötlichem Anflug. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 207 


Oberseite des Vogels, Flügel und deren Unterseite, Rücken, 
Bürzel im allgemeinen braunschwarz, während auf dem Ober- 
rücken sich schon viele weisse Federn zeigen, sodass dieser sich 
scharf von der übrigen Oberseite des Vogels abhebt, zeigen 
einige Flügelfedern schon das Alterskleid durch ihre schwarze 
- Farbe mit grauem Stahlglanz; ebenfalls haben auch schon die 
grossen Unterflügeldecken braune Färbung. Iris braunmelliert. 
. Füsse gelblichweiss.. Wachshaut zitronengelb. Schnabel schwarz. 

Iın Jugendkleid ist der Vogel braunschwarz, besonders im 
Nacken, auf der Kehle, den Wangen und der Brust treten die 
weissen Federn hervor. Rückenfedern und Flügeldecken mit 
rostfarbenen Säumen; die grossen Flügeldeckfedern häufig mit 
weisser Innenfahne. Schwanz graubraun, dunkelbraun gefleckt 
mit breiter schwarzbrauner Binde am Ende vor denselben, sowie 
der Endsaum, weisslich (siehe Reichenow). Iris hellbraun. Füsse 
schmutzigweiss. Wachshaut braungrau. Schnabel schwarz. Nach 
Heuglin und Brehm sollen östliche Vögel kleiner sein als west- 
liche und südliche. 


Milvus aegyptius (Gm.) 


Gmelin, S. N. I. 1788, p. 261. Falco aegyptius. 

Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869 I, p.98. Milvus forskali. 

Reichenow, Vögel Afrikas I, 1900-01, p. 609. Milvus 
aegyptius. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870, p. 300. Milvus aeyyptius. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 58; 1888, p. 58. 
M. aegyptius. 

Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888, p. 54. M. aegyptius. 


Somaliland. 


Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895, p. 509. M. aegyptius. 

Lort Phillips, Ibis 1898, p. 420. M. aeyyptius. 

Der Schmarotzermilan ist der gewöhnlichste und weitver- 
breiteste Raubvogel des tropischen Afrikas. In der Nähe von 
Ansiedelungen und Dörfern, an den Karawanenstrassen und ver- 
lassenen Lagerplätzen, überall trifft man ihn an. Ich beobachtete 
denselben an der Küste bei Aden und Zeyla, im nördlichen So- 
maliland, in den Gallaländern, bei Adis-abeba in einer Höhe von 
2800 m im Hauaschtal (Hilgert) im Seengebiet, Boranland, Süd- 
Somaliland, Lorianebene und an der Küste bei Kismayu. Meine 
Leute warfen ihnen öfters, wenn sie niedrig über unserem Lager 
kreisten, kleine Fleischstücke in die Luft, welche diese geschickt 
im Flug mit den Krallen auffingen. Am 2. Jan. 01 war einer 
_ dieser Vögel so frech, dass er Hilgert ein Stück Fleisch im Flug 


208 C. v. Erlanger: 


aus der Hand wegnahm, ganz in der Nähe aufbaumte und seinen 
Raub zu kröpfen begann. Grosse Ansammlungen von Milvus 
aegyptius beobachteten wir in den letzten Tagen des Febr. 00 
im nördlichen Somaliland auf der Route von Zeyla — Djeldessa 
in nächster Nähe von Artu. In diesen Tagen überfluteten unge- 
zählte Mengen von Wanderheuschrecken die ganze Gegend und 
liessen sich, zumal in den waldigen Beständen, eine Tagereise 


nördlich von Artu in ungeheueren Scharen nieder. Hier war. 


es dann auch, wo sich die Milvus in grossen Mengen versam- 
melten, um Jagd auf die Heuschrecken zu machen, was der 
Mageninhalt der erlegten Milvus bezeugte. 

Den Horst mit Gelege dieses Raubvogels fand ich gelegent- 
lich eines Jagdausfluges auf Sommerings-Gazellen von unserem 
Lagerplatz bei Dadab aus. Der Horst stand kaum 6 m hoch auf 
einzelnen Akazien, und befanden sich in der mit einigen grauen 
Zweigen ausgelegten Nestmulde Eier, die folgende Masse haben. 

Gelege 2 Eier, gefunden bei Dadab N.-Somaliland, Route: 
Zeyla — Djeldessa am 24. Januar 1903. 

Was Farbe-Zeichnung anbelangt, gleichen die Eier lebhaft 
gezeichneten Eiern von Milvus korschun. 

Einer grösseren Suite, Gelege von Milvus korschun reichenowi 
aus Tunesien, gegenübergestellt finde ich keinen nennenswerten 
Unterschied. 


54 X 42,5 
n: = Bebrüt d (8) 
ebrütungsgra 


In Bezug auf die Färbung des Gefieders ist zu bemerken, 
dass jüngere Vögel im allgemeinen dunkler gefärbt sind als ältere. 
Zumal auf der Kopfplatte und dem Nacken sind die Federn mehr 
rostfarben, ebenfalls fehlen den jüngeren Vögeln die ganz hellen 
mit schwarzen Mittelstreifen versehenen kleinen Stirn- und Kehl- 
federn,. welche dem ganzen Kopf des sehr alten da das helle 
Aussehen verleihen. 

Ein weiteres Merkmal jüngerer Vögel sind die dunkelbraunen 
Backen und der weniger intensiv gelbe Schnabel, der bei ganz 
jungen Vögeln hornbraun ist. 

Merkwürdiger Weise sind vier von mir im Nord-Somaliland 
gesammelte Vögel äusserst hell, was zumal im Nacken und auch 
auf der übrigen Oberseite der Vögel zu Tage tritt, jedoch variieren 
diese Vögel nach Vergleich mit anderen von mir später im Laufe 
der Reise gesammelten Exemplaren und anderen aus dem Berl. 
Mus. aus Ost- und West-Afrika bedeutend, sodass ich vorerst 
noch nicht wage, eine Entscheidung zu treffen, ob wirklich der 
Somalivogel constant heller ist; jedoch mache ich auf diese Be- 
obachtung aufmerksam, wodurch man nun vielleicht später an Hand 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 209 


noch grösseren Materials zu einem interessanten Resultat, be- 
züglich zoogeographischer Formen kommen kann. 

In den Massen variieren die gg; Flgl. 42—44, Schwz. 29 
—32, Schnabel v. d. Wachsh. 2,3—2,6 cm. 

Die @2 sind grösser als die Jg, leider fehlt es mir an 
Material, um auch bei diesen die Masse angeben zu können. 


Milvus korschun korschun (Gm.) 


Gmelin, N. Com. Petrop. XII. 1771 p. 444. Accipiter korschun. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869 I. p. 98. Milvus aetolvus. 


Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01. Bd. I. p. 612. M. kor- 
schun. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870 p. 300. Milvus migrams. 
Giglioli, Ann. Mus. Civ. 1888 p. 55. Milvus migrans. 


Auf dem Zug mehrmals beobachtet und in 2 Exemplaren 
gesammelt. 

© Gumboworen Nord-Somaliland, 9. Febr. 00: Flgl. 46,5, 
Schwz. 28, Schnabel 2,7 cm. 

© Soomadu Nord-Somaliland, 12. Febr. 00: Flgl. 45,5, 
Schwz. 29, Schnabel 2,6 cm. 

Ein weiteres Exemplar dieser Art befindet sich auf dem 
Berl. Mus; @ Tabora, Deutsch-Ost-Afrika leg. Böhm 23. XII. 00: 
Flgl. 45,5, Schwz. 27, Schnabel 2,6 cm. 

Sehr interessant sind 3 Milvus meiner Sammlung durch ihr 
völlig abweichendes Kleid. Das eine Exemplar, erl. am 27. Mai 
1899 Westpreussen, demnach Milvus korschun korschun (Gm.), ist 
ein altes ©. Durch Sektion wurde nachgewiesen, dass der stark 
entwickelte Eierstock zusammenhängend war, der Vogel demnach 
nicht gelegt hat. 

Ein weiteres Exemplar, erlegt in Tunesien am 11. Mai 1899 
leg. Spatz., demnach Milvus korschun reichenowi, ist ein altes Jg. 

Das dritte Exemplar von Milvus aegyptius (Gm.), erl. bei 
El-Hota, Süd-Arabien (Sultanat Lahadsch) 23. Dezbr. 99, ist ein 9. 

Der abnorm helle Kopf, Hals und Nacken, die viel hellere 
Unterseite heben sofort diese Vögel aus einer Suite ihrer Anver- 
wandten hervor. Die beigefügte Tafel, welche die Exemplare 
darstellt, wird sie am besten dem Leser veranschaulichen. 

Da sowohl die in Westpreussen, als auch in Nord-Afrika 
sesammelten Exemplare während der Brutzeit erlegt sind, so halte 
ich diese Aberration für eine individuelle Variation, welche als 
seltene Erscheinung sowohl bei der deutschen wie tunesischen z00- 
geographischen Form von Milwus korschun, als auch bei Melvus 
aegyptius auftritt. 


210 C. v. Erlanger: 


Anbei die Masse: 


Milvus korschun korschun 2 27. V. 99. Klein-Lutau West- 
preussen, erl. v. Förster Schramm: Flgl. 44, Schwz. 26, Schnabel v.d. 
Wachsh. 2,7 cm. 

MilWwus korschun reichenowi 3 11. V. 99. Gafsa Tunesien leg. 
Spatz: Flgl. 38,5, Schwz. 23,5, Schnabel v. d. Wachsh. 2,6 cm. 


Milvus aegyptius 9 El-Hota (Lahadsch) 23. Dezbr. 99: Flgl. 
41, Schwz. 26,5, Schnabel v. d. Wachsh. 2,5 cm. 


Mivus korschun affinis (Gould). 
[Hierzu Tafel]. 


Gould, P. Z. S. 1837 p. 140, id. Syn. B. Austa pt. III. (1838) 
Milvus offinis. ’ 

Unter der grossen Anzahl von Milvus, welche während meiner 
Expedition gesammelt wurden, befand sich auch ein dieser Art 
angehörender Vogel. Ich konnte denselben nicht bestimmen und 
sandte ihn deshalb an Herrn Hartert, welcher die Liebenswürdig- 
keit hatte, denselben zu identificieren und nach Vergleich mit 
anderen Exemplaren dieser Art als Milvus korschun affıinis er- 
kannte. Herr Hartert sandte mir ausserdem noch 2 dieser Art 
angehörende Vögel aus dem Tringmuseum, damit ich selbst mein 
Urteil fällen könnte, und in der Tat die beiden Vögel stimmen 
völlig mit dem gesammelten überein. 

Der australische Milvus auf dem Zug in Nord-Ost-Afrika! 

Daraus kann man ersehen, wie die Zugstrassen der Vögel, 
die Zugverhältnisse, unter welchen diese leben, uns wenig oder 
kaum bekannt sind. 

Es ist im wahren Sinn des Worts ein Milvus „migrans.“ 

g (nach Hartert zweijährig) Gulufa. Ennia-Gallaland N. O. 
Afrika, 31. Dezbr. 1900, leg. Hilgert: Flgl. 42, Schwz. 27,7, 
Schnabel 2,4 cm. 


Elanus coeruleus (Desf.) 


Desfont, M&m. Ac. Sc. 1787 p. 503. T. 15. Falco coeruleus. 

Heuglin, Orn. N.-O.-Afrikas 1869 I. p. 100. Elanus mela- 
nopterus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—011. p. 615. E. coeruleus. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p.60; 1888, p. 198. 
Elanus coeruleus. 
Salvadori, Bull. Mus. Zool. Torino Nr. 28, 1897. E. coeruleus. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 211 


Somaliland. 


Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895, p. 509. E. coeruleus. 
Revoil, Faune et Flore Somali (Oiseaux). E. coeruleus. 


Der Gleitaar wurde in mehreren Exemplaren von mir ge- 
sammelt. Leider gelang es nicht, diesen Raubvogel als Brutvogel 
zu konstatieren, auch trat er nirgends häufig auf und wurde nur 
einzeln beobachtet, zeigte sich stets scheu und vorsichtig, ein 
bestes Zeichen dafür, dass er sich in dem Gebiet nicht heimisch 
fühlte. Nach Heuglin ist er ein häufiger Raubvogel des unteren 
und mittleren Agyptens, während er in Assuan, im nördlichen 
Nubien bei Chartum, in Abessinien und den Bogosländern, in Kor- 
dofan, am blauen und weissen Nil ziemlich vereinzelt erscheint 
und zwar nur im Herbst und Winter. 

Diese Beobachtung Heuglins würde mit der meinigen über- 
einstimmen. Ein @ wurde von mir erlegt am 2.1.01 am Abaia- 
See in Süd-Schoa (Seengebiet). 

Häufiger als in Süd-Schoa und den Gallaländern scheint er 
im Süd-Somaliland aufzutreten, woselbst 2 Exemplare gesammeit 
wurden. 


Ein von mir in Tunesien gesammeltes Exemplar, Journ. f. 
Orn. 1898 p. 402, ist nach Vergleich mit Exemplaren aus dem 
tropischen Afrika sehr hell gefärbt, was zumal auf der Oberseite 
des Vogels dem Kopf und Nacken zu Tage tritt. 

Nach Reichenow Zugvogel in Afrika bis Angola und Natal. 
Nach Brehm soll er dagegen im Januar und März in Nord-Ost- 
Afrika brüten, Horst auf niedrigen Zitronenbäumen und 3—5 
Eier oder Junge enthaltend. 

Nach Heuglin brütet der Gleitaar auf Palmen und verein- 
zelten Akazien zwischen März-Juli 

Irisfärbung und Wachshaut bei einem im Südsomaliland ge- 
sammelten Exemplar in noch nicht ganz ausgefärbtem Gefieder 
war orangerot, was ebenfalls mit der Angabe Heuglins stimmt, 
der im Gegensatz zu Schlegel und Naumann für die Irisfarbe hoch 
blutrot angibt. Man kann also folgende Skala für die Irisfärbung 
bei diesem Raubvogel aufstellen: alt: hoch blutrot (Heuglin), med.: 
orangerot, iuv.: fahlockergelb (Heuglin), Pull.: hell umbrabraun 
(Heuglin). 

Die Füsse der von mir in Nord-Öst-Afrika gesammelten 
Exemplare waren zitrongelb. 

© med. Solole Süd-Somaliland, (Route Bardera Umfudu) 
14. Juni 1901: Flgl. 26,7, Schwz. 14,8, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

g? ad. Hanole. Süd-Somaliland, (Route Umfudu-Gobwen) 
30. Juni 1901: Flgl. 27, Schwz. 14,7, Schnabel v. d. Wachsh. 1,7 cm. 


Med. Abaya-See. Süd-Schoa (Seengebiet) 2. Jan. 1901: Flel. 
27,2, Schwz. 14,7 cm. 


212 C. v. Erlanger: 


Nauclerus riocouri (Vieill.). 


Vieillot, Oud. Gal. Ois. 1. 1823. pag. 43. Tab. 16. Elanoides 
riocouri. 

Heuglin, Orn. N.-O.-Africas I. 1869. p. 102. El. riocouri. 

Reichenow, Die Vögel Afrikas I. 1900—01. p. 617. Nau- 
clerus riocouri [siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884. p. 59. Nauclerus 
riocourt. 

Dem Schwalbenweih bin ich nur einmal auf meiner Reise 
begegnet und zwar am 15. Januar 1900 in der Nähe unseres Lagers 
bei Arircharleis im nördlichen Somaliland. 2 Tage von der Küste 
entfernt auf der Route von Zeyla nach Djeldessa. Gerade ver- 
folgte ich die Spur einer angeschossenen Sommerings-Antilope, 
als ich 2 dieser merkwürdigen Raubvögel wie Seeschwalben über 
mich herfliegen sah; natürlich wandte ich sofort meine Aufmerk- 
samkeit darauf und sah, wie sie einer einzelnen niedrigen Akazie 
zugeflogen, auf der noch 5 weitere sassen. Sofort schlich ich mit 
gutem Wind heran, hoffte auf einen Schuss mehrere zu erlegen, 
da 3 von ihnen wie unsere Schwalben dicht neben einander auf 
einem dünnen, bei dem geringsten Windstoss beweglichen Zweig 
sassen, worauf sie mit ihrem Schwalbenschwanz durch Wendungen 
nach dem Wind zu die Balance hielten. Leider fiel nur ein 
Exemplar, und mit dem zweiten Schuss fehlte ich die eilenden 
Flugs abstreichenden flinken Flieger. Der Schwalbenweih ist noch 
wenig bekannt, über sein Brutgeschäft weiss man leider noch gar- 
nichts. Reichenow gibt als seine Heimat Nordwest- und Nordost- 
Afrika an. 

g Arircharleis Nord-Somaliland 15. I. 00: Flgl. 23,5, Schwzl. 
Mittelfeder 10,5, Schwalbenfeder 21,7, Schbl. v. d. Wachsh. gem. 
1,5 em. 

Alter Vogel Berl. Mus. Togo lg. Thierry: Flgl. 23, Schwzl. 
Mittelfedern 10, Schwalbenfeder 18, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

Alter Vogel Berl. Mus. Senegal No. 1072 leg. Delbrück: Flegl. 
23,7, Schwzl. Mittelfedern 11,7, Schwalbenfedern 18,8, Schnabel v. 
d. Wachsh. 3 cm. 

Dieses, sowie das in Togo gesammelte, Exemplar ist auf der 
Oberseite viel dunkler, als das von mir im Somaliland erlegte 9. 


Falco islandus tanypterus (Schlegel). 


Schlegel, Krit. Übersicht II. p. 11 (1844), Abhandl. III. p. 28. 
Falco tanypterus. Hierzu Taf. 12, ad 13. iuv. pag. 16. 

Kleinschmidt, Der Formenkreis Falco Hierofalco. Ung. Orn. 
Centr. Budapest „Aquila“ VIII. 1901. Jan. Falco Hierofalco 
lanypterus. 

Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas I. 1869. p. 23. Falco lanarius. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 213 


Abessinien. 


Blanford, Abyssinia 1870. p. 289. Falco tanypterus. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873. p. 388. Falco 
tanypterus. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 61; 1888, p. 527. 
Falco tanypterus. 


Falco islandus tanypterus ist eine sehr häufige Erscheinung 
in Nord-Abessinien und Süd-Schoa. Auf der Gebirgsroute, welche 
Harar mit der äthiopischen Hauptstadt Adis-abeba verbindet, 
wird der Reisende gar oft den schönen Edelfalken zu Gesicht 
bekommen. Bei Adis-abeba bat er auf den einzelnen hohen 
Iuniperusbäumen, welche an den Gehöften der Abyssinier oder 
um die Kirchen stehen, seinen Horst errichtet. Aber auch einzelne 
Felswände, welche sich gar so oft aus den bebauten Gefilden des 
‚abyssinischen Gebirgslandes erheben, hat sich dieser Falke zur 
Heimstätte erwählt. 

Auf dem Gara-Mulata und dem Hakimgebirge bei Harar, 
dem Abu-el-kasim bei Ginir, in den Gallaländern auf dem heiligen 
Sekuala südlich Adis-abeba, allüberall wurde auch Falco tany- 
pterus beobachtet. 

Ich verweise hier auf die Arbeit von O. Kleinschmidt, ver- 
öffentlicht in der Ungar. Ornith. Centrale „Aquila“. VII. Bd. 
1901, Januar, woselbst Verfasser den gesamten Formenkreis von 
Falco Hierofalco bespricht. Kleinschmidt zählt 11 Arten auf, 
welche in verschiedenen zoogeographischen Formen sich vom 
hohen Norden Grönlands über Europa, Asien und Afrika ver- 
breiten und hebt ausdrücklich hervor, dass neben diesen Formen 
von Falco hierofalco eine andere Falkenart sich in gleicher Weise 
über die alte Welt verbreitet, aber nichts mit den Formen von 
Falco hierofalco zu tun hat, nämlich der Formenkreis von Falco 
peregrinus. Der Vertreter von Falco islandus in Abessinien, 
Süd-Schoa, den Gallaländern und Agypten ist Falco islandus 
lanypterus. Auf meiner letzten Expedition wurde eine stattliche 
Reihe dieser Edelfalken gesammelt, welche merkliche Unter- 
schiede in der Färbung sowohl innerhalb alter Exemplare, als 
auch zwischen jüngeren und älteren Vögeln an Hand der mir 
vorliegenden Suite aufweisen. 

Je älter die Vögel werden, desto mehr nimmt die Flecken- 
zeichnung auf der Unterseite ab, der rötliche Anflug zu. Während 
bei ganz alten Vögeln Hals und Brust einfarbig isabellrötlich 
sind, so haben jüngere, aber demnach schon völlig ausgefärbte, 
alte Vögel hier eine spärliche Strichelung im Gefieder. Eben- 
falls ist die Vorderstirn bei diesen Vögeln mehr schwarz wie 
bei ganz alten Vögeln, bei welchen die braunroten Federn mit 
Ausnahme Jes hellen Stirnbands fast den ganzen Oberkopf be- 
herrschen. 


214 C. v. Erlanger: 


Bei jungen Vögeln ist die Kopfplatte nicht rotbraun mit 
schwacher Strichelung wie bei alten Vögeln, sondern auf blass 
rostfarbenem oder bräunlich weissem Grunde mit dichter, grober, 
schwarzbrauner Strichelung versehen, die sich nach dem Schnabel 
zu völlig vereinigt, sodass der vordere Teil der Kopfplatte 
schwarzbraun ist. Die Unterseite hat bei jungen Vögeln auf 
hellem Untergrund breite dunkelbraune Fleckung, welche je nach 
Alter der Exemplare in Dunkelheit und Dichtigkeit variiert. 

Die dd ad. variieren in ihren Massen folgenderweise: Flgl. 
32 —32,7, Schwzl. 19,5 —21, Schnabel v. d. Wachsh. an 1,8—2 cm. 

Die 28 Flgl. 35,5—37, Schwzl. 22—23, Schnabel v. d. 
Wachsh. an 2,1—2,3 cm. 

Schon gleich nach dem wir vom nördlichen Somaliland 
kommend Djeldessa und somit die abyssinische Grenze, zugleich 
aber auch die nordöstlichen Ausläufer des abyssinischen Hoch- 
landes erreicht hatten, trat auch dieser Edelfalke auf. Am 
4. März 1900 gelang es Hilgert, bei Belaua, auf der Route von 
Djeldessa nach Harar gelegen, an einer isolierten Felswand nahe 
an dem Karawanenweg ein zusammengehöriges Pärchen dieses 
Falken zu erlegen. Anscheinend hatten sie sich diese Felswand 
zur Horstanlage auserkoren. Durch Sektion wurde erwiesen, 
dass sowohl bei den $ wie © die Entwicklung der Geschlechts- 
teile vorgeschritten war, wodurch man annehmen kann, dass in 
Abessinien die Brutzeit dieser Falkenart in die zweite Hälfte 
März, erste Hälfte April fällt. Leider gelang es nicht, Horst 
und Gelege dieser Falkenart auf der Reise zu erbeuten, obwohl 
eifrigst darnach gefahndet wurde. Während sich diese Falken 
während der Brutzeit im Hochland aufhalten, woselbst die 
einzelnen Pärchen streng ihr Jagdgebiet behaupten, in welchem 
sie dann auch ihren Horst haben, trifft man sie ausserhalb der 
Brutzeit über das ganze Land verbreitet, auch im Tiefland, an. 
Junge Vögel, welche noch nicht ausgefärbt sind, treiben sich das 
ganze Jahr hindurch herum. So bevorzugen sie auch einzelne 
Seen, an welchen ja, das abyssinische Hochland so reich ist, um 
hier eifrigst der Jagd nach dem zahireichen Wassergeflügel ob- 
zuliegen. 

Öfters konnte ich während meines Aufenthaltes am Hara- 
maya-See bei Harar den kühnen Raubvogel beobachten, wie er 
eilenden Flugs über den See dahinschoss. Ängstlich verkrochen 
sich die Platt- und Wasserhühner, schnatternd flogen Gänse und 
Enten auf, während sich die Strandläufer auf dem Boden duckten. 
Gerade flogen mehrere Charadrien über mich, doch der kühne 
Räuber hatte sie erblickt, im Nu flog er zwischen die ängstlich 
schreiende Schar und mit sicherem Griff hatte er seine Beute 
in den scharfen Fängen. 

Am 15. III. 1900 wurde hier auch ein © iuv. erlegt. 

Weitere Exemplare liegen vor aus Gulufu, Ennia-Gallaland 
Q med. 31. Dezember 1900. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 215 


g ad. Fulla (Bergroute Harar-Adisabeba) 27. IV. 1900. 

g ad. Adisabeba. 20. September 1900. & ad. Adisabeba 
8. Oktober 1900. 

Q ad. Adisabeba 27. Oktober 1909. u. s. w. 


Falco peregrinus leucogenys (Brehm). 


Brehm, Naumannia 1855, p. 268. F\ leucogenys. 

Nach Vergleich dieses Exemplars mit solchen aus dem kgl. 
Mus. f. Naturk. Berlin und dem bedeutenden Material des Tring 
Museums, welches mir gütigst von Baron Rothschild zum Ver- 
gleich und Bearbeitung zugesandt worden ist, stellte sich heraus, 
dass ein von Hilgert bei Zeyla erlegter Wanderfalk dieser zoo- 
geographischen Art angehört. 

Falco peregrinus leucogenys (Brehm) ist Brutvogel in Süd- 
Ost-Europa, Süd-West-Asien und kommt zur Winterszeit nach 
der nordost-afrikanischen Küste, wie das mir vorliegende Exemplar 
beweist. Ausser diesem einen von Hilgert erlegten Exemplar 
wurde der Wanderfalke niemals auf meiner Expedition beobachtet. 

2 ad. Zeyla, Nordküste des Somalilandes 9. I. 1900: Flgl. 36, 
Schwzl. 21, Schnabel v. d. Wachsh. 2,2 cm. 


Falco eleonorae schistaceus (Hemprich & Ehrenberg). 


Hemprich & Ehrenberg, Symb. Phys. 1829. Taf. 19. Falco 
schistaceus (ex Insula Baracan maris rubri). Hierzu Tafel 52 ad. 

Rüppell, Neue Wirbeltiere 1835, p. 44. Falco concolor. 

Schlegel, Mus. Pays-Bas. Rec. crit. 1840, p. 25.. Bd. II. 
Falco concolor. 

Heuglin, N. O. Afrika I. 1869, p. 31. Falco concolor. 

Finsch und Hartlaub, O. Afrikas von v. d. Deckens Reisen 
1870, p. 69. Falco concolor (m. Tafel). 

Rüppell, Syst. Übers. 1845, 11. Tinnunculus concolor. 

A. Brehm, Naumannia 1856, p. 234. Falco cyanostolos. 

Heuglin, Ibis 1860, p. 408. F. eleonorae. 

Gurney, Ibis 1869, p. 445. Hypotriorchis eleonorae (m. Taf.). 

Susemihl, Vögel Europas 1845, 11. Lief. Taf. 9. Schiefer- 
farbiger Falke. Falco concolor. 

In dieser zoogeographischen Form, welche teils mit der dem 
Mittelmeergebiete angehörenden Form, teils mit Falco concolor 
zusammengeworfen wurde, tritt der Eleonorenfalk an der nordost- 
afrikanischen und ostafrikanischen Küste, den Inseln des roten 
Meeres, an der arabischen Küste und auf Madagaskar auf. Schon 
Brehm macht in der Naumannia 1856 p. 234 auf den Unterschied 
zwischen Falco concolor und Falco cyanastolos-schistaceus auf- 
merksam. Ferner gibt er die Beschreibung eines Exemplars aus 
seiner eigenen Sammlung, welche völlig auf Falco eleonorae aus 
dem Mittelmeergebiet passt; auf p. 236 äussert sich Brehm dahin, 
dass er selbst vermutet, dass dieses Exeinplar der europäischen 


216 C. v. Erlanger: 


Form angehöre, er habe ihm nur den Namen „concolor“ gelassen 
wegen der einfarbigen Zeichnung. Letzteres ist nun nach den 
heutigen nomenclatorischen Gesetzen, welche für die Ornithologie 
massgebend sind, unrichtig. Zu der charakteristischen Diagnose 
Brehm’s von Falco cyanostolos brauche ich nichts hinzuzufügen 
und will mich darauf beschränken, die Masse der mir vorliegenden 
Exemplare zu geben. 

& Barkan Arabien leg. Hemprich u. Ehrenberg, Berl. Mus. 
Nr. 959: Flgl. 28,5, Schwz. 14,6, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4 cm. 

Q Abessinien, leg. Hemprich u. Ehrenberg, Berl. Mus. Nr. 
958: Flgl. 29,7, Schwz. 16, Schnabel v. d. Wachsh. 1,5 cm. 

Nach diesen beiden Exemplaren wurde die Abbildung in 
Susemihl Tab. 9 angefertigt. 

Weitere Belegexemplare für diese Art, die mir vorliegen, 
sind ein @ aus Mossambik und 2 jüngere Exemplare aus Madagaskar. 

Q ad. Mossambik, leg. Peters, Berl. Mus. Nr. 16447 (be- 
stimmt als Falco concolor): Flgl. 29,8, Schwz. 16, Schnabel v. d. 
Wachsh. 1,6 cm. 

© iuv. Ankefina, Madagaskar, leg. Hildebrandt, Berl. Mus. 
Nr. 27771: Flgi. 29,5, Schwz. 16, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

g nicht @ iuv. 23. XII. 1890, Majunge Madagaskar, leg. 
Völtzkow, Berl. Mus. Nr. 28666: Flgl. 27,8, Schwz. 14,5, Schnabel 
v. d. Wachsh. 1,4 cm. 


Falco eleonorae eleonorae (Gene). 


Gene, Rev. Zool. 1839 p. 105. Falco eleonorae. 
Temminck, Man. d’Orn. 1840 IV. p. 593. Falco eleonorae. 
Bonaparte, Faune Ital. Ucc. tav. I. 1841. F. eleonorae. 
Schlegel, Mus. Pays-Bas. Rev. crit. II. 1840 p. 25. F. eleonorae. 
Erhard, Naumannia 1853 p. 25. Falco dichrous. 

Krüper, Journ. f. Orn. 1864 p. 1. F. eleonorae. 

Tristram, Ibis 1865 p. 258. F. eleonorue. 

Bree, B. Eur. I. p. 44, (1866). 

Degl. & Gerbe, Orn. Eur. I. p. 86, (1867). F. eleonorae. 

Salvadori, Faun. Ital. Ucc. p. 19, (1871). - 

Dresser, Birds of Eur. Bd.VI. p. 105, cum Tab. F. eleonorae. 
[Siehe hier weitere Literatur und Sdmnieli 

Erlanger, Journ. f. Orn. 1898 p. 466. F. eleonorae. [Siehe 
hier weitere Literatur]. 

Von diesem, dem Mittelmeergebiet angehörenden, Eleonoren- 
falken liegt mir eine Suite von 14 meiner Sammlung ange- 
hörenden Exemplaren vor, welche meist auf der Insel Mikonu 
(Griechenland) von dem Sammler Leonis erbeutet wurden; ferner 
3 Exemplare aus Nord-Afrika. 

Ich verweise hier auf die Abhandlungen von Dr. O. Hein- 
roth „über die Kleider des Eleonorenfalken“. Ornitholog. Monats- 
berichte 1899, p. 19. ff., in welcher Verfasser 4 verschiedene 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 217 


Alterskleider eingehend bespricht, ferner folgende Massdifferenzen 
zwischen $ und 2 angibt. 

Flgl. variiert bei den gg 33,4— 30,7, bei den QQ 34—33 cm. 

Schwzl. variiert bei den Jg 19,8—17,4, bei den 99 
20—18,3 cm. 

Die Durchschnittszahl sind für die Flügellänge des 5 31,6, 
Schwanzlänge des 5 18,6, Flügellänge des © 32,4, Schwanzlänge 
des @ 19,1 cm. | 

Auch im Schnabel ist ein Grössenunterschied zu bemerken. 
Schnabel v. d. Wachsh. gem. variiert bei den $S zwischen 
1,7—1,6, bei den 22 zwischen 1,9—1,7 cm. 

Aus diesen Massen geht deutlich hervor, dass Falco eleo- 
norae eleonorae viel grösser ist als sein südlicher Vertreter Falco 
eleonorae schistaceus, der in den Massen fast mit Falco concolor 
übereinstimmt. Leider fehlt es an genügendem Material, um 
genau den Grössenunterschied zwischen den beiden in der Tat 
sehr ähnlich aussehenden, aber, meiner Ansicht nach, sowohl in 
Lebensweise als auch in ihrer Stellung in der Systematik völlig 
verschiedenen Vögeln. Falco concolor Temm. und Falco eleonorae 
schistaceus Hempr. und Ehrb. genau angeben zu können. 


Falco concolor Temm. 


Temminck, Pl. Col. 1825 I. 330. |[Text! nicht Figur, be- 
zieht sich auf Cerchneis ardosiacea (Vieill.)] Falco concolor. 

Tristram, Ibis 1860, p. 409. F. concolor. 

Finsch und Hartlaub, O. Afr. von der Decken’s Reisen 
1870, p. 70. [Ein Exemplar aus Nubien des Mus. Heineanum 
erwähnt, welches wahrscheinlich der Art concolor angehört.] 

Antinori und Salvadori, Ann. Genova 1873, 389. F. concolor. 

Dubois Bull. Belg. 1886, p. 144. F. concolor. 

Reichenow, D. O. Afrika 1894, p. 94. F. concolor. 

Tristram, Ibis 1888, p. 266. F. eleonorae. 

Sharpe, Ibis 1892, p. 539. F. eleonorae. 

Falco concolor als südlichen Vertreter des dem Mittelmeer- 
gebiet angehörenden F' eleonorae anzusehen, halte ich für unrichtig. 
Beide Vögel sehen sich tatsächlich sehr ähnlich, sodass man sie 
leicht irrtümlich als geographische Vertreter ansehen könnte; in 
ihrem Wesen, ihrem Aufenthaltsort, kurz in ihrem ganzen Dasein 
haben sie aber auch keine Spur von Ähnlichkeit. Eine Be- 
merkung Heuglins, welcher auch Falco concolor für einen geo- 
graphischen Vertreter von „eleonorae“ hält und mit Recht ersteren 
als mehr schiefergrau in: seinem Gefieder und kleiner in seinen 
Massen angibt, was für alle Falco eleonorae gegenüber dem 
Falco concolor stimmt, führt leicht zu der Ansicht, beide Falken 
als Vertreter anzusehen. Zugleich aber gibt er uns eine Lebens- 
schilderung von seinem Falco concolor, welche ganz mit der von 
Falco eleonorae übereinstimmt: Ein Klippenbewohner und Brut- 

Journ. f. Orn, LII, Jahrg. April 1904. 15 


218 6. v. Erlanger: 


vogel in Höhlen der felsigen Meeresgestade. Seine Heimat sind 
die Somaliküste und die unbewohnten Felseninseln des roten 
Meeres, ferner die Küsten von Madagaskar. Sicher hat Heuglin 
recht, wenn er diesen dort heimischen Falken als kleineren und 
helleren Vertreter von Falco eleonorae ansieht, es ist aber nicht 
Falco concolor Temm., sondern Falco schistaceus Hemprich und 
Ehrenberg. Symb. Otys. 1829, I. Taf. 19. 

Falco concolor Temm. dagegen lebt im Innern des Landes. 
Diese Beobachtung stimmt völlig mit den meinigen überein. 
Ich fand diesen Falken tief im Innern des südlichen Somalilandes 
auf den weiten grasreichen Steppen, welche von Akazienwaldungen 
durchzogen sind. Hier lebt Falco concolor neben Butastur rufi- 
pennis und errichtet wahrscheinlich wie dieser seinen Horst auf 
den hohen Schirmakazien, welche einzeln auf den weiten Gras- 
steppen stehen. Hier ist er sicher Brutvogel, was sich nach 
Sektion der entwickelten Geschlechtsteile der dort gesammelten 
Falken ergibt. Auch ist sein unscheues Wesen der beste Beweis, 
dass diese Art hier Brutvogel ist. Der Mageninhalt eines hier 
erlegten $ bestand aus Heuschrecken. Aın 15. Mai 1901 erlegte 
ich ein d von einem Baume herab. Eine Taube hatte sich vor- 
her furchtlos neben ihn auf denselben Ast gesetzt; es scheint 
demnach, dass die Nahrung dieses Falken weniger aus grösseren 
Vögeln als aus Insekten besteht, was ja auch die Magensektion 
ergab. Als Beweis dafür, das Falco concolor ein Raubvogel der 
nordost- resp. ostafrikanischen Steppe, nicht aber des felsigen 
Meeresgestade ist, dürften die beiden Literaturangaben im Ibis 
1888 und 1892 dienen. 

Diese Art liegt mir in 4 Exemplaren vor. Zwei Exemplare 
sind von mir in Südsomaliland gesammelt, zwei weitere Exemplare 
befinden sich auf dem Berl. Mus. 

g®%. Damaso, Süd-Somaliland (Garre-Livin), 15. Mai 1901: 
Flgl. 28, Schwzl. 15, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4 em. 

9. Damaso, Süd-Somaliland (Garre-Livin), 14. Mai 1901: 
Flgl. 29, Schwzl. 16, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

g. 24. II. 1894. Dar-es-Salam. leg. Stuhlmann: Filgl. 29, 
Schwzl. 16, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

Letzteres Exemplar halte ich, den Massen nach zu urteilen, 
für ein @ und vermute, dass sich Stuhlmann bei der Section 
geirrt hat. 

gd. Ambukohl. Baguda Steppe. Nubien leg. Hemprich und 
Ehrenberg. Berl. Mus. No. 960: Flgl. 27,6, Schwzl. 14,2, Schnabel 
v. d. Wachsh. 1,4 cm. 

Bis jetzt ist in der gesamten Literatur Falco concolor häufig 
mit Falco eleonorae verwechselt worden, und, umgekehrt, Falco 
eleonorae mit concolor. Eine dritte Art, welche meiner Ansicht 
nach völlige Berechtigung hat, Falco schistaceus Hemprich und 
Ehrenberg = Falco cynnostolos Brehm sind in Vergessenheit ge- 
raten, weil spätere Forscher entweder die Art einfach missachtend 


Beiträge zur Vogelfauna. Nordostafrikas. 219 


unter die Synonymie einer oder der anderen der beiden erstgenann- 
ten Arten stellten, teils durch die nach meiner Ansicht falsche Auf- 
fassung Heuglins, Falco concolor als zoogeographischen Vertreter 
von Falco eleonorae aus dem Mittelmeergebiet anzusehen, irre- 
geführt, Falco schistaceus für nichts anderes als Falco concolor 
hielten. Ein aufmerksames Studium jedoch der Abhandlung 
Brehms in Naumannia 1856, pag. 234—236, worin Falco concolor 
Temm. und Falco ceyanostolos Brehm diagnosticiert sind, ferner ein 
3. Exemplar aus der Brehmsammlunng besprochen wird, welches 
entschieden der 3. Art „eleonorae“ angehört, was Brehm übrigens 
selbst in gleichem Artikel für möglich hielt [Diagnose stimmt 
völlig auf eleonorae], dürfte wohl zu einem anderen Resultat 
führen, zumal an Hand der bestehenden Literatur, ferner der 
Exemplare des Berl. Mus., Typen von Falco schistaceus cyanostolos 
Brehm, der diesbezüglichen Abbildungen, ferner der in späteren 
Jahren gesammelten Falco concolor, welche Art ihrer Biologie nach 
nichts mit eleonorae zu tun hat, viel heller ist, u. s. w., und 
einer grossen mir vorliegenden Suite von typischen Falco eleonorae 
aus meiner Sammlung und der des Berl. Museums deutlich her- 
vorgeht. 

Ich habe nun, soweit es mir möglich war, die Literatur der 
drei nach meiner und Brehms Ansicht zu trennenden Arten ge- 
sondert, Literaturstellen, welche zweifelhaft waren, habe ich weg- 
gelassen. Diese Trennung war um so schwerer, als in der Lite- 
ratur noch andere Namen wie Falco horus Heuglin, nomen 
nudum, ferner Falco plumbeus Brehm?? erwähnt sind. Häufig 
ist auch Cerchneis ardosiaceus (Vieill.) mit Falco concolor ver- 
wechselt worden, z.B. in der Abbildung im Temm. Dass diese 
Tafel sich auf Oerchneis ardosiaceus bezieht, was übrigens schon 
Heuglin und Reichenow berichtigen, ist zweifellos, da deutlich 
die kurzen Flügel, welche den Schwanz nicht überragen, der 
gebänderte Schwanz und die helle Färbung die Abbildung sofort 
identificieren. 
Cerchneis tinnunculus (L.) 


Linne, L. Syst. Nat. X. 1758, p. 90. Falco tinnunculus. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01, p. 641. F\ tinnunculus. 


Abessinien. 


? Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873, p. 390. 
Tinnunculus alaudarius. 

? Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 65; 1888, 199. 
T. alaudarius. 

? Giglioli, Ann. Mus. Civ. Genova 1888, p. 56. Cerchneis 
tinnunculus. 

Wohl keine Raubvogelart dürfte bei genügendem Vergleichs- 
material zu interessanteren Resultaten führen, wie Cerchneis tin- 
nunculus und seine zoogeographischen Formen. Das Haupt- 


152 


220 C. v. Erlanger: 


erfordernis hierfür wäre, alte Brutvögel aus allen Ländern zu 
haben, was mir leider fehlt und vermutlich bis jetzt überhaupt 
noch nicht in den Sammlungen existiert. Sollte sich aber ein 
Forscher der Mühe unterziehen, Jahre hindurch wirklich 
an den Horsten erlegte Turmfalken zu sammeln, es würde zu 
einem hervorragend interessanten Ergebnis führen. Hierzu ge- 
hören weitgehende Verbindungen mit vertrauenswürdigen Sammlern, 
damit man sicher Brut- und nicht Zugvögel erhält, welche nur 
Verwirrung schaffen. Das mir vorliegende Material genügt in 
keiner Weise, um nur annähernd diese Frage zu lösen, jedoch 
will ich auf einige wichtige Momente hinweisen, welche bei 
späteren Bearbeitungen, vielleicht sich als falsch, vielleicht aber 
auch als richtig erweisen werden. 

Auf meiner Reise in Nord-Öst-Afrika wurde eine grosse 
Menge von Turmfalken gesammelt, leider kein einziges Exemplar 
am Horst, sodass ich zur richtigen Erkenntnis der Brutvögel mich 
auf andere Etikettenangaben beschränken musste z. B. Entwicklung 
der Geschlechtsteile, Örtlichkeit und Jahreszeit, in welchen das 
betreffende Exemplar erlegt wurde. 

Nachdem ich nun in dieser Weise das Material gesondert, 
fand ich 2 ÜOerchneis-Arten unter der Menge, welche sicher Brut- 
vögel in den von mir bereisten Gegenden waren, nämlich Cerch- 
neis fieldi El. aus dem nördlichen Somaliland und Oerchnis 
arthuri (Gurn.) aus dem abyssinischen Hochland. 

Ob nun wirklich die abyssinischen Vögel /arthur.] mit den 
ostafrikanischen völlig übereinstimmen, wage ich auch nicht zu 
behaupten, da mir keine authentischen Brutvögel von Ost-Afrika 
(Mombas) vorliegen, ich ziehe daher die abyssinischen Vögel vor- 
erst noch zur Form „arthuri“. Auf alle Fälle ist Cerchneis 
arthuri (Gurn) eine zoogeographische Form unseres europäischen 
Turmfalken, während COerchneis fieldi Ell. meiner Ansicht nach 
nicht in den Formenkreis von Cerchneis tinnunculus gehört. 

Bei den verschiedenen Formen von Cerchneis tinnunculus 
hat das alte $ im Alter stets die graue Kopfbefiederung, welche 
je nach der betreffenden Form, wozu das Exemplar gehört, in 
Farbe variiert. Auch die Jahreszeiten üben einen gewissen Ein- 
fluss auf die Färbung dieser grauen Kopf- und Nackenbefiederung 
aus, wodurch man sich nicht irre führen lassen darf. Cerchneis 
fieldi gehört dagegen einem Formenkreis einer anderen Cerchneis 
species an, bei der $ wie @ niemals eine graue Kopf- und 
Nackenbefiederung haben und sich auch im wesentlichen, mit 
Ausnahme der Grösse, nicht unterscheiden. Ferner haben die 
diesem Formenkreis angehörenden Arten auf der Oberseite, dem 
Rücken und den Flügeln scharf markierte Querbänderung, 
während diese bei den zoogeographischen Arten von F!. finnunculus 
sich verwirrt und der Vogel daher gefleckt erscheint. In diesen 
Formenkreis möchte ich noch den Süd-Afrika angehörenden 
Cerchmeis rupicoloides Smith, Cerchneis newtoni Gurney aus 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 221 


Madagaskar, ferner den auf Mauritius lebenden Cerchneis punctata 
und Cerchneis moluccensis der Molukken rechnen. 

In den Formenkreis von Cerchneis tinnunculus dagegen ge- 
hören Cerchneis rupicola (Daud.) aus Süd-Afrika, Cerchneis japo- 
nicus (Schleg.) und der im Atlas Nord-Afrikas brütende Cerchneis. 
Sowohl zu diesem, wie zu vorigem Formenkreis gehören noch 
eine Menge zoogeographischer Formen, doch welches Material 
gehört dazu, um diese mit Sicherheit aufzustellen, falsch aufge- 
stellte, sich auf Jugendkleider beziehende Vögel u. s. w. auszu- 
scheiden, neue locale Arten aufzustellen! 

Offene Fragen sind: 1) Zu welchem Formenkreis gehört 

der Madeiravogel? 

2) Was ist Falco alopex Heuglin 
und Cerchneis alopex deserticolus, 
Rchw., dessen Typen mir vorliegen ? 

Die Längsstrichelung auf der Oberseite, Rücken und Flügeln, 
die völlig gleichmässige fuchsrote Färbung, die das ganze Ge- 
fieder behauptet und nur durch die dunkelbraune Längsfleckung 
auf Ober- und Unterseite des Vogels und durch die mit schmaler 
Querbänderung versehenen dunkelbraunen Schwanzfedern unter- 
brochen wird, ist characteristisch für die Art. 

Typus © Falco alopex Heuglin. Ost-Sennar leg. Heuglin: 
Flgl. 28,5, Schwzl. 20,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

Typus 14. III. 99. Tuntundi, Mangu, Togoland. Cerchneis 
alopex deserticolus Rchw. leg. Therry (den Massen nach 9): 
Flgl. 27, Schwzl. 20,7, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

Meiner Ansicht nach haben wir es bei diesen beiden mir 
vorliegenden Exemplaren, welche aber so drastische Merkmale 
aufweisen, mit 2 Arten eines dritten Formenkreises von Cerchneis 
zu tun, bis jetzt in 2 Exemplaren bekannt, als alopex alopex 
aus Ost-Sennar und alopex deserticolus aus Togoland. 

Was ist Falco neglectus Schleg. von den Kapverden? Nach 
Reichenow übereinstimmend mit einem Exemplare aus Haussaland! 

Der bei weitem grösste Teil der auf meiner Heise ge- 
sammelten Cerchneis, welche weder Cerchneis fieldi noch Cerchneis 
tinnunculus arthuri sind, stimmen mit Exemplaren des hiesigen 
Museums überein, die aus Indien stammen. Ein am 25. Juli 
1900 im Arrussi-Gallaland gesammelter junger Vogel stimmt, 
was Dunkelheit des Gefieders der Ober- wie Unterseite abelangt, 
mit dem japanischen Turmfalken überein. Wo ist die Heimat 
dieses Vogels zu suchen ? 

Die Cerchneis sind weit verbreitet in Nord-Ost-Afrika, und 
begegneten uns diese fast täglich im nördlichen Somaliland als 
auch in den Hochländern Abessiniens. In Süd-Somaliland da- 
gegen gehört dieses Genus zu den grössten Seltenheiten. Es 
war in den Monaten April— Juni, in welchen ich diese Gegenden 
durchquerte, also keinesfalls in der Zugzeit, und eine dort 


222 'C. v. Erlanger: 


brütende lokale Rasse scheint nur selten, wenn überhaupt, auf- 
zutreten, da kein einziges Exemplar gesammelt wurde. 

Heuglin beobachtete eine Turmfalkenform in den nördlichen 
Teilen seines Forschungsgebiets als Brut- und Zugvogel, und ver- 
mehrte sich die Anzahl nach seinen Angaben ungeheuer in den 
Monaten September und Oktober durch die von Norden an- 
kommenden Zugvögel.e. Die von mir gesammelten Cerchneis, 
welche nun nicht zu COerchneis fieldi und Cerchneis tinnunculus 
arthuri gehören, sind mit Ausnahme eines Exemplares 5 ad., 
welches bei Balingo- Motscho, Ennia-Gallaland am 6. Juni 1900 
erlegt wurde. [Route Harar-Ginir.] Alle in den Monaten November- 
März gesammelt, können demnach Zugvögel sein, jedoch eventuell 
auch der als Brutvogel in Nord-Ost-Afrika vorkommenden, unseren 
Oerchneis tinnunculus vertretenden, Art angehören. Hierfür spricht 
das am 6. Juni 1900 erlegte g, entschieden nicht Zugvogel, 
ausser dem wurden alle diese fraglichen Exemplare im Tiefland 
im nördlichen Somaliland, Ennia-Gallaland und dem Seeengebiet 
erlegt, also nicht im abyssinischen Hochland, der Heimat von 
Oerchneis tinnunculus arthuri. Aus der vorliegenden Suite lässt 
sich bei genauer Untersuchung ebenfalls feststellen, dass der 
grösste Teil derselben sich dadurch characterisiert, dass die 
Unterseite längsgestricheit, öfters verwaschen, erscheint und die 
Zeichnung viel weniger praegnant ist als bei den in Deutschland 
an den Horsten erlegten Turmfalken. 

Späteren Forschern möge es vorbehalten bleiben, diese 
Frage zu entscheiden, ob es asiatische Fremdlinge sind, welche 
im Winter nach Nord-Ost-Afrika reisen, oder ob das nördliche 
Somaliland, die Gallaländer, das abyssinische Seengebiet (Tief- 
land) eine weitere „Zinnunculus-Form“ als Brutvogel birgt. 

Folgende Exemplare, meiner Sammlung angehörend, liegen 
mir aus Nord-Ost-Afrika vor. 

Nord-Somaliland. 

g Dadab. N. Somaliland. 22. Jan. 1900 (fast ausgefärbt). 
)B 


g Aurowen „, . 14. Febr. 1900 (völlig = 
© Dabaas „, 20. Febr. 1900. \ 

© Haramaya-See bei 'Harar. 17. März 1900. 

g Harar. 18. März 1900 (völlig $ 
© Gara-Mulata, 3. Tg. südwestl. Harar. 19. März 1900. 
9° 30. März 1900. 


Sg Fluss Daroli bei Ginir. 15. Jan. 1901 (iuv.). 

a 2. Jan. 1901 (völlig ausgefärbt) 
d Balingo-Motscho- Gallaland [Route Harar-Ginir]. 21. Juni 1900. 
2 Fluss Maki (abyss. Seeengebiet). 24. Nov. 1900. 


o Hararoba Ennia-Gallaland [Route Harar- Ginir]. 2. Jan. ne 


Q RR & ). 24. Nov. 1900. 
? Wonda 3 .: ). 4. Dezbr. 1900. 
g Abaya-See ( „ $ ). 29. Dezbr. 1900 (nicht aus- 


gefärbt). 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 223 


Ein am 16. Januar 1900 bei Dadab, Nord-Somaliland ge- 
sammeltes @ ist merklich grösser als die übrigen und hat auf 
schmutziggelber Unterseite praegnante Fleckung. Wir haben es 
entschieden mit einer andern Form zu tun. 

Ein am 27. November 1900 am Fluss Maki abyss. Seen- 
gebiet erlegtes Exemplar, entschieden auch 9, hat ebenfalls nicht 
die gestrichelte verwaschene Unterseite, sondern praegnante 
Fleckung und ist ebenfalls grösser. 

Leider fehlt es mir an genügendem Material, um eine 
nähere Entscheidung zu treffen, wie es sich in Nord-Ost- Afrika 
mit Cerchneis tinnunculus und seinen zoogeographischen Formen 
verhält. 


Cerchneis tinnunculus arthuri (Gurn.). 


Gurney, List Birds of Prey 1884, p. 98. 156. Tinnunculus 
arthurt. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01. I. p. 643. Cerchneis 
arthuri [siehe bier weitere Literatur und Synonymie|. 


Abyssinien. 


Blanford, Abyssinia 1870, p. 290. F. tinnunculus. 

? Antinori und Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1873, 
p. 390. Tinnunculus alaudarius. 

Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 65; 1888 p. 260. 
Tinnunculus neglectus. 

Grant, Ibis 1900, p. 321. Cerchneis tinnunculus. 


Somaliland. 


Sharpe, Proc. zool. Soc. 1895, p. 510. Cerchneis tinnunculus. 

Diese Oerchneis Art liegt mir in 7 Exemplaren von folgenden 
Fundorten vor. 

Es ist der Brutvogel der abyssinischen und Galla-Hochländer. 


g* Harar. Abessinien 10. März 1900. 
el A 4. April 1900. 
g& Abu-el-Kater = 8. Mai 1900. 
gd Ganda-Kore bei Harar a 20. Mai 1900. 


g’ Dangasela Arrussi-Gallaland (Abessinien). [Route Ginir- 
Adis-abeba. 24. Juli 1900. 

© Hulla bei Harar, Abessinien. 18. Mai 1900. 

‘© Ganda-Kore bei Harar, Abessinien. 23. Oktober 1900 
(leg. Hilgert). | 

gg variieren in ihren Massen: Filgl. 22,5—23, Schwzl. 
26,5—28, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4—1,5 cm; 2% Flgl. 23—23,8, 
Schwzl. 98— 28,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1 em. 

Öfters wurde die Art von mir beim Heuschreckenfang be- 
obachtet, was sich auch bei einigen Exemplaren durch Sektion 
des Mageninhalts ergab. 


224 C. v. Erlanger: 


Cerchmeis fieldi EIl. 


Elliot, F. Col. Mus. I. 2. 1897, p. 58. Cerchneis fieldi. 
Hinde, Ibis 1898, p. 583. CO. fieldi. 

Hawker, Ibis 1899, p. 79. CO. füeldi. 

Reichenow, Vögel Afrikas Bel. I. 1900—01, p, 639. C. fieldi. 


Somaliland. 


Shelley, Ibis 1885, p. 392. Tinnunculus tinnunculus. 
Hawker, Ibis 1899, p. 79. Cerchneis field:. 


Oerchneis fieldi Ell. wurde im nördlichen Somaliland häufig 
beobachtet und gesammelt. Aus meiner Sammlung liegen mir 
7 Exemplare von folgenden Fundorten vor: 

g ad. Warabot bei Zeyla, Nord-Somaliland 
(Route Zeyla-Djeldessa) 12. Jan. 1900. 


gd ad. ” “ „ Nord-Somaliland, 13..%,; en 
g ad. Dadab, ie = 2127 A 
g ad. Dadab, n . 22:03 Re 
g ad. Dadab, I a BOFESM 2 
Q ad. Warabot bei Zeyla, „ “ 12,0 4 
Q ad. Dadab, & hi 1. Febr. „, 


Aus diesen Fundorten geht hervor, dass merkwürdiger Weise 
Dadab, der am weitesten im Innern befindliche Fundort ist, an 
welchen diese Art erlegt und beobachtet wurde, während von 
Hinde und Jakson Üerchneis fieldi bei Maschako als Brutvogel 
nachgewiesen worden ist. 

gg variieren in ihren Massen: Flgl. 23—24,5, Schwz. 16— 
17, Schnabel v. d. Wachsh. 1,4—1,5 cm; 29, Flgl. 23—24, Schwz. 
16—17, Schnabel v. d. Wachsh. 1,5 cm. 


Poliohierax semitorquatus (A. Sm.) 


A. Smith, Rep. Exp. 1836, p. 44. Falco semitorquatus. (hier- 
zu Taf. 9). 

Heuglin, N.O. Afr. I. 1869, p. 38. F. semitorquatus. (hier- 
zu Taf. 9). 

Finsch u. Hartlaub, v. d. Decken’s Reisen IV. 1870, p. 77. 
F. semitorquatus. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01, p. 645. Poliohierax 
semitorguatus. [Siehe hier weitere Literatur und Synonymie|]. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Civ. Genova 1884, p. 63; 1888, p. 199 
527. FPoliohierax semitorquatus. 
Grant, Ibis 1900, p. 320. P. semitorgquatus. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 225 


Somaliland. 


Shelley, Ibis 1885, p. 391. P. semitorquatus. 

Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894, p. 550. P. semitorqualtus. 

Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895, p. 510. P. semitorquatus. 

Lort Phillips, Ibis 1898, p. 420. P. semitorquatus. 

Hawker, Ibis 1899, p. 78. P. semitorquatus. 

Dieser zierlichen und kleinen Falkenart des tropischen 
Afrikas bin ich häufig begegnet. ; 

Überall im Tiefland traf ich ihn öfters an, während er dem 
abyssinischen Hochland fehlt. 


Belegexemplare von meiner Reise liegen vor aus dem 
nördlichen Somaliland, Hauaschgebiet. Seengebiet, den südlichen 
Gallaländern, Südsomaliland, Lorianebene. 

In ausgedehnten Akazienwaldungen und zumal am Ufer der 
periodischen Flussläufe der Somali- und südlichen Gallaländer, 
woselbst die Vegetation eine reichere, die Akazienbestände von 


dichten Gebüschen unterwuchert sind, da trafen wir ihn am 


ehesten an. 

Er ist kein scheuer Raubvogel, bleibt meist ruhig auf den 
niedrigen Gebüschen bis auf wenige Schritte sitzen und aufge- 
scheucht setzt er sich gar bald wieder. 

Häufig war die Art im Hauaschgebiet und Süd-Somaliland, 
im Land der Garre-Livin und Merehau. 


Im ganzen wurden 14 Exemplare gesammelt und zwar an 
folgenden Fundorten: 


g ad. Belaua, 4. März 1900 [Route Djeldessa-Harar]. 

g ad. Errertal bei Harar, 28. April 1900. 

g ad. Gobele (Ennia-Gallaland) [Route Harar-Ginir]. 

g ad. Artu, 6. Juni 1900 

g ad. Gadschinocha, 13. Juui 1900 

g ad. Dadadschamalka, 24. Juni 1900 

g ad. Sagantal, 14. Januar 1901. Seengebiet. 

g ad. Gardoba-Djira, 10. Mai 1901 

g ad. Djerako, 12. Mai 1901 Süd-Somaliland. 

3 ad. Kismayu, 13. Juli 1901 

o ad. Bir-Kaboba, Nord-Somaliland, 18. Februar 1900. [Route 

Zeyla-Djeldessa]. 

© ad. Dadadschamalka, 21. Juni 1900. Havaschgebiet. 

© ad. Gardobu-Djiru, 10. Mai 1901. Garre-Livin (Südsomaliland). 

g med. Barka, Garraland, 6. Apr. 1901. [Route Ginir-Ganale]. 

Bei einem im Juli im Süd-Somaliland erlegten Exemplare 

waren die Geschlechtsteile sehr stark (4) entwickelt, bei 2 im 
Mai gesammelten schwächer (2), sodass in diesen Gegenden die 
Brutzeit dieser Falkenart in den Monat Juli fällt, während sie 
im Sagantal (Seengebiet), einem dort erlegten 9 zu Folge [Ge- 
schlechtsteile (4) entwickelt] in den Januar fällt. 


leg. Hilgert, 
Hauaschgebiet. 


226 C. v. Erlanger: 


Irisfärbung bei alten Vögeln dunkelbraun. Die Jg ad. haben 
eine einfarbig graue Oberseite, bei den @2 ad. sind Rücken und 
Schulterfedern rotbraun. 

Bei Vögeln im medialen Federkleid, von denen mir 2 
Exemplare vorliegen, 

g med. Burka, 6. April 1901, 

— med. Dez. Rehoboth (Damara) leg. Fleck [Berl. Mus.] ist 
die Unterseite statt einfarbig weiss, gelblich, Brust rostfarben: 
Die ganze Unterseite mit schmalen Längsspitzen geziert. Die 
sraue Befiederung auf der Oberseite hat spärliche braune End- 
spitzen, was zumal auf dem Oberkopf und Nacken zu Tage tritt. 
Schwingen haben weisse Endsäume und das Ende des Schwanzes 
ist statt weiss-braun gesäumt. 

dd und 98 stimmen im allgemeinen in den Massen überein. 

Leider fehlt es mir an genügendem Vergleichsmaterial, 
jedoch scheinen die ostafrikanischen Zwergfalken grösser zu sein 
als die nordostafrikanischen und in der Mitte zu stehen zwischen 
letzteren und den Süd-Afrikanern, welche bei weitem die grössten 
Masse haben. Sollte dieser bedeutende Grössenunterschied zwischen 
den beiden zoogeographisch getrennten Zwerzfalken Süd- und 
Nord-Ost-Afrikas constant sein, so haben wir es mit den süd- 
afrikanischen Vögeln mit. der Form castanonotus Heuglin Stzb. 
Ak. Wien 1856, p. 262 zu tun. 

Die von mir gesammelten alten Jg ad. variieren in ihren 
Massen: Flgl. 11,5—12,5, Schwz. 7,9—8,6, Schnabel v. d. Wachsh. 
0,4—1,1 cm; ©9 ad.: Flel. 115105, Schwz. 8—8,7, Schnabel 
varde Wachs. 1—1,1 cm. 

° ad. leg. Emin. Uniam-wesi 16. VII. 90, Berl. Mus. Nr. 
233: Flgl. 13, Schwz. 9,4, Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. 


Bubo lacteus (Temm.) 


Temminck, Pl. Col. II. 1820, T. 4. Strix lactea. 

Heuglin, N. O. Afrika I. 1869, p. 112. Bubo lacteus. 

Finsch u. Hartlaub, ©. Afrika 1870, p. 101. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900 01, p. 650. BD. lacteus. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 
Blanford, Zoology u. Geology Abyssinia 1870, p.305. B. lacteus. 
Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1873, p. 401. BD. lacteus. 
Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1888, p. 206. B. lacteus. 
Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894, p. 550. B. lacteus. 
Grant, Ibis 1900, p. 319. B. lacteus. 


Somaliland. 


Shelley, Ibis 1885, p. 392. B. lacteus. 
Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1895, p. 503. B. lacteus. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 227 


Bubo lacteus wurde in mehreren Exemplaren gesammelt. 
Er ist ein ausgesprochener Waldvogel. Wenn wir unser Lager 
in der Nähe von Flüssen im Uferwald oder im Urwald errichtet 
hatten, so hörten wir des Abends seinen geisterhaften, dem 
unserem Uhu völlig gleichenden Ruf, der im Verein mit anderen 
Raubtieren die lautlose Stille unterbrach. Sowohl Abyssinier, 
wie Somali und Galla haben ihn in ihren Sagenkreis aufgenommen 
und verstummten in ihren Gesprächen um das Lagerfeuer, wenn 
sie den nächtlichen Gast hörten; er ist in Verbindung mit den 
bösen Geistern, und wenn man ihn stört, so rächt er sich und 
bringt eine Epidemie in die Karawane. 

Nach Vergleich der von mir in Nord-Ost-Afrika gesammelten 
Uhus mit solchen aus Ost- und Süd-Afrika ergab sich, dass die 
südafrikanischen Vögel Damaralands und aus Deutsch-Süd-West- 
Afrika im allgemeinen heller sind als ostafrikanische Exemplare, 
was zumal auf dem Oberkopf und der Stirn deutlich hervortritt; 
auch scheinen die südafrikanischen Vögel hellere Unterflügel zu 
haben, was aber eventuell auch Altersunterschied sein kann. Ein 
von Emin am Victoria-Nyanca gesammelter Vogel, Berl. Mus. Nr. 
30308, ist äusserst dunkel in seiner Gesamtfärbung. Die Exemplare 
variieren aber so stark in individueller Beziehung, sodass mir 
vorerst das vorliegende Material nicht genügt um zoogeographische 
Formen aufzustellen; jedoch glaube ich bestimmt, dass die Uhus 
in den zoogeographischen Gebieten variieren. Der südafrikanische 
Uhu ist ja schon von Bonaparte als verreauxi abgetrennt. Die 
Ansicht, dass die einzelnen Formen, z. B. die südafrikanischen 
Uhus, grösser sind als Ost- oder Nord-Östafrikaner, ist nicht zu- 
treffend, da die Vögel, was Grösse anbelangt, sehr individuell 
variieren. Späteren Forschern sei es vorbehalten, an Hand von 
ausreichendem Vergleichsmaterial näher auf diese Fragen einzu- 
gehen. Auf alle Fälle sind die bestehenden Unterschiede sehr 
gering. Das Verbreitungsgebiet von Dubo lacteus erstreckt sich 
über das ganze östlich-südliche Steppengebiet, nachgewiesen am 
Senegal und im Hinterland von Togo. 


9 ® Fluss Daroli bei Ginir, Arrussi-Gallaland, 15. Febr. 01: 
Flgl. 45,1, Schwz. 26,5, Schnabel 3,4 cm. 


2(0) Abyssinien (Seengebiet), 27. Novemb. 1900: Flgl. 45,2, 
Schwz. 26,5, Schnabel 3,7 cm. 


Bei alten Vögeln Iris dunkelbraun, Augenlied pfirsichrot, 
Schnabel hellhornfarben. 


Bubo maculosus cinerascens (Guer.) 
Rüppell, Neue Wirbelt. 1835 p. 45. Strix otus africana. 
Guerin, Rev. zool. 1843 p. 321. Bubo cinerascens. 


Heuglin, Orn. N. O. Afrikas 1869 Bd. I, p. 114. Bubo 
maculosus. 


228 G. v. Erlanger: 


Finsch und Hartlaub, Orn. Afr. 1870 p. 103 (partim). B. 
maculosus. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01. Bd. Ip. 656. B. macu- 
losus cinerascens. (Siehe hier weitere Literatur und Synonymie). 


Abessinien. 


Blanford, Zoology und Geology Abyssinia 1870 p. 302. B. 
cinerascens. 

Antinori und Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1873 p. 402. BD. cine- 
rascens. 

Salvadori, Ann. Mus. Genova 1884 p. 77. DB. cinerascens. 

Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894 p. 550. B. cinerascens. 

Salvadori, Bull. Mus. zool. anat. 1897. B. cinerascens. 


Somaliland. 


Hawker, Ihis 1899 p. 78. B. cinerascens. 

Hawker, Ibis 1899 p. 78. Bubo abyssinicus. 

Nach Vergleich meiner in Abessinien, den Somali- und Gaila- 
ländern gesammelten grossen Suite dieser Art mit Exemplaren 
aus Ost- Süd- und West-Afrika ergab sich, dass alle zur!Subspecies 
cinerascens Guer. gezogen werden müssen. 

Die nord- ost- und westafrikanischen Bubo maculosus cine- 
rascens unterscheiden sich vom Ost- Süd- und südwestafrikanischen 
bubo maculosus maculosus (Vieill) erstens durch die im allge- 
meinen kleineren Masse. Die helle Fleckenzeichnung auf Hinter- 
kopf und Nacken, wie auch auf Schultern und Flügeldeckfedern 
sind kleiner, mehr gesprenkelt, überhaupt ist die ganze Oberseite 
des Vogel mehr verwaschen. 

Aus der mir vorliegenden Suite ergibt sich, dass bei beiden 
zoogeographischen Formen aus Afrika zwei Phasen existieren; 
Die eine mit mehr graubraunem, die andere mit mehr rötlich- 
braunem Grundton. Zumal bei den südafrikanischen Vögeln 
scheint dieser rötlichbraune Grundton vorzuwiegen. Überhaupt 
ist bei diesen die helle Fleckenzeichnung auf Kopf, Nacken und 
Flügeln bei weitem am praegnantesten; die einzelnen Flecken 
heben sich durch ihre Grösse und Deutlichkeiten am schärfsten 
von der übrigen Befiederung ab, sodass die ostafrikanischen Vögel 
quasi als Übergänge zur Form cinerascens betrachtet werden 
können. Einzelne Exemplare, welche mir aus Deutsch-Ost-Afrika 
vorliegen, stehen südafrikanischen Vögeln, andere nordost- bezw. 
nordwestafrikanischen Vögeln näher. Dennoch müssen die ost- 
afrikanischen Vögel noch mit Süd- und Südwestafrikanern zu- 
sammengezogen werden. Das bei weitem rotbraunste Exemplar, 
welches mir vorliegt, aus den Bälgen des kgl. Mus., wurde von 
Stierling bei Songea in Deutsch-Ost-Afrika gesammelt. & 12.4.00. 
Schon Professor Reichenow kommt in seinem Werk über die Vögel: 
Afrikas Bd. I p. 655 auf dieses Exemplar zu sprechen. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 229 


Mithin unterscheidet man drei zoogeographische Formen: 

Bubo maculosus maculosus (Vieill.) N. D. VII. 1817 p. 44. 

Verbr. Gebiet Ost- Süd- Südwest-Afrika- (Ost-afrikanische 
Exemplare bilden einen Übergang zu der nördlichen Form). 

Bubo maculosus cinerascens (Guer.) Rev. zool. 1843 p. 521. 

Verbreitungsgebiet Nord- Ost- und Westafrika. 

Bubo maculosus milesi Sharpe. Ibis 1886 p. 163, cum. Tab. VI. 

Verbreitungsgebiet Arabien. 

Der Fleckenuhu ist ein weitverbreiteter Vogel in Nord-Ost- 
Afrika. Ich traf ihn häufig in der Nähe der periodischen Fluss- 
läufe des Somalilandes, woselbst er in den dichten mit Ge- 
sträuchern und Schlingpflanzen, sowie Euphorbien bewachsenen 
und unterwucherten Akazienbeständen sein Wesen treibt. Auch 
in den mit reicher Vegetation bestandenen südlichen Gallaländern 
ist er anzutreffen. Ferner liegen mir Exemplare vor von der 
Bergroute von Harar nach Adis-Abeba und aus dem Hauaschtal. 
Auf alle Fälle ist der Fleckenuhu ein Vogel des Tieflandes. In 
den Gallaländern kommt er vorwiegend in den geschützten Tälern 
am Rand von Flussbetten vor, während er das Hochland meidet. 

Auf meiner Expedition wurden elf Exemplare gesammelt 
und zwar aus folgenden Localitäten: 


o° Warabot bei Zeyla nördl. Somaliland 13. Jan. 00. 
6) ER) ” 2) „ „ 14. Jan. 00. 
g Dadab 3 Tage vor der Küste ,, 18. Jan. 00. 
d' Burka Land der Gurra (Route Ginir-Ganale) 5. April 01. 
g' Haro-Ali G% ) 6. April 01. 
I Sidimun Süd-Somaliland (Route E]-Uak- Bardera) 28. Mai 01. 
= 5 28. Mai 01. 

5 Filoa Abessinien Hauaschgebiet 18. Juni 00. 
18. Juni 00. 

Mehalaelle” „ (Route Harar-Adis abeba) 28. Juni 00. 
e) 28. Juni 00. 


Die Iris ist, bei alten Vögeln gelb, bei jüngeren graubraun. 

In den Massen variieren die Jg: Flgl. 29—30,5, Schwz. 
18—19, Schnabel v. d. Wachsh. 2—2,2 cm; 98%: Flgl. 30—32,5, 
Schwz. 18,5—19, Schnabel v. d. Wachsh. 2,1—2.3 cm. 


Bubo maculosus nvilesi Sharpe. 


Sharpe, Ibis 1886 p. 163. Bubo milesi cum. Tab. VI. 
Letters, Extracts Notices, Ibis 1889 p. 582. BD. ınilesi. 
Gurney, Ibis 1890 p. 262. DB. milesi. 
Yerbury, Ibis 1896 p. 16, 17, 40. B. milesi. 
Reichenow, Vögel Afrikas Bd. I, 1900— 01. p. 657. B. macu- 
losus milesi. 
Arabien. 


I. W. erbury, Ibis 1896 p. 16. BD. mailesı. 


230 C. v. Erlanger: 


Nach Vergleich von zwei von mir im Sultanat Lahadsch 
erlegten Fleckenuhus mit solchen aus allen Teilen Afrikas und mit 
der Abbildung der Form milesi Sharpe. Ibis 1886 Taf. VI er- 
gibt sich, dass beide Exemplare zu Dubo maculosus milesi Sharpe 
gehören, Typus aus Mascat-Arabien. Yerbury sammelte im Hinter- 
land von Aden bei Haitaltkim ebenfalls ein Exemplar, also in 
nächster Nähe von El-Hota, von wo meine Exemplare herstammen. 

Gurney identificiert in Ibis 1890 Otus abyssinicus mit Bubo 
milesi, eine Ansicht die entschieden irrtümlich ist, da ich nun- 
mehr Gelegenheit hatte, meine in Süd-Abessinien gesammelten 
Otus abyssinicus mit den beiden von mir erlegten bubo milesi 
und der Tafel III im Ibis 1886 zu vergleichen, mit welcher letztere 
beiden völlig übereinstimmen. Mit Otfus abyssinicus haben sie 
absolut nichts zu tun, erstens nicht systematisch, denn Bubo 
milesi ist ein Uhu, Otdus abyssinicus eine Waldohreule, ferner 
auch nicht biologisch, denn letztere Eule ist entschiedener Hoch- 
gebirgsvogel, während bubo milesi, wie seine afrikanische Ver- 
wandten, ein Vogel des heissen Tieflandes ist. 

Beide vorliegende Exemplare wurden in der Nähe einer 
Quelle im dichten Gestrüpp eines Waldbestandes erlegt. 

g EI-Hota (Sultanat Lahadsch) Süd-Arabien 24. Dezbr. 00: 
Flgl. 29,9, Schwz. 18,7, Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. Iris 
schwefelgelb. 

& ebenda 28. Dezbr. 99: Flgl. 29,5, Schwz. 48, Schnabel v. 
d. Wachsh. 1,2 cm. Iris schwefelgb. 


Asco accipitrinus (Pall.). 


Pallas, Reise Russ. R. I. 1771, p. 455. Sirix aceipitrinus. 

Rüppell, Neue Wirbeltiere 1835, p. 45. Strix otus brachyotus. 

Heuglin, Orn. N. O. Afrikas I. 1869, p. 108. Otus brachyotus. 

Reichenow, Vögel Afrikas 1900—01 I., p. 659. Asio acci- 
pirinus (siehe bier weitere Literatur und Synonymie). 


Arabien. 
Yerbury, Ibis 1896, p. 17. A. accipitrinus. 


Abessinien. 
Salvadori, Boll. Mus. Zool. anat. 1897. A. accipitrinus. 


Somaliland. 


Hawker, 1bis 1899, p. 77. A. accipitrinus. 

Die Sumpfohreule kommt während des Winters nach Nord- 
Ost-Afrika. 

Heuglin fand im Februar 1862 grosse Flüge derselben auf 
einem Moor in der Nähe des Tana-Sees, ferner traf er dieselbe 
in den Wintermonaten in der Bajuda-Wüste bei Asuan und 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 231 


Berenice; Dr. Vierthaler während des Novembers 1850 am 
blauen Nil. 

Im kgl. Museum befindet sich ein. von Schweinfurth in einer 
Oase westlich von Theben gesammeltes Exemplar d. 

Von Yerbury bei Aden von Hawker im Somaliland ge- 
sammelt. 

© dieser Art wurde von mir am Fluss Maki, südabyssinisches 
Seengebiet, am 21. Nov. 1900 erlegt. 


Asio otus abyssinicus (Gu£r.). 
[Hierzu Tafel]. 


Guerin, Rev. Zool. 1843, p. 321. Otus abyssinicus. 

Ferr. Gal. Abyss. III. Ois. 1848, p. 185. 0. abyssinieus, 
bierzu Ta). Ill. 

Heuglin, Stzb. Ak. Wien 1856, p. 266. Aegolius montanus. 

Heuglin, Journ. f. Orn. 1863, p. 13. Otus montanus. 

Heuglin, Orn. Nord-Ost-Afrikas 1869 I., p. 107. O. abyssinicus. 

Finsch und Hartl., ©. Afr. I. 1870, p. 111, Anm. Aegolius 
montanus. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900--1901, p. 661. Asio 
abyssinicus (siehe hier weitere Literatur und Synonymie). 

Diese seltene Eulenart, welche nur in den wenigsten euro- 
päischen Museen vertreten ist, wurde auf meiner Reise in einer 
Suite von sechs Exemplaren gesammelt und zwar sämtlich in 
Süd-Abessinien. Ich selbst bin ihr in der Freiheit niemals be- 
gegnet, alle mir vorliegenden Exemplare wurden von Dr. med. 
Ellenbeck erlegt und zwar 5 Exemplare bei Waramgambo 
(Route Abera-Ginir) am 18. Februar 1901, ein Exemplar bei 
Ladscho am 11. Februar 1901. Sowohl Ladscho wie auch 
Waramgambo liegen hoch im Gebirge in einer Höhe von 3300 
und mehr Metern. Es werden wohl die höchsten Punkte ge- 
wesen sein, mitten im südabyssinischen Hochgebirge gelegen, 
welche wir auf der Reise passierten. Hochgebirgsmatten wechseln 
ab mit vereinzelten Beständen von Nadelwald, welche mit wilden 
Rosenranken und Brombeersträuchern unterwachsen sind. Ge- 
birgsbäche schlängeln sich durch diese Gefilde oder durch- 
brechen die Felswände, von welchen sie, Giessbäche bildend, her- 
abstürzen. Eine herrliche romantische Hochgebirgslandschaft, 
welche an vielen Stellen eine wunderbare Fernsicht in das südlich 
gelegene Tietland, das Borauland, gestattet. 

Dies ist die Heimat der abyssinischen Waldohreule, ein 
echter Gebirgsvogel, welchem Heuglin den treffenden Namen 
Aegolius montanus Heugl. Stzb. Afk. Wien 1856, p. 266 gegeben 
hat. Im Journ. f. Orn. 1863, p. 13 indentificiert Heuglin wieder- 
um mit vollem Recht die beiden Arten „montanus“ und „abys- 
sinicus“. Früher wurde diese abyssinische Ohreule unter die 
Uhus gerechnet, jedoch wurde von Professor Reichenow nach- 


232 GC. v. Erlanger: 


gewiesen, dass bei dieser Eule die 2. und 3. Schwinge am 
längsten, die 1. etwa gleich der 5. ist, demnach diese Art zu den 
Öhreulen und nicht zu den Uhus gezogen werden darf. Diese 
Merkmale stimmen nach Vergleich mit meiner Suite völlig. 
Dass wir es mit den von Hawker im Somaliland gesammelten 
Bubo cinerascens, welche mit Asio abyssinicus verwechselt worden 
sind, nicht mit letzterer Art zu tun haben, geht noch aus dem 
Fundort hervor. Im tiefgelegenen Somaliland kommt Asio abys- 
sinicus, ein ausgesprochener Hochgebirgsvogel, überhaupt : nicht 
vor. Die Verwechslung wurde übrigens schon von Neumann 
Bull. Brit. Orn. Cl. No. X. Journ. 1902 berichtigt. 

Einen weiteren in jüngster Zeit sehr interessanten Beitrag 
zur anatomischen Kenntnis der Eulenarten, gibt W. P. Pycraft in 
den Transactions of the Linnean Society of London, worin er ais 
Hauptmerkmal zur Unterscheidung der verschiedenen Familien 
Obröffnungen angibt. Hierzu Taf. 27. 28. 

Asio otus abyssinicus ist die Vertreterin unserer euro- 
päischen Waldohreule in Nord-Ost-Afrika, welcher sie auch sehr 
ähnelt. Die abyssinische Art ist stärker in den Massen, ferner 
haben die Bauchfedern der europäischen Ohreule nur einen 
mittleren braunen Längsstreifen, während die Querstreifen der 
einzelnen Federn nur angedeutet werden; bei Asio otus abyssinieus 
dagegen sind diese Querstreifen (3 auf jeder Feder) ausgebildet 
vorhanden. Daher erscheint die Unterseite der abyssinischen 
Ohreule kariert, während sie bei der europäischen Art nur mit 
Längsstreifen versehen ist. Diese Beobachtung stimmt mit dem 
bei den Jagdfalken ermittelten Gesetz überein: Je ausgedehnter 
und intensiver die dunkle Zeichnung ist, desto mehr ist sie 
Querzeichnung.‘“ Orn. Monschrft. 1896, pag. 122—132. 

Folglich gilt für Nacht- und Tagraubvogel dasselbe Gesetz. 

Die bei Waramgambo von Dr. Ellenbeck gesammelten 
Exemplare befanden sich in einem 8—10 Stück zählenden Flug 
und wurden in einem Nadelholzbestande aufgetan und erlegt. 
Das bei Ladscho gesammelte Exemplar war vereinzelt. Die 
Geschlechtsteile, welche noch sehr schwach entwickelt waren, 
und der Umstand, dass die Eulen sich noch in Flügen befanden, 
lässt darauf schliessen, dass die Brutperiode nicht in den Monat 
Februar, sondern später fällt. 

Verbreitungsgebiet: Hochgebirge Nord-Ost-Afrikas (Abes- 
sinien, Gallaländer). 

92 Waramgambo (Route Abera-Ginir). 18. Februar 1901: 
Fell. 32,7, Schwzl. 19, Schnabel v. d. Wachsh. 2 cm. 

g° ebenda: Flgl. 34, Schwzl. 19, Schnab. v. d. Wachsh. 2 cm. 

g° ebenda: Flgl. 34,5, Schwzl. 19, Schnab. v. d. Wachsh. 2 cm. 

3° ebenda: Flgl. 33,5, Schwzl. 19, Schnab. v. d. Wachsh. 1,9 cm. 
© ebenda: Flgl. 33,5, Schwzl. 19, Schnab. v. d. Wachsh. 1,8 cm. 

92 Ladscho (Route Abera-Ginir). 11. Februar 1901: Filgl. 
33, Schwzl. 19, Schnabel v. d. Wachsh. 2 em. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 233 


Asio leucotis nigrovertex Erl. 
[Hierzu Tafel.] 
Rüppell, N. Wirbelt. 1835, p. 45. Strix (Otus) leucotis. 
Heuglin, Orn. Nord-Ost-AfrikasI. 1869, p. 115. .Bubo leucotis. 
Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01, p. 661. Asio leucotis. 
[Siehe hier weitere Literatur u. Synonymie partim]. 


Abessinien. 
Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1873, p. 402. Piilopsis 
leueotis, 
Salvadori, Ann. Mus. Genova 1884, p. 77. P. leucotis. 


Somaliland. 


Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894, p. 550. Scops leucotis. 

Lort Phillips, Ibis 1898, p. 418. 8. leucotis. 

Nach Vergleich der von mir in Nord-Ost-Afrika gesammelten 
Exemplare mit solchen des kgl. Museums aus anderen Teilen 
Afrikas (Kaffernland, Deutsch - Süd - West- Afrika, Deutsch-Ost- 
Afrika, Togo u. s. w.), ergibt sich, dass die nord-ost-afrikanischen 
Vögel eine zoogeographische Art bilden und eine Abtrennung 
erheischen. 

Asio leucotis nigrovertex Nord-Ost-Afrika (Abessinien Galla- 
länder.) 

Typus: 3% Abessinien, Gambo (Seengebiet) 29. Nov. 1900, 
© Abessinien, Roba-Schalo (Seengebiet) 1. Dez. 1900. 

Diagnosis: Unterscheidet sich von der typischen Art durch 
den ausgeprägten tiefschwarzen Fleck auf dem Scheitel, der fast 
die ganze obere Kopfplatte und einen Teil des Nackens einnimmt, 
während dieser bei Asio leucotis leucotis (Temm.) schwärzlich, 
grau-melliert erscheint mit kleinen weissen Flecken. 

Bei alten Vögeln ist die Iris orange, der Schnabel horngelb. 
‘ Bei jungen Vögeln fehlt dem Gefieder der graue Ton. Die Be- 
fiederung hat bräunlichen Anflug. Schnabel hellhornbraun. 

Wir müssen nunmehr folgende zoogeographische Formen 
unterscheiden: 

Asio leucotis leucotis. 

Temminck, Pl. Col. I. 1820, Taf. 16. Strix leucotis. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01, p. 661. 4Asio leucotis. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie partim]. Verbreitungs- 
gebiet: Süd- und Ost-Afrika. % 

Exemplare aus Nord-West-Afrika bilden einen Übergang zur 
Nord-Ostafrikanischen Form. Bei manchen Exemplaren ist der 
schwarze Stirnfleck ebenso stark ausgebildet, wie bei nord-ost- 
afrikanischen Vögeln, bei anderen wiederum weniger. Leider ge- 
nügt mir das vorliegende Material nicht, um zu entscheiden, ob 
die nordwestafrikanischen Vögel eine dritte Form für sich bilden. 
Ich ziehe sie daher vorerst zur zweiten mir bekannten und vor- 
liegenden zoogeographischen Form: Asio leucotis nigrovertex Erl. 

Journ. f, Orn. LII, Jahrg. April 1904. 16 


234 C. v. Erlanger: 


Verbreitungsgebiet: Nord-Ost-, Nord-West-Afrika (Abessinien, 
Gallaländer, Togo?). 

Asio leucotis nigrovertex wurde von mir auf meiner Expe- 
dition in vier Exemplaren gesammelt und zwar drei Exemplare 
im abyssinischen Seengebiet während der Monate November — 
Dezember. Ein Exemplar in den Arrussigallaländern im August. 

Die Brutzeit dieser Eulenart scheint in die Monate November 
und Dezember zu fallen, da bei einem von mir am 29. Novemb. 
erlegten $ die Geschlechtsteile ziemlich entwickelt waren. Nach 
Andersson, der ihre Nester fand, in welchen sich 2—3 weisse 
Eier befanden, nach Heuglin von der Grösse eines Hühnereies, 
fällt die Brutperiode in die Monate September — November. 
Ich habe leider niemals Gelegenheit gehabt, ein Nest zu entdecken. 

Am 1. Dezember 1900 bei Roba-Schalo (Seengebiet) traf 
ich in einem dichten niedrigen Gehölz dasmit fast undurchdringlichen 
Gesträuchern verwachsen war, einen Flug von 6—8 dieser Euleu 
an und erlegte deren zwei. 

Bei Gambo (Seengebiet), 29. November 1900, wurde ein 
Pärchen von mir beobachtet. Leider jedoch gelang es nur, das 
g zu erlegen. Andersson fand sie nur paarweise, während 
Heuglin sie immer nur vereinzelt angetroffen hat. 

Typus $? Gambo Abessinien (Seengebiet) 29. Novemb. 00: 
Figl. 19,3, Schwz. 10,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,9 em. 

Typus @ Roba-Schalo Abessinien (Seengebiet) 1. Dez. 00: 
Figl. 19,5, Schwz. 11, Schnabel v. d. Wachsh. 1,7 cm. 

g Roba-Schalo Abessinien (Seengebiet) 1. Dezember 1900: 
Flgl. 18,5, Schwz. 10, Schnabelv. d. Wachsh. 1,6 cm. 

& Djelle Arrussigallaland (Route Ginir Adis-abeba) 2. Aug. 
1900: Flgl. 18,7, Schwz. 10, Schnabel v. d. Wachsh. 1,6 cm. 

o Togo (Moba) 23. VII. 01. leg. Thierry (Berl. Mus.): Flgl. 
18, Schwz. 10,3, Schnabel v. d. Wachsh. 1,8 cm. 

Dieses Exemplar hat einen grossen schwarzen Fleck auf 
der Kopfplatte, während bei folgendem Exemplar derselbe viel 
schwächer ausgeprägt ist: 

Togo Mangu leg. Thierry (Berl. Mus.): Flgl. 18,7, Schwz. 
10,7, Schnabel v. d. Wachsh. 1,8 cm. 

Die mir vorliegenden Exemplare des Kgl. Museums der 
typischen Form aus Süd-Afrika (Windhuk) leg. Lübbert, Deutsch- 
Süd-West-Afrika leg. Volkmann, Deutsch-Ost-Afrika (Songea) leg. 
Stierling. Weitere Exemplare gesammelt von Böhm, Schillings, 
Schröder und Stuhlmann, weisen in ihren Massen keine Unter- 
schiede mit der Form „nögrovertex“ auf. 


Pisorhina scops (L.) 
Linne, S. N. X. 1758, p. 92. Strix scops. 


Heuglin, Orn. N. O. Afrikas I. 1869, p. 117. Scops zorca. 
Reichenow, Vögel Afrikas 00-01 Bd. I, p. 664. Pisorhina scops. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 235 


Arabien. 


Barnes, Ibis 1893, p. 68. Scops giu. 

Yerbury, Ibis 1896, p. 17. Scops giu. 

Die palaearktische Zwergohreule erscheint nur während des 
Winters in Nord-Ost- und Nord-West-Afrika, woselbst sie im all- 
gemeinen paarweise, zuweilen auch in kleinen Gesellschäften, an- 
getroffen wird. Nach Heuglin erscheint sie im Herbst in Agypten 
und verweilt dort bis zum Frühjahr. Von dort dringt sie südlich 
bis Abessinien und Sennar vor. Dr. Vierthaler traf Zwergohr- 
eulen am blauen Nil Ende Januar, Heuglin zwischen 9. — 12. 
April bei Kairo und Ende September im mittleren Nubien. 

Brutvogel in Süd-Europa und Nord-Afrika. 

5! Tumadu Abessinien (Djam-Djam) 24. Dez. 00: Flgl. 15,4, 
Schwz. 8, Schnabel v. d. Wachsh. 1,1 cm. 


Pisorhina capensis capensis (A. Smith). 


A. Smith, Orn. J. 1834, p. 314. Scops capensis. 

Heuglin, Orn. N.-O.-Afr. 1869, p. 117. Scops zorca africana. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 00—01,p.666. Pisorhina capensis. 
[Siehe hier weitere Literatur und Synonymie]. 


Abessinien. 


Blanford, Zoology, Geology Abyssinia, 1870, p. 303. Scops 
senegalensis. 
Somaliland. 


Elliot, Field. Col. Mus. 1897, p. 56. Scops capensis. 

Sharpe hat im Catalogue des britischen Museums Bd. II. 
Pisorhina capensis und ihre Formen als Subspecien von Piso- 
rhina scops (L.) aufgefasst. Meiner Ansicht nach bildet die 
afrikanische Zwergohreule eine selbständige Art, was durch die 
konstanten Unterschiede der Schwungfederverhältnisse mit den 
Formen von Pisorhina scops (L.) gekennzeichnet wird. Schon 
Heuglin ist der Ansicht, dass hier zwei verschiedene Arten vor- 
liegen. Reichenow bespricht in seinem Werk über die Vögel 
Afrikas Bd. I die verschiedenen Schwungfedernverhältnisse beider 
Arten. 

Bei Pisorhina scops (L.) 2. — 4. Schwinge am längsten 
oder 4. wenig kürzer als die 2. und 3. 1. ebenso lang oder länger 
als 6. Bei Pisorhina capensis (A. Sm.) 3. und 4. Schwinge am 
längsten, 2.5. oder weniger kürzer als diese. 1. kürzer als 6. 

Überhaupt sind die afrikanischen Zwergohreulen alle kleiner 
als ihre palaearktischen Verwandten, haben kürzere Schwingen 
und einen bedeutend kleineren schwächeren Schnabel. 

Pisorhina capensis ist keineswegs ein seltener Vogel ın 
Nord-Ost-Afrika, aber wegen seines versteckten nächtlichen Lebens 
kommt er einem nur in den seltensten Fällen zu Gesicht. Tags- 


16* 


236 C. v. Erlanger: 


über hält sich die niedliche, kleine Eule im dichtesten Gesträuch 
und Gebüsch auf, in welches einzudringen kaum möglich ist, was 
jeder, der die Tropen mit ihrer üppigen reichen Vegetation kennt, 
nur zu leicht begreifen wird. Es gelang mir daher auch nur 
in drei Fällen, die kleine Eule zu Gesicht zu bekommen und zu 
sammeln. Einmal war Hilgert sogar so glücklich, ihr Nest zu 
finden und das Gelege samt dem alten © zu erbeuten. Nach 
Vergleich meiner zwei Exemplare aus Abessinien und den Galla- 
ländern mit solchen aus Deutsch- und Britisch-Ost-Afrika ergab 
sich, dass dieselben völlig mit den ostafrikanischen Zwergohr- 
eulen übereinstimmen. Ich muss noch hinzufügen, dass gerade 
bei dieser Art individuelle Variation sehr häufig ist. 

Ein von mir in Süd-Somaliland bei Bardera gesammeltes 
junges @ zeichnet sich durch sehr hellgraue Färbung nnd Klein- 
heit aus. Jedoch führe ich dies vorerst auf Altersunterschied 
zurück. Bekanntlich sind ja auch die jungen palaearktischen 
Zwergohreulen sehr grau. 

Von der afrikanischen Art unterscheidet man folgende Z00- 
geographische Formen: 

Pisorhina capensis capensis (A. Sm.), Nord-Ost- Ost-Afrika 
und Süd-Afrika. Orn. J. 1834, p. 314. 

Pisorhina capensis ugandae Neum., Norduganda. Journ. f. 
Örn. 1899, p. 56. 

Diese Art, welche mir aus der Sammlung des Kgl. Mus. 
in 2 Exemplaren vorliegt, stimmt in ihren Grössenverhältnissen 
völlig mit der typischen Art überein, unterscheidet sich aber von 
dieser durch ihre auffallende rostfarbene Befiederung. 

Pisorhina capensis leucopsis (Hartl.), Insel St. Thomas. 
Rev. Zool. 1849, p.496, ferner Tafel Hartl. Verz. Hamburg 1850 I. 

JPisorhina capensis ieterorhyncha (Shell.), Goldküste (West- 
Afrika). Ibis 1873, p. 138. 

Pisorhina capensis scapulata (Boc.), Angolares a. d. Ostküste 
v. St. Thomas. J. Lisboa XLVIII 1888, p. 229, 231. 

Letztere drei zoogeographischen Formen liegen mir leider 
nicht vor. 

Die Brutzeit der afrikanischen Zwergohreule scheint sehr 
ausgedehnt zu sein und in die verschiedensten Jahreszeiten zu 
fallen. Bei einem von mir im südabyssinischen Seengebiet ge- 
sammelten $ waren die Geschlechtsteile sehr stark (4) entwickelt. 
21. November 1900. | 

Im Land der Gurra am 5. April 1900 erbeutete Hilgert ein 
Q@ auf dem Gelege. Bei Bardera ein © iuv. am 31. Mai 1900. 
Letzteres Datum würde mit der Brutzeit im April übereinstimmen. 
Iris bei alten Vögeln gelb. 

g® Fluss Maki abyss. Seengebiet, 21. Nov. 00: Flgl. 12,4, 
Schwz. 6,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. 

Q@) Burka, Land d. Gurra (Route Ginir-Ganale) 5. Apr. Ol: 
Flgl. 12,4, Schwz. 6,4, Schnabel v.d. Wachsh. 1,1 cm. Hierzu Gelege. 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 237 


Ich entnehme aus dem Tagebuch Hilgerts folgende Notiz: 

Den Nistplatz dieser kleinen, niedlichen Eule fand ich südl. 
Ginir bei Dagaje im Lande der Gurra am 5. April 1901. 

Die Nisthöhle befand sich ca 21/, m hoch in einer Platane; 
sie war ca 1, m tief und so geräumig, dass sich der Vogel be- 
quem darin wenden konnte. 

Nest war keines vorhanden, doch fanden sich Gewölle von 
Mäusen, Insekten, sowie Federn vor. 

Der Vogel sass fest auf seinen 3 weissen, niedlichen Eiern, 
unbekümmert um das Klopfen, das durch das Erweitern des Ein- 
flugloches verursacht wurde und liess sich dann ruhig greifen, 
wobei er nur nach Eulenart mit dem Schnabel knappte. 

Die 3 zum Ausfallen reife Eier, ähnlich kleinen Eiern von 
Pisorhina scops (L.), sind etwas rauhschaliger, mehr glänzend. 


% 32.528238 24,5 

Il oT 

Eit2’ = nn Bebrütungsgrad (5) 
seit 228 x 24,5 

Bir: = FED 


Q iuv. Bardera, Süd-Somaliland, 31. Mai 1901: Figl. 10, 
Schwz. 5,2, Schnabel v. d. Wachsh. 1 cm. 


Syrnium woodfordi (A. Smith). 


A. Smith, Qu. Journ. 2 ser. 1834, p. 312. Noctua woodfordi. 

Heuglin, Journ. f. Orn. 1863, p. 12. Syrnium umbrinum. 

Heuglin, Orn. N. O. Afrikas I. 1869, p. 122. $. woodfordi. 

Finsch und Hartlaub, Vög. Ost Afrikas 1870, p. 108. S$. 
woodfordi. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900—01, p. 668. $. woodfordi 
(siehe hier weitere Literatur und Synonymie). 


Somaliland. 


Shelley, Proc. zool. Soc. 1882, p. 305. $. woodford:. 

Diese Art wurde auf der Expedition nur einmal wissentlich 
beobachtet und von Hilgert erlegt und zwar in den dichten 
Uferwäldern des unteren Ganale, drei Tagemärsche südlich Bardera 
bei Anole. Im dichtesten Unterholz, in welches er vorgedrungen 
war, um kleine Sänger zu sammeln, sah er auf einige Schritte 
vor sich diesen Kauz auf einem umgefallenen Baum, welcher 
von Schlingpflanzen und Sträuchern überwuchert war, sitzen. 
Die Eule wurde heftig von den kleinen hier lebenden Vögeln an- 
gegriffen. Diesem Umstand verdankte er es nur, sie erbeutet 
zu haben. Er schoss dieselbe auf nur einige Schritt. Es ist 
das einzige Exemplar, welches auf der Reise gesammelt wurde. 


238 C. v. Erlanger: 


9° Anole Unterer Ganale Süd-Somaliland 1. Juli 1901: 
Figl. 25,2, Schwzl. 16,1, Schnabel v. d. Wachsh. 1,9 cm. Iris 
dunkelbraun. 

In Nord-Ost-Afrika scheint die Eule sehr selten zu sein; 
nach Heuglin ist ihr Vorkommen daselbst nur ein zufälliges und 
aussergewöhnliches; von ihm gesammelt in der Provinz Bege- 
meder, Abessinien. Weder von Rüppell, noch von französischen, 
englischen Forschern und mir wurde Syrnium woodfordı in 
Abessinien beobachtet. Nach Durchsicht des Materials am 
hiesigen kgl. Museum sind die einzelnen Exemplare bedeutender 
individueller Variation unterworfen. Die Arten „suahelicum“ 
Reichenow ‚„umbrinum“ Heuglin „nigricantius“ Sharpe, welche 
übrigens Reichenow schon in seinem Werk über die Vögel Afrikas 
I. pag. 669 einzieht und nur als Variationen aufführt, sind meiner 
Ansicht nach ebenfalls keineswegs als zoogeographische Formen 
zu betrachten, sondern lediglich Färbungsphasen in der Be- 
fiederung, welche ja auch bei unserm europäischen Waldkauz 
Syrnium aluco vorkommen. 


Athene noctua spülogaster Heuglin. 


Lort Phillips, Ibis 1898, p. 418. Carine spilogastra. 

Hawker, Ibis 1899, p. 77. CO. spilogastra. 

Shelley, Ibis 1885, p. 329. Athene glau«. 

Heuglin, Journ. f. Orn. 1863, p. 15. Athene spilogaster. 

Heuglin, Orn. N. O. Afrikas I. 1869, p. 119. Noctua spi- 
logastra (cum Tab. 4). 

Heuglin, Orn. N. O. Afrikas I. 1869, p. 119. Athene troglo- 
dytica. 

Arabien. 


(? Barnes, Ibis 1893, p. 68. Carine sp. inc.) 


Somaliland. 


Shelley, Ibis 1885, 392. Carine glauz. $ 

Salvadori, Mem. Acc. Torino 1894, p. 551. Carine spilogastra. 

Sharpe, Proc. zool. Soc. 1895, p. 504. Ü. spilogastra. 

Lort Phillips, Birds Somaliland Ibis 1898, p. 418. CO. spi- 
logastra. 

Hawker, Ibis 1898, p. 77. C. spilogastra. 

Von diesem im nördlichen Somaliland so häufigen Stein- 
käuzchen wurde eine grössere Suite gesammelt. Auf der Route 
von Zeyla-Djeldessa war es täglich eine häufige Erscheinung. 
Es sass an den Sandwänden der ausgetrockneten Flussläufe, in 
deren Fugen und Löchern es seine Niststätte errichtet. Bevor- 
zugt werden von ihm die Termitenhügel, auf welchen ich öfters 
Gelegenheit hatte, es zu beobachten. Lort Phillips fand hier- 
selbst in Löchern seine Nester. Athene spilogaster ist ebenso- 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 239 


wohl Tag- wie Nachtvogel. Hauptsächlich wird es in den späteren 
Nachmittagsstunden und um die Zeit des Sonnenuntergangs rege. 
Auch des Nachts hörten wir von den Zelten aus seinen Ruf. 

Die Form „spelogaster“ ist bei weitem die kleinste bekannte 
Art seiner Gattung und erinnerte mich sehr in der ariden Somali- 
gegend an Seinen grösseren nordafrikanischen Verwandten, mit 
dem er in seinen Gewohnheiten völlig übereinstimmt. Athene 
spilogaster sitzt ebenso wie dieses auf Sträuchern, Gebüschen, 
Felsen und Erdhügeln, während es sich höhere Bäume nur un- 
gern als Sitzplatz auswählt. Man unterscheidet demnach folgende 
zoogeographische Vertreter: 

Athene noctua noctua (Scop.) Europa. 

Athene noctua glaux (Savigny) Nord-Afrika mit Ausnahme 
von Tanger. 

Überhaupt die südlichen Teile der Mittelmeersubregion. 
Palästina bis Persien und Afganistan, Arabien. Südeuropäische 
und nordmarokanische Exemplare bilden einen Übergang zur 
Form „noctua“ (Scop.), zu denen sie noch gerechnet werden müssen. 

Athene noctua plumipes (Smith) Ost-Sibirien, Mongolei, 
Nord-China bis Central Asien, Turkestan, Tibet. 

Athene noctua brama (Temm.) Indien, Beludchistan. 

Athene noctua pulchra (Hume) Burmah, Peyn. 

Athene noctua spilogaster (Heuglin) Abessinisches Küsten- 
land Nord-Somaliland. 

g Aurowena Nord Somaliland 11. Febr. 19.0 (Route Zeyla- 
Djeldessa): Flgl. 13,5, Schwzl. 7, Schnabel v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

g ebenda 13. Febr. 1900: Flgl. 13,8, Schwzl. 7, Schnabel 
v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

g ebenda 14. Febr. 1900: Figl. 13,6, Schwzl. 7, Schnabel 
v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

g ebenda 14. Febr. 1900: Flgl. 13,1, Schwzl. 7, Schnabel 
v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

& ebenda 20. Febr. 1900: Figl. 13,3, Schwzl. 7, Schnabel 
v. d. Wachsh. 1,3 cm. 

Q ebenda 14. Febr. 1900: Flgl. 13, Schwzl. 7, Schnabel v. 
d. Wachsh. 1,2 cm. 


Glaucidium perlatum (Vieill.). 


Levaillant, Ois. d’ Afrique VI. 1808, Taf. 284. La Cheve 
chette perlee. 

Vieillot, N. D. VII. 1817, p. 26. Strix perlata. 

Rüppell, Neue Wirbeltiere 1835, p. 45. sSirix (Noctua) 
pusilla. 

Rüppell, Syst. Uebers. 1845, p. 12. Athene pusilla. 

Heuglin, Orn.!Nord. Ost. Afr. 1869 I., p. 120. Noctua perlata. 

Reichenow, Vögel Afrikas I. 1900— 1901, p: 674. Glawu- 
dium perlatum (siehe hier weitere Literatur und Synonymie). 


240 C. v. Erlanger: 


Abessinien. 


Blanford, Zoology Geology Abyssinia 1870, p. 303. Athene 
perlata. 

Antinori u. Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1873, p. 400. A. perlata. 

Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1884, p. 77. Glaucidium perlatum. 

Grant, Ibis 1900, p. 319. Gl. perlatum. 


Somaliland. 


Sharpe, Proc. zool. Soc. 1895, p. 504. Gl. perlatum. 
Salvadori, Ann. Mus. Gen. 1896, p. 44. Gl. perlatum. 
Hawker, Ibis 1899, p. 77. Gl. perlatum. 


Von dem Perlkauz liegen mir von meiner Reise 3 Exem- 
plare vor aus verschiedenen Gegenden und zwar aus dem Errer- 
tal bei Harar, aus dem abyssinischen Seengebiet und aus dem 
Gurraland (Route Ginir-Ganale). Diese drei Exemplare stimmen 
völlig miteinander überein und decken sich nach Vergleich des 
sich hier im Kgl. Museum befindlichen Materials mit Exemplaren 
aus Deutsch-Ost-Afrika mit Ausnahme von zwei durch Hildebrandt 
auf dem Kilimandscharo (Ndi, Teita) erbeuteten Exemplaren, welche 
Reichenow in den Orn. Monatsber. 1893, p. 118 als Glaucidium 
passerinum abgetrennt hat, in seinem Werk über die Vögel Afrikas 
I. 1900, p. 674 aber wiederum einzieht und nur als Variation 
bestehen lässt. 

Nach Sortierung der westafrikanischen, südafrikanischen 
und ostafrikanischen Perlkäuze ergibt sich, dass das Braun der 
südafrikanischen Vögel bedeutenden olivgrauen Anflug enthält, 
während ost- resp. nordostafrikanische Vögel mehr graubraun 
bis braunrot sind. 


Die braunen, weissgesäumten Brustfedern sind im allge- 
meinen bei ostafrikanischen Vögeln mehr rötlich, während die 
südafrikanischen diesen rötlichen Anflug entbehren und mehr 
graubraune Brustfedern haben. 


Bei den westafrikanischen Exemplaren ist der Scheitel, 
Kopfplatte, Nacken durchweg stark rotbräunlich, wodurch die 
beiden Kilimandscharo Vögel diesen westafrikanischen Vögeln 
sehr nahe kommen, ich möchte sagen, sich mit ihnen decken. 
Wäre dies nicht der Fall, so hätten wir es sicherlich mit zwei 
zoogeographischen Formen zu tun, da der Unterschied ein sehr 
drastischer ist. Süd- und ost- resp. nordostafrikanische Vögel 
sehen sich sehr ähnlich, jedoch ist der oben beschriebene Colorit- 
unterschied vorhanden. Vorerst will ich mich darauf beschränken, 
auf diese 3 Coloritunterschiede hinzuweisen. Dass die westlichen 
Vögel mit den beiden Kilimandscharovögeln übereinstimmen, kann 
ich mir nur so erklären, dass die rötliche Färbung Folge des 
feuchten Urwaldklimas ist, welches wir auf dem Kilimandscharo 
und in den Urwäldern Westafrikas haben. 


Beiträge zur. Vogelfauna Nordostafrikas. 241 


Die mehr oder minder reiche weisse Fleckenzeichnung auf 
der Kopfplatte und dem Nacken ist lediglich Altersunterschied, 
und zwar sind diejenigen Vögel, deren Kopfplatte die weisse 
Fleckenzeichnung völlig entbehren, am ältesten. Bei Vögeln in 
medialem Stadium sind die einzelnen weissen Flecken kleiner und 
spärlicher über die Kopfplatte und den Nacken verteilt, während 
jüngere Vögel eine zahlreiche, weisse Fleckenzeichnung haben und 
die einzelnen Perlflecken auch stärker sind. 

Sollten jedoch diese zoogeographischen Formen aufrecht zu 
erhalten sein, so wären die südafrikanischen Vögel Glaucidium 
perlatum capensis (Schlegel) Cat. Strig p. 37. 

Für westafrikanische Perlkäuze käme wegen ihrer Ähnlichkeit 
mit Kilimandscharovögel der Name kilimensis in Frage. Glaucidium 
perlatum kilimensis (Reichenow). Orn. Monatsber. 1893, p. 178. 

Östafrikanische, nordost- und nordwestafrikanische Exem- 
plare würden der typischen Form angehören. Glaucidium per- 
latum perlatum (Vieill.) N. D. VII, 1817, p. 26. 

Der Perlkauz ist mehr Nacht- als Tagvogel. Beim Ab- 
streichen von einem Gesträuch fliegt er wie der Steinkauz stets 
tief über die Erde und steigt kurz vor dem Ort, wo er fussen 
will, wieder höher. 

Heuglin fand in seinem Magen die Reste kleiner Säugetiere, 
Fische, Heuschrecken, Blanford Eidechsen. 

ö Errertal bei Harar 28. April 1900: Flgl. 10, Schwzl. 8,2, 
Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. 

g Gambo, Seeengebiet, Abessinien, 29. Nov. 1900: Flgl. 10,5, 
Schwzl. 8,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. 

4? Karaju, Land der Gurra (Route Ginir-Ganale): Flgl. 10,5, 
Schwzl. 8,5, Schnabel v. d. Wachsh. 1,2 cm. 


Strix flammea splendens (Brehm). 
(Arabischer Name Nefise). 


L. Brehm, Naumannia 1855, p. 270. Sirix splendens Brehm 
(non Hempr. sed. leg. Hempr.). Hierzu Typus und Cotypus leg. 
Hempr. und Ehrenberg, Kgl. Mus. für Naturk. Berlin No. 17901 
und 17881. 

L. Brehm, Vogelfang 1855 p. 40, No. 6. Strix splendens. 
Brehm (non Hempr. sed. leg. Hempr.). 
L. Brehm, Vogelfang 1858 p. 214—220. Sirix splendens. 
Brehm non Hempr. (siehe p. 220 Seite 10 von unten). 

Sharpe, Catal of. Birds Brit. Mus. 1875. Strix flammea 
ihre Rassen und Phasen. 

Hartert, Nov. zool. 1990 p. 531, ff. Strix flammea, L. und 
ihre Formen. 

Hartert, Nov. zool. 1902 p. 336, nachträgl. inter. Bemerk. 
über eine Form von S£rix flammea. 


242 C. v. Erlanger: 


Reichenow, Vögel Afrikas Bd. I, 1900-1901 p. 677. 8. f. 
kirchhoffi (splendens Hempr.). 


Arabien. 


Yerbury, Ibis 1886 p. 14, Barn. Owe. (Strix flammea). 
Barnes, Ibis 1893 p. 68. $. flammea L. 
Yerbury, Ibis 1896 p. 17. SS. flammea. 


Abessinien. 


Salvadori, Ann. Mus. Genova 1884 p. 78. 5. flammea),. 
Vielleicht bezieht sich dieses Citat auch auf Form maculata Brehm. 
Salvadori, Boll. Mus. zool. anat. 1897 Apr. $. flammea L.) 


Somaliland. 


Hawker, Ibis 1899 p. 78. S. flammea. 


Eine der schwersten und verwickelsten Kapitel über Lite- 
ratur, Synonymie palaearktischer Vögel dürfte das der Schleier- 
eulen sein, deren Namenklatur von späteren Autoren meist völlig 
vernachlässigt worden, d. h. einfach unter den Begriff Sirıx 
flammea L. zusammengeworfen worden ist, was wohl daraus ent- 
standen sein mag, dass Brehm eine Unmenge Namen in die Wissen- 
schaft eingeführt hat, welche sich auf Alterskleider beziehen und 
so diejenigen, welche sich wirklich auf zoogeographische Formen 
bezogen, übersehen wurden, andernteils gerade Schleiereulen be- 
deutend individuell variieren, also grosse Serien alter medialer 
und jüngerer Vögel aus den einzelnen Gegenden vorliegen müssen, 
um wirklich die bestehenden Formen richtig zu erkennen. Ein 
solches Material dürfte bis jetzt gefehlt haben, oder richtiger, 
dürfte noch fehlen, um entgültig diese interessante Frage der ein- 
zelnen zoogeographischen Formen der Schleiereule festzustellen. 
Ich verweise hier auf die lehrreichen Auseinandersetzungen Klein- 
schmidts über individuelle Variation (Siröx flammea) Journ. f. Orn. 
1903, Bericht der Jahresversammlung p. 145. 

Ferner auf die Arbeit .Harterts Nov. zool. 1900 p. 531, 
welcher als erster nach Brehm und Sharpe es wiederum unter- 
nommen hat, die Schleiereulen und ihre Formen zu bearbeiten, 
mit besonderer Berücksichtigung der Zoogeographie, was Brehm 
leider versäumte. 

In den Novitates 1900 p. 533 kommt Hartert bei der Be- 
sprechung von Sirix flammea kirchhoffi aus England auf deren 
geographische Verbreitung zu sprechen, welche noch nicht fest- 
stände, und identificiert dieselbe mit Ströx flammea paradoxa Brehm 
aus Nord-Afrika, deren Verbreitungsgebiet bis Agypten reiche, 
falls ägyptische Exemplare nicht eine eigene Form bildeten und 
zwar Strix flammea splendens Brehm!! Brehm gibt nun wiederum 
als Fundort für Sirix flammea splendens Sennar an. Hierbei 


Beiträge zur Vogelfauna Nordostafrikas. 243 


übersieht er die Form ‚„maculata,“ zu welcher sicherlich die 
Sennarvögel zu ziehen sind und identificiert diese mit der ägyp- 
tischen Form „splendens.“ Hierüber siehe Reichenow Vögel 
Afrikas, Bd. I p. 677. 

Meiner Ansicht nach haben wir es nun mit folgenden zoo- 
geographischen Formen zu tun: 

1. Strix flammea flammea (L.). Linne S. N. XII. 1766 p. 133. 
Central- und Nord-Europa. 

2. Sirix flammea kirchhoffi (Brehm). England. 

3. [Strix flammea ernesti (Kleinsch.) Sardinien.] Brehm Nau- 
mannia 1858 p. 219. (Fragliche Form.) 

4. Strix flammea paradoxa Brehm. Strix flammea var. meri- 
dionalis Kg. Brehm Naumannia 1858 p. 217. Nord-Afrika, 
Tripolis, Tunis, Algerien, Marocko, Spanien, Riviera, Italien, 
Griechenland. 

5. Strix flammea splendens Brehm. Brehm Naumannia 1855 
p. 270. Palästina, Arabien, Ägypten, (? Nord-Ost-Afrika, 
Somaliland, Abessinien). 

6. Strix flammea maculata (Brehm). Brehm Naumannia 1858 
p. 220. Das tropische Afrika (? Süd-Afrika). 

7. Strix flammeoa schmitzi Hartert. Nov. zool. 1900 p. 534. 
Madeira. 

Es ist sicher, dass bei der Klassificierung der Sirix-Arten 
sehr vorsichtig vorgegangen werden muss. Nur an Hand grossen 
Materials wird man in der Lage sein, die zoogeographischen 
Unterschiede zu erkennen. Bei einzelnen Exemplaren wird man 
sonst zu leicht geneigt sein, alle mit Mühe herausgefundenen 
zoogeographischen Formen wiederum zusammen zu werfen und 
eine aus Deutsch-Ost-Afrika stammende, der Form „maculata“ an- 
gehörende Schleiereule mit einer aus West-Europa oder England 
zusammen zu werfen. Nehmen wir, wie Kleinschmidt richtig be- 
merkt, aus allen diesen Teilen die ältesten, also hellsten Exem- 
plare der einzelnen zoogeographischen Formen, dann die jüngsten, 
also dunkelsten Vögel, und vergleichen diese miteinander, dann 
werden wir erst zum richtigen Resultat gelangen. 

Unverkennbar ist Sirix flammea maculata (Brehm) aus dem 
tropischen Afrika mit ihrer praegnanten grossen Fleckenzeichnung, 
sowohl auf der gelben (iuv.) wie weissen (ad.) Unterseite. 

Ferner Strix flammea Linne mit ihrer grauweissen weniger 
gefleckten Unterseite im Alter, mehr gefleckten gelbbraunen Unter- 
seite in der Jugend und ihrer sehr dunkeln aschgrauen Ober- 
seite, bei denen der mittlere Teil der Federn, bei einzelnen auf 
der Schulter die äussere Aussenfahne der Federn, schmutzig gelb 
ist und diese Federn nur wenig zum Vorschein kommen. Schwieriger 
dagegen sind die drei Formen „körchhoffi, paradoxa und splendens‘“ 
auseinander zu halten. Bei allen drei Arten ist die dunkele 
Sprenkelung auf der Unterseite fein, die einzelnen Flecken viel 
kleiner wie bei der Form „maculata,“ ein drastisches Unter- 


244 C. v. Erlanger: Zur Vogelfauna Nordostafrikas. 


scheidungsmerkmal für letztere Art. Schleiereulen der Mittelmer- 
subregion verlieren dagegen völlig den schwachen gelben Anflug 
auf der Brust, der wie ein Hauch auch bei den ältesten eng- 
lischen Exemplaren bestehen bleibt. Im höchsten Alter geht so- 
wohl bei kirchhoffi wie paradoxa wie splendens die Sprenkelung 
der Unterseite verloren. Die Vögel werden weiss, behalten aber, 
wie gesagt, bei der Form Airchhoffi auf der Brust einen gelben 
Hauch, welcher bei der Form paradoxa und splendens sich eben- 
falls verliert. 

Strix flammea splendens unterscheidet sich wiederum von 
Strix flammea poradoxa dadurch, dass der mittlere Teil der Federn, 
auf den Schultern die Aussenfahne der Federn, auf der Öberseite 
bei der Form splendens orangegelb, bei der Form paradoxa 
mehr gelb ist. Bei ganz alten Vögeln von Serex flammea splendens 
verlieren sich auch die grauschwarzen Tropfenflecken in der Mitte 
der grauen Federn der Oberseite, was bei den anderen Arten 
niemals der Fall ist. 

Je älter die Vögel der drei letztbesprochenen zoogeogra- 
phischen Formen werden, desto mehr verschwindet das Grau auf 
der Oberseite. 

Von Strix flammea splendens gelang es mir, mehrere Exem- 
plare zu sammeln, welche alle in einem verlassenen Brunnen, in 
dessen Nähe wir unser Lager bei El-Hota aufgeschlagen hatten, 
hausten. Des Abends kamen sie herangestrichen und setzten 
sich unweit davon auf einige hohe Bäume, woselbst sie meist 
von Praeparator Hilgert erlegt wurden. 

Von dort liegen mir 5 Exemplare vor: 

g Unterseite rein weiss El.-Hota Süd-Arabien (Sultanat Lahadsch). 


23. Dez. 1899. 
Jg si “ ENTER TE, N Weg 
Q . schwach gesprenkelt, fast weiss. 21. Dez. 1899. 
Q A N B E en 22. Dez. 1899. 
Q I etwas mehr gesprenkelt . . . 25. Dez. 1899. 


Ferner liegen mir aus meiner Sammlung 6 Exemplare in 
altem und jüngerem Alterskleid aus dem Jordantal Palästina vor, 
welche ich durch Vermittelung des Naturalienhändlers Rolle in 
Berlin erhielt. 

Von der tropisch afrikanischen Schleiereule Sirix flammea 
maculata Brehm gelang es mir auf meiner Expedition leider 
nicht Exemplare zu sammeln. 

Näheres über diese Art siehe Reichenow Vögel Afrikas Bd. I. 
pag. 676. 


245 


II. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten 
der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. 
Von J. Thienemann. 


I. Allgemeiner Teil. 


Die Arbeiten der Vogelwarte wurden auch in diesem Jahre 
in derselben Weise fortgesetzt, wie es in den beiden ersten Jahres- 
berichten ausführlich beschrieben worden ist. Wir dürfen uns 
daher diesmal kürzer fassen. 

Der Besuch des Museums hat wieder sehr stark zugenommen, 
und ein grosser Teil der Gäste trug sich in das ausliegende 
Fremdenbuch ein. Ein Auszug aus der Besucherliste soll dies- 
mal nicht aufgestellt werden. Als äusseres Merkmal sei nur er- 
wähnt, dass die Namen der Eingezeichneten im Jahre 1902 13 
Seiten des Fremdenbuches füllen, 1903 dagegen 27. 

Die Vogelsammlung erfuhr einen Zuwachs von 41 Vögeln. 
Ein vollständiges Verzeichnis der Sammlung in ihrem jetzigen 
Bestande folgt in einer besonderen Anlage. 

Am 4. Juni hatte der Unterzeichnete die Freude und Ehre 
Herrn Prof. Dr. Braun aus Königsberg als Besucher der Station 
für mehrere Tage zu begrüssen. Die Sammlung wurde besichtigt, 
mehrere anregende Exkursionen wurden unternommen, und Herr 
Prof. Braun benutzte die Gelegenheit, eine Anzahl frisch erlegter 
Vögel gleich an Ort und Stelle auf Helminthen zu untersuchen 
und Material zu sammeln, da beim Verschicken der Wirtstiere 
die betreffenden Parasiten fast immer absterben und für die 
Untersuchung unbrauchbar werden. Nach seiner Abreise hatte 
Herr Prof. Braun die Freundlichkeit „in dankbarer Erinnerung 
an die schönen Tagen in Rossitten“ für die Bibliothek der Vogel- 
warte das Werk von Benecke „Fische, Fischerei und Fischzucht 
in Ost- und Westpreussen‘“ zu stiften, wofür dem gütigen Spender 
hiermit der verbindlichste Dank abgestattet sei. Die Vogelwarte 
wird stets grosses Gewicht darauf legen, mit dem Vertreter der 
Zoologie an der Universität Königsberg in steter Fühlung zu bleiben. 

Auch sonst kamen im verflossenen Jahre mehrfach Fach- 
zoologen bezw. Ornithologen nach Rossitten um hier Unter- 
suchungsmaterial zu sammein oder den Vogelzug zu studieren. 

Die engen Beziehungen zwischen der Vogelwarte und dem 
Östpreussischen landwirtschaftlichen CGentralvereine 
in Königsberg sind dieselben geblieben. Vorträge in den 


246 'J. Thienemann: 


Zweigvereinen und Veröffentlichungen im Vereinsorgan fanden 
von Seiten des Unterzeichneten in gleicher Weise statt wie früher. 

Auch der Landwirtschaftliche Central-Verein für 
Littauen und Mesuren hat in diesem Jahre eine Beihilfe 
von 100 M. gewährt und von dem Unterzeichneten in Vogel- 
schutzfragen Gutachten eingeholt. 

Vom Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 
wurde der Unterzeichnete im Dezember des verflossenen Jahres 
zu einer im Ministerium stattfindenden Vogelschutzkonferenz 
nach Berlin geladen, nachdem vorher ein längeres schriftliches 
Gutachten eingefordert war. Der Herr Minister hat die Absicht, 
innerhalb seines Ressorts durchgreifende Massregeln in Sachen 
des Vogelschutzes zu treffen, auf die grosse Hoffnungen gesetzt 
werden dürfen. 

Das Bibliotheks-Verzeichnis weist jetzt 341 Nummern auf, 
das bedeutet einen Zuwachs von 34 Nummern. Folgende Autoren 
haben, der Zeitfolge nach aufgeführt, Schriften eingeschickt: 

P. Dr. Fr. Lindner — Osterwieck a./H. 

K. Deditius — Schöneberg. 

Dr. F. Helm — Chemnitz. 

Dr. E. Rössler — Zagreb, Kroatien; für die Kroatische 

ornithologische Centrale. 

William Baer — Tharandt. 

P. C. Lindner — Wetteburg. 

Herluf Winge — Kopenhagen. 

O. Leege — Juist. 

Prof. Dr. Braun — Königsberg. 

Reg. Rat. Prof. Dr. G. Rörig — Berlin. 

Dr. €. Parrot — München; für den ornithol. Verein München. 

F. Koske — Breslau. 

Guido Schiebel — Innsbruck. 

O. Helms — ‘ 

G. Clodius — Schwerin. 

Dr. P. Speiser — Bischofsburg. 

Wir danken allen den genannten Herren verbindlichst für 
die freundlichen Zusendungen. 

Im verflossenen Jahre erfuhr die Vogelwarte eine ganz 
bedeutende Geldzuwendung. Herr Prof. Dr. Walter Simon aus 
Königsberg i. Pr., ein Freund und Förderer aller wissenschaftlichen 
Bestrebungen, stellte dem Vertreter des Königl. Ministeriums 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 247 


für Landwirtschaft, Domänen und Forsten im Kuratorium der 
Vogelwarte, Herrn Regierungs- und Forstrat Bock, 1000 M. zur 
Verfügung, die vorläufig deponiert sind und ihrer Verwendung 
noch harren. Im Namen der Vogelwarte sei dem hochherzigen 
Geber der tiefgefühlteste Dank ausgesprochen. Ferner war Herr 
Regierungsrat Prof. Dr. G. Rörig auch in diesem Jahre bestrebt, 
durch Sammeln kleinerer Beiträge für die Kasse der Vogelwarte 
zu sorgen und schliesslich stiftete Herr Dr. F. Helm aus Chemnitz 
25 M. zur Fortführung des begonnenen Krähenversuches. Auch 
diesen Herren danken wir verbindlichst. 

Ebenso gebührt den Herren, die sich auch in diesem Jahre 
wieder um die Vogelwarte in der Weise verdient gemacht haben, 
wie es bereits in den letzten Jahresberichten wiederholt aufge- 
führt worden ist, unser Dank. Es sind besonders die Herren 
Zimmermann — Danzig, Tischler — Bartenstein, Des. Hegymeghy 
— Komärom. 

Über die meteorologische Station ist zu berichten, dass 
auf Antrag des Unterzeichneten vom Herrn Minister für Land- 
wirtschaft, Domänen und Forsten der Vogelwarte 95 M zur Ver- 
fügung gestellt wurden, um hier in Rossitten eine Wild’sche Wind- 
fahne mit Stärketafel aufzustellen, wofür auch an dieser Stelle 
der ergebenste Dank ausgesprochen werden soll. Das Instrument 
ermöglicht nicht nur, die Windrichtung, sondern auch die 
Stärke genau zu bestimmen, was für Vogelzugsbeobachtungen 
von grösster Wichtigkeit ist. Ferner kann der Apparat über die 
hiesigen Sandverwehungen und Dünenwanderungen im Laufe der 
Zeit interessante Aufschlüsse geben, und schliesslich wird er auch 
von der Fischereibevölkerung, die ja fortwährend mit dem Winde 
zu rechnen hat, sehr gern benutzt. 

Im praktischen Vogelschutz wurde in derselben Weise 
weiter gearbeitet, wie in den früheren Jahren. 


II. Wissenschaftlicher Teil. 

Um die Vergleichung mit früheren Jahren zu erleichtern, 
folgen zunächst wieder die bemerkenswertesten Beobachtungen 
in chronologischer Reihenfolge: 

Am 18. März wurde im Krähennetz ein roter Milan, Milvus 
milvus (L.), gefangen; selten für die Nehrung, während Milvus 
korschun (Gm.), der schwarze Milan, hier eine sehr gewöhnliche 
Erscheinung ist. 


248 J. Thienemann: 


Im Bruche fangen die Hechte an zu laichen. 

19. März: starker WSW., vormittags bedeckt und schwacher 
Regen, nachmittags hell. Guter Zugtag. Nebelkrähen mit 
Saatkrähen untermischt ziehen sehr lebhaft bei dem steifen 
Winde, den sie halb von hinten haben. Zughöhe 5 — 10 m. 
Schwärme von Alauda arvensis L., Lullula arborea (L.), Turdus 
pilaris L. und Sturnus vulgaris L. auf den Feldern. Alle Vögel 
sehr mobil. 

20. März: SW. trübe, Sprühregen. Nichts vom Zug zu 
bemerken. _ 

22. März: SW. hell. Gänse ziehen. Auf den Feldern 
Flüge von Buchfinken (Fringilla coelebs L.), die nur aus 
Männchen bestehen. Am Bruche erscheinen die ersten Lach- 
möven, um ihre alte Brutstelle zu begrüssen. Derselbe Termin 
wie im vorigen Jahre! Es ist oft geradezu überraschend, mit 
welcher Regelmässigkeit und Pünktlichkeit sich manche Erschei- 
nungen im Vogelleben draussen in der Natur jährlich wiederholen. 

24. März: SW., der nachmittags gegen 3 Uhr stärker wird 
mit Nebel, sonst Sonnenschein. Am Bruche erscheinen viele 
Lachmöven, um eine Zeitlang über ihren alten Brutstellen mit 
lautem Geschrei umherzuschwärmen und dann wieder zu ver- 
schwinden. Im vorigen Jahre dieselbe Beobachtung an genau 
demselben Tage! (vergl. vorigen Jahresbericht 1902 p. 175). 
Fulica atra L. am Bruche angekommen. Schon gestern zeigten 
sich einige Exemplare. 

25. März: W. kalt, gegen Abend dunstig. 1 Grus grus (L.) 
zieht nach Norden. Im Walde 1 Scolopax rusticola L. beobachtet. 
Turdus musicus L. singt, Anthus pratensis (L.) beobachtet. 

26. März: O. Sonnenschein, wärmer. 1 Gallinago gallinago 
(L.) am Bruche. Fringilla coelebs L. jetzt immer in Schwärmen 
auf den Feldern. 

27. März: S. sehr schön warm. Seit mehreren Tagen 
Anthus pratensis (L.) immer einzeln beobachtet. Die erste weisse 
Bachstelze (Motacilla alba L.) gesehen. Mehrere ausgedrehte 
Kiebitznester gefunden. 

28. März: trübe, kühl, W. Krähen ziehen, einige werden 
gefangen. Rotkehlchen, aber sehr einzeln, im Walde. 

1. April: Warm, fast windstill, bedeckt. Am Bruche be- 
obachte ich jetzt mehrere Tage hintereinander 1 Wildgans mit 
weissen Federn in den Flügeln. Der Vogel ist so scheu, dass 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 249 


ein Erlegen oder genaueres Beobachten ganz unmöglich ist. Zwei 
zerbrochene Kiebitzeier gefunden. Die Vögel haben also be- 
reits gelegt. 

3. April: starker NW. Schnee- und Graupelschauer. Die 
Wildenten haben bereits gelegt. Ich finde am Bruche ein 
zerbrochenes Ei. 

4. April: SW. Schneetreiben früh, gegen Abend Regen. 
Ein Krähenbastard (Corvus corniz X Corv. corone) wird er- 
beutet. (Näheres darüber Orn. Monatsber. No. 5; 1903). An 
der Pelk unter vielen Kiebitzen 1 Goldregenpfeifer (Ohara- 
drius apricarius L.). 

8. April: SW. Früh schwacher Regen, dann hell und schön. 
Auf dem Bruche ein Nest von Fulica atra L. mit einem Ei, 
ferner 2 Nester von Anas boschas L. mit 6 und 7 Eiern. Die 
Nebelkrähen sind für die jetzt brütenden Wasservögel die reine 
Geissel, da die spärliche Vegetation den Nestern noch wenig 
Schutz bietet. Diese schlauen Räuber passen genau den Augen- 
blick ab, wenn die brütende Alte beim Herannahen des Kahnes 
das Nest verlässt. Dann stürzen sie herunter, ergreifen durch 
Einstossen des Schnabels vor den Augen des Beobachters, aber 
fast immer noch ausser Schussweite, ein Ei und fliegen eiligst davon. 

10. April: früh trübe, Nachm. hell und schön. Auf den 
Feldern jetzt immer Scharen von Fringilla coelebs L. 

11. April: Den ganzen Tag über Nebel. Auf dem Bruche 
sind die Colymbus ceristatus L. angekommen. 

16. April: W. kühl. Früh Regenschauer, nachmittags klar. 
2 Nester von Vanellus vanellus (L.) mit 4 und 3 Eiern gefunden. 

22. April: Leichter O. Immer noch Schwärme von Buch- 
finken und weissen Bachstelzen auf den Feldern. Auf dem 
Bruche sind die Colymbus nigricollis (Brehm) angekommen. Gegen 
2 Uhr Nachmittags kommt das auf dem hiesigen Oberförsterei- 
gehöft nistende Storchpaar von Süden her zu seinem Nistplatze 
angezogen und trifft sofort Anstalten zur Brut. 

23. April: Schöner warmer Tag. Im Garten mehrere 
Dompfaffen und Bergfinken. 

26. April: Nachts Nebel, am Tage schön warm, fast wind- 
stil. Im Wald und in den Gärten sehr viel Rotkehlchen und 
Goldhähnchen. Die ersten Muscicapa atricapilla L. sind da. 
An der Lunk, einem ganz in der Nähe des Dorfes gelegenen 
Waldweiher, steht eine Waldschnepfe auf. Dieselbe wird fort- 

Journ. f. Orn. LU, Jahrg. April 1904, 17 


250 J. Thienemann: 


gesetzt an derselben Stelle beobachtet, so dass mit Bestimmtheit 
ein Brüten angenommen werden kann. Vor zwei Jahren wurde 
das Brüten bei Pillkoppen mit ziemlicher Bestimmtheit nachge- 
wiesen (cf. I. Jahresbericht der Vogelwarte 1901, p. 188). Kohl- 
meisen tragen zu Neste. 

28. April: N. W. Schöner warmer Tag. Auf dem Dorf- 
anger die ersten Steinschmätzer (Saxicola oenanthe L.), SO- 
wohl braune Exemplare, als auch graue ausgefärbte Männchen. 
Von letzteren habe ich hier noch nie soviel beobachtet. Auf dem 
Bruche ein Nest von Nyroca ferina (L.) mit 11 bebrüteten Eiern, 
ferner ein Nest von Colymbus cristatus L. mit 1 Ei. In den 
Gärten Rotkehlchen und Singdrosseln. Die ersten Hhrundo 
rustica L. beobachtet. 

29. April: schöner warmer Tag. 1 Lanius excubitor maior 
Pall. auf der Krähenhütte erlegt. 

2. Mai: Nebel. In der Lachmövenkolonie auf dem Bruche 
liegt. das erste Ei. Die ersten Delichon urbice (L.) gesehen. 

16. Mai: Den ersten Lanius collurio L., ein 9, beobachtet. 

18. Mai: Den ersten Carpodacus erythrinus (Pall.) gehört, 
ebenso die erste HAeppolais hippolais (L.) 

20. Mai: Die erste Sylvia currusa (L.) gehört. 

21. Mai: Den ersten Erithacus phoenicurus gesehen. Die 
ersten jungen Stare sind gestern oder vorgestern aus den Eiern 
geschlüpft. 

29.Mai: In den Dorfgärten schwirrt Zocustella naevia (Bodd.), 
und zwar nur an diesem Tage, dann ist sie verschwunden; da- 
gegen lässt Locustella fluviatilis (Wolf) in der Folgezeit an ver- 
schiedenen passenden Örtlichkeiten ihren eigenartigen Gesang 
hören. 

4. Juni: Auf der Vordüne wird ein Nest von Charadrius 
hiaticula L. gefunden. Ich höre das erstemal hier in Rossitten 
einen Ortolan (.Emberica hortulana L.) rufen. In früheren Jahren 
soll der Vogel hier häufiger gewesen sein; auf der frischen Nehrung: 
ist er eine gewöhnliche Erscheinung. 

10. und 11. Juni: furchtbar heiss, S. In diesen Tagen sind 
hier riesige Libellenschwärme zu beobachten. Die ersten 
ausgeflogenen weissen Bachstelzen. Ich hatte jetzt mehrere 
Tage hintereinander Gelegenheit, aus nächster Nähe zu beob- 
achten, wie ein altes Kiebitzweibchen seine im Dunenkleid be- 
findlichen Jungen hudert. Die Alte nähert sich laufend diesen 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 251 


Kleinen, stellt sich plötzlich breitbeinig über das eine, stösst einen 
kurzen Lockruf aus, und sofort kommen die übrigen kleinen, 
ziemlich ungeschickt aussehenden Wollklümpchen herangetrippelt, 
um unter den etwas gelüfteten Flügeln der Mutter Schutz zu 
suchen. Das Bild ist genau das einer hudernden Glucke. 

17. Juni: An der Pelk beobachte ich 4 schwarze See- 
schwalben mit weissem Schwanze und weissen Flügeln. Leider 
konnte kein Exemplar erlegt werden, da die Vögel bald nach dem 
Haff zu verschwanden. Es kann nur Hydrochelidon leucoptera 
(Schinz) gewesen sein. Das wäre eine neue Art für die Nehrung. 
Etwas Bestimmteres lässt sich darüber nicht sagen. Die Vögel 
haschten nach Art von Hydrochelidon nigra (L.) Insekten vom 
Wasserspiegel weg. 

Grosse Haffmückenschwärme und im Gefolge davon wie 
immer grosse Staransammlungen. 

24. Juni: Ich finde ein Nest von Corpodacus erythrinus 
(Pall.) mit 4 stark bebrüteten Eiern und dabei ein Kuckucks- 
ei, das ausgeprägten Sylvia cinerea-Typus trägt. (Näheres darüber 
Orn. Monatsber. Nr. 9, 1903). Der Karmingimpel hat in diesem 
Jahre zeitiger mit dem Brutgeschäft begonnen als sonst. 

29. Juni: Auf der Dorfstrasse eine Galerida cristata (L.), 
die auf der Nehrung sehr selten ist. Im vorigen Jahre ein 
ebensolch einzelnes Exemplar am 21. Juli beobachtet. (cf. I. 
Jahresbericht p. 191). 

3. Juli: Auf dem Bruche sind die ersten jungen Lachmöven 
flugbar. So sind seit dem ersten Eie (2. Mai) 62 Tage vergangen. 
(1901: 53 Tage, 1902: 62 Tage). 

Mitte Juli beginnen wie alljährlich die Strandvogelzüge. 
Herr Prof. Braun teilt mir unterm 31./7. freundlichst mit, dass 
am 25. Juli 1903 auf dem frischen Haff eine Schnee eule (Nyetea 
nyctea L.) geschossen ist, die im zoologischen Museum in Königs- 
berg ausgestopft wurde, jedenfalls ein höchst bemerkenswertes 
Ereignis. 

7. u. 8. August: starker W. Auf der Vogelwiese grosse 
Schwärme von Tringen, Limosen und Numenien, am Haff zahl- 
reiche Larus minutus Pall., Junge und Alte gemischt. Alle diese 
Vögel sind bei dem bereits seit mehreren Tagen herrschenden 
Weststurm angekommen. Im Übrigen wird der Zug für die 
nächste Zeit charakterisiert von Buchfinken (Jungen und Weib- 
chen) Kuckucken, Laubvögeln und Ziegenmelkern. 

177 


252 J. Thienemann: 


Am 23. August beobachtete Herr Referendar Tischler bei 
Schwarzort mehrere Anthus campestris (L.). 

Am 31. August und I. September sind sehr starke W.- 
stürme (bis 14 u. 20 m. pro Sekunde) zu verzeichnen. 

Am nächsten Tage, bei schwachem N, herrscht hier ein 
solches Strandvogelleben, wie es nur selten vorkommt. Herr 
Dr. Deichler, der für die Vogelwarte freundlichst Beobachtungen 
angestellt hat, sieht auf der Vogelwiese riesige, nach Tausenden 
zählende Tringen-Schwärme, ferner Limosen, ca. 25 Squatarola 
squatarola (L), meist im Alterskleide, einige Oharadrius apricarius 
L. und Numenien. Erlegt werden 2 Tringa canutus L., g ad. 
Sommerkleid und 3 iuv. Jugendkleid. 

Am 3. September (mässiger 8.0.) sind diese Flüge sehr 
verkleinert. Limosen und Kiebitzregenpfeifer sind weg; dafür 
gelangen 1 Pärchen Steinwälzer (Arenaria interpres L.) und 
mehrere Wassertreter (Phalaropus lobatus L.) zur Beobachtung, 
die sich unter Tringenflüägen umhertreiben. Erlegt werden durch 
Herrn Dr. Deichler: 1 Arenaria interpres (L.) 9 ad. Winterkleid 
und 2 Phalaropus lobatus (L.) $ und 2 Winterkleid. 

Am 4. September bei ganz schwachem N und hellem 
Wetter ist auf der Vogelwiese Ruhe eingetreten, fast alle Strand- 
vögel sind weg. 

5. September: schwacher NO, hell, starker Sperberzug. 
2 ©8 iuv. und ad. werden geschossen. Herr Dr. Deichler be- 
obachtet Blaukehlchen. 

18. September: schwacher NO, hell. 

In der ersten Hälfte des September begann hier ein un- 
gemein starker Zug des grossen Buntspechtes (Dendrocopus maior 
L.). Derselbe erreichte etwa am 20. des Monats seinen Höhe- 
punkt und währte in mässigem Umfange bis in die letzten Tage 
des September und in die ersten des Oktober. Es gelangten 
fast ausschliesslich junge Vögel mit roter Kopfplatte zur Beob- 
achtung. (Näheres darüber Orn. Monatsb. Nr. 11, 1903.) Zur 
Vergleichung höchst interessant sind die Mitteilungen, die mir 
OÖ. Leege aus Juist über diese aussergewöhnliche Zugerscheinung 
zukommen liess. Der genannte Herr schreibt mir unterm 5. 
November 1903: „Soeben bekomme ich die ornith. Monatsberichte, 
in denen Sie über das Erscheinen von Picus maior berichten. 
Dieselbe Erscheinung hatten wir auch auf den ostfriesischen 
Inseln. Den 1. Picus sah ich am 19. September (also später 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 253 


als Sie), und gegen Ende des Monats nahm der Zug erheblich 
zu; den letzten, von einem Raubvogel zerrissenen, notierte ich 
am 2. November. — Der Zug war grösser, wie in den Jahren 
vorher, und alle Vögel waren jung (rote Kopfplatten), nur einer 
hatte schwarze Platte.‘ 

Diesen Mitteilungen nach ist der Zug von Osten nach Westen 
stetig vorwärts gegangen. 

Am 18.September wird am Dorfe eine Turteltaube (Zur- 
tur iurtur L.) beobachtet, die hier selten vorkommt. 

19. September: schwacher NO, hell. Seit etwa 8 Tagen 
treiben sich am Haffstrande, zuweilen nicht weit vom Dorfe 
entfernt, 6 — 8 Brandenten (TZadorna tadorna L.) umher. 
Heute schiesst Herr Hilfsjäger Schulze-Rossitten eine davon, ein 
junges Exemplar, und am 21./9. eine zweite, ebenfalls junge. 
Die Vögel waren sehr scheu. Raubvögel (Sperber, Turmfalken, 
auch Baumfalken) jetzt häufig auf den Feldern. 

Es beginnt jetzt die Zeit, in der sich alljährlich 2 Vogel- 
zugerscheinungen abspielen, über die man in gewissem Masse 
eine bestimmte, fruchtbringende Kontrolle ausüben kann, das ist 
der Krähenzug und der Drosselzug. Der erstere, der hier 
in den ersten Tagen des Oktober beginnt und unter Umständen 
bis Weihnachten andauert, um Ende Februar und Anfang März 
schon wieder zum Rückwege einzusetzen, verläuft vor den Augen 
des Beobachters so offen und sichtbar, dass man wohl im Stande 
ist, täglich bestimmte Aufzeichnungen darüber festzulegen. Den 
zweiten aber, den Drosselzug, kann man durch die täglichen 
Fangresultate im Dohnenstiege einigermassen sicher, wenn auch 
immerhin in etwas beschränktem Masse, kontrollieren. Durch das 
Entgegenkommen des hiesigen Herrn Oberförster Mortzfeldt, der 
sich bereit erklärte, an seine Unterbeamten entsprechende Wei- 
sungen ergehen zu lassen, wurden der Vogelwarte die diesjährigen 
Fangergebnisse fast sämtlicher in den verschiedenen Schutzbezirken 
der Oberförsterei Rossitten aufgestellten Dohnenstiege zugänglich 
gemacht. Nicht nur Herrn Oberförster Mortzfeldt, sondern auch 
den übrigen Herren: Förster Seegardel-Rossitten, Dünenaufseher 
Bless-Pillkoppen, Forstaufseher Ortel-Nidden, Hilfsjäger Schultze- 
Rossitten und Hilfsjäger Jahn-Preil spreche ich für ihre freund- 
lichen Bemühungen meinen verbindlichsten Dank aus. 

Ich gebe im Folgenden die Beobachtungen über die beiden 
oben genannten Zugerscheinungen für das Jahr 1903 der Übersicht- 


254 J. Thienemann: 


lichkeit wegen in tabellarischer Form wieder und zwar in genauer 
Verbindung mit den täglichen meteorologischen Erscheinungen, 
soweit sie durch die hier eingerichtete meteorologische Station 
festzustellen waren. 

Im allgemeinen sei folgendes bemerkt: 

Bis jetzt ist es mir hier auf der Nehrung noch nicht ge- 
lungen, wie auch die folgende Tabelle zeigen wird, die Beziehungen 
zwischen Vogelzug und Wetter in bestimmte feststehende Regeln 
zu bringen. Wenn man glaubt, eine solche gefunden zu haben, 
dann erlebt man in der nächsten Zeit gleich so viel Ausnahmen, 
dass all die schönen Hypothesen wieder zusammenbrechen. Aller- 
dings ist dabei in Betracht zu ziehen, dass ich nur die Witterungs- 
erscheinungen in den untersten Luftschichten kannte. Streng 
genommen müsste hier ein Fesselballon stehen, der uns Auskunft 
auch über die höheren Regionen geben könnte. Dann würde sich 
vielleicht manches aufklären, was jetzt noch unverständlich ist. 
Wohl hat man wichtige Anhaltspunkte gefunden, und es wird 
den fortgesetzten Forschungen und Beobachtungen sicher gelingen, 
immer mehr Licht auch über diese Frage zu verbreiten, aber das 
wird man meinen bisherigen Erfahrungen nach wohl nicht erreichen, 
ein ganz bestimmtes, für alle Orte und Zeiten giltiges Schema 
darüber aufzustellen, in welchem Abhängigkeitsverhältnis der 
Vogelzug den meteorologischen Erscheinungen an einer Örtlichkeit 
gegenüber sich befindet. Ein solches totes Schema gibt es in der 
Natur nicht, und der Vogel ist keine Maschine. Darum können 
auch alle die geführten Streitigkeiten etwa über die Frage: „Ziehen 
die Vögel mit dem Winde, oder gegen den Wind?“ zu keinem 
rechten Resultate kommen, da beide Parteien Recht haben. Man 
kann höchstens negativ sagen: die Vögel ziehen nicht gegen 
heftigen Wind, gegen Sturm, und sogar dakommen Ausnahmen vor. 

Die Tabelle enthält mehrere für den Vogelzug höchst kri- 
tische und interessante Tage, z. B. den 2. Oktober. Es will aber 
nicht gelingen, genau anzugeben, warum gerade diese Tage eine 
solche wichtige Rolle spielen. Allerdings muss zugegeben werden, 
dass es für die Beurteilung z. B. des 2. Oktober, an dem die 
Vögel im Norden entschieden in auffallender Weise rege geworden 
sind und einen Vorstoss nach Süden gemacht haben, nicht genügt, 
die meteorologischen Verhältnisse allein von Rossitten zu kennen, 
sondern es wäre notwendig, dass man in der Beziehung auch 
über die nördlichen bezw. nordöstlichen Gegenden genau unter- 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 255 


richtet wäre. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass wir hier 
auf der Nehrung bei sogenanntem „guten“ Wetter — hell, warm, 
trocken, leichter Wind, bis etwa 4 höchstens 6 m. pro Sekunde 
— mehr vom Vogelzug zu sehen bekommen wie bei „schlechtem“ 
Wetter, wenn es draussen regnet und stürmt. Allerdings lautet eine 
alte Ornithologenregel, die namentlich auch für Rossitten zutrifft, 
dass der Beobachter gerade bei sogenanntem „Hundewetter“ 
draussen in Feld, Wald und am Strande auf dem Platze sein 
muss, wenn er etwas Seltenes beobachten oder erlegen will, und 
manches gute Stück habe ich an solchen Tagen schon erbeutet, 
aber die Vögel, die wir da zu sehen bekommen, sind in dem 
Augenblicke nicht ziehend zu denken, sondern sind durch die 
ungünstige Witterung gerade zur Rast gezwungen und uns da- 
durch zugänglich gemacht worden. 

Für einen Beobachter, der längere Zeit auf einem exponierten 
Punkte, wie ihn die Kurische Nehrung darstellt, weilt, muss ferner 
sehr bald folgende Frage auftauchen: Es sind eine Reihe recht 
guter Zugtage hier zu verzeichnen gewesen. Draussen herrscht 
reges Vogelleben. Krähen eilen in Schrotschusshöhe, eine end- 
lose Kette bildend, die Nehrung entlang, darunter Schwärme von 
Finken, Piepern und Lerchen, im Dohnenstieg gibt’s ergiebigen 
Drosselfang, daneben hängen aber auch zahlreiche Rotkehlchen 
und andere Kleinvögel in den Schlingen — kurz aus allem geht 
hervor, dass die Vogelwelt eifrig auf der Wanderschaft begriffen 
ist. Da tritt plötzlich Wetterumschlag ein; Regen Sturm und 
Kälte brechen los, und all das eben noch so rege Leben ist mit 
einem Male vorbei. Die ungünstige Witterung hält lange an — 
kein Zugvogel ist zu sehen, und wehe dem armen Nehrungs- 
besucher, der von fern her gereist kommt, um all die gepriesene 
Ornithologenherrlichkeit sich einmal an Ort und Stelle genau an- 
zusehen und nun gerade solche ungünstige Periode hier antrifft. 
Er kann manche Enttäuschung erleben. Haben nun, so fragen 
wir uns da unwillkürlich, unter solchen Umständen die Vögel 
ihren Zug ganz und gar eingestellt, oder geht derselbe während 
der ungünstigen Witterungsperiode in höheren Luftschichten weiter 
vor sich? Für beide Auffassungen lassen sich Gründe angeben. 
Wenn z. B. zur Zeit des Haupt-Frühjahrsschnepfenstriches an- 
dauernd sogenanntes ungünstiges Zugwetter herrscht, dann be- 
kommt auch der eifrigste Anstandsjäger nur wenige der ersehnten 
Vögel zu sehen, und seine Ausbeute ist dementsprechend gering. 


256 J. Thienemann: 


Sollte dann auch am Schluss der Schnepfenzeit noch das 
günstigste Wetter eintreten, dann werden die Vögel nicht plötz- 
lich in doppelter Anzahl eintreffen, so dass man das Versäumte 
nachholen kann, sondern dann sind sie eben durch, und wir haben 
das Nachsehen. 

Zu entgegengesetzter Meinung fühlen wir uns andrerseits 
gezwungen, wenn wir Beobachtungen machen wie sie uns in 
diesem Herbste z. B. der 9. Oktober bot (cf. die Tabelle). Lang 
andauernde Regenschauer und heftige Winde hatten den Vogelzug, 
namentlich den Krähenzug, ganz ins Stocken gebracht. Da trat 
am Morgen des genannten Tages trocknes Wetter bei mässigem 
NO. und O.-Wind ein, und plötzlich brach der Zug der Krähen, 
denen zahlreiche Schwärme von Staren, Lerchen und Finken bei- 
gemischt waren, mit einer Mächtigkeit los, wie ich ihn hier 
überhaupt noch nicht beobachtet habe. Es hatte ganz den An- 
schein, als ob die Vögel irgendwo auf Eintritt günstiger Witterung 
sehnsüchtig gewartet hätten und nun die paar guten Stunden 
zum Vorwärtskommen möglichst ausnutzen wollten. — Noch ein 
Wort über den Zugflug der Vögel. Derselbe macht sich für den 
geübten Beobachter kenntlich, aber nicht etwa durch besondere 
aussergewöhnliche Schnelligkeit, sondern durch die Stetigkeit und 
die gerade Flugrichtung, die immer inne gehalten wird. Es macht 
den Eindruck, als ob dem Vogel alles das, was auf der Erde vor- 
geht, und was sonst seine Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, 
vollständig gleichgiltig ist. In schnurgerader Linie eilt er vor- 
wärts. Irgend ein von der sonstigen Erscheinung abweichendes 
Flugbild habe ich bei einem ziehenden Vogel nicht bemerken 
können. Nur wirkt es befremdend, dass man Vögel, die man 
sonst nur hat auf dem Acker umherlaufen, oder in den Baumkronen 
und Büschen hat umherhüpfen sehen, jetzt plötzlich ganz gegen 
ihre Gewohnheit weite Strecken freien Landes überfliegen sieht. 

Es dürfte notwendig sein, noch einige erläuternde Be- 
merkungen zum Verständnis der folgenden Tabelle zu geben. 
Die meteorologischen Beobachtungen werden dreimal am Tage 
vorgenommen: 7 Uhr vormittags, 2 Uhr nachmittags und 9 Uhr 
abends. Ich wähle zu ihrer Darstellung der Kürze halber die 
üblichen internationalen Abkürzungen: 

a (= ante meridiem) Vormittags 
p (= post » ) Nachmittags 
n = Nacht. 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 257 


Zu Spalte 4: Die die Himmelsbewölkung ausdrückenden 
Zahlen laufen von 0—10. 10 bedeutet also ganz bewölkt. 7a: 
0 heisst also: früh 7 Uhr ist der Himmel ganz klar. 

Zu Spalte 5: N= Nord. E= Ost. S = Süd. W = West. 
Die hinter diesen Buchstaben stehenden Zahlen geben die Anzahl 
der Meter pro Sek. an. S2 also = Süd 2 Meter pro Sek. Von 
8 Meter an wird Sturm gerechnet. 

Zu Spalte 6: Die Niederschlagshöhe ist nach einem Regen- 
messer System Hellmann festgestellt. 

Zu Spalte 7: Nebel 5 p. heisst z. B. Nachmittags 5 Uhr 
tratt Nebel ein. 

Zu Spalte 8: Die Sonnenscheindauer ist durch den Sonnen- 
scheinautographen festgestellt und wird in ganzen und Zehntel 
Stunden angegeben. Die obere Zahl gilt für den Vormittag, die 
untere für den Nachmittag, unter dem Strich steht die Tagessumme. 


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III. Jahresbericht (1908) der Vogelwarte Rossitten. 


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364 J. Thienemann : 


Bemerkungen zu obiger Tabelle, besonders den Krähenzug 
betreffend: 

18./9.: 2 Tannenhäher im Dohnenstiege. 

2./10.: Ein trüber, dunstiger Tag. Es liegt Wetterum- 
schlag in der Luft. Dieser 2. Oktober ist für den Vogelzug 
entschieden kritisch: Die ersten Krähen ziehen; etwa 30 m. hoch. 
In gleicher Höhe zahlreiche Trupps (zu 20 u. 30 Stück) Pieper 
nach Süden zu eilend. Die ersten Rauchfussbussarde (Archi- 
buteo lagopus) sind eingetroffen. Auf den Stoppelfeldern viel 
Anthus pratensis. 

3./10.: Wetterumschlag! Kein Krähenzug. Etwa 20 
Wildgänse ziehen genau dem Sturme entgegen mit grosser 
Anstrengung und in Unordnung nach SW. 

4./10.: Bei dem Weststurme nichts von Vogelzug zu be- 
merken. Kein Krähenzug. Am Seestrande streichen, wie ge- 
wöhnlich bei den westlichen Herbststürmen, zahlreiche Möven. 
Es werden der Vogelwarte 8 Larus fuscus, 3 Stercorarius »po- 
marinus und 1 Stercorarius parasiticus lebend eingeliefert. 

5./10.: Gestern Abend hatte der Sturm nachgelassen. Sofort 
waren Drosseln da. Kein Krähenzug. 

6./10.: Kein Krähenzug. Vom Seestrande werden 7 Raub- 
möven (Stercorarius pomarinus und parasiticus) lebend eingelie- 
fert. Soviel Raubmöven habe ich noch in keinem Jahre beobachiet. 

7./10.: Kein Krähenzug. 

8./10.: Über den Feldern zahlreiche Archibuteo lagopus. 
Kein Krähenzug. Die ersten Dompfaffen (Pyrrhula pyrrhula) 
im Dohnenstige. 


9./10.: Nachdem der lang anhaltende Regen und Sturm \ 


nachgelassen haben, tritt am Morgen des 9. Oktober der Vogel- 
zug, besonders Krähenzug, mit einer Mächtigkeit in die Erscheinung, 
wie er wohl nur selten zu beobachten ist. Der herrschende Ost- 
bezw. Nordostwind ist günstig. Schon vor Tagesanbruch sind 
einzelne Krähen gezogen. Der Hauptzug setzt früh 1,10 Uhr 
ein. In breiter Front eilen die Krähen (hauptsächlich ©. cornix 


mit ©. frugilegus und ©. monedula untermischt) nicht einzeln und . 


truppenweise wie sonst, sondern in grossen geschlossenen Scharen 
über die Nehrung hinweg, in einer Höhe von 30 bis 50m. Mit 
den Krähen zusammen kommen auch Flüge von Staren, Heide- 
lerchen und Finken. Über den Feldern grosse Mengen von 
Rauchfussbussarden. Von einer Stelle aus zähle ich 30 Stück. 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 265 


Auch unter den Krähen ziehen einzelne dieser Raubvögel. An 
derselben Stelle der Feldflur, wo ich auch in anderen Jahren 
Eremophila alpestris beobachtet habe, sehe ich heute einen Flug 
von etwa 20 Köpfen. Gegen Mittag fängt es wieder an zu regnen, 
sofort stockt der Zug. Die Krähen biegen von der Zuglinie ab, 
um auf der Feldflur einzufallen. Ich schiesse vorm. Uhu 9 Archi- 
buteo lagopus. Interessanter Tag! 

10./10.: Guter Krähenzug. Zughöhe: 80 — 100m. Herr 
Referendar Tischler meldet aus der Gegend von Bartenstein, S.-östl. 
von Königsberg, denselben guten Krähenzug in mässiger Höhe. 
Der gestrige Flug von Eremophila alpestris noch auf den Feldern. 

11./10.: Guter Krähenzug. Zughöhe: 30 — 50 m. Der 
erste Bombycilla garrula im Dohnenstiege. 

12./10.: Guter Krähenzug. Zughöhe: 30 — 50 m. In 
Pillkoppen wird in diesen Tagen ein junger Seeadler im Krähen- 
netz gefangen, der mir lebend gebracht wird. 

13./10.: Krähenzug. Zughöhe: etwa 50 m. Gegen Mittag 
kommen die Krähenfänger nach Hause und meinen, der Fang 
lohne nicht mehr, weil die Krähen „schlechtes Wetter im Kopfe 
hätten“ und darum zu eilig weiter zögen, ohne sich um die be- 
köderten Fangstellen zu künmern. 

14./10.: Das „schlechte Wetter“ ist da. Die Krähen haben 
das vorausgemerkt und sind von gestern Mittag an eiligst weiter 
gezogen. Heute Vormittag bei dem Regen kein Krähenzug. 
Zu Mittag hellt sich das Wetter etwas auf. Sofort beginnt der 
Zug recht heftig. Zughöhe: 30 — 50 m. 


Journ, f, Orn. LII, Jahrg. April 1904. 18 


+ 
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J. Thienemann 


266 


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III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 


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272 J. Thienemann: 


Ein Beitrag zu der Frage nach dem Zuge der Vögel 
nach Alter und Geschlecht. 


Angerest durch die interessanten Ausführungen des Herrn 
Dr. F. Helm im Journ. f. Orn. 1903, p. 259 ff. und 1904, p. 50 ff. 
möchte ich in kurzen Worten meine Ansichten über die öfter 
besprochene Frage nach dem Zuge der Vögel nach Alter und 
Geschlecht mitteilen, Ansichten, zu denen man durch die im Laufe 
der Zeit hier auf der Nehrung angestellten Beobachtungen ge- 
trieben wird. Diese letzteren finden sich zum grössten Teile in 
den bisher erschienenen Jahresberichten der Vogelwarte zerstreut 
und sollen hier einmal kurz zusammengestellt werden. 


Wenn von verschiedenen Seiten emsig Material zusammen- , 


getragen worden ist, um von den Übertreibungen, die sich in den 
Gätke’schen Hypothesen über Höhe und Schnelligkeit des Vogel- 
zuges unzweifelhaft vorfinden, ein gut Teil nach und nach ab- 
bröckeln zu lassen, so kann ich dem nur beipflichten. Anders 
liegen aber die Verhältnisse meines Erachtens beim Zuge der 
Vögel nach Alter und Geschlecht. Da treten dem auf einem 
exponierten Punkte weilenden Beobachter soviel zwingende Tat- 
sachen entgegen, dass er vorläufig nicht anders kann als ein- 
gestehen: ja es gibt in dem grossen, jährlich sich wiederholenden 
Rätsel, Vogelzug genannt, auch noch das Wunderbare und Auf- 
fallende, dass bei verschiedenen Vogelarten die noch gar nicht 
lange der Fürsorge der Eltern entwachsenen Jungen für sich 
allein die Wanderschaft antreten. — Nur muss man sich, wie in 
allen Vogelzugfragen, so auch in diesem Punkte von jedem Schema- 
tismus und von allem Schablonenhaften fern zu halten suchen. 
Ein Beispiel mag zur Erläuterung dienen. Wenn wir behaupten: 
Bei unserem gewöhnlichen Steinschmätzer (Saxicola oenanthe L.) 
ziehen die jungen Vögel, oder besser gesagt, die braunen Exem- 
plare — denn es mögen auch ältere Weibchen darunter sein — 
getrennt von den grauen, so soll das heissen: Auf für den Vogel- 
zug exponierten und wichtigen Punkten, wie etwa Helgoland oder 
Rossitten, kann man die auffallende und mit grösster Deutlich- 
keit sich darbietende Wahrnehmung machen, dass zur Zugzeit 
zunächst bezw. überhaupt nur braune Steinschmätzer in 
grossen Massen auftreten, um immer bald wieder zu ver- 
schwinden und anderen nachrückenden Scharen Platz zu machen. 
Diese Erscheinung wiederholt sich in jedem Jahre mit der grössten 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 273 


Regelmässigkeit und Pünktlichkeit, und wir sehen uns daher zu 
obiger, das getrennte Wandern betreffenden, Behauptung veran- 
lasst. Kommen wir dann eines Tages hinaus und bemerken unter 
einem Schwarm brauner Steinmätzer auch eine Anzahl grauer, 
— ein Fall der hier zuweilen vorkommt — oder wird uns die- 
selbe Beobachtung in kleinem Massstabe auch von auswärts 
aus den verschiedensten Beobachtungsgebieten mitgeteilt, so wird 
unsere erste Behauptung dadurch sicher nicht entkräftet, da wir 
solche Beobachtungen nur als Ausnahmen ansehen können, mögen 
sie auch oft auftreten. Wir ziehen dabei in Betracht, welche 
Zufälligkeiten, über die uns bisher noch jeder Überblick fehlt, 
auch im Verlaufe des Vogelzuges vorkommen und dann von 
‚einschneidender Bedeutung sein mögen. 

Erst wenn irgendwo auf der Erde Punkte gefunden werden, 
wo ebenso regelmässig, ebenso pünktlich und in ebenso 
grossem Massstabe genischt ziehende Steinschmätzerscharen 
fortgesetzt beobachtet werden, dann ist man gezwungen, die 
bisher aufgestellte Behauptung aufzugeben. Durch kleinere Einzel- 
beobachtungen aber, und seien sie auch ziemlich zahlreich, darf 
man sich nicht dazu bringen lassen. Ich will den Wert solcher 
Einzelbeobachtungen durchaus nicht herabsetzen, das Sammeln 
derselben wird stets von Interesse sein, aber ich möchte nur dem 
vorzubeugen suchen, dass man durch dieselben an der Behaup- 
tung irre wird: „Es ist Regel, dass beim Steinschmätzer die braunen 
und grauen Exemplare getrennt ziehen.“ So weit das Beispiel. 

Es mögen nun die einzelnen Vogelarten aufgezählt werden, 
an denen sich hier auf der Nehrung am auffallendsten und 
deutlichsten ein nach Alter bezw. Geschlecht getrenntes Wandern 
Jahr für Jahr beobachten bezw. mit grösster Sicherheit vermuten 
lässt: 

Totanus glareola (L.) Bruchwasserläufer. 

Fast sämtliche Exemplare, die man hier von der zweiten 
Hälfte des Juli an bis zum September erlegt, sind jung. Höchst 
selten ist einmal ein Alter darunter. Grössere Flüge, die nur 
aus Alten bestehen, habe ich hier überhaupt noch nicht beobachtet. 


Circus macrurus (Gm.) Steppenweihe. 


Bis jetzt habe ich hier 2 grosse Züge miterlebt, nämlich in 
den Jahren 1897 und 1901. Die Züge begannen Ende Juli bezw. 
Anfang August und setzten sich bis in den September hinein 


274 J. Thienemann: 


fort. Im Jahre 1901 wurde der Höhepunkt am 23. August er- 
reicht. Es gelangten ebenso wie in den übrigen Teilen Deut- 
schlands ausschliesslich junge Exemplare zur Beobachtung, 
nur am 6. September 1901 erbeutete ich vorm Uhu als grosse 
Ausnahmeeinaltes Weibchen. Ein Rückzug wurde nie beobachtet. 


Oerchneis vespertinus (L.) Rotfussfalke. 


Fast in jedem Jahre, und zuweilen in recht ausgedehntem 
Masse, findet hier ein Zug dieses Fälkchens statt. Die ersten 
Exemplare zeigen sich manchmal schon in den ersten Tagen des 
August, um dann an Zahl bis in den September hinein zuzu- 
nehmen. In manchen Jahren treten nur wenige auf. Es kommen 
ausschliesslich Jugendkleider vor, die, nebenbei bemerkt, 
in Bezug auf Färbung der Kopfplatte zuweilen recht auffallend 
variieren. 

Cerchneis tinnuncula (L) Turmfalke. 

Gleichzeitig mit der vorigen Art zieht auch dieser Falke 
hier in grossen Mengen durch, und zwar hält sich die Zahl der 
einfach rot und schwarz geschuppten Exemplare gegen die alten 
ausgefärbten Männchen mit grauem Kopfe und Schwanze in 
keiner Weise die Wage. Vom ersteren, also Weibchen oder 
Jungen, sind ganz unverhältnismässig mehr hier zu beobachten. 
Die erlegten erwiesen sich fast immer als Junge. 


Dendrocopus maior (L.) Grosser Buntspecht. 


Bin mässiger Zug dieser Vögel findet in jedem Herbste 
statt. In losem gegenseitigem Zusammenhange sieht man die 
Spechte dann schon von der ersten Hälfte des August an in 
Wald und Garten sich umhertreiben. In den mit wenig Bäumen 
ausgestatteten Nehrungsdörfern klettern die Vögel an ganz nie- 
drigen Bretterzäunen, Wäschepfählen und dergl. herum. In 
welchem Verhältnis die Anzahl der Jungen zu den Alten bei 
diesen Zügen steht, vermag ich nicht anzugeben. Im September 
dieses Jahres (1903) aber fand hier ein so starker Zug von 
Dendrocopus maior statt, wie ich ihn noch nie beobachtet habe. 
Es ist darüber bereits in den Orn. Monatsber. 1903 Nr. 11 und 
in der „Deutschen Jägerzeitung“ ausführlich berichtet worden, 
ebenso ist diese interessante Erscheinung, die auch auf den ost- 
friesischen Inseln wahrzunehmen war, oben in diesem Jahres- 
berichte unterm 18. September näher beschrieben. Der Zug 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 275 


begann in der ersten Hälfte des September, zog sich bis in die 
ersten Tage des Oktober hin und bestand fast ausschliesslich 
aus jungen Vögeln mit roter Kopfplatte. 


Corvus cornic L. Nebelkrähe. 


Schon im I. Jahresberichte der Vogelwarte 1901 p. 182 wies 
ich darauf hin, dass bei den hiesigen Krähenfängern, die ein 
grosses Interesse daran haben, den Verlauf der jährlichen Krähen- 
züge eingehend zu beobachten, die Meinung herrscht, dass die 
zuerst ziehenden Vögel Junge sind, die sich verhältnismässig 
leicht fangen lassen, dass dann aber die alten schlauen „Frost- 
krähen“ erscheinen, die den Fangplätzen gern ausweichen. In 
diesem Jahre konnte ich nun durch den unternommenen Krähen- 
versuch, bei dem sehr viele gefangene Exemplare durch meine 
Hände gingen, die Richtigkeit der obigen Vermutung feststellen. 
Fast sämtliche in der ersten Periode der Zugzeit, also etwa von 
Anfang bis Ende Oktober erbeuteten Nebelkrähen trugen, nament- 
lich auf den Schulterfedern, den charakteristischen lehmgelben 
Anflug, waren also jung. Später überwog die Zahl der Alten. 


Sturnus vulgaris L. Star. 


Herr Dr. Helm mag Recht haben, dass die Wahl des Stares 
zur Feststellung des Zuges nach Alter und Geschlecht keine 
gerade sehr günstigen ist, da dieser Vogel nach der Brutzeit eine 
höchst eigentümliche Lebensweise führt; aber doch bietet auch 
er für die Erforschung des Vogelzuges manches Interessante. 
Worin besteht nun die oben genannte eigentümliche Lebensweise ? 
Gleich nach dem Ausfliegen schlagen sich die jungen Stare zu 
riesengrossen Schwärmen zusammen, um Wiesen und Felder nach 
Nahrung suchend zu durchstreifen. Dies ist, nebenbei bemerkt, 
die Zeit, wo die Extreme in der wirtschaftlichen Bedeutung einer 
Vogelart zuweilen so recht krass zu Tage treten: Heute können 
solche Schwärme der menschlichen Kultur Tausende von Mark 
retten, und morgen ebensoviel verderben. 

Das Erscheinen dieser Flüge von jungen Staren, unter denen 
man nur selten einen Alten findet, stellt für die Kurische Nehrung 
keine eigentliche Zugerscheinung dar, vielmehr ist dasselbe 
einem Umherschweifen gleich zu achten, wobei das Massgebende 
über das wo? und wie? die vorhandene Nahrung bildet. Dies 
Letztere kann man recht deutlich hier auf der Nehrung beobachten. 


276 J. Thienemann: 


wo sich diese Staransammlungen mit einer um dieselbe Zeit üb- 
lichen Insektenansammlung genau die Wage halten, nämlich mit 
dem Auftreten der Haffmücken. Haben wir viel Mücken, dann 
haben wir viel Stare und umgekehrt. Ja das geht so weit, dass 
die Vögel ihr Herumziehen in den Feldern ganz aufgeben und 
einfach ganze Tage lang in einem grossen Obstgarten sich auf- 
halten, wo die schichtenweise im Grase liegenden Haffmücken 
ihnen genügende Nahrung bieten. Der Beginn dieser Staran- 
sammlungen, die zuweilen eine geradezu überwältigende und 
imponierende Grösse annehmen, ist hier auf der Nehrung etwa 
auf Ende Juni zu setzen. Um aber auch dieser Erscheinung 
den Charakter des Schablonenhaften zu nehmen, muss ich be- 
richten, dass gleichzeitig zuweilen auch Flüge von alten Staren 
beobachtet werden, so z. B. in den ersten Tagen des Juli 1901. 
Diese erreichen aber bei weitem nicht die Grösse der nur aus 
Jungen bestehenden Schwärme und halten sich auch getrennt 
von diesen letzteren. 
Die jungen Stare treten hier im Laufe des Augusts noch 


in die Mauser ein und bieten dann in ihrem buntgescheckten 


Kleide einen höchst eigenartigen Anblick. Die ersten neuen 
Federn zeigen sich in 2 Strichen auf der Unterseite; zuletzt 
mausert der Kopf. 

Am 27. und 28. August 1900 untersuchte ich einige Mauser- 
exemplare genau und konnte feststellen, dass sich in den Flügeln 
die Schwungfedern ganz symmetrisch erneuerten, und zwar war 
es entweder die dritte oder vierte Schwungfeder, die sich zuerst 
neu bildete, im Schwanze dagegen waren es die beiden mittelsten 
Steuerfedern. 

Die Starschwärme verschwinden dann im Laufe des August 
und September mehr und mehr, und nur noch einzelne kleine Flüge 


werden beobachtet. So konnte ich Herrn Dr. Helm noch unterm - 


17. Oktober auf Verlangen mitteilen, dass die hier um die ge- 
dachte Zeit erlegten Stare Junge waren, die sich teilweisen sogar 
noch in der Mauser befanden. Ich nannte sie damals Nachzügler, 
die sich der noch nicht vollendeten Mauser wegen verspätet 
hätten. (Journ. f. Orn. 1903 p. 267.) 

Es entsteht nun die Frage: wo bleiben diese ausschliesslich 
aus Jungen bestehenden riesigen Schwärme? Da liegt meines 
Erachtens die Vermutung sehr nahe, dass sie in den beobachteten 


geschlossenen Massen auch ihre Reise nach südlicheren Gegenden 


YIT. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 277 


antreten. Eine Vergleichung zwischen den Rossittener und Hel- 
soländer Verhältnissen kann dafür sehr instruktiv sein. Im All- 
gemeinen muss man zugeben, dass die an diesen beiden Punkten 
in der vorliegenden Frage angestellten Beobachtungen recht gut 
übereinstimmen: Hier wie dort wird der Termin für das Erscheinen 
der aus jungen Vögeln bestehenden Starschwärme auf Ende Juni 
festgesetzt, und der Höhepunkt wird im Laufe des Juli erreicht. 
Nun kommt aber das Trennende: in Helgoland findet die frag- 
liche Erscheinung mit Ende Juli ihren Abschluss, während in 
Rossitten auch später noch, wenn auch in immer mehr sich ver- 
ringerndem Masse, junge Stare in Schwärmen anzutreffen sind. 

Das ist entschieden auffallend und verlangt eine Erklärung. 
Wenn nun auch zugegeben werden muss, dass die günstigen 
Nahrungsverhältnisse in der Rossitter Oase und die weniger 
günstigen auf dem dürftigeren Helgoland dabei eine Rolle spielen, 
so müssten doch, wenn die unglaublichen Mengen von jungen 
Staren, die im Laufe des Juli Helgoland besuchen, nur Vögel 
wären, die aufs Gradewohl umherschweifen, auch nach diesem 
Termine noch öfter junge Stare bei ihrem planlosen Umher- 
wandern nach Helgoland kommen. Dies ist aber nach Gätke 
nicht der Fall, sondern es tritt auf dieser Insel mit Ende Juli 
eine Pause von 2 Monaten ein, „während welcher kein Star ge- 
sehen wird‘. (,Vogelwarte Helgoland“ p. 237.) Liegt da nicht 
die Vermutung nahe, dass die über Helgoland wandernden jungen 
Stare nur solche sind, die der Lage ihres Heimatlandes nach auf 
ihrem Zuge diese Insel passieren müssen und dass dann, wenn 
diese nördlichen bezw. nordöstlichen Landstriche ihre Haupt- 
massen von jungen Staren entsendet haben, der Zug aufhört, 
dass also die über Helgoland erscheinenden Starschwärme doch 
eine regelrechte Zugerscheinung darstellen? Es wäre anzunehmen, 
dass diese Schwärme dann nicht in rasender Eile, sondern mehr 
in Gemächlichkeit je nach sich bietender Nahrung ihre Reise nach 
dem Süden fortsetzen, dabei nicht ausschliessend, dass immer ein 
grösserer oder geringerer Bruchteil zurückbleibt, der mit den 
Alten zusammen später wandert. 

Setzen wir unsern Vergleich zwischen Helgoland und Ros- 
Sitten weiter fort. Auf der genannten Insel tritt, wie schon ge- 
sagt, mit Ende Juli für zwei Monate vollständige Ruhe ein, kein 
Star lässt sich blicken. In Rossitten wird’s nur ruhiger, 
wenn auch gegen Ende September von eigentlichen grossen 


278 J. Thienemann: 


Starschwärmen keine Rede mehr sein kann. Dann beginnt in 
Helgoland erneuter starker Starzug und zwar von lauter aus- 
gemauserten schwarzen und sehr gefleckten Vögeln, die nach 
Gätke ausschliesslich Alte sein sollen (Gätke, Vogelwarte Helgo- 
land p. 237). Herr Dr. Helm hat recht, wenn er an dem letzteren 
Umstande vorläufig noch zweifelt, da um diese Zeit, also Ende 
September und Oktober, auch die jungen Stare ausgemausert 
haben und im Fluge nicht ohne Weiteres von den Alten unter- 
schieden werden können. Wie stehts nun um diese Zeit in 
Rossitten? Auch hier erscheinen plötzlich wieder Stare und 
zwar in ganz anderer Weise wie im Sommer. Nicht in grossen 
Schwärmen treiben sie sich gemächlich auf den Äckern und 
Wiesen umher, sondern in grösseren oder kleineren Flügen 
ziehen sie von Anfang Oktober an in grösster Eile über die 
Nehrung hinweg, dem Süden zu, entweder ganz niedrig über den 
Erdboden hinstreichend, oder sich den höher ziehenden Krähen 
gern anschliessend. Das ist wirklicher Zug, wie er sich deut- 
licher nicht zeigen kann. Also wieder eine auffallende Überein- 
stimmung mit Helgoland, nur mit dem Unterschiede, dass diese 
Züge in Rossitten bei weitem nicht die Mächtigkeit erlangen, 
wie sie von Gätke für Helgoland an der angeführten Stelle ge- 
schildert werden. 

Hier hat nun die weitere Untersuchung einzusetzen. Nicht 
nur auf Helgoland müssten grosse Mengen dieser Zugstare erlegt 
und auf ihr Alter untersucht werden, sondern auch ich werde 
bei der nächsten Herbstzugzeit auf diese Vögel mein besonderes 
Augenmerk richten. Allerdings wird es nicht leicht sein, von 
diesen sehr eiligen und oft ausser Schussweite ziehenden Vögeln 
genügend grosses Untersuchungsmaterial zu bekommen. 

Schliesslich noch eine Bemerkung, die zeigen soll, dass man 
in der Verwendung von kleinen Einzelbeobachtungen zur Ent- 
scheidung in wichtigen, den Vogelzug in seiner ganzen Grösse 
und Ausdehnung betreffenden Fragen recht vorsichtig sein muss. 
Hier in Rossitten treiben sich jetzt (Januar) schon seit längerer 
Zeit einige kleine Starflüge von 6—12 Stück umher, die an den 
Rändern des Dorfteiches oder auf Düngerstätten ein kümmer- 
liches Dasein fristen. Sie bestehen, wie ich Herrn Dr. Helm auf 
Befragen auch mitgeteilt habe, zum grössten Teile aus jungen 
Exemplaren. Dürfen nun diese Vögel, die durch irgendwelche 
Veranlassung — dem einen hängt z. B. der Flügel — zur Über- 


1li. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 279 


winterung gezwungen sein mögen, und deren hiesiges Erscheinen 
sicher nicht Regel ist, zu irgend einer wichtigen Schlussziehung 
in Vogelzugfragen herangezogen werden? Kann nicht trotzdem 
die Hauptmasse der jungen Stare — und auf diese kommt es 
doch an — in geschlossenen Flügen nach Süden gezogen sein? 
Ebensogut könnte natürlich trotz solcher Einzelbeobachtungen 
der Hauptzug auch gemischt stattgefunden haben. Derartige 
Einzelbeobachtungen beweisen nur immer negativ, dass die be- 
‚treffenden Vögel nicht mitgezogen sind, es müssen aber positive 
Untersuchungen an den, den eigentlichen Vogelzug repräsenr- 
tierenden, Hauptmassen vorgenommen werden. 


Fringilla coelebs L. Buchfink. 


Der Zug dieser Vogelart zeichnet sich in seinen einzelnen 
Stadien, namentlich im Herbste, durch grosse Regelmässigkeit und 
Pünktlichkeit aus. Er verläuft hier auf der Nehrung folgender- 
massen : Die ersten Buchfinkenschwärme zeigen sich in den 
letzten Tagen des Juli. Sie bestehen ausschliesslich aus grauen 
Exemplaren, also Jungen, denen aber, wie scheint, auch alte 
Weibchen beigemischt sind. Die jungen Männchen hört man 
öfter „dichten“, d. h. sich im Schlagen üben. In der Luft sieht 
man diese Schwärme, die sich in Gärten und Gehölzen umher- 
treiben, niemals ziehen; sie mögen also entweder unauffällig von 
Busch zu Busch wandern, oder bei Nacht ankommen. Gleich- 
zeitig mit diesen Finkenschwärmen, die dem im August hier herr- 
schenden Kleinvogelleben ein ganz bestimmtes Gepräge geben, 
erscheinen stets zahlreiche Laubvögel, namentlich Phylloscopus 
trochilus L., deren Ruf, vermutlich auch von jungen Männchen 
herstammend, man um diese Zeit zuweilen hört. 

Wesentliche Veränderungen gehen im Finkenzuge von Mitte 
September bis in den Oktober hinein vor sich. Da sieht man 
Fringilla coelebs L., und zwar nur Männchen, meist mit den 
Krähen zusammen truppweise oder in loser Kette nach Süden 
wandern. Dieser Zug geht also sichtbar vor sich. 

Im Frühjahre findet nach meinen bisherigen Beobachtungen 
umgekehrte Reihenfolge statt. Von der zweiten Hälfte des März 
an bemerkt man fast nur Männchen ziehen, und zwar streichen 
die Vögel sowohl truppweise niedrig über dem Erdboden hin, als 
auch schliessen sie sich wiederum den in Haushöhe ziehenden 
Krähen an. Später sind viel Weibchen beigemischt. Im Frühjahre 


380 J. Thienemann: 


scheinen die Geschlechter nicht so streng geschieden zu sein, 
wie im Herbste. 


Saxicola oenanthe (L.) Steinschmätzer. 


Diese Vögel machen sich auf dem Zuge für den Beobachter 
recht bemerkbar, indem zuweilen die Pallwe mit ihnen förmlich 
wie übersät erscheint. Was beim Steinschniätzer aber das In- 
teressante ist, und wodurch er unter den hiesigen Kleinvögeln 
eine Sonderstellung einnimmt, ist der Umstand, dass von dieser 
Vogelart hier fast nur braune Exemplare erscheinen, also Junge, 
unter denen ich aber auch schon alte Weibchen geschossen habe. 
Ein regelrechter Zug von grauen ausgefärbten Männ- 
chen findet hier überhaupt nicht statt, ja es gehört stets 
zu den Seltenheiten, einen grauen Steinschmätzer auf der Neh- 
rung zu beobachten. 

Der Zug beginnt mit grosser Pünktlichkeit in den ersten 
Tagen des August und setzt sich mit seinen Nachzüglern bis 
Anfang Oktober fort. Die Hauptzeit scheint die zweite Hälfte 
des August zu sein. Es sind ausschliesslich braune Exem- 
plare zu bemerken. Nur äusserst selten, so z. B. einmal am 
26. September 1899, waren auch einige wenige graue Männchen 
beigemischt. Etwas mehr von den letzteren scheinen auf dem 
Frühjahrszuge, der von Mitte April ab seinen Anfang nimmt hier 
durchzukommen. So wurden z. B. am 11. und 25. April und 8. 
Mai 1902 einige solche Vögel beobachtet bezw. erlegt, und am 
28. April 1903 bemerkte ich auf dem Dorfanger eine grössere 
Anzahl grauer ausgefärbter Männchen unter zahlreichen braunen 
Stammesgenossen. Man fragt sich unwillkürlich: wo bleiben von 
diesem gewöhnlichen, weit verbreiteten Vogel zur Zugzeit die 
alten Männchen? . = 

Beim Steinschmätzerzuge tritt das übliche plötzliche Ver- 
schwinden der Zugvögel von einer Raststelle recht vor Augen, 
denn es kommt vor, dass heute die Pallwe und der Dorfanger 
von diesen braunen Vögeln förmlich wimmeln, und kommt man 
morgen an dieselben Stellen, dann herrscht Totenstille.. Alles 
ist fortgezogen, um bald wieder nachrückenden Scharen Platz zu 
machen. 


111. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 281 


Bericht über das Auflassen gezeichneter Krähen. 


Im Herbste dieses Jahres hat die Vogelwarte mit einem 
praktischen Versuche begonnen, der mehrere Jahre hindurch 
fortgesetzt werden soll und geeignet erscheint, manche gewünschten 
Aufschlüsse in Vogelzugfragen zu bringen. Wie in weiteren 
Kreisen bereits bekannt sein dürfte, werden hier auf der Nehrung 
zur Zugzeit alljährlich Hunderte, ja unter Umständen Tausende 
von Krähen von den Eingeborenen zu Speisezwecken lebend ge- 
fangen, ein Umstand, der für Deutschland, ja wohl für ganz 
Europa einzig dasteht. Von diesen Vögeln sollen nun grosse 
Mengen durch einen um einen Fuss gelegten Ring gezeichnet 
und dann sofort wieder in Freiheit gesetzt werden. Die Krähe 
ist zu diesem Versuche besonders geeignet, weil ihr von allen 
Seiten sehr nachgestellt wird. Eine in Schussweite vorüber- 
streichende Krähe lässt wohl so leicht kein Jäger unbeschossen 
weiter ziehen, und darum werden nicht nur mit dem Schiessge- 
wehr, sondern auch durch Gift und mit allen möglichen anderen 
Mitteln jährlich Unmassen dieser Vögel erbeutet, sodass die 
Aussichten, ein gezeichnetes Exemplar wieder in die Hände zu be- 
kommen, nicht ungünstige sind. Ebensogut und fast noch besser 
würden sich Drosseln zu dem Versuche eignen, die jährlich zu 
Hunderttausenden im Dohnenstiege gefangen werden und also 
den Menschen durch die Hände gehen. Darum habe ich mir vor- 
genommen, im nächsten Jahre auch mit diesen Vögeln den Ver- 
such zu beginnen. Allerdings wird das zunächst nur in kleinem 
Massstabe geschehen können, aber ich bin überzeugt, dass man 
schon bei einer verhältnismässig geringen Anzahl aufgelassener 
gezeichneter Drosseln Resultate erzielen wird, da der Prozent- 
satz der gefangenen „Krammetsvögel“ im Verhältnis zum vor- 
handenen Bestande ein gewaltig hoher ist, der in Deutschland 
wohl bei keiner anderen Zugvogelart — Wild ausgenommen — 
erreicht wird. Jeder erbeutete gezeichnete Zugvogel lässt aber 
irgend einen bemerkenswerten Schluss in Vogelzugfragen zu: 
sei es über Richtung und Schnelligkeit des Zuges, sei es über 
das gesellige Zusammenhalten oder Zerstreuen in den Winter- 
quartieren oder die Dauer des Aufenthaltes in den Winter- 
herbergen u. s. w. Auch über das draussen in der freien Natur 
von den Vögeln erreichte Alter, worüber noch grosse Meinungs- 


verschiedenheiten herrschen, da über diesen Punkt fast nur 
Journ. f, Orn. LII, Jahrg. April 1904. 19 


382 J. Thienemann: 


Beobachtungen aus der Gefangenschaft vorliegen, können der- 
artige Versuche willkommene Aufschlüsse bringen. 

Das Wichtige und Bestechende an derartigen Versuchen ist, 
dass die dadurch erzielten Resultate im Allgemeinen recht ein- 
wandfrei sind; Bedingung ist allerdings dabei, dass diese Ver- 
suche recht lange fortgesetzt werden, um Beobachtungen aus 
den verschiedenartigsten Witterungsverhältnissen während der 
jährlich wiederkehrenden Zugperioden zu bekommen, und dass 
sie, wenn möglich, in grossem Massstabe unternommen werden. 
Bis jetzt sind folgende gezeichnete Vögel aufgelassen worden, 
und zwar davon der bei weitem grösste Teil in der Zeit vom 
9.—14. Oktober und ein kleiner Rest zwischen dem 21. und 29. 
Oktober: 

151 Nebelkrähen (Corvus cornix L.), 


7 Dohlen (Colaeus monedula (L.)), 
1 Mäusebussard (Duteo buteo (L.). 
Zusammen 159 Vögel. 


Den bei weitem grössten Bestandteil werden bei dem Ver- 
suche immer die Nebelkrähen bilden, weil sie hier am zahl- 
reichsten gefangen werden. Als Kennzeichen wurde ein Alumi- 
niumring mit gutem, dauerhaftem Verschluss gewählt. Einge- 
stantzt waren Nummer und Jahreszahl. Im nächsten Jahre soll, 
wenn keine technischen Schwierigkeiten entstehen, auch noch 
die Firma, also: „Vogelwarte Rossitten‘‘ mit angebracht werden. 

Ein Erfolg ist für den Versuch nur bei der tätigsten Mit- 
hilfe der weitesten Kreise der Bevölkerung nicht nur des Inlandes, 
sondern auch des Auslandes zu erzielen. Nun, ich muss in der 
Hinsicht sagen, dass wir für unsern in vielen Exemplaren ver- 
breiteten Krähenaufruf überall ein Verständnis und Entgegen- 
kommen gefunden haben, wie wir es kaum zu hoffen gewagt 
hatten. Meinen verbindlichsten Dank dafür habe ich schon an 
anderer Stelle mehrmals ausgesprochen, will aber nicht verfehlen, 
ihn auch hier allen Behörden, Vereinen und Privatpersonen 
gegenüber nochmals zu wiederhohlen. Es ist für den Versuch, 
das lässt sich nicht leugnen, ein allgemeines reges Interesse vor- 
handen. Als Beweis dafür darf ich vielleicht folgenden Fall an- 
führen: Über die Erbeutung der einen gezeichneten Krähe, ge- 
legentlich einer Treibjagd in Pommern, war eine Notiz in eine 
Zeitung gelangt und sofort von anderen Blättern aufgenommen 
worden. Innerhalb 2—3 Tagen gingen mir nun nicht weniger 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 283 


als 7 diesbezüglichen Zeitungsausschnitte aus den verschiedensten 
Teilen Deutschlands zu, gewiss ein erfreuliches Zeichen, dass 
die Kunde von den von der Vogelwarte unternommenen Versuchen 
schon in recht weite Kreise gedrungen ist. Dies Letztere ist 
aber auch unbedingt notwendig, und darum möchte ich auch 
. hier wieder die Bitte aussprechen, für den Versuch bei sich 
bietender Gelegenheit nachdrücklich zu werben. Dazu will ich 
bemerken, dass es nicht etwa notwendig ist, eine erbeutete ge- 
zeichnete Krähe in ihrer ganzen (Grösse an die Vogelwarte 
Rossitten, Kurische Nehrung, einzuschicken; es genügt, den mit 
Ring versehenen Fuss im Fersengelenk abzutrennen und in einem 
Briefumschlage zur Post zu geben. Von grosser Wichtigkeit ist 
die auf einem Zettel beizufügende genaue Angabe des Tages und, 
wenn irgend möglich, auch der Stunde der Erlegung. Bis jetzt 
sind folgende gezeichneten Exemplare wieder erbeutet und ein- 
geliefert worden: 


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. 


J. Thienemann 


284 


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285 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 


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286 J. Thienemann: 


In Summa sind also eingeliefert 12 Nebelkrähen, darunter 
7 von der Nehrung und 5 von auswärts, von letzteren 4 allein 
aus Pommern und 1 aus der Ost-Prignitz. Ich muss gestehen, 
dass ich bei der verhältnismässig geringen Anzahl der bisher 
aufgelassenen Vögel auf soviel Erfolg noch nicht gerechnet hatte. 

Schon jetzt haben wir einige ganz interessante Aufschlüsse 
über den weiteren Verlauf des über die Kurische Nehrung 
führenden Krähenzuges erhalten: Sämtliche Vögel haben ein und 
dieselbe Richtung verfolgt. Der Zug ist quer durch das Sam- 
land über die frische Nehrung,t) wo ich schon öfter Gelegenheit 
hatte, dieselben langen Krähenketten zu beobachten, wie hier 
in Rossitten, weiter fortgesetzt worden und hat dann die west- 
liche bezw. südwestliche Richtung beibehalten. Auffallend ist, 
dass dann schon in Pommern und Brandenburg die Winterquartiere 
bezogen worden sind, und zwar muss ein sehr grosser Teil der 
hier in Rossitten zwischen dem 9. und 14. Oktober durchziehenden 
Krähen in Pommern auf einem verhältnismässig kleinem Gebiete 
zusammengerückt sein. Vier Exemplare sind in ein und der- 
selben Gegend dieser Provinz erbeutet worden, denn die Orte 
Gorkow, Alt-Stüdnitz, Vehlingsdorf und Zachow liegen alle in 
näherer oder weiterer Umgebung von Stettin bezw. Stargard. 
Wird unter den Vögeln, die gemeinschaftlich ziehen auch in den 
Winterquartieren ein gewisser Zusammenhang beibehalten, um 
auch die Rückreise in gleicher Reihenfolge wieder anzutreten? 

Wir sehen davon ab, schon jetzt grössere Verallgemeinerungen 
vorzunehmen. Hoffen wir, dass bald Gelegenheit sein wird, über 
weitere erzielte Resultate zu berichten. (s. auch meine Notizen 
über den vorliegenden Versuch in den Orn. Monatsber. Nr. 12; 
1903 und Nr. 2; 1904). Seit der letzten dortigen Veröffentlichung 
ist wieder ein neues Exemplar, Nr. 62 der obigen Tabelle, ein- 
geliefert worden. 


1) Vergl. meine Bemerkungen dazu im II. Jahresberichte der Vogel- 
warte Rossitten p. 203 und 204. J. Th. 


 DB+-.Dy- Vo - V + rVr rt tft. Po +- DO DO De m. DR Hm D 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 


Anlage, 


287 


Verzeichnis der Vogelsammlung der Vogelwarte Rossitten. 


A. Ausgestopfte Vögel. 


Alca torda L. Eisalk. 
Uria grylie (L.) 3. Giyliteist. 
Urinator lumme (Gunn.) iuv. Nordseetaucher. 
Colymbus ceristatus L. 2. Haubensteissfuss. 
„ „ „ UV. „ 


Oolymbus nigricollis (Brehm) iuv. Schwarzhalzsteissfuss. 


Stercorarius pomarinus (Tem.) $. Mittlere Raubmöve. 


Stercorarius parasiticus (L.) iuv. Schmarotzerraubmöve. 


Larus glaucus Brünn. Eismöve. 
Larus fuscus L. ad. Heringsmöve. 
) 39 39 9 
Bars canus L. Sturmmöve. 
Larus ridibundus L. ad. Lachmöve. 
” „ „ iuv. „ 
„ „ „ pull. ” 
Larus minutus Pall. ad. Zwergmöve. 
” „ ”„ iuv. „ 
Sterna hirundo L. Flussseeschwalbe. 
»  „, pull. » 
En oehehden nigra (L.) Trauerseeschwalbe. 
Somateria mollissima (L.) $ ad. Eiderente. 
Oidemia fusca (L.) $. Samtente. 


9) ” 9 2 ” 
Oidemia nigra (L.) $. Trauerente. 
99 ” Q 2 


Nyrbca martila (L.) Bergente. 
Nyroca ferina (L.) iuv. Tafelente. 

„ „ pull. eh] 
ereca clangula (L.) 9. Schellente. 
Nyroca. hyemalis (L.) Eisente. 
Spatula chypeata (L.) 9. Löfielente. 
Anas boschas L. pull. Stockente. 
Anas strepera L. 2. Schnatterente. 
Anas penelope L. 3. Pfeifente. 
Anus acuta L. Spiessente. 


288 J. Thienemann: 


Anas querquedula L. Knäkente. 
„ „ pull. „ 
Anas crecca L. Krickente. 
Tadorna tadorna (L.) Brandgans. 
Anser fabalis (Lath.) Saatgans. 
Anser albifrons (Scop.) Blässgans. 
Haematopus ostralegus L. Austernfischer. 
Squatarola squatarola (L.) Kiebitzregenpfeifer. 
Charadrius apricarius L. Goldregenpfeifer. 
Charadrius morinellus L. Mornellregenpfeifer. 
Oharadrius hiaticula L. Sandregenpfeifer. 
Oharadrius dubius Scop. iuv. Flussregenpfeifer. 
pull. » 

Vanellas ne (L.) ad. Kiebitz. 

juv. ; 
Pnalaranıs ar (L.) Schmalschnäblicher Wassertreter. 
Calidris arenaria (L.) Sanderling. 
Limicola platyrincha (Temm.) Sumpfläufer. 
Tringa canutus L. Isländischer Strandläufer. 
Tringa alpina L. Alpenstrandläufer. 
Tringa ferruginea Brünn. Bogenschnäbliger Strandläufer. 
Tringa minuta Leisl. Zwergstrandläufer. 
Totanus pugnax (L.) Kampfläufer, 
Totanus fuscus (L.) Dunkler Wasserläufer. 
Totanus littoreus (L.) Heller Wasserläufer. 
Totanus ochropus (L.) Waldwasserläufer. 
Totanus glareola (L.) Bruchwasserläufer. 
Limosa lapponica (L.) Pfuhlschnepfe. 
Numenius arquatus (L.) Grosser Brachvogel. 
Rallus aquaticus L. Wasserralle. 
Orex crex (L.) @ mit Jungen. Wachtelkönig. 
Ortygometra porzana (L.) ad. Tüpfelsumpfhuhn. 

pull. 
Gallindlı loss (L.) ®. Saestes Teichhuhn. 
Fulica atra L. iuv. Blässhuhn. 
„ pull. ” 
Eee stellaris (L.) Rohrdommel. 
Perdix perdix (L.) ad. Rephuhn. 
„ ” ‚pull. „ 

Circus aeruginosus (L.) 2. Rohrweihe. 


DT. DDr PSP Hs BD m + De DD Br Fb sb DD 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 


Circus cyaneus (L.) Kornweihe. 

Circus macrourus (Gm.) 2 ad. Steppenweihe. 
„ ” IuV. „ 

Astur palumbarius L. ad. Hühnerhabicht. 
„- „ iuv. „ 

Accipiter nisus (L.) Sperber. 

Archibuteo lagopus (Brünn.) Rauhfussbussard. 

Aquila pomarina Brehm. Schreiadler. 

Milvus milwus (L.) Gabelweihe. 

Milvus korschun (Gm.) ©. Schwarzer Milan. 

Falco peregrinus Tunst. Wanderfalk. 

Cerchneis vespertinus (L.) iuv. Rotfussfalk. 

Cerchneis tinnuncula (L.) Turmfalk. 

Asio otus (L.) Wealdohreule. 

Asio accipitrinus (Pall.) Sumpfohreule. 

Syrnium aluco (L.) Waldkauz. 

Surnia ulula (L.) 2. Sperbereule. 

Nyctala tengmalmi (Gm.) BRauhfusskauz. 

Cuculus canorus (L.) Kuckuck. 

Coracias garrulus L. Blauracke. 

Caprimulgus europaeus L. Ziegenmelker. 

Bombyeilla garrula (L.) Seidenschwanz. 

Lanius excubitor L. BRaubwürger. 

Lanius collurio L. Rotrückiger Würger. 

Corvus cornixz L. (albinistisch). Nebelkrähe. 

Corvus frugilegus L. Saatkrähe. 

Garrulus glandarius (L.) Eichelheher. 

Nucifraga caryocatactes (L.) Tannenheher. 

Sturnus vulgaris L. Star. 

Passer domesticus (L.) $. Haussperling. 

Fringilla coelebs L. Buchfink. 

Fringilla montifringilla L. Bergfink. 

Acanthis linaria (L.) Birkenzeisig. 

Pinicola enucleator (L.) 9%. Hakengimpel. 

Pyrrhula pyrrhula (L.) Grosser Gimpel. 


289 


Loxia curvirostra pityopsittacus Bechst. Kiefernkreuzschnabel. 


Emberiza citrinella L. Goldammer. 
Eimberiza hortulana L. Ortolan. 
Emberiza schoenclus (L.) Rohrammer. 
Anthus pratensis (L.) Wiesenpieper. 


290 J. Thienemann : 


Anthus trivialis (L.) Baumpieper. 

BDudytes borealis (Sund.) Nordische Kuhstelze. 

Alauda arvensis L. Feldlerche. 

Eremophila alpestris (L.) Alpenlerche. 

Sitta europaea homeyeri [Seeb.] Hart. Östlicher Kleiber. 
Aegithalus caudatus (L.) Schwanzmeise. 

Regulus regulus (L.) Gelbköpfiges Goldhähnchen. 
Acrocephalus arundinaceus (L.) mit Nest. Rohrdrossel. 
Acrocephalus choenobaenus (L.) Schilfrohrsänger. 
Turdus musicus L. Singdrossel. 


„, (abnorm klein) 


2 „ 


Turdus iliacus L. Weindrossel. 

Turdus viscivorus L. Misteldrossel. 

Turdus pilaris L. Wachholderdrossel. 

Turdus merula L. Amsel. 

Turdus torquatus L. Ringdrossel. 

Sazxvcola oenanthe (L.) Steinschmätzer. 

Pratincola rubetra (L.) Braunkehliger Wiesenschmätzer. 
Erithacus rubeculus (L.) Rotkehlchen. 

Erithacus suecicus (L.) Rotsterniges Blaukehlchen. 


nn DD Fe DD fe 


B. Vogelbälge. 


Colymbus eristatus L. ad. Haubensteissfuss. 
) pull. » 

Cohanons nigricollis (Brehm) pull. Schwarzhalssteissfuss. 
Larus ridibundus L. &. Lachmöve. 

” pull. » 
are minutus Pall. Zwergmöve. 
Sterna hirundo L. iuv. Flussseeschwalbe. 
Oidemia nigra (L.) g. Trauerente. 
Nyroca ferina (L.) pull. 1 Tag alt. Tafelente. 
Anas querquedula L. pull. 1 Tag alt. Knäkente. 

5 pull. 5 Tage alt. = 
as dubius Scop. pull. Flussregenpfeifer. 
Vanellus vanellus L. pull. Kiebitz. 
Phalaropus lobatus (L.) Schmalschnäbliger Wassertreter. 
Tringa alpina L. Alpenstrandläufer. 
Tringa ferruginea Brünn. 9. Bogenschnäbliger Strandläufer. 
Totanus littoreus (L.) @. Heller Wasserläufer. 
Totanus ochropus (L.) . Waldwasserläufer. 


-. m. a De ee.) ren 


D 


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1 
1 
2 
1 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 291 


Perdix perdix (L.) pull. Rephuhn. 

Circus macrourus (Gm.) iuv. Steppenweihe. 
Falco peregrinus Tunst. iuv. Wanderfalk. 

Asio accipitrinus Pall. S. Sumpfohreule. 
Riparia riparia (L.) iuv. Uferschwalbe. 

Lanius excubitor L. 9. Raubwürger. 

Lanius minor Gm. Nestkleid. Grauer Würger. 
Fringilla coelebs L. 2. Buchfink. 

Pyrrhula pyrrhula (L.) 3. Grosser Gimpel. 
Emberiza schoeniclus (L.) 2. Rohrammer. 
Budytes borealis (Sund) . Nordische Kuhstelze. 
Alauda arvensis L. ad. u. iuv. Feldlerche. 
Eremophila alpestris (L.) Alpenlerche. 

Motacilla alba L. . Weisse Bachstelze. 

Certhia familiaris L. Baumläufer. 

Sylvia simplex (l,ath.) Gartengrasmücke. 

Sylvia sylvia (L.) ad. u. iuv. Dorngrasmücke. 
Erithacus suecicus (L.) Rotsterniges Blaukehlen. 


Veröffentlichungen des Leiters der Vogelwarte Rossitten 
während des Jahes 1903. 


. Bastardkräheneier (Corvus cornix X ÜO. corone) (Zeitschrift 
für Oologie. No. 11. XII. Jahrg.) 

. Tiermaler Heinrich Krüger 7 (Orn. Monatsschr. (Gera) März- 
nummer 1903). 

. Vorkommen eines Krähenbastardes (Corvus cornix X Corvus 
corone) auf der Kurischen Nehrung (Orn. Monatsber. No. 5. 
1903). 

. Sperlinge in Nistkästen (Land- und forstwirtschaftliche Zeitung 
Königsberg No. 22. 1903.). 

. Vogelwarte Rossitten (Ei von Cuculus canorus im Neste von 
Carpodacus erythrinus) (Orn. Monatsber. No. 9. 1903.). 

. Betrachtungen über praktischen Vogelschutz (Königsberger 
Land- und forstwirtschaftliche Zeitung No. 35. 28./8. 1903.). 

. Vogelwarte Rossitten (Zug von J’icus maior) (Orn. Monatsber. 
No. 11. 1903.). 

. Zur Haltung und Pflege des Uhus. (Deutsche Jägerzeitung 
Neudamm Bd. 42 No. 11.) 


292 


13. 


14. 


J. Tbienemann: 


. Zug von Picus maior (Dtsche. Jägerzeitung Neudamm Bd. 42. 


No. 11.). 


. Bericht über Krähenversuch (Dtsch. Jägerzeitung Neudamm 


No. 17. Bd. 42.). 


. Vogelwarte Rossitten (Krähenversuch betreffend) (Orn. Monats- 


ber. No. 12. 1903.). 


. Die Bedeutung des Vogelschutzes für Obstplantagen mit Be- 


ziehung auf die Bienenzucht (Georgine (Insterburg) No. 52. 
1903.). 

Die Füchse der Kurischen Nehrung mit besonderer Berück- 
sichtigung ihrer Färbungsverschiedenheiten. (Deutsche Jäger- 
zeitung, Neudamm No. 23. Bd. 42.) 

Vogelwarte Rossitten (Krähenversuch betreffend). Orn. Monats- 
ber. Nr. 2. 1904.) 


Satzungen 


der Vogelwarte Rossitten der Deutschen 
Ornithologischen Gesellschaft. 


I. Satzungen. 


8. 


Die Station führt den Namen „Vogelwarte Rossitten der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft.“ 


1. 


g2. 


Zweck der Vogelwarte ist: 

Beobachtung des Vogelzuges, wobei insonderheit zu berück- 

sichtigen ist: 

a. Zugzeit der einzelnen Arten (Jahres- und Tageszeit), 

b. Richtung der Wanderzüge. 

c. Stärke der einzelnen Wanderscharen und Anordnung der 
Züge, : 

d. Sonderung der Vogelarten innerhalb der Wanderscharen 
nach Geschlecht und Alter, 

e. Wind- und Wetterverhältnisse während, vor und nach 
der Zugzeit und Einflüsse derselben auf das Wandern, 

f. Höhe des Wanderfluges, 

g. Schnelligkeit des Wanderfluges und Geschwindigkeit des 
Vogelfluges überhaupt, 


II. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 293 


h. Rasten der Wanderscharen und Rückflug, 
i. Herkunft der Vögel. 

2. Beobachtung der Lebensweise der Vögel und ihrer Ab- 
hängigkeit von der Nahrung. Unterschiede in der Lebens- 
weise der Brut-, Strich- und Zugvögel. 

3. Untersuchungen über Mauser und Verfärbung. Alters- und 
Jahreskleider der Vögel, Zeit und Art ihrer Entstehung. 

4. Untersuchungen über den wirtschaftlichen Wert der Vögel 
und zwar: 


a. Nahrung der Vögel zu eh denet Zeiten und an ver- 
schiedenen Orten, 

b. Nutzen und Schaden, der sich aus der Nahrungsweise 
der einzelnen Vogelarten für Land- und Forstwirtschaft, 
Gartenbau und Fischerei ergibt, 

c. Verbreitung von Pflanzen und niederen Tieren durch Vögel. 

. Untersuchungen über zweckgemässen Vogelschutz und zwar: 
a. Erhaltung und Vermehrung des Vogellebens durch An- 

pflanzungen und Aufhängen von Nistkästen. 

b. Versuche mit Winterfütterung zur Erhaltung des Vogel- 
lebens, insonderheit auch zur Erhaltung des Jagdgeflügels. 

c. Massnahmen zur Erzielung gesetzlicher Bestimmungen 
zum Schutze der Vogelwelt. 

6. Einrichtung einer Sammlung der auf der Nehrung und in 
nächster Umgebung vorkommenden Vögel auf der Vogel- 
warte Rossitten. 

7. Beschaffung von Untersuchungsmaterial für die wissenschaft- 
lichen Staatsinstitute. 

8. Bei den unter 2, 4 und 7 genannten Aufgaben soll die 
Tätigkeit der Vogelwarte sich nicht auf die Vögel beschränken, 
sondern auch auf andere Tierklassen erstrecken. 

9. Verbreitung der Kenntnis des heimatlichen Vogellebens im 
allgemeinen und des wirtschaftlichen Wertes der Vögel im 
besonderen durch Wort und Schrift. 


8 3. 

Die Vogelwarte Rossitten untersteht einer Verwaltung, die 
sich aus dem jeweiligen Vorstande der Deutschen Ornithologi- 
schen Gesellschaft, aus wenigstens 3 vom Vorstande zu wählenden 
Mitgliedern der Gesellschaft, und aus je einem Vertreter der 
Königlichen Ministerien der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- 


(SAU 


294 - J. Thienemann : 


Angelegenheiten und für Landwirtschaft, Domänen und Forsten 


zusammensetzt. 
| 84. 


Die ornithologischen Ergebnisse der Vogelwarte Rossitten 
werden im Organ der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft, 
Journal für Ornithologie, veröffentlicht. 


8 5. 


Die Ausführung der in den Satzungen enthaltenen Aufgaben 
wird durch eine Geschäftsordnung geregelt. 


S 6. 
Änderungen und Erweiterungen der Satzungen bleiben der 
Verwaltung jederzeit vorbehalten. 


Die Verwaltung der Vogelwarte besteht zur Zeit aus fol- 
senden Herren: 
Professor Dr. R. Blasius, Braunschweig, Präsident) Vorstand 
Herman Schalow, Berlin, Vice-Präsident | der 
Professor Dr. Reichenow, Berlin, Generalsekretär Deutschen 
Professor P. Matschie, Berlin, Stellvertret. Sekretär | Ornitholog. 
Rechnungsrat K. Deditius, Berlin, Kassenführer ) Gesellschaft. 


Regierungsrat Professor Dr. G. Rörig, Berlin Beigeordnete 
Dr. W.v.Quistorp, Rittergutsbesitzer auf Crenzow | Mitglieder 
Freiherr H. v. Berlepsch, Kassel | der 

Oberleutnant F. v. Lucanus, Berlin Gesellschaft. 


Vertreter des Königl. Ministeriums der Geistlichen, Unterrichts- 
und Medizinal-Angelegenheiten (Ernennung noch ausstehend). 
Vertreter des Königl. Ministeriums für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten: Regierungs- und Forstrat Bock in Königs- 
berg i. Pr. 
Mit der Leitung der Vogelwarte ist Herr J. Thienemann 
betraut worden. 


II. Geschäftsordnung. 
81. 
Der Leiter der Vogelwarte übernimmt auf Grund eines 
Vertrages die Ausführung der in den Satzungen ausgesprochenen 
Aufgaben, 


III. Jahresbericht (1903) der Vogelwarte Rossitten. 395 


Ss 

Am Schlusse eines jeden Kalenderjahres hat der Leiter der 
Vogelwarte einen Verwaltungsbericht und einen wissenschaftlichen 
Jahresbericht zu liefern und der Verwaltung bis spätestens zum 
31. Januar des folgenden Jahres einzusenden. Die Berichte 
werden im Journal für Ornithologie veröffentlicht. Auch soll der 
Leiter der Vogelwarte über Beobachtungen und Untersuchungen, 
deren schnelle Veröffentlichung zur Wahrung des Zeitvorrechtes 
oder, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf ein Vorkommnis 
zu lenken, wünschenswert ist, während des Kalenderjahres Be- 
richte einschicken, für deren schleunige Bekanntmachung durch 
Zeitschriften oder Flugblätter die Verwaltung Sorge tragen wird. 


8 3. 
Die sonstige literarische Tätigkeit des Leiters der Vogel- 
warte ist insoweit unbeschränkt, als dadurch die amtlichen Be- 
richte nicht beeinträchtigt werden. 


5 4. ; 

Zur Verfolgung aller unter $ 2 der „Satzungen“ genannten 
Aufgaben der Vogelwarte Rossitten ist die Kraft eines Einzelnen 
selbstverständlich nicht ausreichend, vielmehr soll mit der Anstalt 
ein Mittelpunkt für die genannten Bestrebungen geschaffen werden. 
Es wird Aufgabe des Leiters der Anstalt sein, für die verschie- 
denen Zwecke und Ziele Mitarbeiter in allen Teilen Deutschlands 
(Flachland, Mittel- und Hochgebirge) zu werben, die dann ge- 
wonnenen Einzelbeobachtungen und Ergebnisse aber einheitlich 
zu verarbeiten oder für deren Bearbeitung durch geeignete Fach- 
leute Sorge zu tragen. 

Die Vogelwarte wird zur Förderung ihrer Zwecke u. a. 
auch mit den Wetterwarten auf Zugspitze, Schneekoppe und 
Brocken, mit den Leuchtturmwächtern und den Vereinen für 
Luftschiffahrt in Verbindung treten. 


296 


Über die Zulässigkeit der von Lesson in seiner 
„Traite d’Ornithologie‘“ eingeführten Namen. 


Von Franz Poche, Berlin. 


Bekanntlich ist nach den internationalen (und ebenso 
schon früher nach den von der Deutschen Zoologischen Gesell- 
schaft herausgegebenen) Nomenclaturregeln die Zulässigkeit eines 
Art- oder Gattungsnamens u.a. an die Bedingung geknüpft, 
„dass der Autor den Grundsätzen der binären Nomenclatur 
folgte‘ (p. 939, VIL., $ 1b). Diese Grundsätze bestehen, wie all- 
gemein bekannt, nicht etwa einfach darin, dass „jede Art zwei 
Namen bekommt“, sondern vielmehr darin, dass der Name der 
übergeordneten Einheiten einer bestimmten (der zweitniedrigsten 
constant unterschiedenen) Rangstufe, der Gattungen oder 
Genera (eventuell auch als Untergattungen, Sippen, Familien u. 
s. w. bezeichnet), aus einem (einfachen oder zusammengesetzten) 
als lateinisches Substantivum gebrauchten Worte besteht, der 
der ihnen untergeordneten Einheiten einer bestimmten anderen 
(der niedrigsten constant unterschiedenen) Rangstufe, der Arten 
oder Species (eventuell auch Gattungen u. Ss. w. genannt), dagegen 
aus zwei Teilen, nämlich dem Namen der betreffenden übergeord- 
neten Einheit der erstgenannten Rangstufe (der somit für alle in 
je einer solchen enthaltenen untergeordneten Einheiten der 
gedachten Rangstufe der gleiche sein muss), und einem gleich- 
falls aus einem, als lateinisches Wort betrachteten Worte (oder 
eventuell auch aus zwei, einen Begriff bildenden Wörtern, wie 
crista galli, Sanctae Catharinae u. s. w.) bestehenden, der den 
einzelnen untergeordneten Einheiten innerhalb der betreffenden 
übergeordneten Einheit eigentümlich ist. — Der französische und 
englische Text der internationalen Nomenclaturregeln formulieren 
die gedachte Bedingung, an die die Zulässigkeit eines Art- oder 
Gattungsnamens geknüpft ist, in noch etwas klarerer und be- 
stimmterer Weise, indem daselbst die Forderung aufgestellt wird 
(p. 954, VIL, Art. 33, 2%) „Que l’auteur ait effectivement 
entendu appliquer les regles de la nomenclature binaire“, bezw. 
(p- 967, VII, $ 1, b) „That the author has properly applied 
the principles of binominal nomenclature.“ [Die Hervorhebung 
durch gesperrten Druck stammt in beiden Fällen von mir]. — 
Diese soeben näher dargelegten Grundsätze der binären Nomen- 
clatur hat nun Lesson in seiner Trait& d’Ornithologie, 2 Bände 


Über die Zulässigkeit der von Lesson eingeführten Namen. 297 


[Text und Tafeln], 1831, entschieden nicht befolgt, geschweige 
denn sie „richtig angewandt“ (wie es im englischen Text heisst). 
Dies nachzuweisen und die sich daraus ergebenden Consequenzen 
zu ziehen, ist der Zweck der folgenden Zeilen. 

Auf p. 16 [wo nicht ausdrücklich das Gegenteil bemerkt ist, 
beziehen sich die Citate im folgenden stets auf den den Text ent- 
haltenden Band] führt Lesson eine Gattung Cariama an, deren 
einzige Art er (p. 17, und ebenso Atl., p. — [VII]) Meerodac- 
Zylus crisiatus nennt. In der Gattung Neophron (p. 28) unter- 
scheidet er zwei Arten, von denen er die eine (p. 29) als Neophron 
percnopterus, die andere (i. c.) als Percnopterus niger bezeichnet. 
Die einzige Art des Genus Phene (p. 30) nennt er (l. c.) 
Phene ossifraga et gigantea, Sav., Egypt., p. 18, im Atlas (l. c.) 
dagegen Phene gigantea. Als Gattungsname der Arten des Genus 
Astur (p. 64) wird durchgehends (p. 65 ff. und ebenso Atl.,1. c.) 
der (von ihm als Synonym zu diesem angeführte) Name Dae- 
dalion Sav. gebraucht. In der Untergattung Hierofalco (p. 96) 
des Genus Falco wird die eine der beiden Arten (p. 97 u. Atl., 1. c.) 
als Hierofalco candicans, die andere (p. 97) als Falco laniarius 
bezeichnet. Die Arten der Untergattung Noctua (p. 101) 
des Genus Siricx werden (p. 101 ff.) sonst durchgehends als 
Noctua-Arten, eine dagegen (p. 104) als Sfrix ferruginea be- 
zeichnet. Auf p. 113 führt er als Untergattungen von $Sirix an: 
7. Chat-Huant; Syrnium, Sav., Cuv. und 8. Chouettes a Aigrettes; 
Levaill. [ohne lateinischen Namen]; die Arten beider werden 
(p. 113 f.) als Syrnium-Arten aufgeführt. Von den sechs Species 
des Subgenus Apus (p. 267) der Gattung Herundo führt er (p. 
267 £.) vier als Oypselus-Arten (eine davon ebenso auch im Atlas, 
p. VIII), eine als Apus melba, und eine einfach als Martinet a 
croupion blanc [ohne lateinischen Namen] an. Die vier der 
„Rasse“ („Race“) Campylopterus (p. 286) der Untergattung 
Ornismya (p. 272) des Genus Trochilus nennt er der Reihe 
nach Ornismya latipennis (p. 286), Campylopterus ensipennis (l. 
c.), Ornismya simplex (p. 287) und Trochilus falcatus (1. c.). 
Die beiden einzigen Arten der Untergattung Arachnothera (P. 
292) des Genus Cinnyris nennt er (l. c.) Nectarinia longirostra 
und Nectarinia inornata. In der Untergattung Cinnyris (]. c.) 
desselben Genus werden (p. 292—298) von den 30 Arten derselben 
17 als Oinnyris, 2 als Nectarinia und 11 als Certhia angeführt. 
Eine dieser letzteren wird im Atlas (p. X) als eine Cinnyris auf- 

Journ, £, Orn. LII, Jahrg. April 1904, 20 


298 Franz Poche: 


geführt. In der Untergattung Phylidonyris (p. 298) derselben 
Gattung werden (p. 299) zwei von den vier Species derseiben als 
Certhia (eine davon gar als Certhia sanguinea et cardinalis, Gm.), 
und zwei als Oinnyris bezeichnet. Die einzige Art des S. 4. 
Moho (p." 302) des Genus Philedon nennt Lesson (l. c.) Merops 
fasciculatus. Auf p. 646 wird (in den „Additions et Corrections‘“) 
eine weitere als Moho atriceps beschrieben. Von den 15 Arten 
der Untergattung Pica (p. 330) des Genus Corvus führt er (Pp. 
330—333) 11 als Corvus (eine davon als Corvus cyaneus et ery- 
throrhynchus, Gm.), 3 als Pica und 1 als Garrula an. Auf p. 382 
führt er eine Art des $. 3. Pitangus des Genus Tyrannus als 
Lanius tyranmus an, ebenso im Atlas (p. IX), wo er sie zugleich 
ausdrücklich als zum Genus Zyrannus gehörig bezeichnet (cf. t. 
c., p. VI). Auf p. 398 nennt er die einzige Art der Untergattung 
„Cincle proprement dit, on Merle d’eau“ des Genus Oinclus 
Turdus einclus, ebenso im Atlas (p. IX), wo er sie ebenfalls aus- 
drücklich als der Gattung Cinclus angehörig bezeichnet. Auf 
p. 417 führt er eine Art des Genus Curruca (p. 416) als Sylvia 
subalpina, Bonelli an, und ebenso im Atlas (p. X), woraus sich 
ergibt, dass dies der von ihm angenommene Name ist, und 
wo er wieder Sylvia als den von ihm acceptierten Gattungs- 
namen bezeichnet. In ganz gleicher Weise führt er auf p. 436 sowie 
im Atlas (p. IX) eine Art des Genus Emberiza (p. 435) als 
Passerina collaris, Vieill., Diet. an und bezeichnet in diesem 
Passerina als den von ihm adoptierten Gattungsnamen. Ebenso 
nennt er (p. 449) eine Art des Genus Pyrrhula (l. c.) Loxia 
pyrrhula Gm., und ebenso im Atlas (p. X), wo er gleichfalls 
Lozxia als den giltigen Namen des Genus anführt. Auf p. 535 
führt er eine Art des Genus Rallus (1. c.) als Gallinula gigas 
auf. In der Gattung Limosa (p. 554) nennt er eine Species 
Limicola indiana (p. 554). Die einzige Art des Genus Zurypiga 
(p. 569) nennt er (p. 570) Helias phalenoides, Vieill., Gal. pl. 244, 
und ebenso im Atlas (p. XI), wo er wieder Helias als den von 
ihm adoptierten Namen des Genus bezeichnet. Die beiden Arten 
des Genus Hians (p. 581) führt er (l. c.) als Anasiomus- Arten 
an, und eine davon ebenso im Atlas (l. c.), wo er auch Ana- 
stomus als den von ihm acceptierten Namen des Genus bezeichnet. 

Schon aus den vorstehenden Ausführungen, die durchaus 
nicht Anspruch auf Vollständigkeit machen können, ergibt sich 
mehr als zur Genüge, dass in dem gedachten Werke Lesson’s die 


Über die Zulässigkeit der von Lesson eingeführten Namen. 299 


Grundsätze der binären Nomenclatur nicht befolgt sind. Ich 
habe dabei absichtlich lediglich solche Fälle herangezogen, wo 
es sich (wie sich aus der typographischen Unterscheidung, den 
von Lesson angeführten Citaten oder dem Fehlen solcher u. s. w. 
ergibt) mit Bestimmtheit um von diesem als giltig ange- 
nommene, bezw. eingeführte Namen handelt. Dazu kommt 
nun aber noch, dass es in einem sehr grossen Teile des Werkes 
(ungefähr von p. 380 an) nicht möglich ist, mit einiger Sicherheit 
zu entscheiden, ob die angeführten (bezw., wo sich mehrere solche 
finden, die jeweils an erster Stelle angeführten) lateinischen Namen 
der einzelnen Arten zugleich die von ihm als giltig angenommenen 
Namen derselben oder lediglich die von den einzelnen dabei 
eitierten Autoren, bezw. im Pariser Museum (in litt.) für dieselben 
angewandten Namen darstellen, da sie, bezw. der erste derselben, 
im Gegensatze zu den meist vorhandenen, ihnen vorangehenden 
französischen Namen, weder typographisch hervorgehoben noch 
sonst irgendwie als giltige Namen kenntlich gemacht sind. 
Doch ist für Lesson der eine Fall ziemlich ebenso ungünstig wie 
der andere. Sind sie nämlich die giltigen Namen, so besteht der 
erste Teil dieser in einem sehr hohen Prozentsatz der Fälle nicht 
aus dem der betreffenden übergeordneten Einheit (Gattung, Unter- 
gattung etc.), und stehen dieselben somit im Widerspruch mit 
den Grundsätzen der binären Nomenclatur (s. oben); sind sie es 
nicht, so führt er fast sämtliche in dem gedachten Teile des 
Werkes enthaltenen Arten nur mit französischem, aber 
onne lateinischen, bisweilen sogar, da ersterer in einer An- 
zahl von Fällen ebenfalls fehlt, überhaupt ohne irgendwelchen 
Namen an — was offenbar auch nicht eine Befolgung der Grund- 
sätze der binären Nomenclatur ist! Bei einer ganzen Reihe von 
Arten — worunter sich sogar eine ganze Anzahl von ihm in dem 
gedachten Werke augenscheinlich neu beschriebener befindet! 
(s. z. B. p. 462 u. 464) — wird überhaupt nur der französische 
Name angeführt, ohne Beifügung auch nur eines lateinischen 
Citates, sodass, wenn man diese, bezw. das jeweils erste der- 
selben, auch sonst als Namen betrachtet, doch noch zahlreiche 
Arten übrig bleiben, die ohne lateinische Namen angeführt werden. 
Und dies in einer Arbeit, die nicht etwa im Allgemeinen auf 
Arten nicht eingeht und höchstens gelegentlich anlässlich der 
Besprechung übergeordneter Gruppen eine oder die andere solche 
erwähnt, sondern die vielmehr gerade eine systematische 
20* 


300 Franz Poche: 


Übersicht der Species liefern will! Folgende beliebig heraus- 
gegriffene Probe mag eine kleine Vorstellung von dem Aussehen 
des gedachten Teiles des in Rede stehenden Werkes geben, wobei 
ich der Kürze halber die Charakterisierungen, Beschreibungen, 
Heimatsangaben u. Ss. w., sowie die Citate mit Ausnahme des 
jeweils an erster Stelle stehenden weglasse. In der Gattung 
Muscicapa (p. 384) finden wir (p. 392 f.) folgende Übersicht der 
in die betreffenden Abteilungen derselben fallenden Arten: 


XXIV®e Sous-genre. Setophaga, SW. 
83.0 MOUCHEROLLE HOUPETTE, du Bresil, SW.; Mota- 
cilla ruticilla, Gm. 
84.0 Muscicapa olivater. 


XXV® Sous-genre. Les Moucherolles motaeilles. 


85.0 Muscicapa Delalandi. 


XXVI®e Sous-genre Les Moucherolles loxies. 


86.0 Lanius airicilla, Mus. de Paris. 

87.0 TYRAN ROUX, Mus. de Paris. 

88.0 MOUCHEROLLE A LIGNES JAUNES. 

89.0 Muscicapa rufescens, Lin. 

90°. MOUCHEROLLE A AILES VARIEES, Mus. de Paris. 
91.0 Pachyrhynchus, Spix. 


XXVI® Sous-genre. Les Moucherolles brevieaudes; 
Conopophaga, Vieill. 
92.0 Pipra naevia, Gm. 
93.0 Turdus auritus, Gm. 
94.0 Conopophaga nigrogenys. 


Im Nachfolgenden gebe ich noch eine kleine Auswahl aus 
den im ersten Teile dieses Artikels angeführten, von Lesson als 
giltige Namen von Gattungen und Arten angewandten Bezeich- 
nungen, um übersichtlich zu zeigen, wie sich das „binäre Nomen- 
klatursystem“ unter Zugrundelegung der von ihm angewandten 
Benennungsweise ausnehmen würde, bezw. könnte: 


Über die Zulässigkeit der von Lesson eingeführten Namen. 


Genus Cariama 
Microdactylus eristatus 

Genus Neophron 
Neophron percnopterus 
Percnopterus niger 

Genus Phene 
Phene ossifraga et gigan- 
tea 

Genus Hirundo 

Subgenus Apus 

Cypselus murarius 
Apus melba 
Martinet a croupion 
blanc 
Cypselus parvus 
Oypselus mystaceus 
Cypselus comatus 

Genus Trochilus 

Subgenus Ornismya 
Rasse Campylopterus 

Ornismya latipennis 


301 


Campylopterus ensipennis 
Ornismya simplex 
Trochilus falcatus 
Genus Cinnyris 
Subgenus Arachnothera 
Nectarinia longirostra 
Nectarinia inornata 
Subgenus Phylidonyris 
Certhia australasiana 
Oerthia sanguinea et car- 
dinalis 
Cinnyris rubrater 
Cinnyris eques 
Genus COinclus 
Subgenus Cin cle proprement 
dit, ou Merle d’eau. 
Turdus cinclus 
Genus BRallus 
Gallinula gigas 
Genus Eurypiga 
Helias phalenoides. 


Diese Zusammenstellung spricht für sich selbst. -- Die 


nach allem Vorhergehenden somit unbedingt gebotene Ver- 
werfung der von Lesson in dem besprochenen Werke einge- 
führten Namen ist gewiss bedauerlich, wird jedoch zum Glück 
bei weitem nicht so grosse Änderungen in der ornithologischen 
Nomenklatur zur Folge haben, wie man im ersten Augenblick zu 
glauben geneigt sein könnte, da die grosse Mehrzahl jener 
(wenigstens soweit es nicht, wie es bei vielen Artnamen der Fall 
ist, nomina nuda sind, die ja eo ipso nomenclatorisch nicht in 
Betracht kommen) von Lesson selbst in späteren Veröffentlichungen 
oder von anderen nachfolgenden Autoren angenommen worden 
sind, bevor ein neuer Name dafür geschaffen worden war. In 
allen diesen Fällen ist somit nur das Citat oder höchstens noch 
der Name des Autors, aber nicht der der betreffenden Gattung 
oder Art selbst zu ändern. Und in keinem Falle ist es nötig, 
einen neuen Namen für eine solche zu schaffen. 


302 


Über die geographische Verbreitung und den Zug 
der rotsternigen Blaukehlehen. 


Von ©. Kleinschmidt. 


Ich bin durchaus nicht gesonnen, den Streit um die Gät- 
kesche Blaukehlchen-Hypothese mit verteilten Rollen von „Staats- 
anwalt und Verteidiger“ fortzuführen. Ein zu weit ausgesponnener 
Gedankenaustausch ist weder für die Leser einer Zeitschrift er- 
quicklich, noch für die Sache fördernd. Andrerseits wäre es 
unhöflich, wollte ich die Fragen und Angriffe des Herrn F. Helm 
einfach mit Stillschweigen übergehn und keiner Antwort würdigen. 

Herr Helm rät mir zu anatomischen Untersuchungen, was 
gar nicht nötig wäre, denn ich habe für solche eine grosse Vor- 
liebe. Indessen kommt es in diesem Falle, wie überall zuerst 
auf gründliches Balgstudium an, damit man weiss, um 
welche Vögel es sich überhaupt handelt, wenn man Beobachtungen 
aufschreibt oder prüft, Wägungen vornimmt u. dergl. Auf Grund 
neuen Balgmaterials kann ich heute die Skizze, die ich in meiner 
Ornis Marburgs von dem Lebensring Erithacus Astrologus ent- 
worfen habe, ein wenig erweitern. So sehr ich es sonst verwerfe 
und sogar verabscheue, wenn jemand einen neuen Namen gibt, 
ohne völlige Gewissheit, dass die betr. Form noch unbeschrieben 
ist, so muss ich doch hier, um der Sache zur raschen Klärung 
zu verhelfen, zuerst eine Neubeschreibung vornehmen, auf die 
Gefahr hin, dass später ein zur Zeit noch ungewisser Blaukehlchen- 
name (occidentalis Zarudny) meinen neuen Namen verdrängt und 
zu einem die Nomenklatur belastenden Synonym macht. 


Erithacus gaetkei form. nov. 


| Typus von Helgoland, Brutheimat Norwegen, Alpenvogel, 
auf dem Fille-Fjeld (über 3000 Fuss Meereshöhe) brütend.t) 
Charaktere: Spitzer Flügel, wie bereits J. f. O. 1903, p, 341 
unter dem Namen #. A. suecicus näher beschrieben, dunkelgraue 
Oberseite, dunkelultramarinblaues Kehlschild mit kleinem dunkel- 
rostrotem Stern. Zugzeit nach Gätkes langjährigen und einwand- 
freien Beobachtungen, die ausserdem durch zahlreiche Belegstücke 
bewiesen sind, spät, nämlich Ende April, oft tief bis in den Mai 
hinein. Vermutlich zieht ein grosser Teil (vielleicht die Haupt- 
masse) in der Richtung der Meeresküste über Spanien und auf 
grössere Strecken übers Meer. 
Gründe: Schon Saunders hatte behauptet, dass er von der 
iberischen Halbinsel weiss- und rotsternige Blaukehlchen besitze, 
allein da letztere junge Vögel waren, so hegte Dresser berechtigte 


!) nach Harvie Brown und Alston (ef. Dresser B. v. E. II. p. 325). 
Was für Blaukehlchen mögen es sein, die in Yarkand in 16000 Fuss 
Höhe brüten? 


= = ee 05 Duscimmn um me m no same end 


Verbreitung und Zug der rotsternigen Blaukehlchen. 303 


Zweifel an der Bestimmung, Ich habe kürzlich drei rotsternige 
Blaukehlchen aus Südspanien (Malaga) durch Herrn Schlüter in 
Halle erhalten. Davon ist ein ganz altes Männchen im Gefieder 
so prachtvoll ausgebildet, dass seine Bestimmung m. E. ausser 
Zweifel steht. Der Vogel ist im ganz frischen Herbstkleid (7. 
Sept.), hat eine ganz blaue Kehle und einfarbig rostroten Stern. 
Ein so schön ausgebildetes Herbstkleid habe ich noch bei keinem 
Blaukehlchen gesehen. Flügelgestalt und -Länge (reichlich 
8,0 cm) stimmen genau mit Helgoländer Stücken überein. 
Die Oberseite zeigt, ein sehr reines dunkles Grau. Dazu kommen 
nun die französischen Daten, die späten Daten aus den Nieder- 
landen, die mit Gätkes Daten übereinstimmen und zur Annahme 
verleiteten, dass der Vogel zwischen Lüttich und Löwen brüte, 
was übrigens gar nicht unmöglich ist. Schliesslich noch die 
Maidaten aus England (recht bezeichnend 16. Mai 72 auf einem 
Fischerboot bei Aberdeen). Damit erklärt sich das auffallend 
häufige Vorkommen auf Helgoland!) 

Am meisten verschieden von Erithacus Astrologus gaetkei 
ist Erithacus Astrologus discessus, von dem ich noch 5 am 
Issik-Kul gesammelte Stücke erhielt, die das früher Gesagte voll- 
ständig bestätigen. Die Flügelspitze wie a. a. OÖ. beschrieben, 
die Oberseite blass, oft sehr blass, desgleichen die Schmuckfarben, 
der Sternfleck sehr gross, der Schnabel etwas lang, schlank und 
spitz geformt. 

Das kleinste Weibchen von E. A. gaetkei?2) hat einen ab- 
solut kürzeren, aber relativ längeren Flügel als das grösste 
Männchen von E. A. discessus, d.h. eine absolut längere Flügel- 
spitze, während die Gesamtlänge des Fittichs absolut geringer 
ist. Das mag am deutlichsten die Verschiedenheit des Flügel- 
baues dartun. 

Zwischen E. A. discessus und E. A. gaetkei schiebt sich 
nun eine Reihe von Zwischenformen, die entsprechend der geo- 
graphischen Lage ihrer Nistplätze den allmählichen Übergang von 
dem einen zum andern darstellen und deren letzte Linnes 
suecicus ist. Zwei Sibirier von Tomsk gleichen fast vollständig 
den dunkelsten Stücken von discessus, sehr ähnlich ist diesen 
ein Vogel von Lappland. Bei diesen intermediären Formen deren 
reinliche Abgrenzung und richtige Benennung noch viel Arbeit 
machen wird, ist die blaue Kehlfärbung lebhafter als bei discessus 
und heller als bei gae/kei, daher von einem ganz wunderschönen 
Kobaltblau. Möglich, dass auch discessus im Sommer ein leb- 
hafteres Blau erhält. 


1) Eine Insel im Meer mag einem Alpenvogel ähnlich vorkommen 
wie ein aus dem Nebelmeer ragender Berg. 

2) Wenn ich früher sagte „bis 8,0“ oder „Maximum 8,0“, so ist 
doch damit deutlich genug ausgedrückt, dass nicht alle Vögel diese Länge, 
die mit der Körpergrösse wechselt, besitzen. 


304 O0. Kleinschmidt: 


Das Interessante ist nun, dass genau analog der Flügelform 
E. A. discessus am frühsten zieht (März), und da diese oder eine 
nahe verwandte Form (pallidogularıs) bis nach Europa herein- 
reicht, so werden sich alle scheinbaren Widersprüche in den 
Daten wohl noch aufklären. 

Ein Balg von Cairo mag E. A. suecicus (L.) oder E. A. 
caeruleculus (Pall.) sein; aber E. A. gaetkei ist er sicher nicht. 

Soviel über die Vögel, die in Betracht kommen. 

Ich habe Gätkes Gedanken über den direkten Flug von 
Egypten bis Helgoland, wie auch zahlreiche von Helm mitgeteilte 
Einzeldaten stets als Irrtümer oder Ungenauigkeiten angesehen, 
die für jeden Kenner schon jetzt selbstverständlich sind, und mit 
der fortschreitenden systematischen Erkenntnis von selbst ihre 
Erledigung finden werden. 

Für mich lautet nicht die Frage: Wie ist Gätke zu wider- 
legen, sondern: Wie können wir auf dem, was an Gätkes Ansichten 
richtig ist,!) weiter bauen. Ich habe Gätkes Ansicht als „naiv 
formuliert“ und als „Irrtum“ bezeichnet, aber er war doch der 
Wahrheit viel näher als Helm mit seinen Folgerungen. 

Herr Helm wünscht genauere Angaben, welche Daten ich 
für lückenhaft und fraglich halte. Lückenhaft sind so ziemlich 
alle im Vergleich mit den lückenlos alljährlich wiederholten Be- 
obachtungen Gätkes. Viele Festlands-Beobachter sagen geradezu: 
„in manchen Jahren gar nicht vorkommend“. So war das 
„lückenhaft‘“ gemeint. Und das ‚fraglich‘? Wenn dem Systematiker 
von Fach die Unterscheidung der Blaukehlchen oft schwer fällt, 
wenn unser zweiter Gätke?) und erster Vogelzugsachverständige 
OÖ. Herman noch im letzten Aquilaheft den weisssternigen Vogel 
Altums E. swecicus der damaligen Autoren mit der Form 
suecicus (L.) verwechselte, wie leicht kann da die Astrologie 
andre getäuscht haben. Wie oft bedeutet da auf derselben Seite, 
ja in demselben Satz E. suecicus bald E. Asirologus im Allge- 
meinen, bald E. Astrologus suecicus (oder gaeikei oder caerulecula, 
oder gar cyaneculus iuv. im verspäteten Winterkleid). Vor allen 


!) Für richtig halte ich auf Grund meiner eigenen — ich darf 
wohl sagen: nicht ganz geringen — Erfahrungen als „Feldornithologe“ 
das, worauf es bei Gätkes Feststellungen ankommt: dass die jüngeren 
Vögel nicht erst von den Alten Geographie lernen müssen, um ihren Weg 
zu finden (von manchen Arten wandern einzelne junge Vögel, während 
die Alten Standvögel sind), dass sie zwar Fühlung mit der Erde behalten, 
aber die Erde nicht zu sehen brauchen und doch richtig fliegen. Dass 
die Höhen überschätzt wurden, wissen wir heute schon aus der überall 
uns mehr und mehr entgegentretenden Tatsache, dass Gebirgszüge auch 
für flugbegabte Wesen Verbreitungsgrenzen unterschiedlicher Formen 
sind und auf den Zug einwirken, was wohl auch betrefis E. A. gaetkei 
und E. A. swecicus (L. nee. auct.) zutrifft. 

2) Und das wird ein Ehrennahme bleiben. 


Verbreitung und Zug der rotsternigen Blaukehlchen. 305 


Dingen ist doch Brutangaben gegenüber mehr Vorsicht geboten. 
(Conf. J. f. Orn. 1901, p. 291, „nistet nicht daselbst“ und einige 
Zeilen weiter „hie und da ein Nest angetrotfen“.) Da mich die 
Daten von Hessen, die ich stets auf cyaneculus gedeutet hatte, 
am meisten interessierten, schrieb ich an Herrn Dr. A. Müller 
und an Herrn Ochs. Ersterer antwortete: „Mit den Blaukehlchen, 
die Anfang April bei Schneewetter an Flüssen und Bächen in 
der Umgegend von Offenbach zahlreich angetroffen wurden, ist 
die weisssternige Art gemeint.‘ Herr Ochs schrieb: „Meine 
eigenen Beobachtungen erstrecken sich auf die Blaukehlchen im 
Allgemeinen“ Was die einzelnen Arten anbetrifft, so ist mir 
die Mitteilung s. Zt. von Beckmann gemacht, dem solche um 
jene Zeit überbracht wurden. Vor langen Jahren hielt sich ein 
Vogel den ganzen Sommer über in nächster Nähe von Wehlheiden 
auf und sang stets. Ich weiss aber nicht, welcher Art er angehörte.‘ 


Durch alle von Helm mit gewiss dankenswertem Fleiss zu- 
sammengestellten Daten ziehen sich wie ein roter Faden Angaben 
wie „15. Mai selbst für Agypten, 28. 21. April, 18. 14. Mai, sehr 
grosse Seltenheit nur 5 %,, 3 von 80, macht nur kurze Rast, 
ohne Zeitverlust weiter, in manchen Jahren gar nicht vorkom- 
mend.“ So ganz Unrecht hatte Gätke also doch nicht, wenn er 
die Ansicht der alten Ornithologen, z.B. des alten Brehm gelten 
liess — ganz wie Helm aus dem Grunde, weil er keine bessere 
hatte als die seiner Gewährsmänner. 


Wie die sibirischen Tannenheher einzelne ostpreussische 
Dickschnäbel mitreissen, so mag sich auch einmal ein Rotsternchen 
den Weisssternchen anschliessen. 


Peiters Beobachtungsrevier dürfte sehr zu beachten sein, 
weil sich vielleicht dort der Zug staut. 

Die östlichen Rotsternchen haben runde Flügel und 
ziehen früh. 


Dass diejenigen „Individuen“, die um 2 mm längere 
Flügel haben, schneller fliegen als andre, habe ich nie geschrieben 
oder behauptet. Herr Helm glaubt mich da über Dinge belehren 
zu müssen, die zu dem ABC jedes wissenschaftlichen Balg- 
forschers gehören und in denen mir wohl ausser Helm niemand 
einen derartigen Irrtum zutraut. 

Wenn Herr Helm jemals die Muskeln und das Skelet eines 
Kolibriflügels anatomisch untersucht hätte, würde er die Tabellen 
auf S. 67 wohl weggelassen haben. 

Vögel zu wiegen ist hier nicht sehr wichtig, weil die feinen 
Unterschiede zu sehr vom Ernährungszustande abhängen. Ich 
hätte es trotzdem gern getan, wenn nicht Gätke betr. Seltenheit 
rotsterniger Vögel in Deutschland so sehr recht hätte. Das ist 
der Grund, weshalb „man nur die Bälge untersucht.“ Von E. 
cyaneculus liegen längst Skeletteile zum Vergleich in meiner 
Sammlung bereit. 


306 O. Kleinschmidt: Verbreitung und Zug der Blaukehlchen. 


2 mm Längendifferenz an der Flügelspitze machen bei zwei 
gleichschweren Vögeln ebenso gut etwas aus wie bei einem Ven- 
tilator, aber die Sache liegt gerade umgekehrt, wie Helm annimmt. 
Der schnellfliegende Vogel hält den Flügel anders und braucht 
eine geringere Tragfläche (Vergl. Wanderfalken und Bussard). 
Auseinandersetzungen über diese Dinge, ebenso über die jedem 
Balgforscher geläufigen ganz verschiedenen Begriffe: Flügellänge, 
Flügelspitze, Schwingenverhältnis, Bastardschwinge kann ich mir 
ersparen, da ich bei den Budytesformen ähnliche Unterschiede 
behandeln muss, durch die sich die Formen D. borealis, cinereo- 
capillus und pygmaeus ganz analog den Blaukehlchen unter- 
scheiden. Derartige Flügelunterschiede sind im Übrigen eine 
längstbekannte und längst anerkannte Sache seit den Tagen des 
alten J. H. Blasius. 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 


Bericht über die November-Sitzung 1903. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 2. November 1903, Abends 
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten-Vereinshauses, 
Wilhelmstr. 92. 

Anwesend die Herren: Schalow, Reichenow, Ehmcke, 
Grunack, Thiele, Deditius, Haase, Heinroth, von Lu- 
canus, O. Neumann, Freese, Gottschlag, Matschie und 
Bünger. Als Gast: Herr Poche. 

Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Matschie. 

Nachdem der Bericht über die letzte Sitzung verlesen und 
angenommen worden war, knüpfte Herr Reichenow daran einige 
weitere Mitteilungen über die in Rossitten unternommenen 
Krähen-Versuche. Wie Herr Thienemann berichtet, sind jetzt 
200 gezeichnete Krähen unterwegs. Einige wurden bald, nach- 
dem sie frei gelassen waren, manche sogar mehrmals wiederge- 
fangen. Der Aufruf ist in Frankreich, in der Schweiz, in Ungarn, 
Österreich und den Ostseeprovinzen verbreitet worden. Die Herren 
Gadeau de Kerville (Paris), Snouckaert van Schauburg (Doorn) 
und:O. Hermann (Budapest) haben sich in liebenswürdiger Weise 
bereit erklärt, das Werk zu unterstützen. Es würde nun noch 
für Dänemark ein geeigneter Ornithologe gewonnen werden 
müssen. Vielleicht nehme Herr Haase die Sache in die Hand 
und bitte Herrn H. Winge um seine Mitwirkung. Herr Haase 
erklärte sich dazu bereit. 

Herr Reichenow besprach nunmehr die im Laufe des ver- 
gangenen Monats an ihn eingegangenen Zeitschriften und Sonder- 
abdrücke neuerer Arbeiten. 

Die Herren Schalow, Neumann und Deditius berichteten 
ihrerseits über einige Neuigkeiten auf dem ornithologischen 


Bericht über die November-Sitzung 1903. 307 


Büchermarkte Herr Neumann benutzte diese Gelegenheit, um 
über die Mangelhaftigkeit der in Afrika eingeführten Jagdgesetze 
und über die unzweckmässige Anlegung mancher Reservate Klage 
zu führen. Unverständlich erscheinen die Beweggründe, die dazu 
geführt haben, dass der als Verbreiter von Viehseuchen sehr 
schädliche Madenhacker (Duphaga) unter den des Schutzes be- 
dürftigen Tieren aufgeführt worden ist. 

Herr Neumann hält nun einen Vortrag über einige neue 
Vogelarten aus Afrika. 

An der Besprechung beteiligten sich die Herren Schalow, 
Reichenow, Neumann und Matschie. Es handelte sich wieder 
einmal um die immer bedrohlicher auftauchende Meinungsver- 
schiedenheit über den Begriff der Species, Subspecies und 
Conspecies. 

Herr Reichenow legte eine Anzahl von Staren vor, die in 
diesem Herbst auf dem Zuge geschossen sind, und wies hierbei auf 
die Merkmale hin, durch die man diesjährige Junge von vor- 
jährigen und älteren Staren unterscheiden könne. 

In einer Zuschrift ersetzt Herr H. Grote den Namen der 
von ihm in den Ornithol. Monatsberichten No. 12 1902 S. 181— 
182 beschriebenen Blaumeise Parus coeruleus pallidus durch den 
Namen P. coeruleus languidus, weil P. pallidus bereits von 
Brehm in anderem Sinne gebraucht worden ist. 

Herr Reichenow legt die folgenden neuen Arten vor: 

Prinia gracilis deltae Viel dunkler als P. gracilis; ober- 
seits auf trüb gelbbräunlichem Grunde scharf schwarzbraun ge- 
strichelt; Kropf und Körperseiten gelbbräunlich verwaschen, 
diese fein dunkel gestrichelt; Schenkel gelbbräunlich. Nildelta. 
Im Berliner Museum von Alexandria durch Dubois du Bianco. 
— Shelley hat (Birds of Egypt) bereits auf diese Form auf- 
merksam gemacht. Ob kleinasiatische Vögel damit überein- 
stimmen, bleibt festzustellen. 

Ammomanes lusitana erythrochroa. Der A. 1. deserti (Lcht.) 
sehr ähnlich, aber das ganze Gefieder röter und düsterer, ins- 
besondere die Säume an Schwingen und Schwanzfedern nicht röt- 
lich isabellfarben, sondern ausgesprochen, wenn auch hell, rot- 
braun, äusserste Schwanzfeder ganz rotbraun, nur am Ende der 
Innenfahne düsterer bräunlich; Schnabel etwas stärker. Am- 
bukol (Dongola). 

Derselbe macht darauf aufmerksam, dass Charadrius_elegans 
Leht. (Hoaticula elegans Lcht. Nomencl. 1854, 94 [nom. nud.]) von 
Tor in Arabien sich anscheinend von dem europäischen Oh. ale- 
zandrinus L. (cantianus Boie) durch viel grösseren Schnabel 
unterscheidet. 

Herr Hellmayr (München) hat folgende Notiz eingeschickt: 
„Wagler gibt in dem unter Ornithologen wenig bekannten Buche 
„Natürliches System der Amphibien mit vorangehender Classifi- 
cation der Säugtiere und Vögel. Ein Beitrag zur vergleichenden 


308 Bericht über die November-Sitzung 1903. 


Zoologie“ München, Stuttgart und Tübingen 1830, auf S. 118 
Anm. 1 bei Aufzählung der Genera der Spechte folgende Be- 
schreibung: 

„Eine neue Species dieser bis jetzt aus einer einzigen 
Gattung bestehenden Sippe ist Iynz ruficollis, welche jüngst Herr 
Krebs aus dem Kaffernlande ans Berliner Museum einsandte und 
daselbst Herr Prof. Lichtenstein unter dem angegebenen Namen 
aufstellte. Sie ist unserer europäischen Gattung sehr ähnlich, 
unterscheidet sich aber davon augenblicklich durch ihren ein- 
färbig dunkelrostroten Vorderhals. Länge 6 7%.‘ 

Waglers Name (typus in Mus. Berol.) dürfte Priorität über 
J]. pectoralis Vig. (1831) haben. Matschie. 


Bericht über die Dezember-Sitzung 1903. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 7. Dezember 1903, Abends 
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten-Vereinshauses, 
Wilhelmstr. 92. 

Anwesend die Herren: Schalow, Reichenow, Ehmcke, 
Grunack, Deditius, Thiele, Haase, Matschie, Heck, vou 
Lucanus, Heinroth, Freiherr von Erlanger. Als Gast 
Herr Kothe. 

Vorsitzender: Herr Schaiow. Schriftf. Herr Matschie. 


Herr Reichenow teilt im Anschluss an die Verlesung des 
Berichts über die November-Sitzung mit, dass wieder einige in 
Rossitten gezeichnete Krähen in Pommern gefangen sind. Näheres 
darüber ist in den Ornithoiogischen Monatsberichten veröffentlicht 
worden. Im Auslande bringt man diesen Versuchen eine rege 
Teilnahme entgegen. So hat z. B. Herr Professor Talsky in 
ausführlicher Weise darauf hingewiesen. 

Herr Schalow bemerkte hierzu, er habe Herrn Thiene- 
mann auf die Mitteilungen Borggreves aufmerksam gemacht, 
der schon Beobachtungen über einen läugs der Ostseeküste ver- 
laufenden Vogelzug angestellt habe. 

Herr von Lucanus empfiehlt, im nächsten ale die Ver- 
suche fortzusetzen und dann in den amtlichen Kreisblättern da- 
rauf aufmerksam zu machen. Es könne dies durch eine Eingabe 
an die Regierungen leicht veranlasst werden. 

Herr Schalow berichtete über einen Vortrag, den Herr 
Professor Dr. Gonventz in der Gesellschaft für Erdkunde über 
die Naturdenkmäler gehalten hatte. Merkwürdigerweise hätten 
die Ausführungen des Redners eine genügende Kenntnis der 
Lebensweise unserer Vögel vielfach vermissen lassen. Seine Vor- 
schläge hätten den Beweis dafür gebracht, dass der mit Freude 
zu begrüssende Vogelschutz nur von Ornithologen in die richtigen 
Wege geleitet werden könne. Wer das Abnehmen der Auerhahn- 
bestände mit der Abholzung der Buchenwaldungen in Verbindung 


Bericht über die Dezember-Sitzung 1908. 309 


bringe und über die Ausrottung des Kormorans Klage führe, der 
verkenne doch die tatsächlichen Verhältnisse erheblich. 

Herr Matschie sprach sich ebenfalls nachdrücklich gegen 
die von Herrn Conventz vorgeschlagenen Schritte aus und glaubte, 
dass die an und für sich sehr lobenswerten Bestrebungen nur 
dann einen Erfolg versprächen, wenn Sachkenner dabei gebührend 
gehört würden. 

Herr Heck meinte, dass Herr Conventz schon ein 
grosses Verdienst sich erwerben werde, wenn er den Fischerei- 
vereinen die Möglichkeit, Preise auf die Erlegung von Wasser- 
vögeln auszusetzen, durch gesetzliche Massregeln nehme. 

Herr Reichenow spricht sodann im Anschluss an einen 
Bericht über die erste Lieferung von Harterts Vögel der palä- 
arktischen Fauna über die verschiedene Auffassung der „Subspe- 
cies“ und führt ungefähr Folgendes aus: 

Nachdem ich in einem Aufsatze in den O. M. 1901 S. 145 
auf die Verschiedenheit der neueren Auffassung des Begriffes 
„Subspecies“ gegenüber der älteren Anschauung hingewiesen, 
hatte ich im Journ. f. Orn. 1902 S. 364 vorgeschlagen, diese Ver- 
schiedenheit der Auffassung damit zum Ausdruck zu bringen, 
dass den Anhängern der neuen Richtung, die die Subspecies als 
einen der Species systematisch untergeordneten Begriff betrachten, 
die Bezeichnung Subspecies für ihre kleinste systematische Ein- 
heit überlassen werden sollte, während die Anhänger der alten 
Richtung, die die geringeren artlichen Abweichungen nicht als 
der Species untergeordnet, sondern als nebengeordnet, also als 
in systematischer Hinsicht gleichwertig betrachten, dafür die Be- 
zeichnung Conspecies gebrauchen möchten. Merkwürdigerweise 
bin ich dahin missverstanden worden, als hätte ich die Be- 
zeichnung Subspecies nur durch Conspecies ersetzen wollen 
(vergl. Hartert Vög. pal. Fauna 1. Lief. Einleitung S. X). Dem- 
gegenüber verweise ich auf die oben angezogenen Darlegungen. 

Ich möchte hier aber nochmals auf die Gegensätze in der 
Auffassung von Sub- und ÜConspecies eingehen und nachweisen, 
dass die Anhänger der neuesten Richtung, die die Subspecies 
nicht nur als der Species untergeordneten Begriff, sondern noch 
im erweiterten geographischen Sinne als geographisch ersetzende 
Form auffassen, sich in Widersprüche verwickeln. 

Die ältere Richtung (Conspeciesbildner) betrachtet die Species 
als kleinste Einheit des Systems, als den Inbegriff gleicher Einzel- 
wesen, die wieder ihnen gleichende Nachkommen erzeugen, und 
bezeichnet die Species binär mit Gattungs- und Artnamen. Die 
Species unterscheiden sich nun aber bald mehr, bald weniger 
voneinander, und es kommen solche vor, bei denen die Unterschiede 
derartig gering sind, dass sie nach einer Beschreibung nicht ohne 
weiteres erkannt werden können, vielmehr nur bei unmittelbarer 
Vergleichung beider Formen, bisweilen sogar nur durch Verglei- 
chung von Reihen von Einzelwesen beider Formen oder mit Kennt- 


310 Bericht über die Dezember-Sitzung 1903. 


nis des Fundortes zu unterscheiden sind. Während schärfer 
unterschiedene Arten von allen Ornithologen anerkannt werden, 
entstehen bei solchen geringfügig abweichenden oft Meinungsver- 
schiedenheiten. Der eine Autor trennt sie artlich, der andere 
will die Sonderung nicht gelten lassen. In solchen Fällen be- 
zeichnen die Conspeciesbildner die Art als Conspecies (Nebenart) 
und benennen sie ternär, indem sie ihr den Namen der älteren 
Art (Stammform), von der sie abgesondert wird, geben und diesem 
Doppelnamen noch einen dritten (neuen) anfügen. Die Bezeich- 
nung Conspecies und die ternäre Benennung wird also nur aus 
Zweckmässigkeitsgründen gebraucht, um die engen Beziehungen 
der gesonderten Form zu der älter bekannten Art zum Ausdruck 
zu bringen; dagegen wird damit weder ein besonderer systema- 
tischer, noch geographischer Begriff verbunden. 
Beispiel: Nach Auffassung der Conspeciesbildner zerfällt die 
Gattung Nucifraga in folgende Arten (Species und Conspecies): 
1. Nucifraga caryocatactes 
= caryocatactes macrorhyncha 
— caryocatacies relicta 
— caryocatactes japonica 
caryocatactes rothschildi 
—_ hemispila 
ı — multipunctata. 
Aus den Namen ersieht man hier sofort, dass die Formen 
2 — 5 von 1 nur schwer zu unterscheiden, z. T. streitig sind, 
dass hingegen 6 und 7 scharfe Unterscheidungskennzeichen haben. 
Die „Subspeciesbildner“ neuester Richtung betrachten die 
Subspecies als einen der Species untergeordneten systematischen 
Begriff. Sie teilen die Species in Subspecies auf. In diesem 
Falle wird der Speciesname ein hypothetischer Gruppenbegrift, 
die Subspecies ist dann die kleinste systematische Einheit, der. 
Inbegriff der Einzelwesen. Kann hingegen eine Species nicht in 
Subspecies zerlegt (aufgeteilt) werden, so ist sie die kleinste 
systematische Einheit. Man bezeichnet also die kleinste Einheit 
verschieden, bald als Species, bald als Subspecies und behandelt 
tatsächlich denselben Begriff bald als untergeordnete, bald als 
höhere systematische Kategorie. Bei jeder in Subspecies aufge- 
teilten Art verschwindet der binäre Speciesname vollständig und 
macht dem ternären Subspeciesnamen Platz, indem auch die 
älteste Form (Stammform) durch Wiederholung ihres Species- 
namens dreifachen Namen bekommt. Als Subspecies gelten Formen, 
die einander ähnlich sind (eine recht dehnbare Begriffsbestimmung, 
wie wir weiter sehen werden) und die einander geographisch 
ersetzen. 
Beispiel: Nach Auffassung der Subspeciesbildner zerfällt die 
Gattung Naucifraga in folgende Formen: 
1. Nueifraga caryocatactes caryocatactes 
2, — caryocatactes macrorhyncha 


nonppwm 
| 


Bericht über die Dezember-Sitzung 1903. 3il 


3. Nucifraga caryocatactes relicta 

4. — caryocatactes japonica 

5. — caryocatactes roihschildi 

6 — caryocatactes hemispila 

7: — caryocatactes multipunctata. 

Dass die Formen 2 — 5 von 1 schwer zu unterscheiden, 
z. T. streitig sind, während 6 und 7 scharfe Kennzeichen haben, 
ist aus diesen Namen nicht ersichtlich. Wollte man diese Ver- 
schiedenheit der Formen ausdrücken, so müsste man 2— 5 noch 
einen vierten Namen anhängen. Aber — wird man einwenden — 
dafür zeigen uns die Namen, dass alle 7 Formen einander geo- 
graphisch vertreten, was bei den von den Conspeciesbildnern 
gebrauchten Namen nicht der Fall ist. — Mit nichten! Wir 
werden damit zu Trugschlüssen verleitet; denn nicht nur Sub- 
species, sondern auch Species, sogar Gattungen und Familien, 
können geographische Vertreter sein. Mit der Sucht, geogra- 
phisch vertretende Formen ternär zu benennen, verwickeln sich 
die Subspeciesbildner grade in Widersprüche. Als Beispiel will 
ich hier Harterts Vögel der pal. Fauna anführen, weil darin das 
System, gegen das meine Ausführungen sich richten, am weit- 
gehendsten durchgeführt sind. 

Der Verfasser hat sämtliche Garrulus-Arten des paläark- 
tischen Gebiets als Subspecies behandelt, auch @. brandti und 
G. atricapillus, die von @. glandarius doch sehr scharf unter- 
schieden und durch keine Übergangsformen mit diesem verbunden 
sind. Dagegen ist Siurnus unicolor von den anderen Staren als 
Species gesondert, obgleich er geographisch ersetzende Form ist. 
Nach meiner und anderer Ornithologen Auffassung steht aber 
St. unicolor dem St. vulgaris viel näher als @. brandti dem 
G. glandarius, und ich würde diesen viel eher als jene als Sub- 
species behandeln. Ebenso ist Corvus corone von Ü. cornix als 
Species gesondert, während andere Ornithologen grade diese Form 
nur als „Rasse“ auffassen wollen und während beide in der 
denkbar vollkommensten Weise einander geographisch vertreten. 
Zu diesem Fall bemerkt der Verfasser erläuternd: „Es ist meines 
Erachtens absurd, die Artselbständigkeit der ©. cornix und corone 
zu verneinen. Obwohl beide dieselbe Gestalt haben, sind sie in 
der Gefiederfärbung total verschieden entwickelt. Beide Arten 
haben mehrere Unterarten und verbastardieren sich, wo ihre 
Verbreitungsgebiete zusammenstossen. Gerade dieser Umstand 
spricht für und nicht gegen ihre Verschiedenheit, denn wenn nicht 
tiefbegründete Unterschiede zwischen beiden beständen, würden 
sie ihre Selbständigkeit unter den obwaltenden Umständen längst 
aufgegeben haben.‘‘ — Nun ist es aber Tatsache, dass zwei Tier- 
formen sich um so leichter mit einander fruchtbar vermischen, 
je näher verwandt sie sind, und namhafte Zoologen (z. B. Kühn 
in Halle) betrachten gerade im Gegensatz zur vorstehenden Ansicht, 
solche Tierformen nur als Rassen und nicht als Species, die sich 


312 Bericht über die Dezember-Sitzung 1903. 


fruchtbar mit einander verbastardieren. — Aus dem Gesagten 

ergibt sich, dass für die Subspeciesbildner kein Massstab vor- 

handen ist, nach dem beurteilt werden könnte, ob eine Form als 

Species oder als Subspecies aufzufassen ist, dass dies vielmehr 

ganz der persönlichen Anschauung des einzelnen Autors überlassen 

bleibt, dass eine Übereinstimmung also niemals zu erzielen sein 
wird, die bei den Conspeciesbildnern doch einigermassen erreich- 
bar ist. 

Der Vortragende geht sodann auf die Unterschiede der 
Conspecies von Nucifraga caryocatactes ein und weist insbesondere 
nach, dass N. c. relicta nicht mit N. caryocatactes, höchstens mit 
N. c. macrorhyncha, der sie am nächsten steht, vereinigt werden 
könnte. Indessen ist sie als Conspecies ebenso gut wie diese 
zu sondern. Schnabelform und Breite der weissen Schwanzspitze 
sind von den zur Unterscheidung dieser Conspecies benutzten 
Kennzeichen die am wenigsten zuverlässigen. Harterts Dar- 
stellung (Vögel palaearktischen Fauna S. 25) ist deshalb durchaus 
nicht treffend und erweckt bei dem Unkundigen die Vorstellung, 
als seien diese Formen nach jenen Merkmalen deutlich zu unter- 
scheiden, was tatsächlich nicht der Fall ist. Die drei in Deutsch- 
land vorkommenden Formen sind folgendermassen zu kennzeichnen: 
Nucifraga caryocatacles: Häufiger dick- und kurzschnäblig als 

dünn- und langschnäblig; Grundfarbe der Oberseite fahler, 
die weissen Flecke im allgemeinen breiter; Flügel im allge- 
meinen kürzer, meistens 170--185 mm. — Norwegen, Ost- 
preussen, Karpathen, Siebenbürgen. 

Nucifraga caryocatactes relicia: Häufiger dick- und kurzschnäblig 
als dünn- und langschnäblig; Grundfarbe der Oberseite dunkler, 
die weissen Flecke im allgemeinen schmaler; Flügel im all- 
gemeinen länger, meistens 180—195 mm. — Alpen. 

Nucifraga caryocatactes macrorhyncha: Häufiger dünn- und lang- 
schnäblig als dick- und kurzschnäblig; Grundfarbe der Ober- 
seite dunkler, die weissen Flecke im allgemeinen schmaler; 
Flügel im allgemeinen länger, meistens 178—190 mm. — 
Sibirien. 

Herr Reichenow teilte ferner mit, dass die von Herrn 
Ehmcke als Alauda cinerea beschriebene Lerche von Barnaul 
genau mit Exemplaren übereinstimme, die Herr Freiherr von 
Erlanger während des Winters in Tunis gesammelt hat. 

Herr Matschie glaubte für diese merkwürdige Tatsache 
eine Erklärung geben zu können. Barnaul liegt im Gebiet des 
Ob. Die Säugetiere des westlichen Sibiriens bis zur Wasser- 
scheide gegen den Jenissei sind nicht von solchen aus dem nörd- 
lichen Finnland zu unterscheiden. Wahrscheinlich werde auch 
die Vogelwelt des weiten Gebietes zwischen Lappland und West- 
sibirien, nach Süden bis zu den Quellgebieten der zum Eismeer 
abwässernde Flüsse ein einheitliches Bild zeigen. Man dürfe 
also erwarten, dass Alauda cinerea auch in den zum weissen 


Bericht über die Januar-Sitzung 1904. 313 


Meere abwässernden Gegenden lebe. Es sei also keineswegs un- 
möglich, dass diese Lerche im Winter von dort nach Nord- 
afrika ziehe. 

Herr Ehmcke verändert den Namen der Alauda cinerea 
in A. cinerascens, weil der Name cinerea bereits früher im anderen 
Sinne gebraucht ist. Derselbe machte schliesslich auf eine kleine 
Form der Emberiza calandra aufmerksam. Matschie. 


Bericht über die Januar-Sitzung 1904. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 4. Januar 1904, Abends 8 
Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 92. 

Anwesend waren die Herren: Möbius, Reichenow, 
Ehmcke, Grunack, Paeske, Heinroth, Haase, Gottschlag, 
Deditius und Matschie. 

Von auswärtigen Mitgliedern waren zugegen: Herr Hantzsch 
(Dresden). 

Als Gäste beteiligten sich die Herren: Staudinger, Kothe 
und Dr. Meissner (Berlin). 

Vorsitzender: Herr Möbius. Schriftf. Herr Matschie. 

Der Ehrenpräsident der Deutschen Ornithologischen Ge- 
seilschaft, Herr Möbius, eröffnete die erste Sitzung des laufenden 
Jalıres mit dem herzlichen Wunsche, dass die Arbeiten unserer 
Gesellschaft auch fürderhin zum Heile der Wissenschaft einen 
guten Fortgang nehmen und vielfältige Anregung wie in früheren 
Jahren geben möchten. 

Hierauf wurde der Bericht über die Dezember-Sitzung ver- 
lesen und angenommen. 

Nach einigen weiteren literarischen Mitteilungen der Herrn 
Reichenow und Matschie erhielt Herr Hantzsch das Wort 
zu einem Vortrage über die ornithologischen Ergebnisse 
seiner Reise nach Island. 

Zunächst kennzeichnete er die allgemeinen Verhältnisselslands. 
Das Klima der am Rande des nördlichen Eismeeres liegenden 
Inseln ist zwar im Winter gemässigt, jedoch auch im Sommer 
sewöhnlich kühl, der Beginn der wärmeren Jahreszeit so un- 
bestimmt, dass die Daten über die Ankunft der Vögel in den 
einzelnen Gegenden wie insbesondere über ihr Brutgeschäft 
sanz ausserordentlich variieren. Treibeis und Winde sind es, 
die vor allen Dingen ungünstig auf die Entwicklung der Tier- 
welt überhaupt wie auch auf die der Pflanzenwelt einwirken. 
Island wird von zahlreichen fliessenden Gewässern durchzogen; 
auch finden sich eine Menge von Sümpfen, Teichen und Seen da- 
selbst, von denen der Myvatn im Nordlande der in ornitholo- 
sischer Beziehung interessanteste ist. Pflanzen- und Tierreich 
sind arm an Arten. Von Vögeln brüten etwa 66 auf der Insel, 
etwa ebenso viele sind als regelmässige oder vereinzelte Durch- 
zügler und Gäste beobachtet worden. Die Vogelwelt ist zwar 

Journ, f, Orn. LII. Jahrg. April 1904, al 


814 Bericht über die Januar-Sıtzung 1904. 


von grosser Bedeutung für die Bewohner, doch muss es als über- 
trieben bezeichnet werden, wenn man sagt, diese könnten ohne 
die Vögel nicht existieren. Die Isländer selbst, etwa 80000 an 
der Zahl, sind stille und grösstenteils gutmütige Menschen von 
germanischer Abstammung, mit besonderer Sprache, aber nicht 
wesentlich hervorstehenden Nationaleigenschaften. Sie wohnen 
nur an der Küste in zusammenhängenden Ortschaften, im Innern, 
dagegen von dem allerdings bloss der 3. Teil der Insel bewohn- 
bar ist, in einzelnen Gehöften. Den Verkehr im Lande ver- 
mittelt eine kleine, ausdauernde Pferderasse.. Das Reisen im 
Innern Islands ist beschwerlich und kostspielig, doppelt teuer 
wegen des Aufenthalts und Transports das ornithologische 
Sammeln. Nicht nur, dass das Schiessen von Vögeln häufig mit 
verschiedenen Schwierigkeiten verbunden ist, hemmt auch die 
feuchte Luft das Trocknen der Bälge, die dann auf dem Trans- 
porte leicht ihre gute Form verlieren. Se kommt es, dass Island 
ornithologisch fast weniger bekannt ist als entsprechende Gebiete, 
z. B. West-Grönland. 


Der Reisende hielt sich vom 20. April bis 28. August 1903 
zwecks ornithologischer Studien in Island auf, besuchte unter 
andern auch den als Entenbrutplatz bekannten Myvatn sowie die 
Vogelinsel Grimsey im nördlichen Eismeere. Die Ergebnisse 
seiner Reise waren ausser zahlreichen Beobachtungen über die 
Lebensweise der Vögel ungefähr 150 Bälge und über 400 Eier. 
Er legte während des Vortrages eine Anzahl von seltneren Bälgen 
aus. Besonders interessant waren Reihen von Turdus iliacus 
coburni Sharpe und Linota linaria islandica subsp. nov., Dunen- 
junge von Dlangula islandica (Gm.), Asthyia marila (L.), Harelda 
glacialis (L.), Oedemia nigra (L.), verschiedene Kleider und 
Dunenjunge von Lagopus mutus (Mont.) var. rupestris (Gm.) ete. 
Auch konnte er Mitteilung über einige bisher nicht für Island 
bekannte Vogelarten machen, die sich als Gäste gezeigt hatten. 

Auch über die bisherige ornithologische Tätigkeit in Island 
und die vorhandene Literatur gab der Vortragende Mitteilungen. 

Seine Erfahrungen will er an anderem Orte zusammen fassen. 


Herr Paeske richtete an den Vortragenden die Frage, ob 
Anser erythropus auf Island beobachtet sei. 

Herr Hantzsch verneinte es. 

Herr Möbius dankte dem Vortragenden für seinen schönen 
Vortrag, der gewiss allen Anwesenden eine reiche Quelle der be- 
merkenswertesten Anregungen geboten habe. 

Herr Staudinger wendete sich gegen die Mitteilungen des 
Herrn Hantzsch, soweit sie den Mangel an entomologischen 
Beobachtungen auf Island betreffen. Sein Vater habe dort mehrere 
Monate hindurch gesammelt und wesentliche Beobachtungen über 
die dort vorkommenden Schmetterlinge gemacht. Matschie, 


815 


Bericht über die Februar-Sitzung 1904, 


Verhandelt Berlin, Montag, den 8. Februar 1904, Abends 
8 Uhr im Bibliothekzimmer des Architekten-Vereinshauses, Wil- 
helmstr. 92. 


Anwesend waren die Herren: Reichenow, Ehmcke, Gru- 
nack, Thiele, Matschie, von Treskow, Rörig, Neumann, 
Deditius, v. Lucanus, Haase, Heinroth und v. Quistorp. 

Als Gäste beteiligten sich die Herren Staudinger und 
Kothe (Berlin), Florstedt (Eisleben). 

Vorsitzender: Herr Reichenow. Schriftführer: Herr 
Matschie. 

Nachdem der Bericht über die Januar-Sitzung verlesen und 
in der vorgetragenen Form angenommen worden war, beschloss 
die Versammlung auf den Vorschlag des Vorsitzenden, die Berichte 
über die vorliegenden Schriften vorläufig von der Tagesordnung 
abzusetzen, um zunächst eine Besprechung des Entwurfs für 
das neue Wildschongesetz vorzunehmen. 

Herr von Lucanus erstattete den Bericht über den jetzigen 
Stand der Angelegenheit, teilte die darüber von Herrn Frei- 
herrn von Berlepsch geäusserten Ansichten mit, setzte in klarer 
und ausführlicher Weise auseinander, welche Bestimmungen für 
die Ornithologen besonders in’s Gewicht fallen und gab anheim, 
die geeigneten Schritte zu tun, um entweder die Herausschiebung 
der Schonzeit für Drosseln bis zum 15. Oktober oder die vollständige 
Abschaffung des Drosselfanges, das Hinausschieben der Schonzeit 
für Schnepfen bis zum 31. März und die Aufnahme des Eisvogels 
unter die jagdbaren Vögel zu erstreben. Er empfahl, eine Petition 
an das Herrenhaus zu richten. 

Herr von Quistorp befürwortete den Versuch, die Mitglieder 
der für die Vorberatung des Entwurfs eingesetzten Kommission 
des Herrenhauses persönlich für die Absichten der Ornitholo- 
gischen Gesellschaft zu gewinnen. Im einzelnen machte er einige 
abweichenden Vorschläge. Der Eisvogel solle aus dem Wildschutz- 
gesetz herausgelassen und einem Vogelschutzgesetz vorbehalten 
werden. Die Balzschnepfen seien deutsche Brutvögel, nur die zu- 
letzt kommenden, niemals laut streichenden Schnepfen wanderten 
weiter. Deshalb sei es gleichgiltig, ob die Schonzeit mit dem 
31. März oder dem 16. April beginne Hinsichtlich des Drossel- 
fanges sei er mit den Vorredner einverstanden. Der Drosselzug 
fange in Vorpommern erst mit den 20. Oktober an, ungefähr 
10 Tage nach dem Abzuge der letzten einheimischen Drosseln. 
Wenn vor dem 15. Oktober Drosseln nicht gefangen werden dürften, 
so würde Ostdeutschland gegenüber Westdeutschland benach- 
teiligt werden. 

Herr von Lucanus ist der Ansicht, dass am 15. Oktober 
unsere Singdrosseln auch aus den Rheingegenden abgezogen sind. 


2l* 


316 Bericht über die Februar-Sitzung 1904. 


Er müsse bei seiner Meinung beharren, dass die Waldschnepfe 
schon vor den 10. April auf den Eiern sitze. 

Herr Rörig mahnte zur Vorsicht, wies auf die sehr ver- 
schiedenen Ansichten in diesen Fragen hin und glaubte, dass 
immerhin durch das neue Gesetz manches erreicht sei, was man 
bisher vergeblich angestrebt habe. Es sei viel besser, Nist- 
gelegenheiten in genügender Menge darzubieten, als die Jagd 
einzuschränken. 

Aus der Fülle der anregenden Bemerkungen, die von den 
Herren Beichenow, von Lucanus, Staudinger, von Qui- 
storp, Neumann und Rörig in einer ausgedehnten Besprechung 
dieser Angelegenheit gemacht wurden, sei hier nur hervorgehoben, 
dass Herr von Quistorp für die Aufnahme der Adler unter die 
jagdbaren Vögel eintrat, und dass Herr Neumann über einen 
starken Schnepfenstrich berichtete, den er in der ersten Hälfte 
des März auf Helgoland beobachtet hatte. 

Endlich wurde beschlossen, von einer Petition abzustehen 
und die Berichterstatter der Kommission selbst für die Wünsche 
der Ornithologischen Gesellschaft darin zu gewinnen, dass der 
Eisvogel aus dem Gesetz herausgebracht werde. 

Herr Neumann verzichtete wegen der vorgerückten Zeit 
darauf, seinen angesagten Vortrag zu halten. 

Herr Reichenow sprach alsdann über die Vögel der Süd- 
polar-Expedition und beschrieb mehrere neue Arten, deren Diag- 
nosen inzwischen in den Ornithologischen Monatsberichten ver- 
öffentlicht worden sind. Matschie. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine. 
Edinburgh. No. 49. 1904. 


The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XXI. No. 7. 


1904. 
Bulletin de la Societe Philomathique de Paris. 9. ser. Tome V 
No. 4. 1903. 


Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. CII—CIIl. 1904. 


Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. 
Karl Neunzig. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung). 
Jahrg. XXXHlL Hft. 1—11. 


The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) IV. 1904. 
Heft 1. 


Naturae Novitates. Bibliographie neuer Erscheinungen aller 
Länder u. s. w. (R. Friedländer u. Sohn). Berlin. XXV. Jahrg. 
No, 18—24. 1903. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 317 


Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu 
Schmidhoffen. XV. Jahrg. No. 1—2. 1904. 


Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelwelt.e XXIX. No. 1—2. 1904. 


K. Andersen, Beobachtungen über den Zug der Vögel in Sophia- 
Bulgarien (Frühling 1902). Mitgeteilt von O. Haase. (Ab- 
druck aus: Aquila X. 1903). 


A. Bau, Die Eier von Larus audouini Payr. (Abdruck aus: 
Ornith. Jahrb. XV. Hft. 1/2. 1904). 


R. Berge, Ornithologische Spaziergänge im Erzgebirge. (Wissensch. 
Beilage d. Leipziger Zeitung No. 7. 1904). 


J. v. Chernel, Die kurzzehige Lerche (Alauda brachydactyla) 
eine neue Erscheinung in der Ornis Ungarns. (Abdruck aus: 
Aquila X. 1903). 


W. E. Clarke, Bird Migration in Great Britain and Ireland. 
Fifth Interim Report of a Committee app. to work out the 
details of the Observ. of Migr. of Birds at Ligthhouses. 1902. 


T. Csörgey, Fünf Monate in Spalato. (Abdruck aus: Aquila X. 
1903). 


A. Dubois, Synopsis Avium. Nouveau Manuel d’Ornithologie. 
Fasc. XV. Bruxelles 1903. 


W. K. Fisher, Birds of Laysan and the Leeward Islands, Ha- 
waiian Group. (Abdruck aus: U. St. Fish Commission Bull. 
for 1903. Washington). 


C. G. Friderich, Naturgeschichte der Deutschen Vögel ein- 
schliesslich der sämtlichen Vogelarten Europas. Fünfte ver- 
mehrte und verbesserte Auflage, bearbeitet von Alexander 
Bau. Stuttgart 1904. Lief. 1—8. 


G. Gaal de Gyula, Beiträge zur Vogelfauna des Balaton Sees. 
(Abdruck aus: Aquila X. 1903). 


E. A. Goeldi, Ornithological Results of an Expedition up the 
Capim River, State of Parä, with critical remarks on the 
Cracidae of Lower Amazonia. (Abdruck aus: The Ibis for 
October 1903). 


J. Hegyfoky, Der Vogelzug im Frühling des Jahres 1901 und 
die Witterung. (Abdruck aus: Aquila X. 1903). 


O0. Herman, Der Kahlrabe (Geronticus eremita), sein Denkmal 
in Ungarn. (Abdruck aus: Aquila X. 1903), 


O0. Herman, Ein Blick auf die zehnjährige Tätigkeit der Ung. 
Ornithol. Centrale. (Abdruck aus: Aquila X. 1903). 


318 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


OÖ. Herman, Ernährung der Vögel mit Rücksicht auf Nutzen 
und Schaden. (Abdruck aus: Aquila X. 1903). 


J. Huber, Sobre os materiaes do ninho do Japu’ (Ortinops decu- 
mamus). Resposta ao Fr. Dr. von Jhering. (Abdruck aus: 
Bolet. Mus. Paraense III: 1902). 


H. Krohn, Der Fischreiher und seine Verbreitung in Deutsch- 
land. Mit einer Karte. Leipzig 1903. 


O. Leege, Über das Brutgeschäft der Vögel auf den ostfriesischen 
Inseln im Jahre 1903. (Abdruck aus: Mntsschr. Deutsch. 
Ver. z. Schutze d. Vogelw. 1904 No. 2). 


Fr. Lindner, Im Brutgebiete der schwarzschwänzigen Limose 
und des schwarzen Storches. (Abdruck aus: Ornith. Jahrb. 
XV. 1904 Hit. 1/2). 


K. Loos, Der Star in seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung. 
(Abdruck aus: Forst- und Jagdzeitung No. 12 1903). 


K. Loos, Noch etwas vom Grauspechte. (Abdruck aus: Mntsschr. 
D. Ver. z. Schutze d. Vogelw. No. 11 1903). 


J. Losy, Positive Daten zur Lebensweise des Rebhuhns. (Ab- 
druck aus: Aquila X. 1903). 


J. v. Madaräsz, Drei neue palaearktische Vogelarten. (Ann. 
Mus. Nation. Hungar. I. 1903). 


J. v. Madaräsz, Über neue Formen von Halcyon smyrnensis 
und Alcedo ispida. (Ann. Mus. Nation. Hungar. II. 1904). 


R. C. Mcgregor, Birds from Benguet Province, Luzon, and from 
the Islands of Lubang, Mindoro, Cuyo, and Cagayancillo. 
(Bulletin of the Philipp. Museum No. 3 1904). 


K. Möbius, Die Formen, Farben und Bewegungen der Vögel, 
ästhetisch betrachtet. (Abdruck aus: Sitzb. Preuss. Ak. 
Wissensch., phys. math. Classe VIII. 1904). 


H. C. Oberholser, A Revision of the American Great Horned 
Owls. (Abdruck aus: Proc. Un. St. N. M. XXVII. 1904 S. 
177-192). 


H. C. Oberholser, A Review of the Wrens of the Genus Troglo- 
dytes. (Abdruck aus: Proc. Un. St. N. Mus. XXVI. 1904 
S. 197—210). | 


F. Poche, Über die Trennung der „Ratschläge und Regeln“ in 
den neuen Nomenklaturregeln. (Abdruck aus: Zool. Anzeiger 
XXVI. No. 9 1904). 


F. Poche, Einige Ergänzungen und Berichtigungen zu Sherborns 
„Index Animalium“. (Abdruck aus: Zool. Anzeiger XXVII. 
No. 12/13 1904). 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 319 


F. Poche, Uber die nomenklatorische Berücksichtigung und 
Behandlung von im Jahre 1758 erschienenen zoologischen 
Werken, in denen die Grundsätze der binären Nomenklatur 
befolgt sind. (Abdruck aus: Zool. Anzeiger XXVII. No. 12/13 
1904). 


E. Rey, Die Eier der Vögel Mitteleuropas. Lief. 17—25. Gera- 
Untermhaus 1904. 

W. Rothschild und E,. Hartert, Berichtigung. (Annal. Mus. 
Nation. Hungarici I. 1903). 

K. Russ, Einheimische Stubenvögel. Vierte gänzlich neubear- 
beitete und vermehrte Auflage von Karl Neunzig. Magde- 
burg 1904. 

J. Schenk, Ciconia ciconia. Lokale Einflüsse auf den Zug und 
auf die Ernährung. (Abdruck aus: Aquila X. 1303). 


W. Schuster, Die Waldohreulen des Mainzer Tertiärbeckens. 
(Abdruck aus: Jahrb. Nassauisch. Ver. f. Naturkunde Jahrg. 56). 


W. Schuster, Aprilsituationen am Hessischen Rhein. (Abdruck 
aus: Jahrb. Nassauisch. Ver. f. Naturkunde Jahrg. 56). 


W. Schuster, Ein Besuch auf Juist. (Abdruck aus: Orn. Jahrb. 
XIV. 1903 Hft. 5/6). 


P. M. Silloway, Birds of Fergus County, Montana. (Bull. No. 1 
Fergus County free High School. Lewistown, Mont. 1903). 


R. Snouckaert van Schauburg, Ornithologie van Nederland. 
Waarnemingen van 1 Mei 1902 tot en met 30 April 1903. 
(Abdruck aus: Tijdschr. Ned. Dierk. Vereen. (2.) DI. VIII. Afl. 2). 


A. Szielasko, Untersuchungen über die Gestalt und Bildung der 
Vogeleier. Inaugural- Dissertation. Königsberg i. Pr. 1904. 


J. Thienemann, Praktische Winterfütterung für Meisen. (Ab- 
druck aus: Königsberger land- und forstl. Zeitung No. 9 1904). 


J. Thienemann, Die Bedeutung des Vogelschutzes für Obstplan- 
tagen mit Beziehung auf die Bienenzucht. (Abdruck aus: 
Georgine No. 52 1903). 

G. Vallon, Catalogo ragionato delle specie di uccelli, raccolti 
dal Prof. Achille Tellini nella Colonia Eritrea dall’ ottobre 
1902 al marzo 1903. (Abdruck aus: R. Istit. Veneto Sc. Lett. 
Arti LXIII. Parte seconda). 


Anzeigen. 


Im Verlage von R. Friedländer & Sohn, Berlin N.W., 
Karlstrasse 11 erscheinen und sind durch alle Buch- 
handlungen zu beziehen 


Ornitholorische Monatsberichte 


herausgegeben von 


Prof. Dr. Ant. Reichenovr. 
Preis jährlich 6 Mark. 


Die Ornithologischen Monatsberichte bilden ein 
ergänzendes Beiblatt zum Journal für Ornithologe. In 
monatlichen Nummern bringen sie Aufsätze systema- 
tischen, faunischen, und biologischen Inhalts, Referate 
über die neu erscheinende Literatur, Nach- 
richten über Reisen, Museen, zoologische Gärten und 
Privatsammlungen sowie in einem Inseratenteil Tausch- 
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Schlusse des Jahrganges giebt eine bequeme Übersicht 
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Probenummern sind kostenfrei vom Herausgeber zu beziehen. 


Verlag von J. Neumann, Neudamm. 


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Ant. Reichenow. 


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Vogelfamilien in aufsteigender Folge bis zu den Singvögeln und 
von diesen die Hirundinidae, Muscicapidae, Campephagidae, La- 
niidae, Corvidae, Dicruridae, Oriolidae, Artamidae und Sturnidae, 
zusammen gegen 1400 Arten. 

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bildungen von Vögeln sind beigegeben. 

Der 5. Halbband, enthaltend Ploceidae, Fringillidae, Mota- 
cillidae, Alaudidae, Pycnonotidae und 7 Tafeln mit Abbildungen 
wird demnächst ausgegeben, der Schlussteil wird 1905 erscheinen. 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


JOURNAL 


ORNITHOLOGIE. 


Zweiundfünfzigster Jahrgang. 


No. 3. Juli 1904. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 
Von Oscar Neumann. 


Folgendes ist eine Bearbeitung der Vögel, die ich nach 
der in Adis Abeba erfolgten Auflösung der v. Erlanger-Neumann’- 
schen Expedition während meiner sich daran schliessenden Einzel- 
reisen 1. auf dem kürzeren Ausflug durch die Provinzen Mätscha, 
Kollu und Gindeberat zum blauen Nil, 2. auf der längeren Reise 
zum Sudan gesammelt habe. Letztere führte von Adis Abeba entlang 
der Ostseite des Bruchgrabens, in dem die südäthiopischen Seen 
liegen, nachSüdwesten, wobei einige derselben teils neu entdeckt, teils 
genau festgelegt wurden, ging südlich des Gandjule Sees (Abaya 
See Donaldson Smith’s) nach Nordwesten über den Omo herüber 
nach Anderatscha, der Hauptstadt Kaffas, von wo ein kurzer Aus- 
flug nordöstlich nach Djimma gemacht wurde. Von Anderatscha 
eing es dann wieder auf völlig neuen Pfaden direkt westlich an 
einem grossen Quellstrom des Sobat, dem Gelo entlang, dann 
nach Süden ausbiegend, an einem zweiten, dem Akobo entlang 
bis zu dessen Mündung in den Pibor, wo meine Expedition von 
einem Dampfer der Sudan Regierung unter Slatin Pascha auf- 
gefunden und über Faschoda nach Chartum gebracht wurde. 
Eine eingehendere Besprechung der Reise mit besonderer Berück- 
sichtigung der faunistischen und speziell ornithologischen Resultate 
soll erst am Schluss der Arbeit erfolgen. Die Lage der Fundorte 
ergibt sich aus beifolgender Liste. 

Näheres siehe Zeitschr. Ges. Erdkunde 1901 und Geogra- 


phical Journal 1903, dort auch Karten des Reiseweges. 
Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Juli 1904, 22 


322 OÖ. Neumann: 


Liste der Lagerplätze. 
A. Zwischen Adis Abeba und Madali am blauen Nil. 
(Hochland zwischen Hauasch und Blauem Nil). 

14. IX. 1900. Aufbruch v. Adis Abeba Akaki. 
15. IX. Fuss des Managascha-Berges. 
16. IX. Ejere (jetzt Adis Halem). 
17./18. IX. Tscherätschä. 
19. IX. Goscho. 


20. IX. Tulla bolonko. 
21./22. IX. Aveve. 


Distriet Mätscha. 


Distriet Kollu. 


233. IX. an der Gorra. 
24./25. IX. am Bussijo. 
26./27. IX. Badattino. 
28. IX. Auato. 


29. IX.—2. X. District Abuje und Abstieg nach 


| 

Ü ö 
Madali am blauen Nil. | Gindeberat. 
) 


BEX: Mudi Ulakara. 
4.X. Badattino. 

5. X. Gallan. BAER 

BR Kulneı Distriet Kollu. 
7. X. Kimo. 

8X. Dammsse, Adaberga. 
ar X. Falle. 


. X. Zwischen Falle und Antotto. 
15 xX.—14. XI. 1900. Adis Abeba. 


B. Zwischen Adis Abeba und Gardulla. 
(Gebiet des Hauasch und der südäthiopischen ee) 
15. XI. Am Akaki. 
16. XI. Tschalleba am Duköm. 
17. XI. Wombär am Sekwala Berg. 
18./19. XI. am Hauasch. 
20.—26. XI. Maki Fluss, Zuai See. 
27.—28. XI. Suksuk Fluss. 
29. XI. Alutu Berg. 
30. XI. Hora Schale. 
1. XII. Hora Korre (Langanna-See). 
2. XII. Auadi. 
3. XII. Alelu. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 


4. X. Abassi See Nord Ufer. 
5.—10. XII. = „ Süd Ufer. al 
11. X. Habela. i 
10 xt. Chabadino. ( Sidamo. 
13. X. Alate. | 
14. XI. Gerbitscha. ) 
15.—22. XIl. Abera, Djamdjam. 
23. XII. Koritscha, 
24. XIL. Gondoro in Uata Dera. 
25. XI. Gigiro. 
26.—29. XII. Gudji, und Ausflug nach der 
Insel Gididjo. 
30. XII.—2. I. Gallana le ae 1208. 
3.1. Elefanten Halbinsel 
A Nord Ufer des Gandjule Sees. 
5.—8. I. Ost Ufer „, E „ 
9. 1. Süd Ufer „ 5 os 


10. I. Gidole, Gardulla Berg. 
11.—15. I. Gardulla. 


C. Zwischen Gardulla und Gimirra (Omo Gebiet). 
16. I. Gardulla West Abhang. 
17.—19. I. Adoshebai Tal. 
20.—23. I. Male Land (Burssa und Schambala_ Fluss). 
24.—26. I. Uba. 
27.—29. 1. Senti Tal. 
30. 1.—8. II. Gofa. (Gadat u. Djala). 
9. II. (Alla) = 
10. II. Ergino Tal. 
11./12. II. Bolo Goschana in Doko. 
13. II. Gamfa (Grenze zwischen Malo und Doko). 
14.—17. II. Banka in Malo. 
18.—21. II. am Omo. 
22.—24. II. Alesa in Koscha. 
25. U. Schetie in Koscha. 
26./27. II. Dalba in Konta. 
28. II. Uma Fluss. 
1. III. Baka (Grenze von Kaffa). 
2. III. Dereta-Berge (Kaffa). 


2. Il. Buka m 2 
22* 


323 


324 0. Neumann: 


4. III. Wori. | 
5. III. Gamitscha’s Daf. 
6.24. 1II. Anderatscha. 
25. III. Diria od. Goba. 
26. II. Kankati. 

97. III. an Gibie Fluss. 
28. IIL--1. IV. Djiren. 
2. IV. Djakorssa. 

3. IV. am Godjeb. 

4. IV. Bonga. 

5.--9. IV. Anderatscha. 
10. IV. Detscha. 

11. IV. Schubba. 

12. IV. Schenna. 

13. IV. Tschukka. 
14.—18. IV. Budda in Gimirra. 


Kaffa. 


Djimma. 


Kaffa. 


mn Pi Gm un en 


D. Im Sobatquellen Gebiet und am weissen Nil. 
19. IV. Bako in Binescho. 


20./21. IV. Gadjin „, = 
22. IV. Detschabassa. ,, 


23.—29. IV.  Schecho. | 

30. IV.—8. V. Maschango. 

9. Gadjin Mündung. 

10./12. V. Pokodsch. Am Gelo. 
13. V. Uanji. 

14.—16. V. Jambo Land. 

17./18. V. Tata See. ) 

20. V. Atewat. 


21. V.—24. V. Gneum und Tädo am Akobo. 
25. V.—5 VI. Marsch am linken Akobo Ufer. 
6. VI. Ankunft am Pibor. 

7. VI. Übergang über den Akobo. 

8. VI. von Slatin Pascha gefunden. 

10. VI. Nasr. 

13. VL. Faschoda. 

14. VI. Kaka. 

15. VI. Goz abu Guma. 


16. VI. Chartum. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 325 


Systematische Liste der gesammelten und 
beobachteten Vögel. !) 
Struthionidae. 


(1.) Struthio molybdophanes Rehw.? 

Straussenspuren wurden von mir in der Steppe westlich des 
Suksukflusses und des Zuai Sees gefunden, und mir hier am 28. 
Dezember von den Galla ein aus 8 Eiern bestehendes anscheinend 
zusammengehöriges Gelege gebracht, welches frisch und unbe- 
brütet war. Die Structur der Schale zeigt, dass sie dem molyb- 
dophanes oder dem massaicus, aber nicht dem echten camelus 
angehören. — In den Steppengegenden am Akobo, Gelo und 
- Pibor gelang es mir hingegen nicht, Straussenspuren aufzufinden, 
wiewohl der Strauss, wohl der echte camelus, hier auch an ge- 
eigneten Stellen vorkommen mag. In Kaka, Goz abu Guma und 
Chartum sah ich überall angeblich aus Kordofan stammende junge 
Strausse auf den Stationen. 


Colymbidae. 
(2.) Colymbus fluviatilis capensis ([Lcht.] Salvad.) 
Der Zwergsteissfuss wurde nur auf einem ca. 1800 m hoch 
gelegenen kleinen Teich nahe Badattino (Provinz Gindeberat, 
Schoa) am 27. Okt. 1900 und auf dem Gandjule-See Anfang Januar 
1901 beobachtet. 
Laridae. 


3. Larus affinis Reich.? 


No. 318 3 juv. Iris braun, Schnabel schwarz, Fuss braun- 
rot. Hora Schale 30. XI. 1900. 

No. 317 © (etwas älter), Iris hellgrünlich. Schnabelbasis 
hellgrünlich. Mitte schwarz, äusserste Spitze hellgrünlich, Fuss 
gelblich grün. Hora Schale 30. XI. 1900. 

Das erste Stück ist in völligem Jugendgefieder, das zweite 
ältere, zeigt schon ein wenig die definitive Rückenfärbung, welche 
heller grau wie die von fuscus ist, sodass ich die Stücke zu af- 
finis stellen möchte. Ein genaues Bestimmen ist aber wegen des 
Jugendzustandes der Stücke nicht möglich. Zu bemerken wäre, 


1) Arten, von denen die gesammelten Bälge verloren gingen, oder 
die nicht gesammelt, aber mit Sicherheit beobachtet wurden, sind ein- 
geklammert nummeriert. 


326 O0. Neumann: 


dass im Innern Afrikas ausser fuscus noch keine der grösseren 
Mövenarten beobachtet wurde. Alle andern wurden stets nur an 
der Seeküste gesammelt. 


4. Larus cirrocephalus Mieill. 


No. 316. 2 Schnabel, Fuss korallrot. Hora Schale 30. XI. 00. 
Diese Art wurde ferner im Dezember und Januar auf dem 
Abaya See und dem Gandjule See beobachtet. 


+5. Hydrochelidon hybrida Pall. 
No. 319. gIris braun, Schnabel schwarz, Fuss braunrot. Hora 
Schale 30. XI. 00. 

Trauerseeschwalben sah ich ferner im Juni 1901 zahlreich 
auf dem Nil bei Chartum und südlich davon und in grossen 
Schwärmen zwischen Wadi Halfa und Assuan. Ich lasse es aber 
dahin gestellt, welcher Art dieselben angehörten. Jedenfalls brütet 
dieselbe dort. 

(6.) Rhynchops flavirostris Vieill. 


Mit Sicherheit wurde der Scherenschnabel nur im Februar 
1901 auf dem mittleren Omo zwischen Malo und Koscha beob- 
achtet, wo mehrere Exemplare in der Abenddämmerung niedrig 
in der Mitte des Flussbetts über die Wasserfläche strichen. 


Phalaerocoraeidae. 
7. Phalacrocorax lueidus lugubris Rüpp. 


No. 322 $ Iris mattgrün Hora Schale 1. XII. 1900. 

No. 320 © Iris grün ebendaher. 

No. 321 @ Iris mattgrün ebendaher. 

Die Exemplare haben etwas stärkeren Schnabel wie solche 
vom Victoria Nyansa und haben 320 — 325 mm Flügelläuge. 

Ferner beobachtet auf dem Hora Korre, dem Abaya-See 
und dem Gandjule-See. 


8. Phalacrocorax africanus (Gm.) 


No. 989 @ Iris rot, Schnabel oben olivenschwarzbraun, unten 
und Mundwinkel bräunlichgelb. Anderatscha in Kaffa 7. III. 1901. 

Ferner auf dem Hora Korre, dem Abaya-See und dem 
Gandjule-See beobachtet. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 327 


9. Anhinga rufa (Lacep. Daud.) 

No. 239 © iuv. Iris hell graugrün. Hauasch südlich des 
Sekwala Berges 18. VI. 1901. 

Ferner auf dem Gandjule-See, auf dem Godjeb und auf dem 
Gelo beobachtet. 

Pelecanidae. 
10. Pelecanus roseus Gm. 

No. 323 © Iris dunkelkirschrot. Hora Schale I. XII. 1900. 

No. 672 Q iuv. Iris braun. Uba (2800 m hoch!) 26. I. 1901. 

Das erste Stück ist ein altes ausgefärbtes ©. Es hat ca 
615 mm Flügellänge, 345 mm Schnabellänge. 

Es scheint mir, als ob diese Art nie so schönen roten Anflug 
bekäme, wie der echte onocrotalus. Bei dem erlegten Stück ist 
fast keine Spur mehr davon zu sehen. Es sieht jetzt fast rein 
weiss aus. 

Diese Pelekane waren sehr häufig auf dem nach ihnen be- 
nannten „Hora Schale“, „Hora“ = Salzsee, „Schale“ = Pelecan 
in der Gallasprache. 

Pelekane wurden ferner auf dem Abaya-See beobachtet. 

Das zweite Stück, ein junges in halb grauem Gefieder, er- 
legte ich an einer Stelle, wo ich es nie vermutet hätte. Es kam 
auf dem 2800 m hohen Bergrücken von Uba dicht an unser Lager 
geflogen und kam gleichsam hilfesuchend auf Jasselbe zu, so dass 
ich zuerst versuchte, es lebend zu fangen. Es hatte sich anscheinend 
auf dem Flug verirrt, denn das nächste grössere Gewässer, der 
Abaya-See, ist in Luftlinie ca 150 km entfernt. 


Anatidae. 
11. Anas undulata rüppelli Blyth. 

Anas undulata (partim) Salvad. Cat. B. M. XXVII p. 212. 
— Rchw. Vög. Afr. Ip. 113 — (ex Nordost Afrika). 

Anas rüppelli Blyth Journ. As. Soc. Beng XXIV. 1856 p. 265. 

No. 1061 3 Iris hellgraubraun. Djakorssa in Djimma 2. 
IV. 1901. 

No. 1062 @ Iris hellgraubraun. Ebendaher. 

Verglichen mit Exemplaren der echten Anas undulata undulata 
von Südafrika zeigt sich folgender bedeutende Unterschied. Der 
Flügelspiegel von Anas undulata undulata ist bei senkrecht auf- 
fallendem Lichte rein erzgrün und kann durch Drehen vom Licht 
ab ins Blaue gebracht werden. 


328 O0. Neumann: 


Der Flügelspiegel von Anas undulata rüppelli ist blaugrün 
und kann durch Drehen vom Licht ab ins Blaulila bis Reinlila ge- 
bracht werden. 


Zum Vergleich muss man natürlich die Exemplare in der 
gleichen Lage vor sich haben. Dann springt der Unterschied so- 
fort in die Augen. 

Ich habe in Summa etwa 20 Exemplare der Anas undulata 
undulata von Süd Afrika mit vielleicht ebensovielen Exemplaren 
der Anas undulata rüppelli von Nordost Afrika (Abyssinien, 
Schoa, Galla Länder, Süd Äthiopien) verglichen und zwar auf den 
Museen zu Berlin, London, Stuttgart und Frankfurt a. M. — die 
Südafrikaner speciell aus den Sammlungen von Krebs und Baron 
v. Ludwig, die Nordost-Afrikaner ausser aus meinen Sammlungen 
aus denen Rüppells und v. Heuglins. 


Ein zweiter Unterschied ist der, dass im allgemeinen die 
Unterseite der Süd Afrikaner viel heller — weisser — ist als 
die Nordost-Afrikaner. Auch ist die Schuppenzeichnung der Süd 
Afrikaner meist schöner und deutlicher als die der Nordost 
Afrikaner. 


Vögel vom Nyassa Land, Mosambique und dem südlichen 
Teil von Deutsch Ost Afrika (Iringa, Stierling Coll.) sind typische 
Anas undulata undulata. 


Auf dem Victoria Nyansa kommen Übergänge vor. Ein 
Exemplar von der Kagera Mündung und eins von Bukoba stimmen 
noch ganz mit Süd Afrikanern überein, dagegen hat ein Stück 
von Kwa Katsch (Kavirondo) leicht bläulichen Anflug des Flügel- 
spiegels, wenn auch nicht so stark wie räppell:. 


Auch ein Stück vom Naiwascha See (Fischer coll.) hat den 
Flügelspiegel blau angelaufen, das letztere derart, dass man es 
schon besser zu rüppelli stellt. 


‚Wenn auch Blyth nicht den Unterschied in der Färbung 
des Flügelspiegels zwischen undulata und räppelli angibt und 
rüppelli nur mit poecilorhyncha vergleicht, so glaube ich, doch 
besser den Namen rüppelli beibehalten zu sollen, anstatt der 
nordost-afrikanischen Form einen neuen Namen zu geben. Als 
Fundort für röppellö ist „Central Afrika“ angegeben. Doch stammt 
der Vogel aus den Rüppell’schen Dubletten, also wohl aus dem 
Innern Nordost-Afrikas. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 329 


12. Anas capensis Gm. 


No. 325 © Hora Schale 1. XII. 1900. 

Diese Ente scheint ausschliesslich auf Salzseen zu leben, 
und sich von den in diesen vorkommenden kleinen Crustaceen 
zu nähren. Ich habe sie weder in Nordost- noch in Ost-Afrika 
auf Süsswasser beobachtet. 


+13. Dendrocygna viduata (L.) 


No. a 2, a3 d,g Faschoda Ende Juni 1901. 
No.2a49 ebendaher. 
Ferner am Gelo und am Akobo beobachtet. 


14. Chenalopex aegyptiacus (L.) 


No. 1127 3 Budda in Gimirra 16. IV. 1901. 
Ferner am Abassi See, Abaya See, Gandjule See, Akobo 
Pibor, Sobat und weissem Nil beobachtet. 


15. Cyanochen cyanopterus (Rüpp.) 


No. 50 3 Iris braun. Goscho, (Provinz Mätscha, Schoa) 
20. IX. 1900. 

No. 51 @ ebendaher. 

An Bächen und Sümpfen der kalten Hochebenen, zwischen 
2500 und 3200m Höhe, wahrscheinlich noch höher hinauf gehend, 
in Pärchen oder kleinen Trupps. Im südlichen Äthiopien südlich 
des Hauasch Tals nicht angetroffen. 

Wird zur Zeit der Mauser von den Galla oft lebend gefangen 
und in Adis Abeba zu Markt gebracht. 


Charadriidae. 


16. Pluvianus aegypiius (L.) 


No. 119 © Iris braun, Fuss bleigrau. Madali am blauen Nil 
1. X. 1900. 

Ferner am mittleren Omo gesehen. 

Dieses ist einer der Vögel, die Antinori und Ragazzi während 
des Bestehens der italienischen Forschungs Station Let Marefia 
bei Ankober nicht sammelten. Sie dürfte demnach im Hauasch 
Gebiet fehlen. 


330 O0. Neumann: 


17. Rhinoptilus cinetus cinctus Heugl. 

No. 491 $ Iris braun. Gudji am Abaya See 26. XII. 1900. 

Das Exemplar hat sehr blasse Oberseite und gleicht voll- 
kommen einem von G. A. Fischer bei Massa gesammelten Stück. 
Ähnlich sieht das von Emin bei Ssamuje gesammelte Stück aus, 
welches jedoch (v. Rehw. Vög. Afr. I. p. 161) in der Färbung 
der zweit äussersten Schwanzfeder mit Rhinoptilus seebohmi 
übereinstimmt. 

Zwei von mir auf meiner ersten Reise bei Mkaramo am 
Pangani und in der Tarosteppe gesammelte Stücke sind viel 
röter gefärbt. 

Von diesen hat das Mkaramostück ein sehr helles erstes 
Kehlband, ähnlich wie es Heuglins Abbildung Ibis 1863 T. I zeigt. 
Die andern erwähnten Stücke haben es dunkler, doch keines hat 
es so dunkel wie die Abbildung des Seebohm’schen Exemplar’s 
aus Ovampoland (Seeb. Geogr. Distr. Charadr. T. XI). 

Ich glaube also, dass es wohl möglich ist, dass sich der süd- 
westafrikanische Rhinoptilus cinctus seebohmi durch dieses sehr 
dunkle Band vom östlichen und nordöstlichen Rhinoptilus cinctus 
cinctus unterscheiden Kann. 

Stücke aus Süd West Afrika fehlen mir jedoch zum Vergleich. 


18. Charadrius varius Vieill. 


No. 499 $ Iris braun. Insel Giditscho im Abaya See 27. 
XII. 1900. 

19. Stephanibyx melanopterus (Cretzschm.) 

No. 309, 310 22 Iris graugrün. Augenring korallrot. Hora 
Schale 30. XI. 1900. 

Lebt auf feuchten Wiesen und im Busch auf mittleren 
Höhen. Oberhalb 2500 m Höhe jedenfalls nie beobachtet. Ich 
habe ihn nie paarweise, sondern stets in grösseren Scharen 
angetroffen. 


20. Stephanbiyx coronatus (Bodd.) 
No. 236 3 Iris gelb. Hauasch südlich des Sekwala Berges 
18. XI. 1900. 
No. 555 © Gandjule See 9. I. 1901. 
Ferner am Zuai See, Hora Schale, Abaya See im Adoshebai 
Tal, am Akobo und am Gelo angetroffen. 
In trocknen Steppengegenden überall häufig. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 831 


21. Hoplopterus spinosus (L.) 
No. 237 3 Iris dunkelkarminrot. Hauasch südl. des Sekwala 


Berges 18. XI. 1900. 
No. 238 @ ebendaher. 


‚No. 510 3 Gudji am Abaya See 28. XII. 1900. 
No. 511 2 ebendaher. 


22. Tylibyx melanocephalus (Rüpp.) 

No. 199 3 Antotto (Schoa) 12. X. 1900. 

No. 200, 201 2.2 ebendaher. 

Dieser in allen Sammlungen noch sehr seltene Kibitz wurde 
mit Sicherheit nur dieses eine mal angetroffen, und zwar auf einer 
moorigen Hochwiese in ca 3000 m Höhe. Unterhalb 2500 m kommt 
er sicher nicht vor. Auf den Gebirgen des südlichen Äthiopiens 
südlich des Hauasch Tals nie angetroffen. 

Ich schoss die drei Exemplare aus einem grossen Volk von 
etwa 30—40 Stück. 


23. Lobivanellus senegallus (L.) 

No. 1055 g Iris gelbgrau, Schnabel und Schnabellappen 
dunkel citrongelb, Spitze des Oberschnabels schwarz; oberstes 
Viertel der Lappen dunkelziegelrot; Füsse hell gelbgrünlich. 
Djiren in Djimma 1. IV. 1901. 

No. 1056, 1057 229 ebendaher. 

No. 1223 $ am Gelo nahe dem Tata See 20. V. 1901. 

No. 1056 hatte halbreife Eier in der Legeröhre. 

Lebt sowohl im Tiefland wie in den Gebirgen, geht aber 
wohl nicht über 2500 m herauf. 

Auf den kalten Hochebenen nie beobachtet. 


24. Oedicnemus oedicnemus (L.) 

No. 295 $ Suksuk Fluss am Zuai See 27. XI. 1900. 

Das Exemplar steht in der Mitte zwischen dem europäischen 
oedienemus und senegalensis, da es das weisse Band über die 
kleineren Flügeldecken zwar zeigt, jedoch recht undeutlich. 

Vielleicht ist es ein Bastard zwischen senegalensis und einem 
nicht nach Europa zurückgekehrtem oedienemus. 


25. Oedicnemus senegalensis SW. 
No. 860 $ am mittleren Omo (Furt zwischen Malo und 
Koscha) 11. II. 1901. 


332 O0. Neumann: 


26. Oedicnemus capensis affinis Rüpp. 
No. 490 © Iris braun, Gudji am Abaya See 26. XIl. 1900. 


Scolopacidae. 


"27. Pavoncella pugnax (L.) 
No. 7 3 Menagascha bei Adis Abeba 15. IX. 1900. 


28. Totanus ochropus (L.) 


No. 183 © Iris braun, Schnabel olivengraugrün mit schwarzer 
Spitze, Füsse mattolivengrün. Adaberga in Schoa 8. X. 1900. 
No. 1065 9 Anderatscha in Kaffa, Ende März 1901. 


29. Tringoides hypoleucos (L.) 


No. 865 $ am mittleren Omo (Furt zwischen Malo und 
Koscha) 11. II. 1901. 
No. 1037 3 am Godjeb (zwischen Kaffa und Djimma) 25. 
III. 1901. 
30. Gallinago nigripennis Bp. 


No. 5 3 Menagascha bei Adis Abeba 15. IX. 1900. 

No. 6 3 ebendaher. 

Das erste Stück stimmt mit Exemplaren aus Deutsch Ost 
Afrika ziemlich gut überein. 

Es hat 130 mm Flügellänge und 73 mm Oberschnabellänge. 
Es hatte stark entwickelte Hoden, war also anscheinend in 
der Brutzeit. 

Das zweite Stück mit sehr kleinen Hoden ist oben anstatt 
der gelblich weissen mit stark zimmtbraunen Strichen gezeichnet, 
überhaupt stark rotbraun überlaufen. Es hat nur 125 mm Flügel- 
länge und 67 mm Oberschnabellänge. 


Otidae. 
31. Eupodotis kori Burch. 


No. 254 $ (mur Kopf und linker Flügel) Zuai See 20. 
XI. 1900. 

No. 516 & (nur Kopf, rechter Flügel und Schwanz) Gudji 
am Abaya See 29. XII. 1900. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 833 


Ein altes $ vom Händler Boissoneau, angeblich aus Süd 
Afrika des Berliner Museums hat viel stärkere schwarze Hals- 
binden als meine beiden Stücke. Ein autentisch durch v. d. 
Decken in Ost Afrika — wohl am Kilima-Ndscharo — gesammeltes 
© gleicht meinem © vollständig. 

Die Köpfe zweier Stücke — anscheinend alter Hähne, durch 
Lübbert im Damaraland gesammelt — zeigen die schwarze Hals- 
strichelung ebenso dünn wie meine Exemplare, haben aber beide 
zahlreiche hellgraue Federn in der schwarzen Kopfplatte. Zügel 
und Strich über den Augen sind bei beiden schwarz und weiss 
gesperbert, während sie bei meinen beiden Stücken rein weiss sind. 

Weiteres Material zum Vergleich fehlt mir leider. 

Ferner im Adoshebai Tal beobachtet. 


(32.) Lissotis melanogaster Rüpp. 


Wurde im November 1900 am Zuai See und im Januar 1901 
im Adoshebai Tal erlegt. Die Bälge verdarben aber. 


Gruidae. 


(33.) @rus grus L. 

Am 12. Oktober 1900 sah ich auf einer feuchten Moorwiese 
in ca 1300 m Höhe nahe der alten Hauptstadt Antotto einen 
Flug Kraniche, die unter lautem Grunzen Äsung suchten. Die 
Tiere waren aber ungemein scheu und liessen mich nicht annährend 
auf Schussweite herankommen. 


34. Balearica pavonina (L.). 


No. 1000 3 Iris weiss, Anderatscha in Kaffa 15. III. 1901. 
Dieses Stück unterscheidet sich von 4 Exemplaren von West 
Afrika des Berliner Museums, von denen eines aus Togo stammt, 
während die drei anderen ohne genaueren Fundort sind, durch 
die bräunlich schwarze, nicht schwarzgraue Färbung von Hals 
und Rücken, sowie den längeren und dünneren Schnabel. 
Schnabelhöhe beim Ansatz Länge der Mundspalte. 


der schwarzen Haubenfedern. 
Togo 26 mm 66 mm 


Anderatscha 23 mm 71 mm 
Auch die drei andern westafrikanischen Exemplare haben 
einen starken, kurzen conischen Schnabel wie das Togo-Stück. 


334 O0. Neumann: 


Exemplare aus den Nil Gegenden Nordost Afrikas sind gleichfalls 
den West Afrikanern gleich. Es muss daher bis zur Unter- 
suchung weiteren Materials aus dem Omogebiet dahingestellt 
bleiben, ob der lange Schnabel nur eine individuelle Abweichung, 
oder ob die Pfauenkraniche des Omo- und vielleicht auch des 
Hauasch und Wabbigebiets einer besonderen geographischen Form 
angehören. 


Jacanidae. 


35. Actophilus africanus (Gm.). 

No. 495 3 Insel Giditscho im Abaya See 27. XII. 1900. 

No. 496 3 juv. ebendaher. 

No.513g Gudji am AbayaSee gegenüber Giditscho 28. X11.1901. 

No. 507, 508 29 ebendaher. Letzteres Exemplar mit fertigem 
Ei in der Lwegeröhre. 

No. 1261 3 Anjuak Land am mittleren Akobo. 31. V. 1901. 

Ferner beobachtet am Zuai See, Langanna See und Gandjule 
See, dann in Sümpfen am oberen Gelo, am Akobo, Pibor, Sobat 
und am weissen Nil bei Faschoda und Kaka. Auf den schwimmenden 
Vegetationsmassen im Akobo und Pibor sassen häufig einzelne 
Stücke der afrikanischen Jacana, und liessen sich stromabwärts 
treiben. 


Rallidae. 


36. Kougetius rougeti (Gu£r.). 

No. 184, 185 $g Adaberga, Iris braunrot, Schnabel rosa, 
schwärzlich überlaufen, Adaberga in Schoa 9. X. 1900. 

No. 186 © juv. Iris hellbraun, Schnabel bräunlich, ebendaher. 

No. 192 3 Falle in Schoa 10. X. 1900. 

No. 430 3 Abera in Djamdjam 16. XII. 1900. 

No. 663 J Uba 25. I. 1901. 

No. 664, 665 @@ ebendaher. 

No. 747 $ Gadat in Gofa 2. II. 1901. 

No. 748 @ ebendaher. 

No. 1051 9 Djiren in Djimma 29. III. 1901. 

No. 1052, 1053 @ 9 ebendaher. 

No. 1058 € Djakorssa in Djimma 2. IV. 1901. 

In der Färbung der Geschlechter ist kein Unterschied. 
Jüngere Vögel haben etwas helleres Gefieder wie ältere Vögel, 
und hellbraune bis rotbraune Iris, während die der alten Vögel 


(Bo 5 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 335 


leuchtend braunrot ist. Die bekannte geographische Verbreitung 
der Art wird durch die Funde in Djamdjam, Djimma, Uba und 
Gofa bedeutend nach Süden ausgedehnt. 

Im allgemeinen lebt der Vogel (Jigi nendru, das „Huhn 
des Teufels‘‘ der Abyssinier) sehr versteckt, so dass es mir zuerst 
nie gelang, einen zu Gesicht zu bekommen. Nur mein abys- 
sinischer Vogelschütze, der den Liockruf kannte, erlegte sie, und 
zwar kurz nach Sonnenaufgang oder bei Sonnenuntergang. Sie 
leben am Rande der kleinen Bäche, die die oft eisigen Hoch- 
ebenen des schoanischen Plateaus und der südäthiopischen Ge- 
birge durchziehen in 2300 bis 3200 m Höhe. In Adis abeba 
selbst kommen sie an geeigneten Stellen an den die Stadt durch- 
ziehenden Armen des Akaki vor. 

Bei Tage liegen sie ganz ruhig und versteckt und scheinen 
erst bei Sonnenuntergang munter zu werden. 

Nur einmal fand ich eine Ausnahme von dieser Lebensweise 
bei ihnen. Es war am 2. April auf der Hochebene Djacorssa in 
Djimma nördlich des Godjeb Flusses. Ein feiner kalter Sprüh- 
regen fiel den ganzen Tag. Da sah ich sie an zahlreichen Stellen 
in Scharen von drei bis fünf nahe den kleinen Bächen auf den 
srünen moorigen Wiesen herumlaufen. 


37. Limnocorasx niger (Gm.). 


No. 512 $ Gudji am Abaya See 28. XII. 1900. 
No. 1050 3 Djiren in Djimma 29. III. 1901. 
Ferner am Gandjule See, am Akobo und am Pibor beobachtet. 


38. Porphyrio porphyrio (L.). 


No. 494 © Insel Giditscho im Abaya See 27. XII. 1900. 

No. 509 & Gudji am Abaya See 28. XII. 1900. 

Letzteres Stück hatte ein fertiges Ei in der Legeröhre. 
Den Somali war der Vogel als „Abu Kiss“ bekannt. 


Während sämtliche Exemplare einer schönen Serie des 
grossen Purpurhuhns auf dem Berliner Museum von Süd Afrika, 
Mosambique, Deutsch Ostafrika und Madagaskar den ganzen 
Vorderhals bis auf die Brust herab stark grün angelaufen haben, 
haben meine Exemplare nur den obersten Teil der Kehle blau- 
grün, während der Hals nach unten zu eine reiner blaue Farbe, 
ähnlich wie bei Porphyrio caeruleus annimmt. 


336 OÖ. Neumann: 


Mir fehlen leider andere Stücke aus Nordost Afrika oder 
Egypten zum Vergleich, doch ist es bemerkenswert, dass Dresser 
„Birds of Europe“ VII pl. 501 ein Stück von Fayoum abbildet, 
welches, wie meine, einen rein blauen, nicht blaugrünen Vorder- 
hals zeigt. 

39. Gallinula chloropus (L.) 
No. 492 $ Insel Giditscho im Abaya-See 27. XII. 1900. 
No. 493 @ Ebendaher. 


(40.) Fulica cristata Gm. 

Nur einmal auf einem kleinen Teich nahe Badattino in der 
Provirz Gindeberat in ca 2700 m Höhe gesehen. Auf den grösseren 
wärmeren Seen (Zuai-See, Abaya- und Gandjule-See) nicht be- 
obachtet. Sein Vorkommen entspricht also genau dem von mir 
in Deutsch- und Brittisch-Ost-Afrika festgestellten, wo es gleich- 
falls nur auf den kalten Teichen des Massai-Landes angetroffen 
wird, während es auf den warmen Gewässern der Küstenregion 
und auf dem Victoria Nyansa fehlt. Wirkliches Tropenklima 
scheint dieses Wasserhuhn nicht ertragen zu können. 


Pteroclidae. 
41. Pterocles quadricinetus Tem. 


No. 280 $ Augengegend wachsgelb. Schnabel orangerötlich. 

Das Exemplar gleicht im Grundton völlig zwei von Thierry 
in Sansanne Mangu (Hinterland von Togo) gesammelten 3g, hat 
aber den Hinterkopf hinter der weissen Binde so gut wie gar 
nicht schwarz gefleckt, hingegen ist die schwarze Bänderung auf 
Brust und Bauch viel stärker und breiter. Ein von Hemprich 
in Nordostafrika (also wohl weiter nördlich in Bogosland oder 
Sennar) gesammeltes Stück hat den Kopf bis ins Genick stark 
schwarz gefleckt, Brust und Bauch matter und schmaler schwarz 
gebändert und hat Vorder- und Hinterhals röter wie mein Exemplar 
und das erwähnte Togo-Stück. Leider ist diese Art auf dem 
Berliner Museum nur durch diese drei dd und noch zwei 29 
vertreten. 

Zufälligerweise ist das erwähnte Exemplar das einzige 
während meiner Expedition gesammelte Steppenhuhn. Gesehen 
wurden noch Steppenhühner (welcher Art angehörend?) in den 
Buschsteppen am Suksuk-Fluss, am Abaya-See, am Gandjule-See 
und im Adoschebai-Tal. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 337 


Ibidae. 
(42.) Ibis aethiopica (Lath.) 


Am Zuai-See, am Gandjule-See, am Akobo und am Pibor 
beobachtet. 


43. Hagedashia hagedash. (Lath.) 


No. 175 $ Iris weissgrau, Schnabel schwarz, First ziegel- 
rot, Lauf schwarz, Zehen schmutzigrot. Kimo in Schoa 8. X. 00. 

No. 176 © Lauf ganz oben schwarz, Schienen schmutzigrot 
wie die Zehen. — Ebendaher. 

No. 1197 @ Maschango-Land am Geio 30. IV. 1900. 

Im allgemeinen ein ausgesprochener Tieflandsvogel. Deshalb 
ist sein Vorkommen bei Kimo im Hochland von Schoa in ca. 
2900 m Höhe sehr erstaunlich. Das erlegte Paar hielt sich hier 
> etwas abseits einer grossen Schar der Bostrychia carunculata auf. 

Eine der Vogelarten, die Antinori und Ragazzi auf Let 
Marefia nicht gesammelt haben. Scheint daher im Hauasch-Gebiet 
zu fehlen. 


44. Bostrychia carunculata (Rüpp.). 


No. 34 5 Iris weiss. Tscherätschä, Provinz Meta, Schoa 
18. IX. 1901. 

No. 35 @ ebendaher. 

No. 38, 39 @Q ebendaher 19. IX. 1900. 

No. 40 juv. ebendaher. 

No. 456 3 Abera in Djamdjam 21. XII. 1900. 

No. 751 3 Gadat in Gofa 3. II. 1901. 

Wurde auch noch in Uba und in Doko beobachtet. 

Kein Unterschied besteht zwischen Stücken aus Schoa und 
solchen aus Süd Äthiopien. 

Ein ausgesprochener Hochgebirgsvogel, nie unter etwa 
2300 m Höhe herabgehend und noch in 3100 m Höhe beobachtet. 
Lebt hauptsächlich in den Bergwäldern in Scharen von 10—30 
Stück, geht auch oft auf die bebauten oder abgeernteten hohen 
Gerstenfelder, Viehweiden und Hochmoore Nahrung suchen. 


(45.) Platalea alba Scop. 


Im Mai am unteren Gelo nahe dem Tata See beobachtet, 
Journ, f, Orn. LII, Jahrg. Juli 1904, 23 


338 O0. Neumann: 


Cieoniidae. 
(46.) Tantalus ibis (L.). 
Scheint in Nordosten seltener als in Ost Afrika. Ich be- 


obachtete ihn mit Sicherheit nur an den Quellströmen des Sobat, 
dem Gelo, Akobo und dem Pibor. 


(47.) Anastomus lamelligerus Tem. 


In grossen Kolonien zusammen mit Ardea melanocephala 
in Sycomorenbeständen am unteren Akobo nahe dessen Einmün- 
dung in den Pibor. 

Hier anscheinend auch nistend. Doch gelang es mir gegen 
Ende Mai nicht, seine Eier zu finden, während Ardea melano- 
cephala sich in der Brutzeit befand. 


48. Leptoptilos crumenifer ([Cuv.] Less.) 


© Zuai See Nov. 1900. 

Ferner häufig gesehen und erlegt am Abaya See, Gandjule 
See, im Adoshebai Tal, am Gelo, Akobo und Pibor. 

Häufig an erlegtem Wilde. 


(49.) Ephippiorhynchus senegalensis (Shaw). 
Am Zuai See, Abaya See und am Gelo beobachtet. 


50. Abdimia abdimi (Lcht.). 
No. 661 $ Uba 25. I. 1900. 
No. 937 @ Schetie in Koscha 26. II. 1901. 
Nistet auf einzelstehenden hohen Bäumen. 


5l. Dissoura episcopus miecroscelis (6. R. Gr.). 
© Anderatscha in Kaffa April 1901. 


Phoenicopteridae. 
52. Phoenicopterus roseus L. 


No. 324 9 Iris hellpergamentgelb, Schnabel blassgelb, First 
rötlich, Spitzenhälfte schwarz, Lauf rosa. Hora Schale 1. XII. 1900. 

Nur einige wenige Exemplare des grossen Flamingos wurden 
auf dem Hora Schale unter Tausenden und Abertausenden der 
kleinen Art beobachtet. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 339 


53. Phoeniconaias minor (Geoffr.). 

No. 313 $ Hora Schale 30. XI. 1900. 

No. 314 @ ebendaher. 

No. 312 © juv. ebendaher. 

Zu Tausenden auf dem Hora Schale. 

Die Lebensweise des Phoeniconaias minor schildert Antinori 
sehr anschaulich Ann. Mus. Civ. Gen. 1884 p. 234—37. Dieselbe 
ist auch in die deutsche Übersetzung des Cecchi’schen Werkes 
über Süd Äthiopien (Brockhau’s Verlag) aufgenommen. 


Scopidae. 
54. Scopus umbretta Gm. 


No. 873 @ am Omo, Furt zwischen Malo und Koscha 20. II. 1901. 
Ferner am Hauasch, Abassi See und Gelo beobachtet. 


Ardeidae. 
55. Melanophoyx ardesiaca (Wagl.). 


No. 487 © Insel Giditscho im Abaya See 27. XII. 1900. 
No. 498 © juv. ebendaher. 


56. Ardeola ralloides (Scop.). 

No. 1250 Tädo am Akobo 27. V. 1901. 

Ferner am Zuai See, Abaya See, Gandjule See und Pibor 
beobachtet. 

57. Ardea goliath Cretzschm. 

Am Maki (Zuai See) 20. XI. 1900. 

Es ist dieses jedenfalls der echte gokath, der aus Nordost 
Afrika beschrieben ist. Nach dem mir vorliegenden Material 
scheinen ostafrikanische Vögel bedeutend dunkleren Hals und 
auch dunklere Kopfplatte zu haben als Nordost Afrikaner. Ein 
Vergleich grösserer Serien des Riesenreihers auf verschiedene 
geographische Formen scheint mir keine undankbare Aufgabe. 

Ferner beobachtet am Hora Schale, Langanna See, Abaya 
und Gandjule See. Dann am Gelo, Akobo und Sobat. Ist im 
Nordosten entschieden häufiger als in Deutsch Ost Afrika, wo 
ich s. Z. den Vogel nur selten traf. 

Im salzigen Hora Schale sah ich eine grosse Menge dieser 
Vögel stehen, trotzdem dieser See anscheinend keine Fische be- 
herberst. 

23* 


340 OÖ. Neumann: 


58. Ardea purpurea L. 
No. 1108 3 semiad. Budda in Gimirra 15. IV. 1901. 
Ein noch nicht ausgefärbtes Stück mit noch roter Kopf- 
platte. Ferner am Gelo und Akobo beobachtet. 


59. Ardea melanocephala Vig. Child. 
No. 777 © Bolo goschana in Doko 11. II. 1901. 
No. 1001 2 Anderatscha in Kaffa 15. III. 1901. 
No. 1107 @ Budda in Gimirra 15. IV. 1901. 
g am unteren Akobo 29. V. 1901. 
DO ebendaher. 
Vereinzelt auch am Zuai See, Abaya See, Gandjule See 
. angetroffen. 

In den Tagen vom 28. bis 31. Mai marschierte ich am unteren 
Akobo entlang durch riesige Grassteppen, in welchen sich un- 
weit des Flusses vereinzelte Sycomoren Gruppen erhoben. Die 
meisten derselben beherbergten Kolonien des Schwarzkopfreihers. 
Und zwar waren entweder nur wenige Kuhreiher in ihrer Ge- 
sellschaft oder sie waren in gleicher Anzahl mit KRlaffschnäbeln, 
Anastomus lamelligerus, vorhanden. Doch konnte ich keine Nester 
der letztgenannten Art finden. Die Nester des Schwarzkopfreihers 
gleichen ganz denen unseres Fischreihers und enthielten 2—4 Eier. 


(60.) Bubulcus ibis L. 
Der Kuhreiher wurde am Zuai See, Abaya See, Gandjule 
See, in Kaffa, Djimma, am Gelo, Akobo, Pibor, Sobat und weissen 
Nil häufig beobachtet. 


61. Herodias alba (L.). e 
No. 563 $ Füsse schwarz, Schnabel gelb. Gandjule See 


10. I. 1901. 
Ferner am Zuai See, Abaya See, Akobo und Pibor beobachtet. 


Columbidae. 
62. Vinago waalia (Gm.) 

No. 113 $ Iris: Aussenring rosa, Innenring helllila, Wachs- 
haut dunkellilarosa, Schnabel perlgrau, Füsse orangegelb, Zehen 
perlgrau. Abuje, Provinz Gindeberat, Schoa. 29. IX. 1900. 

No. 270, 271 55 Zuai-See 23. XII. 1900. 

No. 272 @ ebendaher. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 341 


No. 558 © Gidole in Gardulla 10. I. 1902. Auf dem 
Nest erlegt. Dasselbe enthielt ein frisches Ei. 

Alle genannten Exemplare haben den grauen Kopf und Hals 
ziemlich stark olivengrün verwaschen — am meisten zeigt dieses _ 
das Stück von Abuje — und haben die Oberseite sehr saftig 
selbgrün, ohne grauen Anflug. Die Aussensäume der Schwingen 
und grossen Deckfedern sind deutlich blassgelb gesäumt, Mitte 
von Brust und Bauch ist leuchtend goldgelb. Die Hosenbefiederung 
ist zum grossen Teil hellgelb.» Dieses dürfte dem Vorkommen 
nach die echte Columba waalia sein. 

Ihre verticale Verbreitung ist sehr bedeutend. Sie kommt 
von den Tälern an bis zu ca 2800 m Höhe vor. Ihr Vorkommen 
scheint an das des Feigenbaums gebunden, von dessen Früchten 
sie sich hauptsächlich nährt. Ganz besonders häufig war sie in 
den Hainen am Nordufer des Zuai-Sees. 


63. Vinago waalia cinereiceps nov. subsp. 


No. 1216 $ Am mittleren Gelo, unweit des Tata-Sees im 
Jamboland 17. V. 1901. 


Dieses Exemplar unterscheidet sich von den erwähnten 
Stücken der echten Vinago waalia in folgenden Punkten. Kopf 
und Hals sind rein aschgrau, fast ohne jeden grünen Ton. Die 
Oberseite ist nicht saftig gelbgrün, sondern olivengrün, aschgrau 
verwaschen. Die Aussensäume der Schwingen und grossen Deck- 
federn sind gelblich weiss. Der Bauch ist heller gelb, wie bei 
der echten waalia. Die Hosenbefiederung zeigt nur wenig gelbe 
Federn, ist vielmehr fast weiss. 

Diese Form dürfte die echte waalia im Tiefland des Sudan 
vertreten. 

Exemplare von Togo zeigen im allgemeinen die Kennzeichen 
von cinereiceps, insbesondere haben sie sämtlich — wie auch ein 
anderes Stück des Berliner Museums von Westafrika ohne nähere 
Bezeichnung, sowie zwei sehr alte ausgestopfte Stücke vom Senegal 
— den grauen Anflug der Oberseite und eine etwas hellere gelbe 
Farbe auf der Unterseite. Doch scheint es mir möglich, dass 
dieselben vielleicht von der Sudanform noch abgetrennt werden 
können. Immerhin stehen sie derselben näher wie der echten 
waalia von Abyssinien. Leider fehlen mir Stücke von Süd-Arabien 
und Sokotra zum Vergleich. 


342 O0. Neumann: 


64. Vinago nudirostris calva (Tem.) 


No. 959 $ Am Uma-Fluss bei Baka in Konta 1. III. 1901. 
No. 1048 3 Djiren in Djimma 28. III. 1901. 


Beide Exemplare hatten stark geschwollene Hoden, dürften 
sich also in der Fortpflanzungsperiode befunden haben. Das 
Vorkommen in den Ländern am oberen und mittleren Omo dehnt 
die Verbreitung der Art bedeutend nach Nordosten aus. Sie 
war bisher aus Nordostafrika überhaupt noch nicht nachgewiesen. 


Meine beiden Exemplare nun sind sehr dunkel, haben sehr 
undeutlichen, kaum bemerkbaren grauen Kragen und stimmen 
am besten mit einigen Stücken von der Ostgrenze Kameruns, 
sowie solchen von Tschintschoscho überein. 


In Bezug auf Vinago nudirostris und calva habe ich meine 
J. f. ©. 1898 p. 295 geäusserten Ansichten nach genauerer Unter-. 
suchung weiteren Materials sehr geändert. Meine jetzigen An- 
sichten stimmen weder mit den von Sharpe Ibis 1902 p. 98/99 
geäusserten, noch mit den von Reichenow „Vögel Afrikas I 
p- 396/397“ und Ornithol. Monatsber. 1902 p. 45 geäusserten 
überein. 

Zunächst scheint es mir jetzt ganz zweifellos, dass die Form 
von Ostafrika den Namen Vinago salvadorii Dubois tragen muss. 
Swainsons Beschreibung von nudirostris ist sehr mangelhaft. 
Es lässt sich aus ihr absolut nicht folgern, dass er die ost- 
afrikanische Form beschreibt. Ein angeblich von Bullock am 
Senegal gesammelter Vogel des Berliner Museums stimmt gar 
nicht mit östlichen Vögeln überein. Insbesondere hat er so gut 
wie gar keinen grauen Kragen. Er ist im allgemeinen heller 
wie Stücke von Kamerun, Loango, Niam Niam und meine süd- 
äthiopischen Stücke. Ich betrachte jedoch den Fundort dieses 
Stückes vorläufig als nicht ganz sicher feststehend. 

In Bezug auf calva und »pytiriopsis hat Reichenow recht, 
beide können nicht getrennt werden. Die Form von Ober-Guinea 
mit hellem Kopf und deutlichem grauen Kragen ist sicher von 
der von Nieder-Guinea verschieden und ist somit nicht calva. 

Zweifelhaft erscheint es mir jedoch, ob Vinago nudirostris 
von Vinago calva sharpei Rehw. zu unterscheiden ist. Swainsons 
Beschreibung von Vinago nudirostris passt sehr gut auf die 
von Reichenow von Togo beschriebene Form, und ich möchte 
daher den Namen nudirositris auf diese angewendet haben, bis 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 343 


etwa neues Material vom Senegal kommt, auf welches die 
Swainson’sche Beschreibung noch besser passt und welches von 
den Vögeln von Togo und vom Niger verschieden sich erweisst. 

Eine discontinuirliche Verbreitung — Vinago nudirostris am 
Senegal und dann in Deutsch- und Brittisch-Ostafrika — 
dazwischen aber zwei andere Formen, Vinago calva in Kamerun, 
Niam Niam und in Süd-Äthiopien und Vinago calva sharpei in 
ÖOber-Guinea (Togo, Nigeria) — kann mit modernen Anschauungen 
von Zoogeographie nicht in Einklang gebracht werden. 

Ausgeschlossen erscheint mir nicht, dass man später noch 
weitere geographische Formen der Vinago nudirostris wird auf- 
stellen können. 

Vorläufig nehme ich an: 

1. Vinago nudirostris calva Tem. Sehr düster grün, kein 
gelber Ton auf Kopf und Unterseite, grauer Kragen sehr un- 
deutlich. Nacktheit der Stirn stets sehr stark entwickelt. Von 
Nord-Angola durch das Kongogebiet und Kamerun bis zum Vic- 
toria Nyansa, nach Niam Niam und Süd Äthiopien. 

2. Vinago nudirostris nudirostris Swains. Rücken düster. 
Kopf und Unterseite etwas heller wie bei der vorigen Form. 
Deutlicher reingrauer Kragen. Nacktheit der Stirn meist we- 
niger entwickelt wie bei der vorigen Form. Ober - Guinea. 
Vom Senegal bis nach Togo und Nigeria. 

3. Vinago nudirostris salvadorii Dubois. Rücken viel heller 
wie bei calva und nudirostris. Kopf und Unterseite stark gelb 
verwachsen. Grauer Kragen sehr deutlich. Nacktheit der Stirn 
geringer entwickelt wie bei calva. Deutsch- und Brittisch- Ost- 
afrika bis zum Victoria Nyansa, im Süden über den Sambesi 
nach Deutsch-Süd-West-Afrika, Mossamedes und Benguela. 

Zu bemerken ist, dass in den Gegenden am Victoria Nyansa 
bis zum Ruwensori sowohl typische calva wie typische nudirostris, 
dann auch solche Exemplare vorkommen die die Merkmale beider 
miteinander vereinen. Teils gibt es Stücke, die sehr gelb sind, 
und deutlichen grauen Kragen, dazu aber eine riesige Schnabel- 
nacktheit haben (Bukoba, Emin coll.), teils solche, die hell sind, 
aber kaum eine Spur von grauem Kragen zeigen (Ruwenzori, 
_ Jackson coll.) siehe Ibis 1902 p. 98. 

Zu bemerken ist ferner, dass Exemplare der calva von Nord- 
Angola fast durchweg heller sind als solche von der Loango- 
Küste, Kamerun, Niam Niam und Süd Äthiopien und diese wohl 


344 0. Neumann: 


als intermediäre Stücke zwischen calva und salvadori zu be- 
trachten sind. 


65. Columba albitorques Rüpp. 


N0.155, 156 3g Iris rötlich lila, Aussenring blasslila, Schnabel 
schwarz, Wachshaut weiss, Augenlid grau, Fuss dunkelrosa. 
Kollu in Schoa 6. IX. 1900. 

No. 157 @ ebendaher. 

No. 1046 3 Djiren in Djimma 27. III. 1901. 

No. 1049 @ ebendaher 29. III. 1901. 

Die drei ersten Exemplare sind schön ausgefärbt und dunkel. 
Die beiden Stücke von Djimma befinden sich in der Mauser. 
Der Rücken ist mit vielen alten, schmutzig braunen Federn ge- 
mischt. Die Federn am Halskragen meist alt, braun und abge- 
nutzt. Dazwischen einige frische spitze Federn. Doch waren die 
Hoden des 3 schon stark entwickelt. 

War das bekannte Verbreitungsgebiet dieser Taube durch 
Donaldon Smith’s Auffinden derselben in Djinir weit nach Süd- 
osten ausgedehnt, so wird es durch das Vorkommen in Djimma 
nach Südwest erweitert. 

Die abyssinische Halsbandtaube lebt in grossen Scharen, 
oft bis zu vielen Hunderten zählend auf den abyssinischen und 
südäthiopischen Bergen und zwar in Höhen zwischen 2000 und 
etwa 3200 m. Meist bevölkert sie abgebaute Gerstenfelder. In 
den tieferen Flusstälern habe ich sie nie beobachtet. 


66. Columba qguwinea L. 


No. 106 © Iris gelblichweiss, Augenring dunkelweinrot, Fuss 
blass fleischfarben. Nistete auf einem Baum, hatte ein Dunen- 
junges im Nest. 

Nahe Abuje, Provinz Gindeberat, Schoa 28. IX. 1900. 

No. 143 3 Badattino, Provinz Gindeberat, Schoa 4. X. 1900. 

No. 240 g Iris gelblich mit rotem Aussenring. Nistend in 
Löchern der Lava Wände des Fluss Ufers. Am Hauasch südlich 
des Sekuala Berges. 18. XI. 1900. 


No. 852 @ mittlerer Omo, Furt zwischen Malo und Koscha 


18. II. 1901. 

No. 1041 & Gibbe in Djimma 26. III. 1901. 

Reichenow trennt die ostafrikanische Guineataube von der 
des Westens und Nordostens als Columba guinea longipennis 


Vögel von Schoa und Süd Athiopien. 345 


und gibt als Kennzeichen dunkleres Grau von Bürzel und Unter- 
körper und längere Flügel, 220 —235 mm bei longipennis gegen 
210—220 mm bei der typischen ywinea, an. 

Was den Ton des Grau anbelangt, so gebe ich zu, dass 
die Togo Exemplare allerdings diese Farbe um ein geringes 
heller zeigen, als solche aus Ostafrika, was jedoch nur bei sehr 
klarem Licht bemerkbar. An Flügellängen messe ich an dem 
Material des Berliner Museums. 

A. West-Afrika. 

1. ? Senegal ? 214 mm; 2. © Kirikiri (Togo) 211 mm; 
3. d Kirikiri (Togo) 227 mm; 4. ? Togo 225 mm; 5. ? Mangu 
(Togo) 219 mm. 

B. Ost-Afrika. 

1. ? (Nai, Nord Ugogo) 226 mm; 2. juv. (Nai Nord Ugogo) 
226 mm; 3. 3 Irangi 222 mm; 4. © Nyansagebiet 233 mm; 
5. d Tabora 231 mm; 6. ZJ Koko (Ugogo) 234 mm. 

Was nun meine nordöstlichen Exemplare anbelangt, so haben 
sie folgende Masse: 

Aus dem Gebiet des blauen Nil: 

© Abuje 237 mm, 

g Badattino 234 mm. 

Aus dem Gebiet des Hauasch: 

& 240 mm. 

Ferner eine von Baron v. Erlanger dem Museum überlassene 
Dublette $ vom Akaki 235 mm. 

Aus dem Gebiet des Omo: 

ga Djimma 242 mm. 

Somit sind nordostafrikanische Exemplare sogar noch grösser 
wie ostafrikanische, der Färbung des Grau nach stehen sie jedoch 
den westlichen näher. 

Ich halte jedoch die Trennung überhaupt bei den grossen 
individuellen Differenzen der Flügellängen in ein und derselben 
Gegend für ungeeignet. 

Was nun Uolumba guinea uhehensis anbelangt, so halte ich 
dieselbe für eine intermediäre Form (constante Bastardform ?) 
zwischen Columba guinea guinea und Oolumba guinea phaeonota. 
Die unteren Teile sind so dunkel, wie bei phaeonota, nicht dunkler 
wie bei dunkleren Exemplaren der letzteren. Die Färbung des 
Bürzels steht genau zwischen der der typischen gwinea und der 
der guinea phaeonota in der Mitte. Der Fundort Uhehe liegt 


346 OÖ. Neumann: 


zwischen deuen der typischen guwinea oder longipennis und denen 
der gusinea phaeonota in der Mitte. Vom Sambese, Rhodesia und 
Mosambique scheint weder guinea noch phaeonota bisher nach- 
gewiesen ZU Sein. 

Das ganz verschiedene Nisten der Guineataube, teils auf 
Bäumen, teils in Felshöhlen, ist sehr bemerkenswert. 


67. Columba arquatris Tem. Kmp. 


No. 354 J Iris grünlich grau, Schnabel, Wachshaut, Fuss 
wachsgelb. Abassi See 5. XII. 1900. 

No. 969 $ Buka Berge in Kaffa 3. III. 1901. 

No. 970 © ebendaher 4. III. 1901. 

No. 1093 9 Schenna, West Kaffa 13. IV. 1901. 

No. 1105 @ Budda in Gimirra 14. IV. 1901. 

Diese nordöstlichen Exemplare haben alle einen etwas 
schlankeren, dünneren Schnabel wie Stücke vom Capland. Stücke 
von Deutsch Ost-Afrika haben jedoch teils einen dünnen, teils 
einen stärkeren Schnabel. Mir erscheint daher auch eine sub- 
specifische Abtrennung noch nicht für geraten. 

Diese Taube wurde in allen Bergwaldungen des von mir 
durchreisten Gebietes angetroffen, oft in Flügen von 50—100 Stück. 

Sie lebt in Höhen von 2000—3000 m. 


68. Turtur senegalensis (L.). 

No. 125 9 Madali am blauen Nil, Provinz Gindeberat, Schoa 
1. X. 1900. 

No. 130 3 ebendaher 2. X. 1900. 

Nur diese zwei Stücke gesammelt, aber oft beobachtet. 
Das Material des Berliner Museums genügt nicht, um die Unter- 
schiede der geographischen Formen dieser Art näher zu studieren. 
Constant verschieden ist jedenfalls die nordafrikanische grosse 
Form, Turtur senegalensis aegyptiaca (Lath.).. Doch scheint es 
mir, als könnte man noch eine ganze Anzahl unterscheiden. 
Exemplare vom Massailand (Irangi, Nguruman) haben z. B. den 
Unterrücken, Bürzel und Oberschwanzdecken stets sehr schön 
und rein grau. 


69. Turtur Tugens (Rüpp.). 


No. 67 2 Iris orangerot, Augenring lilaweinrot, Fuss dunkel 
lilarot. An der oberen Gorra, Provinz Gindeberat, Schoa 23. 1X. 1900. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 347 


No. 789 oberer Bussijo, Provinz Gindeberat, Schoa 25. 1X. 1900. 

No. 108, 109 $3 District Auato, Provinz Gindeberat, Schoa 
28. 1X. 1900. 

No. 735 © Iris orangegelb. Gadat in Gofa 1. IL. 1901. 

Letzteres Exemplar hatte ein legereifes Ei in der Röhre. 
Jüngere Vögel haben einen mehr erdbraunen, ältere einen mehr 
schwarzen Ton. Bei manchen Exemplaren, bei alten sowohl wie 
‚bei jungen, sind die schwarzen Flecken an den Halsseiten durch 
eine undeutlich schwarze Binde miteinander verbunden, so dass 
ein durchgehendes schwarzes Nackenband entsteht. 

Kommt sowohl in den Tälern wie auf den Bergen vor, etwa 
zwischen 1500 und 2800 m Höhe. 


70. Turtur semitorquatus (Rüpp.). 


No. 339 $ Alelu nördlich des Abassi Sees 3. XII. 1900. 

No. 847 3 mittlerer Omo, Malo-Koscha Furt 18. II. 1901. 

No. 848 © ebendaher. | 

No. 936 5 Schetie in Koscha 25. IL 1901. 

No. 1207 © Iris braun mit orangerotem Aussenring, Augen- 
ring rotlila, Schnabel schwärzlich. Am Gelo, Ostgrenze des Jambo 
Landes 10. V. 1901. 

Wurde besonders im Omogebiet häufig angetroffen. Liebt 
ziemlich ausgesprochen Wälder in der Nähe von Flüssen und 
geht nicht hoch in die Berge hinauf. Über 2400 m nie ange- 
troffen. In Schoa nicht gesammelt, doch wohl nur zufälliger- 
weise. Doch kann sie in Schoa sicher nicht so häufig wie lugens 
und schoanus sein. 

Ich glaube, dass man beim Vergleich grösserer Serien ver- 
schiedene geographische Formen absondern kann, worauf ich schon 
J. 0. 1898 p. 290 hingewiesen. Meine südäthiopischen Exemplare 
gleichen sich alle sehr untereinander, haben im Vergleich zu 
Exemplaren von Deutsch Ost-Afrika und Togo einen sehr dunklen 
Rücken und deutliche zimmt- bis weinrote Färbung über dem 
schwarzen Nackenband. 


71. Turtur vinaceus schoanus Neum. 


Turtur vinaceus schoanus Neum. O. M. 1904 S. 81. 
N0.68 3 Iris braun, Augenring sehr schmal weisslich, Fuss 
lilarot. An der oberen Gorra, Provinz Gindeberat 23. IX. 1900. 


348 O. Neumann: 


No. 79, 80 Jg am oberen Bussijo, Gindeberat, Schoa 
25.11X. 1900. 

No. 81 © ebendaher. 

No. 1220 @ am Gelo, nahe dem Tata See 19. V. 1901. 

Diese neue Subspecies, Typus No. 79, unterscheidet sich 
von der westafrikanischen Turiur vinaceus vinaceus durch folgende 
Punkte. 

Der Rücken ist bei der Form von Schoa dunkler braun 
mit aschgrauem Anfluge, bei der von West-Afrika heller braun 
mit rötlichem Anfluge Das Grau der Flügeldecken und der 
Unterflügeldecken ist bei schoanus viel düsterer als bei der 
westlichen Form. Die schoanische Form ist grösser und hat 152 
—155 mm Flügellänge gegen 135—142 der westlichen Form. 

Zum Vergleich mit den 4 Sücken von Gindeberat — das 
vom Gelo will ich ausnehmen — liegen mir 6 westafrikanische 
vor, nämlich 1 von Ussher am Volta gesammeltes und 5 von 
Baumann und Klose in Batja, Ahingro und Kete Kratchi in Togo 
gesammelte Stücke. Diese sind in verschiedenen Monaten ge- 
sammelt, zeigen aber alle den Unterschied in der Färbung, so 
dass von Saison-Kleidern nicht die Rede sein kann. 

Zu besprechen bleibt die Nomenklaturfrage Turtur vina- ' 
ceus ist stets auf westafrikanische Stücke bezogen worden. 
Ebenso ist Grays Turtur albwentris auf ein Stück von West- 
Afrika begründet, s. Salvadori Cat. Birds XXI p. 428 Anmerkung. 
Streptopelia barbaru Antinori bezieht sich nun auf nordöstliche 
Vögel, aber auf solche aus dem Steppengebiet Kordofan-Sennaar, 
nicht auf schoanischen Hochlandsvögel. 

Antinori vergleicht seine barbaru garnicht mit vinaceus, 
sondern nur mit Turtur semitorguatus und nennt die Färbung 
des Rückens „ombra olivastre‘“, umber olivenfarben, was mehr 
auf die Togo Vögel, als auf die Schoa Vögel passt. Somit ist 
es nötig, der schoanischen Form einen neuen Namen zu geben. 

Das Stück vom Gelo No. 1220 ist etwas weniger grau ober- 
seits und rötlicher unterseits wie die 4 Schoa Exemplare, hat 
auch nur 142 mm Flügellänge. Es steht etwas zwischen vinaceus 
vinaceus und vinaceus schoanus in der Mitte. 

Turtur vinaceus schoanus wurde nur im Gebiet des Nil- 
systems gefunden und zwar nur in den Flusstälern der Provinz 
Gindeberat. Antinori und Ragazzi sammelten sie nicht, da die- 
frühere Forschungsstation Let Marefia im Hauasch Gebiet liegt. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 349 


Auch an den Seeen des südlichen Äthiopien scheint sie zu fehlen, 
da weder Pease, noch Harrison sie sammelten. Nur Lord Lovat 
fand sie bei Tschlea, also gleichfalls im Gebiet des blauen Nil. 


72. Aplopelia larvata bronzina (Rüpp.). 


No. 801 $ Banka in Malo 14. II. 1901. 
No. 833 3 ebendaher 16. II. 1901. 


Nur diese zwei Exemplare wurden gesammelt, doch dürfte 
sie auch an andern Stellen des durchzogenen Gebiets in den 
dichten Bergwäldern vorkommen. Sie ist aber sehr scheu und 
selten zu erblicken. 


Aplopelia larvata bronzina unterscheidet sich von Aplopelia 
larvata larvata vom Cap durch geringere Grösse, viel dunklere 
Oberseite, rein weissen Vorderkopf und stärkeren grünen Glanz 
im Nacken. 

Reichenow zieht, Vögel Afrikas I p. 420, johnstoni und kıli- 
mensis zu larvata. Ich halte johnstoni für eine sehr gute geo- 
sraphische Form und glaube, dass sich die Frage bezüglich kil- 
mensis erst nach Vergleich mit weiterem Material vom Kilima- 
Ndscharo entscheiden lässt, das ebenso fehlt wie solches von 
Turturoena harterti, welche Reichenow 1. c. p. 417 mit, wie ich 
glaube, noch viel weniger Grund zu Zuriuroena delegorguei zieht. 


173. Tympanistria tympanistria (Tem.). 


No. 1015 & Iris braun, Fuss dunkellilarot. Anderatscha 
in Kaffa 17. III. 1901. 


74. Chalcopelia afra (L.) subsp.? 


No. 849 $ Banka in Malo am mittleren Omo 18. I. 1901. 

No. 1192 3 juv. Gurafarda Berge am Gelo 6. V. 1901. 

Ich möchte es hier aus Mangel an mehr Material unter- 
lassen, auf die geographischen Formen der Chalcopelia afra ein- 
zugehen. Das erste Stück hat deutlich gelben Schnabel, ist also 
sicher nicht delicatula Sharpe, scheint aber auch nicht abyssinica 
Sharpe zu sein. Das junge Stück könnte, da es schwärzlichen 
Schnabel hat, und auch seinem Fundort nach delicatula Sharpe sein. 


350 Ö. Neumann: 


75. Vena capensis (L.). 
No. b. 1 3 Kaka am weissen Nil. Ende Juni 1901. 


Phasianidae. 


76. Numida ptilorhyncha macroceras Erl. 
77. Numida ptilorhyncha omoensis nov. subsp. 


77a. Numida ptiülorhyncha major Hartl. 


Diese drei Formen werden im Anhang besprochen werden. 


78. Pternistes leucoscepus infuscatus Cab. 


No. 484 $ Gudjiam Abaya-See 26. XII. 1900, 
No. 485, 486 22 ebendaher. 


Diese drei Stücke müssen der Färbung nach, sowohl der 
Ober- wie der Unterseite, zu infuscatus gezogen werden. Typische 
leucoscepus kommen überhaupt nur in Nordabyssinien vor (Bogos- 
land und Umgegend von Massaua). Zwei Dubletten der von 
Erlanger’schen Ausbeute aus dem Süd-Somalilande auf dem Berl. 
Mus., von Reichenow als leucoscepus bestimmt, sind intermediär 
und gleichen einem von Fischer wahrscheinlich im südl. Galla- 
Land oder an der Süd-Somali-Küste gesammelten Stück. Vielleicht 
wird es angebracht sein, für die Form des Süd-Somali-Landes 
einen neuen Namen zu schaffen, da sie gerade in der Mitte 
zwischen typischen leucoscepus und infuscatus stehen. Was ich 
J. f. O. 1898 p. 302 über die dunklere Färbung der mehr südlichen 
Stücke gesagt habe, scheint nicht ganz zuzutrefien. Ein Stück 
von Emin in Ugogo gesammelt ist oberseits sehr blass. Die 
dunkelsten Stücke sind v. d. Deckens am Djipe-See gesammelte 
‘Typen und das von mir bei Mkaramo am Pangani gesammeltes 
Stück. Es scheint also, als ob Exemplare, die in der Nähe grös- 
serer Gewässer leben, immer etwas dunkler sind, als solche aus 
sanz trocknen Steppengebieten. 

Dieses Nacktkehlige Frankolin wurde ferner von mir am 
Zuai-See, am Gandjule-See und im Aboshebai-Tal beobachtet 
und erlegt. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 351 


79. Francolinus schütti schütti Cab. 
Francolinus teiraoninus (nec. Blund. Lovat) Og. Grant. 
Ibis 1901 p. 698 — Neum. J. f. O. 1902 p. 132. 
No. 379 © Iris braun. Rafıssa am Abassi-See 10. XII. 00. 


Das Exemplar unterscheidet sich von Stücken aus Bukoba, 
Angola und vom Kilima-Ndscharo nur durch etwas hellere braune 
Kopfplatte und stärkere schwarze Vermiculierung auf Handschwin- 
gen und Unterrücken, und neigt hierin zu dem Typus des Fran- 
colinus tetraoninus, welches eine das schütti im Gebiet des blauen 
Nil vertretende Form ist, und somit als Francolinus schütti tetra- 
oninus zu bezeichnen ist. Das von Grant als ieiraoninus be- 
stimmte, von Pease am Zuai-See erbeutete Exemplar gehört zu 
schütti, nicht zu tetraoninus, falls es sich nicht später heraus- 
stellen sollte, dass die Vögel des südäthiopischen Seengebiets 
(Zuai- und Abassi-See) als intermediäre Form abzutrennen sind. 

Schon J. f. O. 1898 p. 304 habe ich auf die eigentümlich 
weite Verbreitung dieses Francolinshingewiesen. Das Verbreitungs- 
gebiet wird durch das Auffinden der Art am Abassi- und am 
Zuai-See nun noch bedeutend erweitert. 

Zwischen Vögeln von Angola, Bukoba, Uganda, Mau, Kikuyu 
und Kilima-Ndscharo besteht nicht der geringste Unterschied, 
wovon ich mich dieses Jahr in London durch Untersuchung einer 
sehr grossen Serie aus diesen Gegenden, in Summa 18 Exem- 
plare, überzeugte. 

Francolinus schütti lebt sehr versteckt im dunkeln Urwald. 


80. Francolinus erckeli Rüpp. 


No. 92 $ semi ad. Badattino, Provinz Gindeberat, Schoa 
27. IX. 1900. 

No. 100 5 Abuje, Provinz Gindeberat, Schoa 28. IX. 1900. 

No. 128 3 Iris brau ebendaher 2. X. 1900. 

No. 165 © Iris braun, Fuss dunkelwachsgelb. Kilbe, Provinz 
Meta, Schoa 7. X. 1900. 

No. 187 3 Adaberga, Schoa 9. X. 1900. 

Diese schoanischen Exemplare scheinen sich in nichts von 
solchen aus dem centralen und nördlichen Abyssinien zu unter- 
scheiden. Dieses Francolin bewohnt das ganze eigentliche abys- 
sinisch-schoanische Bergplateau, geht aber über das Hauasch-Tal 


352 | Ö. Neumann: 


weder nach Osten noch nach Süden herüber, kommt also in 
Süd-Äthiopien (Gebiet der Seen-Kette, des Omo und der Sobat- 
Quellen) und auf dem Harar-Hauasch Bergzug (Quellengebiet des 
Webbi-Shebelli) nicht vor, sondern wird hier von Francolinus 
castaneicollis Salvad. und Francolinus botiegi Salvad. vertreten. 
Francolinus erckeli lebt in Höhen von 2000—3200 m, geht nie 
in die grossen Täler herab, liebt aber besonders buschige oder 
mit Gestrüpp bestandene steinige Hänge. Früh morgens und 
abends munter und daher nicht schwer zu erlegen. 


81. Francolinus castaneicollis bottegi Salvad. 


Francolinus castaneicollis (nec. Salvad.) Neum. O.f. O. 1902 
p: 132, 133. 

Francolinus bottegi Salvad. Ann. Mus. Genova 1897 p. 652. 
Rchw. Vög. Afr. IL. p.472 T. — Neum. J. f. O0. 1902 p. 132, 133. 


No. 378 $ Rafıssa am Abassi-See 10. XII. 1900. 

No. 386 9 ebendort 11. XII. 1900. 

No. 387 3 (iuv?) ebendort 11. XII. 1900. 

No. 388 © Rafıssa, Aufstieg nach Habela 11. XII. 1900. 
No. 423 9 Abera in Djamdjam 15. XII. 1900. 

No. 436 3 (iuv?) ebendort 17. XII. 1900. 

No. 438 © ebendort 18. XII. 1900. 

No. 579 © (iuv?) Gardulla 12. 1. 1901. 

No. 592 $ ebendort 14. I. 1901. 


Francolinus bottegi ist nicht wie ich früher dachte, identisch 
mit Francolinus castaneicollis, sondern eine leicht erkennbare 
geographische Form dieser Art. 


Francolinus castaneicollis castaneicollis, welches von Tschert- 
scher beschrieben wurde und den ganzen Bergrücken zwischen dem 
Hauasch und Harar sowie das östliche Arrussi Galla-Land be- 
wohnt, hat die Aussensäume aller Federn des Oberrückens breit 
castanienrotbraun, so dass ein stark rotbrauner Ton der ganzen 
Oberseite vorherrscht. Francolinus castaneicollis botlegi, von 
Badittu im Süd-Osten des Gandjule-Sees beschrieben, bewohnt 
die Bergwälder an der Ostseite der Seen-Kette zwischen Abassi- 
und Gandjule-See, Sidamo, Djamdjam, Badittu, und vermutlich 
auch die der Westseite, da es von mir in Gardulla an der Südwest- 
Ecke des Gandjule-Sees gefunden wurde. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 358 


Diese Form hat die Federn des Rückens ohne rote Seiten- 
säume. Nur an den Körperseiten treten einige auf, so dass bis 
auf das rötlichgelbe Genick die Oberseite schwarz gezeichnet 
erscheint. 

Wahrscheinlich werden diese Formen ineinander übergehen. 
Stücke vom Abassi-See haben noch etwas mehr rot am Rücken 
wie solche von Djamdjam und Gardulla. 

Es wäre zu zeitraubend, bei der sehr verschiedenen und 
complicierten Zeichnung alle Exemplare zu besprechen. 
| Bei den alten Hähnen tritt auf der Unterseite die schwarz- 
weisse Streifung sehr zurück und die blassrotgelbe Färbung auf 
der Brust stark hervor. 

Bei einer anscheinend sehr alten Henne von Abera, No. 438, 
abgebildet Rchw. Vögel Afrikas 4. Hlbb., ist das rotgelbbraun auf 
einen kleinen Teil des Vorhalses beschränkt, während die Körper- und 
Bauchseiten deutlich lanzettförmige schwarzweisse Zeichnung auf- 
weisen. Auchaufder Oberbrust hates schöne schwarzweisse Zeichnung 
und gar kein dunkelkastanienrotbraun an den Körperseiten. 

Jüngere Hennen wie jüngere Hähne ähneln, was die Zeich- 
nung der Unterseite anbelangt, sehr dem Ibis 1890 Pl. XI. abge- 
bildeten Typus von caszaneicollis, einer recht jungen Henne. 

Francolinus bottegi und seine Verwandten castaneicollis und go- 
fanus sind die Bergfrancoline dessüdlichen und östlichen Äthiopiens, 
südlich und östlich der Hauasch-Ebene, während sie nördlich der- 

selben im eigentlichen Abyssinien und Schoa Francolinus erckeli 
_ vertritt. Francolinus erckeli und die castaneicollis Gruppe haben 


völlig die gleiche Lebensweise. Weiter südlich dürfte jacksoni 


von den Bergen des Massai-Landes hierher gehören. 

Diese grossen Francoline meiden die heissen Ebenen, kommen 
aber gelegentlich in die Täler der Flüsse und in Schluchten herab. 
Gewöhnlich leben sie jedoch hoch oben an den buschigen Ab- 
hängen der höchsten Plateaus, auch in Feldern der Galla an 
der Grenze von Bambuswäldern, in der Nähe von Felsen so- 
wohl wie auf flacheren Bergwiesen. Zwischen 2000 und 3200 m 
Höhe angetroffen. 


82. Francolinus castaneicollis gofanus nov. subsp. 
No. 721 3 Gadat in Gofa 31. I. 01. 
No. 722 2 pull. (ca 3 Wochen alt) ebendort 31. I. 01. 


No. 723 Q ” ” ” „ 79 ” 2] 79 2) 
Journ, f, Om, LII, Jahrg. Juli 1904. 24 


a 


354 OÖ. Neumann: 


No. 762 3 (Typus der Subspecies) ebendort 8. II. 01. 

No. 763 © iuv. in ea 

No. 764 @ iuv. in Le 

No. 767 $ Ala in Gofa 9. Il. 01. 

No. 768 Q ” 99 er 39 9) ” 

No. 784 pull. (2?) (ca 1 Woche alt) Bola Goschana in Doko 
11. II. 1901. 

No. 1040 & Kankati in Djimma 26. II. 01. 

Diese Form ist nur gering von botiegi unterschieden. Der 
Hauptunterschied besteht darin, dass auch der ganz alte Hahn 
keine schwarze Stirn hat, während bei castaneicollis und botiegi 
schon jüngere Hähne und auch zum Teil alte Hennen deutlich 
schwarze Stirn haben. Bei alten Hähnen dieser beiden Formen ist 
dieselbe besonders deutlich. Ferner hat gofanus die braune Färbung 
aufOberbrust und im Genick dunkler — mehr rotbraun — wie botiegi. 
Die Oberseite zieht etwas mehr ins bräunliche, und ist nicht ganz 
so schön schwarz-weiss gezeichnet wie bei botteg:. 

Die alte Henne von Djimma hat im Gegensatz zu der oben 
erwähnten Henne von botiegi viel und kräftiges Rotbraun auf der 
Oberbrust und an den Körperseiten und hier so gut wie gar us 
schwarz-weisse Zeichnung. 


Auch die Oberseite ist ohne jede schwarz-weisse Zeichnung 
— mehr rebhuhnbraun. 
Vielleicht gehört dieser Vogel noch einer anderen geographi- 


schen Form an. Ein hierher gehöriges Francolin, welches sehr 
rotbraun war, wurde mir ferner von Eingeborenen in Schekho 
am oberen Gelo gebracht, aber leider von mir, da die Flügel 
abgeschnitten waren, nicht gekauft, da ich hoffte, später noch 
bessere Stücke zu erhalten. Die Frage der verschiedenen 
Formen des castanescollis ist noch weit davon entfernt gelöst zu 
sein. Vermutlich gehören auch die von Lort Phillips in den Golis 
Bergen im Nord-Somaliland gesammelten Vögel einer noch un- 
beschriebenen Form an. 


Von den beiden Exemplaren von Gardulla, die ich unter 
bottege anführte, ist der Hahn übrigens, da er das Braun der 
Kehle dunkler hat als Djamdjam-Exemplare und auch weniger 
schwarz an der Stirn zeigt, intermediär zwischen botiegi und 
gofanus, während man von der jungen Henne nichts sagen kann. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 355 


83. Prancolinus nigrosquamatus Neum. 


Francolinus nigrosguamatus Neum. Orn. Monatsb. 1902 p. 8. 


No. 893 2 Iris braun, nackte Augengegend, Nasenlöcher, 
Schnabelbasis, Fuss im Leben lebhaft korallrot, übriger Schnabel 
dunkel hornfarben. Am mittleren Omo, Furt zwischen Malo und 
Koscha 21. IL. 1901. 


Ich wiederhole nochmals die Ursprungsbeschreibung: Form 
der Federn der Unterseite spitz schuppenförmig, ähnlich der von 
sharpii doch sind die Federn rein schwarz mit rein weissen Aussen- 
säumen. Gegen den Bauch zu werden die Aussensäume nicht 
so breit wie bei sharpii, so dass der Bauch dunkler ist wie bei 
dieser Art. Die Schuppenfedern greifen um das Genick herum 
und sind auch auf Oberhals und dem Oberrücken deutlich. Sonst 
ist die Oberseite der von scierorhynchus ähnlich, aber viel dunkler. 
Alle Federn sind in der Nähe des Schaftes braunschwarz. 


Durch die gänzlich abweichend gefärbte Oberseite also von 
clappertoni und sharpü, durch das Fehlen der eigentümlichen 
Zeichnung der Unterbrust von öcterorhynchus, durch rein weisse 
und nicht gelbliche Aussensäume der Federn der Unterseite so- 
wohl von dieser Art wie von gedgss unterschieden. Auch keine 
Spur von braun oder rotbraun an den Körperseiten. Oberkopf 
und Genick braunschwarz, viel dunkler als bei allen erwähnten 
Arten. Flügel ca 140 mm. Ferner sind die Innenfahnen der 
Schwingen mattschwarz mit wenig bräunlicher Vermiculierung, 
während dieselben bei sharpii mattschwarz mit hellrötlichbraun 
Querbändern und teilweise ebensolchen Längsbinden, bei öcieror- 
hynchus mit vermiculationsähnlicher feiner Zickzackzeichnung, bei 
clappertoni und gedgis in der Hauptsache einfarbig matt isabellfarben 
sind. Der Umstand dass das einzige Exemplar nicht ganz alt ist, 
ändert nichts an der Güte der Art, denn Stücke von F. sharpwi 
in demselben Alter gleichen in der Farbenanordnung völlig 
alten Vögeln. 


84. Francolinus sharpii Grant. 


No. 2782 Iris braun, Fuss ziegelrot, braun überlaufen, nackter 
Zügel und Augengegend korallrot, Schnabel hornbraun. Zuai- 
See 24. XI. 00. 

No. 279 @ ebendaher. 

No. 291 3 Zuai-See 26. XI. 00. 

24* 


356 O0. Neumanii: 


Ich finde keine Unterschiede zwischen meinen Vögeln und 
solchen aus Nord-Abessinien (Salamona, Schrader coll., Waliko, 
Jesse coll.). 

Ein Vogel des Tieflands. Häufig im dürren Akazienbusch. 
An den Ufern des Zuai-Sees zusammen mit Francolinus granti. 


(85.) Francolinus gutturalis spilolaemus 6. R. Gr. 


Dieses Berg-Francolin, welches an den roten Flügeln leicht 
zu erkennen, wurde auf dem schoanischen Plateau bei Falle 
öfters beobachtet, doch gelang es mir leider nie, ein Stück zu 
erlegen, da angeschossene stets über die Abhänge in die Schluchten 
flogen und verloren gingen. In den Gebirgen Süd-Äthiopiens 
habe ich es nie angetroffen. Es scheint also eine der Formen 
zu sein, die das Hauasch-Tal nicht nach Süden hin überschreiten. 

Dieses Frankolin vertritt das nord- und central-abyssinische 
gutturalis im eigentlichen Schoa. Ich betrachte es als Subspecies 
des gutturalis, da einige guituralis - Exemplare des Londoner 
Museums, von Blanford in Tigre gesammelt, schon einige schwarze 
Flecken innerhalb des eigentlichen Punktbandes im Kehlfleck 
aufweisen, und ich es für wahrscheinlich halte, dass Stücke aus 
Godjam und den Gegenden um den Tana-See intermediär zwischen 
gutturalis und spilolaemus sein werden. 

Jedenfalls ersetzen sich die beiden Formen geographisch, 
und haben im allgemeinen den gleichen Färbungscharakter. 

Ferner möchte ich hierbei bemerken, dass das einzige auf 
dem Berl. Mus. befindliche Exemplar von Francolinus gutturalis, 
von Jesse bei Bejuk gesammelt, als 5 bezeichnet, — vielleicht aber 
nicht ganz alt — recht abweichend von der Rüppell’schen Abbildung 
gezeichet ist. Es hat den Bauch hell weisslich mit schwarzen 
Lanzettstrichen, kein rostrot am Bauch und keine schwarzen 
Herzflecke. 


86. Francolinus sephaena schoensis Heugl. 

F’rancolis schoensis Heugl. Peterm. Geogr. Mitt. 1869 p. 415. — 
Francolinus schoanus Heugl. N. O. Afr. II. 1873 p. 891. — Salvad. 
Ann. Mus. Genova 1884 p. 210, 272. — Francolinus granti nec. 
Hartl. Og. Grant. Ibis 1900 p. 334. — Ibis 1901 p. 299 (partim 
No. c, d). 

No. 292 © Zuai See 26. XI. 1900. 

No. 298 $ Suksuk-Fluss 27. XI. 1900. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 357 


No. 297, 299 9, J semiad. ebendaher. 
No. 300 @& ebendaher. 
No. 380 5 Rafıssa am Abassi See 10. XII. 1900. 


Francolinus schoensis, welches von Salvadori, Reichenow und 
_ neueren englischen Autoren zu Francolinus granti gezogen wird)» 
unterscheidet sich subspecifisch gut von demselben, und ist wie 
letzteres nur Subspecies von Francolinus sephaena. 


Francolinus sephaena sephaeno, von Süd Afrika hat die drei- 
eckigen Kropfflecke sehr weit über die Brust ausgedehnt und 
kaum bemerkbare weisse Schaftstriche auf den Körperseiten. 
Flügellänge 160—170 mm. 

Francolinus sephaena granti und Francolinus sephaend 
schoensis haben die dreieckigen Kropfflecke auf den Hals und 
den obersten Teil der Brust beschränkt und deutlichere weisse 
Schaftstriche auf den Körperseiten. Der Unterschied zwischen 
beiden ist folgender: 


Francolinus sephaena granti ist sehr stark rotbraun über- 
laufen, besonders auf dem Rücken und dem Schwanz. Die drei- 
eckigen Kropfflecken und die Strichelung der Kopfseiten sind 
‚hellrotbraun. Die Kopfplatte ist bräunlich. Flügellänge 130— 
138 mm. Heimat: Deutsch und Englisch Ost Afrika. 


Francolinus sephaena schoensis ist viel dunkler. Oberseits 
fast ohne rotbraun. Schwanz ohne rotbraun -— braunschwarz. 
Strichelung der Kopfseiten und dreieckige Kropffleckung dunkler 
— dunkel kastanienbraun. Kopfplatte dunkler — braunschwarz. 
Flügellänge 148—157 mm. Heimat: Schoa und Süd Äthiopien 
(Hauasch Gebiet, Zuai-, Abassi- und Abaya See). 


Ich habe keine Exemplare vom Somali Land zum Vergleich, 
muss es also offen lassen, ob die Vögel des Somali Landes zu 
schoensis gehören. 

Wo die Grenze zwischen grants und schoensis liegt, ist mir 
auch derzeit unbekannt. Ein von mir auf meiner ersten Reise 
in der Taro Steppe, zwischen Kilimandscharo und Mombassa ge- 
sammeltes $ ist sehr dunkel, hat 145 mm Flügellänge und kann 
eher zu schoensis wie zu granti gezogen werden. 

Desgleichen muss ich die Frage offen lassen, wohin Franco- 
linus ochrogaster Hartl. gehört. Zwei Exemplare s. n. Franco- 
linus granti, von Emin Pascha bei Massimba südlich des Victoria 
Nyansa gesammelt, 3 ad. und 9, sind sehr stark rot auf der Ober- 


358 O0. Neumann: 


seite, viel stärker wie die andern grantı vom Massai Land, 
Taita, Irangi, Usegua, Tabora u. s. w. und haben blass ocker- 
gelbe Brust und Bauch und blass ockerfarbene Unterschwanz- 
decken. Es ist möglich, dass dieses Francolinus ochrogaster ist, 
welches zuerst vom weissen Nil beschrieben wurde. 

Francolinus kirki ist, wie ich schon J. O. 1898 p. 303 
erwähnt habe und hier nochmals betonen möchte, meiner 
Meinung nach nichts anderes als eine individuelle Varietät von 
Francolinus sephaena granti. Ebenso scheint mir Francolinus 
spilogaster dieselbe Varietät von Francolinus sephaena schoensis 
zu sein, doch bin ich hier meiner Sache nicht ganz so sicher. 


Nachschrift. 

So weit hatte ich geschrieben, als ich in diesem Sommer 
(1903) die Serie von grant; und „kirki“ auf dem Londoner 
Museum untersuchte. Hierbei ergab sich, dass die Stücke von den 
Seen Süd-Schoas alle in Colorit und Grössen Verhältnissen völlig 
den meinen gleichen. Die Stücke aus dem Somali-Land scheinen, 
so weit ich sehen kann, von den südäthiopischen verschieden ge- 
färbt. Wahrscheinlich muss das Francolinus granti des Somali 
Landes als neue Form des sephaena Formen-Kreises beschrieben 
werden müssen. 

Was nun die Exemplare aus der Umgegend von Harar an- 
belangt, so zeigt es sich, dass sie alle sehr gross sind, im all- 
gemeinen grösser wie schoensis, und eine starke Neigung zur 
„kirki“ Färbung haben, sodass das Frankolin der Harar Berge 
als Francolinus sephaena spilogaster Salvad. unterschieden 
werden muss. 

Salvadoris Typus von „spilogaster“ zeigt die „kirki“ Färbung 
und hat 170 mm Flügellänge. Er ist bei Harar gesammelt. 


Vulturidae. 


87. Lophogyps oceipitalis (Burch.) 

No. 212 3 Adis Abeba 21. X. 1900. 

Der Wollkopfgeier geht sehr hoch ins Gebirge hinauf, 
kommt aber auch in den heissen Steppen vor. Er ist in Nordost 
Afrika entschieden häufiger wie in Ost Afrika. Wurde in Schoa 
und im Südäthiopischen Gebiet fast überall angetroffen. In der 
östlichen Sudan Ebene am Akobo und Gelo wurde er nicht mit 
Sicherheit beobachtet. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 359 


(88.) Gyps rüppelli Bp. 

Überall im Gebirge sowohl wie in der Steppe. Daneben 
wurden einigemale grosse hell weissliche Geier beobachtet, die 
von weitem wie Gyps kolbv aussehen. Nach v. Erlanger J. ©. 
1904 p. 146 sollen das ganz alte rüppelli sein. 


(89.) Pseudogyps africanus (Salvad.) 
Überall, aber in den Steppen noch häufiger wie im Gebirge. 


(90.) Neophron perenopterus (L.) 
In Nordost Afrika weit häufiger als in Ost Afrika. Aber 
nur da vorkommend wo Felsen in der Nähe sind. In der Sudan 
Ebene nicht mit Sicherheit beobachtet. 


(91.) Neophron monachus (Tem.) 
Überall, aber auf den hohen Bergen nur vereinzelt vor- 
kommend. In den Steppen und in mittleren Höhenlagen 
überall gemein. 


Falconidae. 
92. Polyboroides typicus A. Sm. 


No. 166 2 Iris braun, Wachshaut, Augengegend blassgelb, 
Füsse wachsgelb. Kimo in Meta (Schoa) 7. X. 1900. Magen- 
inhalt: Nestjunge von Turtur spec. 

No. 1014 © Iris braun, nackte Kopfseiten rosenrot, an den 
Augen gelb durchscheinend, an den Nasenlöchern und am Schnabel- 
rand in lila übergehend, Fuss dunkelwachsgelb. Anderatscha 
in Kaffa 17. III. 1901. 

Meist in dichteren Waldpartieen zu finden. Scheint sich 
hauptsächlich, wie schon meine Erfahrungen in Ost-Afrika zeigten, 
vom Nestplündern zu nähren. 


93. Circus macrourus (Gm.) 


No. 953 g Iris chromgelb, Wachshaut, Fuss wachsgelb. Uma- 
Fluss in Konta 28. II. 1901. 


94. Circus cyaneus (L.) 


No. 258 © juv. Iris hellgelb, Zuai See 20. XI. 1900. Im 
Kropf eine Ratte. 


360 O0. Neumann: 


Weihen waren im November auf den dürren, zum Teil ab- 
gebrannten Steppen am Zuai See sehr häufig. 


95. Melierasc metabates (Heugl.) 


No. 642 3 Iris braun, Wachshaut, Fuss grenadinrot. Barssa- 
Tal östlich von Uba 23. I. 1901. 

No. 641 © Iris braun, Wachshaut, Fuss rosenrot. ebendaher. 

Nicht selten im Akazienbusch gesehen. 


96. Astur unduliventer Rüpp. 


No. 18 3 Iris orangegelb. Zwischen Ejere und Tscherätschä, 
Provinz Meta (Schoa) 17. IX. 1900. 

No. 104 3 Abuje, Gindeberat (Schoa) 28. IX. 1900. 

No. 336 3 Iris orangegelb. Zwischen Auadi und Alelu 
nördlich vom Abassi See 3. XII. 1900. 

Diese Art ist die kleinste der Zachiro-Gruppe. Das g ist 
kaum grösser wie das von Astur sphenurus. Die Oberseite ist 
einfarbig schieferschwarz. Der Färbung der Unterseite nach hat 
die Art am meisten noch Ähnlichkeit mit Astur castanilius, doch 
ist die Färbung der Unterseite viel schärfer und dadurch leicht 
unterscheidbar, dass das Rotbraun vom Weiss durch einen grauen 
Saum getrennt wird. Ich untersuchte die typischen Exemplare 
Rüppell’s im Senkenbergi’schen Museum zu Frankfurt a. M. und 
fand sie mit meinen völlig übereinstimmend. Das von Reichenow 
„Vögel Afrikas“ p. 553 als fraglich hierher gezogene @ von Bukoba 
gehört nicht hierher, was aus dem ganz anderen Färbungs- 
character des Vogels hervorgeht, sondern gehört der von mir als 
Astur tachiro nyansae O. M. B. 1902 p. 138/139 beschriebenen 
Art an. 2 

Astur unduliventer ist ein Vogel der höchsten Bergwälder, 
der in Höhen zwischen 2000 und 3200 m lebt. In den Tälern 
kommt er nie vor, sondern wird hier durch Astur sphenurus 
ersetzt. 


97. Astur sphenurus (Rüpp.) 


No. 582 Z juv. Iris orangegelb Gardulla 13. I. 1901. 

No. 643 2 ? Barssa Tal östlich von Uba 23. I. 1901. 

No. 701 $ Iris braun ?, Wachshaut, Füsse dunkelwachsgelb 
Senti-Tal 29. I. 1901. 

No. 702 © Iris orangerot ebendaher. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 361 


No. 870 3 Iris orangegelb, am Omo (Malo-Koscha-Furt) 
20. 1I. 1901. 

No. 935 © Schetie in Koscha 25. II. 1901. 

Das 2 ist etwas grösser als das d und hat etwas breitere 
bräunliche Binden auf der Unterseite. Die Oberseite hat beim 
Q stets einen etwas schmutzig bräunlichen Ton, während das 
hier rein dunkel schiefergrau ist. Diese Unterschiede treten be- 
sonders bei dem augenscheinlich in der Brutzeit befindlichen 
Paar vom Senti Tal No. 701 und 702 sehr schön hervor. 


98. Accipiter rufiventris perspicillaris Rüpp. 


No. 171 3 Iris dunkelgelb, Füsse orangegelb, Augenlid 
blassgelb. Schnabel bläulich, Spitze hornschwarz. Kilbe, Provinz 
Kollu (Schoa) 7. X. 1900. 

No. 172 3 ebendaher. 

Diese Art wurde bisher stets mit der südafrikanischen Art 
Accipiter rufiventris vereint, unterscheidet sich aber durch etwas 
geringere Grösse, dunklere, fast schieferschwarze SD 
und viel tiefer gesättigte zimmtbraune Unterseite. 

Fehlt anscheinend auf den Gebirgen südlich des Hauasch. 
Auch auf den zwischen Äthiopien und Süd-Afrika liegenden 
Bergen und Gebirgen (Kenia, Kilima-Ndscharo, Nyassa-Hochland) 
kommt keine Form von rufiventris vor. 

Lebt in anscheinend sehr grossen Höhen. Der Fundort 
Kilbe liegt ca. 2800 m hoch. Im Tale wurde die Art nie gesehen. 


99, Circaetus cinereus MVieill. 


No. 918 3 Iris leuchtend-chromgelb, Wachshaut blassbläulich, 
Fuss weiss. Alesa in Koscha 23. II. 1901. 
Im Magen: 1 Chamäleon gracilis und eine Schlange. 


100. Circaetus pectoralis A. Sm. 


No. 285 © Iris tief chromgelb. Zuai See 24. XI. 1900. 

No. 286 Dunenjunges Iris hellgrünlichgrau ebendaher. 

Der Horst befand sich in der Busch-Steppe im Wipfel einer 
niedrigen Schirm-Akazie, nur ca. 3 m über dem Erdboden. Am 
19. November hatte ich nördlich vom Zuai See einen ebenso an- 
gelegten Horst gefunden, der ein weisses Ei enthielt, das aber 
schon stark angebrütet war und leider zerbrach. 


362 O0. Neumann: 


101. Circaetus cinerascens v. Müll. 
No. 874 2 Iris weissgelb, am Omo (Malo-Koscha-Furt) 
20. II. 1901. 
Nur ein Pärchen am Ufer des Omo gesehen, von dem das g 
leider entkam. 
102. Hieraetus wahlbergi (Sund.) 
No. 917 © Iris braun, Fuss, Wachshaut hellwachsgelb. 
Alesa in Koscha 23. II. 1901. 
Dieser Zwerg-Adler scheint in Nordost-Afrika ‘bedeutend 
seltener zu sein wie in Ost-Afrika. Ich habe ihn nur dieses eine 
mal gesehen. 


103. Lophoaetus oceipitalis (Daud.) 

No. 64 S Iris braun oder gelb, Aveve (Kollu, Provinz Schoa) 
22. IX. 1900. 

No. 75 & Iris dunkelgelb, am Bussijo (Schoa) 24. IX. 1900. 

No. 710 $ Senti Tal zwischen Uba und Gofa 30. I. 1901. 

Liebt den Urwald oder einzelne Bäume nahe den Wald- 
rändern. Oft sieht man die einzelnen Vögel auf Baumstumpfen 
in der Nähe von Gewässern sitzen und gellende Schreie ausstossen, 
worauf dann in der Ferne ein anderer antwortet. 


104. Aguila rapax albicans Rüpp. 
No. 24 $ Iris bräunlich marmoriert. Tscherätschä (Schoa) 
18. IX. 1900. 
No. 213 Z Iris sehr licht kaffebraun. Adis Abeba 21. X. 00. 
No. 216 2 Iris leicht kaffebraun. Adis Abeba 25. X. 00. 
In Abysssinien, besonders in Schoa sehr häufig und gemein, 
viel häufiger wie in Ost-Afrika. Er ist stets mit Geiern und Corvul- 
fur crassirostris am Lager zu sehen, und späht nach Abfällen. Auch 
am südlichen und westlichen Teil meiner Reiseroute sah ich 
ihn seltener. 
105. Buteo augur Rüpp. 


I. Form mit weisser Unterseite. 


la mit rotem Schwanz. 
No. 8 © Iris braun. Menagascha bei Adis Abeba 15. IX. 1900. 
No. 9 © ebendaher. 
No. 224. Adis Abeba 30 X. 00. 
No. 739 & Iris braun, Gadat in Gofa 1. II. 1901. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 363 


Ib mit gebändertem Schwanz. 
No. 361 © juv. Iris braun, Abassi See 6. XII. 00. 
Dieses Exemplar zeigt einige grosse schwarze Tropfenflecke 
auf Kehle und Unterbrust. 


II. Form mit schwarzer Unterseite. 


1la mit rotem Schwanz. 


No. 455 g Abera in Djamdjam 21. XII. 1900. Mageninhalt: 
Eine Maus und eine Eidechse (Lygosoma). 

No. 527 3 Galana-Fluss am Abaya See 30. XII. 1900. 

No. 745 $& Gadat in Gofa 2. II. 1901. 

No. 1113 & Budda in Gimirra 15. IV. 1901. 


Ilb mit gebändertem Schwanz. 


No. 214 © Adis Abeba 20. X. 1900. 

No. 979 3 Iris hell bräunlich gelb. Gamitscha in Kaffa 
5. III. 1901. Mageninhalt: Ein grosser grüner Käfer (Cetonide). 
Der Vogel hatte sehr starken Fettansatz. 


III. Aberrantes Tier. 


No. 779 3 Iris braun, Bola Goschana in Doko 11. II. 1901. 

Dieser Vogel, anscheinend völlig ausgefärbt hat Kinn, Kehle, 
Oberbrust schwarzbraun, Unterbrust, Buch weiss, Unterschwanz- 
decken, Hosen schwarzbraun. Zahlreiche Federn auf Rücken 
und Schultern, ebenso die eine der mittleren Schwanzfedern rein 
weiss. Schwanz sonst rot mit schwarzem Saum. 

Es zeigt sich hierbei, dass sämtliche rotschwänzigen also 
alten Stücke mit weisser Unterseite weiblichen, die meisten mit 
schwarzer Unterseite männlichen Geschlechts sind. Doch scheint 
mir dieses Zufall zu sein. 

Hingegen habe ich in sehr grossen Höhen d. h. etwa über 
2800 m stets nur Vögel mit weisser Unterseite gesehen, während in 
tieferen Regionen Vögel mit dunkler Unterseite häufiger waren. 

Ob die Vögel mit gebändertem Schwanz wirklich die jungen 
Vögel dieser Art sind, scheint mir nicht ganz sicher festzustehen. 
Jedenfalls befinden sich weder in meiner Serie, noch in der 
grossen Serie des Berliner Museums, die hauptsächlich aus 
Deutsch-Ost-Afrika stammt, Vögel, die einen deutlichen Übergang 
zwischen der gebänderten und der roten Schwanz-Färbung zeigen. 


364 O. Neumann: 


Duteo augur ist in Abyssinien überaus häufig, besonders 
auf den höchsten Bergen. Während meines Ausflugs von Adis 
Abeba zum blauen Nil konnte ich täglich mehrere Paare des 
schönen Fliegers beobachten. 


106. Buteo auguralis Salvad. 


No. 464 3 Iris braun. Mageninhalt: „Eine Maus und ein 
Chamäleon.“ Koritscha unterhalb Abera (Djamdjam) 23. XII. 1900. 
No. 1139 $ Iris braun. Gadjin in Binescho 20. IV. 1901. 
Die zwei Stücke befinden sich im Jugendgefieder, und 
gleichen sich untereinander vollkommen. Ganz ebenso gefärbt 
ist ein durch v. d. Marwitz am Kilima-Ndscharo erbeutetes Stück. 
Die Färbung dieser 3 Stücke weicht sehr von der aller mir be- 
kannten jüngeren Exemplare von Buteo desertorum bedeutend 
ab und erinnert äusserlich sehr an Duteo brachypterus Pelz. von 
Madagaskar, dem sie auch in den Dimensionen sehr gleicht. 
Die drei erwähnten Stücke haben folgenden Masse: 


Schwingen Schwanz 


Abera 334 200 
Binescho 334 196 
Kilima-Ndscharo 339 200. 


Bei allen auch jüngeren Stücken des Buteo desertorum 
messe ich über 350 mm Flügellänge und über 205mm Schwanzlänge. 

Die bei allen drei Exemplaren fast identische Zeichnung 
ist im allgemeinen Folgende. Oberseite dunkelbraun. An einigen 
Stellen, so an Kopfseiten und Nacken etwas rotbraun vorkommend. 
Kinn und Kehle weiss, schwarzbraun gestrichelt. Ganze übrige 
Unterseite weiss. Die Federn mit dunkelbraunem Schaft und 
dunkelbraunen runden oder ovalen Spitzenflecken, teilweise auch 
an der Basis mit braunem Fleck. Unterschwanzdecken beim 
Kilima-Ndscharo-Stück rein weiss, bei meinen beiden weiss, bräun- 
lich gebändert. Schenkel weiss mit brauner Bänderung, oder 
undeutlicher Fleckung. Der Schwanz ist oberseits braun mit 
helleren und dunkleren matten Streifen, während bei den Jungen 
von desertorum diese Streifen schmäler und viel schärfer sind. 

Ich halte diese Vögel somit für Duteo auguralis im 
Jugendgefieder. 


Was Buteo anceps Brehm anbelangt, so halte ich denselben 
mit Bestimmtheit nicht für auguralis, sondern für Buteo deser- 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 365 


torum Daud. ebenso wie Buieo minor Heugl., dessen Typus sich 
auf dem Berliner Museum befindet. 


107. Buteo buteo desertorum (Daud.) 


No. 127 $ Iris graubraun, Wachshaut wachsgelb, Fuss eitron- 
gelb. Abuje, Provinz Gindeberat, Schoa 2. X. 1900. 

Ein schon stark rostrotes, wenn auch noch nicht ganz aus- 
sefärbtes Stück, da der Schwanz noch schwarze Querbinden zeigt. 

Ich halte den Buieo desertorum nur für eine geographische 
Form unseres Mäusebussards, und zwar für die Süd-Russland- 
und die Kaukasus-Länder bewohnende Art, die im Winter bis 
nach Süd-Afrika zieht. 

Wie „Stark and Sclater“ Fauna of South Africa Bird III 
p. 334 angeben, kommt er nur von November bis April in Süd- 
Afrika vor, ist dort also nicht Brutvogel. 

Vietorin soll den Vogel allerdings (Sharpe, Layards Birds 
of South Afrika p. 30) im Knysna District im August gesammelt. 
haben. Doch dürfte hier wie in allen den Fällen, wo desertorum 
aus dem westafrikanischen Waldgebiet von Central-Angola bis 
zur Goldküste erwähnt wird, eine Verwechselung mit dem im 
Jugendgefieder recht ähnlichen und überhaupt noch recht wenig 
bekannten Buteo auguralis vorliegen. 

So ist auch der von Reichenow Vög. Afrikas I. p. 595 er- 
wähnte, von Mechow in Malandje (Angola) im September gesammelte 
pullus ein ganz unzweifelhafter augurals. 

Buteo desertorum ist somit aus der Liste der in 
Afrika brütenden Vögel zu streichen. 

Meine Meinung über die europäischen und afrikanischen 
Bussarde ist folgende: 

Es kann 2 Arten nebeneinander als Brutvögel geben und 
zwar einen Mäusebussard und einen Adlerbussard. In den meisten 
Gegenden kommt allerdings nur eine derselben als Brutvogel vor. 

Diese sind 

A. Formenkreis des Buteo buteo. 
1. Buteo buieo buteo L. Brutvogel in West- und Central-Europa. 
2. Buteo buteo zimmermannae Ehmcke Brutvogel in den russischen 

Ostsee-Provinzen und den nördlichen Steppengegenden 

Russlands. 

Diese Art steht in der Färbung zwischen unserm Mäuse- 
bussard und dem eigentlichen Steppenbussard in der Mitte, 


366 


OÖ. Neumann: 


Sie ähnelt im Färbungscharakter mehr dem desertorum, wird 
aber nie ganz so rot wie südrussische Exemplare, und behält 
auch im ausgefärbten Kleide stets Streifung der Schwanz- 
federn bei. 


. Buteo buteo desertorum Daud. (= menetriesi Bogd.) Süd-Russ- 


land, Kaukasus. Unterscheidet sich vom vorigen durch die 
im Alter stark rote Färbung und den bei alten Vögeln ein- 
farbig roten, ungebänderten Schwanz. Im Winter nach Afrika 
ziehend, von hier unter den Namen deseriorum Daud., tachardus 
Daud., vulpinus Leht., anceps Brehm, minor Heugl. beschrieben. 

Vermutlich gehört zu diesem Formenkreis noch Buteo 
anguralis Salvad. Dieser weicht aber doch so weit von 
den drei andern genannten Formen ab, dass ich noch 
nicht wage, ihn als Subspecies des Buteo buteo aufzufassen. 


B. Formenkreis des Duteo ferox. 


. Buteo ferox ferox (Gm.) = Buteo leucurus Naum. Brutvogel 


in Süd-Russland und Südwest-Asien. 


. Buteo ferox cirtensis (Lev.) Bp. Brutvogel in Tunis, Algier, 


Marocco. Früher immer mit deseriorum verwechselt. Schon 
ein flüchtiger Blick auf jedes alte nordafrikanische Exemplar, 
oder auf die schöne Abbildung des alten gs. n. „desertorum!“ 
g ad. von Tanger, in Dresser „Birds of Europe“ p. 332 zeigt, 
dass diese Art nichts mit desertorum zu tun hat. Er unterscheidet 
sich von südrussischen und Kaukasus-Exemplaren des ferox 
nur durch etwas lichtere Färbung, geringere Ausdehnung 
des weiss am Schwanz, und etwas geringere Grösse. 


; Buteo ferox rufinus Cretzschm. Eine stets rötere Form, 


die nach Rüppell das obere Nubien, Schendi, Sennaar, 
Abyssinien bewohnt, jedoch im eigentlichen Abyssinien 
sicher nicht vorkommt. Das Berliner Museum besitzt ein 
von Hemprich und Ehrenberg bei Dongola gesammeltes, an- 
scheinend ziemlich altes Stück, das fast völlig mit Cretzsch- 
mers Tafel und auch mit der Tafel des „Buteo ferox“ in 
Shelley „Birds of Egypt‘ Pl. IX übereinstimmt. 


Nach Shelley in Unter- und Ober-Ägypten und Nubien. 
Sehr häufig bei Fajum. Brutvogel in Ägypten. 


. Buteo ferox aquilinus Hodgs. Eine schwarz-braune Bergform 


des ferox, die sich anscheinend nur in den hohen Gebirgen 
Asiens findet, und deshalb wohl als geographische Sub- 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 367 


species anzuerkennen ist. Ziemlich sicher gehört hierher 
Buteo eximius Brehm, im Februar bei Rosseres am blauen 
Nil erlegt, also wohl hier als Zugvogel. Der Typus, den ich un- 
längst unter der falschen Fundortsangabe „Aegypten“ auf 
dem Berliner Museum wieder entdeckte, zeichnet sich aller- 
dings durch sehr bedeutende Grösse aus. 


Zu bemerken ist allerdings, dass Kopf und Nacken von 
aguilinus mit weiss gestreift sind, und auch auf der Brust etwas 
weiss ist, (siehe Abbildung Cat. Birds I. Pl. VIII) während 
der Typus von eximius fast einfarbig schön umbrabraun ist. 
Der Catalog of Birds gibt den aguilinus als „Very old“ an. 
Trotzdem hat er einen stark gebänderten Schwanz! Danach 
wäre aguilinus und eximius vielleicht etwas ganz anderes. 


Vielleicht gehören hierher Buleo ferox var. obscura Pelz., 
Buteo fuliginosus Hume, Buteo nigricans Severtzoff. Infolge 
Mangels asiatischer Vergleichs-Exemplare wage ich dieses 
jedoch nicht zu behaupten. Ebenso kann ich mich über 
astracanus Shaw., camescens Hodgs, leucocephalus Hodgs, 
longipes Jerd. nicht aussprechen, da ich sie teils gar nicht, 
teils nur ungenügend kenne. 


Zum Formenkreis des BDuteo ferox gehören vermutlich nun 
augur und jakal. Diese sind aber immerhin derart von den 
andern ferox-Formen in der Farbenverteilung verschieden, dass 
ich sie nicht subspecifisch hierher ziehen möchte. 

Ich nenne sie vielmehr 

1. Buteo jakal jakal (Daud.) Süd- und Südwest-Afrika. 
2. Buteo jakal augur (Rüpp.) Tropisches Nordost- und Ost-Afrika. 

Bemerkenswert ist, dass schon im Süden von Deutsch-Ost- 
Afrika augur anscheinend sehr selten ist. Im ganzen Nyassa- 
Zambesi-Gebiet ist er nur einmal von Whyte aus dem Masuku- 
Hochland erwähnt. Von da bis Transvaal kommt kein grosser 
Bussard vor. Aus dieser umfangreichen Bussardfreien Zone. er- 
klärt sich die immerhin grosse Verschiedenheit der beiden Formen 
jakal und augur. 


(108.) Helotarsus ecaudatus (Daud.) 


Wurde nicht gesammelt. Mehrfach beobachtet bei Tsche- 
rätschä und Falle in Schoa, am Aa und Gandjule-See und 
an anderen Punkten. 


568 Ö. Neumann: 


109. Gypaetus barbatus ossifragus (Savign.) 


No. 205 © semiad. Innenhälfte der Iris pergamentweiss, 
Aussenhälfte hell carneolrot. Adis Abeba 19. X. 1900. 

No. 206 @ semiad. ebendaher 19. X. 1900. 

No. 207 2 semiad. ebendaher 23. X. 1900. 

No. 208 @ semiad. ebendaher 23. X. 1900. 

No. 761 ©. Gadat in Gofa 6. II. 1901. 

Die erlegten Exemplare sind sämtlich jüngere Weibchen. 
Am meisten ausgefärbt ist noch das Exemplar von Gofa. 

Überall in den abessinischen Bergen vorkommend. Häufig 


in der Nähe grösserer Städte, so sehr häufig in Adis Abeba, wo 
er auf den Wiesen vor der englischen und russischen Gesandschaft 
stets anzutreffen ist. Scheint sich ausschliesslich von Aas, be- 
sonders von alten Knochen zu nähren. Nach Süden hin noch 
bei Gardulla am Gandjule See beobachtet. Dieses scheint sein 
südlichstes Vorkommen in Nordost-Afrika zu sein. In Kaffa und 
westlich davon nicht beobachtet. 


110. Haliaetus vocifer (Daud.) 


No. 289 ©. Iris mattbraun. Zuai See 26. XI. 1900. 

No. 290 2 juv. ebendaher. 

An allen Seen und grösseren Flüssen gemein, so am Hauasch, _ 
Zuai See, Hora Schale und Hora Langanno, Abassi See, Abaja See, 
Gandjule See, Sagan, Omo, Godjeb, Gelo, Akobo, Pibor und Sobat 
beobachtet. | 

111. Milvus aeguptius (Gm.) 

No. 1025 ©. Anderatscha in Kaffa 18. III. 1901. 

Auf dem Horst sitzend erlegt. Derselbe enthielt zwei weisse 
Eier mit völlig entwickeltem Embryo. 

No. 1251 3 juv. Tädo am Akobo 27. V. 1901. 

Schnabel schwarz. Ein gerade flügge gewordenes Junges, 
das vom Horst abzuflattern versuchte, aber noch mit der Hand 
gegriffen werden konnte. Der Horst befand sich nur ca..3m_ 
über dem Boden, auf einer kleinen kümmrigen Akazie, welche 
auf ganz freiem Felde nur etwa 40 Schritt von mehreren be- 
wohnten Anjuak Hütten entfernt stand. 

Diese beiden Funde beweisen, dass der Schmarotzer Milan 
in diesen Gegenden Nordost-Afrikas im März brütet und Ende 
März bis April die Jungen auskriechen. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 369 


Allerdings sah ich am Gelo die Milane in der zweiten Mai- 
woche schon sich in riesige Scharen — wie zum Zug — zusammen 
tun, wie ich es ähnlich auf meiner ersten ostafrikanischen Reise 
(s. J. f. ©. 1899 p. 49) im Januar bei Utim im Massailand, im 
Juni im Ussoga beobachtet habe. 

Einige Paare waren jedoch auch hier am Brutgeschäft. 

‚ Bei unserer Ankunft in Adis-Abeba im August fehlte der 
Schmarotzer-Milan und traf dort erst Mitte Oktober wieder ein. 


112. Falco biarmicus abyssinicus nov. subsp. 
Falco tanypterus Schleg. (partim) Kleinschmidt. Aquila. VIII. 1901 
'p. 38—40. — Falco biarmicus tanypterus (partim) Reichenow 
Vögel Afrikas I p. 626. -- Falco tanypterus (nec Schlegel) Sharpe 
Cat. Birds I p. 391 und alle Citate für Abyssinien, Schoa und 
die Galla Länder. 

No.53 3 Iris braun, Turra bolonko (Kollu, Schoa). 21.1X. 1900. 

No. 54 © Iris braun, ebendaher. 

Ein gepaartes Paar mit stark entwickelten Geschlechtsteilen. 
Diagnose dieser neuen Form: Farben ebenso kräftig und schön 
wie die von biarmicus aus Süd- und Ost-Afrika. Eine deutliche 
schwarze Binde über den Vorderkopf, aber die Unterseite mit 
Ausnahme von Kehle und Oberbrust auch bei ganz alten Vögeln 
mit grossen schwarzen Flecken bedeckt, während biarmicus im 
Alter völlig ungefleckte Unterseite bekommt. Die Farben sind 
bei abyssinicus im allgemeinen noch heller und dunkler wie bei 
biarmicus von Süd-Afrika. Es ist ganz klar, dass dies der von 
Sharpe als Falco tanypterus beschriebene Vogel ist, während 
Sharpe den wirklichen nubisch-ägyptischen Zarypterus und den 
_ erlangeri Kleinschmidt als feldeggi beschreibt. Bis jetzt haben 
fast alle Autoren die subtropisch ägyptisch-nubischen Falken 
mit den tropisch abyssinischen zusammengezogen. 

Auch Kleinschmidt tut das, indem er op. eit. über tanypterus 
schreibt: „Flügellänge bis 37,3 cm. Alles andere F. h. erlangeri ganz 
ähnlich. (Höchstens die Farben etwas lebhafter.) Doch variiert 
diese Form mehr, d. h. es kommen öfter dunklere Vögel vor, 
welche sich durch dunkelen Vorderscheitel dem 7. h. biarmicus, 
durch. grössere Flecken der Unterseite dem F! h. feldegg: nähern 
und so gewissermassen Mittelglieder zwischen der Färbung von 
beiden darstellen, während die Grösse von tanypterus ihn als 


Mittelglied zwischen den Saker und Lannerfalken erscheinen lässt“. 
Journ. f. Orn. LI, Jahrg. Juli 1904. 95 


370 0. Neumann: 


Aus dem dann angegebenen Material ergibt sich, dass 
Kleinschmidt ausser 4 Vögeln des Senckenberg’schen Museum in 
Frankfurt a. M., von denen zwei in Dongola, zwei in Abyssinien 
gesammelt sind, hauptsächlich das Material des Berliner Museums 
vor sich gehabt hat. Diese Exemplare nun, teils von Hemprich und 
Ehrenberg, teils von Wilke und von Brehm gesammelt, tragen alle 
die Bezeichnung „Nubien“, ein früher sehr dehnbarer Begriff. 
Es ist aber sicher, dass die lebhafter gefärbten Vögel tropisch 
abyssinische, die heller und blasser gefärbten nubisch-ägyptische 
Vögel sind. Schlegel bildet Abh. Geb. Zool. 1841 auf T. XII das 
Ex. 998 © ‚(Hempr. u. Ehrenb. coll.) des Berl. Mus., auf T. XIH 


vermutlich das Ex. 1002 (Hemp. Ehrenb. coll.) ab, von denen das 


erste reinweisse, das zweite schmutzig gelblichweisse, aber nicht 
rosa braunliche Unterseite hat. Der echte Falco tanypterus hat 
sogar im allgemeinen reiner weisse Unterseite wie erlangeri aus 
Tunis. Die Unterschiede zwischen erlangerie und Zanypterus 
scheinen mir ausserordentlich gering zu sein, und fast ausschliess- 
lich in Grössendifferenzen zu liegen. Grösstes @ von erlangeri 
(nach Kleinschmidt) 35,5 cm. Dem entsprechen auch die Berliner 
Exemplare von erlangeri. Grösstes tanypterus @ des Berl. Mus. 
nach meiner Messung 38 cm. 

Was übrigens den Kleinschmidt’schen Formenkreis des 
Falco hierofalco anbelangt, so scheinen mir die Formen: feldeggi, 
erlangeri, tanypterus, abyssinicus, biarmicus von den andern im , 
Kleinschmidt’schen Werk behandelten durch eine derartige Kluft 
getrennt, dass ich sie nicht als einem Formenkreis angehörig 
betrachten kann. Zu gleichem Resultate war schon Hartert Nov. 
Zool. 1902, p. 337/338 gekommen. Auf letzteres machte mich 
Hartert erst unlängst aufinerksam, so dass wir beide unabhängig 
zu der gleichen Ansicht gekommen sind. Ja ich vermute sogar, 
dass in Ägypten neben dem tanypterus, oder den vielleicht nur 
oberägyptisch-nubischen Zanypterus in Unter-Ägypten vertretend, 
dort ein. dem ungarisch -südrussischen Vogel sehr ähnlicher 
cherrug = sacer vorkommt. Dafür sprechen die von König in 
der Jahresversammlung 1898 vorgelegten Stücke, dafür mehrere 
von Graf Hasselquist in Ägypten erbeutete Exemplare des Berliner 
Museums, wohl auch die von König Abh. u. Ber. Kgl. Zool. Mus. 
Dresden 1898/99 VII No. 2 p. 5 erwähnten Eier. König nennt 
auch J. 0. 1900 p. 123 zwei Edelfalken für Ägypten, nämlich 
feldeggi für Unterägypten, tanypierus für Mittelägypten. Sollte 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 371 


sein feldeggi nicht die kleinere von Graf Hasselquist erbeutete 
cherrug Form sein? 

Kurz gebe ich nochmals eine Übersicht der Unterschiede 
von erlangeri, tanypterus, abyssinicus, biarmicus bei ganz adulten 
Exemplaren. 

I. Deutliche schwarze Binde über den Vorderkopf. Unterseite 
bräunlich rosa, oder (isabellrötlich). 

a. Unterseite ungefleckt oder nur wenig Flecke an den Flanken: 

biarmicus: Süd- und Ost-Afrika. (Flügellänge bis 37 cm.) 

b. Unterseite mit grossen schwarzen Flecken auf der Brust: 

abyssinicus: Tropisches Nordost- und Nordwest - Afrika.!) 
(Flügellänge bei grössten @ bis 38,5 cm.) 
II. Keine deutliche schwarze Binde über den Vorderkopf. Unter- 
seite rein weiss oder nur schwach rötlich verwaschen. 

a. Flügellänge bei grössten @ bis 35,5: erlangeri: Tunis und 

[ Algier. 

b. en a R 9 „ 37,5: tanypterus: Ober- 

[ägypten u. Nubien. 

Vom echten feldeggi aus Griechenland habe ich zu wenig 
Vergleichsmaterial um diesen zu besprechen. Es scheint mir 
auch möglich, dass derselbe gar nicht zur bsarmicus Gruppe, 
sondern näher zu sacer —= cherrug gehört. 


(113.) Falco cuvieri oder fasceiinucha? 


-Zwei schwarze Falken mit zimtfarbener Unterseite beob- 
achtete ich am 26. III. 1901 in Bongawald in Kaffa. Leider 
wurde das eine erlegte Stück trotz langen Suchens nicht im 
sehr dichten Untergestrüpp des Urwalds gefunden, und das andere 
entkam. 

Was übrigens Falco fasciinucha anbelangt, so möchte ich 
mich der Ansicht Kleinschmidts, dass derselbe ein Wanderfalke 
ist, Aquila 1901, p. 42 (Anmerkung), nur in so fern anschliessen, 
als ich denselben für den Wanderfalken näherstehend als dem cuvier 
halte. Denselben aber als geographische Form des barbarus an- 
zusehen, wie dies v. Erlanger J. O. 1903, p. 292 tut, dazu kann ich 
mich nicht entschliessen, denn dagegen spricht die ganz schwarze 
Oberseite und die zimtfarbene Unterseite. Falco fasciinucha steht 


1) Ein adultes Stück von Togo zeigt geringe Differenzen von 
Abyssiniern, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. 


25* 


372 0. Neumani: 


zwischen dem Formenkreis des barbarus und dem Falco cuvieri 
fast in jeder Beziehung in der Mitte. 


114. Falco ruficollis Sw. 


No. 1239 3 Iris braun. Tädo am Akobo 22. V. 1901. 

No. 1240 © Iris braun. Ebendaher. 

Dieser Falk scheint nur in sehr warmen Gegenden vor- 
zukommen. Im Hochland von Abyssinien fehlt er ebenso wie im 
sebirgigen Innern von Ost-Afrika. Er liebt freie Ebenen und die 
Nähe von grösseren Flüssen. 


115. Cerchneis ardosiacus MVieill. 


No. 1171 3 Iris braun. Maschangoland am Gelo 28. IV. 
1901. Mageninhalt: „Grosse Heuschrecken.“ 


116. Cerchnmeis tinnunculus (L.) 

No. 260 3 juv. Zuai See 20. XI. 1900. 

No. 340 3 juv.? Iris graubraun, Abassi See 4. XII. 1900. 

No. 452 3 juv. Abera in Djamdjam 20. XII. 1900. 

No. 521 3 ad. am Abaya See 29. XII. 1900. 

Die ersten drei Stücke sind junge Vögel. 

Die Turmfalken zogen im Dezember oft in grösseren Flügen 
an den südäthiopischen Seen entlang nach Süden. 


117. Cerchneis naumanni (Fleisch.) 


No. 266, $ Zuai See 22. XII. 1900. 
Gemeinsam mit Turmfalken auf dem Zug nach Süden. 


Strigidae. 


(118.) Bubo lacteus (Tem.) 


Wurde im Januar 1901 im Adoshebai Tal und einige Tage 
später im Barssa Tal in mehreren Exemplaren beobachtet. 


(119.) Bubo capensis dilloni Prev. des Murs. 


Bubo dilloni Prev. des Murs. Rev. Zool. 1864 p. 242. 

Bubo capensis dilloni Neum. B. B. O. C. Vol. XII. 1902. p. 74. 

Bei Abera (Djamdjam) beobachtete ich am 20. XI. in 3200 m 
Höhe im Bambuswald einen grossen gelblichen Uhu. Ein Paar 
grosse Uhus hatte ich auch schon am 7. X. bei Adaberga in Schoa 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 373 


in einer Felsschlucht gesehen. Das kann nur dilloni gewesen 
sein, da lacteus ein Vogel des Tieflands ist, und nicht hoch in 
die Gebirge hinaufgeht. 

Reichenow bezweifelt das Vorkommen von capensis in Nord- 
Ost-Afrika, führt dilloni als Synonym zu cinerascens an, und gibt 
auf Autorität Finschs den ascalaphus für Abyssinien (Senafe Pass) 
an. Ich habe diesen Irrtum an oben angeführter Stelle corrigiert, 
dabei aber ganz übersehen, dass dasselbe schon teilweise vorher 
und zwar von Gurney, Ibis 1866 p. 42, und 1870 p. 538, ge- 
schehen ist. Gurney zieht aber den dslloni einfach als Synonym 
zu capensis. 

In neuerer Zeit ist ein weiteres Stück von Bubo dilloni von 
Schoa (Degen coll.) in das Londoner Museum gekommen. Das- 
selbe bestätigt die von mir 1. c. angeführten Unterschiede der 
drei Formen: capensis, mackinderi und dillon:. 

Bubo dilloni lebt auf den höchsten Bergen in Gemeinschaft 
mit der so ähnlich gefärbten Asio abyssinicus. 


120. Bubo maculosus cinerascens Guer. 


No. 1259 3 Iris braun. Tschir am unteren Akobo 30. V. 01. 

Ein ganz typisches graues $ der nordöstlichen Form. 

Die Gegend am unteren Akobo besteht aus riesigen Gras- 
flächen. Alle Stunde vielleicht sieht man auf kaum bemerkbaren 
Erhöhungen in diesem Grasmeer Gruppen von 5 bis 20 grösseren 
Sykomoren. Fast jede dieser Gruppen beherbergt ein Pärchen 
dieses Uhus, das dort wohl auch nistet. Da aber an diesen 
Sykomorengruppen auch stets viel Wild stand, so wurde zuffälliger- 
weise nur dieses eine Stück erbeutet. 

In meine Notiz über rote und graue Phase des Dubo cine- 
rascens, B. B. O. C. 1902 p. 74, hat sich ein böser Lapsus ge- 
schlichen. Es steht dort nämlich „all these reddish birds were 
males, and occured together with typical females,“ während es 
gerade umgekehrt heissen sollte. Denn alle von mir untersuchten 
rötlichen Vögel waren Weibchen. 


121. Asio acceipitrinus (Pall.) 
No. 254 © Zuai See 20. XI. 1900.- 
No. 273 © ebendaher 23. XI. 1900. 
Die Sumpfohr-Eule war im halb abgebrannten Riedgras am 
Zuai See im November sehr häufig, Auch am Abaya See wurde 


374 0. Neumann: 


sie noch angetroffen. An diesen Seen scheint die Südgrenze 
ihres Winterzuggebietes zu liegen. 


122. Asio abyssinicus (Guer). 

No. 55 $ Iris gelb. Turra bolonko (Provinz Kollu, Schoa) 
29. IX. 1900. 

Das erlegte Stück dieser in europäischenSammlungen seltensten 
afrikanischen Eule stimmt ganz mit der Beschreibung überein, 
die Reichenow in seinen „Vögel Afrikas‘‘ nach einem von Heuglin 
gesammelten Stück des Wiener Museums gibt. 

Der Name Otus abyssinicus ist mehrfach falsch gedeutet 
worden. Während Sharpe sie nach Heuglin Ibis 1870 p. 426 
als seltene, im Br. Mus. nicht vertretene Art anerkannt, bezog er 
später, und ihm folgend andere Forscher, den Namen Otus abyssinicus 
auf die rötlichen in Nordostafrika vorkommenden Weibchen des 
Bubo cinerascens, und nannten den Vogel demgemäss: .Dubo 
abyssinicus. Ich habe das — B.B.O.C. Vol. XII. 1902 p. 73/74 
— auseinandergesetzt. 

Aus den in Reichenows Werk angeführten Citaten sind alle 
die von Bubo abyssinicus auszumerzen, ebenso aber auch Otus 
capensis Rüpp. S. Üb. 1845 p. 9, das sich auf Bubo capensis be- 
zieht, den Reichenow zu unrecht als abyssinischen Vogel nicht 
anerkennt, während er wie erwähnt, in der etwas abweichenden 
Form dilloni dort vorkommt. Asio abyssinicus ist ein Vogel, 
der auf den höchsten Bergen Abyssiniens und wohl hauptsächlich 
in der Nähe von Bächen und in feuchten Urwald-Schluchten vor- 
kommt. Ich erlegte das einzige gesammelte Exemplar in 3000 m 
Höhe und sah ferner mehrere Stücke in ungefähr gleicher Höhe 
beim Dorfe Adaberga, wo auch BDubo dilloni gesehen wurde. 

Die Synonymie dieser Art ist ausschliesslich folgende: 

Otus abyssinicus Guer. Rev. Zool. 1843 p. 32 — Ferr. Gall. 
Abyss. Ois. 1848 p. 185. — Aegolius montanus Heugl. Sitzb. Ak. 
Wien 1856 p. 266. — Otus montanus Heugl. J.f. O. 1863 p. 13. 
— 0Otus abessinicus Heugl. N. O. Afr. I p. 107. — Sharpe Ibis 
1870 p. 426. — Asio abyssinicus Rchw. Vög. Afr. I p. 661. 


123. Pisorhina capensis (A. Sm.) 
No. 773 2 Iris gelb. Ergino-Tal zwischen Gofa und Doko 
10. II. 1901. 
Das erlegte Stück sass unter einem grossen Steinblock. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 375 


124. Glaucidium perlatun (Vieill.) 


N0.483 @ Iris chromgelb. Gudji am Abaja-See 25. Xll. 1900. 

No. 532 @ Galana Fluss am Abaja-See 1. I. 1901. 

Dieser Kauz ist stets im dürren Akazienhain zu finden. 
Er sitzt in den Kronen niedriger Akazien und ist auch bei Tage 
munter. 


Psittacidae. 


125. Poicephalus rufiventris Rüpp. 
No. 536 $ Galana Fluss am Abaja-See. 2. I. 1901. 
No. 537, 538 9,2 ebendaher. 
Fehlt im gebirgigen Abyssinien. Kommt nur in den Tälern 
im Süden vor. Auch im Hauasch-Tal gesehen. Die gesammelten 
Exemplare unterscheiden sich in nichts von solchen aus Deutsch- 
und Englisch-Ost-Afrika. 


126. Poicephalus flavifrons Rüpp. 


No. 12 @ Iris orangerot mit gelblichweissem Aussenringe. 
Ejere, (Adis Halem) Schoa. 16. IX. 1900. 

No. 29 $ Tscherätschä, Provinz Meta, Schoa 18. IX. 1900. 

No. 30, 31 2,2 ebendaher. 

No. 111 3 Abuje Provinz Gindeberat, Schoa, 29. IX. 1900- 

No. 112 @ ebendaher. 

No. 117 3 Madali am Abai 1. X. 1900. [1900. 

No. 334, 335 d,ä Alelu nördlich des Abassi-Sees. 3. XIl. 

No. 700 3 Senti-Tal zwischen Uba und Gofa. 29. I. 1901. 

Die Ausdehnung des Gelb am Kopf variiert. Einige Stücke 
haben nur Stirn und Vorderkopf, andere den ganzen Kopf gelb. 
Letztere scheinen sehr alte ausgefärbte Stücke zu sein. Auch 
die Grösse des Schnabels variiert beträchtlich. Die Stücke von 
Alelu und das vom Senti-Tal haben grössere Schnäbel als die 
meisten Stücke vom Norden. Das Stück vom Senti bildet durch 
dunklere Federn an der Stirn einen Übergang zur folgenden 
Form aus dem äussersten Südwesten Äthiopiens. 

Unter der Serie ist kein einziges Stück, das blauen Anflug 
auf dem Bürzel hat, und somit als P. citrinocapillus bezeichnet 
werden müsste. Blauen Anflug auf der Unterseite hat ein Stück 
der Serie, nämlich No. 334 von Alelu. Gelb am Flügelrand haben 
beide Stücke von Alelu, das Stück vom Senti-Tal, und von den 
Schoa-Exemplaren No. 30 von Tscherätschä und No. 112 von Abuje. 


/ 


376 0. Neumann: 


Mir scheint somit P. ceötriniceps Heugl. nur ein bemerkens- 
werte individuelle Abweichung von flavifrons und als Art nicht 
haltbar zu sein, wenn auch der schöne, blau überlaufene Bürzel 
sehr auffallend ist. 

Hingegen scheint es mir irrig, wie es Reichenow „Vögel 
Afrikas“ Vol. II p. 18 getan hat, den Poscephalus crassus Sharpe 
— bohndorffi Sharpe als jungen Vogel zu flavifrons zu ziehen. 
Erstens ist unter meiner grossen Serie, worunter auch sicher 
jüngere Vögel, kein einziges mit braunem Kopf, dann aber dürfte 
der Gebirgsvogel flavifrons kaum die Tiefländer des Sudan über- 
fliegen und im Niam-Niam-Lande, woher der Typus von crassus 
kommt, wieder auftauchen.!) 

Poicephalus flavifrons bewohnt die Gebirgswälder des abys- 
sinischen Hochlandes und ist besonders im eigentlichen Schoa 
sehr häufig. In den südlichen Provinzen ist er entschieden viel 
seltener. Gelegentlich geht er in enge Flusstäler hinab, so fand 
ich ihn am Ufer des Abai bei Madali. Seine verticale Verbreitung 
reicht daher von ca 1000 bis 3000 m. Doch ist er in den 
grösseren Höhen immer häufiger. 


127. Poicephalus flavifrons aurantiiceps nov. subspec. 


No. 1159 $ Iris orange. Schecho 24. IV. 1901. 

No. 1164 3 ebendaher 26. IV. 1901. 

No. 1167 3 juv. ebendaher 26. IV. 1901. 

No. 1174 $ Maschango am oberen Gelo. 29. IV. 1901. 
(Typus der Subspecies). 

Diese Form unterscheidet sich vom echten Poicephalus 
fluavifrons nur durch nicht rein gold- bis orangegelbe, sondern 
stark orangerot gesättigte Kopffärbung. 


1) Inzwischen habe ich auf dem Londoner Museum den Typus von 
Poicephulus crassus untersucht. Derselbe hat absolut nichts mit fla- 
vifrons zu tun, sondern ist eine selbständige, sehr gute Art. Im All- 
gemeinen gefärbt wie fuscicapillus, aber grösser, so gross wie flavifrons. 
Unterflügeldecken grün, nicht gelb. Die schwärzliche Stirn und Zügel- 
befiederung, die olivenbraune, unten sehr scharf und dunkel abgeschnittene 
Brustfärbung -— nach unten bis etwa auf die Mitte der Brust reichend, 
weiter nach unten wie bei flavscapillus — zeigt deutlich, dass es kein 
Junger flavifrons und überhaupt wohl kein junger Vogel ist. Die wenigen 
gelblichen Federn in der Kopfbefiederung halte ich für bedeutungslos. 

Durch die sehr scharfe Abgrenzung der olivenbraunen Oberbrust 
von der sonst grünen Unterseite von allen anderen Poicephalus-Arten 
leicht zu unterscheiden. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 377 


No. 1167 ist ein jüngeres Stück. Es zeigt, dass die Kopf- 
färbung bei jungen Vögeln nie braun ist, sondern vermutlich 
grün, und dass die gelben, resp. orangeroten Federn die grünen 
ersetzen. 

Diese Form vertritt den P. flavifrons flavifrons im Gebiet 
der Sobat-Quellströme im äussersten Südwesten des äthiopischen 
Gebiets, kommt aber jenseits der Gurafarda-Berge, also in der 
eigentlichen Tiefebene nicht mehr vor, sondern ist auch auf die 
Gebirgsgegenden beschränkt. 


128. Agapornis taranta (Stanl.) 


No. 132 $ Iris dunkelbraun. Abuje, Provinz Gindeberat, 
Schoa. 2. X. 1900. 

No. 138 & Ebendaher. 3. X. 1900. 

No. 161, 162 d,gä District Kollu, Schoa. 6. X. 1900. 

No. 253 @ Hauasch-Tal, nördlich des Zuai-Sees 19. XI. 1900. 
No. 450 d Abera in Djamdjam 20. XII. 1900. 

No. 451 @ ebendaher. 

No. 788 © Bola goschana in Doko 12, II. 1901. 

No. 1099 @ Budda in Gimirra 14. IV. 1901. 

No. 1125 © Iris dunkelbraun. Budda in Gimirra 16. IV. 1901. 

Der Schnabel des letzten Stückes hat nicht die normale 
korallrote Färbung, sondern ist schmutzig rötlich horngelb. 

Das Verbreitungsgebiet des Schwarzflügel-Zwergpapageis 
wird durch die Funde in Djamdjam, Doko und Gimirra sehr 
weit nach Süden und Südwesten ausgedehnt. Wenn er auch 
meist in sehr grossen Höhen vorkommt, in Djamdjam fand ich 
ihn bis zu 3200 m Höhe, so kommt er doch — noch häufiger 
fast wie Poicephalus flavifrons — auch in den Tälern vor, und 
ist zum Beispiel am Hauasch überall häufig. 


129. Agapornis pullaria (L.) 

No. 883 $ Iris braun. Am mittleren Omo zwischen Malo 
und Koscha 21. II. 1901. 

Ein altes $ aus einem Schwarm heraus erlegt. Dasselbe 
unterscheidet sich in nichts von Stücken von Westafrika und 
Uganda. Das Vorkommen des gewöhnlichen westafrikanischen 
Zwergpapageies am Omo ist höchst bemerkenswert und rückt die 
Verbreitungsgrenze der Art, deren bekanntes östlichstes Vorkommen 
bisher in Kavirondo lag, bedeutend nach Nordosten. 


378 (08 Neumanı : 


Musophagidae. 
130. Chizaerhis zonura Rüpp. 


No. 1039 @ Godjeb-Tal zwischen Kaffa und Djimma. 
25. III. 1901. 

Nur dieses eine mal angetroffen. Dieser Lärmvogel scheint 
trotz seiner grossen geographischen Verbreitung an bestimmte 
Örtlichkeiten gebunden und liebt jedenfalls weit feuchteres Terrain 
als Oorythaixoides leucogaster und Gymnoschizoris. Jch finde 
nicht den geringsten Unterschied zwischen Stücken aus Bogosland 
und Sennaar, meinem südäthiopischen Stück und solchen vom 
Victoria-Nyansa. 

Der Vogel ist übrigens bisher nur im Stromgebiet des Nils 
nachgewiesen worden. Mein Exemplar ist das erste nicht aus 
dem Nilgebiet stammende und ist eins der Beispiele, dass zwischen 
Nil und Omo einst eine Verbindung bestanden haben muss, wie 
ja die Fauna des Omo und die der Sobatquellströme (Gelo, Baro, 
Akobo) fast die gleiche ist. 

Reichenows Fundortsangabe Sheikh (im Somaliland, Phillips 
coll.) ist irrtümlich und bezieht sich auf leucogaster (s. Ibis 1898 
p- 416). 

Der Vogel fehlt sicher im Hauaschgebiet und im ganzen 
Somali-Land. 


131. Corythaiscoides leucogaster Rüpp. 


No. 246 @ Schnabel pistaziengrün. Zuai-See 19. XI. 1900. 

No. 554 $ Schnabel schwarz. Gandjule-See 5. I. 1901. 

Ferner am Hauasch, Abassi-See, Abaja-See und im Adoshebai- 
Tal beobachtet. 

Das 9 hat stets olivengrünen, das $ stets schwarzen Schnabel, 
wie ich hiermit meine Angaben im J. f. O. 1898 p. 70 berichtigen 
will. Alle gegenteiligen Angaben beruhen auf flüchtiger und 
fehlerhafter Section. 

Ich kann zwischen abyssinischen und ostafrikanischen 
Exemplaren keine Unterschiede finden. 


(132.) G@ymnoschizorhis personata (Rüpp.) 

Dieser Lärmvogel wurde im November 1900 einige male in 
trockenen Bachbetten des Plateaus westlich des Suksuk-Flusses 
und auch am Alutu Berg beobachtet, da ich mich aber beide 
male auf der Pürsche nach Kudus befand, nicht erlegt. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 379 


133. Turacus leucotis (Rüpp.) 

No. 16 @ Managascha, Schoa 16. IX. 1900. 

No. 17 @ Mi „ ebendaher. 

No. 32 @ Tscherätschä, Provinz Meta, Schoa 18. IX. 1900. 

No. 33 $ ebendaher. 

No. 107 @ Abuje, Provinz Gindeberat, Schoa 28. IX. 1900. 

No. 333 $ Alelu nördlich des Abassi-Sees 3. XII. 1900. 

No. 405 © Alata in Sidamo 13. XII. 1900. 

No. 406 © ebendaher. 

No. 475 © Gigiro in Gudji, östlich des Abaya-Sees 25. XII. 00. 

No. 571 3 Gardulla 12. I. 1901. 

No. 581 $ ebendaher 13. I. 1901. 

No. 575 © ebendaher. 

No. 754 © Gadat in Gofa 4. II. 1901. 

No. 1004 5 Anderatscha in Kaffa 16. III. 1901. 

No. 1088 $ Schenna in West-Kaffa 12. IV. 1901. 

? Schecho IV. 1901. 

Diese grosse Serie wurde gesammelt, weil ich an den süd- 
äthiopischen Seen, am Omo und an den Sobatquellströmen eine 
andere Art Turacus erwartete. Aber alles eingesammelte erwies 
sich als leucotis, sodass das Verbreitungsgebiet dieser Art ein 
sehr ausgedehntes wird, wohl das grösste Verbreitungsgebiet 
aller Turacus-Arten überhaupt, denn es dehnt sich von Bogosland 
und der Erythrea über ganz Schoa und das Omogebiet bis fast 
— vielleicht bis ganz — zum Stefanie- und Rudolf-See aus. Ich kann 
weder meine Schoa-Exemplaren von südäthiopischen unterscheiden, 
noch von solchen vom Anseba-Fluss (Bogosland). 


Im ganzen Webbi Shebeli Gebiet kommt hingegen Turacus 
donaldsoni vor. Wo mag aber die Heimat des bisher immer nur 
im Typus bekannten Turacus ruspolii sein? Ich hatte mir den- 
selben von Prof. Gestro erbeten, (siehe J. O. 1903 p. 308) da 
ich es nicht für ausgeschlossen hielt, dass es nur ein junger donald- 
soni sei, aber sehr schnell eingesehen, dass es eine ganz vor- 
zügliche Art, deren Heimat noch ganz unbekannt ist. Am Abaya 
See, wie es Graf Salvadori vermutet, kommt er jedenfalls nicht 
vor. Hier gibt es nur ZTuracus leucotis. 


Cuculidae. 
134. Centropus monachus Rüpp. 
409 @ (mit fast legereifem Ei in der Röhre). Iris dunkel- 
rot, Schnabel, Fuss schwarz. Alata in Sidamo 14. XII. 190]. 


380 O0. Neumann: 


778 © Iris dunkelrot. Bola goschara in Doko 11. Il. 1901. 

998 © Iris blutrot. Anderatscha in Kaffa 13. III. 1901. 

Ferner in der Provinz Metscha (Schoa), in Djamdjam und 
in Gardulla beobachtet. 

Diesen grossen Sporenkuckuk fand ich meist dort, wo 
Dörfer der Eingeborenen in grossen Waldcomplexen liegen, recht 
häufig. Er lebt pärchenweise und ziemlich versteckt in den die 
Dörfer und Hütten umschliessenden Hecken und im dichten 
Untergestrüpp. 


155. Centropus supereiliosus Hempr. Ehr. 
259 © Makifluss am Zuai-See 20. XI. 1900. 
Nur dieses eine Stück gesammelt, aber häufig in der Nähe 
von Flüssen und Seen beobachtet, so an der Urga und dem 
Bussijo in der Provinz Gindeberat, am Abaya- und am Gandjule-See. 


136. Centropus griüli Hartl. 


Centropus nigrorufus (nec. Cuv.) Lay. et omm. aut. 

Centropus grilli Neum. Bull. Br. O. C. 1902 p. 75. 

No. 1260 3 juv. Tschir am unteren Akobo 30. V. 1901. 

No. 1263 $ unterer Akobo 2. XI. 1901. 

Das ältere (aber auch noch nicht ganz ausgefärbte) Stück 
No. 1263 hat alle Schwingen schmutzig schwarzbraun gesäumt. 
Die Spitzen der Schwingen-Federn dunkler wie südwest und ost- 
afrikanische Stücke. Das junge Exemplar No. 1260 hat aber 
nichts von dunklem Saum. Beide Stücke sind sehr klein. Flügel 
153 und 149. Stücke von Malange in Angola haben 155—165, 
ein Stück von Kakoma am Tanganyka 175 mm Flügellänge. — 
Auch scheint die Gesamtgrösse etwas geringer zu sein. Doch 
möchte ich die Art bei dem geringen Material bei grolls lassen. 

Diesen kleinen Sporenkuckuk fand ich häufig im trocknen 
Schilf, der Sümpfe des unteren Gelo und Akobo, konnte aber 
wegen Mangel an Schrotpatronen nur diese zwei Stücke einsammeln. 

Eine sehr interessante neue Subspecies dieses Sporenkuckuks 
fand ich im Tring Museum vor. 


/ 
tm 


Centiropus grili caeruleiceps nov. subsp. 

Im allgemeinen Färbungscharacter wie Centropus grillı, aber 
das schwarze des Kopfes mit deutlichem blauem, nicht mattem 
grünlichen Glanz. Schwanz schwarz ohne grünen Glanz, mit 
ganz mattem lilablauem Schein. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 38i 


Der Schnabel viel schlanker und nicht so hoch wie bei 
grilli, von welcher Art ich im Londoner Museum 8 Exemplare aus 
Süd-Afrika und Nyassa-Land, auf dem Berliner Museum 6 Exem- 
plare aus Ost-Afrika und Angola verglich. 

Das typische Exemplar von Dr. Donaldson Smith am Gand- 
jule-See (Smith’s Abaya-See) auf dessen erster Reise gesammelt, 
befindet sich im Tring Museum. Es gehört zu den während des 
zweiten Teils der ersten Reise Dr. Donaldson Smith’s gesammelten 
Vögeln, welche in der Arbeit Sharpes P. Z. S. 1895 nicht ent- 
halten sind, und über die nie etwas publiziert wurde. 

Centropus thierryi Rchw. von Sansanne Mangu im Hinterland 
von Togo ist gleichfalls nur als Subspecies zu grili Hartl. 
aufzufassen. 


137. Coccystes cafer (A. Licht.). 

No. 472 © (fast legereifes Ei in der Röhre) Koritscha in 
Uatadera 24. XII. 1900. 

No. 947 $ Iris braun. Dalba in Konta 27. II. 1901. 

No. 1235 $ Gmneum am Akobo 21. V. 1901. 

No. 1236 $ ebendaher. 

Dieser Helmkuckuk findet sich stets in der Nähe von 
grösseren Bächen oder Flüssen, wenn diese von Hochbäumen 
bestanden sind. 


138. Coccystes jacobinus Bodd. 
No. 634 $ Barssa Fluss (Male Land) 21. I. 1901. 


Nur dieses eine mal beobachtet. Diese in Ost-Afrika so 
ungemein häufige Art scheint im Nordosten recht selten zu sein. 
Ein Vogel des trocknen wildreichen Akazienbusches. 


139. Cuculus clamosus Lath. 


Quculus chalybeus Heugl. J. O. 1862 p. 34. 

No. 1089 $ Schenna (West-Kaffa) 12. IV. 1901. 

Ein noch nicht ganz alter Vogel mit schön blau glänzender 
Oberseite, aber grauer Unterseite und rotbraunem Kehlileck. 

Es ist oft sehr schwer, nicht ganz ausgefärbte Exemplare 
von clamosus und von gabonensis von einander zu unterscheiden. 
Ich halte es auch nicht für ganz ausgeschlossen, dass die nord- 
östliche Form von celamosus von dem südafrikanischen Vogel ver- 
schieden ist, und eine Zwischenform zwischen dieser. und dem 


383 Ö. Neumann: 


gabonensis darstellt. Ihr würde dann der Name (ueulus chalybeus 
Heugl. gebühren. Doch fehlt mir genügendes Material, diese 
Frage zu entscheiden. 


140. Cuculus gularis Steph. 
No. 1184 © Iris braun, Augenlid blassgelb, Basishälfte des 
Schnabels mattorangegelb, Spitzenhälfte mattschwarz, Mundwinkel, 
Rachen lachsrot, Fuss wachsgelb. Maschango (oberer Gelo) 4. V. 01. 


141. Chrysococcys& klaasi (Steph.) 


No. 131 3 Madali am Abai (blauen Nil) 2. X. 1900. 

No. 395 © juv. Habela in Sidamo 11. XII. 1900. 

No. 1152 © (mit legereifem Ei in der Röhre) Detschabassa 
in Binescho 22. IV. 1901. 

No. 1224 $ Augenring blassgrün, Schnabel grünlich grau, 
Fuss grüngrau. Zwischen Gelo und Akobo 20. V. 1901. 

Wenn auch Ohrysococcy& klaasi und cupreus im ganzen 
äthiopischen Gebiet vorkommen sollen, so sind die Centren ihrer 
Verbreitungsgebiete doch ganz verschieden. Auf meiner ersten 
Reise durch Ost-Afrika erbeutete ich in den Küstenlandschaften 
und am Kilimandscharo nur cupreus, während ich klaasi erst am 
Victoria Nyansa antraf. Auf dieser Reise nun habe ich nur 
klaasi, gar keine cupreus gesammelt. Auch scheinen die Fund- 
orte für cupreus in Nordost-Afrika ziemlich sparsam gesät zu 
sein, so dass hier klaasi, in Ost-Afrika und wohl auch in Süd- 
Afrika cupreus bedeutend überwiegt. 


142. Metallococcey& smaragdineus SW. 

No. 410 3 Gerbitscho in Djamdjam 14. XII. 1900. 

No. 467, 468 8 Koritscha in Uata dera, 24. XII. 1900. 

No. 468 Iris braun, Schnabel, Fuss blaulichgrün. 

No. 1100 3 juv. Tschukka in Gimirra 14. IV. 1901. 

No. 1110 $ Budda in Gimirra 15. IV. 1901. 

Die drei Stücke von Uata dera und Djamdjam, besonders 
das Stück No. 467 zeigen auf den Federn der Oberseite, besonders 
stark an den Federsäumen, einen starken kupferroten Glanz, den 
ich an Exemplaren des Smaragdkuckucks aus andern Teilen Afrikas 
nicht finden kann. 

Dass alle erlegten Stücke männlichen Geschlechts sind, ist 
gewiss auffallend. Überhaupt scheint das @ des Smaragdkuckucks 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. : 383 


viel seltener gesammelt zu werden, wie das d. Mein abyssi- 
- nischer Jäger ging dem Lockruf des Vogels nach. Das 2 scheint 

stumm zu sein. Lebt in den dichten Bergwäldern des durch- 
zogenen Gebiets. 


Indicatoridae. 
143. Indicator indicator (Gm.) 


A. Alte SS mit schwarzer Kehle und weissem Schnabel. 
No. 77 oberer Bussijo, Provinz Gindeberat, Schoa 24. IX 00. 
No. 351 Abassi-See 5. XII. 1900. 

No. 853 mittlerer Omo, Furt zw. Malo und Koscha 18. II. 1901. 
No. 1202 Gelo, Mündung des Katschim 9. V. 1901. 


B. sichere 99. 
No. 282 Zuai-See, 24. XI. 1900. 
No. 540 Galana-Fluss am Abaya-See 2. I. 1901. 
No. 644 Schambala-Tal östlich von Uba 23. IL. 1901. 
No. 1106 Gelo, Nähe der Katschim-Mündung 10. V. 1901. 
No. 1190 (Eierstock stark entwickelt) Gurafarda-Berge am 
Gelo 6. V. 1901. 
Fragliches Stück. 


No. 69 ©? obere Gorra, Provinz Gindeberat, Schoa 23. 
IX. 1900. 

Dieses Stück hat feineren Schnabel, und den Kropf sehr 
schwach und undeutlich gelb verwaschen. Der gelbe Schulterfleck 
ist jedoch ebenso deutlich vorhanden wie bei andern @ des :n- 
dicator. Mir scheint noch nicht ganz sicher festzustehen, wie 
das @ des Indicator maior gefärbt ist. 


144. Indicator variegatus. 


No. 688 @ Senti-Tal zwischen Uba und Gofa. 28. I. 1901. 

No. 689 @ Ebendaher. 

Beide Exemplare haben nur das Kinn und die obere Kehle 
gestrichelt, während die Tropfenfleckung auf unterer Kehle und 
Oberbrust, die Ost- und Südafrikaner meist zeigen, fehlt. 

Da jedoch ein Exemplar des variegatus von Port Natal des 
Berliner Museums und zwar der Typus von Indicator maculicollis 
Sundev. ganz ebenso gefärbt ist, so möchte ich nichts auf dieses 
Kennzeichen geben. 


584 Ö. Neumann: 


Hingegen weichen Stücke von Kavirondo und dem Kilima- 
Ndscharo durch die sehr ausgeprägte schwarzweisse Kehlmarmo- 
rierung von Süd- und Ost-Afrikanern etwas ab, wie ich schon 
J. f. O0. 1900 p. 195 bemerkt habe, und scheinen einen Übergang 
zu Indicator maculatus zu bilden. 

Es ist dieses der erste Nachweis des Indicator variegatus 
im eigentlichen Nordost-Afrika und dehnt das bisher bekannte 
Verbreitungsgebiet der Art, deren nordöstlichstes Vorkommen 
bisher Kavirondo und der Elgon war, bedeutend aus. 


145. Indicator minor lovati Grant? 


Indicator lovati Grant Bull. B. O. C. LXVIII (1900) — Ibis 
1900 p. 306, 379. 

No. 465 3 (Brutzeit) Unterhalb Abera in Djamdjam. 23. 
XII. 1900. 

No. 544 $ Galanafluss am Abaya-See. 3. I. 1901. 

No. 836 @ Banka in Malo 17. II. 1901. 


Die drei Stücke stehen in fast jeder Beziehung zwischen 
Grant’s lovati und meinem minor teitensis in der Mitte. Sie haben 
gg 91, 91, 2 87 mm Flügellänge, sind daher nur wenig kleiner, 
wie Südafrikaner, bei welchen ich bei dd 92—96 Flügellänge 
messe, aber grösser wie Zeitensis. Sie sind auf der Unterseite dunkler 
grau wie minor, etwa von gleicher Farbe wie lovats und teitensis, 
haben alle drei einen deutlichen schwarzen Bartstrich, der auf 
dem Kinn jedoch nicht ganz zusammenläuft, wie dies der Typus 
von lovati zeigt. Der Schnabel ist ganz schwarz und nicht an 
der Basis des Unterschnabels blasser wie dies minor und teitensis 
zeigen. i 

Die Kenntnis der kleinen Indicator-Arten liegt noch völlig 
im argen. Viele der geographischen Formen des Indicator minor 
werden wohl neu zu benennen sein. Ich hatte, wie ich sehe, 
Unrecht, wie ich es J. f. O. tat, den Indicator minor in nur 5 
geographische Formen einzuteilen und den Indicator exilis Cass. 
hierzuzurechnen. In West-Afrika gibt es nämlich anscheinend 
überall zwei kleine Indicatoren nebeneinander, nähmlich einen 
etwas grösseren: conirostris und zwar: 

conirostris conirostris Cass. Unter-Guinea(Süd-Kamerun u. Gabun) 
conirostris ussheröi Sharpe Ober-Guinea (Fanti, Goldküste) 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 385 


und einen ganz kleinen: exiks und zwar: 
exilis exilis Cass. Unter-Guinea (Süd-Kamerun und Gabun) 
exilis willcocksi Alex. Ober-Guinea (Gold-Küste, Togo) 
vielleicht noch exilis poensis Alex. Fernando Po. 

Unklar ist es mir, was Alexander, Ibis 1902 p. 364, Indi- 
cator minor nennt. Der echte minor kann an der Goldküste 
nicht vorkommen. Also scheint sein minor der ussheri Sharpe’s 
zu Sein. 

Völlig Unrecht hat Reichenow, Vögel Afrikas II p. 112, 
meinen Zeitensis als Synonym zu seinem pygmaeus anzuführen. 
Sein »ygmaeus gehört der westafrikanischen Gruppe an, die sehr 
scharfe schwarze Federcentren auf dem Rücken, mit leuchtend gold- 
selben Säumen hat, was der echte minor, teitensis, lovati nie haben. 
Sein pygmaeus ist entweder identisch mit exilis Cass. oder nächst- 
verwandt mit dieser Art. 


Capitonidae. 
146. Lybius bidentatus aequatorialis (Shell.). 


No. 126 3 Iris braun, Schnabel weiss, Fuss braun. Madali 
am Abai (blauen Nil) 2. IX. 1900. 

No. 368, 369, 370, 371, 95 Abassi See 8. XII. 1900. 

No. 372 © Abassi See 8. XII. 1900. 

No. 408 $ Alata (Sidamo) 13. XII. 1900. 

No. 652 2 Uba 24. I. 1901. 

No. 662 3 Uba 25. I. 1901. 

No. 744 3 Gadat (Gofa) 31. I. 1901. 

No. 930 5 Alesa (Koscha) 23. II. 1901. 

Die Serie unterscheidet sich nicht von den auf meiner ersten 
Reise in Kavirondo und den von Emin und Stuhlmann in Bukoba 
gesammelten Vögeln, es sei denn, dass sie etwas kleineren Schnabel 
haben. Beide Geschlechter sind völlig gleich gefärbt. Junge 
Vögel scheinen sehr schnell die Färbung der alten zu erlangen. 

Von dem westlichen Lybius bidentatus unterscheidet sich 
die Art ausser durch die blasse rosenrote Flügelbinde auch stets 
durch den kürzeren Schnabel. 

Ich traf den Vogel zuerst im Tal des blauen Nil, dann am 
Abassi-See, wo die Art ungemein häufig war, ferner in fast allen 
Ländern zwischen der Seenkette und dem Omo. In den Ländern 
der Sobatquellen erinnere ich mich nicht mit Sicherheit die Art 
angetroffen zu haben. Doch dürfte sie auch hier vorkommen. 

Journ, f, Orn, LII. Jahrg. Juli 1904, 26 


336 O0. Neumann: 


Feuchter Urwald ist Lebensbedingung der Art. Meist. liebt 
sie die Täler von ca 1200—1800 m Höhe. In Uba und Gofa 
fand ich sie allerdings bis 2800 m Höhe. 

Es ist dieses wieder eine der Arten, die von Antinori und 
Ragazzi während des 9jährigen Bestehens der Station Let Marefia 
bei Ankober nicht gesammelt wurden, was deutlich zeigt, dass 
die Art im Hauaschgebiet fehlt. 


147. Lybius tridactylus (Gm.) 


No. 63 ä Aveve (District Kollu) Schoa 22. IX. 1900. 

No. 539 © Galana-Fluss, Abaja-See 2. I. 1901. 

No. 691 2 Iris pergamentgelb. Senti-Tal zwischen Uba und 
Gofa 28. I. 1901. 

No. 888 © Iris hellgelbbraun. Am mittleren Omo (zwischen 
Malo und Koscha) 21. II. 1901. 

No. 913 © Iris hellgelbbraun. Alesa in Koscha 23. 11. 1901. 

No. 1198 3 iuv. Iris graubraun. Maschango-Land am Gelo. 
7. V. 1901. 

No. 1225 5 Iris graubraun. Atewat zwischen Akobo und 
Gelo 10. V. 1901. 

No. 1226 © iuv. ebendaher. 

Beide Geschlechter sind völlig gleich gefärbt. 

Jüngere Vögel unterscheiden sich von alten durch das fast 
völlige Fehlen des Rot auf dem Oberkopf, während es auf der Brust 
schonstark vorhanden istund durchschwächeren Glanz der schwarzen 
Färbung auf Brust und Rücken. Meine Vögel sowie zwei von 
Jesse im Bogosland gesammelte des Berl. Mus. haben das Rot auf 
Kopf und Brust sehr hell. 

Ein von Brehm bei Rosseres und ein von Baron Sack ge- 
sammeltes Stück (ohne näheren Fundort) haben viel dunkleres Rot. 
Auch von meinen Vögeln zeigt der ausgefärbte Vogel von Atewat 
No. 1225 das Rot etwas dunkler, so dass es möglich ist, 
dass die am Westabfall des abyssinischen Plateau’s (blauer Nil 
und Sobat-Gebiet) vorkommenden Vögel sich hierin von den 
östlichen unterscheiden. 

Diese Form lebt entschieden tiefer wie die vorige, kommt 
nie über 2200 m vor und geht weit in die Tiefebene hinab. Sie 
braucht keinen dichten Urwald, sondern begnügt sich mit geringen 
Baumbeständen in der Nähe von Flüssen. “Nächste Nähe von 
Flüssen scheint ihr jedoch Lebensbedingung zu sein. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 887 


148. Lybius undatus undatus Rüpp. 

No. 135 2 Iris weissgelb. Abuje Provinz Gindeberat, Schoa 
3. X. 1900. 

No. 153 $ Iris weissgelb. Gallan, Distriet Kollu in Schoa 
5. X. 1900. 

No. 154 9 ebendaher. 

Beide Geschlechter sind gleichgefärbt. 

Diese drei Vögel haben den Bauch mit sehr breiten, deutlichen 
schwarzen Streifengebändert und fast gar nicht schwefelgelb über- 
flogen. Sie gleichen in jeder Beziehung der Abbildung und Be- 
schreibung Rüppells. Ein Vergleich meiner Stücke mit einer sehr 
schönen von Degen in Godjam und Schoa gesammelten Serie er- 
gab, dass die Färbung stets constant und für den echten undatus 
charakteristisch ist. 


149. Lybius undatus gardullensis Neum. 


Lybius undatus gardullensis Neum. Bull. Br. O. Cl. No. 
C. 1900 p. 15. 

No. 6019 (Typus der Subspecies) Iris pergamentgelb. Gardulla, 
westlich des Gandjule-Sees 15. I. 1901. 

No. 605 & iuv. ebendort 16. I. 1901. 

No. 823 $ Banka in Malo 16. II. 1901. 

No. 961 9? Uma-Fluss in Konta 1. III. 1901. 

Diese Unterart unterscheidet sich wie ich 1. c. ausgeführt 
habe, von dem echten undatus durch viel schmälere und un- 
deutlichere Bruststreifung und sehr stark gelb verwaschenen Bauch. 
Sehr deutlich zeigen die beiden Gardulla-Exemplare diese Kenn- 
zeichen, während die zwei Exemplare von Malo und Konta — 
am mittleren Omo — die Streifung um etwas breiter haben, den 
Bauch aber ebenso stark gelb verwaschen wie die Gardulla-Stücke. 

Der junge Vogel (No. 605) hat die Streifung der Unterseite 
natürlich noch verwaschener wie der alte und nur wenig rot am 
Kopf. Das Schwarz am Hinterkopf, Nacken und Kehle ist matt 
und mit geringem Glanz. 

Dass der bisher für den jungen Vogel gehaltene von Des 
Murs und Marshall abgebildete Vogel einer anderen Art, die nur 
in Nord-Abyssinien vorkommt, angehört, habe ich ©. M. 1903 
p. 50 gezeigt und den Vogel Lybius thiogaster benannt. Hatte 
ich damals nur ein Exemplar des Berliner Museums von Heuglin 
bei Keren gesammelt, zum Vergleich, so konnte ich inzwischen 

26*- 


388 0. Neumann: 


die schöre von Blanford und Jesse in Nord-Abyssinien gesammelte 
Serie dieser Art — Lybius undatus, (nec Rüpp.) Shel. Cat. Birds 
XIX. p 27 No. b, c, d, e, f£ — und eine weitere prächtige von 
Schrader in Nord-Abyssinien gesammelte Serie des Tring Mus. 
untersuchen. Das zeigte mir aber auch, 1) dass thiogasier den 
undatus, welcher gar nicht in Nord-Abyssinien vorkommt, dort 
vertritt, 2) dass Stücke aus dem äussersten Norden (Keren, 
Salamona) die Kehle am hellsten weiss — mit scharf abgesetzten 
Strichen haben — während bei südlichere Exemplare (Senafe-Pass, 
Adigrat) die schwarzen Striche bedeutend breiter werden und 
der Kehle somit ein dunkleres Aussehen verleihen. Brust und 
Bauch von thiogaster haben übrigens keine Bänderung, sondern 
undeutliche Tropfenfleckung, ähnlich wie dies die Form der 
Harar-Berge Lybius undatus saWwadorii Neum. Bull. Br. Orn. C. 
1903. C. p. 16 zeigt. 

Daraus geht hervor, dass wenn bei Zybius thiogaster durch 
fortwährendes schwärzer werden der Kehle nach Süden hin eine 
andere Art entstände, dies nicht der geographisch nächstliegende 
echte undatus sein könnte, der ja die schön gebänderte Unter- 
seite und kein schwefelgelb auf dem Bauch hat, sondern der viel 
entfernter lebende salwadori:. 

Möglich ist es daher, dass salvadori und thiogaster gar 
nichts mit undatus und gardullensis zu tun haben. 

Ehe aber mehr darüber bekannt, ziehe ich vor, alle diese 
Formen als Subspecies von undatus zu betrachten, ebenso wie 
die folgende Art, da keine derselben mit einer anderen in der- 
selben Region vorkommt. 


150. Lybius undatus leucogenys Blund. Lovat. 

Melanobucco leucogenys Blund. Lovat. Bull. Br. Orn. Cl. 
LXVI 1899 Ibis 1900 p. 195. 

No. 1146 © Gadjin, Binescho 20. IV. 1901. 

No. 1166 $ Iris pergamentgelb. Schecho am oberen Gelo 
26. IV. 1901. 

Das letztgenannte Stück stimmt völlig mit der Beschreibung 
Weld Blundells und Lovats überein, mit deren Typus ich es zudem 
noch in London verglich. 

Das erste Stück von Gadjin ist ein interessanter Erytrismus. 
Das weisse Kehlband ist leicht mit rot verwaschen. Der Bauch 
ist — anstatt schwefelgelb — stark zinnoberrot verwaschen. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 389 


Einzelne Federn des Rückens rötlich statt weiss gebändert. Obere 
 Schwanzdecken teils mit roten, teils mit schwefelgelben Spitzen. 
Äussere Schwanzfedern leicht zinnoberrot gesäumt. Schwingen 
des linken Flügels und die des rechten mit Ausnahme der letzten 
Handschwingen normal schwefelgelb gesäumt, die letztgenannten 
aber zinnoberrot gesäumt. Diese unsymmetrische Färbung zeigt 
sanz klar, dass hier eine individuelle Aberration vorliegt. 


Lybius undatus und seine geographischen Vertreter sind im 
Gegensatz zu Zridactylus ausgesprochene Bergwald-Vögel, die in 
Höhen von 1800—3000 m vorkommen. Keine der Arten wurde 
von mir in den Tälern getroffen. 

Doch mögen thiogaster, salvadoris und leucogennys der all- 
gemeinen tieferen verticalen Lage ihrer geographischen Provinzen 
entsprechend etwas tiefer leben, als undatus und gardullensss. 

Im folgenden wiederhole ich nochmals die Vaterländer dieser 
5 Formen. 

1. Lybius undatus thiogaster. Nord-Abyssinien, Bogosland und 

Erythrea. 

2. Lybius undatus undatus. Godjam und Schoa. 
3. Lybius undatus gardullensis. Süd-Äthiopien, Seen-Kette und 

Omo-Gebiet. 

4. ELybius undatus salvadorii. Harar-Gebirge.!) 
5. Lybius undatus leucogenys. West-Abfälle des abyssinischen 

Plateaus (südliche Zuflüsse des blauen Nils und Sobat- 

Quellflüsse). 


151. Lybius tsanae (Grant). 


Pogonorhynchus undatus (nec Rüpp.) Salvad. Uce. della Scioa 
partim No. 7. (581) — Melanobucco tsanae Grant Bull. Br. Orn. 
Cl. XCIII 1902 p. 29. 

No. 774 3 Iris hellgelb. Bola goschana in Doko 10. Il. 1901. 

Diese Art weicht dadurch bedeutend von den übrigen Species 
des Genus Lybius ab, dass auch bei alten Exemplaren der Zahn 


1) Ogilvie Grand geht bei der Bearbeitung der von Degen im Somali- 
Land und Abyssinien gesammelten Vögel Ibis 1904 p. 273 auf meine 
Erörterungen im Bull. Br. Orn. Cl. 1900 p. 15 nicht ein. Ich habe die 
Degen’schen Vögel in London untersucht: Das 5 iuv. von Balawa 
(= Bellaua) bei Harar ist undatus salvadorii, die Stücke von Dedgen 
in Godjam und Hiressa in Schoa undatus undatus. 


390 0. Neumann: 


des Schnabels nur ganz schwach angedeutet ist. Doch glaube 
ich dass es nicht angezeigt ist, hierauf ein neues Genus zu gründen, 
da die Art sich in Dimensionen und auch in der Farbenverteilung 
ganz an Zybius und zwar an Lybius undatus anschliesst. 

Wollte man nur die Deutlichkeit des Zahns zum generischen 
Charakter machen, so müsste man auch die kleinen Tricholaema- 
Arten mit sehr deutlichem Zahn — lacrymosum, melanocephalum, 
stigmatohorax, leucomelan etc. — von den grossen mit nur ganz 
schwachem oder angedeutetem Zahn — hirsutum, flavipunctatum, 
ansorgei — trennen. 

Ein eigentümlicher Character zeigt eine gewisse Verwandt- 
schaft in der Färbung von Lybius tsanae zu diesen drei genannten 
schwachzähnigen Tricholaema-Arten. 

Der Typus von Zsanae, den ich auf dem Londoner Museum 
untersuchte, zeigt an Schwingensäumen, Bürzel und dem Anflug 
des Bauches ein mattes Schwefelgelb, während mein Vogel, ein 
jüngeres Exemplar, hier ein schönes Chromgelb zeigt. 

In ganz gleicher Weise unterscheiden sich die jungen Vögel 
von hirsutum, flavipunctatum und ansorgei von den alten. 

Ebensowenig kann es einem Zweifel unterliegen, dass Pogo- 
nias undatus Ex. f. (581) von Finfinni (Antinori coll 22. VI. 1878) 
Salvadori Ucc. della Scioa p. 69, zu Lybius tsanae gehört, wie 
ich schon O. M. 1903 p. 59 ausgeführt habe.t) 


152. Tricholaema stigmatothorax Cab. 


No. 618, 619 Jg Iris braun. Schambala-Fluss, Male-Land 
19. I. 1901. 

No. 620, 621 22 ebendaher. 

Das Auffinden dieser sehr seltenen Art nördlich des Stefanie- 
Sees rückt die Verbreitung derselben bedeutend nach Norden. 

Sie war bisher nur in wenigen Exemplaren von Mossiro, 
Nguruman, Teita, Ukamba und der Umgegend des Kilima-Ndscharo 
bekannt. Die äthiopischen Exemplare haben etwas blasseres gelb 
wie die Stücke von Ost-Afrika, zeigen aber den roten Fleck auf 
der Brust und dem Vorderkopf mit gelben, nicht weissen Pünktchen, 
sind also nicht mit blandi, die auf das Nordsomali-Land be- 


1) Eine eingehende Untersuchung des erwähnten Stückes von Turin 
sowie anderer schwarzköpfiger Exemplare auf dem Stuttgarter Museum 
ergab, dass dieselben doch nur junge von undatus sind, Lybius isanae 
als Art somit hinfällig ist. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 391 


schränkt scheint, zu verwechseln. Die für Nordsomali-Land als 
stigmatothorax angeführten Stücke (Elliot, Philipps) sind wohl 
alle blandi. Jedoch scheint es mir fraglich, wohin die Stücke von 
Sillul (Donaldson Smith coll.) gehören. 


153. Barbatula chrysocoma santhosticta Blund. Lovat. 


No. 398 3 Habela in Sidamo 12. XII. 1900. 

No. 412 3 Gerbitscho in Djamdjam 14. XII. 1900. 

No. 1009 & Iris braun. Anderatscha in Kafla | 

16. III. 1901. 

No. 1010 & Iris braun, ebendaher 16. III. 01. 

No. 1075 @ Anderatscha in Kaffa 7. IV. 1901. 

No. 1084 & Schubba in Kaffa 11. IV. 1901. 

No. 1124 $ Budda in Gimirra 16. IV. 1901. 

Ein Vogel des dichten Urwaldes, in Höhen zwischen 2000 
und 2700 m lebend. 


Meine Exemplare stimmen völlig mit den Blund. Lovat’schen 
Typen überein. Die Art ist übrigens auf die Seenkette Süd- 
Äthiopiens und das Omosystem beschränkt. Gebiet des oberen 
blauen Nil, wie Reichenow „Vögel Afrikas“ II p. 150 angibt, ist 
unrichtig. Tschlea, wo Weld Blundell und Lovat die Art zuerst 
fanden, liegt unweit des Gibbe, nördlichsten Nebenflusses des Omo. 

Da Ogilvie Grant in seiner Arbeit über die von Degen ge- 
sammelten Vögel Ibis 1904 p. 273 dieselben einfach Barbaiula 
xanthosticta benennt und die bedeutenden Färbungsunterschiede 
derselben gegen den Typus von xanthosticta, mit dem meine Exem- 
plare von den süd-äthiopischen Seen und Kaffa völlig überein 
stimmen, garnicht erwähnt, so benenne ich die Form von Schoa 


gepaartes 
Paar. 


Barbatula chrysocoma schoana nov. subsp. 


Unterseite dunkler gelb wie zanthosticta. Kehle rein 
schwefelgelb, Bauch dunkler. Bei zanthosticta sind alle diese 
Teile viel blasser, weiss schwefelgelblich verwaschen. Oberseite 
viel dunkler wie bei zanthosticta — chrom-orange Zügel und 
Backenstreif bei schoana schwefelgelb, bei zanthosticta weiss. 
Kopfplatte bei schoana dunkel - orangegelb (feuerrot), bei zan- 
thosticta goldgelb. Zwei Exemplare dieser neuen Subspecies 
sammelte Degen bei Dodgit, Provinz Metscha in Schoa (Dodgit 
liegt in der Nähe meiner Fundorte Turra bolonko und Kollu). 


392 0. Neumann: 


Typus von Barbatula chrysocoma schoana No. 390 3 Dodgit 
26. Juni 1902. Degen coll. (Br. Mus.). 
Folgende Arten sind nach meiner Auffassung Subspecies zu 
chrysocoma. 
Barbatula chrysocoma chrysocoma Tem. Senegal bis Ost-Sudan 
(Sennaar und unterer blauer Nil). 

s a guineensis Rehw. Togo und Goldküste, wahr- 
scheinlich bis zum Gambia. 

A n centralis Rchw. Gegenden zwischen Albert 
und Albert Edward-See, vielleicht bis zum 
oberen weissen Nil. 

.s = zanthostictaOmo-Gebietundsüdäthiopische 
Seenkette. 
schoana Schoa (oberer blauer Nil). 

a3 5 extoni Süd-Afrika vom Oranje-Fluss nord- 
wärts bis Nord-Angola u.bis zum Nyassa-See. 


Pieidae. 
154. Iynx aequatorialis Rüpp. 

No. 46 3 Tscherätschä, Provinz Meta, Schoa 19..IX. 1900. 

No. 47 @ ebendaher. 

No. 164 © Kilbe, Schoa 6. X. 1900. 

No. 471 3 Koritscha in Uata dera 24. XII. 1900. 

No. 477 © Tomato in Gudji 25. XII. 1900. 

No. 560 3 Gidole in Gardulla 10. I. 1901. 

No. 670 & Uba 25. I. 1901. 

No. 1140 3 Binescho 20. IV. 1901. 

No. 1141 2? ebendaher. 

No. 1150 3 ebendaher 22. IV. 1901. 

Die Exemplare von Uba und Binescho haben das Rotbraun 
etwas weniger ausgedehnt. Auch zeigte sich bei zwei der Exem 
plare Andeutung einer Bänderung gerade im Kinnwinkel. 


155. Dendromus permiistus kaffensis Neum. 

Dendromus permistus kaffensis Neum. OÖ. M. 1902 p. 9. 

No. 144 © Dalba in Konta (Süd-Provinz von Kaffa) 27. II. 01. 

Wurde nur dieses eine mal angetroffen. Dieses ist ein 
weiteres Beispiel eines Heranreichens der typisch westafrika- 
nischen Fauna bis an das Omo-Gebiet. 

Nach Untersuchung des gesamten Materials von Dendromus 
permistus auf dem Berliner Museum bin ich dazu gekommen, 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 393 


4 Subspecies dieser Art zu unterscheiden. Eigentlich ist per- 
mistus selbst nichts anderes als der geographische Vertreter des 
maculosus. Jedoch scheint an der Goldküste permistus neben 
maculosus vorzukommen (s. OÖ. M. 1894 p. 170) und ferner stehen 
sich in Bezug auf die Bänderung der Unterseite der echte macu- 
losus und der echte permistus näher als wie die dazwischen in 
Togo lebende Form, wie sich aus folgendem ergeben wird. 
Die Formen, welche ich unterscheide sind 


1. Dendromus permistus permistus RBehv. 
Oberseite olivengrün, stark gelb verwaschen, Unterseite mit 
sehr scharfen nnd durchgehenden schwarzen Binden, die 
auch auf den Unterflügeldecken und Unterschwanzdecken 
deutlich sind. Unterseite stark grünlich, auf der Oberbrust 
auch bräunlich verwaschen. Flügel 98—104 mm. 
Heimat: Kamerun, Gabun, Kongo. 


2. Dendromus permistus kafjensis Neum. 

Oberseite viel reiner und gesättigter grün, ohne jeden gelben 
Ton — dunkel grasgrün. Unterseite weiss, sehr schwach 
srünlich überlaufen, aber nicht gelb oder braun. Die schwarzen 
Bänder der Unterseite etwas breiter und weniger zahlreich 
als bei permistus permistus. Weisse Flecke auf dem Kopf 
des @ etwas grösser. Flügel 99 mm. 

Heimat: Omogebiet (Konta, Kaffa). 


3. Dendromus permistus angolensis nov. subsp. 

Von dieser Form lässt sich nur sagen, dass sie in jeder Be- 
ziehung zwischen permistus permistus und permistus kaffensis 
in der Mitte steht. Sollte sie jedoch nicht anerkannt werden, 
so müssten die Angola-Vögel zu kaffensis und nicht zu per- 
mistus gezogen werden. Die Oberseite ist etwas mehr gelblich 
verwaschen wie bei kaffensis. Doch ist sie etwas grösser 
wie beide. Flügel 104—107 mm. 

Heimat: Angola. Typus @ Angola Schütt. coll. Berl. Mus. 


4. Dendromus permistus togoensis nov. subsp. 
Oberseite etwas heller grasgrün mit leichtem gelblichem Ton. 
Die schwarzen Bänder der Unterseite viel schmäler und 
lange nicht so scharf wie bei permistus permistus. Auf dem 
Bauch fast gar keine Bänderung. Auf den Unterschwanz- 
decken keine Bänderung. Bei einigen Exemplaren ein paar 
Tropfenflecke. Unterflügeldecken ohne eigentliche Bänderung. 


394 O. Neumann: 


Nur einige schwarze Punkte auf denselben. Unterseite 
ziemlich deutlich grünlich oder bräunlich verwaschen. Flügel 
98—100 mm. 
Heimat: Togo. 


Typus 3 ad. Misaböhe 10. V. 94. (Baumann coll.) Berl. Mus. 

Zu bemerken ist noch, dass ein Stück mit dem Etikett 
Abokobi. Goldküste Mas. juv. Reichenow coll. — aber anscheinend 
kein g juv., sondern ein altes @ genau so aussieht wie Kameruner 
Exemplare, während man doch annehmen sollte, dass an der 
Goldküste die gleiche Form vorkommt wie in Togo. 

Bedeutend kleinere Stücke, auf welche der Name pumila 
Sjöstedt zu beziehen wäre, (O. M. 1894 p. 35) kann ich unter 
dem Material des Berliner Museums nicht auffinden. 


156. Dendromus nubicus Gm. subsp.? 


No. 551 @ Galana-Fluss am Abaya-See 3. I. 1901. 

No. 705 & Senti-Tal zwischen Uba und Gofa 29. I. 1901. 
No. 1047 © Djiren, Djimma 27. II 1901. 

No. 1103 3 Budda, Gimirra 14. IV. 1901. 


Die vier Vögel gleichen sich oberseits sehr. Der Grundton 
ist sehr dunkel, etwas dunkler wie der von Exemplaren aus dem 
Massai-Land, überall deutlich gelb angelaufen. Die Unterseite 
des Stückes vom Galana-Fluss ist fast weiss, die der drei andern, 
besonders der Exemplare von Djimma und Gimirra sehr stark 
gelblich, fast braungelb. 


Die Kenntnis der geographischen Formen des Dendromus 
nubicus liegt noch ganz im argen. Vorläufig ist nur die Form 
Dendromus pallidus Sharpe von Witu als solche zu betrachten. 
Etwa gleichzeitig mit Sharpe nannte Reichenow „Vögel Afrikas“ 
II p. 179 zwei hellere Stücke pallidus, von denen aber meiner 
Meinung nach nur das eine von Barawa (Süd-Somali-Land) zum 
Sharpe’schen pallidus gehört, während das Mpapwa-Stück inter- 
mediär zwischen gpallidus Sharpe und Massai-Exemplaren des 
nubicus ist. 


Hingegen hat Reichenow Unrecht den Dendromus neumanni 
als Varietät von nubicus anzunehmen. Wie ich schon J. ©. 1900 
p- 203/204 erwähnt habe, ist neumanni kein geographischer Ver- 
treter des nubicus, sondern kommt neben ihm vor. Ich sammelte 
in Kwa Kitoto in Kavirondo beide Arten. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 395 


Dendromus neumanni unterscheidet sich von nubicus be- 
sonders im weiblichen Kleide durch die nur stecknadelknopfgrossen 
weissen Punkte auf dem Kopf, die wohl 4 bis 5 mal so klein 
sind, wie die von nubicus. Ferner durch die bis zum Kinn 
reichende schuppenförmige Fleckung der Unterseite, siehe Ab- 
bildung J. O. 1900 T. I, und die schwarzgraue, nur dünn weiss- 
gefleckte, nie gebänderte Oberseite. Leider gibt erwähnte Ab- 
bildung die Färbung der Oberseite unrichtig wieder. Auf ihr 
sieht es nämlich aus, als sei die ganze Oberseite dunkeloliven- 
farbig, während tatsächlich neumanni nur die Flügeldecken etwas 
oliven verwaschen hat, während die übrige Oberseite schwarzgrau 
ohne jeden olivenfarbenen Ton ist. 

Das @ vom Senti-Fluss wird von Reichenow (Vögel Afrikas 
II p. 180) als @ vom niger beschrieben. Es hat aber nur etwas 
stärkere Fleckung auf der Unterseite als die andern Stücke, denen 
es in Bezug auf die Färbung der Oberseite ganz gleicht. 


157. Dendromus niger Neum. 


Dendromus niger Neum. OÖ. M. 1902 p. 9. 


No. 974 9 semiad. Buka-Berge (Süd-Kaffa) 4. III. 1901. 
No. 1022 3 juv. Anderatscha in Kafta 18. III. 1901. 


Zwei schwarze Vögel, nur auf den Flügeldecken leicht oliven- 
gelb verwaschen mit sehr grossen breiten Tropfenflecken auf der 
Unterseite. Oberseite mit wenigen, aber sehr scharf markierten 
weissen Tropfenflecken. Beide haben rein schwarze Kopfplatte. 
Nur der Schopf rot. Bei dem älteren treten einige rote Federn 
im schwarz hervor. 


Es lag die Frage nahe, ob dies nur die jüngeren Vögel der 
vorigen dnnkleren abyssinischen Form seien, in welchem Falle 
diese hoch-abyssinischen Form des nubicus als Dendromus nubicus 
niger zu bezeichnen wäre. Aber der Umstand 1.) dass in Ost-Afrika, 
der dem nöger anscheinend nächststehende neumanni neben nubicus 
vorkommt, 2.) dass beide Exemplare in viel bedeutenderen Höhen 
erlegt sind, als die vier gesammelten als nubicus angeführten 
Exemplare veranlassen mich, die Art als solche aufrecht zuerhalten. 

Möglich wäre es ja auch, dass ein Melanismus vorliegt, wie 
er ja bei Bergformen öfters vorkommt. Dies zu behaupten wäre 
jedoch Speculation. 


396 0. Neumann: 


158. Mesopicos goertae abyssinicus Rchw. 


Mesopicos goertae abyssinicus Rchw. O. M. 1900 p. 58, — 
Vögel Afrikas II p. 187 — Mesopicos spodocephalus (partim) 
Grant Ibis 1900 p. 304. 

No. 1195 @& Gurafarda-Berge am oberen Gelo 6. V. 1901. 

Reichenows goertae abyssinicus scheint quasi ein Übergang 
zu sein zwischen goertae poicephalus (Sw.) und spodocephalus 
Rüpp. Die Oberseite ist stets dunkler goldgelb wie bei poice- 
phalus, bei meinem Stück fast so wie bei spodocephalus. 

Der rote Bauchfleck scheint stets etwas stärker hervorzu- 
treten als bei andern Formen des goeriae, aber lange nicht so 
stark wie bei spodocephalus und rhodeogaster. Von ersterem 
unterscheidet ihn ferner die deutliche weisse Bänderung auf der 
Aussenfahne der Schwingen und dem Schwanz, von dem letzteren 
die olivenfarben überlaufene Unterseite Hierher gehört Meso- 
picos spodocephalus No. c juv. vom blauen Nil 13. Mai 1899, 
Grant Ibis 1900 p. 304, welches ich auf dem Londoner Museum 
untersuchte. 

Im übrigen muss ich den Ausführungen Grants und Sharpes 
Ibis 1902 p. 425 und 641 rechtgeben, dass sich centralis Rchw, 
nicht von poscephalus trennen lässt. Ich verglich im Sommer 
1903 auf dem Londoner Museum das ganze sehr grosse dortige 
Material mit dem des Tring Museums und mehreren andern 
Stücken aus dem Berliner, Münchener, Stuttgarter Museum, Prof. 
Königs und meiner Sammlung und konnte Unterschiede zwischen 
Stücken aus dem Niam-Niam-Land und dem Zwischen-Seengebiet 
und solchen vom Congo, Niger, der Goldküste, Gambia u. s. w. nicht 
herausfinden. Der rote Brustfleck ist mehr oder weniger ange- 
deutet. Nie jedoch so gross wie bei abyssinicus. 

Ich möchte also folgende Formen des Mesopicos goertae 
anerkennen. 


1. Mesopecos goertae goertae (St. Müll.) Senegal. 

2. Mesopicos goertae königi Neum. Nil zwischen Chartum und 
der Atbara-Mündung (vermutlich nördlich bis Dongola. 

3. Mesopicos goertae abyssinicus Rehw. Westabfall des abyssi- 
nischen Plateaus, aber nicht Tiefland des Sudan. 

4. Mesopicos goertae poliocephalus (Sw.) Gambia bis Congo und 
von dort durch Central-Afrika bis zum Victoria Nyansa und 
oberen weissen Nil. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 397 


An den Grenzgebieten kommen natürlich intermediäre Stücke 
vor, so besonders am weissen Nil zwischen Faschoda und Chartum 
solche zwischen poliocephalus und königi, am mittleren blauen 
Nil wohl auch zwischen abyssinscus und königi. 


159. Mesopicos spodocephalus Bp. 


No. 27 © Tscherätschä, Provinz Meta, Schoa 18. IX. 1900. 

No. 105 @ Abuje, Gindeberat, Schoa 28. IX. 1900. 

No. 139 3 Auato, Gindeberat, Schoa 3. X. 1900. 

No. 146 3 Badattino, Gindeberat, Schoa 4. X. 1900. 

No. 151 3 Gallan, Kollu, Schoa 5. X. 1900. 

No. 152 © ebendaher. 

No. 284 3 Zuai-See 24. XI. 1900. 

No. 337 2 Alelu nördlich des Abassi-Sees 3. XII. 1900. 

No. 355 9 juv. Abassi-See 6. XII. 1900. 

No. 511 © Gardulla 11. I. 1901. 

No. 750 3 Gadat, Gofa 3. Il. 1901. 

No. 1063 3 Kankati-Wald, Djimma 3. IV. 1901. 

No. 1149 5 Detschabassa in Binescho 22. IV. 1901. 

g ohne Fundort, vermutlich Kaffa. 

Jüngere Stücke sind mehr olivengrün und nicht so schön 
soldgelb auf dem Rücken, wie ältere. Das schönste Goldgelb 
haben die Stücke aus dem eigentlichen Schoa, doch wird dieses 
wohl auf dem Umstande beruhen, dass die dort gesammelten 
Stücke alle zur Brutzeit erlegt wurden. 

Die Unterschiede zwischen dem nordost-afrikanischen Meso- 
picos spodocephalus und dem ostafrikanischen Mesopecos rhodeo- 
gaster habe ich O.M. 1901 p. 183/184 eingehend auseinander gesetzt. 

Die von Reichenow „Vögel Afrikas‘ II p. 188 für spodocephalus 
angegebene Verbreitung Abyssinien bis zum Victoria Nyansa ist 
falsch. Der Fundort Baringo-See (Johnston coll.) Sharpe Ibis 1902 
p. 113 bezieht sich natürlich auf rhodeogaster. 

Mesopicos spodocephalus ist auf die Hochländer von Abyssinien 
und Süd-Äthiopien inclusive der Harar-Berge beschränkt. 

Seine Standorte liegen zwischen 1800 und 3200 m, und zwar 
ist er in den höheren Regionen häufiger. 


160. Thripias namaquus schoensis (Rüpp.) 


No. 293 5 Suksuk-Fluss 27. XI. 1900. 
No. 301 2 ebendaher. 28. XI. 1900, 


398 Ö. Neumann: 


No. 312 $ ebendaher. 29. XI. 1900. 

No. 341 3 Abassi-See 4. XII. 1900. 

g am mittleren Gelo V. 1901. 

Ferner am Abaya- und Gandjule-See und im Adoshebai-Tal 
beobachtet und erlegt. 

Ein ausgesprochener Vogel des Tieflands, der nie hoch in 
die Berge geht. War in den Akazienhainen am Zuai-See und 
am Abaya-See besonders häufig. 

Thripias schoensis ist eine schwache Subspecies zu nama- 
guus, zu welchem mancherlei Übergänge vorkommen. So gehören 
meine Stücke von Kwa Kitoto (Kavirondo) J. ©. 1900 p. 202 und 
ein von Fischer bei Muniuni gesammeltes Exemplar fast eher zu 
schoensis als zu namaquus, da sie Fleckung auf der Brust zeigen. 

Für eine viel bessere Subspecies würde ich die „Varietas“ 
angolensis Rehw. halten, mit geflecktem und nicht gebändertem 
Rücken, einfarbig schwarzem und ungebändertem Schwanz, und 
olivengelben ungebänderten Oberschwanzdecken, wenn nicht ein 
Exemplar von Krebs im Kaffernland gesammelt, gleichfalls ango- 
lensis wäre. 

Jedenfalls sind alle angolensis-Exemplare ganz alte Stücke. 


161. Dendropicos abyssinicus (Stanl.) 

No. 133 d Abuje. Provinz Gindeberat, Schoa 2. X. 1900. 

No. 734 © Gadat in Gofa 31. I. 1901. 

No. 746 @ ebendaher 2. II. 1901. 

No. 755 © ebendaher 4: II. 1901. 

No. 760 8 ebendaher 5. 1I. 1901. 

No. 966 $ Dereta-Berge Kaffa 2. III. 1901. 

No. 967 @ ebendaher. 

No. 971 @ Buka, Kaffa 4. III. 1901. 

No. 991 3 juv. Anderatscha (Kaffa) 11. III. 1901. 

No. 999 © ebendaher 15. III. 1901. 

& ebendaher. 

g juv. ebendaher. 

No. 1035 © ebendaher 24. III. 1901. 

No. 1083 @ Schubba West-Kaffa 11. IV. 1901. 

No. 1104 @ Budda, Gimirra 14. IV. 1901. 

No. 1109 3 juv. ebendaher 15. IV. 1901. 

Die jungen Vögel sind auf der Oberseite olivengrün statt 
soldgelb und gleichen sehr dem Dendropicos lafresnayi von 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 399 


welchem sie hauptsächlich nur durch die braunen Schäfte von 
Schwanzfedern und die schön scharlachroten Oberschwanzdecken 
zu unterscheiden sind. 

Alte 29 in der Brutzeit (No. 755 und No. 967) haben die 
goldgelben Federn des Oberrückens oft leicht mit rot verwaschen. 
Bei den mit ihnen gepaarten ZZ ist das nicht der Fall. 

Dendropicos abyssinicus lebt ungefähr in gleichen Höhen 
wie Mesopicos spodocephelus. Vielleicht geht er noch etwas höher 
hinauf. Auf dem Gofa-Bergrücken war er in einzelnen Baum- 
gruppen in ca. 3000 m Höhe recht häufig. In den Tälern habe 
ich ihn nie beobachtet. 


162. Dendropicos guineensis lepidus Cab. Hein. 


Ipoctonus lepidus Cab. Heine, Mus. Heineau IV. 2. 1863 p. 
118 — ? Dendropicos simoni Og. Grant, B. B. 0. C. LXVIl. Jan. 
1900 — Ibis 1900 p. 304, 372. 

No. 706 9 Senti-Tal zwischen Uba und Gofa 29. I. 1901. 

No. 943 © Dalba in Konta 27. IL 1901. 

No. 1182 9 Maschango-Land, oberer Gelo 3. V. 1901. 

Die beiden 39 haben rein olivengrüne Oberseite ohne Quer- 
 bänderung, während sich beim @ eine ganz undeutliche Quer- 
wellung auf dem Rücken zeigt. Es kann keinem Zweifel unter- 
liegen, dass diese Stücke mit lepidus Cab. Heine zusammenfallen. 
Hingegen beschreibt Grant seinen simon etwasanders und vergleicht 
ihn mit dem oberseits deutlich gebänderten zanzibari = hartlaubi. 

Diese Form unterscheidet sich von dem nächstverwandten 
lafresnayi durch matteren, etwas mehr olivengrünen Ton der Ober- 
seite Keine Spur von rot auf den Oberschwanzdecken. Ich 
möchte hierbei bemerken, dass alles das, was ich lafresnayi nenne, 
eigentlich sharpei ist. Ich kenne nämlich keinen lafresnayi mit 
roten Oberschwanzdecken. Alle Vögel des Berliner Museums 
von Fundorten, die der Catalogue of Birds als zu lafresnayi ge- 
hörend angeführt, haben kein rot, oder nur einen minimalen Anflug 
davon aufden Oberschwanzdecken, so vom Niger, Kamerun, Uganda. 

Somit glaube ich, hat Reichenow völlig recht, wenn er sharpei 
mit lafresnayi vereinigt. Nur wenn sich Vögel, vielleicht im Süd- 
Congo-Becken finden sollten, die stets deutlich rotgespitze Ober- 
Schwanzdecken haben, so müssten diese lafresnayi genannt werden, 
und wären die Kamerun, Niger, Nyansa, Gabun Vögel als 
sharpei zu sondern. 


400 Ö. Neumann: 
Eine weitere Form von Togo benenne ich 


Dendropicos guineensis zechi nov. subsp. 


Diese drei Formen mit ungebänderter oder nur ganz schwach 
gebänderter Oberseite unterscheiden sich in folgender Weise: 


1. Dendropicos guineensis lafresnayi Malh. 


Oberseite sehr stark goldigolivengelb. Unterseite stark 
gelblich verwaschen mit breiten schwarzen Strichen. 

Heimat: Gabun, Congo, Kamerun bis Niger und durch Central- 
Afrika bis nach Uganda. 


2. Dendropicos gwineensis zechi nov. subsp. 


Oberseite matter, mehr ins olivengraugelbe. Unterseite 
weissgrau, schwächer gelblich verwaschen mit viel dünneren 
schwarzen Strichen. 

Heimat: Togo, vermutlich ganz Ober-Guinea (Casamanze, 
Fanti, Goldkäüste). 


Typus 8 Kete-Kretschi (Togo)1. VII. 1896 Graf Zech Berl. Mus. 


3. Dendropicos guineensis lepidus Cab. Heine. 


Oberseite etwas matter wie bei lafresnayi und mehr ins 
olivengrüne ziehend. Unterseite stark gelbgrünlich verwaschen 
mit deutlichen, breiten, schwarzen Strichen. 

Heimat: West- und Süd-Abhänge des abyssinischen Plateaus. 
(Zuflüsse des blauen Nil, des Sobat und Omo System.) 


163. Dendropicos guineensis hemprichi (Hempr. u. Ehr.). 


No. 633 @ Barssa-Fluss, Male-Land 21. I. 1901. 

Dieses Stück steht in der Mitte zwischen massaicus und 
hemprichi. Die Oberschwanzdecken sind deutlich rotgespitzt. 
Die Oberseite gelblich überlaufen. Wegen der ziemlich deutlichen 
Querbänderung der Schenkel ziehe ich es aber zu hemprichi, da 
ich auf dieses eine noch dazu schlecht präparierte Exemplar keine 
neue Subspecies begründen will. Flügel 82 mm. 

Wie ich schon früher J. f. ©. 1900 p. 200, 206, 207 aus- 
seführt habe, sind sämtliche Dendropiecos-Arten mit gelben Feder- 
schäften nichtsals Angehörige desselben Formenkreises — geographi- 
sche Vertreter der gleichenGrundform, und daher trinär zu benennen. 

Reichenow gibt in seinen „Vögeln Afrikas“ p. 191—201 
eine absolut willkürliche und gar nicht die natürliche Verwandt- 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 401 


schaft berücksichtigende Anordnung der Dendropicos-Arten, in die 
er die afrikanischen Jyngipicus-Arten einbezieht. Er trennt die 
geographischen Formen hartlaube — meine Subspecies massaicus 
und centralis erkennt er nicht an, trotzdem er schreibt: „Vögel 
aus dem Massai-Lande sind oberseits kaum gelbgrünlich ver- 
waschen, die dunkle und helle Querbänderung ist immer deutlicher 
als bei Vögeln von Sansibar, und die Oberschwanzdecken haben 
immer rote Spitzen, während sie bei sansibarischen olivengelb 
sind ohne rote Spitzen“ — was also nach seinen sonstigen 
Prinzipien eine Species und nicht nur eine Subspecies begründen 
müsste — er trennt, wie gesagt, hartlaubi und den nächstverwandten 
hemprichi durch die braungeschäfteten Arten »oecilolaemus und 
abyssinicus, und schiebt zwischen hemprichi und dessen nächsten 
Verwandten minutus den zum Genus oder mindestens zur Unter- 
abteilung Jyngipicus gehörenden stierlingi, während er auf minutus 
den Jyngipieus obsoletus und ingens, dann erst wieder die grünen 
Dendropicos-Arten lugubris, reichenowi und gabonensis folgen lässt. 
Eine derartige Anordnung ist nach meiner Ansicht verwirrend 
und ich führe daher die „Species“ von Dendropicos, welche nur geo- 
graphische Vertreter der gleichen Grundform sind, in folgendem 
auf, verzichte aber auf Angabe der subspecifischen Charactere. 
Ich gebe die Formen in der ungefähren natürlichen Ver- 
wandtschaft. 
1. Dendropicos guineensis lafresnayi Malh. Niger, Kamerun, 
Gabun, Kongo, Uganda, Zwischen-Seen-Gebiet. 
2. D. g. zechi Neum. Togo (ganz Ober-Guinea?) 
3. D. g. lepidus Cab. Heine West-Abfälle des abyssinischen 
Plateaus. 
4. D. g. centralis Neum. Nyassa-Land, Uhehe bis zur Südküste 
des Vietoria-Nyansa, (vielleicht Angola). 
5. D.g. hartlaubi Malh. Sansibar und Küstengebiete von Deutsch- 
Ost-Afrika und Mosambique. 
6. D. g. gwineensis (Scop.) Süd-Afrika, im Osten bis etwa zum 
Sambesi, im Westen bis Damara-Land. 
7. D. g. massaicus Neum. Massai-Länder. 
8. D. g. hemprichi (Hempr. u. Ehrenb.) Sennaar, Kordofan, 
Abessinien, Schoa, Nord-Somali-Land. 
9. D. g. albicans Erl. Süd-Somali-Land. 
10. D. g. minutus Tem. Nordwestafrika, Senegal und Gambia, 
(angeblich weisser Nil). 
Journ, f. Om, LII. Jahrg. Juli 1904. 27 


402 Ö. Neumanti: 


Nun gibt es natürlich stellenweise Übergangsformen an den 
Grenzgebieten der betreffenden Arten, so insbesondere zwischen 
massaicus und albicans, zwischen centralis und lafresnayi, centralis 
und gueneensis u. S. W. 

Andrerseits dürften noch einigeFormen neue Namen verdienen, 
so möchten wohl die Vögel von Angola, die ich vorläufig zu cen- 
tralis ziehe, von diesem abzutrennen sein, in Mossamedes und 
Ovambo-Land scheint eine eigene Form vorzukommen. Der 
hemprichi von Sennaar und Kordofan dürfte von dem hemprichi 
des Nord-Somali-Landes vorschieden sein. Das alles wäre einer 
eingehenden Revision an der Hand eines grösseren Materials wert. 
Hier soll nur constatiert werden, dass diese 10 Formen einen in 
sich geschlossenen Kreis bilden und mit den grünen und gelben 
braunschäftigen Dendropicos-Arten, und mit den grauen Jyngipicus 
Arten nichts zu tun haben. 


164. Jyngipicus obsoletos nigricans nov. subsp. 

No. 952 $ Uma-Fluss in Konta 28. II. 1901. 

Diese neue Form gleicht in Bezug auf die schwarzgraue, 
nicht hellaschgraue Färbung der Oberseite dem obsoletus ingens 
Hartert und hat auch wie dieser die Unterseite rauchgrau, nicht 
weiss mit grauen Schaftstrichen, hat auch weniger weiss auf 
Flügeln und Schwanz, ist aber nicht grösser als obsoleius obsoletus. 
Flügel 82 mm. 

Ein mit meinem fast identisches Stück, @ Flügel 82 mm, von 
Emin Pascha in Longomeri gesammelt, auf dem Londoner Museum. 

Eine eingehende Untersuchung des Londoner Materials, 
combiniert mit dem Material von Tring und Stuttgart und nach- 
folgender Vergleich mit dem des Berliner Museums lässt mich 
folgende 4 Formen von obsoletus erkennen. 2 


1. Jyngipicus obsoletus obsoletus (Wagl.) 
Hellaschgrau, weisse Flecke auf Flügeldecken und Schwanz 
sehr breit und lang bindenförmig. Flügel 76—82 mm. 
Senegal und Gambia bis Sudan. 
Vögel vom Senegal und Sudan sind etwas kleiner. Flügel 
76—80 mm. Vögel vom Gambia etwas grösser. Flügel 80—82 mm. 


3 2. Jyngipicus obsoletus heuglini nov. subsp. 
Hellaschgrau. Weisse Flecke auf Flügeldecken und Schwingen 
kleiner, tropfenförmig. Flügel 85--89 mm. 
Erythrea und Bogosland. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 408 


Typus: & ad. (vom Sammler als 2 bestimmt) Ghadi Saati 
am Mareb, Schrader coll. im Tring Museum. 

Ein von Heuglin in Keren gesammeltes @ im Stuttgarter 
Museum. Das Berliner Museum besitzt ein von Heuglin am Wadi 
Ain gesammeltes Stück, jüngeres g, welches gleichfalls die geringere 
Ausdehnung des Weiss auf den Flügeln besitzt, dabei aber nur 
82 mm Flügellänge hat. 

3. Jyngipicus obsoletus ingens Hartert. 

Düster schwarzgrau mit aschgrauer Unterseite. Flügel 
90 mm. Kikuyu. 

4. Jyngipicus obsoletus nigricans Neum. 

Am Schwanz keine weissen Binden, sondern nur Tropfenflecke. 
Am Emin’schen Stück sind dieselben noch kleiner als bei meinem 
Typus. 

Wie ingens, aber kleiner. Flügel 82 mm. Omo System und 
Aequatorial Provinz (Longomeri). 

_ In Summa wurden 19 Exemplare von obsoletus und Sub- 
species verglichen und gemessen. 

J. obsoletus obsoletus bewohnt Tiefebenen mit Steppencharacter, 
obsoletus heuylini mehr gebirgige Gegenden, ingens und nigricans 
hohe, dichte Bergwälder. | 

Die zuletztbeschriebene Jyngipieus-Art stierlingi Rehw. ge- 
hört zwar auch wohl in diesen Formenkreis, weicht aber durch 
die kolossale Grösse, 98—105 mm Flügellänge, und das völlige 
Fehlen von weiss auf Flügeldecken und Schwanz derart ab, dass 
sie am besten nicht als Subspecies hierzu gezogen wird. 


Culiidae. 
165. Colius striatus leucotis Rüpp. 

No. 90 3 Iris perlgrau. Badattino, Gindeberat, Schoa 27. 
IX. 1900. 

No. 141 5 Auato, Gindeberat, Schoa 3. X. 1900. 

No. 682 $ Senti-Tal zwischen Uba und Gofa 27. I. 1901. 

No. 715 @ ebendaher 30. I. 1901. 

Die beiden Schoa-Stücke haben die Kehle schöner und tiefer 
herab gebändert als die beiden Stücke aus dem Omo-Gebiet. 
Gleichfalls sehr schwache und matte Kehlbänderung haben nord- 
‚west -abyssinische Stücke des Berliner Museums. Diese haben 
die Unterseite stark gelb, während meine Exemplare, besonders 
die beiden Senti-Stücke, die Unterseite sehr blass haben. Mehr 

27* 


404 Ö. Neumänit ; 


Material ist notwendig, um zu entscheiden, ob hier verschiedene 
geographische Formen vorliegen. Ich halte siriatus, nigricollis, 
leucotis, affinis u. Ss. w. für geographische Vertreter derselben 
Grundform und benenne sie deshalb trinär. 


Ich möchte hierzu folgende Bemerkungen machen: 

1. Den Cokius nigriscapalis Rchw. halte ich für eine berechtigte 
geographische Form, da sie nur auf dem Kamerungebirge 
selbst vorkommt. 

2. Den Cohius affınis berlepschi Hartert kann ich gleichfalls an 
den schön silbergrauen Backen, der dunkleren Kehle, den 
etwas längeren Flügeln von den Küsten-Vögeln Colius affinis 
unterscheiden. Doch wirft Hartert zwei im allgemeinen 
etwas verschiedene Formen zusammen. Während nämlich 
bei den Vögeln aus dem Nyassa-Gebiet (vergl. C. berlepschi 
Hartert in Ansorge: „Under the african Sun“ p. 333/334) 
das Grau der Wangen allmählich in die schwarzgraue Kinn- 
und Oberkehlfärbung übergeht, treten die Wangen bei den 
Vögeln von Uganda, Kavirondo u. s. w. deutlicher als Fleck 
hervor. Die Kehle ist hier mattschwarz mit einzelnen weiss- 
grauen Streifchen, durch Jdie Federsäume gebildet. Ferner 
haben die Nyassa-Vögel fast gar keine Bänderung im Nacken, 
die Nyansa-Vögel meist eine ziemlich deutliche. Doch gibt 
es Übergänge, so dass eine Sonderung nicht angebracht er- 
scheint. Ein Übergangsstück zwischen leucotis und berlepschi 
ist ferner mein J. O. 1900 p. 190 erwähntes Stück mit stark 
sebändertem Nacken und schwach gebändertem Unterrücken. 
Ferner weichen zwei von Emin bei Battaiba-Buehssa — am 
oberen Ituri gesammelte nigricollis- Exemplare dadurch 
von nigricollis-Stücken von Kamerun, Gabun und Kongo 
ab, dass der Bauch heller, und die Färbung der Bän- 
derung der unteren Kehle etwas anders ist. Diese ist mehr 
schwarz auf bräunlichgrau — bei westlichen Stücken mehr 
dunkelbraun auf hellbraun. Aber auch diesen Exemplaren 
möchte ich noch keinen neuen Namen geben, bis weiteres 
Material vom Ituri vorliegt, sondern nur auf den Unterschied 
hinweisen. | 


Ich lasse folgende Formen gelten: 
1. Colius striatus strialus Gm. Kap-Colonie. 
2. Cokus striatus minor Cab. Von Natal bis zum Sambesi. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 405 


3. Colius striatus berlepschi Hart. Inneres Ost-Afrika vom Nyassa- 
See bis Unjoro und Kavirondo. 

4. Oolius striatus affınis Shell. Küstengebiete von Deutsch- und 
Englisch-Ost-Afrika. 

5. Oolius striatus leucotis Rüpp. Nordost-Afrika. 

6. Colius striatus nigricollis Vieill. West-Afrika, Congo, Gabun, 
Kamerun bis zum Ituri, aber nicht Kamerun-Gebirge. 

7. Colius siriatus nigriscapalis Rchw. Kamerun-Gebirge. 


Trogonidae. 
166. Apaloderma narina -(Steph.) 

No. 123 @ Madali am oberen Abai (blauen Nil) 1. X. 1900. 

No. 362 © Abassi-See 6. XII. 1900. 

No. 407 3 Alata in Sidamo 13. XII. 1900. 

No. 1168 9 Maschangoland am oberen Gelo 27. IV. 1901. 

Auch am Omo und Godjeb und in Kaffa beobachtet. 

Diese äthiopischen Exemplare glänzen im Vergleich besonders 
zu südafrikanischen und Angola-Stücken sehr schön blaugrün. 
Auf Bürzel und Oberschwanzdecken kann man in gewissem Lichte 
ein tiefes Blau sehen. Die Kehle der @9 ist viel düsterer braun, 
als bei Stücken aus Ost- und Süd-Afrika und Angola. Weiteres 
Material muss zeigen, ob diese Unterschiede ganz constant sind. 


Anhang. 


Zu S. 369. Falco biarmicus abyssinicus. 

Auf meine Bitte sandte mir Herr v. Rothschild eine Anzahl 
Edelfalken aus Mittel-Ägypten, Nord-Abyssinien und dem Harar 
Bergrücken zum Vergleich, wofür ich ihm und Director Hartert 
meinen besonderen Dank sage. 

Diese Reihe bestätigt meine Ausführungen vollkommen. 

Die ägyptischen Stücke — echte Zanypterus — stimmen 
völlig mit den Schlegel’schen Typen überein. Sie sind auch in 
Bezug auf Färbung nicht im geringsten von tunesischen — 
erlangere — zu unterscheiden. Die um etwas bedeutendere 
Grösse ist der einzige Unterschied, den ich zwischen diesen beiden 
Formen des biarmicus finden kann. 

Hingegen haben die andern Stücke stets die bedeutend 
lebhaftere Färbung des Oberkopf und den starken rosabraunen 


406 O0. Neumann: 


Anflug der Unterseite und zwar schoanische und Harar Stücke 
stärker als Exemplare aus Nord-Abyssinien (Salomona, Aylet, 
Senafe Pass, Ghadi Sati am Mareb) — alle diese von Schrader 
gesammelt. 

Ein fernerer Unterschied zwischen Nord- und Süd-Abyssiniern, 
die ich unter dem Namen abyssinicus zusammenfasse, einerseits 
und tunesischen erlangeri und oberägyptisch-nubischen Zanyp- 
terus andrerseits besteht darin, dass letztere niemals die schöne 
schieferschwarze Farbe auf dem Oberrücken und das schöne 
Schiefergrau auf Unterrücken und Bürzel haben, das abyssini- 
cus sowohl wie der ost- und südafrikanische biarmicus im Alter 
erhalten. 

Hingegen ist die schwarze Stirnbinde kein absolut sicheres 
Kennzeichen, denn ein von Saphiro bei Worka gesammeltes Stück 
des Tring Museums und ein von Schöller in Erythrea gesammeltes 
Stück des Berliner Museums haben diese Binde nicht geschlossen, 
sondern nur einen breiten schwarzen Strich über den Augen. 

Mit mehr Material wird es sogar möglich sein, noch weitere 
Abweichungsgrade zwischen einzelnen Formen des bearmicus 
aufzustellen, doch frägt sich sehr, ob dies wünschenswert ist. 
Dass z. B. die Nordabyssinier etwas anders aussehen wie die 
Schoa-Harar Exemplare, habe ich soeben erwähnt. Ferner weicht 
das einzige adulte Exemplar von Togo, das mir vorliegt, von 
allen nordostafrikanischen Stücken, besonders im Färbungston 
der Kopfplatte ab. Ostafrikanische bsarmicus sind auch meist 
nicht so völlig fleckenlos auf der Unterseite wie es südafrikanische 
constant sind. 


Zu S. 350. Numida ptilorhyncha macroceras Erl. 


Numida ptilorhyncha macrocera Erl. ©. M. 1904 Aprilheft. 

No. 275 $ Zuai See 23. XI. 1900. 

No. 276 2 juv. ebendaher. 

Kopf 3 Gudji am Abaya See 26. XII. 1900. 

Kopf 3 juv.? Barssa Fluss, Male Land 21. I. 1901. 

Characteristisch für diese Form ist: Schnabellappen meist 
ziemlich klein, oval, nach hinten etwas zugespitzt. Sonst ähnlich 
neumanni Erl. Der bei alten Stücken stets vorhandene, meist 
sehr hohe, spitze Helm, bei einem Stück des Tring Museums 
von Donaldson Smith am Stephanie-See (nicht Rudolf-See) am 
22. V. 95 gesammelt ist derselbe etwa 30 mm hoch. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 407 


Verbreitung: Südäthiopisches Seeengebiet, etwa vom Rudolf- 
See bis zum Zuai-See. 


Numida ptilorhyncha omoensis nov. subsp. 


No. 694 Kopf 3 Senti-Tal zwischen Uba und Gofa 28. I. 1901. 
Ohne No. Koscha nördlich des Omo. 21. II. 1901. (Typus.) 
Ohne No. Kopf 3 ebendaher. 

Ohne No. Kopf @ ebendaher. 

Helm etwas kleiner wie bei der vorigen Form. Kopfhaut 
sehr stark runzlig zusammengezogen. Nasenborsten stärker wie 
bei allen andern Formen mit Ausnahme von somaliensis. 

Verbreitung: Täler des Omo und seiner Nebenflüsse. 


Numida ptilorhyncha maior Hartl. 


Numida ptilorhyncha var. major Hartl. Abhandl. Ver. Bremen 
1882, p. 216/217. 

Ohne No. $ Jamboland am Gelo 17. V. 1901. 

No. 1222 $ Gelo nahe dem Tata-See 19. V. 1901. 

Diese Form hat bei beiden Geschlechtern keinen eigent- 
lichen Helm. Hornborsten kaum vorhanden oder minimal. 

Die von Hartlaub angegebenen Kennzeicher — bedeutendere 
Grösse und einfarbige dunkelbraune Innenfahne der Handschwingen 
mit kaum erkenntlich feinen und unregelmässig vereinzelten 
hellen Pünktchen, die am Spitzenteil etwas deutlicher gruppiert 
sind — .sind teils nicht richtig, teils nicht konstant. 

Verbreitung: Uganda, weisser Nil, Sobatgebiet. 

Meine Exemplare stimmen völlig mit einem Stück von der 
Insel Soweh im Victoria Nyansa (Stuhlmann leg.) des Berl. 
Mus., einem von Kitamora in Unjoro (Ansorge leg.) des Tring Mus., 
drei von Kaka am weissen Nil (Hawker leg.) des Br. Mus. 
überein. Siehe Og. Grant Ibis 1903 p. 469, 470. 


Durch die grosse Liebenswürdigkeit der Herren v. Rothschild 
und Hartert, des Besitzers und des Directors des Tring Museums, 
die mir auf meine Bitte ihr gesamtes aus 19 Exemplaren be- 
stehendes »telorhyncha Material nach Berlin sandten, bin ich in 
der Lage, näher auf die einzelnen geographischen Formen des 
Borsten-Perlhuhns einzugehen. 


408 0. Neumann: j 
Ich unterscheide folgende Formen desselben: \ 

1. Numida ptilorhyncha ptilorhyncha Leht. Less. Nord-Abys- \ 
sinien, Bogosland, Erythrea, nördlich bis Suakim. \ 

2. Numida ptilorhyncha maior Hartl. weisser Nil, Sobat, Un- 
joro, Uganda. , 

. Numida ptilorhyncha neumanni Erl.Ussoga, Kavirondo, Turquel. / 

. Numida ptilorhyncha macroceras Erl. Südäthiopische Seen. 

. Numida ptilorhyncha omoensis Neum. Omo-System. 

. Numida ptilorhyncha somaliensis Neum. Somali- und Danakil- 
land, südliche Galla-Länder. 

7. Numida ptilorhyncha toruensis Neum. Toru. 


on pP 


1. Numida ptilorhyncha ptilorhyncha Leht. Less. 


Lesson gibt nur Afrika als Heimat an. Da Rüppell der 
erste ist, der die Art abbildet und deutlich ein nordabyssinisches 
Stück abbildet, so beziehe ich den Namen ptilorhyncha auf die 
Form von Nord-Abyssinien. Ausser einer Anzahl von Exemplaren 
mit dem Etikett „Abyssinien‘“ ohne näheren Fundort, verglich ich 
die Stücke im Br. Mus. von Suakiın (nördlichster Fundort des 
ganzen Genus Numida überhaupt). 

Senafe Pass, Bogosland, Anseba-Fluss, Aylet (Jesse et Blan- 
ford coll.). 

Vor mir habe ich 5 Exemplare des Tring Museums von Adarte, 
Ghadi Saati am Mareb und Salomona, alle von Schrader gesammelt. 

Die typische Form des Borstenperlhuhns hat deutlichen, aber 
niedrigen, ziemlich spitzen, nach oben gehenden, wenig nach hinten 
umgebogenen Helm, sehr dünne feine Borsten und besonders 
starken und dicht schwarz behaarten Hals. Die schwarze Be- 
fiederung reicht fast völlig um den Hals herum und ist weit 
stärker als bei einer der anderen Formen. 


2. Numida ptilorhyncha maior Hartl. 


Diese Form zeichnet sich, wie schon erwähnt, durch völlige 
Helmlosigkeit und sehr geringe, fast fehlende Borstenbüschel 
aus. Schnabellappen kleiner als bei der typischen Form. Bei 
Exemplaren vom Gelo und vom oberen weissen Nil ist die schwarze 
Halsbefiederung stärker als bei denen von Uganda und Unjoro. 
Nach Norden hin in der Gegend von Chartum und in Sennaar 
wird wohl diese Form allmählich in »ptilorhyncha ptilorhyncha 
übergehen. 


Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 409 


3. Numida ptilorhyncha neumanni Erl. 

O. M. 1904. Juni-Heft. 

Von dieser Form liegen mir 4 Stücke aus Kavirondo vor, 
nämlich der von mir gesammelte Typus $ von Mlamba in Ussoga, 
und 3 Exemplare des Tring Museums von Ansorge gesammelt. 
g Samia-Hügel (Nord-Kavirondo nahe der Ussoga-Grenze) 
Mlamba (Ussoga) @ Mtanda (Ussoga). Diese Form hat deutliches 
mittelhohes Horn auf sehr breiter Basislinie. Das Horn ist bei 
Hähnen nicht sehr zugespitzt, sondern nach hinten rundlich oval 
übergebogen. Die Borsten ziemlich kurz, aber sehr starr und 
kräftig. Halsbefiederung geringer wie bei »ptilorhyncha, besonders 
vorn am Hals wenig Federn. Schnabellappen ziemlich klein. 

Verbreitung: östliches Ussoga, Kavirondo, Sük- und Turquel- 
Land, nach Norden vermutlich allmählich in maeroceras übergehend. 

Übergänge dieser Form zu maior kenne ich nicht, was wohl 
daran liegt, dass der trockene östliche Teil von Ussoga durch 
feuchte Bananenhaine und den Nil von Uganda, nach Norden 
durch ein grosses Sumpf- und Seen-System von Unjoro getrennt 
ist. Hingegen bilden Stücke der Jackson-Sammlung von Turquel 
einen Übergang zu macroceras Erl. 


4. Numida ptilorhyncha macroceras Erl. 


OÖ. M. 1904. Juniheft. 
Beschreibung siehe vorstehend. 


5. Numida ptilorhyncha omoensis Neum. 
Beschreibung siehe vorstehend. 


6. Numida ptilorhyncha somaliensis Neum. 


O0. M. 1899 p. 25. 

Von allen bisher genannten Formen die abweichendste. 
Helm minimal, aber doch meist angedeutet. Schnabellappen 
klein, sehr spitz, mit roter Spitze, während alle anderen Formen 
ganz blaue Schnabellappen haben. 

Hals nackt, nur im Genick ein paar schwarze Federn. 
Borsten in einem sehr hohen und breiten Büschel, das viel 
stärker als bei allen anderen Formen entwickelt ist. 

Verbreitung: Somali-Land und Danakil-Land. Typisch vom 
Nord-Somali-Land. 

Im oberen Hauasch-Tal vermutlich in macroceras übergehend. 


— 


410 O. Neumann: Vögel von Schoa und Süd Äthiopien. 


7. Numida ptilorhyncha toruensis nov. subsp. 


In anderer Beziehung wie somaliensis weicht auch toruensis 
von allen anderen Formen der N. ptilorhyncha ab und bildet einen 
Übergang zu den Perlhühnern der coronata-Gruppe. 

Es hat nämlich die Aussensäume der vorderen Hand- 
schwingen nur undeutlich grau und schwarz punktiert, und durch 
diese Punktierung ziehen deutlich weisse Bänder, so dass die 
Schwingenzeichnung dieses Perlhuhns in der Mitte steht zwischen 
der der ptilorhyncha-Formen und denen der anderen afrikanischen 
Helmperlhühner. Helm deutlich vorhanden, abgerundet, nach 
hinten übergebogen. Befiederung im Nacken sehr gering. Borsten 
nur bei Hähnen schwach und gering angedeutet. Bei der vor- 
liegenden Henne fehlend. 

Verbreitung: Toru. 

Typus: & ad. Mokia-Fluss, Toru, 24. IV. 99. Ansorge 
coll. im Tring-Museum. 

Dortselbst noch ein Pärchen Holulu-Fluss (Nebenfluss des 
Semlik) in Toru, 2. V. 99. (Ansorge coll.) 

Ein bei Nakabimba in Toru 2. IV. 99 von Ansorge ge- 
sammeltes © bildet jedoch einen Übergang zwischen Zoruensis 
und maior Hartl. Nakakimba liegt wohl viel weiter Östlich wie 
die anderen Fundorte. 


Zu bemerken ist nur noch, dass bei allen Formen der 
ptilorhyncha, die überhaupt einen Helm haben, dieser bei Hähnen 
im allgemeinen viel stärker ist als bei Hennen, bei sehr alten 
Vögeln stärker wie bei jüngeren. Das gleiche scheint auch in 
Bezug auf die Grösse der Schnabellappen zuzutrefien. 

(Fortsetzung, folgt.) 


411 


Ornithologische Beobachtungen. 
Von F. Helm. 


Der grösste Teil der folgenden Beobachtungen wurde in 
verschiedenen Gegenden des Königreichs Sachsen im Laufe einer 
Reihe von Jahren angestellt. 


Lerchenfalk. Falco subbuteo L. 


Während ich früher an den Frohburger Teichen den Lerchen- 
falken so gut wie gar nicht zu Gesicht bekam, ist das seit 1900 
anders geworden: vor allem im Mai ist er jetzt dort keine Selten- 
heit; einzeln, zu zweien oder in noch grösserer Anzahl beschäftigt 
er sich zuweilen nicht nur vorübergehend, sondern mehrere 
Stunden lang mit dem Insektenfang. Mit zahlreichen Möven, 
Seglern, Haus-, Stadt- und Uferschwalben jagt er dann um die 
Wette niedrig über die Oberfläche des grossen Teiches und die 
angrenzenden Wiesen und Felder zu 2, 3 oder mehr: so am 
29. April 1903 3 Stück, am 27. Mai desselben Jahres sogar 
4 (3 grosse und 1 kleiner). An diesem Tage konnte ich deutlich 
durch das Fernrohr feststellen, dass die Falken mit ihren Fängen, 
sie vorstreckend, Insekten fingen, dann während sie — natürlich 
im Fluge — den Kopf nach unten und hinten bogen und die 
Fänge weiter nach vorn streckten, mit dem Schnabel die Beute 
wegnahmen und darauf die Fänge wieder soweit zurückzogen, 
dass von denselben nur noch wenig sichtbar blieb. Selbstverständ- 
lich war es unmöglich festzustellen, welcher Kerbtierart sie nach- 
jagten, jedoch trieben sich am 8. Mai 1902, als ein Paar Baum- 
falken länger als eine Stunde sich der Insektenjagd hingab, überall 
Fliegen mit schwarzem Körper und bräunlich grauen Flügeln, 
welche viel länger als der Körper waren, dort in grossen Massen 
umher. Interessant war dabei die wiederholt zu constatierende 
Tatsache, dass andere Vögel, wie Segler, Schwalben und Möven, 
welche gleichfalls eifrig der Jagd auf Insekten oblagen, nicht im 
geringsten den Falken Beachtung schenkten: alle flogen durch- 
und nebeneinander; auch Kiebitze, die gelegentlich die Teiche 
oder Wiesen kreuzten, kümmerten sich nicht um sie. Anderer- 
seits kam es manchmal auch vor, so am 8. Mai, dass, falls ein 
Baumfalke an den Teichen sichtbar wurde, plötzliche Stille ein- 
trat. Keine Blässe, Ente oder Möve liess sich hören, nichts war 
von den überall sich sonst sehr bemerklich machenden gelben 
Bachstelzen, Rohrammern, Feldlerchen zu sehen, selbst die 
schwatzhaften, während der Balzzeit nach Art der Pieper in der 
Luft sich herumtummelnden Rohrsänger blieben lautlos im Ver- 
borgenen sitzen, die verschiedenen, sonst nie dort fehlenden 
Schwalben waren verschwunden. Erst nach dem Abzug des 
Falken nahm allmählich das Concert wieder seinen Fortgang. 


412 F. Helm: 


Rotfussfalk. Cerchneis vespertina (L.) 


Am 20. Mai 1900 fand ich in der Kirschplantage am grossen 
Teich bei Frohburg ein infolge eines Schusses eingegangenes 
altes Weibchen. 


Fischadler. Pandion haliaetus (L.) 


Auf seiner Wanderung berührt dieser Adler regelmässig die 
Sächsischen Teichreviere, doch im allgemeinen im Frühjahr seltener 
als im Herbst. Während der ersten Jahreszeit traf ich bis jetzt 
nur 2 mal an den Frohberger Teichen, am 17. Mai 1896 und 
28. April 1901, je 1 Stück an, im Herbst dagegen ist manchmal 
gleichzeitig mehr als einer dort zu beobachten. So kreisten am 
13. Sept. 1896 gleichzeitig 2 über dem grossen Teiche b. Frohb. 
Auffallender Weise werden die dort fischenden Adler fast regel- 
mässig von Lachmöven und Kiebitzen verfolgt, welche sie manch- 
mal in kleinen Gesellschaften anhaltend umschwärmen und auch 
nach ihnen stossen. Manche Fischadler sind sehr wenig scheu 
und kommen bei ihren Jagdflügen nahe an Ackerpferde oder 
sogar an Menschen. Während sie das Gewässer absuchen, sind 
ihre Fänge nach hinten gerichtet und die Zehen gekrümmt, so- 
bald sie aber Anstalt treffen, niederzustossen, bringen sie die 
Fänge mit ausgestreckten Zehen nach vorn und unten. 


Steppenweihe. Circus macrourus. (Gm.) 


Ende Sept. 1897 revidierte ein Exemplar bei Frohburg in 
sehr niedrigem Fluge die in der Nähe der Teiche liegenden 
Felder, zog aber nach einiger Zeit weiter. 


Mauersegler. Apus apus (L.) 


Obwohl in der Hauptsache unserer Zugvögel zu einer be- 
stimmten Zeit sich bei uns einfinden und uns wieder verlassen, 
so gibt es einzelne Individuen oder auch kleinere oder grössere 
Gesellschaften mancher Arten, die ungewöhnlich früh ankommen 
oder spät abreisen. Dies ist unter anderem auch bei unsern ver- 
schiedenen Schwalbenarten der Fall. Hat man Gelegenheit, 
längere Jahre hindurch die Wanderung des Mauerseglers zu be- 
obachten — wohnt man also in einer Grossstadt oder an einem 
srossen stehenden oder fliessenden Gewässer -— so erhält man 
eine grosse Reihe diesen Gegenstand betrefiender Notizen, wie 
im folgenden gezeigt werden soll. Bekanntlich erfolgt im all- 
gemeinen die Ankunft unseres Vogels gegen den 1. Mai, die Ab- 
reise gegen den 1. August, ein Teil aber findet sich schon eher 
bei uns ein und zieht (eher oder) später ab. In Chemnitz 
wurden 1894 die ersten (einige) am 27. April abends, an den 
Frohburger Teichen 1895 (8 Stück) am 28. April, in Chemnitz 
1897 am 25. April (2), 1897 am 28. April (einer), 1898 den 


Örnithologische Beobachtungen. 418 


27. April (4) beobachtet. 1900 dagegen zeigten sich erst am 4. Mai 
früh einige in Chemnitz; tags darauf aber war weder an den 
Frohburger Teichen, noch in Chemnitz ein einziger zu bemerken, 
1901 dagegen trieb sich an den in Betracht kommenden Teichen 
schon am 28. April eine Schar von 10 Seglern eine Zeit lang 
umher. 1903 und 1904 wurden in Chemnitz erst am 6. Mai 
einige beobachtet. 

Innerhalb viel weiterer Grenzen als die Ankunft erfolgt aber 
der Abzug unseres Vogels. Ungewöhnlich häufig zeigten sich 
Segler 1894 im August: so am 1. bei Rabenstein mittags 1), 
Dutzend, bei Chemnitz gegen abend 8—10, am 2. bei Augustus- 
burg ab und zu einzelne, am 4. in Chemnitz abends etwa 10, 
lebhaft rufend; tags darauf früh bei Waldkirchen, gegen 10 Uhr 
in Annaberg einige Vögel, ebenso abends auf der Fahrt nach 
Chemnitz hier und da. Ferner wurden einzelne oder kleine Trupps 
(nicht nur herumfliegende, sondern auch nach SW. wandernde) be- 
obachtet in Chemnitz am 6., 7., 9., 10., 14., 15. (mindestens 6 Ex.), 
16., 17., 18., 19. (einige), 20. 23. (einige), 25. (einige), darunter 
einer, der durch seinen unsichern Flug auffiel); ja sogar noch am 
26. August flog gegen 6 Uhr abends mindestens 1 Dutzend längere 
Zeit über der Stadt. 1895 zeigten sich im August Segler in 
Chemnitz am 1. (einzelne), 2. (einige, bis zu 4 Stück, zu ver- 
schiedenen Zeiten), 3. früh und abends einige in der Stadt, ein 
Vogel schien im Fluge von einem anderen gefüttert zu werden; 
während des Nachmittags flog etwa 1 Dutzend beim Eichhörnchen 
niedrig über die Felder, am 4. August kamen einzelne und auch 
kleine Scharen, viel rufend, wiederholt zur Beobachtung, gegen 
9 Uhr vormittags kreisten 15 Stück längere Zeit über der Stadt, 
am 5. August taten dies mindestens 30—40, dabei erhielt ein 
junger von einem alten Futter, am 6. August gegen abend wurden 
6, am 7. vormittags 1, gegen abend einige gesehen, ebenso am 
8. vormittags. In der 7. Stunde abends zogen wiederholt einzelne 
oder kleine Trupps nach SW., tags darauf flogen hier und da 
einige über die Stadt, am 10. wurde vormittags mindestens 1 
Dutzend, am Tage darauf zu derselben Zeit 1/, Dutzend ange- 
troffen, am 13. August kreisten gegen abend einige über der 
Hardt bei Gaschwitz (b. Leipzig). 

1896 kamen im August Segler in Chemnitz zu Beobachtung, 
am 4. 1 Dutzend, am 7. einige, am 9. und 10. je 4/, Dutzend. 
Ausserdem wurde am 4. vormittags einer bei Aue und mittags 
einer bei Jägersgrün gesehen. 

1897 zeigten sich in Chemnitz am 2. August früh einige, 
gegen abend 2 Dutzend, tags darauf vormittags einzelne, abends 
mindestens 12, desgleichen am 5. Dagegen wurde am 11. in 
der 7. Stunde abends, am 19. gegen 5 Uhr nachmittags und am 
25. August um 1 Uhr mittags je einer gesehen, ebenso am 
6. August abends bei Löbtau-Dresden. 

1898 bemerkte ich im August nur ein einzelnen: am 10, 


414 F. Helm: 


1899 fütterte am 4. August 1 Paar in einem Garten in 
der Nähe des Chemnitzer Hauptbahnhofes noch Junge in einem 
Starkasten, am 20. d. M. flog bei Sturm ein einzelner eine Zeit 
lang lautlos über die Frohburger Teiche hin und her. 

1900 traf ich in Chemnitz vereinzelte am 3. und 4. August 
an; hingegen trieb sich am 5. vormittags zwischen Bockwa und 
Wilkau (bei Zwickau) über der Mulde eine mindestens 100 Indi- 
viduen umfassende Schar, eifrig Nahrung suchend, umher, und 
am Tage darauf beobachtete ich in Arnoldsgrün bei Schoeneck 
(im Vogtland) mittags eilig nach SW fliegende Segler. 

1901. Am 1. September, an einem windigen regnerischen 
Tage, suchte gegen Mittag ein einzelner in Gesellschaft anderer 
Schwalben über dem Grossen Teiche bei Frohburg Nahrung. 

1902. Am 7. und 13. August liessen sich vereinzelte über 
Chemnitz sehen. Nach brieflichen Mitteilungen des Herrn Berge 
in Zwickau kamen dort Segler bis zu 20. August vor. 


Rauchschwalbe. Zirundo rustica L. 


Einzelne Rauchschwalben finden sich zuweilen ausserordentlich 
früh bei uns ein: so beobachtete ich 1886 die erste am 4. April 
bei mässigem SW in der Nähe des Waldschlösschens bei Dresden, 
1887 bei ebenfalls SW Wind, Regen und Schneegestöber am 
2. April am neuen Leipziger Schützenhause, 1889 auf der Elbe 
bei Übigau-Dresden den 7. April, 1890 schon am 30. März vor- 
mittags 1 Exemplar über dem Dippelsdorfer Teiche, nachmittags 
über dem Frauenteiche bei Moritzburg; auch 1894 flog an dem- 
selben Tage eine einzige an dem zuerst genannten Teiche umher. 
Bei Frohburg wurden im folgenden Jahre (1895) am 31. März 
sogar schon einige beobachtet, und am 1. April auch am Dippels- 
dorfer Teiche (bei Moritzburg) die erste bemerkt, am 2. April 
kamen dort schon 2 vor. 1896 konnte ich ebenfalls am 30. März 
am grossen Frohburger Teiche die Ankunft eines Exemplares 
feststellen. Eine eigentümliche Erscheinung war im Jahre darauf 
zu beobachten. Da in der 2. Hälfte des März sehr schönes Wetter 
herrschte, hatten sich die Zugvögel sehr zeitig eingefunden; an- 
fangs April aber stellten sich wieder Schneegestöber ein, und so 
kam es, dass am 5. d. M. an dem See bei Hasselbach (in der 
Nähe von Altenburg) eine Schar von 11/, Dutzend Rauchschwalben 
während eines heftigen Schneegestöbers über dem Teiche mit der 
Nahrungssuche sich beschäftigen mussten, was — nebenbei be- 
merkt — auch den Seglern bei uns manchmal nicht erspart bleibt. 
1898 wurden an den Frohburger Teichen die erste am 3. April, 
1902 daselbst am 6. d. M. beobachtet. 

An den ausgedehnten beschilften Teichflächen bietet sich 
manchmal auch Gelegenheit, grosse auf dem Zuge begriffene 
Scharen zu beobachten. So war dies z. B. am 3. Oktober 1900 
am Dippelsdorfer Teiche bei Moritzburg der Fall; eine Tausende 
von Individuen umfassende Schar trieb sich dort unter lebhaften 


Örnithologische Beobachtungen. 415 


Gezwitscher über der Wasserfläche umher, suchte bei einbrechender 
Dunkelheit das Schilf zur Nachtruhe auf, unterhielt sich aber 
lange zwitschernd. 1901 hatte sich am 12. April eine mehrere 
100 enthaltende Schar am Strassenteiche bei Frohburg einge- 
funden. Ein Teil der Schwalben suchte eifrig Nahrung, die 
meisten aber Schienen sehr müde zu sein, denn, wo nur irgend 
eine Bodenerhöhung, wie Maulwurfshügel, Steine, Erdklösse u. s. 
w., sich vorfand, sassen Schwalben. Darunter waren auch einige, 
die durch ihre rostrote Unterseite besonders auffielen. Auch am 
5. Mai desselben Jahres traf ich am gleichen Orte wieder eine 
srosse Schar in derselben Verfassung an, ebenso am 11. Mai 1902. 
An diesem Tage wechselte vormittags Schneegestöber mit Graupel- 
wettern ab, und mittags rastete am grossen Teich bei Frohburg 
eine sehr grosse Schar auf den Kirschbäumen längere Zeit, setzte 
aber dann die Reise fort. 


Mehlschwalbe. Delichon urbica (L.). 


Unter den am 12. April 1901 am Strassenteiche bei Froh- 
burg rastenden Rauchschwalben befanden sich auch einige Indi- 
viduen der in Rede stehenden Art. Am 4. September 1898 
wurden in Gottesgab (am Keilberg) von einem Paare noch im 
Neste befindliche, aber schon daraus hervorsehende Junge gefüttert. 


Uferschwalbe. ARiparia riparia (L.). 

In seiner Forstzoologie verzeichnet Altum als frühesten 
Termin für die Ankunft der Uferschwalbe den 20., 23. und 24. 
April, als spätesten Termin des Abzugs den 23. September. Ich 
kann im Laufe einer Reihe von Beobachtungsjahren zu ähnlichen 
Ergebnissen. So fand ich 1895 und 1901 am 28. April an den 
Frohburger Teichen unter den sich dort zahlreich herumtreibenden 
Seglern, Rauch- und Mehlschwalben eine ganze Anzahl Ufer- 
schwalben. Auch betrefis der Abreise konnte ich wiederholt 
feststellen, dass Altums Angaben zutreffen. Die folgenden Tat- 
sachen werden dartun, dass mitunter einzelne Uferschwalben so- 
sar noch später bei uns anzutreffen sind als Altum angibt. Im 
August kamen Uferschwalben so häufig zur Beobachtung, dass 
es zu weit führen würde, diese Fälle aufzuzählen. 

Die letzten Uferschwalben bemerkte ich: 

1891. Am 24. September an dem Dippelsdorfer Teiche bei 
Moritzburg. Unter einer grossen Schar von H. rustica und urbica 
trieben sich den ganzen Tag hindurch ziemlich viele Uferschwalben 
umher. 

1892. Am 9. Oktober an gleicher Stelle (wie 1891) hielten 
sich 2 Stück auf. 

1899. Nachdem am 16. September an den Frohburger 
Teichen unter Rauchschwalben eine grosse Anzahl Uferschwalben zur 
Beobachtung gekommen war, traf ich auch am 24, d. M. dort 
unter Rauchschwalben noch recht viele eifrig Nahrung suchend an, 


416 F. Helm: 


1900 beobachtete ich an gleicher Stelle am 9. September, 
1901 am 15. September dort die letzten, und zwar in beiden 
Fällen eine grössere. Anzahl. 


Kuckuck. Cuculus canorus (L.) 


Zuweilen trifft man verhältnismässig spät noch Junge an. 
So beobachtete ich am 5. August 1898 zwischen Milstrich und 
Dobra (bei Kamenz) einen flugbaren Jungen, der sich durch sein 
fortwährendes Wispern bemerklich machte, ferner 1902 am 9. und 
10. August im Parke des Libocher Schlosses (bei Melnik a. E.) 
einen andern, welcher von einem Laubsänger gefüttert wurde. 


Eisvogel. Alcedo ispida L. 


Nicht selten zeigen sich Eisvögel da, wo sie nicht brüten: 
am 10. August 1884 fanden sich plötzlich 2 Stück an einem 
mitten im Dorfe Arnoldsgrün liegenden kleinen Teiche ein. Falls 
während des Winters die Elbe sich mit Eis bedeckt, sind sie an 
den offenen Stellen in der Nähe Dresdens keine Seltenheit. Nach 
der Brutzeit scheinen sie weit umherzustreichen und besuchen 
dann auch Teiche. So kam er z.B. am 16. August 1891 an dem 
Moritzburger Schlossteich vor, und sie sind auch um diese Zeit 
und später an den Frohburger Teichen keine besondere Seltenheit: 
ich beobachtete Exemplare dort 1898 am 20. Juli, 16. Oktober 
und 20. November, 1899 am 9. Juli, 13. und 27. August, und 
12. November, und 1902 am 24. August. 

In Gegenden, in denen der Eisvogel noch zu den regel- 
mässigen Erscheinungen gehört, hat man ab und zu Gelegenheit, 
ihn in nicht ganz gewöhnlichen Lebensverhältnissen beobachten - 
zu können. So bemerkte ich in den Morgenstunden des 11. Okt. 
1891 an der Elbe bei Dresden einen, der eine Zeit lang über 
dem seichten Wasser rüttelte und darauf in dasselbe hineinstiess. 
An den Frohburger Teichen wählt er vielfach als Lieblingsbeob- 
achtungspunkte die Köpfe der Teichständer, am 27. Sept. 1902 
jedoch setzte sich in dem ablaufenden Strassenteich einer auch 
auf die Spitze eines am Wasserrande stehenden Doldenblüters. 
Mitunter dienen ihm auch die unteren über das Wasser sich er- - 
streckenden Äste der Bäume als Sitzplätze: so sah ich einmal an 
der Weisseritz bei Tharandt und in der Nähe der Kannomühle im 
Spreewald einen auf einem derartigen Sitz. In diesem letzteren 
Falle — am 7. Aug. 1898 — befand sich der Vogel mindestens 
in einer Höhe von 2!/, m auf einem Erlenast, flog bei Annäherung 
unseres Kahnes von Baum zu Baum, dabei mehrmals nach ein- 
ander in der oben angegebenen Höhe sich setzend, fasste aber 
auch einmal niedriger auf dem Zweige eines Strauches Fuss und 
flog endlich seitwärts durch den Wald zurück. Erwähnt sei noch, 
dass einem eifrigen Angler an der Chemnitz zweimal ein Eisvogel 
auf die Angelrute sich setzte. 


Örnithologische Beobachtungen. 417 


Dohle. Colaeus monedula (L.) 


Die in den Grossstädten an geeigneten Orten nistenden 
Dohlen geben vielfach Gelegenheit, festzustellen, wie sie geradezu 
in systematischer Weise die Suche nach Vogelnestern, in erster 
Linie nach Sperlingsnestern, betreiben. So beobachtete ich dies 
früher in Dresden und habe auch hier in Chemnitz jedes Jahr 
dazu reichlich Gelegenheit. Am allbekannten Zwinger in Dresden 
bringen zahlreiche Haussperlingspaare ihre Nester hinter den 
Mauerverzierungen an. Während der Brutzeit nun fanden sich 
jeden Tag einzelne Dohlen daselbst ein, suchten der Reihe nach - 
die Verzierungen ab, erkannten natürlich sehr bald die Niststellen 
und bemächtigten sich dann des Nestinhaites. Die Sperlinge 
kannten ihre Feinde selbstverständlich sehr gut: sobald eine Dohle 
auf der Brüstung oder an der Wand des besagten Gebäudes sich 
niederliess, erhoben sie ein lautes Geschrei. Kam die Dohle in 
die Nähe eines Nestes, so wurde sie unter heftigem Gezeter um- 
schwärmt und dadurch tatsächlich öfter zur Flucht gezwungen. 
Auch in meinem jetzigen Wohnorte spielen sich ähnliche Scenen 
ab, die Dohlen wissen meisterhaft die in den Rüstlöchern der 
Gebäude, hinter Dachrinnen u. s. w. befindlichen Sperlingsnester 
aufzufinden und auszuplündern. 

Während der Brutzeit der Lachmöven auf den Frohburger 
Teichen treiben die Dohlen sich auch an den Brutstellen der- 
selben zuweilen umher und werden von den Möven ebenso an- 
haltend und eifrig wie die Rabenkrähen verfolgt, kommen also 
wohl mit derselben Absicht wie ihre Verwandten dahin. 

Nicht verschwiegen soll andererseits aber auch werden, dass 
die Dohlen während eines Maikäferfluges die von diesen Insekten 
befallenen Bäume absuchen. So geschah dies z. B. am 21. Mai 
1899 in Frohburg mit einigen von Maikäfern stark befallenen 
Eichen am Siegesdenkmal. 


Rabenkrähe. Corvus corone L. 


Obwohl über die Nahrung unserer einheimischen raben- 
artigen Vögel schon so viel geschrieben worden ist, dass eine 
förmliche Literatur darüber zustande gekommen, so kann ich 
mir doch nicht versagen, dazu noch einen Beitrag zu liefern. 
Die Rabenkrähe, einen grossen Teile des Königreichs Sachsen 
bewohnend, gibt dem aufmerksamen Beobachter überreichlich 
Gelegenheit zum Studium ihres Treibens. Ich will jetzt nicht 
darauf eingehen, zu schildern, wie diese Krähe zur Brutzeit die 
Dorfgärten aufsucht, um neben Starenkästen namentlich die 
Finkennester zu plündern, später auf den Kirschbäumen und im 
Herbst auf den Eichen sich einstellt und auch von diesen ihren 
Tribut fordert; auch will ich nur andeutungsweise darauf hin- 
weisen, dass manche Rabenkrähen regelrecht Jagd auf junge 
ausgeflogene Stare und im Winter auf angeschossene Ziemer 

Journ, f, Orn. LII. Jahrg. Juli 1904, 28 


418 F. Helm: 


u. s. w. machen. Nur die Art und Weise, wie diese Krähe mit- 
unter zu den Getreidekörnern gelangt, sei hier kurz angegeben. 
Kommt man zur Zeit, in welcher das Getreide reift, an einsam 
liegenden Feldern vorbei, so trifft man auf den Feldrainen nicht 
selten einzelne oder einige Rabenkrähen an, die dort empor- 
springend Halme herunterziehen und dann aus den Ahren die 
Körner herauszuholen. Natürlich werden infolge dieser Be- 
handlung die Halme vielfach geknickt, deshalb sind an den 
Rändern vieler Felder derartig misshandelte Pflanzen keine 
Seltenheit. 

An grossen Teichen hat man im Herbste, wenn diese Ge- 
wässer beinahe leer gelaufen sind, garnicht selten auch Gelegen- 
heit eine anderer Art des Nahrungserwerbes unserer Krähe kennen 
zu lernen. Sie treiben sich nämlich dann in den schlammigen 
nassen Stellen mitten unter den Lachmöven herum, um dem 
Fischfang obzuliegen. Ich beobachtete am 21. Oktober 1900 an 
dem Frohburger Grossen Teiche eine grössere Anzahl, die sich 
eifrig dieser Beschäftigung hingaben. Hatte eine einen Fisch, 
in der Regel eine Schmerle oder eine Schleie, gefangen, so be- 
gab sie sich damit an eine trockne Teichstelle und bearbeitete 
dort ihre Beute Einmal kam es auch vor, dass eine Raben- 
krähe, die wahrscheinlich ihren Hunger schon gestillt, ein hand- 
lange Schleie am trocknen Ufer derart verbarg, dass sie über 
den Fisch mit dem Schnabel einige Blätter und andere Pflanzen- 
teile deckte. An diesem Gewässer hatte ich auch Gelegenheit 
festzustellen, dass es mit der Ausbildung des Geruchsorgans bei 
dieser Krähe nicht weit her sein kann. Als ich am 30. September 
d. J. dort in einer aus Schilf notdürftig zusammengesetzten Hütte 
mich befand und rauchte, nahm eine Rabenkrähe ganz in meiner 
Nähe auf die oberste Stange eines Zaunes Platz, verweilte da- 
selbst eine zeitlang und flog schliesslich, ohne eine Spur von 
Aufregung zu zeigen, ab. Der Wind wehte dabei allerdings von 
der Krähe her auf mich zu. 

An den Brutplätzen kann man ohne Schwierigkeit auch 
folgende Tatsache feststellen. Die auf den Eiern sitzende Krähe 
eines Paares wird von der andern im Neste gefüttert. Ob dies 
während der ganzen Bebrütungsdauer geschieht oder nur am 
Ende derselben, kann ich nicht entscheiden, im oberen sächsischen 
Vogtlande stellte ich alierdings schon Mitte April wiederholt den 
Vorgang fest, unter anderem 1887 am 16. April, als zollhoher 
Schnee die Gegend bedeckte und ein kräftiger Nordwind blies, 
ebenso am 19. d. M. bei ziemlich starkem Regen. 

Es sei an dieser Stelle gestattet, kurz auf Rörigs Unter- 
suchungen über die Insektennahrung der Krähen einzugehen. 
Es werden in den von ihm aufgestellten Übersichtstabellen unter 
den nützlichen Arthropoden die Libellen und unter den wirt- 
schaftlich unwichtigen Insekten die Rückenschwimmer und 
Schwimmkäfer angeführt. Diese Tiere können nur durch einen 


Örnithologische Beobachtungen. 419 


unglücklichen Zufall in die betreffenden Abteilungen gekommen 
sein, denn wenn man bedenkt, dass die Libellenlarven junge Fische, 
welche länger sind als sie selbst, darunter auch junge Forellen 
auffallen und mit ihrem Fang- und Fressapparat bearbeiten, wenn 
man ferner Fälle beobachtet, dass der Gelbrand schon auf dem 
Wege vom Fangplatze zum Aquarium über ihm beigesellte 
Brunnensalamander herfällt, oder seine Larve beim Teichfischen 
sich so in Ellritzen verbeisst, dass der Fisch mit der in ihm 
verbissenen Larve zugleich ans Ufer geworfen werden kann, so 
dürfte man als Fischzüchter wohl etwas anderer Ansicht sein. 
Von der grossen Gefrässigkeit der Schwimmkäfer wusste übrigens 
auch schon Naumann zu erzählen. In seinem bekannten Werke 
weist er besonders darauf hin, dass Dyticus marginatus, cinereus, 
semistratus und andere sich oft in solcher Menge und so bald in 
geschossene, auf dem Wasser liegende Enten hineinarbeiten, dass 
nach Ablauf eines Tages Hände voll von ihnen herausfallen, wenn 
man die Ente aufhebt, die dann so leicht geworden, weil sie 
die Käfer ausgehöhlt haben. ö 


Grünspecht. Picus viridis (L.) 

Bei einem den 1. Januar 1899 nach den Frohburger Teichen 
unternommenen Ausfluge hatte ich Gelegenheit, einer Neckerei 
zwischen Lanius excubitor und einem Grünspecht beizuwohnen. 
Der letztere unterzog die auf dem Teichdamme stehenden Kirsch- 
bäume einer eingehenden Untersuchung. Als er dabei in die 
Nähe desjenigen Baumes kam, auf dessen Spitze ein Würger 
sass, stiess derselbe wiederholt nach dem fliegenden Specht. 
‚Allerdings kümmerte dies den letzteren wenig, denn er hing sich 
immer wieder an den ihm am nächsten stehenden Stamm und 
untersuchte ihn von unten bis oben. 


Raubwürger. Lanius excubitor L. 


Während der kalten Jahreszeit habe ich diesen Würger in 
verschiedenen Teilen Sachsens nicht selten angetroffen, nur aus- 
nahmsweise aber kam ich auch eher mit ihm zusammen, so am 
22. August 1887, wo auf einem Haferstoppelfelde bei Arnoldsgrün 
i. V. vor einem Mauseloch lange Zeit 1 Exemplar ruhig sass. 
In der Regel waren es die Monate Oktober bis März, in denen 
er sich zeigte; am frühesten bemerkte ich ihn am 16. Oktober, 
am spätesten am 27. März, und zwar 1898 an den Frohburger 
Teichen. DBetreffs seiner Nahrung sei folgendes bemerkt. Der 
Mageninhalt eines den 26. März 1888 in Arnoldsgrün erlegten 
Weibchens bestand aus den Vorderbeinen, Fleischteilen und einem 
Stückchen Haut einer Maus. Ein am 29, Januar 1891 im Grossen 
Garten von Dresden geschossener wies ebenfalls Mäuseknochen 
und -Haare, den Unterkiefer einer Spitzmaus und Gebissreste 
einer Wühlmaus auf. Wie ich schon im vorhergehenden ange- 
deutet, lauert der Würger mitunter vor den Löchern der Mäuse, 


28* 


420 F. Helm: 


es ist dies aber, wie allbekannt, nicht die einzige Methode, welche 
er ausübt, er rüttelt auch nach Art der Turmfalken über den 
Bauen dieser Nager. So tat dies z. B. einer in der Umgebung 
der Frohburger Teiche; er befand sich dabei 4—5 m vom Boden 
entfernt und blieb gleich dem Turmfalken lange an einem Punkte 
stehen, um dann in der Nähe das Experiment zu wiederholen, 
beide Male allerdings ohne Erfolg. Dasselbe war auch der Fail 
bei einem am 2. März 1902 beobachteten Raubwürger, der sich 
beim Rütteln sogar noch viel höher als der erste in der Luft befand. 


Meisen. 


Manche unserer einheimischen Meisen müssen ausserordentlich 
zeitig ihr Brutgeschäft verrichten. Am 3. Mai 1888 fütterte in 
Dresden in einem Garten der Wiener Strasse ein Paar Kohlmeisen 
schon eine flugbare Junge; 1891 am 10. Mai konnte genau der- 
selbe Fall im Schlossgarten von Moritzburg festgestellt werden 
(im Gegensatz dazu sei angeführt, dass am 16. September 1900 
in einer Allee bei Frohburg eine Familie, deren Junge noch sehr 
jugendlich riefen, sich herumtrieb),. 1896 beobachtete ich am 
5. Mai in dem Alten Friedhofe von Chemnitz auch eine Sumpf- 
meise, welche ein flugbares Junges den ganzen Tag führte und 
fütterte. 

Weisse Bachstelze. Motacilla alba L. 

Zu denjenigen Zugvögeln, die im Frühjahre sehr zeitig 
zurückkehren, gehört, wie ja allbekannt, die weisse Bachstelze. 
Ich beobachte die erste 1887 am 5. März bei Leipzig, 1889 am 
9. März im Grossen Gehege bei Dresden, 1894 am 11. März bei 
Chemnitz, 1899 am 2. März bei Arnoldsgrün, am 5. März bei 
Frohburg (ca !/,; Dutzend), 1900 am 25. Februar einige an den 
Frohburger Teichen, 1901 daselbst am 3. und 1902 am 16. März. 
Weil nun bei uns im Laufe des März und zuweilen sogar im 
April noch ziemlich strenge Nachwinter eintreten, so geraten die 
weissen Bachstelzen (die durchziehenden Wiesenpieper u. a.) oft 
in grosse Bedrängnis und sammeln sich da, wo sie, wenn auch 
nur notdürftig, ihren Hunger stillen können, in ziemlicher Anzahl 
an. Es geschieht das in erster Linie an den Ufern der Flüsse 
und grossen Teiche. Dort werden durch Hochwasser resp. den 
Wellenschlag alle möglichen Pflanzenreste u. a. angeschwemmt 
und dort treiben zur Zeit der Not verschiedene Vogelarten sich 
herum, vor allem aber die weissen Bachstelzen. Mitunter kommen 
nun die angeschwemmten Genistmassen durch irgend eine Kraft 
in Bewegung, und die gerade zu dieser Zeit auf einem solchen 
Haufen sich aufhaltenden Bachstelzen lassen sich dann auf Flüssen 
eine Strecke weit abwärts treiben. So beobachtete ich im März 
1889 mehrere derartige Fälle auf der Elbe bei Dresden: am 19. 
März unternahmen auf einem solchen schwimmenden Pflanzen- 
haufen zugleich 4 weisse Bachstelzen eine derartige Fahrt, und 


Ornithologische Beobachtungen. 421 


am 31. d. M. tat dies eine einzelne in ziemlicher Entfernung 
vom Ufer, sie rief dabei sehr lebhaft, gleichsam damit beweisend, 
dass ihr die Partie grosse Freude bereite. Auch an den Froh- 
burger Teichen hatte ich wiederholt Gelegenheit auf durch den 
Wellenschlag hin- und hergehobenen schwimmenden Pflanzen- 
haufen umhertrippelnde weisse Bachstelzen beobachten zu können, 
so am 28. Oktober 1900 auf dem Strassenteich 6 Stück gleichzeitig. 

Betreffs der Nahrung der weissen Bachstelze sei folgende 
Tatsache angeführt. Als am 23. September 1900 an dem Froh- 
burger Grossteiche gegen Mittag auf den feuchten Schlammflächen 
eine grössere Anzahl Weisslinge einfielen, stellte sich auch eine 
weisse Bachstelze ein und machte laufend, flatternd und springend 
Jagd auf diese Schmetterlinge, fing auch 2 davon, während ich 
sie beobachtete, einen derselben verzehrte sie, während ihr der 
andere entkam. 


Kuhstelze. Budyies flavus (L.) 


Neben dem Mauersegler und der Uferschwalbe ist es Is 
gelbe Bachstelze, die mir im Laufe meiner Beobachtungstätigkeit 
hinsichtlich ihrer Ankunft und ihres Abzuges manche Über- 
raschung bereitet hat. Altum, dessen langjährigen Beobachtungen 
für mich aus verschiedenen Gründen im gewissen Sinne mass- 
gsebend sind, legt die Ankunft dieser Bachstelze gegen die Mitte 
des April (am frühesten beobachtete er sie am 2.) und den Ah- 
zug auf Ende August und in den September. Einzelne Individuen 
scheinen jedoch ihre Sommerwohnsitze auch schon eher als Ende 
August zu verlassen, denn sie zeigen sich vor dieser Zeit zu- 
weilen an Orten, wo sonst keine vorhanden sind. So beobachtete 
ich in den 80 Jahren in der ersten Augusthälfte wiederholt ein- 
zelne gelbe Bachstelzen, die in Arnoldsgrün (b. Schoeneck i. V.) 
in unmittelbarer Nähe eines Gutes sich einfanden, um dort an 
der Jauchengrube dem Fliegenfang obzuliegen, und 1900 traf 
ich auch zu dieser Zeit schon auf Helgoland eine einzelne an. 
Hinsichtlich der Ankunft dieses Vogels sei folgendes bemerkt: 
Vor Mitte April traf ich sie nur 1901 und 1902 an den Froh- 
burger Teichen an. 

Am 5. April 1901 suchten 2 Vögel unter !/, Dutzend weisser 
Bachstelzen eifrig Nahrung und zeigten sich wenig scheu, am 12. April 
dess. Jahres trieb sich eine grosse Schar auf den an den Strassen- 
teich grenzenden Wiesen und Feldern herum. 1902 waren den 
6. April an den in Rede stehenden Teichen einzelne und kleine 
Gesellschaften, daneben auch eine Schar von 12—12 und eine 
andere von mindestens 20 Individuen vorhanden; auch am 13. 
April fehlten einzelne oder Scharen nirgends. ÖOfters kamen sie 
gegen Mitte April zur Beobachtung, so an denselben Teichen 
1895 am 17., 1896 am 19., 1897 am 16., 1898 am 17., 1900 am 15. 

Der Abzug aber ist Ende September oft noch nicht beendet, 
denn es zeigen sich in manchen Jahren auch im Oktober noch 


422 F. Helm: 


gelbe Bachstelzen, so am 3. Oktober 1890 noch einige am Grossen 
Gehege bei Dresden, 1896 am 11. Oktober an den Frohburger 
Teichen eine Schar von 12 Stück, die eilig unter Rufen nach SW 
flogen. Sogar am 25. Oktober d. J. traf ich daselbst auf einem 
Sturzacker eine sehr wenig scheue gelbe Bachstelze an, die beim 
Auffliegen mehrmals ihren Lockruf ausstiess, so dass also jede 
Verwechslung ausgeschlossen ist. 

1899 beobachtete ich im ersten Viertel des Oktober gelbe 
Bachstelzen an verschiedenen Stellen unseres engeren Vaterlandes: 
am 3. Oktober gegen Abend einige am Dippelsderfer Teiche bei 
Moritzburg, tags darauf ebenfalls einige in der Nähe von Commerau 
bei Königswartha und den 8. Oktober eine einzige am grossen 
Frohburger Teiche. Auch 1901 trieben sich am 2. Oktober daselbst 
noch hie und da vereinzelte Exemplare umher. 

In der letzten Hälfte des September sind gelbe Bachstelzen 
im Königreich Sachsen durchaus nichts Ungewöhnliches. Es 
kam zu dieser Zeit zur Beobachtung 

1888 am 21. September eine einzige an der Weisseritz 
bei Dresden; 

1891 den 15. September auf den Elbhegern bei Pieschen- 
Dresden unter weissen Bachstelzen eine grössere Anzahl, am 
24. September daselbst 4 und tags darauf 3; 

1890 am 24. September zwischen Kemnitz-Stetzsch einige; 

1894 den 16. September an den Frohburger Teichen mehr- 
fach, am 23. vereinzelt; 

1897 am 19. September bei Frohburg eine Schar von 
12 Stück und später eine von 9 Stück unter Lockrufen nach 
SW ziehend; 

1899 am 24. September eine einzige bei Frohburg; 

1901 am 15. und 28. September (eine einzige), am 22. Sep- 
tember einige daselbst. 


Wiesenpieper. Anthus pratensis (L.). 


Obwohl der Wiesenpieper in Sachsen nur stellenweise als 
Brutvogel sich vorfindet, dürfte es während der Zugzeit wohl 
kaum eine Gegend geben, die er nicht berührte. Wiederholt habe 
ich im Herbst in wenigen Tagen, im südlichen Vogtland anfangend, 
die grossen Teichreviere unseres engeren Vaterlandes bis in die 
Gegend von Königswartha ornithologisch beobachtend durchstreift, 
überall waren durchziehende Wiesenpieper vorhanden. Im Früh- 
jahre treffen manche schon sehr zeitig ein, so wurde an den 
Frohburger Teichen der erste 1897 am 7. März, 1899 am 12. Februar, 
1900 am 14. März beobachtet. Trotz dieser zeitigen Ankunft 
einzelner dauert aber der Frühjahrsdurchzug sehr lange. So be- 
obachtete ich die letzten an folgenden Orten, wo sie sicherlich 
nicht brüten: 1887 am 23. April auf den Dorfwiesen von Arnolds- 
grün bei Schoeneck i. V. und in der Nähe von Schoeneck (einzelne), 


Ornithologische Beobachtungen. 423 


1889 am 13. April im Grossen Gehege bei Dresden, 1891 den 
2. Mai am Frauenteiche bei Moritzburg (mehrere), 1895 den 
21. April am Ziegelteiche bei Frohburg, 1896 daselbst am 26. April 
noch etwa 50, 1897 am 25. April, 1900 sogar am 29. April (einige) 
und am 5. Mai an derselben Stelle noch einen. 

Der Herbstzug dieses Vogels findet bei uns von Ende 
September bis zum November statt. Die ersten Herbstdurch- 
zügler wurden bemerkt: 1887 am 27. September in Arnoldsgrün, 
1889 am 20. September bei Schoneck i. V., 1891 am 2. Oktober 
bei Moritzburg, 1894 am 30. September an den Frohburger 
Teichen, 1895 am 20. September bei Gaschwitz bei Leipzig, 
1896 am 27. September an den Frohburger Teichen, 1897 da- 
selbst schon am 19. September, an gleicher Stelle 1899 am 
1. Oktober, 1900 am 23. September, 1901 am 22. dieses Monats. 
Mitunter tritt er auch in grösseren Scharen auf; so traf ich 1887 
eine solche (25—30 Stück) Ende März bei Arnoldsgrün i. V. an, 
1890 am 2. November am Frauenteiche bei Moritzburg (eine 
Vereinigung von etwa 50), 1894 an den Pleissaer Teichen bei 
Limbach (einen Flug von 20) und 1897 am 26. April (eine Schar 
von etwa 50 Stück) an den Frohburger Teichen. Die Individuen 
einer solchen Gesellschaft erheben sich bei Störungen in der 
Regel anfangs so, dass immer nur die dem Beobachter am nächsten 
befindlichen die Flucht ergreifen, um an einer benachbarten 
Stelle wieder einzufallen, bis endlich bei wiederholten Störungen 
ein anderer Platz auserwählt wird. Obwohl, wie sein Name 
schon andeutet, Wiesen sein Lieblingsaufenthalt sind und er auch 
auf dem Zuge solche bevorzugt, verschmäht er andere Orte, 
welche ihm zur Nahrungssuche geeignet erscheinen, nicht. So 
traf ich ihn bei Frohburg zuweilen in den ablaufenden grossen 
Teichen oder namentlich im Frühjahr auf den am Rande der 
Teiche angetriebenen schwimmenden Genistmassen, wie sie im 
Winter infolge der Rohr- und Schilfernte entstehen, an. Weil 
sie sehr zeitig ihren Rückzug von den Winterquartieren beginnen 
und bei uns späte Nachwinter vielfach sich einstellen, kommen 
sie sehr häufig in arge Verlegenheit, wissen aber auch in solchen 
Fällen sich durchzuschlagen. Als Ende der 80er Jahre bei 
Dresden gegen Mitte März ein heftiger Schneefall alle im Grossen 
Gehege infolge der Elbüberschwemmung zurückgebliebenen Lachen 
mit breiigem Schnee ausfüllte, suchten die Wiesenpieper an dem 
Elbufer zwischen dem dort stehenden Gebüsch Nahrung, wagten 
sich sogar zu diesem Zwecke unter die von der Ostraallee nach 
der Friedrichstrasse führenden Weisseritzbrücke, scheuten also 
die unmittelbare Nähe grösserer Wohnhäuser nicht. Zuweilen 
setzen sie sich auch auf die Spitzen ziemlich hoher Bäume, 
fliegen wohl auch von einem Baum zum andern. Gelegentlich 
benutzen sie auch Telegraphendrähte als Sitzplätze. Einzelne 
Durchzügler lassen im Frühjahr mitunter ihren Gesang hören. 


4234 F. Helm: 


Feldlerche. Alauda arvensis L. 


Bekanntlich bilden sich jung aufgezogene Feldlerchen mit- 
unter zu Spöttern aus, indem sie die Gesänge anderer Käfigvögel 
lernen und mehr oder weniger vollkommen vortragen. Auch in 
der Natur finden sich Feldlerchen, die andere Vogelstimmen 
nachahmen. So hörte ich sowohl früher im Grossen Gehege bei 
Dresden, als auch jetzt an den Frohburger Teichen von einzelnen 
Feldlerchen die Lockrufe der Totaniden (gloitis, calıdrıs) und von 
Charadrius so täuschend vorgetragen, dass ich mehr als einmal, 
namentlich im zeitigen Frühjahr, dadurch getäuscht wurde. 

Bei dieser Gelegenheit sei gleichzeitig auf das eigen- 
tümliche Verhalten einer Feldlerche aufmerksam gemacht. 1889 
bewohnte das Grosse Gehege bei Dresden eine Lerche, welche 
mit grosser Vorliebe auf die obere Querstange eines Zaunes 
sich setzte, daselbst, ruhig an einer Stelle bleibend, eifrig sang, 
und zwar nicht nur bruchstückweise, sondern ihre ganze Strophe 
vortrug. Eine Erklärung dieses eigentümlichen Gebarens liegt 
vielleicht in dem Umstande, dass die weitere Umgebung des 
Zaunes dicht mit aufsehiessenden Weiden, hohen Gräsern und 
dergl. bedeckt war. 


Rohrammer. Emberiza schoeniclus (L.). 


Namentlich an den Frohburger Teichen gehört dieser Ammer 
zu den häufigen Vögeln, während er bei Moritzburg merkwürdiger- 
weise erst im Herbst zahlreich auftritt. An den zuerst namhaft 
gemachten Gewässern finden sich einzelne schon sehr zeitig ein. 
1897 beobachtete ich dort die ersten am 27. Februar, und zwar 
2 dd und 1 2 (tags darauf traf ich übrigens auf den Feldern 
am Grossen Teiche von Pleissa (bei Limbach) eine Schar von 
15—20 Stück an, die lauter Männchen zu sein schienen), 1897 
hatten sich die ersten am 19. Februar, 1900 am 25. Februar, 
1901 am 3. März bei Frohburg eingefunden, dagegen sah ich 
1902 dort erst am 16. März ein Exemplar, nachdem ich bei 
früheren Ausflügen immer vergeblich nach ihm ausgeschaut. 
Während des Winters habe ich dort nie einen bemerkt, nur 1896 _ 
ausnahmsweise am 20. Dezember noch, sonst verschwinden die 
letzten im Laufe des Novembers. 

Wie ich schon im „Neuen Naumann‘ kurz angeführt, hat 
man gerade an den Frohburger Teichen viel Gelegenheit, diesen 
Ammer auf erhöhten Stellen sitzen und singen zu sehen. Der 
dort am Ufer des Grossen Teiches hinführende Weg ist an 
den Rändern mit Kirschbäumen bepflanzt, auf diese Bäume 
setzen sich die Rohrammer, wie es scheint, sehr gern, und zwar 
nicht nur auf die unteren Äste in einer Höhe von einigen Metern, 
sondern ebenso häufig auf die Baumspitzen von 5 und noch mehr 
Meter Höhe. Mitunter sah ich zu gleicher Zeit mehrere auf solchen 
luftigen Sitzen, so am 22. März 1896 3 und am 3. April des- 


Ornithologische Beobachtungen. 425 


selben Jahres 5 Stück. Win angenehm ihnen die Plätze sind, 
erkennt man daran, dass, wenn man sie von einem Baume ver- 
jagt, sie gar nicht selten einem zweiten zufliegen, sich dort 
niederlassen, um von da aus oft noch einem dritten zuzueilen. 


Rephuhn. Perdix perdix (L.) 


Am 21. Juli 1898 traf ich mitten im Walde auf einer Wiese 
bei Arnoldsgrün i. V. etwa wachtelgrosse Junge in Gesellschaft 
dreier Alten an; jung und alt flog bei meiner Annäherung zu- 
sammen nach derselben Richtung fort. 

Gar nicht selten hört man von der Erlegung abweichend ge- 
färbter Rephühner: so wurde 1 Albino aus einem 15 Stück starken 
Volke bei Nobitz geschossen, ebenso ein gleich gefärbtes bei 
Niederschöna, wo schon mehrere Jahre vorher eine gelbe Spielart 
vorkam. (Ztg. Ntz.). 


Fasan. FPhasianus colchicus L. 


Nicht selten sieht man bei den Wildhändlern in Chemnitz 
neben hahnenfedrigen Hennen abweichend gefärbte Männchen, so 
hingen im Februar 1899 in dem Schaufenster eines Wildhändlers 
gleichzeitig 3 vollständige weisse und ein isabellfarbiger, die an- 
geblich aus Schlesien stammten. Im Januar 1900 befanden sich 
an derselben Stelle 2 reine Albinos; ferner 1901 im Schaufenster 
eines anderen derartigen Ladens Ende Okt. 1 und Mitte November 
2 isabellfarbige $. Ein beim Kleemähen aufgefundenes Fasan- 
gelege wurde einer Haushenne zur Weiterbebrütung übergeben: 
ein Hahn und eine Henne schlüpften aus. Der erstere kam zur 
vollen Entwicklung (während die Henne eher starb), wurde sehr 
zahm, blieb immer auf dem Hofe des Gutes, trotzdem die ganze 
Umgegend wilde Fasane beherrbergte, schloss sich den Hühnern 
an und versuchte auch, diese zu treten. 


Goldregenpfeifer. Charadrius apricarius L. 


Auf seinen alljährlichen Wanderungen kommt der Goldregen- 
pfeifer auch in unserem engeren Vaterlande regelmässig vor. 
Es würde viel zu weit führen, hier die Orte, an welchen Vögel 
dieser Art erlegt oder beobachtet wurden, aufzuführen. Nur einige 
die Frohburger Teiche betreffenden Daten seien kurz angeführt: 

1896 am 19. April trieb sich ein einzelner eine Zeitlang 
in der Umgebung der Teiche unter einer Schar von Staren und 
Kiebitzen herum. 

1897 kam dort schon am 7. März eine Schar von etwa 30 
Stück zur Beobachtung. 

1898 hielt sich am 20. März ein grosser Flug in der Um- 
gebung des Ziegelteiches auf; ein einzelner, der wahrscheinlich 
von seinen Kameraden abgekommen war, zeigte sich sehr unruhig, 


426 F. Helm: 


flog unter lebhaften Rufen viel umher. Auch am 3. April wurden 
die charakteristischen Rufe dieses Regenpfeifers wieder gehört. 

1900 am 14. März rasteten 2 Stück auf einen Saatfelde 
am Ziegelteiche. 

1901 am 17. März hatte sich auf demselben Felde eine 
Schar von 15 Exemplaren niedergelassen. 

1902 am 13. April riefen auf den Feldern an den Teichen 
wiederholt einzelne. 


Kiebitz. Vanellus vanellus (L.) 


Wie überall, ist auch in Sachsen namentlich in der Umgebung 
der grösseren Teiche der Kiebitz vorhanden und trägt selbst nach 
der Brutzeit infolge seiner Vereinigung zu grossen Scharen viel 
zur Belebung einer Gegend bei. Im Frühjahre stellt er sich sehr 
zeitig ein. An den Frohburger Teichen trieben sich 1897 am 
7. März 2 Scharen umher, 1899 am 12 Februar etwa 1 Dutzend, 
1900 am 25. Februar ein einzelner und eine Schar von 8—10 
Exemplaren, 1901 am 6. März 3 und 1902 am 2. März ver- 
schiedene Flüge. 

Den Winter verbringt an den Frohburger Teichen keiner 
dieser Vögel. Während am Anfang des November daselbst all- 
jährlich noch grosse Scharen beobachtet werden können, habe ich 
ausgangs dieses Monats niemals mehr ein Exemplar gesehen. 


Fischreiher. Ardea cinerea L. 


Nach der Brutzeit ist der Fischreiher in den grossen 
sächsischen Teichrevieren durchaus keine seltene Erscheinung, 
wie sehr deutlich aus dem Verzeichnis der vom Sächsischen 
Fischereiverein gezahlten Prämien für Fischfeinde hervorgeht. 
Genannter Verein gewährte von 1884 bis 1902 Prämien (a 3 M) 
für 1541 Reiher, ferner (a 5 A) für 67 Fischadler und (& 5 M) 
für 621 Ottern. Dabei kommen aber lange noch nicht alle er- 
legten Reiher zur Prämiierung! In welcher Anzahl er mitunter 
auftritt, mögen nachstehende Spezialangaben näher dartun. An 
den Moritzburger Teichen wurden von mir beobachtet: 1891 am 
4. Okt. vormittags 9 Stück gleichzeitig in dem ablaufenden Dippels- 
dorfer Teich, am 11. Okt. vormittags daselbst 7 Stück fischend, 
während nachmittags gegen 4 Uhr über demselben gleichzeitig 
13 Exemplare kreisten. Am 25. Okt. trieben sich an dem Ab- 
flussgraben des Mittelteiches 10 herum. 1897 standen am 5. Okt. 
in dem ablaufenden Frauenteich 9 und am Tage darauf, als dieser 
Teich abgefischt wurde, mindestens 11), Dutzend. 

In der Umgebung der den Moritzburger Teichen an Grösse 
nachstehenden Frohburger Teichen kommt der Fischreiher zwar 
nicht so zablreich vor, aber er fehlt auch da nicht. Im März und 
merkwürdigerweise spätim April zeigen sich zuweilen dort einzelne, 


Ornithologische Beobachtungen. 427 


so zogen 1900 am 16. April 3 und am 21. April 2 Stück unter 
Rufen in grosser Höhe über die Teiche. Nach der Brutzeit stellen 
sich ebenfalls einzelne von Ende Juli an manchmal ein. Falls 
zu fischende Teiche im Ablaufen begriffen sind, vermehrt sich 
zwar ihre Anzahl, aber wie schon hervorgehoben, in solchen 
grossen Vereinigungen wie an den Moritzburger Gewässern habe 
ich sie bei Frohburg nie beobachtet. 1901 war Ende Okt. während 
des Abfischens des grossen Teiches die nun zu schildernde inte- 
ressante Tatsache festzustellen. Es hielten sich dort, als man 
fischte, 3 Reiher natürlich in grosser Entfernung vom Damme, 
wo das Verwiegen der Fische vorgenommen wurde, im Teiche auf. 
Dieselben hatten die dem Abfischen vorhergehenden zwei, infolge 
des Mondscheines sehr hellen Nächte im Wasser des Teiches 
stehend verbracht. 


Blässhuhn. Fulica atra L. 


Obwohl ich schon in „Neuen Naumann‘ den grössten Teil 
meiner seit 20 Jahren über diesen Vogel gesammelten Beobach- 
tungen veröffentlicht habe, so möge doch an dieser Stelle noch- 
mals kurz auf dieselben eingegangen und auch gleichzeitig einige 
seit jener Veröffentlichung festgestellte neue Tatsachen hinzu- 
gefügt werden. In dem näher bezeichnetem Werke wies ich 
darauf hin, dass die Blässen der Nahrung wegen aufs Trockene 
hauptsächlich an solchen Teichstellen kommen, welche sehr flach 
verlaufen und ausserdem frei von Rohr, Schilf und Gesträuch 
sind, somit einen weiten Überblick, leichten Ausstieg und schnelle 
Flucht auf das Wasser ermöglichen. Auch konnte ich dort auf 
eine eigentümliche Art der Nahrungssuche aufmerksam machen, 
welche darin besteht, dass zuweilen einzelne Blässen, auf zusammen- 
geschwemmtem Genist stehend, mit einem Fusse eine Zeitlang 
auf dasselbe schlagen, dabei ein klatschendes Geräusch verur- 
sachen und dann mit dem Schnabel etwas aufpicken. Ich bin 
gegenwärtig in der Lage, für beide Tatsachen neue Beobachtungen 
anführen zu können. 

An einem der Frohburger Teiche scheinen die an die flach 
verlaufenden Teichstellen sich anschliessenden Wiesenstreifen, so- 
wie die an dieselben grenzenden Feldpartien wahre Lieblingsstellen 
unseres Vogels zu sein; denn zu geeigneten Zeiten dürfte man 
dort wohl selten vergebens nach auf dem Trocknen herumlaufenden 
Blässen sich umsehen. Dafür, welche Scenen dort mitunter zu 
beobachten sind, mögen die nun zu machenden Angaben aus 
den letzten Jahren sprechen. Am 3. April 1898 liefen am 
Strassenteiche bei meiner Ankunft einige auf der Wiese, Gras 
abweidend, herum, nach einiger Zeit taten dies 12 unter Lach- 
möven und Enten verschiedener Aıt. Nachdem ich den Damm 
des in der Nähe befindlichen Ziegelteiches erreicht hatte, be- 
merkte ich dort auf einer dem Teiche angrenzenden Wiese 


428 F. Helm: 


mindestens 15 Exemplare, welche sich in derselben Weise be- 
schäftigten und bei meiner Annäherung langsam auf den Teich 
sich begaben. Am 17. April mittags trieben sich auf dem flachen 
Ufer und dem daneben liegenden Winterroggenfelde — dessen 
Rand 40 Schritte weit vom Teichrande entfernt lag -- 15—18 
Blässen herum. Die flachen Teichstellen waren dort so versumpft 
und vergrast, dass die Blässen durch dieselben waten mussten. 
Weil sie dies jedenfalls schon öfter getan, hatten sich an 
dem Ufer förmliche Pfade gebildet. Auf dem Winterroggen- 
felde waren in einer Breite von 6 Schritten die Blattspitzen der 
jungen Saat abgebissen und der Boden weithin mit grünem Kot 
bedeckt, der sich immer da findet, wo die Blässen Grünes ver- 
zehrt haben. Erwähnt sei noch, dass, als ich mich den Vögeln _ 
näherte, die meisten derselben, eine lange Reihe bildend, ins 
Wasser marschierten und nur die 4 letzten vom Rasen aus in 
den Teich flogen. 

Wie erpicht die Blässen mitunter auf das Weiden auf dem 
Festlande sind, mögen folgende Fälle beweisen. Am 12. April 1901 
lief, als ich mich dem Grossen Teiche näherte, auf dem als 
Pferdekoppel zeitweise benutzen Wiesenstreifen, welcher aus dem 
eben angeführten Grunde mit Stangen eingezäunt und mit einer 
Bretterhütte versehen ist, eine einzelne Blässe herum, die, als 
sie mich sah, dem Teiche zustrebte.e Da ich mich aber hinter 
der Hütte verbarg, blieb auch der Vogel ruhig an seinem Platze 
auf der Wiese, erst als ich mich wieder vor der Hütte zeigte, 
eilte die Blässe ins Wasser. Um den Teichrand nach Sumpf- 
vögeln abzusuchen, setzte ich dann meinen Weg fort, ich hatte 
aber das obere Ende der Koppel noch nicht erreicht, als schon 
wieder 4 Blässen auf der Wiese umherliefen, 2 derselben waren 
sogar schon bis an die Wiesenstelle gekommen, welche an ein 
Feld grenzte. Im Oktober desselben Jahres hatte ich Gelegen- 
- heit, die Blässen von einer ganz neuen Seite hinsichtlich ihrer 
Ernährung kennen zu lernen. Die hier in Betracht kommenden 
Frohburger Teiche sind, wie schon angeführt, umgeben von mehr 
oder minder breiten Wiesenstreifen, an die dann die Felder 
stossen. Am Strassenteich ist auf der Seite, wo der Teich sich 
verflacht, die Wiese nur schmal; 1901 war das daranstossende 
Feld mit Kartoffeln bestellt, die im Oktober herausgenommen 
wurden. 

Als ich am 20. Oktober in der 10. Stunde vormittags dort 
anlangte, befanden sich schon 8 Blässen auf dem abgeernteten 
Kartoffelfelde, während 4 andere auf der Wiese demselben zu- 
eilten. Bei meinem Erscheinen flog die ganze Gesellschaft ins 
Wasser, und ich verbarg mich im Innern der dort befindlichen, 
für die im Teiche badenden Frohburger Einwohner gebauten 
Bretterhütte. Ich hatte aber noch keine Viertelstunde dort ver- 
bracht, so liefen an verschiedenen Stellen des abgeernteten 
Feldes wieder Blässen — zusammen mindestens 1 Dutzend — 


Örnithologische Beobachtungen. 439 


umher und 1, Dutzend eilte, soweit das Wasser es gestattete, 
schwimmend, sodann watend und schliesslich laufend dahin. 
Auch am 31. Oktober vormittags und nachmittags und am 10. 
November spielten sich dort ähnliche Vorgänge ab. Eine nähere 
Besichtigung des Feldes ergab folgendes: da, wo die Vögel sich 
aufgehalten hatten, lagen neben graugrünen Exkrementen Kar- 
toffeln verschiedener Grösse in ziemlicher Anzahl; manche der- 
selben waren fast vollständig ihres weissen Fleisches beraubt, 
nur die Schale mit einigen Fleischresten war übrig geblieben, 
andere wieder wiesen nur erst ein kleines Loch auf. Schliesslich 
sei auch noch kurz folgende Beobachtung angeführt, welche dar- 
legt, wieviel man manchmal zu gleicher Zeit Blässen auf dem 
Lande beobachten kann. Am 8. Juni 1902 liefen gegen Mittag 
auf dem wasserfreien Ufer des Grossen Teiches anfangs 12 Stück 
umher, nach einiger Zeit war die Zahl derselben auf 28, kurz 
darauf auf 30 und schliesslich auf 33 gestiegen. Überall konnte 
man eifrig herumlaufende und weidende Blässen bemerken. 

Auch war es mir abermals möglich, einzelne schwarze Wasser- 
hühner beim Wassertreten zu beobachten, so am 15. April 1900 
und am 31. März 1901. In dem letzteren Falle schlug ein 
Exemplar, auf in der Nähe des Dammes angeschwemmten Pflanzen 
stehend, sehr eifrig mit einem Fusse auf dieselben, pickte dann 
verschiedenes auf, schlug abermals auf das Gerüst, nahm etwas mit 
dem Schnabel auf und sah dann mit gebeugtem Halse anhaltend 
und eifrig auf die Wasseroberfläche, um schliesslich sich ins 
Wasser zu begeben. Uber die Zeit, die tauchende Blässen unter 
Wasser verbringen, sei folgendes mitgeteilt. Ein am 9. September 
auf dem Ziegelteich am Schilfrande tauchendes Exemplar blieb 
nach einander 12, 15, 10, 9, 10, 13, 13, 10, 9, 10 Sekunden lang 
unter Wasser, ein anderes am 16. Septeimber beobachtetes: 11, 
8, 9, 10, 8, 11, 13, 13, 11, 13, 8 Sekunden. 


Bekassine. Gallinago gallinago (L.). 

Namentlich während des Herbstzuges ist die Bekassine an 
unseren grossen Teichen eine gewöhnliche Erscheinung. In dem 
18. Jahrgang der Ornithologischen Monatsschrift (1893) S. 273 
berichtete ich schon ausführlicher über das Vorkommen unseres 
Vogels an den Moritzburger Teichen. Es sei daraus folgendes 
wiederholt. Am 20. September 1891 jagte ich aus einer mit 
umgeknicktem Schilf ziemlich dicht bestandene Stelle des Nieder- 
waldteiches erst 7, dann 6, 1, 3, 1 Bekassine in kurzen Zwischen- 
räumen auf. Als ich am 27. September d. J. bei regnerischem 
Wetter an dem damals grösstenteils abgelaufenen Dippelsdorfer 
Teiche beobachtete, traf ich auf den schlammigen von Schilf 
umgebenen Stellen und in dem Schilfe selbst unseren Vogel in 
ganz ungewöhnlicher Menge an: bald einzeln, bald 2, 4 oder 
eine noch grössere Anzahl erhob sich gleichzeitig unter Rufen, 
und zwar geschah dies überall, wohin ich mich auch wenden 


450 F. Helm: 


mochte. Die aufgejagten Bekassinen flogen dann in ziemlicher 
Höhe über den Teich, die Individuen, welche auf einmal aufge- 
standen, bildeten eigene Flüge, scharten sich meist noch dichter 
zusammen und führten gemeinschaftliche Schwenkungen aus. 
Von Zeit zu Zeit sauste die eine oder andere aus der Höhe nieder 
an mir vorbei oder über den Teich hin. Jeden Augenblick ver- 
nahm man das Kätsch der Auf- und Umberfliegenden und konnte 
innerhalb kurzer Zeit Dutzende von fliegenden und rufenden 
Vögeln zählen. 

Dass die Bekassine zeitweise auch an den Frohburger Teichen 
eine ganz gewöhnliche Erscheinung ist, dafür mögen einige Be- 
obachtungen angeführt werden. 

Am 16. September 1894 standen von einer überschwemmten, 
wenig bewachsenen Wiesenstelle am Grossenteiche gleichzeitig 
7 unter Rufen auf, am 30. Juli 1896 erhoben sich von einer 
seichten Uferstelle desselben Teiches ebenfalls 7, und nach einiger 
Zeit noch 3 Stück; von einer anderen versumpften Stelle daselbst 
am 1. August 1, 3, 3, 2, 1, 3, 1, 2, 1 in kurzen Pausen nach 
einander, am 8. August jagte ich an gleichem Orte, nachdem 
bei meinem Nahen 1 Dutzend fortgeflogen, noch 3, dann 1, 2 und 
darauf abermals 3 kurz nacheinander auf, und, um noch ein Beispiel 
anzuführen, am 30. August desselben Jahres, hatten sich an einer 
Lache auf dem begrasten Boden einer Lehmgrube 5 Bekassinen 
eingefunden, die unter Kätschrufen bei meiner Annäherung fort- 
flogen. : Bei diesem massenhaften Auftreten der Bekassinen und 
den geringen Beunruhigungen, welche sie während ihres Aufent- 
haltes an den Teichen erfahren — es wird ihnen so gut wie gar 
nicht nachgestellt — ist es nicht verwunderlich, das man sie in 
allen möglichen Lebensverhältnissen beobachten kann. Auf einige 
derselben sei hier kurz eingegangen. Am 7. August 1896 hielten 
sich 7 Stück am begrasten Ufer des grossen Teiches auf, 5 der- 
selben standen am Teichrande, 2 aber hockten auf der mindestens 
mannshohen obersten Stange der Pferdekoppeleinzäunung und 
flogen erst unter Rufen ab, als ich ihnen ziemlich nahe gekommen 
war. Am 11. Oktober 1896 in den ersten Nachmittagstunden 
befanden sich 9 Exemplare an derselben Teichstelle, die, nebenbei 
bemerkt, ein Lieblingsplatz der meisten die Teiche besuchenden 
Vögel mit Ausnahme der Taucher und Tauchenten ist. 

Nach kurzer Zeit näherte sich den Bekassinen eine Schar 
von einigen hunderten Kiebitzen, um dort einzufallen. Sobald 
diese in die Nähe der Sumpfschnepfen gekommen waren, sprang 
eine derselben mit ausgebreitetem Schwanze und gelüfteten 
Flügeln ihnen entgegen, natürlich ohne Erfolg. Die Kiebitze 
setzten sich, den Schnepfen schien dadurch ihr Aufenthaltsort 
verleidet zu sein, denn nach wenigen Augenblicken begaben sie 
sich auf die oberste (mannshohe) Stange der Pferdekoppelein- 
zäunung, liefen daselbst unbeholfen einige Schritte weit und 
blieben dann ruhig sitzen, bis ich sie verscheuchte. Während 


Örnithologische Beobachtungen. 431 


sie auf diesem ungewöhnlichen Platz verweilten, kratzte sich die 
eine, auf einem Fusse stehend, mit dem andern am Kopfe. 

Auch an anderen für gewöhnlich nicht von ihnen besuchten 
Orten finden sich manchmal Bekassinen ein. So jagte ich 1896 
im Oktober 2 Stück in der Nähe des Strassenteiches von einer 
ziemlich trocknen, gemähten und mit dem dürren Gras bedeckten 
Wiese auf, am 28. März 1897, als am Ufer des Ziegelteiches 
viel Sumpfschnepfen eingefallen waren und einmal 10 Stück fast, 
gleichzeitig abflogen, stiegen von einem mit Strohdünger bedecktem 
Felde zwei, nach kurzer Zeit vier vom Rande dieses Grundstückes 
und eine weit drinnen im Felde auf. Auch am 5. April d. ). 
jagte ich zwei von dem gedüngten Felde fort, und am 19. Sept. 
desselben Jahres erhoben sich, nachdem vier das versumpfte 
Teichufer verlassen, gleichzeitig sieben Sumpfschnepfen aus einem 
an diesen Teich grenzenden Kartoffelfeld. Auch an noch anderen 
aussergewöhnlichen Stellen fallen sie mitunter ein, so stand am 
9. September 1900 eine Bekassine mittags am Grossen Frohburger 
Teiche ganz frei im seichten Wasser, behielt auch ihren Platz 
inne, als die dort sich ebenfalls aufhaltenden Krick- und andere 
Enten unter Rufen aufs Wasser flogen, erst als ich ihr sehr nahe 
gekommen, bequemte sie sich zum Abfliegen, um ganz in der 
Nähe wieder einzufallen. Am 28. September 1901 hatte man 
wegen Streumangel eine versumpfte, meist mit Binsen, Seggen 
etc. bestandene Uferstelle abgemäht; daselbst hatte sich eine 
grosse Anzahl Sumpfschnepfen niedergelassen. Nachdem bei 
meiner Annäherung erst einzelne abgeflogen, tat dies dann gleich- 
zeitig ein Dutzend, dem kurz darauf noch einige folgten. 

Ab und zu hört man an dem einen oder andern Teich auch 
eine Bekassine meckern. So tat dies z. B. am 7. Juli 1901 vor- 
mittags 1 Exemplar, indem es über dem Strassenteich unter ab- 
wechselndem Meckern und Dickerufen umherflog, um endlich unter 


den letzten Rufen am Teichrande einzufallen. 
(Fortsetzung folgt.) 


Entwickelung oder Nicht-Entwickelung? 
(Replik auf die Ausführungen O. Kleinschmidt’s). 


Von Wilhelm Schuster. 


Mn dr ovrwg, dyasos nso Ewv, Yeosixer” Ayıllav, 
xAEnTE vOW, EmEi 0V nugsAeVoEnı OVdE we nEioeıg. 
Homer, Ilias I, 131 u. 132. 


„O quae mutatio temporum!“ 

Herr Pfarrer OÖ. Kleinschmidt stellt in No. 12 der „Ornithol. 
Monatsberichte‘“ 1903, S. 180 mit besonderem Nachdruck den Satz 
auf: „Ich protestiere feierlich dagegen, dass die Entwicklungslehre 
anerkannt sei. Ich erkenne sie nicht an.“ — Dass der von mir 
in No. 10 derselben Zeitschrift, S. 156, niedergelegte Passus: . 


488 Wilhelm Schuster: 


„Erscheint es nicht wieder auf Grund solcher Erkenntnis 
als gar sehr fehlerhaft, als kleinlich beschränkt, subtile Art- 
scheidungen in die Natur hineinzutragen nach einem bestimmten 
„wissenschaftlichen“ Schema, einer menschlich subjektiven 
Schablone — — Artscheidungen, die in Wirklichkeit garnicht 
vorhanden sind, sondern sich lediglich als Registrierung der 
Spezifika des (nach Zeit und Ort) anders gearteten Movens 
von Lebenssitten etc. nur einer Spezies ausweisen? Jener 
tendenzgetreue Schematismus ist eine Sünde wider die (doch 
anerkannte) Entwickelungslehre!“ 

unmittelbar an die Adresse von Herrn Kleinschmidt 
ging, welcher vier Seiten vorher (S. 153) auf Grund einer 
kleinen, an nur fünf sizilischen Habichtsexemplaren (als Parallel- 
stücken zu sizilischen Sperbern) wahrgenommenen sogenannten 
„Artverschiedenheit“ geschrieben hatte: „Wer da meint, die Natur 
arbeite nirgends nach einem Schema, der möge diese beiden 
Formen ansehen und verstummen“ — — das war ja eigentlich 
sehr einfach und klar und wurde auch von Herrn Kleinschmidt 
ganz richtig herausgefühlt. Aber dass sich Herr Kleinschmidt 
daraufhin zu der obigen paradoxen These: „Ich erkenne die 
Entwickelungslehre nicht an“ drängen lassen würde, das hätte 
ich denn doch nicht erwartet. Denn die Leugnung der Ent- 
wickelung in der organischen Natur (und damit der Tierver- 
änderungen) ist doch keine conditio sine qua non für die 
Anfechtung meiner Tatsachenmitteilung (betreffend die veränderte 
Nistweise der Juister Brandenten); Herr Kleinschmidt hätte doch 
vielleicht auch noch auf andere Weise mich „totmachen“ bezw. 
mir Widerpart leisten zu können glauben dürfen. Ich erkläre 
mir also die obige, (wie sich zeigen wird: ganz einzigartige) Idee 
Kleinschmidts als eine extrem individuelle These, hervorgegangen 
aus der augenblicklichen oppositionellen Stellung ihres Autors, 
erzielt im getreuen Verfolg vorausgehender prinzipieller Gedanken- 
aufstellungen: Als das momentane geistige Entwickelungsprodukt 
aus schon lange vorher (stark) gährenden Tendenzen. Und ob 
nun Kleinschmidt jetzt auch noch die Entwickelung in der Natur 
leugnet, um seine Theorien über „Formenkreis“ und „Lebensring“ 
um so eher — sit venia verbo! — „durchdrücken“ zu können 
oder ob darum nicht, ist mir hier weiterhin Nebensache; Tat- 
sache ist: Er leugnet die Entwickelung. 

Was ist nun mit dieser These, welche Vorgeschichte hat 
sie? Eine logische Untersuchung soll es dartun. Es springt 
zunächst sofort in die Augen, dass diese These ihrem ganzen 
Charakter nach auf derseiben Linie vorwärtsläuft, auf welcher 
alle jenen modernen — berufene und unberufene! — Bestrebungen 
paradieren, welche so etwa das Motto an der Spitze tragen: 
„Iod dem Darwinismus.“ Der Geist der Kleinschmidt’schen These 
ist — jedoch, wie sich später zeigen wird, nur scheinbar — 
identisch mit demjenigen, welcher sich in den gleichfalls neu- 


Entwickelung oder Nieht-Entwickelung ? 438 


zeitlichen (in No. 10 des „Zool. Gart.“ 1903 von mir in einem 
längeren Essay, S. 325—332, abgefertigten) Totelager- Leichen- 
reden: „Am Sterbelager des Darwinismus‘“ breitmacht. Auf den 
ersten Blick zunächst anscheinend dieselbe Signatur, derselbe 
formfertige, geschlossene polemische Typus (und doch nur an- 
scheinend)! Dieser verneinende Geist des Widerspruchs mit seinen 
so garnicht verfänglichen Produzierungskünsten — ich will nicht 
sagen: in Mephistopheles’ Art — ist zur Zeit auf naturwissen- 
schaftlichem Gebiete ein ungemein aktuelles Thema. Und darum 
quae mutatio temporum! Vor fünfundzwanzig, ja noch vor fünf- 
zehn Jalıren wäre gewisslich die eben hier gekennzeichnete Fechter- 
bezw. Thesenstellung durchaus nicht möglich gewesen. Heute 
aber ist sie möglich — — weil sich so und so viele akademische 
Lehrer mit mehr oder minder grossem Vorbehalt, mit geringeren 
oder stärkeren Modifizierungen, mit engerer oder weiterer, immer 
Mass und Ziel setzender Reserve [und N. B. auch mit vielleicht 
mehr oder weniger Recht] gegen den sogenannten „Darwinismus“ 
— den typischen Darwinismus im engeren, beschränkten Sinne 
(also die Selektions-, Zuchtwahltheorie) — ausgesprochen haben 
— — -— nota bene, sich ausgesprochen haben nicht strikte und 
absolut, sondern unter Anerkennung des Darwin’schen und Vor- 
Darwin’schen (Lamark’schen) Gesamtbaues freilich allesamt nur 
mit engeren oder weiteren Modifizierungen, welche einerseits nur 
Einzelheiten an dem System ändern wollen und andererseits für 
jeden einzelnen Thesensetzer eine gewisse, vorsichtigerweise auf- 
gerichtete Deckung bedeuten — — — sich ausgesprochen haben 
nur gegen den „Darwinismus“ im engeren Sinne Weil ein Wi- 
sand, Hamann, Haacke, Driesch, Julius von Sachs, Goette, Kor- 
schinsky, Haberlandt, Steinmann, Eimer, Fleischmann (es sind 
das so ziemlich alle hier event. zu nennenden Namen) gewesen 
sind, ist die These eines Kleinschmidt möglich. Nur darum! !) 

Nun das Aber! Alle diese Männer der Wissenschaft haben 
sich ja aber niemals gegen die Entwicklungslehre selbst gewandt. 


1) Und von diesen wenigen, hier namhaft gemachten Männern der 
Wissenschaft (von den nichtwissenschaftlichen, sondern religiösen In- 
tentionen folgenden Gegnern sehe ich natürlich ab), welche sich irgendwie 
und irgendwann einmal polemisch gegen Darwin gewandt haben, „möchte 
sich gewiss wohl ein Teil (so z. B. vielleicht Haacke, Goette etc.) ver- 
bitten, dass bestimmte von ihnen geschriebene Sätze aus dem Ganzen 
herausgerissen und lediglich in dem einen Sinne verwandt werden, der 
eine Missdeutung leicht zulässt, oder dass sie auf Grund irgendwelcher 
nebensächlicher Indizien als Gegner des „Darwinismus“ aufgeführt werden. 
Prof. Eimer z. B. ist ebenso für den engeren Darwinismus (Selektions-, 
Zuchtwahltheorie) als dagegen, d. h. er billigt das eine und weist das 
andere zurück; er erklärt auch ausdrücklich, dass er sich garnicht unter- 
fange, einem Manne wie Darwin entgegenzutreten“ (Zool. Gart.“, 1905, 
S. 337). 


Journ, f. Orn, LII, Jahrg. Juli 1904, 29 


434 Wilhelm Schuster: 


Keiner von ihnen!) hat die Deszendenztheorie verworfen. Wo- 
gegen sie sich aussprechen, das ist eine besondere Modifikation 
(nämlich die Darwin’sche) zur Entwickelungslehre, das ist der 
„Darwinismus“, eine Erklärung der Art und Weise der Ent- 
wickelung, nämlich durch sexuelle Auslese ete. Die Deszendenz- 
theorie (Enwickelungs-, Abstammungslehre) stammt im Wesent- 
lichen von Lamarck, der „Darwinismus“ (Zuchtwahl-, Selek- 
tionstheorie) von Darwin. Hie (bei Darwin) spezielle Zucht- 
wahltheorie — dort (bei Lamarck etc.) allgemeine Entwickelungs-, 
Abstammungslehre schlechthin. Der Unterschied zwischen 
beiden ist ein elementarer. Abgesehen nun von Weismann, 
Haeckel, Wallace, Huxley, Hehn, Marshall, Pflüger, Lubbock, 
F. von Wagner, Ranke, Bölsche, Büchner, Boettger, Brehm, 
Hertwig, Noll, A. und K. Müller, Keller, Spitzer, Ule, Dodel 
u. Ss. w. u. Ss. w. und hundert anderen ebenso bedeutungsvollen, 
berühmten Namen, welche klar und fest auch für den „Dar- 
winismus“ eintreten, so sehen und kennen die oben zuerst 
senannten wenigen Männer auch alle doch wenigstens die Ent- 
wickelung (und damit eben zugleich die Tierveränderungen), 
erkennen voll und unumwunden die Entwickelungslehre an. 
Das Gegenteil wäre auch thöricht. Denn absolut kein natür- 
licher Lebensprozess, kein organisches Werden, Sein und Ver- 
gehen in der Welt ist ohne die — neue Werte schaffende und 
Veränderungen wirkende — Entwickelung zu denken. Die Ent- 
wiekelungslehre ist allgemein anerkannt, [der „Darwinis- 
mus“ nicht] Jeder bemerkt, kennt, nennt sozusagen die Ent- 
wickelung, der antike Weise und das moderne Schulkind. Livius, 
der alte Römer, spricht mit überraschender Deutlichkeit von ihr 
[38, 17: „bei Pflanzen und Tieren ist die den Artcharakter auf- 
recht haltende Vererbung ohnmächtig gegen die durch Boden 
und Klima (quantum terrae proprietas coelique) bewirkten 
Veränderungen; alles entwickelt sich vollkommener an dem 
Orte seines Ursprungs; bei Versetzung auf einen fremden Boden 
verwandelt es seine Natur nach den Stoffen, die es aufnimmt“). 
Herder (in „Uber den Ursprung der menschlichen Sprche‘) und 
Goethe (in seinem Pflanzenwerk) erkennen sie an. Alexander 
von Humboldt, der gefeiertste Patriarch unter den Naturforschern 
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Karl Ernst von Baer, 
der Begründer der modernen Embryologie, Johannes Müller, der 
Begründer der modernen Physiologie, Charles Lyell, der Be- 
sründer der modernen Geologie, Thomas Huxley, Alfred Russel 
Wallace sind ihre entschiedenen Anhänger. Darwin, m. E. der 


1) Nur abgesehen vielleicht von dem etwas unbeständigen Fleisch- 
mann, welcher zwar in dem ersten Teil seines „Lehrb. der Zoologie“ 
(1896) ganz natürlich auch für die Entwickelungslehre eintritt, in dem 2. 
Teil nicht mehr ganz. Vergl. über dieses Buch das Urteil Prof. Bl: 
im „Jahrbuch der Naturkunde“ I, S. 140! 


Entwickelung oder Nicht-Entwickelung ? 435 


grösste Gedankenkombinator aller Zeiten, tritt für sie ein. „Ent- 
wickelung“ ist der oberste Erkenntnisgrund und der erste Lehr- 
satz der ganzen wissenschaftlichen Welt, fast schon von Einst 
und ganz sicher von Heute; die Wissenschaft erkennt, erklärt, 
verteidigt die Entwickelung als ein Grundprinzip alles Werdens 
in der belebten (und teilweise auch unbelebten) Natur. Und 
auch die ganze nicht naturwissenschaftliche Wissenschaft (bezw. 
Welt), auch die orthodox-theologische, gibt heute die Entwickelung 
zut). Selbst der Verfasser von „Am Sterbelager des Darwinismus“, 
ein Dr. E. Dennert, Rektor eines evangelischen Knabenpädagogiums, 
sagt ausdrücklick: Die Entwickelungslehre erkenne ich an (8.18 — 25, 
S. 73, 74) 2); dasselbe betont ganz entschieden z. B. der berühmte 
Biologe E. Wasmann, Jesuit, welcher selbst mit überzeugender, 
ja schlagender Akribie nachgewiesen hat, dass die Lomechusen 
ein Züchtungsprodukt des Freundschaftsinstinkts der Formika- 
gattung(Ameisen) sind (vgl. ‚Jahrbuch d. Naturkunde“ I, S.139— 145, 


1) Wie allgemein und unumstritten die Entwickelungslehre auch 
gerade in der gegenwärtigen Zeit gilt, dafür habe ich in No. 10 
des „Zool. Gart.“ 1903, S. 327 Folgendes angeführt: 

„Wer nur einigermassen unser jetziges geistiges Leben kennt, muss 
von allem eher reden als von einem „Ersterben‘“ der Darwin’schen Lehren 
[gemeint sind hier vor allem die Entwickelungslehren]. Das sagen ihm 
insbesondere drei Umstände: 

A.) Es werden fast alle unsere fachwissenschaftlichen Zeitschriften 
— die Tagesblätter, soweit sie wissenschaftlich erscheinen wollen, von den 
Fachzeitschriften beeinflusst, natürlich auch — mit Darwin’schen Gedanken 
und Ideen gespeist, mit Untersuchungen in Darwin’schem Geist und Sinne 
gefüllt. [— ,„wie sie heutzutage auf den Gassen gepredigt werden,“ 
Kleinschm. „O. M.,“ 8. 179 —]. 

B.) Alle Wissenschaften, selbst die Theologie (als Wissenschaft), 
haben sich den Darwin’schen Entwickelungsgedanken und die Darwin’sche 
Methode, eine Sache in ihrem Eintstehen, in ihrem natürlichen Werdegang, 
zu begreifen, angeeignet. Was speziell die Aneignung des Entwickelungs- 
gedankens durch die Theologie angeht, so unterrichte man sich darüber 
in den derzeit fortlaufenden genialen Naumann’schen „Briefen über die 
Religion“ in der „Hilfe“ des bekannten Pfarrers Dr. Naumann, eines ge- 
radezu begeisterten Anhängers der Entwickelungslehre, und in dem Buche: 
„Christentum und Darwinismus (!) in ihrer Versöhnung“ von Pfarrer Dr. 
phil. Hermann Franke. 

C.) Die hervorragendsten Naturforscher der Gegenwart, die tüch- 
tigsten, arbeitsfreudigsten, weitschauendsten Männer unseres Zeitalters sind 
für den „Darwinismus,‘‘ zum wenigsten aber für die Entwickelungslehre alle.“ 

2) Vgl. z. B. „Nun ist es unzweifelhaft, dass in gewissen Fällen 
sich eine Umwandlung der Formen nachweisen liess, hinsichtlich der Tiere 
verweise ich z. B. auf die Versuche von Standfuss mit Schmetterlingen, 
hinsichtlich der Pflanzen auf den Versuch Haberlandts, den ich in diesen 
Aufsätzen schilderte (s. III)“ (S. 73). 


29* 


436 Wilhelm Schuster: 


„Ein Käfer als Zeuge für die Deszendenztheorie“!). Ja selbst sogar 
die Benediktiner — „Stimmen aus Maria-Laach“ (an denen übrigens 
auch E. Wasmann mitschreibt, vgl. Jahrg. 1903, während sie Herr 
Pfarrer Kleinschmidt wohl nicht zu lesen bekommt) stehen nicht 
mehr auf dem Vor-Lamarck’schen Standpunkt (d. i. dem Stand- 
punkt der alt-semitischen Kosmogonie, der babylonisch-hebräischen 
Schöpfungsmythen!). Kurz und gut — die Entwickelungslehre 
ist ein Grundfaktor der ganzen modernen Wissenschaft. — Er- 
gebnis: Überall ganz unbedingte, aprioristisch selbstverständliche 
Anerkennung der Entwickelungslehre. Und nur Herr Pfarrer 
O0. Kleinschmidt in Volkmaritz bei Eisleben leugnet die Ent- 
wickelung ganz entschieden. 

Und so komme ich denn nun auf Grund der bisherigen Er- 
örterungen zu folgenden zwei Schlüssen: 

1.) Herr Pfarrer Kleinschmidt hat Darwinismus 
und Entwickelungslehre nicht auseinandergehalten, 
nochnicht auseinanderzuhalten gewusst, sondern beides 
verwechselt, durcheinandergeworfen; er hat frisch- 
fröhlich auf diese übertragen, was nur jenem zukommt. 
Dies (was aber selbst einem angehenden Zoologen nicht mehr 
passieren darf, vgl. hierüber in einer späteren Fussnote (unten) 
das Urteil Prof. Haacke’s!) ist mir das Wahrscheinlichste — 
Oder aber 

2.) Herr Pfarrer Kleinschmidt hat seinen Ausspruch bewusst, 
mit vollem Verständnis und voller Würdigung der niederge- 
schriebenen Worte, getan. In diesem Falle stellt sich Herr 
Pfarrer Kleinschmidt mit seiner paradoxen These auf 
das Gebietjenseitsallerernstlichen, massgebend wissen- 
schaftlichen Erörterungen. 

Ich will das zweite einmal als gegeben setzen. In diesem 
Falle genügt es mir, lediglich das Ergebnis festzunageln: die strate- 
gische Position Herrn Pfarrer Kleinschmidt’s liegt ausserhalb der 
Grenzen aller jetzt gültigen offiziellen Wissenschaft. Was Jahr- 
hunderte erkannt, was die grössten Geister — und N. B. auch 
das Gros der kleinen und kleinsten — selbstverständlich gefunden, 
das verwirft Herr Pfarrer Kleinschmidt schlechthin willkürlich 
mit einem einzigen fettgedruckten Sätzchen. Ich selbst nun halte 
Herrn Kleinschmidt für bedeutend unter den zeitgenössischen 
Ornithologen, ja gerade — ich sage in Allem ganz offen meine 
Meinung — für einen solchen unter uns, welcher sehr kühne (und 
eben darum mitunter gänzlich unhaltbare) Gedanken hat und 


1) Und selbst die Naturanschauung des Altertums dachte, wenn man 
näher zusieht, entwickelungsgeschichtlich: „Die Erde brachte hervor 
Lebewesen (toze haarez nephesch chajah) ... .“ Gen. I, 1,20 (unter der 
Leitung Gottes). Wer das zu dieser Stelle gehörige Rafael’sche Bild 
kennt, kann sich an der Sinnenfälligkeit dieses von dem Entwickelungs- 
gedanken recht leicht überzeugen. 


Entwickelung oder Nicht-Entwickelung ? 437 


dabei einen wirklich prächtigen Pinsel führt. Beide Gaben, das 
Geistestalent des Kopfes und das Malertalent der Hand, sind ihm 
von Gott in reicher Fülle verliehen. Und Selbstständigkeit 
und Selbstenergie schätze ich am Manne überaus. Ich habe auch 
in einem zur Zeit im Verlage von Chr. Adolff in Altona er- 
scheinenden, von mir herausgegebenen Vogelwerke den Klein- 
schmidt’schen Wortbegriff „Formenkreis‘ nebenbei empfohlen, frei- 
lich nicht in Kleinschmidt’s Sinne, sondern in einem ganz anderen, 
dem meinen. Aber jener Thesensprung Kleinschmidt’s — die Ver- 
läugnung der Entwickelung — ist denn doch ein grundsätzlich 
falscher. Vielleicht darf ich hier ein Bild aus dem Jahrmarkts- 
leben (diesem gleicht ja so vielfach unser Arbeitsleben mit seinem 
Ringen und Streben) zum Vergleiche heranziehen: Je höher und 
weiter der Seiltänzer auf dem schwanken Seile springt, um so 
grösser, gefeierter sind seine Leistungen; aber wenn er einmal 
zu weit springt — — dann eben fällt er. —, 

Ich komme zum Kleinen und Einzelnen. Über den Beweis 
per analogiam wollen wir nicht länger streiten. Wenn ich mir 
diese Bagatelle näher überlege, kann ich in der Tat Herrn Klein- 
schmidt Recht geben, wie er vielleicht ebensogut bei einigem 
Nachdenken von seiner Seite aus mir Recht geben könnte. Es 
ist das eine Sache, bei der es auf die jeweiligen Begleitmomente 
ankommt. Bei einem consensus totius familiae, ja classis in der 
bestimmten beregten Frage habe ich den Friderich’schen Beweis- 
schluss per analogiam für eine sola species dieser familia nicht 
für gewagt gehalten. [In der Philosophie ist ein regelrechter 
Beweisschluss per analogiam immer rechtskräftig, vollgültig; — 
— wenn die Naturwissenschaft strenger sein will, so ist es 
mir schon recht!] 

An dem von mir mitgeteilten Tatsachenbeispiel und -beweis 
ändert die gegenteilige Erörterung garnichts. Ich gehe ab- 
satzweise vor und bitte die Leser der „O. M.“, S. 177 ff der 
No. 12 der „O. M.“ 1903 neben diese meine Ausführung zu legen 
und vergleichsweise die Antwort neben den zu beantwortenden 
Absatz zu stellen. Die Widerlegung wird mir überaus leicht, da 
die gegenteilige Erörterung nicht nur durchweg ziemlich ver- 
worrenen Sinnes ist (wenigstens ist sie lange nicht so klar wie 
meine Darlegung in No. 10 der „O. M.“ 1903) und andererseits 
keines der im Einzelnen beigebrachten Widerlegungs- 
mo mente der „Protestnote‘‘ Kleinschmidt’s (welcher anscheinend, 
wie ich auf Grund einiger Einwände annehmen zu dürfen glaube, 
bis jetzt noch nicht sein Hauptstudium auf Entwickelungsge- 
schichte gerichtet hat!)) einige beweisende Zugkraft hat. 


1) Viel, leider nur allzu viel „neue“ Arten, Vogelnamen etc. hat ja 
Herr Kl. schon aufgestellt — — diesen Ruhm will, muss ich ihm lassen. 
In dieser Hinsicht ist er der Doppelgänger von Brehm I. Brehm I zer- 
splitterte die Arten vielfach nur aus Opposition gegen J. F. Naumann; 


438 Wilhelm Schuster: 


Absatz 1 und 2 (S. 177) registrieren Allgemeines oder 
früher Mitgeteiltes. — Absatz 3. Wenn Herr Kleinschmidt ein 
Analogon weiss zu der einen Tatsache, dass die ganze 
Schar der Brandentenpärchen eines grösseren Bezirks 
durchweg — in allgemein charakteristisch abgeänderter 
Weise — auf dem blossen Boden nisten anstatt in Löchern und 
Höhlen etc., so hätte ich gewünscht, dass er dieses Analogon so- 
gleich namhaft gemacht hätte. Ein einzelner oder eventuell 
auch zweiter, dritter (etwa infoge spezifisch lokaler Wohnungsnot 
etc.) abgeänderter Fall (wie er sich da und dort in ornithologischen 
Handbüchern etc. aufgezeichnet findet) beweist natürlich nichts.t) 
Es muss eine ganze mehr oder minder grosse Entenkolonie sein, 
die ihre Nistweise en bloc abgeändert hat; diese Abänderung 
muss Jahr für Jahr in derselben allgemein charakteristischen 
Weise zu bemerken sein und eine rückschlägige Erscheinung 
(reversio, Darwin „Entstehung der Arten“, 5. Kap.: Gesetze der 
Veränderungen) darf ebenfalls nicht zu bemerken sein, weder im 
Ganzen noch eigentlich (als Atavismus) im Einzelnen. Dies ist 
alles auf Juist der Fall (wo die Abänderung sogar soweit ge- 
sangen ist, dass das einzelne Tier nicht einmal mehr von der 
generell natürlichen Nistweise Gebrauch macht, nämlich die dar- 
gebotenen Höhlen verschmäht). Was den Zeittermin der Ver- 
änderung betrifit, so habe ich nachgewiesen, dass die Gesamt- 
abänderung auf Juist eine neuzeitliche ist bezw. in die Gegen- 
wart fällt, da die Enten früher solange in Höhlen nisteten, als 
Kaninchen vorhanden waren. Ein Analogon kenne ich nicht; 
ich glaube auch nicht, dass es ein solches gibt. Absatz 4 kann 
ich übergehen. Es gibt tatsächlich auf Juist eine ganze Reihe 
von Brandentennestern, welche oben gänzlich offen sind (was 
ja auch in Absatz 5 selbst zugegeben werden muss). Diese 
Nester sowie alle anderen, über welchen sich etwa in 3/, Mannes- 
höhe der Sanddorn wölbt, befinden sich auf dem blossen 
Erdboden anstatt in Höhlen und Löchern. Alles anormal! — 
Absatz 5. Die Vergleichsparallele mit Sägern und Schellenten 


so war es z. B. bei der Baumläufergeschichte, wo Brehm I aus seinen 
zwei „neuentdeckten‘‘ Baumläuferarten auf den kräftigen überzeugenden 
Einspruch Naumanns hin flugs sehs neue Arten machte (vgl. „Vollst.“ 
Vogelfang“ und Naumann II, S. 322); teilweise auch geschah es von 
Brehm I, weil er absolut etwas neues finden zu müssen glaubte; und teil- 
weise geschah es natürlich, weil er überzeugt war, dass es so einzig 
richtig sei und so unbedingt geschehen müsste. Die Zersplitterungspolitik, 
welche Herr Kl. hinsichtlich der Arten betreibt, soll natürlich nur ad 
maiorem gloriam litterarum ornith., nicht etwa suimet ipsius sein. 

1) Vergleiche dazu dies: Lindner, Leverkühn u. a. sahen je ein 
Drosselnest auf dem Erdboden; für den Nistmodus der Singdrossel sind 
diese vereinzelten Abnormitäten ohne Belang; denn nicht alle Drosseln eines 
ganzen Waldes hatten ja auf die Erde gebaut, sondern nur je eine einzelne. 


Entwickelung oder Nicht-Entwickelung? 439 


ist ein Schlag ins Wasser. Es gibt wohl Vögel, die auf die ver- 
schiedenste, aber in dieser Verschiedenheit je immer kou- 
stante Weise ihre Nester bauen. Aber bei der Brandente ist 
dies nicht der Fall. Wo sie nur immer kann, nistet sie in (Erd- 
oder gar Baum-) Höhlen. Sie hält sonst immer nur diesen 
einen bestimmten Nistmodus, welcher einen allseitig und kompakt 
verschliessenden Charakter der Nistlokalität erfordert, dauernd 
striete inne, wenn sie nur kann. Von diesem Nistmodus ist sie 
generell abgewichen auf Juist. [Überhaupt ist der Ver- 
gleich mit Sägern und Schellenten schon a priori nicht geeignet, 
passend, angemessen, da ja bei diesen Vögeln nur einmal 
Einzelne ausnahmsweise — „auch gelegentlich“, Kl., S. 178 — 
nestverändernde Dispositionen treffen, welche event. im nächsten 
Jahre schon nicht mehr zu bemerken sind.] — Absatz 6 (Be- 
hauptung: Die Abänderung ist zwangsweise herbeigeführt) ist 
sänzlich ohne Belang. Natürlich, die Nistweise ist durch 
externe Einflüsse, durch Zwang von aussen „verändert worden“. 
Aber für die Tatsache der Veränderung ist dies — ob Aktivität 
oder mehr Passivität vonseiten des Vogels — doch gänzlich einerlei. 
Ja, wenn wir genau sein wollen, müssen wir sagen: Die Ver- 
änderungspotenz liegt latent im Vogel, der Veränderungsanstoss 
aber und die Veränderungsleitung erfolgt immer nur von aussen. 
Eben durch (in bestimmten lokalen Grenzen allgemein gleiche 
und darum dieselben Veränderungsbewegungen herausfordernde, 
erzielende) örtliche und zeitliche Beeinflussungen. Animal 
agitur! Das Tier ist das veränderungsbewegliche Lebensagens 
in dem veränderungstreibenden, -leitenden Weltkosmos. Es ist 
also für das Ganze total einerlei, ob das Individuum der treibende 
oder getriebene Faktor in dem universal grossartigen Veränderungs- 
prozess ist — — und darum sollte man verständigerweise solche 
unterwertigen Einwände gegen die Deszendenztheorie wie den 
obigen garnicht erheben! — Absatz 7. Die Sandverhältnisse 
sind auf Juist ganz dieselben wie auf Sylt (oder auch Borkum). 
Auf Sylt etc. bewohnen die Brandenten durchweg die ihnen dort 
von Tieren oder Menschen gegrabenen bezw. angelegten Höhlen. 
Auch auf Juist würden sich in den relativ tiefen, sanddorn-be- 
deckten Muldentälern (oder richtiger: runden Kesseln) der Insel, 
wo der Wind nicht hinkommt und Höhlen auch mithin garnicht 
verweht werden können, solche längere Zeit ganz wohl halten. 
Nicht, weil die Juister Brandgänse etwa sich diese (ja so un- 
gemein tiermässigen!) „sorgenden Gedanken‘ machen, ob sich 
auch in einer Sandhöhle gut brüten lasse, brüten sie nicht 
in Höhlen, sondern ganz einfach darum, weil sie absolut keine 
Höhlen hatten (vorfanden). Dass Herr Kleinschmidt nicht auf 
der Insel Juist war, hätte er m. E. nicht zu sagen brauchen; 
denn wenn er das eigenartige Terrain nur einigermassen gekannt 
hätte, würde er wohl gewiss seine (wohlgemeinten) Sandspeku- 
lationen — Absatz 7, 8. 178 — nicht aufgestellt haben. -- 


440 Wilhelm Schuster: 


Absatz 8 lässt meine tatsächliche Beobachtung hypothetisch zu 
Recht bestehen. — Absatz 9, 1. Teil mutet mich etwas gar naiv 
an. Mit solchen Einwänden spasste etwa ein Mittelschullehrer 
zu Anfang der 70er Jahre gegen die Darwin’schen Ideen. „Nehmen 
wir an, die Entwickelungslehre währe richtig, so müsste man alle 
Juister Brandenten fangen und zeichnen, um jede, die etwa von 
Borkum oder einem anderen Nisthöhlenlande herüberkommt, so- 
fort als gefährlichen Fremdling, der die neue Rasse zu verderben 
droht, zu erkennen und totzuschiessen.‘‘ Soviel ich weiss, ist 
es doch Tatsache, dass alle Vögel so ziemlich genau an die- 
selben Brutörter zurückkehren bezw. dort verbleiben. Es ist doch 
ferner eine triviale ornithologische Wahrheit, dass eine geschlossene 
Vogelkolonie keine Fremdlinge, auch wenn sie von Borkum oder 
einem „anderen Nisthöhlenlande“ stammen und vielleicht von 
Herrn Kleinschmidt mit einer modernen Lebensring-Marke ge- 
kennzeichnet sind, einlässt. Und es ist doch schliesslich nur 
allzu — landläufig! — bekannt, dass ein einzelnes irgendwie 
„anormales‘ Tierchen auf die Veränderung einer ganzen mehr 
oder minder grossen Gesellschaft gar keinen Einfluss ausübt, 
sondern dass entweder seine Enkelreihe sich dem Ganzen ontoge- 
netisch assimiliert oder aber eventuell das besagte anormale 
Tierchen selbst (bezw. seine Nachkommenschaft) untergeht. Ich 
wundere mich einmal darüber, dass diese drei biologischen Tat- 
sachen Herrn Kleinschmidt noch nicht geläufig sind; und zum 
anderen darüber, dass Herr Kleinschmidt so abfällig von der 
„Geflügelhoftheorie Darwins‘ spricht.!) Haben die Theo- 
logen bis jetzt überhaupt einmal eine der grossartigen Geistes- 
schöpfungen Darwins eingehend und gründlich studiert? Ich 
meine denn doch, dass man, wenn man nur zwanzig Seiten in 
„Darwin“ mit objektiver Aufmerksamkeit gelesen hat, überhaupt 
nicht noch, wenn man ehrlich sein will, von einer „Geflügelhof- 
theorie Darwins“ sprechen kann. — Absatz 9, 2. Teil. Dass sich 


1) Hier bei dieser merkwürdigen Gedankenzusammenstellung (,„Ge- 
flügelhof-,“ also Zuchtwahltheorie!) ergibt sich, glaube ich, wieder deutlich, 
dass Herr Pfarrer Kleinschmidt Darwinismus (Selektionstheorie) und 
Entwickelungslehre (Deszendenstheorie) durcheinandergeworfen hat. 
— „Es muss besonders scharf betont werden, dass man den Darwinismus 
nicht mit der Abstammungslehre verwechseln darf. Der Darwinismus 
muss allerdings die Abstammungslehre annehmen; wer die Abstammungs- 
lehre anerkennt, braucht aber noch lange kein Darwinist zu sein. Es 
gibt sogar noch Zoologen und Botaniker, die das nicht einmal wissen“ 
(Haacke, „Die Schöpfung des Menschen,“ 8. 465). — Diejenigen Leute 
(besonders im Lehrer- und Geistlichenstand), welche Darwin so gerne 
etwas am Zeuge flicken wollen, haben gewöhnlich, wenn man — es ist 
das eine von mir persönlich oft gemachte Erfahrung — näher zusieht, 
noch niemals nur überhaupt oder wenigstens nicht ernstlich in Darwin’s 
epochemachende Werke selbst hineingesehen. 


Entwickelung oder Nicht-Entwickelung ? 441 


eine förmlich neue, gute „Art“ auf Juist bilden werde — — 
niemand unter uns Ornithologen kann so himmelweit dovon ent- 
fernt sein, dies zu behaupten oder überhaupt nur zu glauben, 
wie gerade ich. Ich habe nur auf die lokale Abänderung auf- 
merksam gemacht (die mir aber, selbst nach modernen Begriffen 
gemessen, noch lange nicht genügen würde, um eine neue gute 
„Art“ aufzustellen). Ja, ich habe doch gerade auf Grund dessen 
das Wesen derjenigen Leute getadelt, welche sich bemüssigt sehen, 
wegen Solch feiner, überall zu bemerkender, spezifisch lokaler 
oder gar individueller Unterscheidungen — wie sie sich auch bei 
der „neuen“ Habichtsart Astur gentilis arrigonvi oder bei dem 
lang- und kurzbekrallten Baumläufer, bei der sogenannten „Weiden-“ 
und ,„Nonnenmeise“ (beide = Sumpfmeise), welche sich nach 
meinen Untersuchungen nur nach Individuen unterscheiden — 
aufzustellen — ich möchte mit einem anderen Autor lieber sagen: 
— handwerksmässig zurechtzudrechseln. Diese Leute tragen 
eben subtile, durchaus unvollständige, teilweis willkürlich ge- 
setzte, sogenannte „Artunterscheidungen“ in die Natur — oder 
besser Naturwissenschaft — hinein. Zum Schaden oder wenigstens 
zur Verwirrung der realen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse! 
— Das sog. Problem der Inzucht macht keine Schwierigkeiten ; 
die Natur wird schon auf irgendeine Weise für die Vollwertigkeit 
der von ihr gezüchteten Objekte sorgen. — Absatz 10. Meine 
Beobachtung bleibt eine Gegenwartsbeobachtung „mit dem Wert 
der Wirklichkeit,“ bleibt ‚noch die alte wie zuvor sie auch war“: 
Die Juister Brandenten haben ihre Nistweise total und 
generell abgeändert, nachdem sie durch die Vernichtung der 
Inselkaninchen — der Feinde der Inselgewächse, welch letztere 
die Existenz der Insel sichern — bezw. den Wegfall der Nist- 
höhlen dazu gezwungen worden sind (dies ist die Gegenwarts- 
beobachtung); veränderte Lebensbediogungen haben nach aller 
menschlichen Erkenntnis zum unweigerlichen Postulat veränderte 
Strukturverhältnisse ete.; also müssen und werden auf Juist lokale 
Abänderungen irgendwelcher Art auftreten (dies ist die apodiktisch 
richtige Zukunftsrechnung, nicht -spekulation).!) — Über die 
Jahrtausende bezw. Jahrmillionen der Lebensentwickelung wird 
der verständige Mensch nicht spötteln; er weiss, dass derjenige, 
welcher seinen Blick nur auf das Gegenwartsleben richtet, also 
(nach Kobelt, „Verbreitung der Tierwelt“) nur auf den erhaltenen 
Trümmerrest vieler früherer, vorausgegangener Tiergenerationen, 
wer verachten will, was die Erdgeschichte erzählt, die Geschichte 
dieser Erde, welche in ihren aufeinandergelagerten Schichten das 
eigentliche Tierkapital im Verhältnis zum tierischen Gegenwarts- 


1) Warum kann Zodda in der Avicula, Giornale ornitologico ita- 
liano 1903 (Sienna), für die meisten Vögel Siziliens „Subspezies‘‘ fest- 
stellen? Wegen dem entwickelungsmässig abändernden Inselcharakter 
dieses rel. abgeschlossenen Gebiets. 


442 Wilhelm Schuster: 


leben als blosse schlichte Zinsen birgte — nimmer und niemals 
die Wahrheit der Wirklichkeit erkennen kann! — Absatz 
11 und 12 habe ich bereits schon besprochen. Ich sehe nicht, 
was der indische Sperling beweisen soll. Herr Kleinschmidt spricht 
sogleich darauf von seinem hypothetischen Lebensring, aber mit 
dem indischen Sperling (G. L., vergl. selbst S. 180) belegt er 
doch anscheinend wohl garnichts. 

Herr Kleinschmidt wirft das Sätzchen hin, dass die Baum- 
nester der Vögel die ursprüngliche Nestform seien. Ich empfehle 
ihn, behufs besserer Orientierung „die Nester und Eier der Vögel 
in ihren natürlichen Beziehungen, ein Beitrag zur Ornithophysio- 
logie und zur Kritik der Darwin’schen Theorien‘ (besonders Cap. 
II, „das Nest,“ S. 36—64) von W. v. Reichenau, meinem hoch- 
geschätzten Freunde (Kustos des Mainzer zoologischen Museums), 
die „Entwickelungsgeschichte der Natur“ von W. Bölsche sowie 
die grundlegenden umfangreichen, teilweise mehrbändigen Ab- 
handlungen der Forscher Marsh, Zittel, Dames, Reichenow, Haacke, 
Vetter, Parker, Fürbringer, Parlow, Mehnert, Haeckel u. s. w. 
u. Ss. w. über die Entwickelungs- und Abstammungsgeschichte der 
Vögel zu studieren — — und dann wieder über die Frage zu 
debattieren. Die Deszendenz der Nester geht von den selbst- 
brütenden Nestern (Buschhühner) zu den Bauchbrütern ohne Nest 
(Pinguine, Alken, Sturmvögel, Fregattvögel etc), dann den 
Muldenbrütern (Hühner, Strausse etc.), dann den Loch- oder 
Höhlenbrütern (Erdpapageien, Königsfischer, Bienenfresser, Spechte 
etc.) u. s. f. bis zu den Webernestern (Webervögel). 

Ich kehre an den Anfang meiner Auseinandersetzung zurück. 
Ich habe im besten Falle dies zu konstatieren mich gezwungen 
gesehen: Herr Pfarrer Kleinschmidt nimmt mit der Leug- 
nung der Entwickelung in der Natur eine Position ein, 
die ausserhalb der Norm alles wissenschaftlichen Erkennens, 
alles wissenschaftlicehen Denkens unserer Zeit fällt; oder 
aber im anderen Falle: Herr Pfarrer Kleinschmidt hat bis 
jetzt den Unterschied zwischen Darwinismus und Entwicke- 
lungslehre nicht gekannt bezw. berücksichtigt (und hat sich 
trotzdem doch über die „Unrichtigkeit‘ der letzteren — Entwicke- 
lungslehre — ein Urteil erlaubt).!) 

Mit seinem kurzen fettgedruckten Sätzchen („Ich erkenne 
die E. nicht an“) hat sich Herr Pfarrer Kleinschmidt m. E. bei 
den allermeisten zünftigen Zoologen so ziemlich selbst ein Urteil 
gesprochen, das negativ genug ist. 

War es die viele Weihnachtsarbeit, die ihn im Reiche der 
Göttin Hertha oder Nerthus so schlecht sehen liess, so unvor- 
sichtig machte? Ich bin nebenbei auch ein Theologe so gut 


1) In diesem Falle müsste ich bedauern, dass von Herrn Kl. so 
relativ „viel“ im „neuen Naumann“ steht. Doch kann ein schlechter 
Biologe noch immer ein guter Systematiker sein. 


Entwicklung oder Nicht-Entwicklung? 443 


wie Herr Kleinschmidt und kenne die Übersumme von Pflichten 
meines werten Herrn Kollega in statu sacerdotii. — 

NB. Mein Herr Kollege meinte, es gebe doch auch wohl 
noch andere Beobachter auf Juist und man solle deren Urteil 
einmal abhören. Nun: Die Herren OÖ. Leege und Sonnemann 
haben sich schon längst in meinem Sinne ausgesprochen. Das 
Letzte, was Otto Leege in der diesbezüglichen Frage veröffent- 
lichte, lautet: ‚Meine vorjährigen Veröffentlichungen über das 
Öffenbrüten der Brandgänse erregten bei manchen Ornithologen 
Bedenken, und von einer Regel wollten manche nichts wissen. 
Kein Wunder, denn auf den übrigen Inseln sind nur vereinzelte 
Fälle von Freibrüten vorgekommen, da ihnen dort die natür- 
lichen Bedingungen geboten sind. Meine Ausführungen haben 
inzwischen durch verschiedene Ornithologen, die mich in letzter 
Brutperiode besuchten, volle Bestätigung [bezw. Bereicherung 
durch Mitteilung neuer Tatsachen] gefunden (vergleiche: Sonne- 
mann, Ein Pfingstausflug zu Otto Leege nach Juist. Ornith. 
Monatsschrift 1903, S. 421—429. W. Schuster, Ein eklatantes 
Beispiel von Veränderung der Artgewohnheit (bezw. lokaler An- 
passung). Ornith. Monatsberichte 1903, S. 153—156). ...... IIn- 
teressant ist ferner die ganz wahrscheinlich richtige Vermutung 
Otto Leege’s]: Möglicherweise dauert die Brütezeit in Höhlen- 
nestern kürzere Zeit [(21—28 Tage) als bei freien Nestern (35 
Tage)], weil die Eier gegen Witterungseinflüsse und Boden- 
feuchtigkeit geschützter liegen“ (,Ornith. Monatsschrift 1904, 8. 
110 und 111) — — also wohl ein weiteres Veränderungsmoment, 
ein neuer Faktor in der Kette der ewigen Entwickelungsreihe!! 
„Dem Weisen genug‘‘! 

Am 1. Januar 1904. 


Zugvögel und Florenwechsel. 
Eine faunistische Studie von Fritz Braun-Konstantinopel. 


Die Tiergeographie ist keine isolierte Disziplin, sondern 
hängt mit den übrigen Gebieten der geographischen Wissenschaft 
aufs engste zusammen. Die Verbreitung aller Geschöpfe, mögen 
sie von tierischer oder pflanzlicher Nahrung leben, regelt sich 
nach der Art des Ptlanzenwuchses in den betreffenden Ländern, 
nach dem Vorhandensein bestimmter Nährpflanzen. Diese sind 
wieder abhängig von dem Klima und der Beschaffenheit der un- 
organischen Stoffe, die den Boden des Landes bilden. So können 
wir aus der Tatsache, dass eine bestimmte species hier oder dort 
vorkommt, wichtige und recht zuverlässige Schlüsse auf den 
Pflanzenwuchs und das Klima der bezügliehen Örtlichkeiten 


444 Fritz Braun: 


ziehen. Ich brauche wohl nur die species Picus martius, Anthus 
campestris und Sazxicola oenanthe anzuführen, um meine Ansicht 
hinreichend zu stützen. 

Erwähnt ein Forscher, er habe zur Brütezeit in einer Gegend 
einen Schwarzspecht angetroffen, so steigt vor dem Auge des 
Kundigen eine ganz bestimmte Landschaft auf, wie sie die Um- 
gebung des gewaltigen Hammerschmiedes zu bilden pflegt. Ebenso 
verhält es sich mit den anderen Arten, die ich soeben nannte. 

Nun stellt uns aber das Verbreitungsgebiet der einzelnen 
species einen sehr veränderlichen Wert dar. In wenigen Menschen- 
altern kann es sich bedeutend vergrössern oder verkleinern. Auch 
ist es nicht ausgeschlossen, dass eine species alte Wohnsitze 
gänzlich aufgibt, um dafür neue zu beziehen. Hier genügte eine 
einzige Reparatur, um COypselus melba aus dem Weichbilde von 
Bern zu verbannen, dort dehnen Galerida eristata und manche 
Ammern und Finken ihr Wohngebiet mit jedem Lenze weiter 
aus. Dieser beständige Wechsel ist so alt wie die Organismen- 
welt der Erde, und schon vor jenen Tagen, in die unsere durch 
historische Nachrichten oder paläontologische Funde bereicherte 
Erinnerung zurückreicht, haben die species ihre Wohnräume ver- 
grössert, verkleinent oder gänzlich verlegt. 

Meiner Meinung nach bietet sich uns ausser den historischen 
Berichten, ausser den geologischen Funden noch mancher Anhalt, 
die frühere Verteilung der Tiere, insonderheit der Vögel, zu 
bestimmen. Die auf diesem Felde gewonnenen Aufschlüsse sind 
nicht nur für die Ornithologen von Wert. Zufolge der oben 
geschilderten Zusammenhänge vermögen sie auch den Botaniker 
und Geographen darüber zu belehren, wie das organische Leben 
in früheren Perioden unseres Planeten verteilt war. Es wird 
sich ja auch kaum je darum handeln, einzig und allein aus 
diesen Wahrnehmungen die frühere Eigenart eines Landes in 
floristischer und klimatologischer Hinsicht zu erklären. Zumeist 
wird man sich von vornherein darauf beschränken, an der Hand 
solcher Studien Lücken zu ergänzen und ein auf anderer Grund- 
lage gewonnenes Ergebnis in dieser oder jener Hinsicht noch 
deutlicher und anschaulicher zu gestalten. 

Wir sehen heutzutage das Leben der Vögel beherrscht von 
bestimmten, mehr oder minder regelmässigen Bewegungen, die 
wie Zug und Wanderung schon lange die rege Teilnahme der 
Biologen fanden. Jede Bewegung knüpft aber an frühere Be- 


Zugvögel und Florenwechsel. 445 


wegungsreihen an. Das tierische Leben unserer Tage darf nicht 
aus willkürlichen Akten erklärt werden, die in momentan auf- 
steigenden Willensregungen der Individuen ihren Grund haben. 
Wir müssen es aus kausal bedingten Bewegungsreihen ableiten, 
deren einzelne Teile mit einander zusammenhängen wie die Glieder 
einer Kette. Daher dürfen wir uns nicht verächtlich abwenden, 
will uns die Logik in Zeiten führen, über deren Lebewelt uns 
die sinnliche Wahrnehmung nicht genügenden Aufschluss zu 
geben vermag. 

Wollen wir die heutigen, regelmässigen Bewegungen der 
Vögel erklären, so können wir kaum einer Theorie entraten, die, 
von Reichenow, Marshall, mir und anderen begründet und ver- 
teidigt, zwar vielfache Anfeindungen, aber noch keinerlei Wider- 
legung gefunden hat. 

Zufolge dieser Hypothese war die Vogelwelt der paläark- 
tischen Region in den Tagen der nördlichen Eiszeit in einem 
Äquatornahen Gürtel zusammengedrängt. Selbst zur Zeit des 
Nordsommers wurde der Nahrungsspielraum der meisten Arten 
aus mancherlei Gründen (feuchtes Klima, fehlen des Baumwuchses 
in weiten Landstrecken) nur sehr wenig erweitert, sodass viele 
species, die sich als Zugvögel den Nordsommer und seinen er- 
weiterten Nahrungsspielraum energisch zunutze machen, damals 
Sommer und Winter in südlichen Breiten weilten. 

Als dann die Eismassen der nördlichen Hemisphäre ver- 
schwanden, wurde der besiedelungsfähige Erdgürtel breiter und 
breiter. Auch die nordwärts gerichteten, sommerlichen Vorstösse 
der Vogelarten nehmen jetzt immer grösseren Umfang an. Jedoch 
jeder Winter brachte eine schwache Wiederholung früherer Ver- 
hältnisse und zwang die Pioniere zur Rückkehr in wärmere 
Gebiete. 

Es liegt auf der Hand, dass der lenzige Ausflug und die 
herbstliche Rückkehr sich auf den Bahnen vollzogen, auf denen 
die nordwärts gerichtete Verbreitung der Art vor sich ging. Es 
erscheint mir ausgeschlossen, dass eine species, die von Südosten 
nach Nordwesten vordrang, zur Herbstzeit: nach Westen vorstiess, 
um wärmere Gebiete aufzusuchen. In den meisten Fällen wird 
es also wohl zutreffen, dass Landstrecken, die jetzt als Winter- 
quartiere dienen, in früheren Zeiten innerhalb des sommerlichen 
Verbreitungsgebietes der Art lagen. Dabei kann es sehr gut 
vorkommen, dass diese Gebiete heutzutage im Sommer von der 


446 Fritz Braun: 


betreffenden Art gemieden werden. Wir können es uns ganz 
gut vorstellen, dass Dürre und Wassermangel einen Landstrich, 
der früher ein feuchteres Klima hatte, zur Sommerzeit derartig 
verändern, dass er während der heissen Monate als Aufenthalt 
für manche Art garnicht mehr in Frage kommt, die er im Winter 
recht wohl zu beherbergen vermag. 

Die Nordwanderung des altweltlichen Wüstengürtels hat 
manchen Ländern ein Klima beschert, das sie zur Sommerzeit 
in trockene Gebiete verwandelt, die stellenweise fast Wüsten- 
charakter annehmen. Herrschen dagegen im Winter regenreichere 
Winde vor, so verwandeln sich die trockenen Halden in grüne 
Hänge und in den Mulden und Vertiefungen sammeln sich 
Wasserlachen, die spärliche Adern von Stufe zu Stufe sickern 
lassen. Unter diesen Umständen finden dort im Winter viele 
species reichliche Nahrung, die wir uns im Sommer kaum an 
jenen Stätten denken können. In manchen Gegenden Kleinasiens, 
wo im Sommer ätzender Steinstaub vom Winde hin und her 
geweht wird, treiben sich im Winter die Anthusarten in grossen 
Horden herum, und wo im Sommer verdorrte Disteln im Winde 
krachten, stelzen schlanke Motacillen durch die Pfützen. 

Nur in höchst seltenen Fällen werden die species in solchen 
Gauen überwintern, wofern sie nicht in früherer Zeit zu ihrem 
Verbreitungsgebiet gehörten, wofern sie nicht, um mich ganz 
bescheiden auszudrücken, auf der Linie liegen, längs welcher sich 
die Verbreitung der Art vollzog. 

Wir können uns sehr viel leichter denken, dass eine species 
mit einem Winterquartier vorlieb nimmt, das nicht ganz ihren 
Wünschen entspricht, weil es eine frühere Heimstätte der be- 
treffenden Art ist, als dass sie sich nach einem besseren Quartier 
in einer Richtung bewegt, die nicht mit dem Gange ihres 
früheren nördlichen Vordringens übereinstimmt. — Dass. die 
Richtung des Hin- und Herzuges etwas Gewordenes ist, das 
sich . nicht durch Willensakte der Individuen bestimmen lässt, 


scheint mir auch in der Tatsache eine Stütze zu erhalten, dass 


amerikanische Zugvögel, die man in Europa fliegen liess, im 
nächsten Sommer (meines Wissens) nie an der Stätte wieder 
erschienen, an der man sie in Freiheit setzte. Die Berichterstatter 
fügen häufig hinzu, dass sie aus dem Süden nicht mehr zurück- 
kommen. Ich für meine Person glaube garnicht, dass sie ent- 
schieden und bestimmt, wie europäische Zugvögel, nach dem Süden 


Zugvögel und Floren wechsel. 447 


wanderten. Ihr Organismus ist nicht richtig eingestellt. Wahr- 
scheinlich sind sie irgendwo, sozusagen, tastend und suchend zu 
Grunde gegangen. 

Meiner Meinung nach ist die Anhänglichkeit der species an 
frühere Quartiere recht gross. Fand ich doch zur Winterzeit 
in Kleinasien manche Arten, wie z. B. Turdidae, in Gebieten, wo 
ich sie wegen Mangels an Bäumen und hohen Büschen kaum 
gesucht hätte. So kommt es denn, dass die Verhältnisse, 
wie sie heuer im Herbst und Winter in den Ländern der 
wärmeren, gemässigten und subtropischen Zone der 
nördlichen Hemisphäre herrschen, uns Bilder zeigen, 
wie wir sie in weit entlegenen Zeiten dort im Sommer, 
will sagen in der Fortpflanzungszeit gefunden hätten. 

Doch nicht nur die unorganische Natur wirkt durch Strom- 
versetzungen der Weltmeere, Hebungen und Senkungen der Land- 
festen, Austrocknung grosser Binnenmeere u. a. m. auf Klima und 
Pflanzenwuchs eines Landgebietes ein, auch die räumlich und 
zeitlich sehr verschiedenartige Tätigkeit des Menschengeschlechtes 
hat auf Wärmeverteilung und Flora einen gewaltigen Einfluss 
seübt, der sich dann auch auf die Fauna erstrecken musste. Ist 
es schon für die Tierwelt nicht gleichgiltig, ob Roggen oder 
Weizen, Gerste, Hafer oder Spelt zum Brotkorn eines bestimmten 
Gebietes erkoren ward, so musste der Übergang ganzer Nationen 
vom Ackerbau zur Weidewirtschaft auf die Tierwelt eine noch 
viel tiefer gehende Wirkung ausüben. Auch für die Ornis konnte 
es nicht bedeutungslos sein, dass sich grosse Strecken der palä- 
arktischen Zone in Kartoffel- oder selbst in Maisfelder verwan- 
delten, dass die Weinrebe grosse Waldstrecken durch Gartenland 
ersetzen liess. Die Einbürgerung europäischer Vogelarten in 
Amerika wäre wohl nicht so gut gelungen, hätten die Europäer 
nicht vorher jene Gebiete, denen die Sänger der alten Heimat 
anvertraut wurden, durch Anbau europäischer Nutzpflanzen und 
Baumarten bis zu einem gewissen Grade europäisiert. 

Wie die Kultursteppe ist auch die Forst eine Umschöpfung 
des Menschen, der ein überaus beträchtlicher Teil des Landes 
eingeräumt ward. 

Man hört so oft Klagen, dass der tiefe Wald so arm an 
Vögeln sei. Es ist wohl nicht unberechtigt, darauf hinzuweisen, 
dass jene Klagen sich garnicht auf den Wald, sondern auf die 
Forst beziehen. In dem sich selbst überlassenen Walde entstehen 


448 ; Pritz Braun: 


durch Windbruch und viele andere Ursachen so viele Lichtungen, 
dass die Vogelwelt dabei durchaus nicht zu kurz kommt. 

Alles das zeigt uns, wie wesentlich die Veränderungen sind, 
die der Mensch in der Flora der Erdoberfläche bewirkte. Die 
grössere Mehrzahl der Vogelspezies ist darum wohl in dieser 
oder jener Periode ihrer Entwickelung mehr oder minder vom 
Menschen beeinflusst. 

Besonders gilt das für jene Breiten, in denen der Mensch 
durch künstliche Wasserverteilung, Anlage von Kanälen und Stau- 
dämmen, Hebung des Grundwassers u. a. m. aus dürrem Wüsten- 
und Steppensande lachende Fluren hervorzauberte. Der vorher 
dort vorhandenen Tierwelt wird dieser Wandel nur selten zugute 
gekommen sein, da Wüsten- und Steppenarten sich in Garten- 
vegetation nur schwer zu schicken wissen. Weit mehr wird die 
Tätigkeit des Menschen jenen Arten gefrommt haben, die am 
Rande der früheren Öde in an und für sich pflanzenreicherem 
Gebiete wohnten. Ihnen fiel der Einzug in die neu geschaffene 
olxovuevn sehr viel leichter, wenn auch die Übersiedelung immerhin 
noch manche Anpassung erheischen mochte. 

So entstanden in Kleinasien und Mesopotamien, Persien 
und Assyrien ausgedehute Siedelungen, die langen Reihen von 
Generationen erwünschte Nahrung spendeten und zahlreiche After- 
mieter gastfreundlich aufnahmen. Als sie später verödeten, mag 
ein Teil dieser Mitbewohner verdorben und gestorben sein. Andere 
dürften in ähnliche Grenzgebiete entwichen sein, während glück- 
licheren species der Übertritt in ähnliche Gebiete räumlich 
seschiedener oixovuevn ermöglicht ward. 

Diese Zusammenhänge im Einzelnen zu verfolgen, ist schier 
unmöglich. Dennoch verlohnt es sich wohl einmal der Mühe, 
darauf hinzuweisen, dass die Beziehungen zwischen Mensch und 
Tier für die Geschichte zahlreicher Vogelarten weit wichtiger sein 
dürften, als wir vielfach annehmen, und dass sie, vielfach unter- 
brochen, wahrscheinlich in altersgraue Zeiten zurückreichen. 

Die ungeheure Verbreitung mancher Pflanzen, wie sonderlich 
einzelner Gramineenarten, ist hauptsächlich auf die Menschen 
zurückzuführen. Es liegt nahe, dass Vogelarten. deren Körper 
in erster Linie auf die Vertilgung von Gramineensamen einge- 
richtet ist, von der Kultur des Menschen ganz besonders abhängig 
wurden. Dass z. B. die Ammern bei der Ausdehnung ihres Wohn- 
sebietes vor allem Kultur- d. i. Getreidefolger sind, ist zu 


Zugvögel und Florenwechsel. 449 


wiederholten Malen ausgesprochen. Ich glaube, wir dürfen 
weitergehen und getrost behaupten, dass der Mensch 
auch auf die Ausprägung des körperlichen habitus 
mancher species von grösstem Einfluss war. Bestimmen 
wir das Verbreitungszentrum der altweltlichen Emberizidae, so 
nehmen wir wahr, dass es in jenem Gebiete zu suchen ist, wo 
in alten Tagen die Reiche der getreidebauenden Menschen ent- 
standen und vergingen: in Vorderasien. 

Es ist auch sehr fraglich, ob die Verbreitung von Fringilla 
serinus Schon richtig gewürdigt wird. Aller Wahrscheinlichkeit 
nach hat der liebenswürdige Fink seine Wanderung von Vorder- 
asien aus angetreten, im Gefolge des Weinstockes und der meisten 
Obstsorten, die sich von dort aus den europäischen Süden er- 
oberten. Dadurch würde sich auch das Vorhandensein der grossen 
Scharen erklären, in denen sich der Girlitz in jedem Winter an 
Kleinasiens Küsten zusammenfindet. Doch am auffälligsten scheint 
mir der Zusammenhang zwischen Tier und Mensch immerhin bei 
der Gattung der Ammern ausgeprägt zu sein. Höchst wahr- 
scheinlich ist dieses Verhältnis schon so alt wie der Anbau der 
Cerealien. In diesem Falle dürfte es aber nach den neuesten 
Forschungen auf babylonisch-assyrischem Grunde schon sehr alt 
sein und wahrscheinlich nach Dutzenden von Millennien zählen. 
Damit haben wir eine Zeit, die wohl schon lang genug wäre, 
Artcharaktere in mehr oder minder auffälliger Weise zu ver- 
ändern. Und ich glaube recht wohl, dass diese Wirkung bei 
mancher species der Ammern erreicht sein wird, scheinen doch 
viele Artmerkmale bei manchen Ammerspezies (cir. Emberiza 
schoeniclus) recht veränderlich zu sein. — — 

Nach dieser Einleitung wird mancher, der anfänglich zu 
scharfem Widerspruch geneigt war, mir vielleicht recht geben, 
wenn ich behaupte, dass wir aus der heutigen Verbreitung der 
Vögel, insonderheit aus dem Wechsel in derselben, der durch 
regelmässig wiederkehrende Bewegungen verursacht wird, manchen 
Schluss auf die Verteilung der Vögel in früheren Tagen ziehen 
dürfen und dass dadurch manches Streiflicht auf die Flora und 
_ die wirtschaftlichen Zustände früherer Zeiten in diesem oder 
jenem Lande geworfen wird. 

Wie wir also schon oben ausführten, kann man solche 
Gedankengänge durchaus nicht als opera operata bezeichen. 
Sie ermöglichen eben mancherlei Folgerungen, durch die 

Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Juli 1904. 30 


450 Fritz Braun: 


klimatologische und sonstige geographische Fragen geklärt 
werden. 

Es versteht sich von selbst, dass diese Gedanken durch 
sinnliche Wahrnehmungen und empirische Tätigkeit in mir ge- 
weckt wurden. Sie gingen mir auf, als ich zur Winterzeit das 
Leben der nordischen Gäste beobachtete, denen Kleinasien eine 
Herberge bietet. 

Gerade für Kleinasien sind die Schlüsse, die wir in der 
geschilderten Weise ziehen können, von grosser Wichtigkeit, da 
wir auf Grund direkter Zeugnisse uns nur eine sehr unvoll- 
kommene Vorstellung darüber zu bilden vermögen, wie es um 
die Flora und das Klima dieses Landes vor 2000 oder 3000 Jahren 
bestellt war. Der Geograph und Historiker, der nicht unter 
allzu grossem Eigendünkel leidet, wird daher einer verwandten 
Disziplin wohl Dank wissen, wenn sie ihm irgendwelche Auskunft 
über jene Zeiten zu geben vermag, sei diese auch noch so 
lückenhaft. 

Trotz aller Bemühungen vermögen wir uns auf Grund 
historischer, ja selbst geologischer Forschungen kein klares Bild 
zu machen, wie dieses Land ausgesehen haben mag, als sich die 
Hellenen anschickten, ihre Kulturpioniere an seine Küsten zu 
werfen und von dort aus in das Innere vorzudringen. Die 
historischen Zeugnisse können uns hier nicht allzu viel nützen, 
denn es lag nicht im Geiste jener Zeiten, Dinge zu beschreiben, 
die jenseits des Bereiches lagen, auf den die Menschen und vor- 
züglich die Stammesgenossen ihre okkupatorische Tätigkeit rich- 
teten. Wenn wir wissen, dass hier oder dort eine volkreiche 
Handelsstadt lag, vermögen wir doch noch keinen Schluss auf 
den damaligen Pflanzenwuchs ihrer Umgebung zu ziehen. Es 
bleibt z. B. sehr wohl möglich, dass Städte, die Xenophon als 
sdduiuwv und weyaAn bezeichnet, in ihrer Umgebung so gut wie 
gar keinen Baumwuchs hatten, denn der Mittel, durch welche 
die Kinder jener Zeit ihren Lebensunterhalt gewannen, waren 
sehr viele und mancherlei Fabrikationszweige spielten darunter 
keine geringe Rolle. Es kann sehr wohl vorkommen, dass die 
Umgebung einer Grossstadt nur eine ganz beschränkte Zahl von 
hochstämmigen Bäumen oder geräumigen Büschen aufweist (cfr. 
das heutige Saloniki). 

Liegt bei einer Handelsstadt ausserdem die Möglichkeit vor, 
dass der Getreidebedarf ihrer Bewohner sich ständig und leicht 


Zugvögel und Florenwechsel. 451 


von anderswo beschaffen liess, so konnten sogar die Getreide- 
felder fehlen. Solche Fälle, für die uns heutzutage beiläufig 
Hermupolis auf Syra ein gutes Beispiel liefert, mögen im Altertum 
an der Küste Kleinasiens sehr häufig gewesen sein. Namentlich 
gilt das für die Zeit, da die Hellenen noch ausschliesslich an 
der Küste siedelten, und ihre Niederlassungen, wenn auch nicht 
physisch, so doch wirtschaftlich fast ganz insularen Charakter 
hatten. Dass noch heutzutage das Vorhandensein einer grösseren 
Stadt im Innern Kleinasiens durchaus nicht baumreiche Gebiete 
voraussetzt, zeigen uns die Beispiele von Eskischehir und Angora. 

Nun genügt also die Statistik und Siedelungskunde durchaus 
nicht, uns ein klares Bild von dem Charakter einer Landschaft 
zu geben, da wir dazu der pflanzlichen Staffage dringend bedürfen. 
Nehmen wir an, wir hätten zwei Länder, die beide bei starker 
wirtschaftlicher Ausnutzung der übrigen Teile zwanzig Prozent 
unkultiviertes Land besässen und lassen wir dieses in einem Falle 
Waldland, im andern steinigen, von Disteln bewachsenen Steppen- 
boden sein, so ist es klar, dass die beiden Gebiete trotz der 
Ähnlichkeit der Wirtschaftsformen landschaftlich ganz verschieden 
sein könnten. Schon eine geringe Verschiebung des Prozent- 
Satzes zwischen Wald und Steppe ist für den Landschaftscharakter 
und die Fauna von grosser Bedeutung. 

Die Behauptung, Kleinasien sei früher viel waldreicher ge- 
_ wesen, lässt sich an der Hand der Historie und auch durch 
Betrachtung der heutigen Oberflächenbeschaffenheit des Bodens 
für die meisten Örtlichkeiten nur sehr unsicher oder garnicht 
begründen. Ist der Wald erst einmal von den Hängen ver- 
schwunden, so werden seine vergänglichen Zeugen und Überreste 
nur allzu leicht durch die Tätigkeit des Wassers entfernt und in 
die Flusstäler geschleppt, deren langgestreckte Mulden für Klein- 
asien so bezeichnend sind. Im Laufe der Jahrtausende verwan- 
delten sich ziemlich mächtige Schichten der Oberfläche in leicht 
transportabelen Schotter. Was wir heute sehen, sind neue Bildungen 
und nicht Zeugnisse vergangener Tage. 

In den meisten Fällen müssen wir uns mit der Kenntnis 
der augenblicklichen Lage begnügen. Wir nehmen wahr, dass 
Klima und Bodenbeschaffenheit in ihrem heutigen Zusammen- 
wirken dem Wald- und Baumwuchs hinderlich zu sein scheinen. 
Der Baum und nicht die Bäume sind für viele Teile Kleinasiens 
charakteristisch. Zunächst sind es uralte Platanen, deren Leben 

30* 


452 Fritz Braun: 


teilweise vielleicht in Tage zurückreicht, da Land und Leute noch 
ganz anders geartet waren. Auch an der Küste, im Gebiete der 
warmen Mittelmeerzone, scheint der Reichtum an wildlebenden 
Bäumen ein Kapital zu sein, das sich durch eigene Zinsen nicht 
mehr vermehren will. Die Zahl der jungen Zypressen und 
Pinien ist überall unverhältnismässig klein. Der dornige, filzige 
Pflanzenwuchs der Berghänge scheint durchaus nicht geeignet, 
den Boden für einen Waldwuchs vorzubereiten, da die verwesenden 
Pflanzenteile mit dem zerbröckelnden Gestein kaum jemals zu 
einer innigeren Verbindung gelangen, sondern von dem Platzregen 
vorzeitig in die Täler geschwemmt werden. 

Unter den geschilderten Verhältnissen müssen uns alle Hin- 
weise auf frühere Zustände des Klimas und der Flora um so 
lieber sein, selbst solche, die wir wegen ihrer Unklarheit und 
Unsicherheit an anderen Orten verächtlich zurückweisen würden. 
Solche Fingerzeige erhalten wir auch, wenn wir das winterliche 
Leben der Zugvögel in Kleinasien beobachten; selbst die sommer- 
liche Verteilung der Gefiederten vermag in uns manchen Gedanken 
anzuregen. 

Bei Kleinasien sind solche Gedanken ganz besonders an 
ihrem Platze. Wissen wir von Italien und Griechenland, dass ihr 
Klima und ihre Flora, vorzüglich ihre Nutzpflanzen, in den letzten 
Jahrtausenden beträchtliche Veränderungen durchmachten, so 
müssen wir ein gleiches für Kleinasien annehmen. 

In längst verrauschten Jahrtausenden fehlten wegen des 
mildernden Einflusses des sibirischen Binnenmeeres zum guten 
Teile die klimatischen Wirkungen der heutigen russisch-sibirischen 
Landmasse. Die Nordwanderung des altweltlichen Wüstengürtels 
wird die Menge der Niederschläge nicht weniger verringert haben 
als der Fortfall der zusammenhängenden Pflanzendecke, die da- 
mals Mesopotamien und grosse Teile der persisch-assyrischen 
Gebiete bedeckte. In ähnlicher Weise wird der Umstand einge- 
wirkt haben, dass sich der Waldreichtum Italiens und Griechen- 
lands beständig verringerte. 

Wie wir bereits früher ausführten, erinnert uns die winter- 
liche Ornis eines Gebietes an Zustände, wie sie früher zur Fort- 
pflanzungszeit an den betreffenden Stätten herrschten. — — 

Wir werden jedoch gut tun, bei solchen Erwägungen nur 
die Grundzüge und das wirklich typische zu berücksichtigen und 
alles das fortzulassen, was irgendwie den Eindruck zufälligen 


Zugvögel und Florenwechsel. 453 


Beiwerkes macht. Ausnahmsweise Fälle des Vorkommens dieser 
oder jener species, die sonst die besondere Teilnahme der Orni- 
thologen erregen, erscheinen hier wesenlos, weil sich schwer 
oder garnicht entscheiden lässt, ob sie erste Anfänge neuer Zu- 
stände oder verhallende Erinnerungen früherer Verhältnisse sind. 
Die Arten, die wir als ständige Wintergäste Kleinasiens an- 
sehen dürfen, gehören vornehmlich zu den Gattungen Turdus, 
Sazxicola, Pratincola, Motacilla, Anthus, Alauda und Fringilla. 
Die Tatsache, dass Turdidae einen grossen Prozentsatz der 
Wintergäste ausmachen, dass wir fast alle europäischen Drossel- 
formen als Gäste Kleinasiens feststellen können, scheint mir darauf 
zu deuten, dass sich dieses Land in früheren Tagen durch einen 
srösseren Baum- und Waldreichtum auszeichnete. Es ist jedenfalls 
verwunderlich genug, dass wir Turdus pilaris und auch ihiacus 
in vielen Fällen — weit von Bäumen entfernt — auf Gebieten 
ihrer Nahrung nachgehen sehen, die nur mit fusshohem Grase 
und Gestrüpp bedeckt sind. Auch der winterliche Reichtum 
Kleinasiens an Fringillidae spricht dafür, dass das Land ur- 
sprünglich reichen Baumwuchs trug. Ich glaube nicht, dass die 
Scharen von Carduelis, die im Herbst über die Haide ziehen, 
sämtlich kleinasiatischer Herkunft sind. Auch erweisen sich die 
Tiere als so verschieden in Grösse und Färbung, dass es schwer 
fällt, sie als freundnachbarliche Genossen aufzufassen. In meiner 
_ nordischen Heimat (Danzig), die doch an Stieglitzen durchaus 
nicht arm ist, gelang es mir nie, so verschieden gefärbte Exem- 
plare aufzutreiben wie dort. Denselben Schluss können wir auch 
aus dem Umstande ziehen, dass sich Fring:lla serinus zur Herbst- 
und Frühlingszeit in Kleinasien in ungezählten Scharen herumtreibt. 
Er war jedenfalls einer der häufigsten Vögel dieses Gebietes in 
jenen Tagen, als die vorderasiatischen Obstarten hier in Fülle 
gediehen und sich zum Übertritt nach Europa vorbereiteten. 
Wird es uns aus diesen Gründen sehr wahrscheinlich, dass 
Kleinasien in längst verrauschten Tagen an Wäldern und Bäumen 
weit reicher war als heute, so setzt doch die Menge seiner da- 
maligen Bevölkerung, auf die wir nach der Menge städtischer Sie- 
delungen schliessen müssen, einen starken Getreidebau voraus, von 
dessen Beziehungen zur Gattung Emberiza wir schon oben sprachen. 
Von winterlichen Gästen, die der offenen Landschaft, der 
Steppe und Wiese, angehören, haben wir hauptsächlich Arten der 
Gattungen Saxicola, Pratincola, Anthus und Alauda zu nennen. 


454 Fritz Braun: 


Am auffälligsten war mir stets die Menge der Pieper. 
Scharen von Wiesenpiepern gehören im Herbst und Winter 
geradezu zur Staffage der Landschaft. Die Häufigkeit ihres Vor- 
kommens berechtigt uns wohl zu dem Schluss, dass Plätze, wie 
sie diese Art bevorzugt, in Kleinasien dereinst viel zahlreicher 
waren als heutzutage. Daraus würde sich ergeben, dass Wiese 
und Graswuchs damals in diesem Gebiete eine ganz andere Rolle 
spielten als heutzutage. 

Die Vettern der Pieper, die schlanken Stelzen, erblicken in 
Kleinasien ebenfalls ein erwünschtes Herbst- und Winterquartier, 
dem sie treu bleiben, bis sie von winterlichen Schneestürmen 
südlich geführt werden. Diese Stelzen erwecken ebenso wie 
Vanellus eristatus in uns den Glauben, dass sumpfige Wiesen im 
Land dereinst weit grössere Flächen bedeckten als in unserer Zeit. 

Wiesen und sumpfigen Gründen allzuviel Raum anzuweisen, 
verbieten jedoch schon die Struktur des Landes und andere 
Charaktervögel des Gebietes, wie die Saxicolidae. Ebenso . wie 
die Söldner Xenophons in unmittelbarer Nähe volkreicher Städte 
den Strauss jagten, wird auch sonst Wiese und Steinhalde, Nutz- 
und Ödland hart neben einander gelegen haben, sodass der Stein- 
schmätzer in nächster Nähe des Wiesenpiepers ein Obdach fand, 
das seinen Wünschen entsprach. 

Sprechen die Mengen von Alauda, die sich zur Winterzeit 
auf Kleinasiens Brachfeldern herumtreiben, für das Alter und 
den ehemaligen Umfang seines Getreidebaues, so können wir die 
Gattung Emberiza nur in sehr beschränktem Masse zu irgend 
welcher Beweisführung heranziehen. Doch macht es ganz den 
Eindruck, als hätte diese Familie in Kleinasien einst bessere Tage 
gesehen. Manche Arten (z. B. Emberiza cinerea, Emberiza cia), 
die im Lande alteinheimisch zu sein scheinen, finden wir heute nur 
recht sporadisch. Die Kappenammer ist wohl früher auch viel 
häufiger gewesen und über dieses Land nach Europa vorgedrungen. 
Die Tatsache, dass wir kaum in einem europäischen Lande so viel 
Ammern finden wie in dem benachbarten Kleinasien, spricht doch 
dafür, dass diese Halbinsel ein altes Zentrum des Getreidebaues 
darstellt. 

Sollten wir aus dieser kurzen Darstellung, die aber immerhin 
alle wesentlichen Punkte behandelt, einen Schluss ziehen auf 
das Aussehen Kleinasiens vor zwei- bis dreitausend Jahren, so würden 
wir zu dem Ergebnis gelangen, dass sich schon damals alle heutigen 


Zugvögel und Florenwechsel. 455 


Vegetationsformen in dem Lande vorfanden, ihre Verbreitung aber 
höchstwahrscheinlich ganz anders war. Wald, Gärten, Wiesen 
und Ackerland nahmen einen weit grösseren Raum ein als heut- 
zutage, während die Steppen und Steinhalden weit pflanzenreicher 
waren. Diese Abweichungen werden wir natürlich dem Klima 
zur Last schreiben müssen. Wahrscheinlich war die sommerliche 
Trockenzeit damals kürzer als jetzt, hatten der Juli und August 
etwa den Charakter des heutigen Juni, sodass der im Boden 
verbliebene Feuchtigkeitsvorrat kaum jemals völlig auf die Neige 
ging. Die aufjähem Windwechsel beruhenden Witterungsumschläge 
zogen sich dazumal' tiefer in den Sommer hinein, und die Nieder- 
schläge, die sie im Gefolge hatten, kamen der Vegetation und 
der Fauna zu gute. 

Die Gedanken, die uns soeben als Führer dienten, warfen 
nur spärliche Lichtstrahlen in dunkle Zeiten. Ihren Wert oder 
Unwert zu ermessen, überlasse ich dem Leser. Mich will‘es 
dünken, als ob man dem spröden Stoff damit eine neue und nicht 
uninteressante Seite abgewinnt. So erscheint mir diese Studie als 
erster Versuch auf einem Arbeitsfelde, dem reicheres Wissen und 
reiferes Urteil vielleicht noch manche erfreuende Frucht abge- 
winnen dürften. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine, 
- Edinburgh. No. 50. 1904. 

The Auk. A Quarterly Journal vfOrnithology. Vol. XXI. No.2. 1904. 

Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. CIV—CVII. 1904. 

The Condor. A Magazine of Western Ornithology. Vol. VI. No. 2 
u. 3. 1904. 

Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausge. 
Karl Neunzig. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung). 
Jahrg. XXXII. Hft. 12—21. 

The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) IV. 1904. Heft 2. 

Naturae Novitates. Bibliographie neuer Erscheinungen aller 
Länder u. s. w. (R. Friedländer & Sohn). Berlin. XXVI Jahre. 
No. 1-7. 1904. 

Örnithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu 
Schmidhoffen. XV. Jahrg. No. 3. 1904. 

Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelwelt.e XXIX. No. 3—5. 1904. 

Records of the Australian Museum. Vol.V. No.2u. 3. Sydney 1904. 


456 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


Proceedings of the Indiana Academy of Science 1902. (Indiano- 
polis 1903). 
Report of the A. ©. U. Committee on the Protection of North 
American Birds, and of the National Committee of Audubon 
Societies for the year 1903. (Abdruck aus: The Auk Jan. 1904). 
Report on the Collections of Natural History made in the Antarctie 
Regions during theVoyage of the „SouthernCross“. London 1902. 
E. Arrigoni Degli Oddi, Manuale di Ornitologia Italiana. 
Elenco descrittivo degli uccelli stazionari o di passaggio 
finora osservati in Italia. Milano 1904. 
C. Bruch, Enumeraciön de una coleceiöon de aves de las pro- 
vincias de Salta y Jujuy y descripcion de un nuevo Tiränido 
(Muscisaxicola morenoi). (Abdruck aus: Revista del Mus. 
de la Plata Tomo XI. 1904). 
F. M. Chapman, A new Grouse from California. (Abdruck aus: 
Bull. Amer. Mus. Nat. Hist. XX. 1904). 
F. J. Jackson, List of Birds obtained in British East Africa. 
Pt. IIL With Notes by R. B. Sharpe. (Abdruck aus: 'The 
Ibis for October 1902). 
J. v. Madaräsz, Zur Ornis Deutsch-Ostafrikas. (Abdruck aus: 
Annales Mus. Nation. Hungariei Il. 1904). 

v. Madaräsz, Neue Vogelarten aus Venezuela. (Abdruck aus: 
Annales Mus. Nation. Hungariei II. 1904). 

. Owston, List of Japanese Birds and Eggs. Yokohama 1904. 

Poche, Ein bisher nicht berücksichtigtes zoologisches Werk aus 
demJahre 1758,in dem die Grundsätze der binären Nomenklatur 
befolgt sind. (Abdruck aus: Zoolog. Anzeiger No. 16/17 1904). 

E. Rey, Die Eier der Vögel Mitteleuropas. Lief. 23—25. Gera. 
Untermhaus 1904. 

R. B. Sharpe, Report on the Collections of Natural History 
made in the Antarctic Regions during the Voyage of the 
„Southern Cross“. IV. Aves. London 1902. 

R. B. Sharpe, Remarks on Pitta longipennis and Pitta reiche- 
nowi. (Abdruck aus: The Ibis for January 1903). 

R. B. Sharpe, On a Collection of Birds from the Distriet of Deel- 
fontein in CapeColony. (Abdruck aus: Thelbis for January 1904). 

R. B. Sharpe, The Birds of the Island of South Trinidad. From 

_ theJournal ofE.Wilson. (Abdruck aus: The Ibis for April 1904). 

R. B. Sharpe, On further Collections of Birds from the Efulen 
District of Cameroon, West Africa. Part 1. (Abdruck aus: 
The Ibis for January 1904). 

H. S. Swarth, Pacific Coast Avifauna No. 4. Birds of the 
Huachuca Mountains, Arizona. 1904. 

P. Wytsman, Genera Avium. 1. Part Passeres Fam. Eurylae- 
midae by E. Hartert. Brüssel 1904. 


Be oo 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


JOURNAL 


ORNITHOLOGIE. 


Zweiundfünfzigster Jahrgang. 


No. 4. Oktober 1904. 


Die Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 
Von Paul Kollibay. 
(Fortsetzung und Schluss von S. 121). 
’ 72. Cinclus cinclus merula (J. C. Schaeff.) 


Ich habe den Wasserstar in der Bocche selbst nicht beob- 
achtet; Grossmann hat ihn im Winter an den Festungsgräben 
von Cattaro mehrfach bemerkt und erbeutet, im Winter 1902/03 
auch einmal in der Sutorina erlegt. Ausserdem hat er den 
Vogel an einzelnenWildbächen der höheren Gebirgslagen beobachtet. 

Reichenow (die Kennzeichen der Vögel Deutschlands S. 127) 
bemerkt, dass die Wasserstare der Balkanhalbinsel durch geringere 
Grösse abzuweichen scheinen, aber eher der typischen Form als 
der westlichen, ©. m. albicollis (Vieill.) angehören. Ein $ und 
ein 2, die ich aus dem Januar 1902 aus Cattaro erhielt, und die 
wegen des gelblich überlaufenen Kehl- und Brustschildes als 
junge Vögel zu betrachten sind, gleichen in der Färbung sonst 
Centraleuropäern; in den Massen bleiben schlesische Stücke teil- 
weise sogar hinter ihnen zurück. 

Die Nomenklatur der 3 altbekannten europäischen Cin- 
clus-Formen ist jetzt ganz verwirrt. 

Reichenow („die Kennzeichen,“ 8. 127), Arrigoni degli 
Oddi („Atlante Ornithologico“ II. S. 148. 149) und Dresser („A 
Manual of Palaearctic Birds,“ S. 24—26) benennen diese 3 
Formen wie folgt: 

Die nordische: die mitteleuropäische: die südliche. 
R.: C. einclus (L.); C. merula (J.C. Schaeff.) ; O. m. albicollis (Vieill.) 


Journ. f. Orn. LU. Jahrg. Oktober 1904, 3l 


458 P. Kollibay: 


die nordische: die mitteleuropäische: 

A.: ©. melanogaster (Br.); C. aquaticus (Behst); 

D.: ©. melanogaster Br.; C. aquaticus Bchst.; 

die südliche: 
A.: 0. einclus (L.) 
D.: ©. albicollis (Vieill.) 

M. E. hat Dresser Recht, den Namen cönclus als Subspecies- 
namen überhaupt auszuschalten. Denn Linnes Diagnose und Ver- 
breitungsangabe seines Siurnus cinclus passt auf alle, bezw. um- 
fasst alle 3 Formen, die Angabe des Verbreitungsgebietes widerlegt 
sogar direct die Annahme, dass Linne lediglich seinen einhei- 
mischen Schwarzbauchwasserstar beschrieben habe. Durch diese 
Unsicherheit bezüglich der von Linn@ beschriebenen Form wird 
uns also bei diesem Genus erfreulicher Weise der Cinclus cin- 
clus cinclus erspart. 


73. Regulus regulus (L.) 
Von mir nicht beobachtet, nach Grossmann im Winter 
sehr gemein. 
74. Regulus ignicapillus (Brehm). 
Auch diese Art besucht Süddalmatien nur als Winterherberge 
und ist nach Grossmann sogar noch häufiger als die vorige. Ich 
besitze einige Wintervögel von dort. 


75. Parus maior L. 


Während nach Brusina (l. ec. S. 14), die Agramer Sammler 
nur in der Krivosije ein einziges Stück erlegten und die Kohl- 
meise sonst nirgends beobachteten, ist dieselbe nach Grossmann 
ein ziemlich häufiger Brutvogel, der im Winter in grossen 


Schwärmen auftritt. — Ich selbst fand die Kohlmeise in den 


Laubwäldern bei Castelnuovo und in den Ölbaumgärten bei Teodo 
häufig, zum Teil Junge fütternd. Ein Gelege von 8 Eiern, welches 
am 10. Juni 1903 in einer Felsenspalte gefunden wurde, zeigt 
folgende Masse: 
Ka 1765 18 en = Jean 
VE a N! 
18 18 173 
1a. aa 14 
Die in der Bocche von mir erlegten Kohlmeisen fielen mir 
sofort durch ihre Schmächtigkeit und durch ihr blasseres Colorit 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 459 


auf. Gegen alle Mitteleuropäer, aber auch gegen die im Winter 
in der Bocche erlegten (vielleicht zugewanderten) Kohlmeisen 
sind meine mitgebrachten Brutvögel Zwerge, was sich indessen 
nur durch den Gesamteindruck, nicht durch die Einzelmasse dar- 
tut. Leider habe ich nicht daran gedacht, die frisch geschossenen 
Vögel im Fleisch zu wiegen. Die Masse derselben sind folgende: 
ELBE TADNEEE EI er. 11 5080220 mm. 


55.0316, 11,5,10,520 h 
ss 16er, -20 4 
„ „ „ 17 ı » 70 3) 11,5, „ 20 „ 
2200 030. UT EN 70,5,.,, 1,5, ee 
or 05...,.755,.., 66,9 6 


Die Blässe der Unterseite der süddalmatischen Brutvögel, 
ein sehr lichtes Schwefelgelb, deutet auf Beziehungen zu dem 
cyprischen Parus maior aphrodite (Mad... Doch konnte ich 
griechische Sommervögel, bei denen die Unterseite noch heller 
sein müsste, nicht untersuchen. Der von Prazak beschriebene 
Parus maior blanfordi aus Persien, ebenso die Kohlmeise aus 
Palästina stimmen in der Färbung mit den Süddalmatinern über- 
ein, nicht aber in der Schmächtigkeit. Auch bei meinen Vögeln 
tritt das Grün der Oberseite im Vergleich zu Centraleuropäern 
mehr zurück. Sollte der. Brutvogel von Süddalmatien, der sich 
sicher von Mitteleuropäern unterscheidet, noch nicht beschrieben 
sein und nicht etwa zu einer der anderen, aus dem Mittelmeer- 
becken beschriebenen Formen zu ziehen sein, so würde ich für 
ihn den Namen Parus maior sulfureus reservieren. 

Der weisse Keilfleck auf der Innenfahne der äussersten 
Schwanzfeder, der bei Kleinschmidt’s neuer Form Parus corsus 
durch Zusammenschrumpfen auf ein kleines Spitzendreieck oder 
gänzliches Verschwinden eine Rolle spielt, scheint mir kein ge- 
eignetes Differenzierungsmerkmal zu sein. Ein Material von 30 
Bälgen ergab darüber folgendes: 

Von 2 tunesischen Stücken hat das eine nur ein win- 
ziges Dreieck, das andere gar nur eine Spur davon. Ein Brut- 
vogel von Süddalmatien zeigt gleichfalls nur das kleine 
Dreieck, während bei einem anderen von dort Keiltlecken auf- 
treten und zwar, was sehr bezeichnend ist, bei der äussersten 
linken Steuerfeder nur bis zu Y/,, dagegen bei der rechten bis 
zu 4, ihrer Länge. 3 Wintervögel aus der Bocche di Cattaro 
zeigen zweimal ausgedehnte Keilflecken, einmal nur einen kleinen. 

31* 


460 P. Kollibay: 


Ein griechischer Vogel hat ihn links 10, rechts 5 mm lang. 
Wie sonach bei südlichen Stücken die Keilflecken vorkommen, 
so tritt vereinzelt umgekehrt bei mitteleuropäischen auch deren 
Reducierung auf ein Minimum in die Erscheinung. So liegen mir 
11 schlesische Kohlmeisen vor; von ihnen haben 10 den 
grossen Keilfleck, eine aber nur ein kleines Spitzendreieck. Von 
3 Stücken aus Schönstadt in Hessen hat ebenfalls das eine nur 
noch einen Spitzenfleck. Ein niederösterreichisches und ein 
kaukasisches Stück besitzen dagegen wieder den ausge- 
bildeten Keilfleck. 

Es scheint mir also, dass letzterer zur Bestimmung geogra- 
phischer Formen. unverwertbar ist. 


76. Parus caeruleus L. 


Wurde von mir bei Castelnuovo mit flüggen Jungen beob- 
achtet, aber bei weitem nicht so zahlreich wie Parus maior. 
Dennoch ist sie nach Grossmann ein ziemlich häufiger Brutvogel; 
im Winter tritt sie massenhaft auf. 


77. Parus lugubris lugubris (Natt.). 


Grossmann, von dem ich schon vor meiner ersten Excursion 
nach der Bocche Trauermeisen erhalten hatte, teilte mir mit, 
dass diese interessanten Vögel Standvögel in jenen Waldpartieen 
sind, welche an nackte Felsgehänge angrenzen. So habe er sie 
insbesondere in den Eichenwäldern bei Dobrota, in gewissen 
Partien nahe bei Kameno und oberhalb Teodo bei der zerstreuten 
Ortschaft Kavac festgestellt. — Da über Parus lugubris bis jetzt 
recht wenig berichtet worden ist, wenigstens in der deutschen 
Literatur, so war ich begreiflicher Weise auf das äusserste ge- 
spannt, die persönliche Bekanntschaft dieses so interessanten 
Vogels zu machen. Nachdem wir vergebens bei Kameno nach 
ihm gesucht hatten, wo Grossmann ihn im Winter vorher ange- 
troffen hat, sicherte er mir die Begegnung auf das Bestimmteste 
für die Eichen- und Olivenbestände bei Kavac zu. Am 19. Mai 
1903 wurde endlich die Excursion in jene Gegend unternommen. 
Nach erfolgreicher Jagd auf die beiden mediterranen Hypolais 
hatten wir eben auf einer Bank hinter dem primitiven Wirts- 
hause von Kavac Platz genommen und eine Karaffe roten Dal- 
matiners bestellt, als ich. den unverkennbaren, aber doch auch 
fremden Lockton einer Meise vernahm. Aufspringen, das Gewehr 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 461 


ergreifen und vor das Haus eilen, war das Werk eines Augen- 
blicks. Und in der Tat, schon bei diesem ersten Hause von 
Kavac ging Grossmann’s Zusage in Erfüllung! In einem hohen 
Baume dicht neben dem Wirtshause trieb ein Parus lugubris 
sein Wesen. Wegen des dichten Laubes konnte ich ihn jedoch 
nicht richtig zu Gesicht bekommen. Da plötzlich flog er ab, 
über die Strasse hinweg und in einen urwaldartigen Eichenbe- 
stand hinein. Sofort eilte ich ihm nach, über offen und verdeckt 
‚liegendes Felsgeröll stolpernd und stürzend, durch wirres Unter- 
gestrüpp hindurch, festgehalten und verwundet durch Dornenge- 
sträuch aller Art. Indessen das tiefe „zerr‘‘ gab mir die Richtung, 
und hin musste ich. Endlich stand ich vor jenem Baume, auf 
welchem der Vogel sich befinden musste. Zuerst vergebliches 
Spähen, dann plötzlich — da sass ja der Vogel auf einem starken 
Seitenaste, unter fortwährendem Rufen eine Beute bearbeitend 
und dabei lebhaft mit dem Schwanze seitwärts ruckend. Das 
war das mir von Grossmann angegebene Erkennungszeichen! 
Nun liess ich mir bei diesem ersten Vogel begreiflicher Weise 
keine Zeit zu Beobachtungen; ich brannte darauf, meine erste 
Trauermeise zu erlegen: ein Knall und der Vogel stürzte senk- 
recht herab. Indessen alles Suchen blieb vergeblich! In dem 
dichten Gestrüpp, welches das lose gelagerte Geröll überwucherte, 
war der Vogel verschwunden, und nach langem Suchen musste 
ich mit der bekannten Möglichkeit zu rechnen anfangen, dass 
das Tierchen unter Aufbietung seiner letzten Lebenskraft in ein 
Loch zwischen dem Felsgetrümmer geflohen und nun unwieder- 
bringlich dahin sei. Doch glücklicher Weise kam Grossmann 
mit seinem wackeren „Treff“ in die Nähe. Wie oft hat uns 
dieser Hund eine Beute in dem kaum durchdringlichen Gras- 
und Kräuterwuchse, in dem greulichen Dornengestrüpp durch 
sein vorzügliches Anziehen gerettet, die wir beide nie und nimmer 
erblickt hätten. Freilich, einen Fluchtversuch durfte ein krank 
geschossener Vogel nicht machen, denn dann fasste „Treff‘‘ zu, 
und mit einem solchen „Apport“ war meisst nichts mehr anzu- 
fangen. Aber schon verendete Vögel, die wir trotz seines An- 
ziehens nicht entdecken konnten, nahm er auf Befehl vorsichtig 
zwischen die Lefzen und legte sie seinem Herrn unbeschädigt zu 
Füssen. Im Karstgelände lässt sich ohne einen so abgeführten 
Hund meines Erachtens bei der Vogeljagd ein Resultat kaum 
erzielen. — 


462 P. Kollibay: 


Nach dieser Abschweifung zurück zu meiner Trauermeise. 
Herr Grossmann trat mit der Frage heran: „Lugubris?“ Vor- 
sichtig zuckte ich die Achseln; denn die im Waldesdunkel nur 
mit Sicherheit erkannten weissen Wangen konnten auch eine 
Kohlmeise bedeuten. Indessen bald zog „Treff“ an und vor 
seiner Nase den Vogel aufhebend, griff Grossmann salutierend 
an den Hut: ‚Ich gratuliere!“ Meine Freude war natürlich sehr 
gross, als ich meine erste Trauermeise, ein prächtiges Jg, in der 
Hand hielt. Nun war Frühstück und Erholung vergessen; fort 
ging es, um noch mehrere Exemplare des kostbaren Vogels zu 
erhalten. Aber das Glück war uns an diesem Tage nicht hold. 
Wohl hörten wir noch mehrfach die Stimme der Trauermeise, 
aber die Verfolgung führte zu keinem Ergebnisse; wohl sah ich 
in einer kurzen Entfernung von mir in einem mit Eichen und 
Oliven bestandenen Weingarten einen Schwarm Junger, aber ein 
dichter, verwachsener Dornenzaun, der sich weder durchdringen, 
noch umgehen liess, machte jede Annährung unmöglich. Wegen 
der herannahenden Abfahrtszeit des Vaporetto in Teodo musste 
die Jagd aufgegeben werden mit dem Vorsatze, möglichst bald 
einen zweiten Versuch zu unternehmen. Der 23. Mai sah uns 
an derselben Örtlichkeit. Wiederum war es Parus lugubris, der 
unmittelbar neben dem Gasthause unsere Frühstücksrast unter- 
brach. Diesmal gelang es uns, zwei Familien zu sprengen und 
ein @ und mehrere Junge zu erlangen. Letztere befinden sich 
in zwei verschiedenen Entwickelungsstadien; das flaumige, weit- 
strahlige Gefieder der kleineren Jungen ist stellenweise noch 
recht dünn. 

Graf von der Mühle (Beiträge zur Ornithologie Griechen- 
lands S. 50) sagt, dass die Trauermeise eine von anderen Meisen 
völlig verschiedene Lebensweise führe. Das können weder 
Grossmann noch ich bestätigen; nur die behauptete Ungesellig- 
keit gesteht ersterer zu. Er hat die Trauermeise, ausser mit 
Jungen, nie in Gesellschaft beobachtet. Auch im Winter und 
Herbst streift sie meist in einzelnen Stücken umher, und nur 
selten findet man zwei zusammen, die dann ein gepaartes Paar 
bilden dürften. Grossmann fügt hinzu, dass der Vogel sehr 
rührig sei, und hebt die Eigenschaft hervor, dass er täglich regel- 
mässig zu bestimmten Zeiten bestimmte Örtlichkeiten, ja sogar 
dieselben Bäume aufsuche, sodass er am Anstande erlegt werden 
könne. — Unrecht hat von der Mühle ferner offenbar darin, dass 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 463 


er die Trauermeise in Griechenland einen Zugvogel sein lässt, 
und zwar einen solchen, der erst Ende April und Anfangs Mai 
ankomme und schon Anfangs September verschwunden sei. 
Meine nachstehend aufgeführten Vögel aus dem Winter und das 
Vorhandensein flügger Jungen am 19. Mai beweisen im Gegen- 
teil, dass der Vogel für Süddalmatien, und daher umsomehr für 
Griechenland, Standvogel ist. 


Masse von Bocche-Vögeln: 


8125. .18.,03.1, 4.174 2 N€., 73. „.r. 10,5, t.. 19mm. 
.4103.3.-03.10:,,0402. 55, 5.369 Sry 711,8,:%353.20: 0 35 
„ 7. 1. 03. ” 12 7) 5%) 70 0 11 3 20 ER) 
195. 03.2.,, 100,2 5,600 0.52 
1202.9.203.5 14,02, 00) 3 »12,5;: 2.198 25 
2.06. 9.03.1744, 695, 11,5 20: 


„ 74 DW) 69 303 12,5, ” 20. ER) 
©1100. 3.03, .640,,064,, 2.12 27.519. 
la, 098,0. 15520 „ 
»„ 15. 1.03. „72, „70, „115 „20 „ 
OD du. 0688. 12 5178203 5 
»„ 23. 5. 03. „ 72, „63, „1235 „19 „ 
20.8.03.,,735, , 689,....12 5 .nv20 , 

Herr Othmar Reiser war so freundlich, mir zum Vergleiche 
einen Parus lugubris lugubris (Natt.) vom Serajevsko polje und 
die Typen seines Parus lugubris graecus von Aetolikon zu senden. 
Danach gehören die Bocche-Vögel hinsichtlich der Färbung völlig 
zur typischen Art, stehen aber bezüglich der Flügellänge der 
griechischen Form näher, deren Mittelmass Reiser (Ornith. Jahrb. 
1901 S. 216) auf 71 mm gegenüber 79 mm von P. luyubris 
lugubris angibt. (Übrigens messe ich bei dem zu letzterer Form 
gehörigen Stücke aus Serajevo auch nur 74,5 mm). 


78. Aegithalus caudatus (L.) 


Weder Grossmann noch ich haben die weissköpfige Schwanz- 
meise während der Brutzeit je bemerkt. Dagegen kommt sie im 
Winter in Schwärmen vor, untermischt mit A. roseus. 


79. Aegithalus roseus (Blyth.) 


Von dieser Schwanzmeise bekam ich mehrfach Exemplare 
aus dem Herbst und Winter, sodass sie zu dieser Zeit häufig 


464 P. ‚Kollibay:: 


sein muss. Sie kommt aber auch brütend vor, wenn auch nicht 
häufig: So erlegte Grossmann ein Paar am 22. April 1903, welches 
in meine Sammlung kam; das © hatte deutlichen Brutfleck. 
Ausserdem führte er mich gleich nach meiner Ankunft 1903 an 
ein seit einigen Tagen im Bau begriffenes Nest in der Sawina. 
Als ich einige Tage darauf in die Nähe dieser Stelle kam, war 
das Brutpaar sehr unruhig; am 18. Mai fanden wir mit Bedauern 
hierfür in der Tatsache die Erklärung, dass das Nest herunter- 
gerissen war. Es war wie das von caudata wesentlich aus Moos 
und Flechten gebaut und reichlich mit Haushuhnfedern aus- 
gefüttert, welche die Vögel sehr weit hergeholt haben mussten. 
Ausserdem fand sich in der Auskleidung eine einzelne Schwanz- 
feder einer Saxicola vor. 

Masse: g 28. 12. 02. 2.60 , c.86 , r.55, t. 17 mm. 
„Abe 108.4 630,8. 90,“ „60,8 ee 
„21941102: 26ER, „0.90. On 
„ 28. 12. 02. ” 63 9 3 9. 6 De) 17 „ 

„ 16. 4. 03. „ 63,5, ” 94 3 6,5, „ 16,5 „ 
„22. 4.03. „62, 990, „65 „17 „ 
24 2:11.02. „363,289: „u „008, so 
„4108 6100, 0, cn 
„22. 4:03. 1» ,60°°,.,,:86°: 7,6 „16:54, 
Die auffallenden Masse bei dem © vom 4. 11. 02. beruhen 
auf wiederholten genauen Messungen. 


80. Sıita caesia caucasica Rchw. 


Bisher war die Spechtmeise für Süddalmatien nirgends er- 
wähnt. — Grossmann fand den Vogel im Winter stets zahlreich, 
niemals aber als Brutvogel. Im Sommer traf er ihn überhaupt 
zum ersten Male im Jahre 1902 an, als er am 15. und 16. Juni 
die beiden Stücke erlegte, welche der Jahresversammlung von 
1902 in Berlin vorlagen.t) Ein offenbarer Irrtum des Berichtes 
über jene Versammlung ist es, wenn gesagt ist (Journ. f. Orn. 
1903 S. 153), dass in Süddalmatien die Sitta homeyeri vorkomme. 
Der Kleiber Dalmatiens hat mit dieser hellen Form nicht das 
mindeste zu tun. ' 

Jene beiden Vögel, welche Grossmann für adulte Stücke 
hielt, weil er ihr Geschlecht anatomisch feststellen konnte, und 


!) Am 26. März 1904 erlegte Grossmann ein Paar, dessen $ Nist- 
material im Schnabel trug. 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 465 


sie selbständig auf Nahrungssuche gingen, haben sich zweifellos 
als junge Exemplare herausgestellt. Allerdings ist es auffallend, 
dass in allen mir zu Gebote stehenden Beschreibungen des ersten 
Kleides von einem hervorragenden Kennzeichen desselben nichts 
gesagt ist, nämlich dass jede Feder des Oberkopfes und Nackens 
einen weissen Schaftfleck trägt (vgl. Naumann, Band II, S. 303; 
Arrigoni, Uccelli europei P. II, S. 140; Hellmayr, das Tierreich 
18. Lieferung S. 175; Dresser, Palaearctie Birds S. 188), indessen, 
ich habe seither junge Kleiber aus verschiedenen Gegenden in 
Händen gehabt und dabei stets dieses Kennzeichen, mehr oder 
minder ausgeprägt vorgefunden. Ein zweites Merkmal der Jugend 
ist der immer erheblich kürzere Schnabel, welcher nur 14,5—16 
mm lang ist, während die Länge des Schnabels adulter Vögel 
durchschnittlich 18,5 mm beträgt. 

Bei der ersten Excursion bin ich gar nicht und 1903 nur 
einmal auf Silta caesia gestossen. Am 21. Mai bemerkten wir 
plötzlich oberhalb von Castelnuovo im Eichen- und Kastanien- 
walde, den wir fast täglich passierten, eine herumstreichende 
Familie Kleiber. Da es sich darum handelte, das Jugendkleid 
und das adulte Sommerkleid der dalmatinischen Spechtmeise fest- 
zustellen, erlegten wir die beiden alten und 4 junge Vögel. 
Letztere stimmen mit den beiden Vögeln vom Vorjahre überein, 
nur hat bei diesen das $ das Kastanienbraun der Flanken 
kräftiger entwickelt. Dies führe ich auf das spätere Erlegungs- 
datum, bzw. das vermutlich höhere Alter zurück, wie denn auch 
ein g juv. vom 6. Juni 1903 viel tieferes Braun an den Flanken 
trägt, und die weissen Schaftflecken durch die länger gewordenen 
Federstrahlen mehr verdeckt werden, sodass das Kleid bis auf 
die blassere Unterseite sich mehr demjenigen adulter Herbst- 
vögel nähert. 

Iım Sommer haben die alten Brutvögel ein sehr abgetragenes 
Gefieder, das sich zu Vergleichszwecken nicht eignet. Die alten 
Vögel im frischen Herbstgefieder sind dagegen prächtige Vögel. 
Von Mitteleuropäern unterscheiden sie sich auf den ersten Blick! 
Arrigoni und Hellmayr haben auf die Notwendigkeit einer ge- 
naueren Untersuchung der Spechtmeisen des östlichen Mittel- 
meerbeckens bereits aufmerksam gemacht, und ich meine in der 
Tat, dass die dalmatinischen Spechtmeisen mit der Form Sitia 
‚caesia caesia nicht vereinigt werden dürfen. Sie unterscheiden 
sich von dieser durch die viel lebhaftere Ockerfärbung der Unter- 


466 P. Kollibay: 


seite, wenn dieselbe auch nicht so gesättigt ist, wie bei der ty- 
pischen S. caesia caucasica Rehw. (Orn. Monatsber. 1901, S. 53). 
Wie bei dieser, zieht sich das Ockergelb fast bis an’s Kinn hinan, 
mit dem Weiss desselben ziemlich scharf grenzend, nicht all- 
mählich in dasselbe übergehend. Von caucasica aber schien sich die 
dalmatinische Spechtmeise (ausser durch die nicht so dunkle 
Unterseite) auch durch das Fehlen der weissen Stirnbinde zu 
unterscheiden, sodass ich anfänglich es für geboten hielt, die 
Form abzuzweigen, worin mir Herr Professor Reichenow bei- 
stimmte. Allein später bekam ich auch Exemplare mit lichterer, 
fast weisser Stirn, wenn auch nie so deutlich, wie bei caucasica, 
sodass mir vor der Hand die Ausführung meiner Absicht nicht 
rätlich erscheint. Da die Dalmatiner aber näher den Kaukasiern 
als den Mitteleuropäern stehen, ziehe ich sie vorläufig zu Sitta 
caesia caucasica Rchw. 
Masse von 7 adulten Stücken: 

8.20. 105 02.(2..85%, 6.505, 7.19 114.005 mm: 

„ 28. 10. 02. „85,5, „505, „17, »20 0 5 

2) „ „ 86 dd) 50,5, ” 18 2 -W 19,5 „ 

OD OT een oe . 

„26:5 3.104.405 „u8Tn, al52 bla Sarnen 

©; 8::111:002.4%,; 835.7 ‚uol,5: 1,b19u8 220.5 8 

„1210 5.103. 015822, „a9 y Zallsassar ons 

26. 28.1104 5,57 84,5,11°,,:49,, 2.:18.5,04,1005 0%, 


81. Sıtta neumayeri Michah. 


Brusina (a. a. OÖ. S. 14) sagt von dem Felsenkleiber, dass 
er in Süd-Dalmatien, der Herzegowina und Montenegro „unsere 
S. caesia“ vertrete, „letztere ein Baumbewohner, ersterer ein 
Felsenvogel“. Das kann natürlich nicht so verstanden werden, 
als ob 9. neumayeri eine zoogeographische Form der $. caesia 
sei, da beide Vögel specifisch durchaus verschieden und selbständige 
Arten sind. Brusina’s Ausspruch trifft aber auch in tatsächlicher 
Hinsicht insofern nicht zu, als in den genannten Ländern beide 
Kleiber neben einander vorkommen. Richtig ist nur soviel, dass 
der eine den hochstämmigen Wald, der andere das nackte Karst- 
gehänge bewohnt. Aber auch ganz ausschliesslich bindet sich 
S. neumayeri nicht an die Felsenwelt, da Grossmann sie schon 
von Strauch zu Strauch verfolgt und von einem Baume herab- 
geschossen hat. 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 467 


In der Bocche ist die Felsenspechtmeise eine im ganzen 
_ Gebirge gemeine Art, die im Winter aber auch in die tieferen 
Regionen verstreicht. Ich beobachtete sie an den oberen Ser- 
pentinen bei Cattaro im Jahre 1902 und oberhalb Kameno im 
Jahre 1903. Schon von weitem macht sie sich durch ihr eigen- 
artig lachendes Geschrei bemerkbar, das die stille Felsenwildnis 
schrill durchdringt. Wegen des schwierigen Geländes blieb in 
den Beobachtungsfällen die Verfolgung ergebnislos. Die meisten 
der in meine Sammlung gelangten Exemplare entstammen der 
Strichzeit, wo an zugänglicheren Orten der Vogel leicht erlegt 
werden kann. — Wie bei Silta caesia ist das abgenützte Sommer- 
kleid ganz wesentlich unschöner, als das frisch vermauserte. 

Ich habe 11 $Z und 5 9 aus der Bocche gemessen und 
gebe nachstehend die Masse: 

[6 Ye} 2. C 1% t. 
Maximum: 83 55 29, 99224, mm. 
Minimum: 76 49 ee les 
Durchschnitt: 80,1 53,5 21,5 22,1 „ 

(Sämtliche kleinsten Masse finden sich an einem Stücke 
vereinigt.) Dieses ausgeschaltet ergibt sich für die 3 als Durch- 
schnitt 80,5 bzw. 54 bzw. 21,6 bzw. 22,15 mm. 

Je} a. c. T. t. 
Maximum: 82 56 22 24 mm. 
Minimum: 76 52 19.5.2, 0, 
Durchschnitt: 78,7 53,2 20,5 22,4 „ 

Zum Schluss noch eine nomenklatorische Bemerkung: 

Im „Tierreich“, Lieferung 18 S. 173 folg. schreibt Hellmayr 
den Namen des Felsenkleibers stets Sitia neumayer (also den 
Speziesnamen im Nominativ!), und zwar nach mündlicher Mit- 
teilung deshalb, weil der Name so in Oken’s Isis 1830 Seite 814 
zu lesen ist und das Prioritätsprinzip die strenge Festhaltung 
des vom Autor gegebenen Namens fordere. Ich halte dies für 
eine unzulässige und zu unzuträglichen Konsequenzen führende 
Überspannung des Prioritätsprinzips. Offenbar hat Michahelles, 
wie dies wenigstens früher allgemeiner und der Grammatik ent- 
sprechender Brauch war, in seinem Manuscript den Genitiv 
„Neumayeri“ angewendet oder doch anwenden wollen.!) Dann 

1) Paradiseas maria Rehw. (Ornith. Monatsberichte 1894 S. 22) 


ist eine dem individuellen ästhetischen Gefühle des Autors entsprungene 
Ausnahme der Neuzeit. 


468 P. Kollibay: 


ist aber der Name, wie er bei der Publikation der Art gedruckt 
wurde, Sitta Neumayer, lediglich das Produkt eines Schreibfehlers . 
oder gar eines Versehens des Setzers! Auch solche offenbare 
Schreib- und Druckfehler unter Berufung auf das Prioritätsgesetz 
sanctionieren zu wollen, geht zu weit. Den Namen gibt der 
Wille des Autors, nicht der blinde Zufall, der einen Buchstaben 
ungeschrieben oder ungedruckt bleiben liess! Wenn man glaubt, 
bei Dedikationsnamen von der bewusst gewählten Schreibweise 
des Autors bezüglich der grossen Anfangsbuchstaben abweichen 
zu können, so darf man nicht an offenbaren, von ihm nicht ge- 
wollten Unrichtigkeiten kleben. Das ist ein Widerspruch. Ein 
solcher ist übrigens auch in Reichenow’s „Kennzeichen“ fest- 
zustellen. Seite 125 schreibt er mit Linne Hippolais statt der 
längst allgemein üblich gewordenen Korrektur Hypolais, während 
er Seite 55 den Namen ocrophus, weil „jedenfalls Druckfehler“, 
in ochropus verbessert. Ich schliesse mich dem Reichenow von 
Seite 55 an. 


82. Certhia famsliaris L. 


Von Grossmann nur ausserhalb der Brutzeit beobachtet und 
erlegt. Ich selbst sah nie einen Baumläufer. Die 3 Exemplare 
meiner Sammlung stammen aus den Wintermonaten und sind da- 
her vielleicht zugewandert, sodass sich eine Besprechung erübrigt. 


83. Tichodroma muraria (L.) 


Den Mauerläufer an seinen Brutplätzen aufzufinden, ist mir 
nicht beschieden gewesen. Auch Grossmann hat ihn stets nur in 
den Wintermonaten angetroffen, zu welcher Zeit er in zugäng- 
lichere Felspartieen in der Nähe menschlicher Wohnstätten herab- 
steigt. Grossmann zeigte mir insbesondere auch eine Felswand 
zwischen Castelnuovo und Kameno an der Militärstrasse, wo er 
eine grössere Anzahl erbeutete. Auch bei Cattaro gab es Ört- 
lichkeiten, wo im Winter stets auf Tichodroma zu rechnen war. 
Nach der Anzahl der sich zeigenden Wintervögel muss der Mauer- 
läufer im dalmatinisch-montenegrinischen Felsgebirge ziemlich 
häufig sein. 

Masse: g: 2..12.:02. <a. 94,5, 0.56 „ 7. 272., t 2lpnms 
„135: 0&: 25396,54 12536005 61026 0.002, 
2 14....2.-03.  ,„, 92 ,,:0,,601 5. „A2glaRz al Summer 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 469 


05.145. 29.2033: 83:95834,.:0.,60451: 21... t. 227mm. 
„ 3. 3. 08. bR) 88 9 ” 55,5, „ 29 DI) 23 ” 


84. Alauda arvensis L. 


Nach Grossmann kommt die Feldlerche nur als Durchzugs- 
vogel vor. Auch ich fand an Orten, die an sich ihr zusagen 
möchten, nicht sie, sondern nur brachydactyla vor. 


85. Calandrella brachydactyla (Leisl.). 


In den brachigen und sandigen Talflächen der Zupa und 
der Sutorina und wo sich sonst kleine Ackerstücke am Gestade 
_ des Meerbusens hinziehen, wird die Feldlerche durch die Stummel- 
lerche ersetzt. Noch mehr wie bei Lullula arborea wird man 
durch ihren in der Luft vorgetragenen Gesang getäuscht. Man 
glaubt, den Sänger ein Stück vor sich auf dem Erdboden oder 
im Gestrüpp zu haben. Geht man in der angenommenen Richtung 
weiter, so scheint der Vogel gleichmässig zurückzuweichen, bis 
man endlich die Quelle der Töne über sich am wolkenlosen 
Firmament als winzigen Punkt entdeckt. Dieser Täuschung ver- 
fällt man so lange, als man sich nicht den Gesang der Stummel- 
lerche eingeprägt hat. 

Ich gebe die Masse von 7 Vögeln aus der Bocche di Cattaro: 

g 29. 4. 01. a. 95,5, c. 70, r. 115, t..19,5 mm. 


oe ce 0 115,2,000 
Sk Mut Var Eee ee u a 
og ee ao 
” 21. 4. 03. ” 32 m 67 99 12 Da) 19,5 „ 
5 


2 2.5.0. E}) 37,5, „ 66 De 10 ) 18,5 „ 
Die Differenzen in den sorgfältigst genommenen Massen 
sind recht auffällig, zumal bei der Flügellänge die grössere oder 
geringere Abnutzung im Hinblick auf die Erlegungsdaten offen- 
bar nicht in Betracht kommt. 


86. Lullula arborea (L.). 


Grossmann kannte für die eigentliche Bocche die Heidelerche 
nur als Durchzugsvogel. Ich habe jedoch in der Höhe von 
Kameno am 21. Mai 1903 ein ä erlegt, welches auf einem 
grösseren Baume sass und wahrscheinlich das brütende @ in der 


470 P. Kollibay: 


Nähe hatte. Aus der Krivosije besitze ich ein Gelege von 2 Eiern 
von folgenden Massen: 
Do 
So 16,5 
Der erlegte Vogel misst: 
2.090.402 52:97.7 12:72 212mm: 
Er ist unterseits gelber als schlesische Stücke und hat einen 
etwas längeren und spitzeren Schnabel (Subspecies cherneli Praz.?). 


87. Piilocorys cristata senegalensis (P. L. S. Müll.). 


Nach dem bei Sitta neumayeri Michah. Gesagten komme ich 
zur Verwerfung des Gattungsnamens Galerida (mit d). Man darf 
nicht Schreib- und Druckfehler konservieren, und da die von 
Boie beabsichtigte Galerita (mit t) bereits in der Koleopterologie 
verwendet war, hat Madarasz mit Recht für das sonach namen- 
lose Genus der Haubenlerche einen neuen Namen geschaffen. Der 
aus denselben Erwägungen von Dresser ein wenig später publi- 
cierte Name Corydus (A manual of Palearctic Birds. p. 390) ist 
von ihm als späteres Synonym bereits wieder eingezogen worden. 
(Ibis 1903, S. 90.) 

Die Haubenlerche ist Brutvogel in der Bocche und ins- 
besondere auf den Äckern und brachem Lehmboden, namentlich 
in der Zupa, zu finden. Im Winter zeigt sie sich auch in der 
Sutorina. (Gr.) 

Dass die Dalmatinischen Haubenlerchen sich durch eine 
rötliche Farbe auszeichnen, ist nicht unbekannt. Das ist jedoch 
in solchem Masse der Fall, dass diese Färbung schon bei der 
Beobachtung im Freien auffällt. Nach einem Ausfluge vom 
12. Mai 1903 in die weite, schütter mit Wacholder, Erica, Myrte 
und mancherlei Dornengesträuch bestandene trockene Ebene der 
Zupa notierte ich in meinem Tagebuche: „Auf der Brache war 
auch Al. ceristata vorhanden. Das erste beobachtete Stück sass 
auf einem niederen Zweige und sang ganz fremdartig, etwa wie 
Lullula arborea. Es erschien mir sehr rötlich.“ 

Unter mehr als 200 Haubenlerchen, die ich durch die Güte 
der Herren Baron von Erlanger, Reichenow, von Madarasz, Schlüter 
und Schneider (Petersdorf) aus dem gesamten Verbreitungsgebiet 
vergleichen konnte, fiel die Gruppe meiner Dalmatinischen Vögel 
durch ihre warm rote Färbung sofort ins Auge, mochte man sie 
auf den Rücken oder auf die Brustseite legen, und auch einzeln 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 471 


unter die übrigen gemischt, waren sie stets mit Leichtigkeit 
herauszufinden. Trotz eingehender Studien bin ich über die 
systematische Unterbringung der bocchesischen Haubenlerchen 
noch nicht im Reinen. Professor Reichenow hält sie, wie Madarasz 
diejenigen des ungaro-kroatischen Litorales, mit Alauda senegalensis 
P. L. S. Müller (S. N. Suppl. p. 137) für identisch. Obwohl die 
Müller’sche Diagnose alles und nichts besagt, und obwohl doch 
kaum anzunehmen, dass dieselbe Form die Senegal-Gebiete, die- 
selbe Dalmatien bewohnen sollte, und obwohl endlich wieder ein 
von mir untersuchter Vogel des Pester Museums aus Fiume, (also 
die von Madarasz für senegalensis gehaltene Form) sich mit den 
Süd-Dalmatinern nicht ganz zu decken scheint, was auch Madarasz 
im Ornith. Jahrb. 1900 S. 72 annimmt, so will ich doch vorläufig 
Reichenow folgen und auch meine Vögel zunächst zu senegalensis 
ziehen. Ich glaube aber, dass ich nach weiteren Untersuchungen 
zu anderem Resultate gelangen werde. 
Ich habe 7 33 und 7 29 aus der Bocche gemessen und 

gebe deren grösste, kleinste und Durchschnittsmasse: 
sg 2. C. T. t. 

Maximum 109 72,5 19,5 25,5 mm. 

Minimum 102 64 OR 123302, 

Durchschnitt 105,4 67,6 174 24,6 „ 

2 

Maximum OA I 2 

Minimum 96 7764571621 A 

Durchschnitt 99,4 66,7 16,9 24,1 „ 


88. Anthus pratensis (L.). 
Wintervogel, aber auch in den Talsohlen brütend (Gr.). 


89. Anthus trivialis (L.). 
Nach Grossmann kommt der Baumpieper in der Bocche nur 
im Winter vor, und in der Tat habe auch ich ihn dort weder 
1902 noch 1903 in der Brutzeit beobachtet. Dennoch möchte 
ich sein gelegentliches Brutvorkommen nicht ganz ausschliessen, 
da wir am 13. Mai 1902 auf der süddalmatinischen Insel Curzola 
ein @ erbeuteten. 
90. Anthus campestris (L.). 
Nach Grossmann ist der Brachpieper Brutvogel auf den 
Brachländereien der Täler, aber auch Wintervogel und dann in- 


472 P. Kollibay: 


folge fremden Zuzuges in grösserer Menge. Ich selbst traf den 
Vogel während der Brutzeit sowohl in der Sutorina wie in der 
Zupa an und erbeutete mehrere Exemplare. Diese und die sonst 
aus der Bocche erhaltenen messen: 

3.192 3:503 1.279435, 1002. 78%,. 7. 15,9, 1,6725: 0m 
„ ” 93 2. 77 9) 15,5, „ 26 e) 
„(12.15.1081° S931 , o,\t76h jr „als Bono 
” ” 93 3) 18 3 15,5, „ 25 „ 
8.14. 65102 Z8Blb, hi, GB. „laaı ook 
„21:16... 01.277, 8860,.10 70,1 1 TA DO 
20:16: (0:01,80 er ae 


91. Motacilla alba L. 
Ich entsinne mich nicht, jemals in der Bocche die weisse 
Bachstelze gesehen zu haben. Grossmann bezeichnet sie aber 
als spärlichen Brutvogel, der im Winter nordischen Zuzug erhält. 


92. Motacilla boarula L. 

Nach Grossmann im Winter massenhaft, als Brutvogel ver- 
einzelt. Ich traf ein Paar in dem wilden Felsenbett des von 
Kameno herabkommenden Baches und erhielt später ein $ vom 5. 6. 
1903 und ein @ vom 2.7. 1903, sowie ein unvollständiges Gelege 
(2 Eier) aus dem Juni 1903 von Castelnuovo. 

Masse der Vögel: 

d. 2a. 83, €! 102,:5r. 135, 1. 205mm! 
° „ 82,5, ” 111, „ 12 a) 20 „ 
h 2072195 
Masse der Eier: 75’ 15 
93. Budytes flavus (L.). 

Kommt nur zur Zugzeit vor (Gr.).. Der grosse Vogelzug 
vom 28. April 1902 brachte mir bei Cattaro 2 © ein. (Vgl. 
Ornith. Jahrb. 1903. S. 37.) 


94. Emberiza calandra L. 

Ich habe den Grauammer nur sehr wenig gehört und kein 
einziges Mal geschossen. Grossmann bezeichnet ibn aber als 
häufigen Brutvogel der Talböden, der natürlich auch im Winter 
vorhanden ist. Ich besitze nur ein $ aus dem Herbste und ein 
® kurz vor der Mauser, die also nicht geeignet sind, zu Be- 


Vogelfauna der Boeche di Cattaro. 473 


merkungen Veranlassung zu geben. Sobald ich grösseres Material 
erhalten haben werde, will ich meine Untersuchungen über ‘die 
wirklich sehr interessanten Grauammern auch auf die Dalmatiner 
ausdehnen. 


95. Emberica melanocephala Scop. 


Der Kappenammer ist in den vegetationsreichen niederen 
Lagen der Bocche ein äusserst gemeiner Brutvogel, der durch 
seine Farbenpracht stets den Beobachter erfreut. Er kommt sehr 
spät im Frühjahre an. Voriges Jahr (1902) verliess ich Cattaro 
vor seiner Ankunft, sonst hätte ich den Vogel natürlich ebenso 
häufig gefunden wie Herr Schalow (vgl. Journ. f. Ornith. 1903. S. 139). 

In diesem Jahre (1903) beobachtete ich den Vogel zuerst 
am 11. Mai, an welchem Tage ich in der Sutorina die ersten 
beiden Jg erlegte. Am folgenden Tage trafen wir in der Zupa 
grosse Schwärme, die.nur aus Jg bestanden. Sie liessen sich 
auf Ölbäumen nieder und gewährten in dieser Häufung mit ihrer 
tiefgelben Unterseite ein prächtiges Bild. Schüsse verscheuchten 
sie nur auf kurze Entfernungen, und bald liessen sie sich wieder 
angehen. Überhaupt ist der Kappenammer ein dummdreister 
Vogel, der in keiner Weise auf seine Sicherheit bedacht ist. Sein 
einfaches Liedchen ist gewiss ganz angenehm; wie aber Brusina 
(Ornith. Jahrb. 1901 S. 7) den Vogel einen ausgezeichneten Sänger 
nennen kann, ist mir schlechterdings unverständlich. Der Gesang 
besteht aus einer einzigen Strophe, welche recht ammerartig mit 
zwei misstönenden Silben beginnt und erst zum Schluss einen 
wohllautenden melancholischen Ausklang gewinnt. Wenn ich mich 
bemühte, sie dem Vogel nachzusprechen, so fand ich stets die beste 
Wiedergabe in den freilich nicht besonders geistvollen Worten: 
„tschirktschirk, beste Melodie“. Die Weise selbst lautet: 


Eine solche, immer erst nach längerer Pause wiederholte Strophe 
kann man doch nicht einen ausgezeichneten Gesang nennen! 

. Wegen der Häufigkeit des Vogels in der Bocche habe ich 
sowohl selbst viele Exemplare sammeln können, als auch sind mir 
sonst noch eine grosse Zahl durch die Hände gegangen. Ich 

Journ, f. Orn. LII. Jahrg. Oktober 1904, 32 


474 °P. Kollibay: 


habe 13 Jg und 7 22 gemessen und gebe nachstehend die 
grössten, kleinsten und Durchschnittsmasse: 
3d 2. C: T. in 
Maximum 99 86 15 24 mm. 
Minimum 90 72 13 N 
Durchschnitt 94,2 782 14,2 21,8 „, 


QQ a. C. T, Br 
Maximum 94 77 14,5 22 mm. 
Minimum 85 69 13,5 202 0% 
Durchschnitt 894 73,9 14 21 ,„ 
Auf meiner Excursion von 1902 nach Curzola erlegte ich 
ein melanistisches $, welches ich im Ornith. Jahrb. 1903 S. 35 
beschrieb. Es war mir von Interesse, einen ähnlichen Melanismus 
in der Sammlung des Herrn Rittergutsbesitzers Schneider zu 
Petersdorf bei Liegnitz zu finden. Bei diesem, von Sarepta 
stammenden Vogel sind Kinn und Kehle ganz schwarz, nur einige 
spärliche gelbe Federn sind eingestreut. | 
Zwei Gelege aus der Bocche messen: 
a. 4 Eier vom 24. 6. 1902 aus Cattaro: 
23,5 24 25 D3TE 
Tr, Be 
b. 4 Eier vom 15. 6. 1903 aus Castelnuovo: 
22 22 21,5 22 
ler“ ..1622. 21097. le 


96. Emberiza citrinella L. 


Der Goldammer kommt trotz gegenteiliger Vermutung von 
Tschusi’s in der Bocche nicht vor. Nur in dem Berglande der 
Krivosije hat Grossmann ihn bemerkt und auch da nur im Winter. 
Die Bemerkung Reisers (Ornis balcanica, IV. S. 73), dass E. estri-. 
nella streng Gegenden mit mediterranem Klima meide, ist durch- 
aus zutreffend. 

97. Emberisa cirlus L. 


Der Zaunammer ist in der Bocche di Cattaro überall an 
ihm zusagenden Örtlichkeiten gemein. Solche sind insbesondere 
die immergrünen mediterranen Zwergwälder, aber auch der 
Sträucherwuchs in den Talsohlen und lichtere Waldpartieen. Im 
Gebirge steigt der Vogel bis zu etwa 500 m hinauf, wo er dann 
mit horiulana grenzt, dessen Brutgebiet dort erst beginnt. Ein- 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 475 


mal erlegte ich jedoch ein $ noch oberhalb Kameno, also in etwa 
600 m Höhe. 


Masse: 
g 28. 


03.32 80, 2e2772T: 11,5, t. 19° mm. 
ken 


4 
DE SD N AO a. 
1 9E 5 035 et, A .7E Lis 
BEEINEDR OBEN LO, er dell; le 
 2l0:92.03.12,,, 80, Ua, 12, Su, 
WERE EOSSEN 83 LL, 200 = 
lg 0504.70: „19 
11.02, UNsLE) „ara SIE 
2792.102092. 760. 70,1, de 
Te 0 us eteo, ® a, > unaga, 
ou Aus 7A 5, Gars 
SE 37.035. 75,76, Tan 35 11lir2sa, 20 
TB An lısnl2u. „hlsutan, 
Ein Gelege vom 2. 5. 02. aus Cattaro misst: 
20,509.20:5.0..20:50....00 
io Baus Plane le. ah 168. 


98. Emberiza hortulana L. 


Während bei uns der Gartenammer die fruchtbare Ebene 
bevorzugt, ist er in den Karstländern mehr ein Gebirgsvogel. 
‚Er bevorzugt, wie Reiser (Ornis balcanica IV. S. 72) ganz richtig 
‚bemerkt, die mit Eichengehölz gefüllten Karsttrichter und bu- 
schige Gebirgshänge. Grossmann fand ihn immer nur in höherer 
Gebirgslage brütend, etwa von 500 m an, natürlich nur an Orten 
mit üppiger Vegetation. Das stimmt mit der Angabe L. von 
Führer’s (Ornith. Jahrb. 1900 S. 167), wonach in der subalpinen 
Region E. hortulana an die Stelle von E. melanocephala tritt. — 
In der Bocche überwintert der Gartenammer nicht. 

Masse der gesammelten Vögel: 

& 16. 7. 02. a. 94, 6 74, r. 12, t. 19 mm. 

lo L090 Lan DIRTHL NETT 5,02 

oa ge al, 


99. Emberiza cia L. 

Nur in den höheren trockenen Lagen ist der Zippammer 
'Brutvogel; im Winter aber kommt er in grosser Anzahl bis an’s 
‘Meer herab (Gr.) Ich selbst habe den Vogel nur 1902 bei der 

32%* 


476 P. Kollibay: 


Fahrt nach Cettinje beobachtet; mehrere Paare durchsuchten auf 
der Kunststrasse den Pferdedünger, wie bei uns im Winter der 
Goldammer. 
Masstabelle: 

g 14. 7: 03. a. 84, c. 79, 3.12, t. 19 mm. 

„» 29. 102.02779:186.5,7 03 815,203, 21, „20 

„21. 0: 022.285, "u eh „all, : 204 5 

„12.2 2 01,2,5882, „ 80, als » 2 5 

’ „ „” 80, ” 78, ”„ 11,5, ” 19 „ 

oo. 0503, „19, 11,3, 5, 2BE,, 

Ein hochbebrütetes Gelege (5 Eier) vom. 18. 6. 03. aus 
Castelnuovo misst: 

20,5 20 20 20,5 21 
165° m? 65 Jies, alaze 

Naumann selbst war das Kleid des unvermauserten Nest- 
lings unbekannt; der Bearbeiter des Vogels in der neuen Aus- 
gabe entwirft von ihm eine völlig unzutreffende Beschreibung: 
„Die Nestlinge sind schmutzig-graulichgelb mit zahlreichen, sehr 
deutlichen Flecken auf der Unterseite und einigen auch auf der 
Oberseite.“ — Ich besitze einen am 17. 6. 03. bei Castelnuovo 
neben den Alten erlegten Nestvogel mit Stummelschwänzchen. 
Derselbe ist ober- und unterseits gleichmässig rostrot, durch den 
schwarzen, breiten Schaftfleck jeder Feder dunkel längs gefleckt; 
nur Unterbrust, Bauch und Beinbefiederung sind ungefleckt. Die 
braunschwarzen Schwingen und deren Deckfedern haben helle 
rostgelbe Säume. 


100. Emberiga schoeniclus L. 
Sommervogel in der Zupa und im Winter massenhaft auf- 
tretend (Gr.). 
101. Passer domesticus L.). 


Der Hauptsatz ist in allen Ortschaften der Bocche gemein. 
Dass Passer italiae (Vieill.) auf der ganzen Balkanhalbinsel fehlt, 
und dass frühere entgegengesetzte Angaben auf Irrtum beruhen, 
ist jetzt allgemein anerkannt. — Wie so viele andere Vogelarten 
erscheinen auch die Haussperlinge der Bocche in einem reineren 
Kleide, in leuchtenderen Farben als ihre Vettern weiter im Norden. 
Ich habe aber auch gefunden, dass viel häufiger als bei uns die 
ds den Rücken schön rostgelb gefleckt haben, und ich möchte 
nicht glauben, dass ich gerade nur recht alte Vögel in die Hände 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 477 


bekommen haben sollte. Vielleicht findet sich diese als Alters- 
kennzeichen angesehene Fleckung im Süden schon im zweiten 
Lebensjahre ein. Ein $ vom 18. Mai 1903 zeichnet sich noch 
‚weiter aus: das Kropfschild entsendet schwarze Ausläufer in die 
Federn der Oberbrust, sodass man an P. hispaniolensis Temm. 
erinnert wird. Andrerseits fehlt auch nicht der Anklang an P. 
italiae, indem das satte Kastanienbraun der Kopfseiten im Nacken 
und am Hinterkopfe nahezu zusammentritt. Die Aufhebung der 
Federn des schmalen grauen Mittelstreifens ergibt, dass diese 
Federn an der Basis kastanienbraun sind und nur graue Spitzen 
haben. Bei diesem Exemplare haben die im allgemeinen mehr 
bräunlichen als grauen oberen Schwanzdecken ausgesprochen 
kastanienbraune Mittelflecke. 


Masse: 
8:0372.3:08. U.079, 2% 6263, r. 14, t.-20,5 mm. 
er 22510394, „ 61, a 0) " 
3018.29 03.404, 7.0,93385,5625,22,,312,5,50 5,5719 I 


„ 76, ”„ 62, 2] 12,5, ” 19,9 „ 


„ 
319213:203 20278, „ 61, „ 11,5,7,.19 > 
„ 23. 5. 03. ,„ 76, „ 60, „ 12,5, „195 » 
08.72.03: 10,708, „ 60, „ 14, „ 20 „ 
2 9350. „5,5 61, „1, 195 „ 
„ 14.5. 03. „ 75, „ 60, als, a a) 


102. Passer montanus (L.). 
Ich habe den Feldsperling nie bemerkt. Auch Grossmann 
kann sich nicht entsinnen, ihn je während der Brutzeit gesehen 
zu haben, während er. im Winter vorkommt. 


103. Coccothraustes coccothraustes (L.). 

Obwohl nach Grossmann ziemlich häufiger Brutvogel, wurde 
der Kernbeisser doch von mir nicht beobachtet. Nach dem Ge- 
nannten überwintert der Vogel in der Bocche und erhält dann 
Zuzug aus dem Norden. 

Ich besitze ein d vom 14. 4. 03 aus Castelnuovo, welches 
folgende Masse zeigt: 
4 104 0 63, .r 20,5, t. 20,5 mm. 


104. Fringilla. coelebs (L.). 
Der Buchfink ist nach meiner, mit den Angaben Grossmanns 
übereinstimmenden Wahrnehmung ein häufiger Brutvogel in den 


478 P. Kollibay: 


Laubwäldern der Bocche. Auch die Agramer Sammler beob- 
achteten mehrere Stücke in einem Eichenbestande am Berge 
Vrmac bei Cattaro (cf. Brusina, a. a. O. S. 6). Ich besitze nur 
ein & vom 17. 6. 03 aus Castelnuovo, welches, mit schlesischen 
Stücken verglichen, auf der Unterseite auffallend hell ist. 
Es misst: 
2.:89, 2C: 67, r. 14, t.!18 mm. 


105. Fringilla montifringilla L. 
Im Winter massenhaft (Gr.). 


106. Chloris chloris (L.). 


In der Bocche ist der Grünling ein sehr gemeiner Brutvogel; 
am 1. Mai 1902 erhielt ich in Dobrota ein Nest mit 4 stark be- 
brüteten Eiern. Im Winter tritt der Vogel nach Grossmann 
massenhaft auf. — Leider habe ich auch bei dieser Art das 
Sammeln grösserer Mengen verabsäumt; denn der Vergleich 
meiner 3 Dalmatiner mit tunesischen Stücken einerseits und 
schlesischen andrerseits ist nicht ohne Interesse. Zunächst möchte 
ich bemerken, dass nach dem reichen nordafrikanischen Material 
an Brutvögeln, welches ich durchsehen konnte, mir die Berechtigung 
der Subspecies aurantiiventris Cab. nicht zweifelhaft erscheint. 
Wenn König (Journ. für Ornith. 1896 S. 129) mehr zur Ver- 
einigung der nördlichen mit den südlichen Grünfinken neigt, so 
legt er, soweit ich erkennen kann, das Hauptgewicht auf die In- 
tensität der Farben, also auf den lebhafteren oder matteren 
Farbenton. Mir scheint es aber, als sei bei den südlichen Vögeln 
die Farbenverteilung eine andere, indem z. B. an der Kehle 
und über den Augen das Grün durch Gelb ersetzt wird. Neben- 
her läuft auch noch die grössere Lebhaftigkeit der gleichgefärbten 
Partien, insbesondere der unteren Schwanzdecken und des gelben 
Teiles der Schwanzfedern. Sehr konstant scheint mir der Grössen- 
unterschied zu sein; tunesische Vögel (33) haben höchstens 80 mm, 
schlesische 84—88 mm Flügellänge. Wie bei ZLunius senator 
rutilans (Tem.), so ist auch bei dem nordafrikanischen Grünfink 
der Unterschied der Weibchen von denen der nördlichen Form 
ein ganz besonders auffallender. Schon Erlanger hebt dies hervor, 
sagt aber nur (Journ. für Ornith. 1899 S. 469), dass die Weibchen 
sich durch den grüngelben Anflug am Bauch von ihren nordischen 
Verwandten unterscheiden. Ich besitze jedoch einen Vogel vom 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 479 


10. 6. 1903 aus Tunis, welchen der Sammler richtig als © be- 
zeichnet hat, der aber so lebhaft gefärbt ist, dass man ihn für 
ein mattes $ halten müsste, wenn nicht das nur auf die äusseren 
Flügelsäume der Primarien beschränkte Gelb bewiese, dass uns 
in der Tat ein © vorliegt. Leider habe ich weitere Q@ aus Nord- 
afrika nicht und kann nicht beurteilen, ob mein Vogel den Typus 
der dortigen @% darstellt, oder aber, was ja auch nicht ausser 
Betracht zu lassen, Hahnenfedrigkeit darstellt. Die ganze Unter- 
seite ist graugrün, am Bauche gelber werdend, auch die Oberseite 
ist nicht grau, sondern grüngrau, der Bürzel ziemlich lebhaft 
gelbgrün; sogar die gelbe Schwanzzeichnung der männlichen 
Vögel ist in einem sehr deutlichen gelbgrünen Anfluge vorhanden. 
Meine 3 Grünfinken aus der Bocche stehen nun zwischen 
Chloris chloris chloris (L.) — sit venia verboe — und Ohloris 
chloris aurantiiventris (Cab.) mitten inne. In der Grösse und 
Gesamtfärbung entsprechen sie dem ersteren, in der Lebhaftigkeit 
der Farben, namentlich auf den Unterschwanzdecken und dem 
Schwanze, dem letzteren, insbesondere ist das © sehr hell, mit 
vielen blassgelben Federn am Bauche, einem grünlichen Schimmer 
auf dem Rücken und einem schwachen grünen Anfluge auf den 
unteren zwei Dritteln der Schwanzfedern. — Für Griechenland 
hat schon von der Mühle (Beiträge zur Ornithologie Griechen- 
lands, S. 47) hervorgehoben, dass der Vogel dort „eine viel leb- 
haftere, intensivere Färbung erhalte, als in Deutschland“. 
Masse: 
24. 5. 02. da. 85, c. 63, r. 13, t. 16 mm. 
Eralı 03.0414, 8969,21: (068, ars alois, 
DIE FNOIE O8, BA, ler 


107. Acanthis cannabina mediterranea Tschusi. 


Der Rothänfling ist ein gemeiner Brutvogel der Bocche, der 
nach Grossmann auch in den höheren Lagen brütet. Ich fand 
ihn besonders zahlreich in den Wein- und Maisfeldern der Sutorina, 
wenn er auch sonst überall zu bemerken war. Mir erschienen 
die Hänflinge als auffallend scheue Vögel, die meist hoch in der 
Luft mit lautem Locken umherzogen und eine schussgerechte 
Annäherung schwer aushielten. Es waren ihrer gewöhnlich mehrere 
zusammen, offenbar die Männchen verschiedener brütender 
Weibchen, was dann auch am 9. 5. 1903 die Erlegung mehrerer 
gg aus einem Schwarm bestätigte, 


480 P. Kollibay: 


Brusina (a. a. ©. 8.7) sagt: „Ich kann nicht umhin zu be- 
merken, dass die Bluthänflinge, welche ich seit jeher aus Dalmatien 
bekommen und nunmehr auch aus der Bocche di Cattaro und 
Montenegro erhalten habe, sowohl wegen der Grösse, als der 
Färbung von den Exemplaren aus Kroatien immer leicht zu 
unterscheiden sind. Vielleicht stimmt die Form mit der Canna- 
bina minor Brehm (Der vollständige Vogelfang. Weimar 1855 
S. 106), welche man als Varietät unterscheiden könnte.“ 

Letzteres ist nun freilich nicht der Fall, da der Cannabina 
minor Brehm ein Typus von ‚Renthendorf zu Grunde liegt (vgl. 
Hartert, Die Vögel der paläarktischen Fauna S. 73). Dagegen 
hat Tschusi die Hänflinge von Cattaro neuerdings als Cannabina 
cannabina mediterranea beschrieben (Ornith. Jahrbuch 1903 S.139). 
Er findet die Dalmatiner durchschnittlich kleiner, ihr Braun auf 
der Oberseite dunkler, und sagt ferner, dass die Form sich „durch 
das die ganzen Seiten überziehende Gelblichbraun, welches nur 
in der Mitte einem getrübten Weiss Raum gewährt, kenntlich 
macht.“ Secundär hebt er noch das lebhafte Rot bei alten aus- 
gefärbten $S und die Breite des Unterschnabel bei manchen 
Exemplaren hervor; Flügelläinge 77—79 mm. Eine Beschreibung 
des Weibchens ist nicht gegeben. 

Meine eigenen Untersuchungen erstreckten sich auf 6 Vögel 
aus Süddalmatien sowie einige aus Griechenland und Südspanien 
einerseits und auf eine grössere Reihe der typischen Form aus 
Deutschland, Holland, Rumänien und Siebenbürgen, andrerseits 
endlich der Form nana (Tschusi) aus Tenerife und Tunis und der 
Form fringillirostris (Bp.u.Schl.) aus dem Kaukasus. Scheidet man 
die beiden letztgenannten aus als offenbar durch erheblich geringere 
bezw. bedeutendere Grössenverhältnisse von den central- und 
südeuropäischen Hänflingen sich abhebend, und vergleicht man 
nur die letzteren miteinander, so findet sich zunächst ebenfalls 
ein Unterschied in den Massen, indem der Durchschnitt der 
Flügelmasse centraleuropäischer Hänflinge sich auf 79,3 mm, der- 
jenige südeuropäischer auf 76,7 mm stellt. Indessen die Grenzen 
gehen zu sehr in einander über, als dass sich auf die Grössen- 
masse allein eine Bestimmung gründen liesse, wie denn auch 
Tschusi selbst nur angibt, dass mediterranea „die kleinen Masse 
der cannabina nicht überschreite.“ 

Was die Unterseite der Vögel anlangt, so vermag ich einen 
Unterschied weder in dem Grade, noch in der Ausdehnung des 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 481 


Gelbbraun zu entdecken. Hierin findet sich bei allen unter- 
suchten Stücken keine Beständigkeit. Ein Vogel vom 11. 7. 00. 
aus Hessen ist z. B. an den Flanken sehr dunkel gelbbraun und 
nur in einem schmalen Mittelstreifen gelbweiss! 

Dagegen bietet die Färbung der Oberseite einen stichhaltigen 
Unterschied. Wenn ich die dgZ nebeneinander auf die Bauchseite 
lege, so sind die südlichen auf den ersten Blick von den nörd- 
lichen zu unterscheiden. Aber ich kann von Tschusi darin nicht 
beistimmen, dass die Dalmatiner (bezw. Südeuropäer) sich durch 
ein dunkleres Braun auszeichnen. Der Unterschied liegt nach 
meiner Auffassung überhaupt nicht in der grösseren oder gerin- 
seren Intensität einer und derselben Farbe, sondern in der Ver- 
schiedenheit der Farbenmischung: bei den nördlichen Vögeln 
(A. canmnabina cannabina) enthält das Braun mehr Schwarz 
oder Grau, bei den ‚südlichen (A. cannabina mediterranea) 
mehr Gelb! 


Was die von Tschusi hervorgehobenen secundären Subspe- 
ciescharactere der Form mediterranea anlangt, so werden sie 
durch mein Material nicht bestätigt. Auch bei nördlichen Vögeln 
findet sich das prachtvollste Karminrot, und die Schnäbel, sämtlich 
mit dem Eiermasse gemessen, schwanken bei nördlichen wie bei 
südlichen Vögeln in der Dicke zwischen 5,5 und 7 mm. 

Immerhin genügt die Färbung der Oberseite der subspeci- 
fischen Sonderung der mediterranen Vögel, zu welchen ausser den 
dalmatinischen, griechischen und südspanischen auch die von mir 
nicht untersuchten italienischen gehören dürften. (Diese Annahme 
finde ich nachträglich in Harterts „Die Vögel der paläarktischen 
Fauna“ bestätigt). | 

Ich besitze ein schönes Gelege von mediterranea vom 17. 
Juni 1903 aus Castelnuovo. Die 5 Eier messen: 

17 18 17 18,5 17 
OB ER een a RereR E 

Die Eierchen sind auf zart grünweissem Grunde mit zahl- 
reichen blass-violetten und sparsamen dunkelbraunen Punkten 
und Fleckchen gezeichnet. Diese Zeichnung findet sich bei 4- 
Eiern am dichtesten auf der stumpfen Hälfte, wo sie sich gegen 
den Pol hin zu einem losen Kranze zusammenschliesst; bei dem 
fünften Ei ist das Verhältnis us ei der Kranz um das 
spitze Ende ist sehr deutlich. 


432 P. Kollibay: 


108. Ohrysomitris spinus (L.) 
Kommt nur im Winter vor (Gr.) 


109. Carduelis carduelis (L.) 


Ich fand den Stieglitz bei Castelnuovo sehr häufig, sowohl 
in der Niederung der Sutorina, als in den üppigen Laubwäldern 
der Sawina. Meist sah man die Vögel einzeln oder paarweise; 
einmal, am 20. Mai 1903, beobachtete ich aber an den Felshängen 
der Sutorina einen aus mindestens 30 Stück bestehenden Schwarm, 
welcher am Boden zwischen dem Felsgeröll eifrig Nahrung suchte. 
Es waren wohl nur gg, die sich zusammengeschlagen hatten, 
während die 92 dem Brutgeschäft oblagen. Dieser Schwarm 
war so scheu, dass ich keinen der Vögel erlegen konnte. — 

Zur Untersuchung lagen mir ausser 15 Süddalmatinern eine 
Menge Vögel aus Deutschland, Südspanien, Tunis, den Kanaren 
und dem Kaukasus vor, keine jedoch aus Grossbritannien und 
Sardinien. Ich gebe zunächst die Masse der Bocche-Vögel: 

2 c. 60, 1% 8 t. 14 mm. 


[6) „ ” 78, ” 57,5, „ 15, ” 15 ” 
Q „ ” 75, ” 57, „ 12,5, 2] 15 „ 
6) „ „ 76, ” 57,5, ” 13, £2) 15 2) 
or 62.1120220,,,55 „ 60, „413 „ 14,5 „ 
es ME N len „ 52, „12,5, 5.157, 
g 15. 6. 03. „8l, > &llo „13 „190 
&16.2206.2032 DK, a „12,5, 3, lo, 
g 15. 5. 05. „8l, „» 60, „14, ln 
8, 19.6.0352 0,0.00, „ 54, „la, lose, 
g 16. 6. 03.580, » 959,0 n.13, 9,0 0,1000, 
2 ,922757 052 5,219,9,0,,50, eh „ala, 
6) „ „1, „56, „1, „1 „ 
6) ”„ ” 77, 9 ? „ 12,5, „ 14 „ 


& 14213203 dA Dee el: ld 

Nach diesen genauen Messungen schwanken die süddalma- 
tinischen Stieglitze in den Grössenmassen in gleicher Weise, wie 
solche aus anderen Teilen Europas. Der Osten bringt bekanntlich 
eine constant grössere Form hervor, Carduelis carduelis maior 
(Tacz.) — nicht, wie Koenig im Journ. für Ornith. 1890 S. 270 
meinte, orientalis (Eversm.), welche vielmehr synonym mit canı- 
ceps (Vig.) oder eine Subspecies letzterer ist. (Unter den Vögeln 
des Berliner Museums musste mich ein Stück vom 26. 11. 1901 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 483 


aus Schlesien, welches als maior (Tacz.) etikettirt war, be- 
sonders interessieren, da diese Form für Schlesien noch nie nach- 
gewiesen ist. Die Einzelmasse ergeben aber, dass es sich um 
ein, nur in der Präparation etwas gross geratenes Stück der ty- 
pischen Form handelt.) — Der äusserste Westen, (Madeira, die 
Azoren und Canaren) bringen wieder eine besonders kleine Form 
hervor, ©. c. parva (Tschusi). Etwas grösser als diese, aber 
kleiner als der mitteleuropäische Vogel ergaben sich bei meinen 
Vergleichungen die Vögel aus Tunis, auch in der Färbung ein 
wenig abweichend, sodass ich mir notierte: „Benannt ist diese Form 
noch nicht. Denn Carduelis meridionalis Brehm ist nomen nudum, 
und Card. parva Tschusi (Ornith. Monatsberichte 1901 S. 131) 
bezieht sich auf die zwerghaften Madeira-Stieglitze, welche mit 
den tunesischen nicht vermengt werden dürfen.‘ Übereinstimmend 
mit dieser Ansicht hat inzwischen Hartert (a. a. O. S. 69) die 
Stieglitze aus Nordafrika Acanthis carduelis africanus benannt. 

Über die Subspezies-Zugehörigkeit der Süddalmatiner will 
ich mich nicht äussern, ehe ich die von Arrigoni als (©. c. Zschusiv 
abgezweigte Form von Sardinien kennen gelernt habe. Ich kann 
zur Zeit nur soviel sagen, dass die Bocche-Vögel eine viel leb- 
haftere Farbenpracht aufweisen als Deutsche, eine Erscheinung, 
die aber auch bei anderen Arten jener Gegend zu beobachten 
ist. — Ein $ vom 4. 11. 02. aus Castelnuovo zeigt an den Seiten 
des Kinns je einige weisse Federn in dem Rot (vgl. Madaras’z 
Carduelis albigularis). 

Ein stark bebrütetes Gelege vom 22. Mai 1903 von 
ursprünglich 5 Stück weisst folgende Masse auf: 

15,5 16,5 16 15,5 
1215 2137 nTae 019,57 


110. Serinus serinus (L.) 
Von diesem Vogel gilt dasselbe wie von FPasser mon- 
tanus (L.)!) 
111. Pyrrhula pyrrhula pyrrhula (L.) und 
112. Pyrrhula pyrrhula europaea (Vieill.) 
Beide Formen kommen nach Grossmann im Winter vor. — 
Auch eine bloss subspecifische Scheidung der europäischen Gimpel 
1) Der Grund, aus welchem Reichenow (Kennzeichen der Vögel 


Deutschlands S. 101) beim Girlitz den Doppelnamen vermeidet und ihn 
Serinus hortulanus Koch nennt, ist mir unbekannt. 


484 P. Kollibay: 


dünkt mich sehr problematisch. Ich besitze 10 Jg aus Schlesien 
(Wintervögel), von allen Nuancen des Rot und von folgenden 
Flügellängen: 865, 910, 910, 915, 920, 930, 930, 940 und 965 mm. 
Cassini’sche Streifen haben angedeutet 2 Stücke von 910 und 930 
mm, deutlich ausgesprochen ein Stück von 920 mm und am aller- 
deutlichsten das kleinste Stück von 865 mm. Dieses, durch den 
roten Anflug der Schultern und Rückenfedern als sehr alt und 
daher ausgewachsen nachgewiesene g, dessen Unterseite recht 
licht ist, gehört also der Flügellänge nach zu P. p. europaea, 
und der Färbung nach zu P. p. pyrrhula! 


113. Sturnus vulgaris L. 


Zu allen Jahreszeiten ausser der Brutzeit (Gr.) Dem ent- 
sprechend kam mir nie ein Star zu Gesicht. 


114. Pastor roseus (L.) 


Erscheint, wenn auch nicht jedes Jahr, gegen Mitte Mai in 
grösseren Schwärmen, die sich verteilen und bis Ende Mai in den 
ebenen Gegenden verweilen. (Gr.) 


115. Oriolus oriolus (L.) 


Der Pirol ist Brut- und Durchzugsvogel in der Bocche. Ich 
selbst hörte ihn verhältnismässig selten. Als Gegenstück zu dem 
von mir im Ornith. Jahrb. 1903 S. 33 beschriebenen Z von her- 
vorragender Farbenpracht, kam ich bei der letzten Excursion in 
den Besitz eines ©: von solcher Intensität der Farben, wie weder 
Grossmann noch ich sie bisher gesehen hatten. Der Vogel ent- 
spricht der von Naumann gegebenen Beschreibung eines sehr 
alten ©. 

Masse: 8 24. 4. 02. a. 156, c. 94, r. 23,5, t. 20,5. mm 
882520320 0,.1510..,,.915 „26,5, » 20 » 
0222.752.037 9 148,27230, » 25, » 20 » 


116. Corvus corax L. 


Der Kolkrabe der Bocche, welcher wohl noch einer genaueren 
Untersuchung bedarf, ist daselbst ein häufiger Brutvogel. Sein 
Revier sind nach Grossmann die höheren und höchsten Gebirgs- 
lagen; doch unternimmt er täglich Streifzüge nach dem: Meeres- 
strande herab, um dort seiner Nahrung nachzugehen, und stellt 
sich insbesondere zur Zeit der Feigenreife in. den Gärten ein, um 


Vogelfauna der Boeche di Öattaro. 485 


sich an der leckeren Kost gütlich zu tun. Die Agramer Sammler 
haben nach Brusina (a. a. O. S. 4), mehrere Exemplare in der 
‚Nähe des Berges Srmac beobachtet. Ich selbst sah und hörte 
bei meinen Excursionen die Raben häufig, insbesondere in der 
Sawina-Schlucht bei Castelnuovo, doch waren sie stets uner- 
reichbar. Am 12. Mai 1903 kam ich an der Insel Prevlaka vom 
Boote aus zwei mal zum Schuss auf Raben, welche am Ufer 
Nahrung suchten. Leider unterschätzte ich über den Meeres- 
spiegel die Entfernung, sodass die Vögel, welche nach dem recht 
deutlich braunen Gefieder Junge waren, unbeschädigt entkamen. 
Masse: 

& 25. 11. 01. long! 569, va. 421, %°e..239, T.- 76, t. 68 mm. 
g 15. 12. 01.  3:900095, A2Ay »1245,5159175,5, A a8 
Q ” £)) 550, „ 425, ” 246, ” 77,5, „ 70 „ 


117. Corvus cornix L. 


Ich habe die Nebelkrähe weder 1902 noch 1903 jemals be- 
merkt. Nach Grossmann ist sie aber zu jeder Jahreszeit zu 
sehen, am häufigsten im Winter. Das Brüten ist noch nicht 
festgestellt. 

118. Corvus frugilegus L. 


Zeigt sich im Winter, aber nicht regelmässig, an der See. 


119. Oolaeus monedula (L.) 


Die von mir nicht beobachtete Dohle kommt nach Gross- 
mann, wenn auch selten, doch als Brutvogel vor. Ich werde 
Exemplare zu erlangen suchen, um die Beziehungen der Süddal- 
matiner zu collaris (Drum.) zu untersuchen. 


120. Pica pica (L.) 


Die in der Herzegowina so überaus gemeine Elster ist in 
der Bocche so selten, dass ich sie nicht ein einziges Mal zu 
- Gesichte bekam. Grossmann bezeichnet sie ebenfalls als selten, 
nimmt aber wegen des Vorkommens im Sommer BeISDenIL.DS 
Brüten an. 


121. Garrulus glandarius (L.) 


Grossmann hatte den Eichelheher noch nie beobachtet. Anı 
21. Mai 1903 befanden wir uns an der nach der Krivosije 


486 P. Kollibay: 


führenden Militärstrasse oberhalb Kameno bei Castelnuovo (ca. 
600 m), als über niederes Buchengehölz ein Paar Eichelheher an 
uns vorüberzogen. Der eine hakte auf und liess Grossmann so 
nahe heran, wie dies bei uns kein Heher tun würde, sodass er 
bequem mit No. 18 heruntergeschossen werden konnte. Er fiel 
mir durch das viele Schwarz am Kopfe sofort auf. Später bekam 
ich noch ein am 22. September 1903 bei Castelnuovo erlegtes ä 
im frischen Herbstgefieder, das ebenfalls sehr viel Schwarz zeigt. 


Masse: 9 21. 5. 03. a. 180, c. 152, r. 31,5, t. 40 mm. 
3.22.2903. 5, 182, 0,52102,0 057315 „Ay 


” 


122. Pyrrhocorax pyrrhocorax (L.) 

Die Alpendohle ist im Karst gemeiner Brutvogel. Zur Zeit 
der Kirschen- und Maulbeerreife koınmen ganze Schwärme an’s 
Meeresgestade. So konnten die Agramer Sammler sogar auf dem 
Exercierplatze in Cattaro einige Stück von Maulbeerbäumen her- 
unterschiessen. (Brusina a. a. O. S. 5). 


Masse: J 16. 2. 03. a. 265, c. 183, r. 27, t. 45 mm. 
2 „ „ 252, „ 185, „ 28, „ 45 ”„ 
J „ „280, „185, „30, „45,5 „ 
6 12.1220 75,725850:,,0189, 2 0,0 I ger 
& 15. 1100125, 270,72 ,,.185, 22,92, 2 AA 
& 1000.2.03: s2uaı 0, 183,0 0, 30,2. 08286 
07282.1..03: 299,03, ll, 22,30 Aus 
Ausserdem erhielt ich einige Junge im bräunlichen Gefieder 
mit braunen Füssen. 


123. Lanius minor Gm. 


Den schwarzstirnigen Würger hat Grossmann bisher nur im 
Herbst und Winter gesehen. Da ich jedoch voriges Jahr auf 
Curzola ein @ während der Brutzeit schoss, rechne ich darauf, 
dass der Vogel auch für die Bocche noch als Brutvogel aufge- 
funden werden wird. 


124. Lanius excubitor L. 
Auch den grossen Raubwürger hat Grossmann nur im 
Herbst und Winter beobachtet. 
125. Lanius collurio L. 


Auf den Brachen der Talsohlen, in den Gebüschen der 
Flussläufe, im mediterranen Buschwalde, im üppigen Laubwalde 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 487 


an dessen lichteren Partieen, in den Wein- und Maisfeldern am 
Rande karstiger Gehänge, kurz nahezu überall ist der Neuntöter 
als gemeiner Brutvogel zu Hause. Erlegte Exemplare zeigten 
keine Verschiedenheit von den unsrigen, sodass nur 3 Stücke 
präpariertt wurden. Das g hat einen deutlichen, durch die 
weissen Basalteile der 4.—6. Schwinge gebildeten Spiegel. 
Masse: Z 14. 5. 03. a. 94, c. 83, r. 15, t. 23 mm. 
SEIEN RSS EL „ua tle,,:l3,, 15020 
221.87 5.103:.8.95,589.0,0105 11 ),,:14549 5,022 


Ein Gelege vom 16. 6. 1902 misst: 
22,5 22,5 22,5 23 
sage Sayar“ 


”„ 


”» 


126. Lanius senaior senator (L.) und 
127. Lanius senator rutilans (Tem.) 


Von Rotkopfwürgern habe ich ein grosses Material aus allen 
Teilen des Verbreitungsgebietes und aus den Winterquartieren 
untersucht. Ich bin dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass die 
südliche Form zweifellos berechtigt ist. Allerdings sind weder die 
Flügellänge, noch die Intensität des Rots der Kopfplatte, noch 
die Farbe des Rückens entscheidend, da insofern die nördlichen 
wie die südlichen Vögel gleichmässig variieren, ebenso ist auch 
der gelbliche Anflug des Bürzels (vgl. von Erlanger im Journ. f. 
Ornith. 1899 S. 502) irrelevant, weil auch nordafrikanische Vögel 
aus der Brutzeit eines solchen zuweilen entbehren. Ausschlag- 
gebend aber ist stets die bräunlichgelbliche Farbe der Unterseite, 
insbesondere an den Flanken. Diese kommt nur den südlichen 
Brutvögeln zu, nördliche weisen höchstens bei ganz alten Stücken 
eine leichte Spur jener Farbe an den Tragfedern auf. 

Durch Koenig und von Erlanger wissen wir nun, dass in 
Algier und Tunis neben der gelbbäuchigen auch die weissbäuchige 
Form vorkommt. Letztere wird aber nur im Frühjahre ange- 
troffen, ist während der Brutzeit nicht mehr wahrzunehmen und 
muss daher als Durchzugsvogel angesprochen werden. In einem 
Falle fand Koenig für diese Annahme die Bestätigung auch in 
der ausnahmsweisen Scheuheit des betreffenden Vogels (Journ. 
f. Ornith. 1888 S. 181). 

Dieselben Feststellungen, wie sie für Nordafrika getroffen 
worden, konnte ich meinerseits auch für Süddalmatien machen. 


488 P. Kollibay: 


Ein am 25. April 1903 bei Castelnuovo erlegtes d, (nebenbei: mit 
dunkelrotbrauner Kopfplatte und tiefschwarzem Rücken, also 
wohl sehr alt), zeigt die ganze Unterseite rein weiss, nur bei 
genauester Aufmerksamkeit lässt sich an den Tragfedern ein 
gelblicher Schimmer erkennen. Diesen Vogel darf ich wohl als 
Zugvogel ansprechen, da nach den Jahresberichten des früheren 
Ausschusses für Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands 
die Zugzeit für Deutschland bis in das erste Drittel des Mai 
reicht. (In Brehm’s Tierleben, 3. Aufl. Bd. IV. S. 495 ist sogar 
zu lesen: „Er kommt bei uns kaum vor Mitte Mai an“, was 
allerdings unzutreffend ist.) Alle später in der Bocche erlegten 
Vögel haben die weisse Unterseite gelblich überlaufen und die 
Flanken ausgesprochen rostgelb. Immerhin sind die süddalma- 
tinischen Rotkopfwürger noch etwas heller als die nordafrikani- 
schen. Ein Stück vom 19. April 1894 ohne Geschlechtsangabe 
aus Attica steht den letzteren noch näher. 

Nach alledem meine ich, dass in der Bocche di Cattaro 
Lanius senator senator (L.) als Durchzugsvogel, Zanius senator 
rutilans (Tem.) aber als Brutvogel vorkommt. Letzterer. tritt 
nach Grossmann besonders in den Ebenen mit schütterem Baum- 
bestande (z. B. Sutorina, Zupa) auf, ist aber keinesfalls sehr 
häufig. Den Agramer Sammlern kam nur ein Exemplar am 17. 
Mai 1890 bei Dobrota unweit Cattaro zu Gesicht (Brusina a. a. O. 
S. 17). Während meines letzten Aufenthaltes gelangte er auch 
nur zweimal zur Erlegung, indem ich ein d am 18. Mai 1903 in 
der waldigen Sawina-Schlucht und Grossmann ein solches in 
einem Olivenbestande in der Zupa erbeutete. Ausserdem besitze 
ich noch 3 junge Vögel in verschiedenem Entwickelungsstadium 
des ersten Gefieders. Das grössere, am 22. August 1901 bei 
Cattaro erlegt, entspricht genau der von Naumann gegebenen 
Beschreibung (Neue Ausgabe Bd. IV. S. 140). Die beiden kleineren 
Vögel, erlegt am 27. Juni 1901 bei Cattaro und am 15. Juli 1903 
bei Castelnuovo, weichen von dem ersteren insofern ab, als der 
Rücken nicht fast einfarbig schwärzlich graubraun und der Bürzel 
nicht einfarbig rostgelb ist, sondern die gesamte Oberseite eine 
gleichmässige Wellenzeichnung aufweist, bewirkt durch die sub- 
terminale schwarzbraune Binde auf dem rostgelblichen Grunde 
jeder einzelnen Feder. Da bekanntlich eine Verwechselung mit 
den rotbraunen Nestjungen von Lanius collurio L. ausgeschlossen 
ist, da ferner auch an einen mehrmaligen Federwechsel im 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 489 


Jugendkleide wohl nicht zu denken ist, so scheint mir, dass die 
gewellten Federn sich im Laufe der Entwickelung in einfarbig 
schwärzlichgraubraune umfärben. Ein weiterer Unterschied der 
beiden jüngeren Vögel von den älteren besteht ferner in dem 
Fehlen des gelblichweissen Spiegels auf den Primarien, deren 
Basalteile bei ersteren allerdings noch in den Kielen stecken. 

Masse alter Vögel von rutilans: !) 

g 19. 5. 03. a98 c.181,5," r. 14 dt. 28,5 mm. 

841823403) 1 97,554 „raksilgula,s an, 

Zum Vergleiche führe ich die Masse einiger typischer Rot- 
kopfwürger und diejenigen einer Reihe von rutilans aus anderen 
Gegenden an: 

a. Lan. senator senator. 
an Bocche” 95.74. 03. a. 97, «e. 805, r. 14, t. 22”mm. 
g Schlesien 27. 4. 98. ,„ 100, „ 84, A MD Ar 
? Mark ? 1.100, ..,.88, u 1,2 2er 
b. Lan. senator rutilans. 


:? Attica 19. 4. 99. a. 99,5, c. 84, r. 15,5, t. 25, mm. 
© Z0nr20l371325, 025,985, 84, ,,.15, 21 2D, 70 
oo Tunis, : 2324.03, „95, BE 1 9 „228,9 
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[6) eh} eh] ” 97, 99 86, 9% 14, ) 23, 39 
? Mangu ? 00 Da 93,2. 1D, 223, ae 
? Senegal 25. 12. 96. , 90, EBD UN TAN I EDMIRRAT 


Der Vogel vom Senegal ist auffällig durch das geringere 
Flügelmass und viel Weiss an der Stirn. Dieser Vogel, dessen 
Bestimmzettel den Vermerk trägt: „de passage regulier“, und 
der Vogel von Mangu tragen das Winterkleid und gewähren mit 


1) Ein nachträglich erhaltenes $ vom 7. 5. 04 aus Castelnuovo 
mit rostgelber Unterseite (rutilans) misst entsprechend 95, 81, 14,5 
und 23 mm. 
Journ, f, Orn, LII, Jahrg. Oktober 1904. 33 


490 P. Kollibay: 


den breiten rostroten Säumen der Rückenfedern und der noch 
breiteren weisslichen bis rostgelblichen Einfassung der Secundär- 
schwingen und der Flügeldecken einen noch angenehmeren An- 
blick als der Sommervogel. Nirgends in der mir zugänglichen 
Literatur habe ich die Beschreibung solchen frisch vermauserten 
Federkleides gefunden. 


128. Muscicapa grisola L. 

Der graue Fliegenschnäpper ist in der Bocche, abgesehen 
vom kahlen Felsgebirge überall ein sehr gemeiner Brutvogel. 
Masse von 2 Exemplaren: 

& 1.5.02. 22.935 ec. 10:7. 225.214 5amInr 
416.5.03.- .871.0,,.,65: Vale ame 

Die erheblichen Massdifferenzen von Flügel und Schwanz 

ergaben sich trotz wiederholter sorgfältigster Messungen. 


129. Muscicapa collaris Bchst. 


Ist als Brutvogel bis jetzt nicht festgestellt, zieht aber in 
Mengen durch, sodass man die herrlichen Prachtkleider des ganz 
alten Z sich nach Belieben aussuchen kann. Grossmann machte 
die Beobachtung, dass die Geschlechter getrennt ziehen. 


130. Musecicapa atricapilla L. 


Bezüglich der Brut- und Zugverhältnisse gilt das bei collaris 
Gesagte. Doch fand ich bei dieser Art 1902 im Zuge beide Ge- 
schlechter vertreten. Ein interessantes Übergangskleid beschrieb 
ich im Ornith. Jahrb. 1903 S. 31. 


131. Muscicapa parva Bchst. 


Von Grossmann nur einmal, im Oktober 1900, beobachtet 


und erlegt. 
132. Delichon urbica (L.). 


Häufiger Brutvogel in den Ortschaften. 


133. Hirundo rustica (L.). 
Auch die Rauchschwalbe ist sehr gemein. In Kameno 
nistete ein Paar nach Art der urbica aussen an der Hauswand. 
134. Riparia riparia (L.). | 
Kommt nach Grossmann nur zur Zugzeit vor. Ich besitze 
ein Stück vom 28. 4. 1902 aus Cattaro. 


Vogelfauna der Bocche die Cattaro. 491 


135. Olivicola rupestris (Scop.). 

Nach Brusina (Ornith. Jahrb. 1891 S. 17) fanden die Agramer 
Sammler die Felsenschwalbe am 28. Juni 1890 zahlreich auf der 
am Eingange in die Bocche liegenden Insel Rondoni und den 
nahe liegenden Seefelsen. Erlegt wurde kein Exemplar! Ich 
halte eine Verwechselung mit Apus apus oder gar A. melba 
nicht für ausgeschlossen, da die Insel Rondoni, wenigstens soweit 
ich im Vorbeifahren sehen konnte, gänzlich von dem Festungs- 
gemäuer des Forts Mamula eingenommen wird, also für rupestris 
keine Brutplätze bietet. Ich werde Herrn Grossmann ersuchen, 
dieses Jahr die Insel zu besuchen und dort Schwalben zu er- 
legen. — Nach dem Genannten kommt die Felsenschwalbe in 
den höheren Gebirgslagen brütend vor, überwintert zuweilen 
und zeigt sich dann auch in den tieferen Regionen. Ich selbst 
habe nur einmal, nämlich am 1. Mai 1902, den Vogel beobachtet 
und zwar an den mittleren Serpentinen der Strasse nach Monte- 
negro, wo anscheinend ein Paar in einem engen Wassereinschnitt 
mit hohen Felswänden brütete. Masse kann ich nicht angeben, 
da ich alle meine bocchesischen Exemplare weggegeben und noch 
keinen Ersatz dafür erhalten habe. 


136. Apus melba (L.) 

Nach Grossmann ist der Alpensegler (den ich die Zinnen 
von Ragusa umschwärmen sah) Brutvogel bei Budua und zwar 
zu Tausenden. Indessen zeigen sich auch sonst überall während 
der Brutzeit kleine, umherstreifende Schwärme Die Agramer 
Sammler (vgl. Brusina a. a. O.S. 18) dürften bei den Forts Ma- 
mula, Trinita und Gorazda auch nur solche Streifzügler ge- 
sehen haben. 

Masse, (die Flügel sind vom Buge in gerader Linie nach 
der Spitze gemessen): 

& 927.012..32218, ..C4 96, ır. 10: mm. 
SEO IT OLE DAT 10 
8 2:164.03.2.0502205. 9,89, 9, 31,09 
0226.42.032 0,9 2200.25 93, 5.03..9, n 
0725962 032.0, 2lanıa,201,. 39.5 
6} 25. 6. 03. „ 211, }) 96, „ ) „ 

Vögel aus Transkaspien, Palästina, Nordafrika, der Schweiz 

und Südfrankreich variieren in den Massen in gleicher Weise. 
33* 


492 P. Kollibay: 


Anfangs glaubte ich, die dalmatinischen Alpensegler unter- 
schieden sich ständig durch erheblich dunklere und braunere 
Oberseite. Nachdem ich aber ein Material von 22 Stück unter- 
sucht hatte, fand ich, dass hellere und dunklere Stücke überall 
vorkommen, wenn auch sonst niemals soviel Braun zu bemerken 
ist, wie bei den Dalmatinern. Ein tunesisches Stück ist im Ver- 
gleich zu ihnen nahezu aschgrau! — Ein zweites Moment, das 
mir auffıel, war die Rückenzeichnung meiner Vögel, welche stets 
in einer besonders deutlichen und in die Augen springenden Sper- 
berung besteht. Niemals sah ich unter den vielen dalmatinischen 
Alpenseglern, die mir ausser den gemessenen durch die Hände 
singen, auch nur ein Stück, das jene glatte Rückenfarbe aufwies, 
welche bei den Vögeln anderer Provenienz verwiegt oder höchstens 
durch eine sehr verwischte Sperberung ersetzt wird. Nur der 
eine mir aus Griechenland vorliegende Vogel stimmte mit den 
Dalmatinern überein. 

Es bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten, festzustellen, 
welche Bedeutung den beiden hervorgehobenen Momenten zukommt. 


137. Apus apus kollibayi Tschusi. 


Ich habe schon in meiner vorjährigen Arbeit (Ornith. 
Jahrb. 1903 S. 29) erwähnt, dass ich den Mauersegler in Cattaro 
und dem. anstossenden Orte Dobrota nicht bemerkt habe, und 
dass mir Herr Grossmann das Fehlen des Vogels gerade an 
diesen Orten bestätigt habe. Allerdings hat Brusina (Ornith. 
Jahrb. 1891 S. 17) den Segler 1868 in. Cattaro gesehen; gegen- 
wärtig kommt er aber nach Grossmanns und meiner Überzeugung 
dort nicht mehr vor, sodass irgend welche Veränderung ihn in- 
zwischen verdrängt haben muss. Brusina selbst bestätigt das 
jetzige Fehlen indirect selbst durch die Auslassung einer Beob- 
achtungsnotiz der Agramer Sammler aus Cattaro und durch die 
Mitteilung, dass die Sammler nur montenegrinische Exemplare 
mitgebracht hätten. Diese Sammler haben aber unmittelbar an 
der Stadt, auf’ dem Exerzierplatze, Alpendohlen geschossen und 
würden daher wohl auch den Mauersegler erlegt oder doch notiert 
haben, wenn er vorhanden gewesen wäre. — In Casteinuovo da- 
gegen ist der Vogel ausserordentlich gemein. - Der Ort bietet ihm 
allerdings die günstigsten Lebensbedingungen, denn im Fort spa- 
snuolo, im alten und neuen Kastell und in sonstigem alten 
Mauerwerk findet er Brutplätze in Hülle und Fülle. — Am 15. 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 493 


Mai 1903 beobächtete ich die in der Luft vollzogene Begattung. 
Wenn ich diesen Act auch bisher bei unseren Mauerseglern in 
der Heimat noch nicht wahrgenommen hatte, so war mir doch 
auch nicht bewusst, dass darüber noch so wenig bekannt sei. 
Erst nach meiner Rückkehr ersah ich aus Koenig’s lebensvoller 
Schilderung des Alpenseglers auf Capri (Journ. f. Orn. 1886, S. 
507 folg.) und aus den Bemerkungen im neuen Naumann, dass 
die in der Luft erfolgende Begattung der Segler erst seit kurzer 
Zeit bekannt ist. Leider habe ich deshalb dem Vorgange nicht 
eingehendere Aufmerksamkeit gewidmet, weiss aber noch soviel, 
dass zwei einander treibende Mauersegler plötzlich sich Brust an 
Brust gegen einander kehrten, ähnlich wie die im Fluge fütternde 
Schwalbe gegen das Junge, dass sie dann für einige Momente 
einen einzigen, schräg abwärts wirbelnden Ballen bildeten und 
sich bald, noch in ziemlicher Höhe über dem Erdboden, wieder 
von einander trennten. 

Von Tschusi hat die von mir 1902 von der Insel Curzola 
in Süddalmatien mitgebrachten Mauersegler subspecifisch gesondert 
(Orn. Jahrb. 1902, S. 234) und die Unterscheidungsmerkmale 
in der tiefdunklen Gesamtfärbung und dem breiten, reinweissen 
Kehlflecke gefunden. Ich war sehr gespannt auf die Brutvögel 
der Bocche di Cattaro; indessen wurde die Erlegung der Segler 
aus verschiedenen Gründen immer hinausgeschoben, der einzige, 
den ich schliesslich flügelte, wirbelte in einen fernen Garten 
nieder, und so kam es, dass ich endlich abreiste, ohne auch nur 
einen Mauersegler erbeutet zu haben. Jedoch überliess mir Herr 
Grossmann 2 vor meiner Ankunft erlegte und sandte mir noch 
einige nachher geschossene nach. 

Diese Vögel von Castelnuovo stimmen nun mit denen von 
Curzola durchaus überein. Der Kehlfleck ist ebenfalls im Ver- 
gleiche zu Mitteleuropäern sehr breite. Die Farbe desselben 
variiert von leuchtendem bis zu trüberem Weiss. Letzterenfalls 
zeigen schwärzliche Schaftlinien im Kehlflecke das geringere Alter 
des Vogel an. Auch aus Curzola besitze ich 2 solcher, an der 
Kehle nicht so reinweisser Vögel. Das hauptsächlich entscheidende 
Kennzeichen der Tschusi’schen Subspecies ist aber die tief- 
dunkle Gesamtfärbung. Jeder einzelne der Vögel ist daran 
mit Sicherheit zu erkennen; legt man aber eine Reihe deutscher 
Mauersegler unter eine Reihe süddalmatinischer, so springt das 
gesättigte Schwarzbraun der letzteren in überzeugender Weise in 


494- P. Kollibay: 


die Augen. Zwei so neben einander liegende Reihen lassen dann 
aber auch die Ausdehnung und Helligkeit des Kehlfleckes der 
Süddalmatiner deutlicher hervortreten: bei Apus apus kollibayi 
sticht die durch die Kehlflecke gebildete weisse Linie ganz ausser- 
ordentlich von der gleichen Linie der Mitteleuropäer ab. 

Masse (die Flügel wie bei melba gemessen): 


12 32039 237 178,)20.0285, r. 6,5 mm. 
030,174, 8 ET: r 
. 03. „ 176,5, „ 86, „ 6,5 „ 
20320140; „ 84, 6 
. 03. „ 174, 8 Rn 
. 03. „ 172, „ 83, „ 6,5 ” 
. 08. „ 171, ” 82, » 6,5 „ 
. 03. ” 170, „ 81,5, „ 6,5 „ 
8.128.302 113, „ 86, 16,09 


Zum Vergleiche füge ich noch die Masse einiger Vögel von 
Curzola bei: 


8,10. 5. 02. 2.175. ce. 855.7. mm: 
14.5. .02. ,.-1806 res 
© .10..5..022. „ul, 835.2. 000% 


Ausser den oben angeführten Mauerseglern der Form 
kollibayi besitze ich aus der Bocche noch ein ferneres J vom 
12. 8. 02., mit dem oben erwähnten aus demselben Schwarme 
erlegt. Dieses sticht von allen sonstigen Süddalmatinern durch 
bedeutend helleres Rauchfahl ab. Mit ihm wusste ich Anfangs 
nichts zu beginnen. Es lag nahe, den Vogel, wenn er nicht zu- 
sammen mit dem anderen, zweifellos zu A. a. kollibayi gehörigen 
erlegt wäre, als nordischen Zugvogel anzusprechen und zwar des 
breiten Kehlflecks wegen als einen jungen, weil ja auch die 
nördliche Form den Kehlfleck in der Jugend ausgedehnter besitzt 
als im Alter. Für die Jugend spricht auch die beträchtliche 
weisse Säumung der Federn der Unterseite und die Kürze des 
Flügels (nur 165 mm). Allein das Kehlfeld mehrerer junger 
schlesischer Stücke, vom Nestvogel an, ist stets ungemischt 
weisslich, ohne jede Spur einer dunklen Schaftstrichelung, welch’ 
letztere bei dem in Rede stehenden Vogel aus der Bocche sehr 
reichlich vorhanden ist. 


Ich bin daher geneigt, bis auf weiteres anzunehmen, dass 
der fragliche Vogel ein A. apus kollibayi juv. ist, und dass das 


%00%0 000 9 
[SS 
SONST DS 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 495 


Jugendkleid dieser Subspecies sich von dem Alterskleide unter- 
scheidet nicht nur durch helleres Gesamtkolorit, sondern auch 
durch die (teilweise offenbar noch im folgenden Jahre angedeutete) 
Strichelung des weissen Kehlfeldes. 


138. Caprimulgus europaeus L. 


Nach Grossmann ist der Ziegenmelker bei Budua sehr 
häufig und gedrängt nistend; sonst kommt er in der Bocche nur 
vereinzelt an trockenen Stellen vor. Ich besitze ein am 12. Juli 
1903 bei Castelnuovo erlegtes gepaartes Paar, welches folgende 
Masse aufweist: 

da. 182, c. 146,31r. 9571.12. mm! 
® „ 287, „ 143, „ 9, „ 12 „ 


Die Flügelmasse entsprechen dem Durchschnitte schlesischer 
Stücke und überschreiten beträchtlich ein $ aus Tunis, Capri- 
mulgus europaeus meridionalis Hart. (welches nebenbei durchaus 
nicht hell ist; vgl. Hartert im Tierreich, Lieferung 1 S. 57). 


139. Upupa epops L. 
Ich sah den Wiedehopf nie, da er in der eigentlichen Bocche 
nicht brütet, sondern nur durchzieht. Dagegen stellte ihn Gross- 
mann für die Krivosije als Brutvogel fest. 


140. Coracias garrula L. 

Grossmann hat die Blaurake während der Brutzeit nur ein- 
mal, im Juni, bei Cattaro erlegt und nennt sie im übrigen einen 
Durchzugsvogel für die Bocche. Ich selbst habe den Vogel nur 
einmal gesehen, nämlich am 5. Mai 1903 ein am Ausflusse der 
Sutorina in das Meer sich auf den Feldern herumtreibendes Stück. 


141. Merops apiaster L. 


Am 8. Mai 1903 hörten wir zuerst den merkwürdigen Ruf 
des Bienenfressers, ein kleiner Schwarm der Vögel zog hoch 
über die Sawina-Schlucht hin. Grossmann teilte mir mit, dass 
wir den Vogel in der Zupa als Brutvogel finden würden, was 
sich auch bestätigte. Bei unserem ersten Ausfluge dahin, am 19. 
Mai, standen vor unserem Wagen, anscheinend vom Wege aus, 
3 Merops auf, die sich aber nicht schussgerecht ankommen liessen. 
An der Aufflugstelle, einem kleinen Sandabsturze, konnten wir je- 
doch mehrere angefangene Nisthöhlen konstatieren. Als wir am 


496 ' » P. Kollibay: 


93. Mai wieder dieselbe Stelle aufsuchten, waren die Vögel aber- 
mals da. Grossmann gelang es, sich an ein gepaartes Paar, das 
auf der Verfolgung in einen Weidenbestand eingefallen war, an- 
zubirschen und eine glückliche Doublette anzubringen. — Die 
Vögel hatten bereits im Gefieder gelitten, auch war der mit Erde 
beschmutzte Schnabel erheblich mitgenommen. Da dies bei beiden 
Vögeln gleichmässig der Fall ist, so wird dadurch bewiesen, dass 
beide Gatten sich an der Herstellung der Nisthöhle beteiligen. 
Im neuen Naumann Band IV, S. 341, wird dies noch dahin ge- 
stellt gelassen, indem anscheinend Koenigs Beobachtung, wonack 
während des Nestbaues ein Ehegatte den anderen ablöst, für nicht 
voll beweiskräftig angesehen wird. 


Masse: 23. 5.:03. ga. 145, e. 115, r. 30,5, t. 14,5 mm. 
„ Q „ 145, „ 116, „ 27,5, „ 13,5 „ 


Der 3 mm kürzere und stumpfer aussehende Schnabel des 
© lässt darauf schliessen, dass diesem bei dem Nestbau die 
Hauptarbeit zufällt, was ja auch sonst in der Vogelwelt die Regel 
bildet. Ein frisches $ vom 7. 4. 1901 aus Transcaspien zeigt, 
wie zum Vergleiche angeführt sein mag, eine Schnabellänge von 
46 mm, dieselbe Länge ein ebenfalls im Gefieder frisches Stück 
aus dem Frühjahre 1901 vom Kaukasus. Bei beiden sind die 
Schnäbel sehr spitz und zum graben der Brutröhre offenbar 
noch nicht benützt. 


142. Alcedo ispida L. 


Dass der Eisvogel Brutvogel in der Bocche ist, bestätigt 
ein Mauserexemplar meiner Sammlung vom 13. September 1901; 
er ist aber dann nach Grossmann selten und nur im Winter ge- 
mein. — Erlanger beschreibt im Journ. für Ornith. 1900 S. 7 
folg. eine Subspecies A. ispeda spatzi Kg. aus Tunis, als deren 
Verbreitungsgebiet er auch Griechenland und Dalmatien angibt. 
Seinen Unterscheidungskennzeichen, insbesondere der lichteren 
Unterseite, entspricht ein in meinem Besitze befindliches @ aus 
Palästina vom 13. November 1899. Meine drei süddalmatinischen 
Vögel dagegen haben eine sehr dunkle Unterseite, das eine so- 
gar von besonders lebhafter Farbe, sodass sie zu der südlichen 
Form spatzi nicht zu zählen sind. Da diese 3 Stücke jedoch im 
September und October gesammelt sind, so können es bereits 
nördliche Zuzügler sein. 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 497 


143. Queulus canorus L. 


Die Agramer Sammler beobachteten den Kuckuck am Berge 
Vrmac und bei den Forts Trinita und Gorazda (Brusina a. a. O. 
S. 18); ich traf mit ihm in den Laubgehölzen von Kameno zu- 
sammen. Nach Grossmann ist er gemeiner Sommervogel in der 
Bocche und zwar vom Meeresgestade bis zu den höchsten Er- 
hebungen des Gebirges, falls nur ein wenig Baum- und Strauch- 
wuchs vorhanden. — Bekanntlich neigt der Kuckuck, je weiter 
nach Süden, um so mehr zur Bildung rotbrauner Kleider. Be- 
sonders gilt dies für die jüngeren 99. Ich besitze ein solches 
wunderschönes © von der echten rotbraunen Phase mit den fast 
ziegelroten Bürzel- und Schwanzdeckfedern, erlegt am 24. April 
1903 bei Castelnuovo. Ausserdem erhielt ich ein Jahr zuvor ein 
g, das, im Allgemeinen das graue Alterskleid tragend und im 
frischen, ganzrandigen Gefieder, in jedem Flügel 3 Secundarien 
(2. 4.) aus dem Jugendkleide besitzt. Diese Federn sind an den 
Rändern zerfressen, dunkelbraunrot und auf beiden Fahnen mit 
hellrostfarbenen länglichen Flecken versehen, welche ununter- 
brochene Binden bilden. Bekanntlich kehrt der Kuckuck öfters 
noch nicht voll vermausert aus der Winterherberge zurück. 


Masse: J 24. 4. 02. a. 220, c. 176, r. 24, t. 21 mm. 
ON SAN NE 2216 2 20 


144. Dendrocopus maior (L.) 


Der grosse Buntspecht wurde von Grossmann nur in der 
Krivosije und zwar als Brutvogel bemerkt. 


145. Dendrocopus minor (L.) 
Den Kleinspecht beobachtete Grossmann nur zweiınal 
während der Zugzeit, davon einmal in der Krivosije und einmal 
bei Cattaro.!) 


146. Dendrocopus medius sanchijohannis (Blanf.). 

Nach Grossmann Brutvogel in der Krivosije, welcher im 
Winter in tiefere Regionen hinabsteigt. Ich besitze ein $ und 
2 ©% aus der Nähe von Castelnuovo.. Nach der Beschreibung 
der Blanford’schen südöstlichen Form gehören meine Vögel zu 


1) Nachträglich erhielt ich ein am 24. März 1904 bei Castelnuovo 
erlegtes g. 


498 P. Kollibay: 


dieser. Die Unterseite ist sehr lebhaft ockergelb und rosen- 
rot, die Flanken sind bis zur Leibmitte stark schwarz längsge- 
streift. Ein Stück meiner Sammlung aus dem Kaukasus ist zwar 
noch gelber, aber ein Exemplar des Berliner Museums aus Klein- 
asien, als sanctijohannis bestimmt, gleicht meinen Dalmatinern 
völlig bis auf die seitlichen Schwanzfedern. Die Verteilung des 
Weiss und Schwarz auf denselben ist aber bei beiden Subspecies 
des Mittelspechts nicht constant. — Die von Kleinschmidt im 
neuen Naumann IV. Tafel 33 abgebildeten Vögel aus Marburg 
sind weit von meinen Stücken verschieden, die ich schliesslich 
zur Sicherheit noch mit einem grossen Materiale Mitteleuropäer 
mit demselben Ergebnisse verglich. 


Masse: 
10.032 4. 125,02 927 7.324, t. 185 mm. 


423 
06. 10.03. 2 on er goe oo ee 
0.6.02 0 Ta os wo 


2} 


99 


147. Dendrocopus leuconotus hlford: (Sharpe & Dresser). 


Grossmann bezeichnet den weissrückigen Specht als Brut- 
vogel in der Krivosije und zwar als die dort häufigste Spechtart. 
In Frage kommen kann nur die Balkanform. 


148. Dryocopus martius (L.) 


Nach Grossmann häufiger Brutvogel in den Buchen- und 
Eichenwäldern der Krivosije. 


149. Picus viridıs L. und 


150. Picus viridicanus (Wolf). 


Brutvögel nur in der Krivosije, im Winter sich auch am 
Meeresstrande zeigend. (Gr.) 


151. Iynx torquilla (L.) 


' Brutvogel in der Ebene und in den tieferen Gebirgslagen; 
auf dem Zuge gemein. (Gr.) 


152. Columba palumbus L. 


Nur auf dem Herbst- und Frühjahrszuge; zuweilen auch 
überwinternd. (Gr.) 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 499 


153. Columba oenas L. 
Nur am Zuge zu bemerken. (Gr.) 


154. Columba livia Briss. 


Die Felsentaube ist ein gemeiner Brutvogel des Gebirges, 
der seine Nester in tiefen Karsthöhlen anlegt. Ich habe den 
Vogel oberhalb Kameno beobachtet und durch Grossmann eine 
Reihe von Exemplaren erhalten. Im Winter kommen die Tauben 
in grossen Schwärmen in tiefere Lagen herab und fallen auf den 
Saatfeldern ein. 

Masse: 

82207212 032 23 227. 0322, r. 19, t 289mm. 

OR BR RD IC ee 

lee 020 003 07 ,.105,',28 005 

EENsn76 030 010.0 10, 2195, 28, 


155. Turiur turtur (L.) 


Ich habe zwar auf Curzola, nicht aber in der Bocche die 
Turteltaube bemerkt. Grossmann hält sie für einen sparsamen 
Brutvogel, da er sie während der Brutzeit paarweise beobachtet 
hat. Während der Zugzeiten ist sie eine häufigere Erscheinung. 


156. Caccabis saxatilis (Meyer.) 

Es ist mir nicht beschieden gewesen, mehr als einmal das 
Steinhuhn zu Gesicht zu bekommen; es war dies am 25. April 
1902 an den oberen Serpentinen der Strasse von Cattaro nach 
Cettinje. Grossmann verdanke ich dagegen die nachstehende, 
ausführlichere Mitteilung: ‚Trotz der grossen Verfolgung durch 
die Einheimischen mit Flinte und Fangapparaten, trotz,der vielen 
anderen Feinde, als Fuchs, Marder, Wiesel und Raubvögel, kommt 
das Steinhuhn in der Bocche immer noch überall vor, wo es stei- 
niges Terrain findet und die zu seiner Nahrung dienenden Pflanzen, 
insbesondere das Salbeikraut, wachsen. Allerdings ist von Jahr 
zu Jahr eine Verminderung festzustellen. Was die Lebensweise 
anlangt, so wäre zu erwähnen, dass das Steinhuhn auch gern 
Saatfelder aufsucht. Es übernachtet zumeist auf den Höhen; bei 
Tagesgrauen fliegt es geräuschvoll in die bebauten Talsohlen, 
zieht sich aber Tags über Nahrung suchend allmählich wieder 
aufwärts, bis es lange vor Sonnenuntergang die Felsenkuppen 
erreicht. Es lebt in Völkern nach Art der Rebhühner. Von 


500 P. Kollibay: 


Natur sehr neugierig beäugt es gern jeden ungewohnten Gegen- 
stand, was von den Jägern natürlich ausgenützt wird. Auch lässt 
es sich leicht durch Nachahmung des Lockrufes ankirren. Wo 
das Steinhuhn nicht verfolgt wird, wird es sehr zutraulich, er- 
scheint täglich in der Nähe der Gebäude und lässt sich sogar 
auf deren Dächern nieder.“ 


Masse des einzigen 8, das ich noch besitze; 
2:1410200.7.22 150, 70.290772 Te rate gemın: 


157. Perdix perdix (L.) 


Grossmann schreibt mir: „Das Rebhuhn kommt in der 
Bocche nur bei strengem Winter vor. Es flüchtet vor dem 
Schnee — woher? Esist aber bedeutend kleiner und ist greller 
gefärbt. Ich werde mich bemühen, einmal welche zu erlegen 
oder auf dem Markte in Cattaro zu bekommen.“ 


158. Coturnix coturnix. (L.) 


Häufig am Zuge. Auch in den Sommermonaten einzeln be- 
merkbar, daher wohl Brutvogel. (Gr.) 


159. Rallus aquaticus L. 
Nur im Winter beobachtet, dann aber gemein. (Gr.) 


160. Orex crex (L.) 


Umgekehrt wird der auch lediglich im Winter vorkommende 
Wachtelkönig dann nur selten beobachtet. (Gr.) 


161. Ortygomeira porzana (L.) 
Ein @ vom 2. April 1903 meiner Sammlung ist das einzige, 
bisher aus der Bocche nachgewiesene Stück. 


162. Ortygometra parva (Scop.) 

Auch von dieser Art ist nur ein Stück, ein S vom 28. März 
1903, zur Beobachtung gekommen, welches in meine Samm- 
lung gelangte. 

163. Gallinula. chloropus (L.) 

Das Teichhuhn wird im Sommer nie bemerkt, ist aber im 

Winter gemein. (Gr.) 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 50i 


164. Fulica atra L. 


In der Bucht von Krtole tritt das Blässhuhn im Winter 
in grösseren Schwärmen auf. (Gr.) 


165. Grus grus (L.) 


Die Kraniche hat Grossmann stets nur auf dem Frühjahrs- 
zuge beobachtet, und zwar einzeln oder in Trupps von höchstens 
5 Stück. 

166. Ardea cinerea L. 

Im Frühling und Herbst nicht selten; niemals horstend ge- 
funden, obwohl sich auch während des Sommers einzelne, auch 
Junge führend, gezeigt haben. (Gr.) 


167. Ardea purpurea L. 


Im Frühlinge häufig, im Sommer selten, erst im September 
wieder häufiger. Vom Brüten nichts bekannt. (Gr.) Ich besitze 
ein g vom. 19. April 1899 aus Cattaro und beobachtete ein Stück 
am 5. Mai 1903 in der Sutorina. 


168. Herodias alba (L.) 


Im Frühlinge selten, im Sommer etwas häufiger, auch Junge 
führend, doch scheint er im Bocche-Gebiete nicht zu brüten. 
(Gr.) Ich besitze ein @ vom 9. April 1900 aus Cattaro. 


169. Herodias garzeita (L.) 
Im Frühjahre häufig, sonst nicht beobachtet. (Gr.) 


170. Ardeola ralloides (Scop.) 


Kommt in der Bocche nur im Frühjahre in grossen und 
kleinen Scharen, auch einzeln, zur Beobachtung. (Gr.) Am 1. 
Mai 1902 kaufte ich ein soeben bei Cattaro erlegtes .©. 


171. Ardetta minuta (L.) 


Die Zwergrohrdommel hat Grossmann stets nur am Früh- 
jahrszuge beobachtet. 


172 Botaurus stellaris (Gr.) 


Auch die grosse Rohrdommel kommt nur während des 
Zuges vor, und zwar häufiger im Frühjahre, (Gr.) 


502 | P. Kollibay: 


173. Nyeticorax nycticorax (L.) 


Im Frühjahre werden sehr viele, im Herbste weniger beob- 
achtet, dann und wann sind einzelne auch im Sommer bemerk- 
bar. (Gr.) Am 1. Mai 1902 erwarb ich in Dobrota bei Cattaro 
ein soeben erlegtes g. 


174. Oiconia eiconia (L.) 
Durchzugsvogel. (Bei Dulcigno, also etwas südlich der 
Bocche, am montenegrinischen Litorale hat Grossmann auch 
Horste mit Jungen gesehen). 


175. Platalea leucorodia L. 
Grossmann hat nur einmal im Frühjahre ein Stück aus 
der Bucht von Krtole erhalten. 


176. Plegadis autumnalis (Hasselqu.) 
Auf dem Frühjahrszuge häufig zu beobachten (Gr.). 


177. Glareola fusca (L.) 
Am Frühjahrszuge (Gr.) Am 28. April 1902 wurden mir 
in Cattaro 2 frisch erlegte 22 gebracht. 


178. Vanellus vanellus (L.) 
Nur auf dem Zuge zu beobachten (Gr.). 


179. Charadrius apricarius L. 


Vom Goldregenpfeifer hat Grossmann nur einmal während 
des Frühjahrszuges ein Stück aus der Bucht von Krtole erhalten. 


180. Charadrius dubius (Scop.) 


Zumeist auf dem Frühjahrszuge, doch erlegte Grossmann 
einmal auch Ende Mai ein balzendes Paar, sodass der Vogel 
vereinzelt wohl auch brütend vorkommt. 


181. Himantopus himantopus (L.) 
Am Frühjahrszuge viel zu sehen. (Gr.) 


182. Numenius urcuatus (L.) 
Im Frühlinge und Herbste vielfach bemerkbar. (Gr.) 


Vogelfauna der Boeche dı Cattaro. 503 


183. Numenius tenuirostris Vieill. 

Ob dieser Mittelmeervogel in der Bocche brütet, ist bisher 
unbekannt. Grossmann hat ihn nur im Frühlinge angetroffen, 
dann aber nicht selten. Ich besitze ein @ vom 3. April 1902 
aus Cattaro. 

184. Limosa limosa (L.) 

Die erste schwarzschwänzige Limose, die in der Bocche 
festgestellt ist, wurde am 3. April 1904 von einem Eingeborenen 
in der Bucht von Krtole erlegt und kam in meine Sammlung. 


185. Totanus littoreus (L.) 
Im Frühjahre und Herbst ziemlich gemein. (Gr.) 


186. Totanus totanus (L.) 
Im Frühjahr und Herbst gemein. (Gr.) 


187. Totanus glareola (L.) 
Von Grossmann vereinzelt auf dem Frühjahrszuge gesehen 
und erbeutet. 
: 188. Totanus ochropus (L.) 
Noch seltener als glareola. (Gr.) 


189. Tringoides hypoleucus (L.) 
Auf dem Zuge gemein, aber auch sonst das ganze Jahr 


sichtbar, daher wohl Brutvogel (Gr.). Ich erlegte am 30. April 
1902 bei Cattaro ein ®. 


190. Machetes pugnazx (L.) 

Grossmann erhielt nur einmal, im März, ein Stück aus der 
Bucht von Krtole. 

191. Tringa alpina L. 

Ebenfalls von Krtole erhielt Grossmann einmal im. Früh- 
ling 12 Stück. 

192. Zringa ferruginea Brünn. 

Die Bucht von Krtole und ihr weites Schwemmland scheinen 
für die ziehenden Sumpt- und Wasservögel einen besonders be- 
liebten Aufenthaltsort zu bieten. Am 12. Mai 1903 unternahmen 
wir dorthin einen Ausflug. Wir trennten uns wegen drohenden 
Unwetters von unserem Boote und suchten Unterstand. Als wir 


504 P. Kollibay: 


zurückkehrten, präsentierte mir unser Bootführer Ivo 7 Stück 
Tringa ferruginea, die er mit einem Schusse seiner Donnerbüchse 
aus einem Schwarme von etwa 40 Individuen herausgeholt hatte. 
Das Zugdatum ist ein ziemlich spätes; die Vögel trugen das 
schönste Hochzeitgefieder. 


193. Scolopax rusticola L.. 

Zugvogel und bedingter Wintergast, der gewöhnlich im 
Oktober erscheint. Die letzten findet man noch im April. Der 
Herbstzug ist zuweilen so stark, dass die Schnepfe ein allge- 
meines Nahrungsmittel bildet und zu Spottpreisen auf den Markt 
gebracht wird. (Gr.) 


194. Gallinago media (Frisch.) 
Die Doppelschnepfe ist im April und Mai ziemlich häufig. (Gr.) 


195. Gallinago gallinago (L.) und 
196. Gallinago gallinula (L.) 


Sind nach Grossmann gemeine Wintergäste. 


197. Anser fabalis arvensis Brehm. 


Grossmann hat im Winter sowohl im Freien wie auf dem 
Markte in erlegten Stücken stets nur die „Ackergans‘ gesehen. 
Ich halte es aber noch nicht für ausgemacht, ob es sich dabei 
um A. fabalis arvensis oder A. f. fabalis (Lath.) handelt. 


198. Anas boschas (L.) 
Kommt Mitte Dezember und hält sich zu Tausenden in 
der Bucht von Krtole auf. (Gr.) 


199. Anas penelope L. 
200. Anas crecca L. 

201. Anas quergquedula L. 
202. Anas acuta L. . 

203. Nyroca marila (L.). 
204. Nyroca fuligula (L.) 
205. Nyroca ferina (L.) 
206. Nyroca: nyroca (Gäld.) 
207. Nyroca rufina (Pall.) 


Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 505 


208. Nyroca clangula (L.) 


209. Oidemia fusca (L.) 
Alle diese Enten kommen im Winter mehr oder minder 
zahlreich vor; nur Oidemia fusca ist erst einmal in der Bucht 
von Krtole erlegt worden. (Gr.) 


210. Mergus serrator L. 
Im Winter ziemlich häufig. (Gr.) 


211. Mergus albellus L. 
Im Winter noch häufiger als serrator. (Gr.) 


212. Hydrochelidon nigra (L.) 
Im Frühling ziemlich häufig (Gr.) Meine Sammlung ent- 
hält ein am 28. April 1902 bei Cattaro erlegtes Jg. 


213. Larus melanocephalus Natt. 

Grossmann versichert mit aller Bestimmtheit, dass diese 
Möve bei Castelnuovo (Sutorina) gar nicht so selten sei, obwohl 
er sie noch nicht erlegt habe. Die Bestimmung nach dem, den 
sanzen Kopf einnehmenden Schwarz lässt einen Zweifel an der 
Richtigkeit der Beobachtung nicht zu. 


214. Larus ridibundus L. 
Gemeiner Wintergast. (Gr.) 


215. Larus fuscus L. 
Im Frühling und Herbst beobachtet. (Gr.) 


216. Larus argentatus cachinnans (Pall.) 

Die Silbermöve des Adriatischen Meeres zeigt sich auch 
täglich in der ganzen Bucht von Cattaro, aber nur in wenigen 
Stücken. Am häufigsten sieht man sie an den Molen von Teodo 
und Cattaro. Ob sie irgendwo in der Bocche brütet, ist noch 
nicht ermittelt. Ich besitze nur einen jungen Vogel vom 18. 
Oktober 1902 aus Castelnuovo. 


317. Larus canus L. 


Grossmann hat diese Möve im Herbst, Winter und Früh- 
jahre beobachtet, aber stets nur junge Vögel. 
Journ, f, On, LII. Jahrg. Oktober 1904. 34 


506 P. Kollibay: Vogelfauna der Bocche di Cattaro. 


218. Phalacrocorax carbo (L.) und 
219. Phalacrocorax pygmaeus (Pall.) 


Sind im Winter und Frühling zeitweise bei Krtole zu 
sehen. (Gr.) 
220. Alca torda L. 


Sehr selten im Herbst und Winter (Gr.) Ich besitze ein 
adultes Stück vom 10. Dezember 1902 aus Castelnuovo. 


221. Urinator arcticus (L.) 


Im Winter nicht selten, zumeist Junge oder im Übergangs- 
kleide. (Gr.) 


222. Colymbus nigricans Scop. und 
223. Colymbus cristatus L. 


Im Winter sehr zahlreich. (Gr.) 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 


Von H. Freiherr Geyr von Schweppenbursg, 
Bedburg, Rheinland. 


Der interessante Meinungsaustausch zwischen A. v. Ganz- 
kow und Johannes Helm über den Vogelzug, insbesondere 
das Ziehen mit oder gegen den Wind, angeregt durch den Artikel 
v. Ganzkows: „Ein Beitrag zur Klärung einer wichtigen Frage“ 
in Nr. 19 und 20 Bd. 41 der Deutschen Jäger-Zeitung, zeigte 
wieder einmal recht deutlich, dass auch über gewisse physische 
Momente des Vogelzuges noch keine rechte Klarheit herrscht. 
Während nämlich von Ganzkow für den Zug mit dem Winde 
eintritt, behauptet Joh. Helm mit grosser Entschiedenheit, dass 
die Vögel meist gegen den Wind ziehen. 

Im folgenden will ich nun einige Notizen über den dies- 
jährigen Vogelzug geben, die vielleicht ein ganz klein wenig zur 
Klärung dieser Frage beitragen können. Es mag etwas an- 
massend erscheinen, solch dürftige Notizen aufzutischen. Ich tue 
es jedoch, weil ich der Meinung bin, dass nur durch Beobachtungen 
einiges Licht in das Wesen des Vogelzuges gebracht werden kann, 
und jede Zugbeobachtung, wenn sie nur genau ist, trägt zur Er- 
langung dieses Lichtes bei. Leider sind jedoch viele derartige 
Beobachtungen, die zur Veröffentlichung gelangten, sehr lückenhaft 
und ungenau. So findet man häufig nur angegeben, dass Herr 
X. an diesem oder jenem Tage dies oder jenes ziehen sah, 
während man genauere Angaben über Richtung des Zuges, 
|Höhe], Windrichtung, Witterung etc. vergebens sucht. Notizen, 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 507 


die dieser Angaben entbehren, sind meist völlig wertlos; ob am 
12. März Krähen zogen, am 7. April Raubvögel oder dergleichen, 
ist an und für sich ziemlich uninteressant und zum Studium 
über den Vogelzug nicht zu gebrauchen.!) Sehr schöne Beob- 
 achtungen enthält der 2te Jahresbericht der Vogelwarte Rossitten, 

besonders auch die diesem Berichte beigegebenen Beobachtungen 
le Roi’s. In einiger Hinsicht könnten allerdings auch diese No- 
tizen etwas genauer Sein, im Grossen und Ganzen sind sie je- 
doch vortrefflich. 5 

Ich führe meine Notizen mit kleinen Änderungen so an, 
wie ich sie in meinem ornithologischen Tagebuche aufzeichnete. 
Bemerken möchte ich noch, dass die hiesige Gegend nichts 
bietet, was einen irgendwie grossartigen Zug herbeiführen könnte, 
und dem entsprechend fallen natürlich auch die Beobachtungen 
aus. Hauptsächlichen Wert legte ich auf das Beobachten der 
Vögel, wenn sie wirklich am ziehen sind. Den Ankunfts- 
daten messe ich keinen grossen Wert bei, wenn es sich nicht um 
Vögel handelt, die einem sehr leicht ins Auge fallen: Denn es 
ist durchaus nicht sicher und bisweilen sogar sehr unwahr- 
scheinlich, dass man kleinere Vögel an dem Tage bemerkt, an 
dem sie angekommen sind, und deshalb lassen sich aus solchen 
Beobachtungen, wenn sie nicht, wie schon oben bemerkt, von 
sehr vielen Beobachtern an verschiedenen Orten angestellt werden, 
keine sicheren Schlüsse ziehen. Aus diesem Grunde werden 
solche Beobachtungen im folgenden meist nicht angeführt und 
berücksichtigt werden; sie haben eben für den Zweck dieser No- 
tizen keinen Wert. Doch nun zur Sache! 

Der 16. Februar brachte die ersten Zugvögel, die ich dieses 
Jahr sah, in der Gestalt von neunzehn Corvus frugilegus L. Es 
waren gewiss Zugkrähen, da sie ziemlich hoch in östlicher Richtung 
zogen und bisweilen anhielten, um in der bekannten Weise zu 
kreisen. Am Morgen war es ziemlich schön bei NNW., während 
gegen Mittag der Wind von Westen kam, und infolgedessen hin 
und wieder Schneeschauer niedergingen. 

17. II. Sehr schönes Wetter, leichter Frost. Der Wind 
kommt von Osten, schlägt aber am späten Nachmittage nach 
Westen um. Wenige Corv. frugilegus ziehen. 

22. Seit mehreren?) Tagen sehr mildes Wetter, bis 16° O., 
bei bedecktem Himmel und starken Winden aus Süd-West. 


1) Notizen ohne genaue Angabe der begleitenden Umstände haben 
einen gewissen Wert nur dann, wenn es sich um besonders seltene 
Vögel oder einen ausnahmsweise frühen Ankunfts- resp. Abreisetermin 
handelt, oder, wenn derartige Beobachtungen von einer grossen Anzahl 
von Beobachtern an derselben Vogelart angestellt werden. 

2) Leider versäumte ich es im Frühjahr, genaue Notizen über 
Wind und Wetter an solchen Tagen zu machen, an denen nichts zog. 
Bemerkungen zu diesen Tagen sind fast eben so wichtig, wie an Zugtagen. 


34* 


508 Geyr von Schweppenburg: 


Von Zugvögeln sieht man nichts, da Saatkrähen zu so früher 
Jahreszeit meist nur bei schönem, sonnigem Wetter ziehen. Ich 
höre, dass Kraniche auf dem Zuge beobachtet worden sein sollen, 
doch muss ich die Nachricht mit grosser Vorsicht aufnehmen. 
Es werden wohl Gänse gewesen sein. 

24. Bis gegen zwei Uhr ziemlich heiteres Wetter bei 
mässigem SW. In höheren Regionen herrschen fast entgegen- 
gesetzte Luftströmungen. Die Cirrus-Wolken ziehen von Norden 
kommend den mit dem SW. gehenden Cimuluswolken fast ent- 
gegen. Am Mittag ziehen etwa 30 Corv. frug. NO., natürlich 
im Gebiete des Süd-West-Windes. Auch sehe ich einen ziehenden 
Bussard. 

25. SSW. bei meist bedecktem Himmel. Nicht viele Corv. 
frug. sowie zwei Duteo ziehen. 

26. SW. bis W., schönes Wetter. Am Mittag zieht eine 
Anzahl ©. frug. in ziemlicher Höhe nach Osten. 

28. Ziemlich schönes Wetter bei starkem SW. Um 12 Uhr 
ziehen wenige C. frug. sehr hoch in nordöstlicher Richtung 
vorbei. Vom 28. Il. bis zum 4. III. herrschte meist trübe 
Witterung bei südwestlichen Winden. 

4. Ziemlich starker und kalter SW. Der Himmel ist 
grösstenteils mit Wolken bedeckt. Schöner Zugtag! Corvus 
frugilegus zieht von 12 Uhr bis 31/, sehr zahlreich durch. Der 
Zug der Krähen geht in sehr verschiedener Höhe von statten: 
Einige Schwärme ziehen niedrig, keine 80 m hoch, andere in 
solcher Höhe, dass das Auge sie kaum mehr wahrnimmt. 16 Va- 
nellus ziehen nach Norden. Einige Alauda arvensis L. streichen 
nach NO. Hier sind die Lerchen, die man übrigens den ganzen 
Winter hindurch sieht, schon seit einiger Zeit in bester Früh- 
lingsstimmung. Vier Galerita arborea (L.) traf ich an, die sich 
etwas von der Reise erholten. 

5. Warmes Wetter (16° C.) bei süd-westlichem Wind und 
bewölktem Himmel. Corv. frugilegus zieht morgens und nach- 
mittags nicht sehr hoch, desgleichen wenige Alauda arvensis L. 
Gegen 5 Uhr strebte ein einzelner Kiebitz hastigen Fluges seiner 
nordöstlichen Heimat zu. Einzelne Fr. montifringilla L. treiben 
sich mit einem grossen Schwarm Fr. coelebs L. umher. Ligu- 
rinus chloris ist noch gar nicht zu sehen, und voriges Jahr traf 
man ihn doch während des ganzen Winters in einiger Anzahl 
an. — Die Vegetation ist verhältnismässig schon sehr weit fort- 
geschritten. Weiden blühen und der Faulbaum hat schon teil- 
weise sehr stark entwickelte Blätter. Frösche beginnen zu laichen. 

6. DBedeckter Himmel bei westlichen, am Morgen mehr 
nördlichen Winden. Am Nachmittag wechselt Sonnenschein mit 
Schneeschauern. Um neun Uhr vormittags streicht eine Bekas- 
sine (Gallinago gallinago (L.)) ziemlich hoch nach Norden. 
Am Mittag zieht ein ziemlich starker Zug Corv. frug. nach Osten. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 509 


7. Leichter W., fast ganz überzogener Himmel. Am frühen 
Morgen ziehen wenige Corvus und Alauda ONO., um 8!/, hunderte 
©. frug. teils sehr hoch nach Osten. Einige ©. cornix L. nach O. 

8. Unfreundliches, kaltes Wetter bei SW. Vom Zuge 
nichts zu bemerken.!) 

9. Während des ganzen Tages bis gegen 4 Uhr nachm. 
Nebel. Dann machte der Dunst dem schönsten Wetter Platz. 
Kaum merkbarer SW. Gegen fünf Uhr nachmittags ziehen 
13 Vanellus nach Norden. Vielleicht waren sie erst nach Ver- 
schwinden des Nebels aufgebrochen: Wie ich sie nämlich zuerst 
sah strichen sie noch verhältnismässig sehr niedrig und gingen 
dann erst höher. Sonst sehe ich nichts ziehen. 

10. Leichter SO. Im ganzen schönes Wetter, das am 
Nachmittage durch Wolken getrübt wird. Gegen 1 Uhr zieht 
ein Schwarm ©. frug. sehr hoch seine Kreise und saust nach 
einiger Zeit auf das Feld nieder, unterbricht also seine Reise. 

11. Schönstes Wetter, leichter S.-SO. Ausser wenigen C. 
frug. und einem Buteo zieht nichts. 

12. OSO. Sehr schönes Wetter, wolkenlos. Den ganzen 
Tag sah ich nichts ziehen, bis gegen fünf Uhr nachm. ein Zug 
von mehreren hundert ©. frugilegus vorbeikam und nach O. weiter 
zog. Die Krähen schienen sehr ermüdet zu sein: Sie flogen 
niedrig und ganz langsam und liessen sich hin und wieder ohne 
Flügelschlag hingleiten. Es sind wohl Vögel die schon vom Morgen 
an flogen und bald Rast machen wollten. 

13. Leichter SO. Durchweg klarer Himmel. Während des 
ganzen Tages ziehen hin und wieder Schwärme von O©. frug. in 
- östlicher Richtung, meist sehr hoch, doch auch niedriger. Gegen 
2 Uhr streichen 10 Buteo vulgaris nach Norden. 

14. Noch immer sehr schönes Wetter, doch fürchte ich, 
dass es umschlägt. Es ziehen nur wenig C. frug. Beobachtete 
den ersten Phyl. rufus (Bchst.) und eine P. rubicola (L.). 

15. OSO. Am Nachmittage ziehen im Südwesten Wolken 
herauf, die den Himmel allmählich bedecken. Einige starke Züge 
©. frug. nach NO. Gegen 1!/, streichen 17 Buteo nach Norden, 
ebendorthin 60—70 Grus communis Behst. Am Morgen ziehen 
einige-Lerchen vorbei und am Mittag zwei Brachvögel (Num. 
acruatus L.) nach Norden. 

16. Trübes Wetter bei westlichen Winden. Am Morgen 
ziehen einige Lerchen und während des Tages wenige Krähen. 

17. Sehr schönes Wetter bei schwachen, meist südwestlichen 
Winden. Gegen 5 Uhr strichen etwa 60 C. frug. in östlicher 
Richtung vorbei, fielen aber bald auf dem Felde ein. 


1) Wenn ich hier, wie noch des öfteren weiter unten, sage: „Vom 
Zuge nichts zu bemerken“, so soll dass natürlich nur heissen, dass ich 
nichts ziehen sah, obschon ich meist dieselbe Zeit draussen verbrachte, 
wie an anderen Tagen. | 


510 Geyr von Schweppenburg: 


19. W. Trübes, regnerisches Wetter. Am Morgen zieht 
ein Buteo. Etwa 200 C. frug. treiben sich noch hier herum. 

20. Turdus merula L. hat ein Ei im Nest. 

21. SW. Sehr schön. Ausser einem Duteo sah ich von 
ziehenden Vögeln nichts. In einer nassen Wiese traf ich ziemlich 
viele Bekassinen an. Fand ein Nest von Colymbus fluviatilis Tunst. 
mit zwei Eiern. 

22. Schönstes Wetter bei ziemlich starkem SW. Ich fand 
keine einzige Bekassine mehr: sie sind mit dem günstigen Winde 
weitergezogen. Einige ©. cornic und ein kleiner Schwarm (. 
frug. ziehen nach Osten. Um 5 Uhr ziehen 7 Vanellus nach 
Norden. 

23.—24. Südwestliche Winde. Es zieht nichts. 

25. SW; schönes Wetter. Traf verhältnismässig viele Bekas- 
sinen an. Ein Zug von etwa 40 Turdus iliacus L. geht auf einer 
Wiese seiner Nahrung nach. Pr. rubicola ist überall zu sehen. 

28. SW. Es zieht nichts. 

29. Mässiger W; ziemlich trübe und bewölkt. Sah zwei 
Blaukehlchen (Erithacus cyaneculus Wolf). Der Krähenzug ist 
so zu sagen beendet. 

1. IV. Westliche Winde. 

2. Durchaus trübes Wetter bei nördlichen Windströmungen; 
am Morgen geringe Niederschläge. Gegen 31/, sah ich die erste 
Hirundo rustica L., die niedrig nach Osten strich. Ein kleiner 
Zug Singdrosseln (Z. musicus L.) treibt sich auf einer Weide 
umher. Es war so hübsch, als am Mittag eine Anzahl der Drosseln 
auf den die Weide einfassenden Pappeln ihr Lied sang. Als ich 
um 41/, Uhr nachmittags draussen war, sah ich plötzlich etwa 
50 Schritt von mir einen Sperber vorbeistreichen. Ich schaute 
ihm gewohnheitsmässig nach, und da fiel mir die gestreckte Ge- 
stalt, der gehobene Bürzel auf, und dann — vollzog sich vor 
meinen Augen die sagenhafte Metamorphose vom Sperber zum 
Kuckuck. Es war tatsächlich ein Cuculus canorus L., doch hatte 
ich bei so früher Jahreszeit nicht im entferntesten an einen 
Kuckuck gedacht und ihn deshalb auch nicht gleich erkannt. — 
Faulbaum, Kirschen, Pflaumen und Birnen blühen. Den Kuckuck, 
offenbar denselben, sah ich übrigens bis zum 6. jeden Tag an 
derselben Stelle. Es war mir nicht recht klar, wie er satt werden 
konnte, da das Wetter jetzt im Gegensatze zu den früheren Tagen 
bisweilen recht schlecht war. Der arme Gauch schien aber auch 
keineswegs in rosigster Stimmung zu sein. 

4. SW. Sah wieder einige Hör. rustica, die aber auch nicht 
hier blieben. 

10. Gestern abend herrschten nördliche Winde. Heute 
morgen beobachtete ich 20—30 Erithacus rubeeulus (L.), die 
sich im dichten Holze aufhielten. Sie befinden sich jedenfalls 
auf der Heimreise, doch kann ich nicht behaupten, dass sie diese 
Nacht ankamen. Gestern sah ich allerdings keine. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 511 


15. Wie alle die letzten Tage so auch heute abscheulich 
kaltes Wetter bei West. Bergfinken (meist 29) sind noch zahl- 
reich hier. Fr. coelebs brütet. 

21. Im ganzen schönes Wetter bei SW. Gegen zehn Uhr 
ziehen etwa 20 Duieo vulgaris nach NNO. 

22. W. Warmes, regnerisches, durchaus trübes Wetter. 
Ziehende Micropus beobachtet. Erwähnen will ich noch, obschon 
es nicht hierher gehört, dass ich heute eine Sylvia atricapilla (L.) 
g beobachtete, die sich an den Beeren von Viscum album gütlich 
tat. Ich führe diese Beobachtung an, weil ich Mistelbeeren nicht 
unter der Nahrung dieser Grasmücke angeführt finde. Meistens 
wächst Viscum album an solchen Stellen und in solcher Höhe, 
wohin der Schwarzkopf gewöhnlich nicht kommt. Der Mistel- 
busch, von dem die erwähnte Grasmücke schmauste, hing aber 
ganz niedrig auf einer Pappel, die an einer Schwarzdorn-Hecke 
steht. So viel ich sehen konnte, verzehrte der Vogel nur die 
Schale der weissen Beeren, während er die schleimigen Kerne, 
die überall an den Zweigen klebten, vorher hinausdrückte. 

25. Westwind. Bergfinken sind noch da. 

26. Heute hörte ich die erste Nachtigall, (Erithacus lus- 
cinia (L.)). Das Ankunftsdatum ist sehr spät, wenn man bedenkt, 
dass sie in hiesiger Gegend gewöhnlich um den 14. April ein- 
treffen. 

27. Heute hörte ich schon mehr Nachtigallen, was beweist, 
dass sie tatsächlich jetzt erst ankommen und nicht des schlechten 
Wetters wegen geschwiegen haben. Heute ist übrigens die Witte- 
rung auch nicht allzu schön. 

29. Beobachtete noch drei 7. pelaris L. Ein spätes Vor- 
kommen, da diese Drossel hier gar nicht nistet. Es kam mir so 
sonderbar vor, sie auf den Wiesen mit Budytes flavus (L.) herum- 
laufen zu sehen, da man eben um diese Zeit gewöhnlich keine 
Wachholderdrosseln mehr hier antrifft. Sah eine Pr. rubetra (L.). 


2. V. Ziemlich schönes, mildes Wetter bei SW. In den 
Wiesen sind nun alle Pr. rubetra angelangt. 

11. Hörte den ersten Kuckuck rufen. 

28. Schwacher SSO; schönes Wetter. Gegen 91/, vormittags 
ziehen 7 Pernis apiwvorus (L.) nach ONO. FPernis ist jedenfalls 
einer der Vögel, die am spätesten durchziehen, hat doch heute 
schon ein so zarter Vogel wie Acrocephalus palustrıs (Bcehst.) 
ein Ei im Nest. 

1. VI. Fr. Freiherr von Geyr schreibt mir, er habe am 
31. Mai, also gestern, gegen sieben Uhr abends 7 Pernis beob- 
achtet, die niedrig nach NO zogen. Diese Wespenbussarde müssen 
doch sehr hoch im Norden heimaten, da ich hier schon am 10. 
Mai zwei Pernis sah und am 22. ein kreisendes Pärchen beob- 
achtete, von dem das Männchen (mit heller Bauchseite) das 
(dunkele) Weibchen durch Purzelbäume unterhielt. 


512 Geyr von Schweppenburg: 


Mit dem 31. Mai hatte für meine Beobachtung der Früh- 
jahrszug sein Ende erreicht. Ehe ich nun zum Herbstzuge über- 
gehe, will ich noch einige Worte über den Kuckuck sagen, der 
neuerdings wieder durch die Arbeiten von Bau und Loos kritisch 
beleuchtet wurde. 

In einem hiesigen kleinen Wäldchen von etwa 30 Morgen 
hatte sich der Goldafter im vorigen Jahre ziemlich stark ver- 
mehrt. Als die Raupen nach der Überwinterung gegen Mitte 
Mai herangewachsen waren, stellte sich eine für das kleine 
Wäldchen und die hiesige gar nicht baumreiche Gegend sehr 
grosse Zahl von Kuckucken ein. Etwa der achte Teil des kleinen 
Waldes war von Raupen befallen und dort fand sich mindestens 
ein Dutzend Kuckucke zusammen, darunter auch verschiedene sehr 
schön rote.) 

Die Kuckucke frassen nun, aber die Raupen frassen auch. 
So kam es, dass, als die Zeit der Verpuppung herannahte, der 
betreffende Teil des Wäldchens ganz kahl gefressen war, und 
sich dementsprechend auch eine ganz erkleckliche Zahl von 
Raupen einsponn. Die Schmetterlinge krochen aus und legten 
Eier, und jetzt im Herbste ist schon eine weit, weit grössere 
Anzahl von Bäumen mit den die kleinen Raupen enthaltenden 
Nestern versehen, als dies im vorigen Jahre der Fall war. Die 
Kuckucke haben hier also, wie es scheint, auf einem verhältnis- 
mässig kleinen Platze nicht sehr zur Verminderung der Raupen- 
plage beigetragen. Man kann jedoch nicht wissen, ob die Plage 
ohne das Wirken der Kuckucke vielleicht noch viel grösser wäre. 
Zur teilweisen Ehrenrettung des Kuckucks muss ich jedoch noch 
bemerken, dass sich hier in den Feldern verschiedene ziemlich 
lange Eichenhecken befinden, die von den Goldafterspinnern 
gerne zur Eierablage benutzt werden, während die Kuckucke 
weniger gerne dorthin gehen. In jenen Hecken bleiben also 
verhältnismässig mehr Raupen am Leben als in dem Wäldchen, 
und die Schmetterlinge, die dort ausschlüpfen, kommen teilweise 
in den Wald, um ihre Eier abzulegen. Der langen Rede kurzer 
Sinn ist aber doch schliesslich: Die Kuckucke haben in dem von 
mir beobachteten Falle nicht wesentlich zur Verminderung einer 
Raupenplage beigetragen.?) 


1) Diese roten Kuckucke geben bisweilen zur Verwechselung mit 
Turmfalken Anlass. So erzählte mir ein älterer, mit der heimischen 
Tierwelt ziemlich bekannter Herr, er habe einen Turmfalken die Raupen 
des Goldafters von einem Raupenneste ablesen sehen. Obschon hier nun 
eine gute Gelegenheit geboten wurde, für den armen Turmfalken eine 
Lanze zu brechen, zog ich es doch vor, den Betreffienden durch meine 
Behauptung, es sei gewiss ein roter Kuckuck gewesen, aufzuklären. 

?) Man ziehe aus diesem Beispiele nun nicht den Schluss: Der 
Kuckuck ist nicht nützlich. Das wäre natürlich durchaus falsch. Denn 
erstens beweist eine Beobachtung noch sehr wenig, und zweitens ähnelt 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 513 


Nachdem die Goldafterraupen sich eingesponnen hatten, 
zerstreuten sich die Kuckucke auf die in den Wiesen stehenden 
Pappeln, die vom Pappelschwärmer (Leucoma salicis) befallen 
waren. Über ihre dortige Tätigkeit kann ich nichts genaueres 
berichten. Es wird sich damit aber gewiss ähnlich wie im obigen 
Falle verhalten. Ich glaube übrigens auch, dass die Kuckucke die 
Schmetterlinge dieses Spinners fressen. Sehr gerne tun dies 
Meisen und besonders auch Buchfinken. Die Buchfinken haben 
kleine Plätze, wohin sie häufiger mit einem gefangenen Schmetter- 
linge kommen, um ihn dort zu verzehren. An solchen Stellen 
findet man dann eine ganze Anzahl abgebissener Flügel und Beine 
des Falters. Im vorigen Jahre sah ich sogar Erith. luscinia die 
Schmetterlinge dieses Falters verspeisen. 

Da wir nun doch einmal bei der Nahrungsfrage der Vögel 
angelangt sind, seien auch noch einige Worte über den Schaden 
resp. Nutzen der Saatkrähe, Corvus frugilegus, angefügt. Auf 
dem Gute meines Vaters hat sich diese Krähe vor langen Jahren 
eine Kolonie gegründet, die jetzt etwa 1000 Nester umfasst. Es 
sind dies dieselben Krähen, von denen Herr Bessenich, der Jagd- 
nachbar meines Vaters, in einem Schreiben!) an Professor G. Rörig 
spricht. Herr Bessenich betont in diesem Schreiben, dass es in 
der dortigen Gegend trotz der vielen Krähen sehr viele Hasen 
gebe, dass die Krähen der Jagd also keinen Schaden zufügten, 
während sie dem Landwirte mehr Nutzen wie Schaden brächten. 
Anlässlich dieses Schreibens Bessenichs komme ich gleich auf 
einen Fehler, den man meines Erachtens so häufig bei der Be- 
urteilung des Schadens der „Krähen‘‘ macht. Herr Bessenich 
spricht nur von „Krähen“, aber was für Krähen das sind, kann 


die Tätigkeit des Kuckucks den Raupen gegenüber der des Bussards und 
Konsorten bei einer Mäuseplage. Es ist nicht die Aufgabe des Kuckucks, 
eine ausgebrochene Raupenkalamität zu beseitigen, nicht die des Bussards, 
eine Mäuseplage zu ersticken. Vielmehr soll der Kuckuck dafür sorgen, 
dass die Raupen sich nicht übermässig vermehren, der Bussard und Ge- 
nossen, dass die Mäuse ihnen nicht über den Kopf wachsen. Dass jene 
Vögel in dieser Hinsicht erfolgreich wirken, ist gewiss; denn eine Plage 
entwickelt sich doch stets aus wenigen Individuen, und wenn diese ge- 
fressen sind, können sie sich eben nicht mehr fortpflanzen. Es liegt 
jedoch in der Natur der Sache, dass wir die Folgen dieser Tätigkeit mit 
unseren Augen nicht direkt wahrnehmen, und deshalb glauben manche 
nicht daran. — Den Nutzen oder Schaden eines Vogels nach seiner 
Tätigkeit bei einer ausgebrochenen Plage zu bemessen, halte ich für 
ziemlich verfehlt, wenigstens in den meisten Fällen. Wenn die Raupen- 
kalamität ausgebrochen ist, fressen sich die Kuckucke an dem gedeckten 
Tisch satt; von einem Nutzen oder Schaden (im Bau’schen Sinne) kann 
man dann m. E. nicht mehr sprechen. G.v. 8. 

1) Prof. Dr. G. Rörig, Untersuchungen über die Winternahrung der 
Krähen etc., Neudamm 1897, p. 22. 


x 


14 Geyr von Schweppenburg: 


der, der mit den Verhältnissen auf dem Gute des Herrn Bessenich 
nicht bekannt ist, nur vermuten. Herr Rörig führt den Bericht 
B.s an, um einen gewissen Herrn Steinacker zu widerlegen, der 
behauptet, Krähen hätten gute Feldjagden total ruiniert. Stein- 
acker spricht von Nebelkrähen (Corvus cornix) und Herr B. von 
Corvus frugilus, man kann also einen dieser Berichte nicht auf 
den anderen anwenden: Denn meiner sehr unmassgeblichen 
Meinung nach sind die Raben- und Nebelkrähen (©. corone et 
cornix) schädlich, während bei der Saatkrähe der Nutzen vielfach 
überwiegt. 

Die Saatkrähe nutzt der Landwirtschaft, weil sie, in Massen 
auftretend, den landwirtschaftlichen Schädlingen erfolgreich Ab- 
bruch tun kann. Sie schadet aber dem Jäger wenig, weil sie 
dem Jungwilde, insbesondere den jungen Hasen fast gar nicht 
nachstellt. Würde sie nämlich dem Wilde nachgehen, so könnten 
z. B. auf dem Gute meines Vaters unmöglich so viele Hasen am 
Leben bleiben, wie dort tatsächlich sind. Verspeist auch nur 
jede fünfte Krähe in der Zeit, wo sie sich in der Kolonie be- 
finden, also etwa von Anfang März bis Juni, nur einen Junghasen, 
so müsste man das bei einem Bestande von etwa 2000 Krähen 
doch schon recht gut merken können. Dem ist aber nicht so. 

Die Raben- und Nebelkrähe nützt der Landwirtschaft wenig, 
weil sie zu vereinzelt brütet,!) um dem Landmanne in der Ver- 
tilgung von Schädlingen wirksam beistehen zu können. Einen 
gewissen absoluten Nutzen bringen auch diese Krähen dem Land- 
manne, aber relativ verschwindet er. Ob nämlich ein Gutsbe- 
sitzer, der etwa 1000 Morgen bewirtschaftet, durch die Tätigkeit 
von zwanzig Raben- oder Nebelkrähen einen oder zwei Centner 
Feldfrüchte mehr erntet, kommt gar nicht in Betracht. Der Jagd 
dagegen können einige Paare der genannten Krähenarten sehr er- 
heblichen Schaden zufügen. Schon ein zerstörtes Rebhuhngelege 
bedeutet einen grösseren Schaden, wie ein verlorener Centner 
Frucht. Und wie viel Gelege und Junghasen kann solch ein 
Krähenpaar in einem Sommer konsumieren!?) 


1) Man wird einwenden, dass die Nebelkrähen im Herbste in grossen 
Scharen hier nach dem Westen kommen und dann doch durch ihre Zahl 
Nutzen stiften. Dem entgegne ich: ad. 1 kommen diese Krähen hier an, 
wenn schon ein grosser Teil der Äcker umgepflügt ist, und so können 
sie also nicht so tatkräftig gegen Engerlinge etc. einschreiten, wie Oorv. 
frug. Ad. 2 kommt es doch hauptsächlich auf den Nutzen resp. Schaden 
an, den die Krähen in ihrem Brutreviere stiften. Man kann nicht ver- 
langen, dass im Osten die grauen Krähen, die die Jagd so schädigen, 
geschont werden, damit wir im Westen im Winter davon den Nutzen haben. 

2) Ü. corone scheint auch in seltenen Fällen kleine Vögel im 
Fliegen fangen zu können. Am 8. V. d. J. erzählte mir Graf $., er 
habe gesehen, wie zwei Rabenkrähen einen kleinen Vogel in der Luft 
verfolgten, jedoch des öfteren fehl stiessen. Plötzlich habe jedoch eine 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 515 


Doch kehren wir noch einmal zur Saatkrähe und ihren 
Nutzen resp. Schaden zurück. Mein Vater erzählte mir, dass in 
früheren Jahren, als die Saatkrähen noch nicht da waren, in 
jedem Maikäferjahr der Busch fast kahl gefressen war, und in 
den Feldern so viele Engerlinge sassen, dass sie ganze Kleeäcker 
verwüsteten. Dann seien die Krähen gekommen und die Mai- 
käferplage habe immer mehr und mehr abgenommen. Jetzt ist 
der Maikäfer dort ein ganz seltenes Tier, so dass ich in manchen 
Jahren lange suchen musste, um einen zu finden. Mein Vater, 
der sein Gut bis vor kurzem selbst bewirtschaftete, hält deshalb 
diese Krähen wegen ihrer insektenfeindlichen Tätigkeit für nütz- 
licher als schädlich, und lehnte vor einigen Jahren das Ansinnen 
der Regierung in Aachen, die Krähenkolonie zu vernichten, ent- 
schieden ab. Er verkennt dabei aber auch durchaus nicht den 
grossen Schaden, den diese Krähe anrichten kann, und den er 
fast jedes Jahr erfahren musste. Des öfteren habe ich erlebt, 
dass Teile eines Ackers neu bestellt werden mussten, weil die 
Krähen fast jedes Korn 'herausgehackt hatten, und noch diesen 
Sommer musste er einen Maisacker dreimal bestellen, weil die 
Krähen zweimal allen Mais verzehrt hatten. Gegen solch eigen- 
nütziges Wirken der Krähen schreitet er dann aber auch mit 
mehr oder minder durchschlagenden Mitteln ein. Was die 
schwarzen Gesellen in diesem Frühjahr sündigten, suchten sie 
später wieder gut zu machen. Im Juni traf ich sie nämlich 
scharenweise mit ihren jungen Sprossen in einem stark vom 
Eichenwickler (Tortrix viridana) befallenen Eichenwalde an. Bei 
dieser Gelegenheit konnte man so recht ihr nützliches Treiben 
beobachten. Ein Teil der Krähen fiel auf den Eichen ein und 
las dort die Raupen ab, während die anderen in breiter Front 
auf dem Boden vorrückten und dort die hinuntergefallenen Schäd- 
linge verfolgten. Solch eine Schar von über 200 Corv. frugilegus 
kann schon ganz ordentlich unter den Raupen aufräumen, während 
der relative Nutzen von ein oder der anderen Rabenkrähe in 
diesem Falle tatsächlich verschwindet. Meiner Ansicht nach 
leisteten diese Saatkrähen im Vertilgen der kleinen grünen 
Raupen mehr als alle anderen sonst noch im Walde vorhan- 
denen Vögel. Ihre Anzahl stand eben zu der der Raupen in 
einem Verhältnis, das einen tatsächlichen Nutzen recht wohl mög- 
lich machte. 


der Krähen, als die andere eben wieder einen Fehlstoss gemacht habe, 
den aufwärts steigenden kleinen Vogel mit dem Schnabel gefangen. 
Ich unterstreiche „mit dem Schnabel;“ einen fliegenden Vogel mit den 
Fängen zu greifen, dürfte der Krähe wohl unmöglich sein. — Graf S. 
erzählte mir die Beobachtung gleich nach dem er sie gemacht hatte, und 
da die Krähen ganz nahe bei ihm waren, so habe ich keinen Grund die 
Sache zu bezweifeln, wenn ich auch sonst bei derartigen Beobachtungen 
meist ziemlich ungläubig bin. 


516 Geyr von Schweppenburg: 


Im übrigen verlassen die Saatkrähen meist nach vollendetem 
Brutgeschäft ihr Brutrevier und ziehen ganz aus der Gegend, 
wenn auch nicht allzu weit weg. Auf diese Weise bringen sie 
den Feldern, die sie im Frühjahre heimsuchten, im Herbste bei 
der Ernte keinen Schaden, der dann solche Leute trifft, die ihren 
Nutzen zur Brutzeit nicht genossen. Anfangs September, wenn 
die Nüsse reifen, lassen sich die Krähen wieder sehen, um ihren 
Tribut von den geliebten Früchten zu holen. Herbstnebel, braun- 
gelbes Nusslaub und das Geschrei der Saatkrähen gehören zu- 
sammen. Der Schaden, den sie dann anrichten, ist jedoch nicht 
so bedeutend; von ein paar Nüssen mehr oder weniger wird man 
auch nicht reich. 

Nach dieser kleinen Sommerabschweifung wollen wir uns 
wieder dem Zuge, dem Herbstzuge zuwenden, der allerdings, wie 
bekannt, lange, lange vor dem kalendermässigen Herbst beginnt. 
Schon im zweiten Drittel des Juli bemerkt man auch hier im 
Binnenwalde, dass die Vogelwelt allmählich in Bewegung kommt. 
Gegen Mitte Juli kommen die jungen Läubvögel in die Nähe der 
menschlichen Wohnungen und treiben sich dort mit Vorliebe in 
den Erbsen umher. Man sieht hin und wieder einen Ph. trochi- 
lus (L.) mit spatzenähnlichen Sprüngen auf den Sandwegen des 
Gartens umherlaufen, um Insekten zu fangen, die hübsche Strophe 
von Ph. rufus (Bchst.) ertönt aus den vereinzelt am Fluss stehenden 
Weiden, Ph. sibilator (Bchst.) hört man an Orten, wo er nie 
brüten würde, stümperhaft singen, oder man trifft einen Laub- 
vogel in den niederen Ginsterbüschen der Sandhügel, wohin er 
auf langsam weitergehendem Zuge gelangte. Von einer kleinen 
Pfütze steigt mit glockenheller, köstlicher Stimme ein Totanus 
ochropus (L.) auf, der auch schon seine engere Heimat verliess. 

Mit dem 24. Juli trat der Zug schon deutlicher hervor. 
Wir hatten unfreundliches, regnerisches Wetter bei starkem SW. 
Um 2 Uhr erschienen ziehende Micropus apus (L.). Der Zug 
währte etwa eine Viertelstunde lang, bestand aber doch nur aus 
höchstens 200 Seglern, da sie in losem Verbande und sehr lang- 
sam zogen. Um 2!/, erschienen wieder etwa vierzig und etwas 
später sechzig Micropus. Da sie dem Winde gerade entgegen 
zogen, kamen sie nur langsam vorwärts. Ich stellte ihre Flug- 
geschwindigkeit annähernd fest, indem ich beobachtete, — was bei 
dem langsamen Ziehen sehr gut möglich war, — wie lange 
einzelne Segler brauchten, um eine Strecke von 60 m zu über- 
fliegen. Sie gaben bisweilen dem andrängenden Winde nach und 
liessen sich rückwärts oder seitwärts gleiten. Je nachdem dies 
nun über der Strecke von 60 m geschah oder nicht, dauerte das 
überfliegen länger oder kürzer. Ich beobachtete, die Uhr in der 
Hand, eine ganze Anzahl einzelner Turmschwalben, und brauchten 
sie, um die besagte Strecke zu überfliegen, 25 bis 60 Sekunden. 
Im günstigsten Falle strichen die Segler also mit einer Ge- 
schwindigkeit von nicht ganz drei Metern in der Sekunde. Sehr 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1908. 51? 


wenig im Vergleich mit der sonstigen Schnelligkeit dieser Vögel! 
Die Höhe, in der sie zogen, mochte etwa 40 m betragen. - Die 
hier nistenden Segler sind zu etwa zwei dritteln weg. 

29. Es herrschen starke Westwinde bei Regen. Um 11 Uhr 
zogen etwa dreissig und amı Nachmittage wieder dreissig Mieropus 
nach SW-W. Ihre Geschwindigkeit war nicht grösser, wie die 
jener am 24. beobachteten. 


3l. Zu verschiedenen Tageszeiten ziehen kleinere Flüge 
— bis 20 Stück — Micropus apus in ziemlich westlicher Richtung 
bei SW. 


3. VIII. Chelidonaria urbica (L.), wahrscheinlich Junge, 
sammeln sich zu Scharen und ziehen allem Anscheine nach lang- 
sam fort. 


5. Einige Reiher ziehen nach Süden. Ich glaube, dass 
die Reiher, die man im August des Öfteren ziehen sieht, meist 
Junge sind. 

In der zweiten Hälfte des August belebt sich der Zug wieder 
mehr und mehr. Auf den Brachäckern hüpfen zahlreiche junge 
Sazxicole oenanthe (L.) umher; man hört den etwas sperlings- 
artigen Ruf des Brachpiepers (Anthus campestris (L.)) und sieht 
ihn in seiner eleganten, so sehr an Budytes erinnerden Gestalt 
auf den wenigen umgepflügten Feldern oder in bewachsenen 
Stücken. Bei der Hühnersuche fliegen alle Augenblicke Laubvögel 
und besonders Dorngrasmücken vor einem auf, hin und wieder 
einmal ein Rotschwänzchen oder dergleichen. Zahlreiche Pratin- 
cola rubetra sitzen auf den in Blüte geschossenen Zuckerrüben, 
und bisweilen fliegt in einem Luzernenstück ein kleines Vögelchen 
mit buntgestreiftem Kopfe auf, um gleich wieder in das dichte 
Grün unterzutauchen. Es ist Acrocephalus schoenobaenus (L.). 

30. Bemerke noch einen Micropus apus. 

5. IX. Schwacher SSO. Beobachte zwei Pernis, die sich 
auf dem Zuge in südlicher Richtung befinden. 

6. Schwacher SO. Gegen 51/, ziehen 50 Pernis apivorus 
nach SSW. 


8. SO. Einige Schwärme Corvus frugilegus streichen nach 
Süden; es ist dies kein eigentlicher Zug. Am Mittag sehe ich 
fünf Buteo sehr hoch kreisen; bei ihnen befindet sich ein kleiner 
Raubvogel, wahrscheinlich Astur nisus (L.). (Die jungen Vögel 
dieser Art sind schon seit einiger Zeit am ziehen.) Der kleinere 
Vogel streicht mit reissender Schnelligkeit nach Süden ab, 
während die Bussarde langsamer in ebenderselben Richtung 
folgen. Auf einem mit dem Dampfpfluge umgearbeiteten Acker 
treiben sich zahlreiche Budytes umher. Sie scheuen die schnau- 
fende Maschine fast gar nicht und nähern sich ihr bis auf wenige 
Schritt. 


12. DBeobachte noch einen Binnen und roten Kuckuck, 
wahrscheinlich beides junge. 


518 Geyr von Schweppenburg: 


13. Einige junge Lanius collurio L. sind noch da. Man 
trifft sie hier gewöhnlich nicht mehr so spät an, die alten ver- 
schwinden schon Mitte August ganz unbemerkt ebenso die meisten 
jungen. Unsere drei Schwalbenarten sind noch ziemlich zahl- 
reich vorhanden. Muscicapa atricapilla L. befindet sich seit 
längerer Zeit auf dem Zuge; sie haben es mit dem Reisen nicht 
gar eilig und halten sich an zusagenden Ortlichkeiten bisweilen 
Tage lang auf. Einige Acrocephalus palustris treffe ich in Korb- 
weiden an. Ferner beobachte ich einen jungen Colymbus fluvia- 
tilis, der höchstens sechs bis sieben Tage alt ist. Als die Mutter 


untertauchte, fing der kleine Kerl laut an zu piepen, tauchte 


dann aber auch. Es schien sein erster derartiger Versuch zu 
sein, so unbeholfen stellte er sich an. Langsam, nahe der Ober- 
fläche schwamm er in dem tiefen, klaren Wasser weg und er- 
innerte mit seinem kleinen Körper, den grossen Latschen an 
einen Frosch. — Seit vier Tagen herrscht kaltes, meist trübes 
Wetter bei West, doch ist es heute bei Südwind wärmer. 

15. Mässiger Nord, grösstenteils bewölkter Himmel; bis- 
weilen gehen Regenschauer nieder; Neigung zu Gewitter. Um 


11 Uhr ziehen 3 Buteo, gegen 1 Uhr fünf Buieo nach SSW., 


gleich darauf zwei Astur nisus SW. streichend, dann wieder einige 


Buteo und Tinnunculus. Einige Schwalben scheinen zu ziehen. 


16. Trübe, ziemlich kalt. SW. 

17. Das trübe Wetter klart gegen Mittag unter dem Ein- 
fluss von nördlichen Winden etwas auf. Gegen zwei Uhr zieht 
ein Buteo nach Süden; über ihm kreisen sehr hoch zwei kleinere 
Raubvögel, vermutlich Asz. nisus. A. nisus scheint gern paar- 
weise zu ziehen; wenn nämlich zwei Sperber nahe bei einander 
ziehen, kann man sie des Öfteren an der verschiedenen Grösse 
als $ und © erkennen. Häufig ziehen sie allerdings einzeln. 

18. Am frühen Morgen Regen, dann stark fallender regen- 
artiger Nebel. Am Mittag wird es infolge von südöstlichen 
Winden klarer und wärmer. Zwei A. nisus nach SSW. Ich 
beobachte etwa ein Dutzend [durchziehender] Mot. melanope Pall. 
Es ist dies einigermassen bemerkenswert, da die hiesige Gegend 
ganz eben ist und sich für die graue Bachstelze also gar nicht 
eignet. Im Winter sind zwar immer einige dieser reizenden 
Stelzen hier, und diesen Sommer konstatierte ich hier (im Flach- 
lande) ein brütendes Pärchen, das zwei Bruten hoch brachte. 

19. Der Wind steht am Morgen im Osten, geht dann lang- 
sam auf Süden zu und kommt gegen 4 Uhr von SSO. Am Morgen 
klar, zeitweise nebelig, vom Mittag bis Abend klar. Am Mittag 
streicht ein Bussard nach Süden, gegen 2 Uhr zwei A. nisus 
SSW., etwas später 16 Buteo vulgaris nach S. Ihnen folgen 
nach SSW, ziehend 2 Zinnunculus und 2 A. nisus. Gegen drei 
Uhr zieht ein Astur palumbarius (L.) niedrig nach Süden, etwas 
später F. subbuteo L. und einige Bussarde nach S. Wenige Budytes 
treiben sich noch bei einer Kuhherde herum, die meisten sind weg. 


u 


Kleine Notizen zum Vogeizuge 1908. 519 


20. SO. Sehr schönes, warmes Wetter. Gegen neun Uhr 
vormittags ziehen 16 Bussarde nach Süden, mittags 4 Buteo nach 
S, gegen vier Uhr neun Buteo S. 

21. Schön und warm bei SO. Um 2 Uhr 6 Buteo S. 

22. SO-O. Schön, doch bin ich bang, dass die Witterung 
umschlägt. Im Westen erscheinen nämlich leichte Cirrusstreifen, 
die den ganzen Himmel allmählich überziehen und die so oft Vor- 
boten kommenden Regens sind. Um 2 Uhr streicht ein Pernis 
nach S., etwas später einige Buteo S. Noch zwei Pr. rubetra 
gesehen, die grössere Mehrzahl ist schon länger fort. 

23. Das Wetter hält sich noch bei OSO. Die westlichen 
Luftströmungen sind jedoch schon tiefer gesunken und einige 
zerrissene Uirrocumulus kommen von Westen. ÖObschon ich am 
Morgen lange Zeit draussen war, sah ich nur einen Turmfalken 
ziehen. Einige Lerchen streichen zwar auch, doch ist das noch 
kein rechter Zug. Wenn einige auch ordentlich durchzogen, 
flogen viele ohne besondere Richtung trillernd und sich neckend 
in der sonnigen Luft umher. Gegen 2 Uhr ziehen 2 Buieo und 
2 4A. nisus S. 

24. Schönes Wetter bei SO. Am Morgen streicht ein Buteo, 
am Nachmittage drei Duteo n. 8. 

25. Teilweise bewölkt und sehr schwül. Gegen 4 Uhr 
zieht ein Gewitter herauf; es fängt an zu regnen. Vom Zuge 
nichts zu bemerken. 

26. Südwind. Vormittags ziemlich bewölkt, am Nachmittage 
klar. Es zieht nichts. 

27. Der Wind ist über Süden wieder mehr nach Osten ge- 
gangen und kommt am Morgen von SSO., am Nachmittage aus 
OSO. Am Morgen sehr nebelig, von 10 Uhr ab klar. Am Nach- 
mittage ziehen Cirruswolken herauf. Gegen neun Uhr ziehen 
wenige Lerchen nach SSW.; im übrigen ist der Lerchenzug so 
unbestimmt wie am 23. d. Mon. Ein Duteo nach S. 

28. Am Morgen Regen bei SW., später klart es bei SSO. 
auf. Es zieht nichts. 

29. Der Wind schwankt zwischen S. und SO. Gegen 2 
Uhr streichen 4 Buieo S. z. W. [Am Morgen drei Milvus vetinus 
Sav. nach SW.] 

30. SSO. Leichte Cirruswolken trüben das Blau des Himmels. 
Während der verflossenen Nacht und des heutigen Tages war es 
sehr warm (bis 22 C.) Am Morgen wenige Lerchen SW. Um 
121/;, Uhr ziehen 22 Buteo nicht hoch nach Süden, 21/, drei 
DButeo SW., gegen drei Uhr 24 Bussarde nach Süden. Am Nach- 
mittage kommt der Wind ganz schwach von SW. 

Während der nun folgenden Tage herrschte trübes, regne- 
risches Wetter bei mehr oder minder starken westlichen Winden. 
Der Bussardzug hört auf, und sehe ich während des ganzen 
Herbstes, mit Ausnahme weniger Tage, keine mehr ziehen. Die 


520 Geyr von Schweppenburg: 


Bussarde, die später noch hin und wieder zogen, waren wahr- 
scheinlich Rauhfüsse. 

1. X. Schwacher S. Morgens Regen, am Mittag klart es 
etwas auf. Am Morgen ziehen wenige Motacilla nach SW. 
Gegen Abend wetterleuchtet es stark im Südosten, und deshalb 
zogen während des Tages vielleicht so wenig Vögel. 

2. W; trübe, regnerisch. 

3. Starker West, trübe, bisweilen etwas aufklarend. Vom 
Zuge nichts zu bemerken. 

4. Trübe und regnerisch bei W. Beobachte noch eine An- 
zahl Sylvia atricapilla, 3 und 98 s. iuv. 

5. Sehr unfreundliches Wetter beistarkem SWest. Zieht nichts. 

6. SW., Regen. 

7. W. Trübe, bisweilen heitert es sich etwas auf. 1 Buteo 
und Tinnunculus scheinen zu ziehen. Ph. rufus, den man häufig 
mit Goldhähnchen und Meisen herumziehen sieht, singt trotz des 
schlechten Wetters ganz nett, wenn auch etwas leise. Diese 
Vögel singen meiner Meinung nach nicht aus Vergnügen und 
Lust. Sie sind nur geschlechtlich leicht angeregt, oder befinden 
sich wenigstens körperlich in einer guten Verfassung.!) Etwas 
ähnliches findet sich auch in der Pflanzenwelt: Der verspätete 
weisse Blütenstern einer Marguerite schaut aus dem Grase heraus, 
ein Birn- oder Apfelbaum treibt eine vereinzelte Blüte, und 
Rosskastanien entwickeln bisweilen im Herbste noch einen ganz 
annehmbaren Blütenflor. Diese Bäume blühen nicht, weil das 
schöne Wetter ihnen „Freude‘‘ macht, sie blühen, weil ihre Säfte 
und Treibkräfte infolge der Witterung oder anderer Umstände 
noch einmal besonders angeregt wurden. 

8. Am Morgen klar; der Himmel überzieht sich jedoch 
gegen 10 Uhr immer mehr und mehr, und gegen 11 Uhr tritt 
bei südwestlichem, schwachen Winde Regen ein. Gegen sieben 
Uhr morgens streichen 8 Columba palumbus L. nach Süden, gegen 
neun Uhr Finken und einige Alauda nach SW. Vonein bis zwei 
Uhr findet ziemlich starker Zug von Anthus pratensis statt, die 
etwa 30 m hoch in Trupps zu 4—10 nach SW. ziehen; wenige 
Alauda arvensis nach SW. 

9. W., schlechtes Wetter. 


1) Ich erinnere an die Afterbrunst beim Rehwilde, die meist keinen 
Erfolg hat, ferner an das Balzen der Birkhähne im Herbste. Es wird 
keinem einfallen, dem Treiben dieser Tiere irgend eine ideale Seite ab- 
gewinnen zu wollen. Wenn dies jedoch bei dem Herbst-Gesange ver- 
schiedener Singvögel geschieht, so hat das wohl seinen Grund darin, dass 
wir durch Wesen, Betragen und Äusseres des betrefienden Vogels, z. B. 
eines Laubsängers, derart beeinflusst werden, dass wir ihm irgend einen 
idealen menschlichen Affekt, wie Freude am Gesang oder dgl., zuschreiben 
möchten. Logisch berechtigt scheint mir ein solches Beginnen nicht zu sein. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1908. 521 


10. Abscheuliches Wetter, Regen. Vom Zuge nichts zu be- 
merken. Als ich am Nachmittage dem Treiben eines Meisen- 
schwarmes zusah, kam plötzlich eine Singdrossel hastig durch 
das Gebüsch heran gestrichen und setzte sich einige Schritte 
von mir auf einen niedrigen Erlenast. Sie öffnete den Schnabel, 
atmete krampfhaft und schien überhaupt ganz erschöpft zu sein. 
Ich ging näher heran und griff sie, ohne dass sie die geringsten 
Anstalten zur Flucht machte. In meiner Hand begann sie laut 
zu zetern und lokte dadurch den ganzen Meisenschwarm und 
einige Ph. rufus heran. Die Schwanzmeisen sind bei einer solchen 
Gelegenheit immer am vorlautesten und kommen am nächsten 
an einen heran; sie hatten aber auch gewiss noch nie gesehen 
dass ein „Geyer“ eine Drossel fing. Die Singdrossel blieb eine 
Zeit lang ganz ruhig auf meiner Hand liegen. Dann setzte ich 
sie auf den Boden, wo sie zunächst munter herumlief und sich 
mit ihren schönen, dunklen Augen meine Schuhe besah um dann 
gesund und vergnügt wegzufliegen. -— Sie war jedenfalls auf einer 
in der Nähe liegenden Wiese (am Schnabel hatte sie noch den 
klebrigen Schleim eines Regenwurms) von einem Sperber ver- 
folgt worden, ihm aber glücklich mit dem blossen Schrecken ent- 
kommen. Nur an der Schnabelwurzel hatte sie sich beim Durch- 
fliegen des Gebüsches ganz leicht geschrammt. 

1l. Am Morgen ganz klar bei S. Später überzieht sich 
der Himmel mit Dunst. Die oberen Wolkeu kommen von Westen, 
während unten mehr südliche Winde vorherrschen. Von acht 
Uhr bis gegen zehn Uhr ziehen in einem fort kleine Züge von 
Finken (Fr. coelebs), es schienen mir auch Fr. montifringilla dar- 
unter zu sein. Sie streichen alle etwa 40 m hoch nach Süd- 
westen, .in derselben Richtung ziehen auch Ac. cannabina (L.), 
wie immer so auch auf dem Zuge schwätzend. Am Nachmittage 
ist es ganz wolkig und ziemlich kalt, der Wind kommt von SO. 

12. Durchaus trübes, regnerisches Wetter bei West. 

13. Sturmartiger West, am Morgen Regen. Sah die ersten 
©. cornix, die trotz des starken Windes nach Westen zu ziehen 
schienen. Man kann, wenn es nur wenige Kräben sind, häufig 
nicht bestimmt sagen, ob sie ziehen oder nur der Nahrung wegen 
herumstreichen. Im übrigen stockt der Vogelzug gänzlich. Auf 
einen frischgepflügten Acker treiben sich etwa dreissig Motacilla 
alba ad. et iuv. umher; unter ihnen befindet sich ein .Budytes 
flavus. Für DBudytes ist dieses Vorkommen ein sehr spätes. 
Ausser den Stelzen treiben sich auf dem Acker noch sehr viele 
Pas. montanus, Fr. coelebs, montifringilla et Anth. pratensis herum. 

14. Am Morgen trübe bei mässigem SW. Von sieben bis 
gegen zehn Uhr ziehen sehr viele Finken und Lerchen nach SW. 
Am Nachmittage legt sich der Wind, und die Sonne bricht durch. 
Einige C. frugilegus et cornix ziehen nach Westen. 

15. Starker W, Regen. Einige hundert (©. frugilegus ziehen 
ganz niedrig nach SSW. 

Journ, f, Orn. LII. Jahrg. Oktober 1904. 35 


522 Geyr von Schweppenburg: 


16. WSW. Am Morgen trübe, gegen Mittag kommt die 
Sonne öfters zum Vorschein. Es ziehen einige hundert ©. frug. 
nach WSW. 

17. SW. Trübe, regnerisch. Etwa 20 Alauda ziehen gegen 
den Wind kämpfend nach SW., desgleichen wenige Finken und 
Krähen, am Nachmittage 10 Motacilla nach SW. 

18. Trübes, regnerisches, kaltes Wetter bei starkem West. 
Es findet sehr starker Zug besonders von Kleinvögeln statt. 
Den Höhepunkt erreichte er etwa gegen 10 Uhr, doch zogen schon 
von 71/, an Finken und Lerchen. Um ein Bild des Zuges zu 
geben, will ich die ungefähre Anzahl der Vögel anführen, die von 
9, bis 10 Uhr über mich resp. etwa 50 Schritt beiderseits an 
mir vorbei kamen. Es zogen in dieser Zeit also etwa 400--500 
Fringilla coelebs in kleineren und grösseren Scharen, ferner eine 
mässige Anzahl von Pas. montanus, Ac. cannabina, Chloris hortensis. 
In Flügen für sich oder mit anderen vermengt zogen etwa 250 
Anth. pratensis meist niedrig (30—40 m) wie die Finken, wenige 
höher, sodass ich erst durch das charakteristische sitt-sitt auf sie 
aufmerksam wurde. Lerchen (Alauda arvensis) kamen etwa 150 
vorbei, ferner 70—80 Gabrita arborea (L.)!) an der „abgerundeten“ 
Gestalt und dem schönen, hellen Lockruf leicht kenntlich. Von 
Drosseln zogen etwa 50 Turdus musicus und über 100 grosse 
Drosseln. Ich kann nicht sagen, ob es 7. pelaris oder torquatus 
waren, da sie ziemlich hoch und still zogen. Dazu kam noch 
eine Anzahl Stare und Motacilla alba, einige hundert ©. frugsilegus, 
ein Bussard, drei Ast. nisus und ein anderer kleiner Raubvogel, 
den ich für F. aesalon Tunst. halten möchte. Ich habe diesen 
Falken jedoch zu selten gesehen, als dass mir sein Flugbild ge- 
nauer bekannt sein könnte. 

Der Zug dauerte bis gegen zwei Uhr. Man sah bis zu dieser 
Zeit noch ziemlich viele Finken und Lerchen sowie Pieper ziehen. 
Einige Gal. arborea liessen sich gegen zwei Uhr auf einen Acker 
nieder, um Nahrung zu suchen. Am Mittag strichen ferner 7 
Bussarde nach Süden, drei nach SSW. Einzelne Finken, Lerchen 
und Pieper zogen noch bis gegen fünf Uhr nachmittags. Die 
Kleinvögel zogen durchweg nach Südwesten, hin und wieder 
wichen sie etwas nach Süden oder Westen von dieser Richtung 
ab. Die grossen Drosseln strichen genau nach Süden. Es ist 
möglich, dass diese Zugrichtung ihre Ursache in einem grossen 
Waldkomplexe hat, der von den Drosseln aus in dieser Richtung 
lag, den sie von ihrer Höhe aus gut erblicken konnten, da er 
etwa 2 Stunden von hier entfernt liegt, und in dem sie vielleicht 
halt machen wollten. Erwähnenswert ist, dass auch einzelne 
grosse Drosseln allein zogen; doch war ihnen das offenbar nicht 
recht angenehm. Am Nachmittage traf ich einen einzelnen Z. 


1) Auf dem Zuge erinnert diese Lerche sowohl im Äusseren als in 
ihrem Wesen viel mehr an Gabrita wie an Alauda. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 523 


Zorquatus in einem kleinen Weissdornstrauche an, wo er sich an 
„Hahnäpfeln“ gütlich tat. — Die Krähen zogen ganz niedrig in 
westlicher Richtung. Der starke Wind machte ihnen viel zu 
schaffen, während sich die Finken und Pieper mit ihrem prallen 
Gefieder, den kürzeren Flügeln, wie es schien, ziemlich leicht 
durch die Gegenströmung arbeiteten. — Abends horchte ich von 
neun Uhr bis nach zehn nach Zugvögeln aus. Nach den Lock- 
tönen zu schliessen zogen nur wenige Turdus musicus. !) 

19. Am Morgen ganz bewölkt. Gegen Mittag klärt es 
mehr und mehr auf. Während des ganzen Tages herrscht nahezu 
Windstille; der Wind kommt von Süden (am Morgen SO). In 
der Region der Cirruswolken herrschen nördliche Winde. Von 
morgens vor sieben Uhr an bis gegen sechs Uhr abends ziehen 
Corvus frugilegus, CO. cornix ganz vereinzelt. Es ziehen auch 
verschiedene kleine Züge ©. palumbus, doch kann ich bei ihnen 
keine eigentliche Zugrichtung feststellen. Die meisten zogen 
wohl nach SW., doch sah ich auch einige nach SO., andere nach 
W. ziehen. Am Morgen strichen einige Ringeltauben etwa 200 m 
hoch und verschwanden bisweilen fast gänzlich in den tief herab- 
hängenden Nebelwolken. Es ziehen ferner etwa noch 20 Vanellus 
nach W. Einzelne Asi. nisus ziehen während des ganzen Tages, 
gegen 4 Uhr 10 Bussarde nach SW. Um 41° wandern 19 Grus 
commwunis Bchst. nicht sehr hoch nach Westen. Lerchen ziehen 
vom Morgen an bis nachmittags gegen 4 Uhr, einzeln, meist zu 
sieben bis zwölf, doch auch in Scharen zu 40 --50 Stück, Staren 
in geringer Zahl, desgl. sehr wenig Finken, Wiesenpieper und 
weisse Bachstelzen. Hin und wieder bemerkte ich einzelne Lerchen, 
die nach Nordosten zogen. Auf diese Erscheinung werde ich 
weiter unten noch zurückkommen. 

Am Abend lausche ich von neun Uhr bis halb elf in die 
Nacht hinaus. Es ziehen ziemlich viele Zurdus musicus. Der 
Lockruf der Singdrossel hat zu nächtlicher Stunde etwas ganz 
eigenartig anziehendes an sich: Langsam dreht sich die schwarze 
Himmelshalbkugel, die mit tausenden glänzender Nägel ausge- 
schlagen ist, von Osten nach Westen; der silberhelle kleine Wagen 
kommt rückwärts laufend immer näher. Sternschnuppen durch- 
eilen geschäftig den weiten Himmelsraum. Die Erde liegt, im 
Dunkel gehüllt, still und schlafend da; nur die nimmermüden 
Blätter der kanadischen Pappel raunen sich zitternd ihr baldiges 
Sterben zu. — Und in diese hehre Stille hinein tönt der sanfte, 
gedehnte Ruf der Singdrossel, die, unter dem matten Scheine 

1) Ich erkundigte mich bei der Vogelwarte Rossitten, ob etwa dort 
am 17. oder 16. starker Zug von Kleinvögeln stattgefunden habe. Wie 
Herr Thienemann mir hierauf mitteilte, war er an den genannten Tagen 
nicht auf der Nehrung. Nachträglich wurde im jedoch mitgeteilt, dass 
an besagten Daten nicht viele Krähen zogen, jedoch zahlreiche Seiden- 
schwänze beobachtet wurden. 


35* 


524 Geyr von Schweppenburg: 


der Himmelslichter dem Südwesten zueilend Meile um Meile 
zwischen sich und ihre Heimat bringt. — 

20. SSO. Schönes, doch ziemlich kaltes Wetter (am Morgen 
5°C.). Krähen ziehen in mittlerer Höhe von morgens früh bis 
nachmittags fünf Uhr nach Westen. Lerchen ziehen am Morgen 
sehr zahlreich, einmal ein Zug von 70—80, Fr. coelebs seltener, 
desgl. einige Stare und Ringeltauben. Um 2 Uhr 8 Bussarde 
S. zu W., etwas später 20 Vanellus WSW. Am Abend höre ich 
nichts ziehen. 

21. Am frühen Morgen klar, dann Regen, gegen Mittag 
klärt es wieder ziemlich auf. Der Wind in den oberen Luft- 
schichten kommt vom Morgen an von SW.; unten herrschen zu- 
nächst südöstliche kalte Winde, die aber bald nach SW. gehen 
und wärmer werden. Krähen (C. frug.) ziehen zu vielen tausenden, 
Lerchen am Morgen ziemlich zahlreich, Finken sehr wenig. Am 
Nachmittage ziehen verschiedene Lerchen nach Osten, einige 
Bussarde und Sperber nach S., 60—70 Vanellus nach SW. Am 
Abend regnet es (14° C.). 

22. Ziemlich starker SW.; mildes, trübes Wetter, zeitweise 
Regen. Krähen ziehen in sehr grossen Scharen meist nach Westen, 
doch auch nach SW. Lerchen ziehen nur vereinzelt. 

23. Ziemlich starker SW. bis W. Am Morgen trübe, gegen 
Mittag klärt es etwas auf. Corv. frugilegus zieht wie gestern, 
am Morgen ziemlich viele Lerchen nach SW. resp. W. Beobachte 
noch Ph. rufus. 

24. Am Morgen trübe; später klart es vollkommen auf. 
Wind: SW. In der Region der Cirruswolken herrschen west- 
liche, gegen Abend mehr nördliche Strömungen. Am Morgen 
ziehen recht viele Lerchen und einige Finken, Krähen weniger. 
Gegen elf Uhr morgens ziehen 27 Grus nach SW. Etwas nach 
zwölf wandern drei starke Kranichzüge, wohl über 200, in mässiger 
Höhe nach SSW. 

25. SO. Krähen ziehen nicht oft, doch in sehr starken 
Zügen, ferner mässig viele Lerchen, einige Finken, hin und 
wieder eine Motacilla oder Anthus. Krähen und Lerchen streichen 
mit dem Winde mit etwas entgegengerichteten Körper, ohne je- 
doch von ihrer Zugrichtung abzuweichen, wie dies Gätke in der 
„Vogelwarte‘‘ des längeren beschreibt. 

26. SSO. später S. Lerchen ziehen nur wenig, desgl. 
Corvus frugilegus. 

27. SSO. Im ganzen schönes Wetter, am Mittag für die 
Jahreszeit recht warm. Am Morgen ziehen Lerchen, doch nicht 
sehr zahlreich, nach SW., Finken und Anthus ganz vereinzelt. 
Die Lerchen wenden sich wieder dem Winde so entgegen, dass 
ihre Körperachse von der Zugrichtung gewiss um 30° abweicht. 
Krähen ziehen in mässiger Zahl nach Westen. Sehr erstaunt 
war ich, in einer Korbweidenpflanzung noch einen Acrocephalus 
anzutreffen. Ich konnte ihn mit Musse betrachten, wage aber 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 525 


nicht zu sagen, ob es sireperus oder palustris war, da ich keinen 
Laut von ihm hörte. 

28. Ziemlich heiter bei SW. Am Morgen ziehen viele 
Lerchen. Nachmittags wird der Wind stärker, Krähen ziehen 
wenig, auch noch einige Alauda. 

29. Am Morgen W., der bald in N. übergeht. Die unteren 
Wolken kommen von Norden, die oberen von SW. Morgens 
Nebel und Regen. Krähen ziehen wenig, Lerchen vormittags 
nicht. Am Nachmittage ziehen wenige Alauda nach SW., einige 
nach Norden. 

30. SSW. später WSW., zunächst klar dann trübe. Finken 
und Pieper ziehen sehr wenig, Lerchen ziemlich viel, einmal ein 
Zug von etwa 40, nach SW., Krähen wenig nach W. resp. SW. 

3l. Recht schönes, sonniges Herbstwetter bei SW-W. 
Lerchen ziehen nur wenig desgl. ©. frug. Am Nachm. ziehen 
verschiedentlich Lerchen nach N. resp. NO. 

1. XI. Im ganzen schönes, am Morgen kaltes Wetter bei 
SW-S. Lerchen ziehen garnicht, sehr wenige 0. frug. 

2. Ganz schwacher SSO.; sehr schön, am Morgen nebelig. 
Lerchen ziehen wenig desgl. Fr. coelebs. 

3. Fast Windstill (SO.). Die Wolken kommen am Nachmittage 
von Westen, am Abend von N. Ausser wenigen ©. frug. zieht 
nichts. Gegen 2 Uhr kam ein ziemlich grosser Schwarm ZT. 
_pilaris von Norden, doch machten sie nicht den Eindruck von 
ziehenden Vögeln. 

4. Sehr schwacher NNO. Ziemlich nebelig, der Himmel 
grau in grau, am Nachm. wird es ein klein wenig heller. Die 
‚oberen Wolken kommen am Nachmittage von NW. am Abend 
von W. Am Morgen zieht nichts, später einige Lerchen nach 
NO., sehr wenige nach SW. Im übrigen sind die Lerchen sehr 
munter; schwärmen aufgeregt umher und jagen einander. Auf 
einer Wiese treiben sich einige hundert F. pilaris und Sturnus 
umher. Gegen drei Uhr ziehen etwa 50 F. pilaris ziemlich 
hoch nach S., etwas später treffe ich auf einer Weide 30 —40 
T. iliacus an; möglicher Weise waren sie erst kürzlich angelangt, 
da ich sie eine Stunde vorher noch nicht dort sah. 

5. Ziemlich schön, doch dunstig und immer mehr oder 
weniger bewölkt. Leichter NO. Krähen ziehen sehr wenig. 
Lerchen sehe ich mehrfach nach NO. streichen, wenige nach 
SW. Gegen 3 Uhr etwa 30 T. pelaris nach W., doch zogen sie, 
glaube ich, nicht. 

6. Ganz schwacher NO. Am Morgen neblig, mittags sehr 
schön, später bewölkt. Krähen, C. frug. ziehen sehr wenig nach 
W. Am Mittag zwei Astur nisus SSW. Lerchen sehe ich 
ziemlich viel nach NO. ziehen, wenige nach SW., doch zogen 
die Lerchen überhaupt nicht recht, es war mehr ein Umher- 
streichen. 


526 Geyr von Schweppenburg: 


7. Trübe, schwacher NO. Krähen ziehen ganz vereinzelt, 
Lerchen schwärmen umher. 

8. S., trübe ziemlich kalt. Wenige C©. frug. ziehen nach 
W. Sehe noch eine Her. rustica iuv. 

9. Am Morgen kalt (2° C.), wolkenlos, schwacher!S. Am 
Nachmittag überzieht sich der Himmel fast ganz mit leichten, 
von West kommenden Wolken. Krähen ziehen nur sehr wenig, 
Lerchen garnicht. 

10. Mässiger W.; wärmer wie gestern. Zunächst trübe, 
dann kurze Zeit klar, am Abend Regen. Lerchen und ©. frug. 
ziehen sehr wenig. 

11. Mässiger SW., trübe. Vereinzelte Krähen und Lerchen 
ziehen in der gewohnten Richtung. 

12. W., nebelig, Regen. Vereinzelte Krähen. 

14. W., ziemlich schön; hin und wieder eine Lerche. 

15. Mässiger W. Am Morgen schön doch frisch, später 
trübe. Lerchen, Al. arvensis et @. arborea, sind sehr munter, 
ziehen jedoch nicht recht weiter. 

16. Einige G. arborea ziehen nach S., starker SW. 

17. West, trübe; vereinzelte ©. frug. 

18. Schwacher N. Sehr wenig Krähen, einzelne Lerchen 
ziehen, Anth. pratensis streicht umher. 

19. N-NO. Am Morgen teilweise bewölkt am Nachmittag 
heiter. Wenige ©. frug. ziehen. 

21. Sturmartiger W., Regen. 

22. Starker W., Regen. 

25. Ziemlich kalt. Beobachte noch zwei Pr. rubicola, wie 
es“ scheint ein Pärchen. Der Krähenzug hat vollkommen auf- 
gehört, nachdem er schon seit Anfang November nahezu er- 
loschen war. 

30. Es sind noch einige hundert Stare hier. Ziemlich 
kalt. Schnee. 

1. XII. Gestern und heute hat es etwas geschneit (0°). 
Während des ganzen Tages ziehen ziemlich viel Lerchen nach 
SW. resp. W. Sie weichen dem Schnee und der Kälte. Der 
Zug geht noch in derselben Weise vor sich wie sonst im Herbst, 
unterscheidet sich nur dadurch, dass die Lerchen heute den 
ganzen Tag ziehen, während sie sonst meist in den Morgen- 
stunden wandern. 

2. Sehr schön, das Quecksilber hält sich über dem Null- 
punkt. Lerchen ziehen nicht. In den Wiesen treffe ich hunderte 
von Staren und /. pilaris an. Unter den Wachholderdrosseln 
war eine, deren Stoss erst etwa ein Drittel seiner Länge erreicht 
hatte, und sah sie in einiger Entfernung wie eine Pr. rubeira in 
Lexikon-Format aus. Die Stare hielten sich meist mit Anth. pra- 
tensis und einigen Mot. alba an den Abwässern einer Zucker- 
fabrik auf. Sie finden dort reichliche Nahrung, da sich in dem 
Wasser eine sehr grosse Menge von Regenwürmern befindet, die 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 927 


mit der an den Rüben haftenden Erde in die Fabrik gelangen. 
An dem Ufer eines breiten Grabens traf ich einen Totanus 
ochropus an. Vorigen Winter erhielt ich sichere Nachricht von 
einem am Niederrhein überwinternden Paare dieses Wasserläufers. 

5. Gestern und vergangene Nacht hat es sehr stark ge- 
schneit (0°). Den unter dem 2. erwähnten 7. ochropus sah ich 
wieder. Am Nachmittag zieht ein Schwarm von etwa 80 Lerchen 
niedrig und etwas matt nach SW. [Zwölf Gänse sehr hoch nach 
Süden gegen den Wind]. 

6. Es liegt noch sehr viel Schnee, doch taut es bei West. 
Ein Zug Alauda niedrig nach W. 

8. SW. Es taut; vergangene Nacht hat es noch etwas 
geschneit. In den Wiesen treffe ich fast gar keine 7. pelarvs 
mehr an. Auf dem Felde sah ich einen Schwarm von mehreren 
hundert Lerchen. Sie werden bei dem Schneewetter gekommen 
sein, haben aber jetzt keine Eile mehr, da es wieder wärmer ist 
und sie Nahrung finden können. Ein F. aesalon (wie es schien 
iuv.) streicht auf wenige Schritt Entfernung niedrig an mir vorbei. 

9. S. Am Morgen schön, später Regen. Verhältnis- 
mässig viele Lerchen streichen nach NO. resp. OÖ. Sie wenden 
ihren Körper dem Südwinde sehr stark (einige wohl um 40°)entgegen. 

12. S. Milde, am Nachmittage kälter. Morgens, als es 
noch dunkel war, hörte ich einige Lerchen nach NO. ziehen, 
späterhin zogen noch verschiedene, am Nachmittage keine. 

19. OSO. Die Temperatur hält sich um den Gefrierpunkt 
herum. In den Wiesen sind noch die gewöhnlichen Gäste, T. pi- 
laris und Sturnus. Ich beobachte ein, jedenfalls überwinterndes, 
Pärchen Pr. rubicola. Während dem ich sie beobachte hielten 
sie sich auf einem mit Dünger bestreuten Felde, auf einer Feld 
und Wiese trennenden Hecke oder an einem in der Wiese be- 
findlichen Heuhaufen auf. Sie sahen zwar nicht sehr vergnügt 
aus, doch kam ihr schwanzwippendes Wesen noch immer zum 
Durchbruch. — Bevor ich diese Notizen schliesse möchte ich 
noch ein Wort über die Wintertätigkeit des Grünspechts sagen. 
Wer im Winter ein Wiesenland besucht, das nicht allzu weit von 
Baum und Strauch entfernt ist, wird gewiss bald unseren Specht 
in linkischen Sprüngen dort umherhüpfen oder schnurrenden 
Fluges davon eilen sehen. So beobachtete ich heute wieder an 
einer derartigen Stelle dicht bei einander vier Grasspechte. Wie 
ich mich ihnen nähere, verlassen sie den Erdboden und suchen 
sich, ärgerlich über die Störung, hinter einer dünnen Pappel zu 
verstecken. Auf dem Felde ihrer Tätigkeit angelangt, entdecken 
wir gleich eine Behausung der kleinen rotbraunen Wiesenameise, 
in deren Wohnung ein Loch gehackt ist. In diesem Loche 
krabbeln eine ganze Anzahl halberstarrter Ameisen umher. Um 
den Ameisenhaufen herum liegen zahlreiche Exkremente des 
Spechtes. Wir öffnen sie und finden nur unverdauliche Teile 
von Ameisen; denn Ameisen sind die hauptsächlichste Winter- 


528 Geyr von Schweppenburg: 


nahrung vieler Grünspechte, und im Sommer ist die Nahrung, 
wie bekannt, nicht viel anders. Während des ganzen Winters 
treiben sich viele Spechte nur in Wiesen umher, mag es nun | 
frieren, tauen oder schneien. Es sieht so komisch aus, wenn 
sie, analog ihrem Benehmen am Baume, im Schnee wie versteinert 
sitzen, um nicht gesehen zu werden. Unter der Schneedecke | 
werden sie die Ameisen vielleicht mittelst des Geruchsinnes finden. 
— Soweit ich den Grünspecht kennen lernte, konnte ich mich von 
seiner Nützlichkeit, die v. Homeyer z. B. in seiner Specht- 
schrift!) so hervorhebt, nicht überzeugen, allerdings fällt es mir 
deswegen doch nicht ein, ihn schädlich zu nennen: Ob ein Specht 
einige Zehntausend Ameisen verspeist oder nicht, das wird dem 
Menschen wohl weder Schaden noch Nutzen bringen. — 


Im Folgenden stelle ich die Zugdaten von Corvus frugilegus 
und von Buteo noch einmal übersichtlich zusammen. Die Tages- 
zeit der Beobachtung lasse ich meist weg, da ich nur einen 
beschränkten Teil des Tages draussen sein konnte, und daher 
die meisten der durchziehenden Vögel nicht beobachtet wurden. 
Unter Windrichtung führe ich zunächst die hier beobachteten 
an, dann jene, die um 2 p auf dem Monte Rigi im Hohen Venn 
in 675 m Höhe festgestellt wurden. Sie haben vielleicht insofern 
einigen Wert, als man sieht, wie der Wind in höheren Luft- 
schichten von den unten herrschenden Strömungen abweicht. 
Man darf diesen Angaben jedoch keinen zu grossen Wert 
beiinessen, da das Hohe Venn ja noch ziemlich weit von hier 
entfernt ist und der Monte Rigi nicht aus einer Tiefebene 
aufsteigt. 

Die Beobachtungen über die Windrichtung auf dem Hohen 
Venn verdanke ich der grossen Gefälligkeit des Herrn Professor 
Dr. P. Polis, Direktor des Meteorologischen Observatoriums in 
Aachen, dem die Station auf dem Monte Rigi unterstellt ist. 
An dieser Stelle spreche ich Herrn Dr. Polis nochmals meinen 
verbindlichsten Dank für sein freundliches Entgegenkommen 
aus. — = 


1) Die Spechte und ihr Wert in forstlicher Beziehung. Frank- 
furt a. M. 1879. 


529 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 19083. 


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Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 


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Kleine Notizen zum Vogeizuge 1908. 


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Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 585 


Wie die Tabellen zeigen, begann der Frühjahrszug von 
C. frugilegus‘) mit dem 16. Februar und schloss mit dem 22. März. 
Die Kulmination trat am 4.—7. Ill. ein, fällt also mit der 
Mitte der Summe der Zugtage ziemlich genau zusammen. 
Im Beginne der Zugzeit zogen die Krähen meist bei heiterem 
oder doch wenigstens nicht trübem Wetter. Die Tageszeit schien 
keinen wesentlichen Einfluss auf die Zahl der ziehenden Krähen 
zu haben. Sie zogen von morgens acht Uhr an bis gegen fünf 
Uhr nachmittags; nach fünf Uhr sah ich keine Krähen mehr ziehen. 

Die Höhe des Zuges ist eine sehr verschiedene. Bisweilen 
ziehen die Krähen so hoch, dass sie dem unbewaffneten Auge 
nur noch wie ein Punkt erscheinen, ein andermal streichen sie 
kaum 20—30 m über dem Erdboden dahin. Bei schönem, stillen 
Wetter geht der Zug fast durchweg höher als bei windiger und 
trüber Witterung von statten. 

Von neunzehn Zugtagen herrschte an 9 Tagen Süd- West, 
an zwei Tagen West, an sechs Tagen Süd-Ost oder Ost und an 
zwei Tagen so zu sagen Nordwind (NNW und NNO). Verteilen 
wir die beiden letzten Tage auf solche mit Mit- oder Gegenwind, 
so erhalten wir zwölf Tage, an denen der Wind mehr oder weniger 
in der Richtung der ziehenden Krähen wehte, und sieben Tage, 
an denen er eine mehr oder weniger entgegengesetzte Richtung 
hatte. 

Der Herbstzug der Saatkrähe begann mit dem 14. Oktober 
und erreichte sein Ende am 3. November. Nach dem dritten 
November zogen allerdings, wie aus den Notizen ersichtlich, auch 
noch hin und wieder wenige oder einzelne Krähen, doch konnte 
ich das nicht mehr als eigentlichen Zug betrachten. Es sind dies 
einzelne Nachzügler, die zu der Masse der in der eigentlichen 
Zugzeit ziehenden Vögel in gar keinem Verhältnis stehen. 

Seinen Höhepunkt erreichte der Herbstzug von (©. frugilegus 
am 19.—23. X. 

Die Tageszeit hatte wie im Frühjahr keinen wesentlichen 
Einfluss auf die Krähen; sie zogen von der Morgen- bis zur 
Abenddämmerung. 

©. frugilegus zog im Herbste durchschnittlich viel niedriger 
wie im Frühjahre. Uber eine Höhe von 300m gingen sie gewiss 
nie hinaus; meist zogen sie bedeutend tiefer. Im übrigen unter- 
scheiden sich die Krähenzüge im Herbste von denen im Frühjahre 
dadurch, dass sie im Herbste seltener anhalten, um zu kreisen. 


1) Ich bemerke, dass, wie auch aus den Notizen hervorgeht, grössere 
Züge von Corvus cornix hier nicht durchkommen; ihre Hauptmasse 
dürfte mehr nördlich vorbeiziehen. — Es ist interessant, dass während 
des vorigen Sommers eine Nebelkrähe hier geblieben ist (in der Nähe 
von Straelen an der holl. Grenze). Die Krähe wurde nicht geschossen, 
da sie stets mit einer Rabenkrähe zusammen war, und man hoffte, sie 
würde brüten, was aber nicht der Fall war. 


536 Geyr von Schweppenburg: 


Von den einundzwanzig Tagen, die als Zugperiode ange- 
nommen wurden, (an den letzten dieser Tage zogen nur noch 
sehr wenig Krähen) herrschten an dreizehn Tagen Süd-West oder 
Westwinde, an fünf Tagen Südwind, an drei Tagen Süd-Ost, und 
an einem Tage Nordwind. Die bei weitem grösste Anzahl der 
Zugtage weist also Strömungen auf, die nicht die Richtung der 
ziehenden Krähen hatten. 

Der Zug von Buieo begann etwa am achten September und 
dauerte bis zum dreissigsten dieses Monats. Seinen Höhepunkt 
erreichte er am 19. und 20., doch zogen am 30. noch einmal sehr 
viele. Inwiefern die Tageszeit den Zug beeinflusst, kann ich nicht 
sagen. Ich glaube jedoch dass sie nicht gerne am frühen Morgen 
und in den späten Nachmittagstunden ziehen. 

Die Bussarde zogen meist in mässiger Höhe, selten wohl 
höher wie 150 m und fast durchweg nach Süden. 

Von fünfzehn Tagen, an denen Buteo (Pernis, Astur) zogen, 
herrschten an zehn Tagen Süd-Ostwinde, an einen Tage SW., 
an zwei Tagen OSO. und nur an zwei Tagen Nordwind. An 
dreizehn Tagen war also der (meist. schwache) Wind der 
Zugrichtung der Bussarde nahezu entgegengesetzt, und 
nur an zwei Tagen wehte er in der Richtung des Zuges. 

Aus den vorstehenden Tabellen ersehen wir aiso kurz ge- 
sagt: Bei Krähen, Bussarden und Lerchen kommt es auf die 
Richtung der während des Zuges herrschenden Winde nicht 
sonderlich an. Da im diesjährigen Frühling mehr südliche wie 
nördliche Winde herrschten, so kamen die Vögel eben vielfach 
mit südlichem Winde an. Im heurigen Herbst war die Wind- 
richtung durchweg eine südliche resp. westliche, und die Folge 
davon war, dass die meisten Vögel der genannten Arten bei 
Gegenwind zogen. Sind die dem Vogel entgegenwehenden 
Strömungen sehr stark, dann ist der physische Widerstand, 
den der Vogel findet, zu stark, als dass er ihn, wenn er es nicht 
gar zu eilig hat, zu überwinden sucht. Es kommt dem Vogel 
wohl nicht darauf an, eine möglichst starke Mitströmung aufzu- 
suchen. Ruhiges Wetter wird ihm eben so angenehm sein; 
dann braucht er am wenigstens über das gewöhnliche Mass seiner 
Fluggeschwindigkeit hinanzugehen resp. hinter ihm zurückbleiben. 

Meine Ansicht über das Zusammenwirken von Eigen- und 
Windgeschwindigkeit ist nämlich eine andere wie jene, die von 
Lucanus gelegentlich der Besprechung einer Zugbeobachtung an 
Krähen (Örnithol. Monatsb., XI, 7/8, p. 98) vertritt.!) Er schreibt 


1) Durch Erfahrungen, die man in letzter Zeit in verschiedenen 
ornithol. Blättern machen konnte, bewogen, bemerke ich, dass ich mich 
natürlich nur gegen gewisse Ansichten und nicht gegen die dieselben 
vertretenden Personen wende. Meinungsverschiedenheiten müssen be- 
stehen, und sie sind der Wissenschaft in gewisser Beziehung auch von 
grossem Nutzen, wenn sie sich nicht in allen persönliches Gezänk verlieren. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 537 


dort: „Ein mit dem Winde fliegender Vogel kommt um die Summe 
der Eigengeschwindigkeit und der Windgeschwindigkeit vorwärts; 
denn der Wind treibt die ganze Luftmasse, in welcher der Vogel 
schwebt, mit sich vorwärts, also mit dieser auch den Vogel 
selbst“. Mir leuchtet diese Annahme durchaus nicht ein. Wenn 
sie richtig sein sollte, so müsste der Vogel ein Gegenstand sein, 
der das specifische Gewicht der Luft besässe. Nun ist das 
specifische Gewicht des Vogels im Verhältnis zu dem der Luft 
ein sehr grosses; er schwebt also nicht in der Luft und kann 
ohne weiteres nicht ihre Geschwindigkeit annehmen. Entspräche 
die Ansicht des Herrn von Lucanus der Wirklichkeit, so wäre 
das für einen Vogel allerdings sehr angenehm. Er könnte dann 
bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m seine eigene auf 
0,01 m/sec reduzieren und dann mit einer Endgeschwindigkeit 
von 10 — 0,01 = 10,01 m/sec ohne merkliche eigene Arbeit 
dem Süden zuschweben. 

Der Vogel wird sein specifisches Gewicht allerdings infolge 
seines Respirationsapparates verringern können, sehr selten je- 
doch wohl das der Luft erreichen. Annähernd das sp. Gewicht 
der sie umgebenden Luft erreichen vielleicht jene Vögel, die 
wir bisweilen ohne Flügelschlag langsam aufwärts schweben sehen. 
Diese Vögel müssten dann in ihren Körper so viel wärmere, also 
dünnere, Luft aufnehmen, dass das Minus des specifischen Ge- 
wichtes der erwärmten Luft das Plus des sp. Gewichtes des 
Körpers aufhebt. 

Inwiefern nun beim einzelnen Vogel die Eigengeschwindig- 
keit durch die Windgeschwindigkeit vermehrt oder ver- 
mindert wird, das hängt m. M. n. von der plastischen 
Gestalt und dem sp. Gewicht des Vogels ab und ist nicht 
einfach durch Addition und Subtraktion zu finden. 

Die Vögel sind durchaus nicht so auf die in ihrer Zug- 
richtung wehenden Strömungen angewiesen, wie man wohl an- 
nimmt: Stilles, schönes Wetter ist ihnen wohl ebenso ange- 
nehm wie starker Mitwind. Dass dies der Fall ist, zeigen in 
gewissem Masse meine kleinen Notizen, besonders aber auch ver- 
schiedene Angaben, die ich bei der Durchblätterung einiger den 
Vogelzug behandelnden Arbeiten fand. E. v. Homeyer!) bemerkt 
in seinem schönen Werke über den Zug p. 118, dass unge- 
wöhnlich starker, allgemeiner Vogelzug fast immer bei 
schönem, stillen Wetter stattfinde; p. 405 sagt der vorzügliche 
Kenner des Schnepfenzuges Dr. Quistorp, dass Schnepfen sich 
auch vom kältesten Nordost im Zuge nicht aufhalten lassen, 
während andere Vögel bei solch nasskaltem Wetter den Zug 
unterbrachen. (Es ist wohl weniger der Wind wie vielmehr die 
Kälte, welche derart auf den Vogel einwirkt, dass er den Zug 
unterbricht.) 


1) E. F. v. Homeyer, Die Wanderungen der Vögel, Leipzig 1881. 
Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Oktober 1904. 36 


538 Geyr von Schweppenburg: 


von Droste- Hülshoff!) sagt p. 119: „Sie (die Krähen) 
wanderten bei allen Windrichtungen und bei jedem Wetter“, 
pag. 243: „Dass sie (die Waldschnepfen) ausschliesslich bei ge- 
wissen Windrichtungen anlangen, ist nicht der Fall“. 

Nun zum Vogelwärter Gätke und seiner „Vogelwarte“, wo 
er p. 97 schreibt: „Die auf den letzten Seiten gegebenen Daten 
dürfen wohl als wesentliche Bestätigung dessen gelten, was ich 

. so wiederholt ausgesprochen, dass nämlich den Vögeln 
während ihrer beidermaligen Jahreswanderungen Östliche 
und namentlich südöstliche Winde und solchen nahestehende 
Windstillen das willkommenste Reisewetter darbieten.“ 
Heftige konträre Winde hemmen den Zug meist. P. 267 lesen 
wir, dass Zurdus torquatus im Frühjahre fast nur bei warmem 
Wetter mit südöstlichen resp. östlichen Winden erscheint, 
p. 510, dass am 22. VIII. 82. ausserordentlich viele Char. 
morinellus bei West zogen, mehr allerdings bei NO. P. 517 sagt 
Gätke weiter, „herrscht bei der einen oder der anderen Zug- 
periode durchgängig mehr oder weniger heftiger Süd west mit 
Regen oder Nebel, so sieht man weder Schnepfen, noch sonst 
einen Vogel hier auf Helgoland; ist das Wetter jedoch warm 
und ruhig, begleitet von schwachen südöstlichen bis süd- 
lichen Winden, so sind sicherlich im Frühjahr sowohl, wie 
im Herbst alle Vogelarten in grossen Mengen vertreten.‘ 
Auch an diesser Stelle betont Gätke, dass der Zug bei heftigem 
Gegenwind nahezu stockt. 

Bei Faber?) lesen wir p. 60 „Es ist mehrmals gesagt worden, 
-dass der Vogel, wenn ein stärkerer Trieb wirkt, auf die Witterung 
keine Rücksicht nimmt.‘ 

Verschiedene Notizen, die besagen, dass die Vögel auch gegen 
den Wind ziehen, finden sich in den beiden letzten Jahrgängen 
des Journal für Ornithologie. Thienemann schreibt J. f. O. 1902, 
p. 183, „15. März, Bedeckt, O0. Die Luft ist voll Lerchen.“ 
Am 31. III. sehe ich bei OSO. Saatkrähen direkt gegen den 
Wind streichen. J. f. ©. 1903 schreibt Thienemann p. 192, „8. 
VIII. W. bis SW. Herr Zimmermann beobachtet gegen 100 Stück 
Meier. apus (L.) über die Vogelwiese nach Südwesten ziehen.“ 
p. 194, „26. VIIL W. Den Tag über ziehen viel Brachvögel, und 
auch noch in der Nacht hört man ihren charakteristischen Ruf.“ 
p. 196. „15. IX. Südweststurm. Die Hauptmassen der Schwalben 
sind jetzt verschwunden.“ p. 200, „17.X. W. Die Krähen ziehen 
genau so wie gestern, obgleich sich der Wind gerade nach der 
entgegengesetzten Seite gedreht hat. 18. X. WSW..... 
Überhaupt ist heute guter Zugtag.“ p. 202. „25. X. W, trübe, 


ı) Ferd. Baron Droste-Hülshoff, Die Vogelwelt der Nordseeinsel 
Borkum, Münster 1869. 

2) Friedrich Faber, über das Leben der Eon oe I, 
Leipzig 1825. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1908. 539 


Regen. Wiederum kein Krähenzug, obgleich diese Vögel sonst 
gern bei Westwind ziehen.“ 

Otto le Roi schreibt p. 232, dass am 23. März bei starkem 
NO fast während des ganzen Tages lebhafter Zug von Möven, 
Enten, Kiebitzen, Si. vulgaris, Al. arvensis, E. cürinella, Ac. 
cannabina, Fr. coelebs, Ohloris hortensis etc. stattfand und zwar 
in nordöstlicher Richtung; p. 234, dass am 14, 16. und 17. April 
sehr lebhafter Zug von Krähen, Dohlen, Buchfinken, Hänflingen, 
Distelfinken, Ciconia stattfand, und dass der Krähenzug mit dem 
14. überhaupt stärker geworden sei. 

Ich habe diese Zugbeobachtungen nicht angeführt, um etwa 
zu beweisen, dass die Vögel meist gegen den Wind ziehen, — 
dieser Ansicht huldige ich durchaus nicht, sondern vielmehr, um 
sie gegen die Zug-Hypothese der Gebrüder Müller ins Feld zu 
führen, die dieselbe neuerdings wieder in der „Monatsschr. des 
Vereins z. Schutze d. Vogelw.“1) dem ornithologischen Publikum 
unterbreitet haben. Die Leser unseres Journals werden die 
Hypothese kennen. Die besagten Herren erklären einen Teil 
des Wesens des Vogelzuges etwa folgendermassen: 

Im Frühjahre herrschen in Europa durchweg südliche, im 
Herbste nördliche Luftströmungen, die infolge der Rotation unseres 
Planeten eine südwestliche resp. nordöstliche Richtung annehmen. 
Diese Strömungen sind die „Führer“ unserer Zugvögel. Ihr all- 
mähliches Anheben, die damit verbundene Wärme oder Kälte 
mahnt die Vögel zum Aufbruch. Sie vertrauen sich den Strömungen 
an und gelangen so unter der väterlichen Führung des sanften 
Zephirs, des rauhen Boreas zur Heimat oder in die Winterherberge. 

Zunächst wollen wir uns eimal ein wenig danach umsehen, 
wie es sich überhaupt mit den im Frühlinge südwestlichen, im 
Herbste nordöstlichen Strömungen verhält. Der heurige Herbst 
konnte gelinde Zweifel an der Richtigkeit der Müllerschen An- 
nahme wachrufen. Ich wandte mich deshalb an Herrn Prof. Dr. 
P. Polis in Aachen, um von ihm einigen Aufschluss über die 
Windverhältnisse hier im Westen zu erhalten. Herr Dr. Polis 
kam meinem Wunsche in der bekannten liebenswürdigen Weise 
entgegen. Er sandte mir einige briefliche 2) Mitteilungen und 
gleichzeitig einige seiner interessanten, die Windverhältnisse be- 
‚handelnden Arbeiten.?2) Dr. Polis hatte die Freundlichkeit, mir 


1) XXVIII, Nr. 4, p. 156 fi. Vergl. auch das betr. Kapitel in 
„Tiere der Heimat.“ 

2) Dr. Polis schrieb mir: „. . . Die vorherrschende Windrichtung 
für die hiesige Gegend ist während des Jahres eine südwestliche, dreht 
im Sommer mehr nach W bis NW, um im Herbst wieder nach SW zu- 
rückzudrehen. Im Frühjahr hingegen wird ein secundäres nordöstliches 
Maximum beobachtet. .. . “ 

3) Dr. P. Polis, Die Wind- und Gewitter-Verhältnisse von Aachen, 
Karlsruhe, G. Braun, 1901. ete. 


36* 


540 Geyr von Schweppenburg: 


zu gestatten, das meinem Zwecke dienende Material seiner Arbeit 
zu entnehmen. P. 1 seiner Arbeit schreibt Dr. Polis: „Die Ur- 
sache des Wechsels der Windrichtung ist, .. .., in der Verän- 
derung der Luftdruckverteilung über Europa, dem atlantischen 
Ocean und Asien zu suchen. Die sommerlichen Antieyklon über 
dem atlantischen Ocean bedingt im Vereine mit dem niedern 
Drucke über den beiden Kontinenten West- und Nordwest-Winde, 
welche ihrerseits die wasserdampfreichere und kühlere Luft über 
dem atlantischen Ocean unsern Gegenden zuführen und damit 
die Sommerregenzeit einleiten. Im September gleichen sich die 
Luftdruckunterschiede aus, womit der oceanische Einfluss sein 
Ende erreicht; gleichzeitig nimmt die Häufigkeit der Südwest- 
winde ab, die der Nordostwinde hingegen etwas zu. In der 
Winterzeit ist der Luftdruck am niedrigsten über dem atlantischen 
Ocean, während über dem östlichen Europa der höchste Druck 
lagert; trotz des relativ hohen mittleren Barometerstandes steht 
die Witterung Westdeutschlands unter der Herrschaft der Tief- 
druckgebiete im Nordwesten, welche Südwestwinde bedingen, So- 
dass diese vom November bis Januar ihre grösste Häufigkeit 
erreichen. Im Frühjahre, namentlich im März und April, 
schlagen die barometrischen Minima gerne die südlich von uns 
liegenden Zugstrassen ein, die sowohl ihrer grösseren Nähe wegen 
den niedrigen Luftdruck im Monatsmittel, als auch die grössere 
Häufigkeit der Nordostwinde zur Folge haben.“ 

Sehr schön zeigen die in der Arbeit von Dr. Polis enthal- 
tenen, graphischen Darstellungen die Häufigkeit der in den je- 
weiligen Jahreszeiten herrschenden Winde an, worauf verwiesen 
sei. Das Vorherrschen der westlichen und südwestlichen 
Winde im Herbst, sowie der nordöstlichen im Frühjahre 
ist deutlich zu erkennen. 

Die Winde sollen also nach den Herren Müller die Führer 
unserer Zugvögel sein. Was verstehen wir überhaupt unter 
einem Führer? Ich stelle mir darunter einen Jemand vor, der 
einen arderen Jemand durch oder in einer Gegend leitet, wo er 
(der zweite Jemand) unbekannt ist. Ohne diesen Führer kann 
der einer Gegend Unkundige den richtigen Weg nicht oder nur 
nach langem Umherirren finden. 

Nun herrschen, wie wir gesehen haben, zu den jeweiligen 
Zugperioden noch lange nicht stets Mitwinde, und wie die Er- 
fahrung lehrt, ziehen tatsächlich die Vögel nicht gar so selten 
gegen den Wind. Den Wind also den „Führer“ der Vögel zu 
nennen, ist m. M. n. durchaus verfehlt und entspricht nicht den 
tatsächlichen Verhältnissen, da eben tausende von Vögeln ohne 
die Müller’sche Hypothese auskommen. 

Ferner soll die allmählich eintretende kältere Witterung 
den mit äusserst feinem Nervenapparat ausgerüsteten Vogel schon 
im Spätsommer aus der Heimat vertreiben. Ich glaube nicht, 
dass z. B. Segler von der Kälte vertrieben werden. Wenn die 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 


Häufigkeit der Winde in Prozenten, 


1881—1890. 


541 


In |no| o |so| Ss |sw | w | ıw |Stille 


Januar 32.0|65| 66 | 3.5| 65 [24.8 16.1 | 7.5 [22.5 
Februar 5.0 112.0 | 5.7.| 4.6 | 5.7 | 20.8 | 11.6 | 12.0 | 22.6 
März 7.210,13:0025212 7 4.22005.2 719.3 117.22 12:32 1215:6 
April 9.5 121.0| 86| 49| 5.3 [13.2 |12.7 |15.8 | 9.0 
Mäi. PIE 1372 242822 15921 3.92 1154| 18.6 018°3, 043 
Juni. 12202 77.3251110°2.25 703:05 0.°224:10.7°| 15:0: 2287002087 
Juli . 84 | 49 | 10| 0.9 | 2.6.|17.3 | 26.0 | 19.5 | 19.8 
August 7.020 4292 771.927 127010 3.3 12:0: 22.6. 281777205 
September. | 6.9 | 6.2 | 53 | 2.0 | 4.0 |12.9 !22.2 | 14.2 | 26.3 
Oktober 3.6| 6.2| 50| 1.7 | 5.7 | 18.9 |22.7 [10.9 | 24.9 
November. Ken 427.3 10,3: 19.8. 29.3 | 18:90 6:95.23 
Dezember. | 45 | 95| 48| 3.6 | 6.0 |25.9 [17.2 | 8.4 | 19.9 
Winter. 41) 93| 6.4| 3.1| 6.0 24.1 [15.1 | 9.2 | 22.7 
Frühling 9.3 16.5 | 62| 3.7| 4.8 14.6 | 16.2 | 15.7 |13.0 
Sommer 91 64| 17| 1.8| 2.8 |15.0 | 21.3 | 21.0 | 20.9 
Herbst . 4a1| 55| 5.9| 2.3 | 5.0 |20.3 | 21.2 | 10.7 | 25.0 
1896—1900. 

| N |NoO| |so| s |sw; w |nw| 
Januar 3.3 |15.4| 9.7) 50| 9.3 |27.9 [22.4 | 7.0 
Februar 5.0 13.8 111.3 | 2.7 | 6.8 |30.9 |22.1 | 7.3 
März 79 !16.2| 50| 1.8) 7.7 [25.8 |22.9 | 12.9 
April 15410|17.5.195.6.1,3.2.|.43.121.2 221.101 
Mäi . 12.1255 | 6.2| 2.1| 5.6 | 16.4 | 16.7 | 14.4 
Juni. 13.0 |18.2| 64| 5.3 | 6.1 16.5 [24.9 | 9.6 
Juli . \11.3 ]138.9| 87 | 45| 5.6 |14.0 |24.2 | 17.8 
August 8.9 113.4 | 9.6 | 3.6 | 8.0 | 21.2 | 24.6 | 10.7 
September 5.9| 8838| 4.2| 46 | 8.1 |28.9 | 27.6 |11.9 
Oktober 4.9 |11.1/11.9| 80 111.0 130.2 |17.2 | 5.6 
November. | 4.6 |16.5 113.8 | 5.7 [11.0 |26.9 |16.2 | 5.3 
Dezember. | 4.5 |10.3 | 8.9 | 4.7 | 16.0 [37.9 |14.2 | 3.6 
Winter . 4.2 113.1 10.0 | 4.2 10.8 | 22.3 | 19.5 |- 5.9 
Frühling 11.0 119.8 | 5.6| 24| 5.9 |21.4 | 21.1 |12.8 
Sommer 11.0 |152 | 82. 4.5.| 6.6 | 17.3 | 24.5 | 12.7 
Herbst . 5.2 112.2 |10.0 | 6.1 | 10.1 | 28.7 | 20.4 | 7.6 


542 Geyr von Schweppenburg: 


Brut reisefähig ist, ziehen sie weg, mag es nun warm oder kalt 
sein, mag Mit- oder Gegenwind herrschen. Warum bleiben diese 
Segler nicht noch etwas hier? Warum? Das kann ich nicht 
sagen. Lange nach ihrer Abreise dürften die hiesigen Nahrungs- 
und Temperaturverhältnisse wohl nicht mehr für sie geeignet 
sein; dass sie jedoch der Kälte weichen, das mögen andere glauben. 


Geradezu lächerlich kommt es mir aber vor, dass z. B. die 
schon von Anfang September an ziehenden Bussarde und Sperber 
von einer kälteren Polarströmung vertrieben werden sollten.” Der 
Sperber, in dessen Fängen im kältesten Winter das Rotkehlchen 
blutet, dieser kräftige, harte Geselle sollte schon im Spätsommer 
bei schönster, warmer Witterung, bei südlichen Winden die 
Heimat verlassen um „intensiveres Licht, Wärme“ zu suchen?! 
„Mehr Licht.“ Ich denke an die Bahnhof-Plakate, die mit diesen 
Worten Spiritus-Glühlicht oder dergleichen anpreisen. Die Herren 
Müller mögen entschuldigen, aber ihre Zug-Theorie kommt mir 
wirklich etwas phantastisch vor. 


Im Frühjahre müssen die südlichen Strömungen her- 
halten, um „unsere Lieblinge denselben Weg, den sie in die 
Fremde zogen, wieder zurückzuführen.“ Dann wollen die Vögel 
wohl auch mehr Licht und Wärme suchen ?!!) 


Die Gebrüder Müller lassen sich allerdings auch noch ein 
Hinterpförtchen offen: Sie reden nämlich von einer zwingenden 
Notwendigkeit, einer vererbten Gewohnheit, einem fixierten Mo- 
mente und dergleichen schleierhaften Sachen, machen sich aber 
nichts desto weniger über die Annahme eines Richtsinns lustig. 
Die Mehr-Licht-Hypothese macht ja auch solche Annahmen un- 
nötig, sie ist ja so ungeheuer klar und einleuchtend!?) 


1) Dass die Zugvögel tatsächlich in gewissen Masse mit der 
Entwicklung der Pflanzenwelt vorrücken, dass sie je nördlicher und höher, 
desto später erscheinen, beweist durchaus nicht, dass sie Licht und Wärme 
suchen; das steht auf einem ganz anderen Blatt. 


2) Nachdem diese Blätter geschrieben sind, bringt mir die Post die 
Januarnummer der „Mitteilungen des Oesterr. Reichsbundes f. Vogelk. 
etc.“ und damit einige Worte W. Schusters zum Wesen des Vogelzuges. 
Er scheint die Hypothese der Gebr. Müller als „recht gut und über- 
zeugend“ zu bezeichnen. Wie sehr ich davon überzeugt bin, zeigen 
meine obigen Zeilen. Dass „von den Erklärungen des Wesens des Vogel- 
zuges seitens der Gebr. Müller die betreffs der Wärme a priori richtig - 
ist und im grossen Ganzen keiner weiteren Diskussion unterstehe,‘“ scheint 
mir durchaus nicht der Fall zu sein. Was für Ursachen den Zug uran- 
fänglich bewirkten, das ist mir vorderhand ganz _ einerlei, da mag es 
Nahrungsmangel und Wärme resp. Kälte gewesen sein. Die Gebrüder 
Müller wollen aber nicht das „frühere Werden,“ sie wollen das heutige 
Wesen des Zuges erklären, und eben diese Erklärung finde ich durch- 
aus nicht überzeugend. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 543 


Wie gesagt kann ich mich von der Richtigkeit der genannten 
Hypothese nicht überzeugen und halte mich deshalb einstweilen 
noch auf der Seite jener, welche der Meinung sind, dass das 
unbestimmte Etwas, was den Zug vieler Vögel veranlasst, noch 
sehr wenig bekannt ist. Wenn die Gebr. Müller übrigens v. 
Homeyer als besonderen Anhänger ihrer Theorie anführen, so 
möchte ich sie bitten, einmal durchzulesen, was derselbe als Ur- 
sachen des Wanderns angibt. Dort werden sie ausser Licht und 
Wärme noch drei andere Ursachen angegeben finden, und dann 
sagt von Homeyer doch noch, dass alle diese Ursachen keine 
senügende Erklärung des Vogelzuges gäben. Der Annahme 
eines „wunderbaren Richtsinns‘ ist er durchaus nicht abgeneigt, 
und dass er Licht und Wärme bei weitem keine solche Rolle im 
Vogelzuge spielen lässt wie die Herren Müller, zeigt er, indem 
er eine Stelle aus Middendorfs Werken anführt: „Wir wollen 
uns aber dagegen verwahren, als suchten wir in den von aussen 
einwirkenden klimatischen, magnetischen und ähnlichen Einflüssen 
die letzten Grundtriebfedern zum Ziehen der Vögel. Wenn auch 
einzelne minder scharf ausgeprägte Abzweigungen dieser Eigen- 
schaft sich auf Nahrungsmangel oder Frieren zurückführen lassen, 
andere in Aussicht stellen, dass wir einst lernen werden, sie aus 
physikalischen Einflüssen zu entwickeln, so liegt doch der innerste 
Kern des Zugvermögens der Vögel ungleich tiefer. Auch er ge- 
hört unter die Reihe zu bewältigender Geheimnisse im tierischen 
Leben, deren Entzifferung bis auf den heutigen Tag noch kaum 
begonnen hat.“ 

Ich möchte auch mit v. Middendorf und v. Homeyer den 
Richtsinn als „Führer“ unserer Vögel auf ihren Wanderungen 
annehmen. Der Wind kommt m. M.n. in erster Linie nur als 
Förderer des physischen Fluges in Betracht, mit dem 
psychischen Momente des Zuges hat er nichts zu tun. In 
manchen Fällen mag er auch anregend auf den Zugvogel wirken. 
Ich weiss auch gar nicht, was an dem Richtsinn so sehr 
„wunderbar“ ist. Wir wissen, dass ein derartiger Sinn bei den 
Naturvölkern vorhanden ist; warum sollte bei den Vögeln etwas 
ähnliches nicht auch zu finden sein. So lange mir nichts besseres 
geboten wird, halte ich mich lieber an eine Erklärung, welche 
mir ein Moment des Vogelzugs wirklich und in allen Fällen er- 
klärt, als an eine andere, die, auf die tatsächlichen Verhält- 
nisse angewandt, nicht Stich hält. Der Richtsinn erklärt natürlich 
nur einen kleinen Teil des Vogelzuges; nämlich wie die Vögel, 
wenn sie einmal die Reise begonnen haben, den Weg in die 
oder aus der Heimat finden. (J. f. ©. 02 S. 7; Orn. Monatsk. 
03 8. 99). 

Den Versucht) des Herrn von Lucanus, die Ansicht wieder 
zu Ehren zu bringen, die die Vögel den Weg mittels Orientierung 
finden lässt, kann ich nicht als gelungen betrachten, wenn ich 
auch im übrigen die schönen Arbeiten des Herrn von Lucanus 


544 Geyr von Schweppenburg: 


und seine Bemühungen für die Erforschung des dunkeln Punktes 
im Vogelleben wohl zu schätzen weiss. 

‚v. Lucanus behauptet, dass die Vögel zu ihrer Orientierung 
des Überblicks über die Erde bedürfen, weil verschiedene Ver- 
suche und Beobachtungen gezeigt hätten, dass Vögel, die über 
Wolkenschichten ausgesetzt wurden oder sonst aus einem Grunde 
keinen Überblick über die Erde hatten, ratlos umherflogen und 
ihren Weg nicht fanden. v. Lucanus glaubt infolge seiner Beob- 
achtungen behaupten zu dürfen, „dass die Vögel zu ihrer Orien- 
tierung des freien Überblicks über die Erde bedürfen. Es könne 
also nicht ein uns unbekanntes instinktives Ahnungsvermögen 
sein, was die Vögel auf ihren Wanderungen leite, sondern die- 
seiben würden sich nach der Gestaltung der Erdoberfläche orien- 
tieren.“ Als ich diesen Satz des Herrn von Lucanus las, war es 
mir ähnlich, wie wenn ich einen Schlag ins Gesicht bekommen 
hätte, und ich kann nicht recht begreifen, wie man eine solche 
unlogische Behauptung aufstellen kann. 

Zunächst sind die Versuche und Beobachtungen des Herrn 
v.L. durchaus nicht geeignet, um von ihnen aus auf Erscheinungen 
des Vogelzuges zu schliessen. Es wurden von einem Ballon aus 


vier Ligurinus chloris, zwei Ac. cannabina und eine Galerita 


arborea aufgelassen. Nun verlangte man von diesen Vögeln, die 
womöglich schon längere Zeit im Käfig gesessen hatten, dass 
sie sich in irgend einer Weise benehmen sollten wie ein Vogel, 
der sich auf dem Zuge befindet. Es ist doch nichts natürlicher, 
als dass ein solcher freigelassener Vogel, wenn er die Erde unter 
sich sah, sogleich hinabeilte; wenn er aber über sich Wolken 
und unter sich Wolken hatte, hilf- und ratlos den Ballon um- 
kreiste. Aus dem Benehmen eines solchen Vogels, der mit dem 
auf dem Zuge befindlichen so viel Ähnlichkeit hat, wie ein 


Karrengaul mit einem -Wildpferde, auf den Zug zu schliessen, 


das ist doch ein bischen sehr gewagt. Dann legt v. Lucanus m. 
M. n. viel zu viel Wert auf die Flugleistungen von Brieftauben. 
Der Ortssinn der Brieftauben ist etwas ganz anderes wie jener 
Sinn, der die Vögel auf ihren Reisen leitet. 

Nehmen wir jedoch einmal an, die Vögel zögen auf dem 
Zuge tatsächlich meist unter der niedrigsten Wolkenschicht — 
‘(ich bin nämlich auch wie Herr v. L. dieser Meinung und glaube 
nicht an die übergrossen Zughöhen) — so ist damit noch lange 
nicht gesagt, die Vögel zögen unter den Wolken, um sich zu 
orientieren. Das wäre ein Schluss, der durchaus nicht be- 
rechtigt und vollkommen willkürlich ist. Abgesehen da- 
von, dass es für den Vogel wenig Zweck zu haben scheint, allzu 
hoch zu steigen, so kann ich mir ganz gut vorstellen, dass ein 
Vogel, der stets an den Anblick der Erde gewohnt ist,!) in Ver- 


1) Einen Haken hat auch diese, übrigens gar nicht nötige Erklärung. 
Man kann nämlich mit Recht einwenden, dass dem Landvogel das weite 


“ 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 545 


wirrung gerät, wenn ihm plötzlich jeder Ausblick auf die Erde 
benommen ist und er über einer ihm ganz fremden Nebel- 
masse schwebt.) 

Hält Herr von Lucanus nun meine gegen seine Meinung 
vorgebrachten Bedenken nicht für berechtigt, so möchte ich ihn 
doch fragen, wie er sich denn eigentlich das ‚„Orientieren“ vor- 
stellt. Wie orientiert sich der in stockfinsterer Nacht über das 
Meer ziehende Vogel; wie jener, der im Sommer geboren, ohne 
älteren Begleiter die Reise nach dem Süden antritt? Von der 
Orientierungstheorie muss einen doch das kritische Betrachten 
der Tatsachen, die man in der Natur beobachten, oder in Werken, 
die den Zug behandeln, nachlesen kann, abbringen. 

Wenn wir über die Ursachen, die heutzutage den Zug 
der Vögel veranlassen einige Klarheit erlangen wollen, so 
müssen wir m. E. unter den Zugvögeln, mehr wie es bisher ge- 
schehen ist, zwei Klassen berücksichtigen, die schon von Homeyer 
andeutet, und mit denen sich neuerdings wieder Dr. W. Kobelt 
in seinem schönen Werke „Die Verbreitung der Tierwelt‘?) ein- 
gehender befasst hat. Kobelt schreibt in seinem Buche p. 451: 
„Ich denke, wir müssen, wenn wir zu einem Verständnis des 
Vogelzuges kommen wollen, vor allem unter den Zugvögeln zwei 
Klassen unterscheiden, die aus ganz verschiedenen Motiven 
wandern und sich deshalb auch ganz verschieden benehmen. 
Die einen wandern erst, wenn die nahrungsarme Jahreszeit un- 
mittelbar bevorsteht; ja manche von ihnen, wie Bachstelze, Rot- 
schwänzchen, Singdrossel, Turmfalke, Star, Sperber, Hühner- 
habicht, Steinkauz, Dohle, Reiher, versuchen es wenigstens in den 
milderen Teilen Deutschlands immer wieder, dem Winter zu 
trotzen, .... Andere Vögel dagegen kommen spät und ziehen 
zeitig ab, unbekümmert darum, dass noch mehrere warme 
nahrungsreiche Monate vor ihnen liegen: Turmschwalbe, Pirol, 
Turteltaube, Storch verlassen uns, sobald ihre Jungen die Reise 
aushalten können...“ ...,„Die Vögel der zweiten®) Klasse sind 
Sommerfrischler im Norden, die der ersten Winterflüchter bei 
uns, Wintergäste im Süden .. . Die letzteren treibt die Sorge 
um die eigene Erhaltung in den Süden, die ersteren lockt die 
für ihre Nachkommenschaft in den Norden.“ 

Im grossen und ganzen wird man dieser Ansicht Kobelts 
wohl beistimmen; doch müssen in den Arten, die er in der ersten 


Meer ebenso fremd sei wie die Wolkenmassen unter ihm. Ein Unter- 
schied ist aber doch immerhin vorhanden. 

1) In der Nähe der Heimat wird dem Vogel wohl das Ortsge- 
_ dächtnis zu statten kommen. 

2) Leipzig, Tauchnitz, 1902. 

3) Kobelt schreibt „der ersten Klasse, “ doch geht aus dem Zu- 
sammenhang hervor, dass ihm nur ein Versehen unterlaufen ist, und 
„ersten“ und „zweiten‘ umgestellt werden muss. 


% 
546 Geyr von Schweppenburg: 


Klasse anführt, Anderungen eintreten, da verschiedene gewiss 
nicht dorthin gehören. 

Ich bin übrigens der Meinung, dass die Grenze zwischen 
den Vögeln, die der Kälte weichen, und jenen, für deren Wegzug 
wir, oder vielmehr verschiedene Leute und ich, keine heut- 
zutage direkt wirkende Ursache erkennen, nicht zwischen 


Art und Art verläuft, sondern durch die Individuen der 


Art geht. 

Einen Fingerzeig, welche Arten in die erste Klasse aufzu- 
nehmen sind, gibt uns Gätke in der Vogelwarte. Es sind jene 
Vögel, die im Spätherbste kurz vor oder nach eingetretener kalter 
Witterung plötzlich in ziemlich grosser Anzahl auf Helgoland 
erscheinen und die im Frühjahre bei eintretendem Froste die 
Heimat bisweilen wieder verlassen und zurückziehen. Im Herbste 
gehören zu diesen Vögeln: „Lerchen, Goldregenpfeifer, Kiebitze, 
grosse Brachvögel und Alpenstrandläufer; in weniger grosser Zahl 
Krammetsvögel und in noch geringerer Schwarzdrosseln.‘“‘ Im 
Frühjahr tritt ein Rückzug ausser bei Lerchen selten ein; es 
ziehen dann: Brachvögel, Kiebitze, Bekassinen, Austernfischer 
und Strandläufer, also teilweise dieselben Arten, die auch im 
Herbste der Kälte weichen. — Bei Alauda arvensis kann man 
das, was Gätke von Spät- und Rückzügen sagt, auch im Binnen- 
lande ganz gut beobachten. !) An ihr zeigt sich auch etwas sehr 
deutlich, was ich merkwürdiger Weise noch in keiner mir zu 
Gesicht gekommenen, den Zug behandelnden Arbeit gefunden 
habe; es sind dies die Rückzüge im Herbste. 

Tritt nach kalten Wetter, bei dem viele Lerchen zogen, wieder 
wärmere Witterung ein, so kann man häufig beobachten, dass ein 
zu der Menge der vorher nach Süden gezogenen Lerchen aller- 
dings kleiner Teil wieder nach Norden resp. Osten zurückzieht. 
Meistens ziehen diese Lerchen einzeln oder zu zweien, doch sah 
ich auch schon Trupps von etwa zehn Stück. Ich bemerke, dass 
diese Rückzüge im Herbste nicht nur bei westlichen Winden statt- 
finden; meist trifft das allerdings zu, da eben mildere Witterung 
meist bei West eintritt. Der Wind „führt“ die Lerchen nicht; 
er bewirkt nur, dass es wärmer wird und die Lerchen ziehen 
eben wegen der milderen Witterung teilweise wieder mehr nördlich. 
Ein blosses „Streichen“ kann man das wohl nicht nennen, da 
dafür die Zugrichtung eine zu bestimmte ist. Von anderen 
Vögeln konnte ich diese Herbstrückzüge weniger beobachten. Im 
Jahre 1902 sah ich am 15. XIL., als nach Frost Tauwetter ein- 
trat, etwa fünfzehn Turdus (pilaris) ziemlich hoch nach Norden 


1) Jetzt eben, wo ich dieses schreibe, 6. XII, schaue ich aus dem 
Fenster und sehe einen Schwarm Alauda nach Westen ziehen. Sie 
weichen der Kälte und dem Schnee; sie streichen niedrig, unsicheren 
Fluges und scheinen ziemlich ermattet zu sein. Auch gestern sah ich 
solche Züge; man vergleiche die oben gegebenen Notizen. 


Kleine Notizen zum Vogelzuge 1903. 547 


streichen. Auch Krähen sah ich wohl bei derartigem Wetter 
wieder nach Osten ziehen, doch glaube ich nicht, dass sie zu- 
rück zogen. 

Was bisher über die direkte Ursache des Zuges gesagt 
wurde, bezieht sich nur auf den Herbstzug. Wie es sich mit dem 
Frühjahrszug verhält, kann ich nicht sagen. Eine der Haupt- 
triebfedern zum Wegzuge aus dem Süden dürfte.doch wohl, wie 
manche Forscher annehmen, der erwachende Geschlechtstrieb sein 
und nicht übergrosse Hitze und Trockenheit. Nimmt man den 
ersten Grund an, so wird es einem auch klar, warum manche 
(besonders Strand-) Vögel, die nicht im ersten Jahre fortpflanzungs- 
fähig werden, zunächst so unregelmässig ziehen. 

Man braucht nun nicht zu denken, dass ein Vogel, wenn er 
einmal auf irgend eine Weise einen Anstoss zum Wandern erhalten 
hat, gleich ohne Aufenthalt, ohne die Witterung zu berücksichtigen, 
seinem Bestimmungsorte zueilt: Denn wenn ich dem Vogel auch 
keine Gedankenassociationen unterschiebe, so halte ich ihn des- 
halb doch noch lange nicht für eine Art automatischen Blechvogel, 
der, einmal aufgedreht, ohne Aufenthalt abschnurrt, bis er von 
einer nicht überwindbaren Kraft aufgehalten wird oder die Heimat 
erreicht hat. Dezember 1903. 


548 


Über Crateropus. 
Von Oscar Neumann. 


In Folgendem mache ich den Versuch, die afrikanischen Arten 
des Genus Urateropus in Gruppen einzuteilen und diejenigen so- 
genannten Arten, welche ich mit Sicherheit als geographische Ver- 
treter derselben Form zu erkennen glaube, trinär zu benennen. 
Daneben werden einige neue Formen beschrieben. 


A. Gruppe des Crateropus plebeius. 


Unscheinbare, im allgemeinen braungraue Formen. Bürzel 
von gleicher Farbe wie der Oberrücken. Die Federn der Brust 
haben die Tendenz, sich nach unten zuzuspitzen und eine weisse 
Spitze zu bekommen. Diese entsteht dadurch, dass auch die äusserste 
Spitze der Federschäfte weiss ist. Am wenigsten zeigt sich das 
bei plebeius und cinereus, sowie bei der weissköpfigen Art leuco- 
cephalus, am stärksten bei jardinei und tanganjicae. 


I. Crateropus plebeius. 


1. Orateropus plebeius plebeius (Rüpp.) Cretzschm. Atlas 1826, 

p- 35 pl. 23. 

Von Rüppell in Kordofan, vermutlich im Innern gefunden. 
Ist von den neueren Sammlern Hawker, Witherby, Rothschild 
an dem zwischen Chartum und Faschoda gelegenen Ufer des 
weissen Nils nicht wieder gefunden worden. 

Meines Wissens nach bisher nur von Rüppell gesammelt. 

2 Typen $ et @ im Senckenberg’schen Museum in Frank- 
furt a. M., ein Cotypus $ im Berliner Museum. 

Fl. 112 mm. Schwz. ca. 123 mm. 


2. Orateropus plebeius cinereus Heugl. 

Orateropus cinereus Heugl. Syst. Übers. p. 30. — J. O. 
1862 p. 300. 

.  Orateropus plebeius auct. ex. Hab.: oberer weisser Nil, 
Aquatorial Provinz, Uganda, Kavirondo etc. 

Orateropus buxtoni Sharpe Ibis 1891 p. 445. 

Bedeutend kleiner wie vorige Art. Unterseits mehr grau, 
nicht so gelblich cremfarben wie bei plebeius. Schwingen 
und Schwanz viel dunkler — dunkel umbrabraun. Kehle bei 
schön ausgefärbten Stücken ziemlich rein weiss. Flg.96 —105 mm. 
Schwz. 92—99 mm. K 

Habitat: Oberer weisser Nil, Aquatorial-Provinz, Toru, 
Uganda, Ussoga, Kavirondo, Kamassia, Mau, Turquel, Leikipia 
bis nach Kaffa und Maschango (Omo und Sobatquellen Gebiet). 

Stücke aus den letzteren Gegenden scheinen dunkler grau 
zu_sein, doch genügt das Material noch nicht zur subspeci- 
fischen Absonderung. 


Über Crateropus. 549 


- 3. Crateropus plebeius hypostictus Cab. Rchw. 
Crateropus hypostictus Cab. Rchw. J. O. 1877 p. 103. 
Von gleicher Grösse wie cinereus und sehr ähnlicher 
Färbung, aber mit schwarzbraunem Zügel und deutlicher 
Schwanzbänderung. Spitzen der Brustbefiederung schöner 
weiss wie bei der vorgenannten Form. 
Habitat: Loangoküste und Nord-Angola (Malange). 


4. Orateropus plebeius kirki Sharpe. 


Von dem vorgenannten in erster Linie durch die viel 
kräftigeren weissen Spitzen der Brustbefiederung und die 
ockergelben Bauchseiten unterschieden. 

Habitat: Sambesi, Mosambique, Nyassa-Land. 


5. Crateropus plebeius emini nov. subsp. 


Unterscheidet sich von dem vorgenannten, mit dem er 
bisher stets zusammen gezogen wurde, durch dunklere 
Färbung, insbesondere dunklere Kopfplatte, mehr graue und 
nicht ockergelbe Bauchseiten und bedeutendere Grösse. Fl. 
103—107 mm. Schw. 104—109 mm. 

Habitat: Inneres von Deutsch-Ost-Afrika, Uniamwesi, 
Länder am Tanganyka, Tabora, Usagara. 

Typus: 3 ad. Wala Fluss, Uniamwesi 27. VII. 1890 (Emin 
coll.) Berl. Mus. No. 29686. 

Stücke aus den Massai-Ländern und den Küstengegenden 
des nördlichen Deutsch-Ost-Afrika sind anscheinend etwas 
kleiner und stehen zwischen emini und kirki in der Mitte. 


6. Orateropus plebeius jardinii Smith. 


Ebensogross wie vorige Form. Die weisse Strichelung 
reicht bis auf den Bauch herab. Oberseits heller. Kopfplatte 
nicht dunkler wie der Rücken. 

Habitat: Süd-Afrika: Natal, Transvaal, Matabele und 
Maschona-Land. Britisch und Deutsch- Südwest- al bis 
Mossamedes. 


7. Crateropus plebeius tanganjicae Rchw. 
Durch den rein schwarzen Kopf von emini unterschieden. 


Habitat: Marunga am West-Uier des Tanganyka-Sees bis 
Mambwe südlich des Nyassa-Sees. 


II. Orateropus leucocephalus. 


Gehört durch die Art der Zeichnung der Brustfedern sicher 
in die Nähe des plebeius, und ist zu bemerken, dass keine der 
beiden Formen des leucocephalus mit einer der Formen von plebeius 
zusammen vorkommt. Ist der ganz abweichenden Kopffärbung 
wegen doch besser als besondere Art zu behandeln. 


550 Oscar Neumann: 


Die 2 Formen schliessen sich am nächsten an Craieropus 
plebeius plebeius an. 


8. Crateropus leucocephalus leucocephalus Cretzschm. 


Von Rüppell in Sennaar bei Weled Medina gefunden. 
Habitat: Sennaar, und oberer weisser Nil (Kowa, Ed Duem, 
Goz Abu Gumar). 


9. Crateropus leucocephalus abyssinicus nov. subsp. 


Habitat: Nördliches und centrales Abyssinien. (Waliko, 
Anseba-Tal, Ain, Beni Schongul.) 

In folgendem gebe ich die Unterschiede zwischen dem 
echten lewcocephalus und abyssinicus. 

Der echte leucocephalus ist blasser, oberseits heller grau. 
Der unterseits viel blassere, graulichweisse abyssinicus ist 
oberseits brauner und etwas dunkler graugelb oder gelblich 
verwaschen. Unterschwanzdecken bei abyssinicus hellgelb- 
braun (englisch: buff). 


B. Gruppe des Crateropus platycercus. 


Im allgemeinen vom Färbungscharakter der vorigen Gruppe, 
und mit Bürzel von gleicher Farbe oder etwas heller wie der 
Oberrücken, aber die Brustfedern haben die Tendenz der Schuppen- 
bildung. Die weisse Federspitze ist jedoch noch meist deutlich 
als Punkt vorhanden. Die Gruppe steht in der Mitte zwischen 
der plebeius und der melanops-Gruppe. Keine Form kommt mit 
einer der Formen der beiden von ihr erwähnten Gruppen ge- 
meinsam vor. 


III. Orateropus platycercus. 


10. Orateropus platycercus platycercus Sw. 


Ein einziges Stück des Berliner Museums, von Delbrück 
am Senegal gesammelt, gleicht in der allgemeinen Färbung 
sehr dem echten plebeius. Die Kopfplatte ist nur wenig 
dunkler wie der Rücken. Die Schuppenbildung ist eigentlich 
nur auf der oberen Kehle ausgebildet, während die obere 
Brust fast völlig wie bei plebeius gefärbt ist. 

Hingegen haben zwei Exemplare vom Gambia viel 
dunklere Kopfplatte, die Schuppenbildung auf der Kehle und 
Oberbrust deutlicher ausgeprägt und dunklere, schwärzlich 
graue Wangen. 

Weiteres Material ist nötig, um festzustellen, ob die Senegal- 
Vögel ständig von den Gambia-Vögeln verschieden sind. 

Mir scheint es wahrscheinlich. 

Habitat: Gebiet des Senegal und Gambia. 


Über Crateropus. 551 


11. Crateropus platycercus togoensis nov. subsp. 

Unterscheidet sich von den Gambia-Stücken des platy- 
cercus, denen er in Bezug auf die deutlichere Schuppenbildung 
und die dunklere Kopfplatte gleicht, durch weissliches Kinn 
und weissliche untere Wangen, anscheinend auch durch eine 
nackte Stelle hinter den Augen. Doch muss sich erst zeigen, 
in wie weit letzteres Art- oder Alterscharakter ist. 

Habitat: Togo und Goldküste, vermutlich ganz Oberguinea. 

Typus: @ ad. Kete Kratschi in Togo. 19. VIII. 1896 
(Graf Zech coll.). 


12. Crateropus platycercus squamulatus Shell. 

Durch dunklere Unterseite, deutlichere Schuppenbildung 
auf den Brustfedern, schwarze Wangen und schwarze, weisslich 
gesäumte Federn der Kopfplatte von den Gambia Stücken des 
platycercus unterschieden. 

Habitat: Mombassa. 


0. Gruppe des Orateropus reinwardti. 


Die Schuppenbildung auf den Kehlfedern ist so weit vor- 
geschritten, dass keine Spur einer weissen Spitze bleibt. In der 
Mitte der Federn oft dunkle Centren. Bürzel von der Rücken- 
färbung oder nur wenig heller. 

Wenn auch die verschiedenen Formen dieser Gruppe nicht 
nebeneinander vorkommen, so weisen sie doch so viel Verschiedenheit 
auf, dass ich sie nicht als Subspecies einer Art behandeln möchte, 
sondern drei verschiedene Species annehme. 


IV. COrateropus sharpei. 


13. Crateropus sharpei Rchw. 
Diese Art schliesst sich wegen der hellen Stirnfärbung 
zunächst an melanops und tenebrosus an, ist aber von sämt- 
lichen andern Formen der Gruppe dadurch unterschieden, dass 
sich eine durch helle Säume hervorgebrachte Schuppenform 

der Federn vom Kopf bis auf den Oberrücken fortsetzt. 
Habitat: Länder im Osten des Tanganyka-Sees, sowie 
Umgebung des Victoria Nyansa, Albert Nyansa, und Albert 

Edward-Sees. | 


V. Crateropus melanops. 


14. Orateropus melanops melanops Hartl. 
Das Charakteristische dieser Art ist die weisse Stirnfärbung, 
die in den Oberkopf allmählich verläuft. 
Schuppenbildung der Kehlfedern sehr schwach ausgeprägt. 
Keine sehr dunkeln Centren. 
Habitat: Süd-West- Afrika. 


552 


15. 


wie 


Öscar Neumann: 


Crateropus melanops tenebrosus Hartl. 

Diese Art ist sicher der geographische Vertreter des C. 
melanops. Er gleicht ihm besonders durch die weisse Stirn 
und unterscheidet sich hauptsächlich durch die sehr schöne 
umbrabraune Färbung und die dunkeln Oentren der Brustfedern. 

Da die Art sehr selten und wenig in der Literatur er- 
wähnt, gebe ich hier einige Notizen über den im Tring Museum 
befindlichen Typus. Oberseite sehr schön umbrabraun, am 
klarsten und zugleich hellsten auf dem Bürzel. Schwanz 
und Schwingen dunkel umbrabraun. Oberkopf ins oliven- 
farbene — graubraun. Stirn und Vorderkopf weisslich, scharf 
hervorleuchtend, allmählich in das Olivengrau des Scheitels 
verlaufend.. Kinn hellgrau. Schuppencentren der Kehlfedern 
sehr dunkel. Aussenränder derselben hellgrau. 

Habitat: Am oberen weissen Nil — Kudurma (Emin coll.) 
— Fort Berkeley (Donaldson Smith coll.) 

Hartlaubs von Emin gesammelter Typus im Tring Mus. 
und Donaldson Smiths 2 Exemplare im Br. Mus. sind, so- 
weit mir bekannt, die einzigen bekannten Exemplare der Form. 


VI. Crateropus reinwardti. 


Diese die schwarzköpfigen Formen der Gruppe — geradeso 
Orateropus tanganjicae die schwarzköpfige Form der plebeius 


Gruppe ist. Bei beiden ist die Rückenfärbung sehr einfarbig ohne 
jede Schuppenbildung, und die Centren der Kehlfedern zeigen 
einen dunkeln Schaftstrich. 


16. 


17. 


Orateropus reinwardti reinwardti Sw. 

Schwarze Backen scharf von der weissen Färbung des 
Kinns und der oberen Kehle abgesetzt. Obere Kehle weiss 
ohne schwarze Schaftstriche. 

Habitat: Gambia-Gebiet. 


Orateropus reinwardti slictilaemus Alex. 
Backen nicht reinschwarz, sondern schwarzgrau, allmählich 

in die hellgraue Farbe von Kinn und oberer Kehle über- 

gehend. Letztere mit schwarzen Schaftstrichen. 
Habitat: Goldküste, Togo und Nigergebiet. 


D. Gruppe des Orateropus leucopygius. 
Braungraue und braune Formen mit weissem oder weiss- 


lichem Bürzel und weissem oder weisslichem Bauch und zum 
Teil weisser Schenkelbefiederung. 


18. 


VII. Orateropus leucopygius. 


Orateropus leucopygius leucopygius Rüpp. 
Kopf weiss, bei jüngeren nur die Stirn weiss, von da an 
bläulich braungrau, allmählich in das Braun des Rückens ver- 


19. 


20. 


21. 


22. 


23. 


Über Crateropus. 553 


laufend. Wangen, Kinn und Oberkehle weiss. Schuppen- 
federn der Kehle und Brust mit schmalem weisslichem Saum. 
Habitat: Nördliches und Centrales Abyssinien. 


Orateropus leucopygius limbatus Rüpp. 


Kopf mit Ausnahme der reinweissen Backen und der 
weissen Stirn dunkelbraun. Das Weiss der Stirn nicht all- 
mählich über Grau in das Braun des Oberkopfes verlaufend, 
sondern ziemlich scharf abgesetzt. 

Habitat: Schoa. Ali Amba in Schoa (Typus) Harris coll. 
— Ohne Fundort ad. und iuv. Leadbeater coll. — Philwaha 
in Schoa (Lord Lovat coll.). 

Nach eingehender Prüfung der betreffenden Stücke sowie 
sämtlichen Materials des echten leucopygius auf den Museen 
von London, Tring, Berlin glaube ich, dass Turdus limbatus 
Rüpp. nicht der junge Vogel von leucopygius, sondern eine 
ihn in Schoa im Stromgebiet des oberen blauen Nils ersetzende 
Form ist, die nie einen ganz weissen Kopf bekommt. 


Orateropus leucopygius smithi Sharpe. 


- Mehr ins Graue, weisser Augenbrauenstrich, weisses Kinn, 
Zügel und weisse Wangen. Schuppenfedern auf Kopf, Kehle 
und Brust mit deutlichem weissem Saum. 

Habitat: Somali-Land, Harar-Gebiete, Ennia und Arussi 
Galla-Länder. 


Crateropus leucopygius lacuum Neum. 


Crateropus smithi lacuum Neum. Bull. 0. 0.1903 p. 15. 

Unterscheidet sich vom vorigen durch Abwesenheit des 
weissen Augenstriches. Kinn, obere Kehle und Zügel asch- 
grau statt weiss. Bürzel und Bauch schmutziger weiss als 
bei smitht. 

Habitat: Seeenkette zwischen Zuai-See und Gandjule-See. 
Berge im Osten dieser Seeen. 


Orateropus leucopygius omoensis Neum. 

Crateropus smithi omoensis Neum. 1. C. c. p. 15. 

Unterscheidet sich von lacuum dadurch, dass Kinn, obere 
Kehle und Zügel nicht aschgrau, sondern schwarz sind. 
Bürzel und Bauch noch dunkler, gelblich graubraun. Schuppen- 
centren dunkler wie bei smithi und lacuum. 

Habitat: Flussgebiet des Omo und des Gelo (Quellstrom 
des Sobat). 


Crateropus leucopygius hartlaubi Boc. 


Mehr umbrabraun. Stirn und Augenstrich weiss. Kehle 
und Oberkopf ohne weisse Säume. Kinn mit undeutlichen 


Journ. f. Om. LI. Jahrg. Oktober 1904. 37 


554 Öscar Neumann: 


Säumen. Deutliche weisse Säume an den länglich ovalen 
Federn der unteren Brust. 

Habitat: Benguela, Mossamedes und Damara-Land, nach 
Osten bis Kikombo zwischen Tanganyka und Nyassa-See. 


E. Gruppe des Crateropus atripennis. 


Kastanienrote, teilweise ins Dunkelkirschrote ziehende Formen 
ohne Schuppenfedern mit blaugrauer Färbung am Kopf. 


VIII. COrateropus atripennis. 


24. Orateropus atripennis atripennis Sw. 

Sehr dunkel kastanienrot, besonders im Nacken und auf 
der Brust. Stirn, Wangen, Kinn und Kehle weisslich hell- 
grau. Oberkopf dunkler grau. 

Habitat: Senegal-Gebiet im Süden bis Cap Palmas. 


25. Orateropus atripennis haynesii Sharpe. 

Viel heller braunrot, Oberkopf braunschwarz. Nur Kinn 
und oberste Kehle grau, bei manchen nur das Kinn grau. 
Untere Kehle und Oberbrust braunrot. 

Habitat: Goldküste, Togo bis Nord-Kamerun. 


26. Orateropus atripennis bohndorffi Sharpe. 
Oberkopf hellgrau wie bei afripennis. Zügel, Augenring 
und Federn unter dem Auge schwarz. Ohrdecken und hintere 
Wangen grau. Vordere Wangen schwarz. Unterseite kastanien- 
rot, nur Kinn schwarz. Ven airipennis und haynesii ferner 
durch dunkel aschgraue, kastanienrot gesäumte Flügeldecken 
unterschieden. 
Habitat: Niam-Niam. 


F. Gruppe des Crateropus hypoleucus. 


Aberrante Form. Oberseits einfarbig. Unterseits weiss mit 
braunschwarzem Kehlband und braunschwarzen Seiten. 


IX. Crateropus hypoleucus. 


27. Crateropus hypoleucus Cab. 

Habitat: Ost-Afrika von Ukamba bis Usegua. 

Der Typus — von Kitui in Ukamba — ist oberseits 
braun. Bürzel völlig von Körperfarbe. Einige helle Spitzen 
an den Stirnfedern. 

Zwei andere Stücke $g von Usegua und vom Kilima 
Ndscharo haben den Bürzel deutlich heller wie den Ober- 
rücken, grauweissliche Stirn und zeigen deutlich matte Säume 
an den Rückenfedern. Auch zieht die allgemeine Färbung 


Über Crateropus. 555 


der Oberseite mehr ins graue, während sie beim Typus reiner 
braun ist. Weiteres Material muss abgewartet werden, um 
zu sehen, ob dieses Jugend- oder Alters - Differenzen "sind, 
oder ob zwei getrennte geographische Formen vorliegen. 


G. Gruppe des Crateropus hindei. 


Eine, wie aus der Beschreibung der einzigen Art hervorgeht, 
ganz aberrante Form. 


X. Crateropus hindei. 


28. Crateropus hindei Sharpe. 

Schnabel schwarz. Unterrücken, Bürzel, Weichen, Unter- 
schwanzdecken blass zimtbraun, Kopfseiten, Oberrücken, Vor- 
derbrust schwarz, die Federn grau gesäumt. 

Habitat: Asi-Ebene in Britisch Ost-Afrika. 

Es muss zum Schluss noch bemerkt werden, dass vielleicht 
die plebeius-Gruppe und die platycercus-Gruppe zusammengehören. 
Mehr Material des echten »platycercus vom Senegal ist nötig, um 
zu sehen, obzwischen diesem und dem echten plebeius von Kordofan 
ein Zusammenhang besteht. 


Antikritik. 
(Über die Auffassung des Begriffes Subspezies, u. a. m.) 
Von Dr. Ernst Hartert. 


In der Dezember-Sitzung 1903 der Deutschen Ornitholo- 
gischen Gesellschaft befindet sich das Referat eines sehr inter- 
essanten Vortrages Herrn Professor Reichenows, der sich gegen 
meine Auffassung des Begriffes „‚Subspezies“ richtet und schliesslich 
auf einige angebliche Inkonsequenzen und Irrtümer in meinem 
Buche „Vögel der paläarktischen Fauna“ eingeht. 

Zunächst hebt der Redner die Verschiedenheit der „älteren“ 
und „neueren‘‘ Auffassung des Begriffes der Subspezies hervor. 
Er nennt, wie schon früher, die Anhänger meiner Richtung 
„Subspeziesbildner“, während er die seiner Richtung, die mit 
ternärer Nomenklatur nicht mehr die geographischen Vertreter 
bezeichnet, „Conspeziesbildner“ nennt. (Vergl. J. f. O. 1902 p. 
364, 1904 p. 309). -Die Berechtigung dieser beiden verschiedenen 
Auffassungen, oder vielmehr die der Reichenow’schen, erkenne 
ich nicht an. Um das zu begründen, muss ich etwas weiter 
ausholen: Es war anscheinend C. L. Brehm, der zuerst den Begriff 
und die Bezeichnung ,„Subspezies“ einführte, sowie auch dafür 
später mehr oder minder konsequent, die ternäre Nomenklatur 
anwandte. Brehm’s Subspezies waren aber durchaus nicht das, 


37* 


556 Ernst Hartert: 


was die Subspezies der neueren Forscher sind: es waren nur 
bisweilen geographische Formen, meist stellten sie einander 
äusserst ähnliche, nach Ansicht andrer Forscher oft überhaupt 
nicht unterscheidbare, die alten Arten in vielen Fällen verbindende, 
Formen dar. Die geographischen Vertreter als Subspezies und 
ternär zu bezeichnen, ist erst in neuerer Zeit durch die Nord- 
amerikaner, sowie durch einige wenige Forscher in Europa, u. a. 
Berlepsch in Deutschland, Seebohm in England, Allgemeingut 
geworden, obwohl es auch schon durch Schlegel und einzelne 
andre Männer in der Zwischenzeit geschah. Meines Erachtens 
hat die „Subspezies“ nur dann den hohen, ihr zuerkannten Wert 
und volle Berechtigung auf Beachtung, wenn man sie streng geo- 
graphisch auffasst, also mit geographischen Vertretern identifiziert. 
Das taten auch die Amerikaner, Berlepsch, Seebohm u. a. stets. 
Es wäre ein schwerer Fehler gewesen, wenn wir in den von der 
Deutschen ornithologischen Gesellschaft vorgeschlagenen Nomen- 
klaturregeln die Frage, ob Spezies oder Subspezies, lediglich von 
dem Mass der Unterschiede abhängig gemacht hätten — es geschah 
dies aber nicht, denn es hiess (nach Berlepschs Vorschlage) 
ausdrücklich: „Lokalformen, die“ u. s. w. Es wurde also das 
Gewicht auf die geographische Verbreitung gelegt. Professor 
Reichenow stellt sich nun auf den Standpunkt dieser Regeln, 
ohne aber an der geographischen Sonderung als Hauptsache fest- 
zuhalten. Dass dies der Fall ist, beweist ein Studium seines 
Riesenwerkes „Die Vögel Afrikas“, in dem sich mehrfach ternär 
benannte Formen nicht geographisch ausschliessen. Dies betrachtet 
Reichenow als die ältere Richtung. Ich kann das nicht an- 
erkennen, denn die alte (wenn man den Ausdruck schon an- 
wenden will) Richtung machte den Begriff Subspezies von der 
geographischen Trennung abhängig. Überdies will Reichenow 
den „alten“ Begriff Subspezies (nach seinem eigenen Ausspruch) 
durch seine Bezeichnung Conspezies ersetzt haben, während er 
der „neueren“ Richtung, die alle geographischen Vertreter (sofern 
sie in ihren Hauptmerkmalen übereinstimmen) ternär benennt, 
den Namen Subspeziesbildner zuschiebt. Ich hatte also eigent- 
lich nicht Unrecht, wenn ich sagte, dass Reichenow die Be- 
zeichnung Subspezies durch Conspezies ersetzte, denn Reichenow 
sagte ausdrücklich: „Diejenigen, die an der älteren Auffassung 
festhalten ..... mögen an Steller.. 2... von Subspezies 
„Conspezies‘“ anwenden‘ — ich hatte aber in der Tat, als ich 
meine Einleitung zu den „Vögeln der pal. Fauna“ schrieb, noch 
nicht eingesehen, dass Reichenow das geographische Prinzip 
nicht mehr in den Vordergrund stellte. 

Ich stimme nicht mit Reichenow überein: 1. Darin, dass 
Formen ternär benannt werden dürfen, die einander nicht streng 
geographisch vertreten. 2. Dass ein wirklicher, wissenschaftlich 
begründeter Unterschied besteht zwischen denen, die die Subspezies 
„nur für solche Formen für notwendig halten, welche durch eine 


Antikritik. 557 


kurze Diagnose nicht kenntlich gemacht werden können“, und 
denen, welche alle einander vertretenden geographischen Formen 
vom gleichen Typus, also bei allgemeiner Übereinstimmung in 
den Grundzügen, ternär benennen, oder vielmehr, dass die erstere 
Richtung überhaupt bestehen kann. 

Reichenow wirft uns vor, dass wir die Formen nicht gleich- 
mässig behandeln, dass wir weiter getrennte und einander äusserst 
ähnliche in gleicher Weise benennen, übersieht dabei aber, dass 
er mit seinen binär benannten Formen ganz genau dasselbe tut. 
Auch dort hat er einander sehr ähnliche Arten (man vergleiche 
nur die Vögel Afrikas), und andre ebenso binär benannte 
in der gleichen Gattung, die überhaupt nicht ähnlich, sondern 
nur in der Struktur gleich sind. Der Vorwurf kann also nicht 
gegen unsere Methode erhoben werden. Es ist ja ganz selbst- 
verständlich, dass es einander näher und ferner stehende Arten 
gibt und ebenso auch einander ähnliche und minder ähnliche 
Unterarten. Reichenow sagt, dass die allgemeine Übereinstimmung 
in den Hauptmerkmalen ein recht dehnbarer Begriff ist: natürlich 
ist sie das dem Wortlaute nach, wenn man aber eine Gattung 
in allen ihren (bekannten) Formen eingehend studiert, so findet 
man, welche Merkmale in der betreffenden Gruppe tiefeinschnei- 
dende Charaktere sind, welche dagegen in den verschiedenen 
Gegenden, bei den geographischen Vertretern, als variable Merk- 
male auftreten. Die Entscheidung darüber, ob gewisse Merkmale 
grössern oder kleinern taxonomischen Wert haben, kann nur nach 
eingehendem Studium einer Gattung getroffen werden, ebenso 
die Entscheidung, wie weit der Spezies- und wie weit der Subspezies- 
Begriff im Einzelfalle gefasst werden kann. Es ist daher nicht ange- 
bracht, ein mit Überlegung durchgearbeitetes Werk eines „Sub- 
speziesbildners‘‘ meiner Auffassung ohne Weiteres zu kritisieren, 
weil der Kritiker gewisse darin binär benannte Arten „viel eher, als 
andere als Subspezies behandelt haben würde‘, und umgekehrt. 
Reichenow rügt meine Auffassung, alle Garrulus-Formen mit 
gestreiften, resp. schwärzlichen Köpfen als Subspezies zu behandeln: 
ich halte das aber durchaus für angemessen, denn alle die unter- 
scheidenden Merkmale dieser Formen sind geringfügiger Natur, 
weil variabel, hier und dort bald stark ausgeprägt oder nur an- 
gedeutet, häufig Übergänge bildend. Es ist reine Willkür, ein 
etwas grösseres oder geringeres Mass von Unterschieden zum 
Speziesmerkmal zu stempeln und zu sagen: bishierher Subspezies, 
von hier ab Spezies: alle die von mir anerkannten Formen ver- 
treten einander geographisch und sind Formen einer Art. Um 
das zu verstehen, muss man allerdings nicht nur @. glandarius 
aus Deutschland, @. brandti und @G. atricapillus vergleichen, son- 
dern vor allen Dingen auch @. g. ichnusae, hyrcanus, caspius 
(der unserm @. g. glandarius sehr nahe steht und doch von 
Seebohm als Subspezies zu airicapillus gestellt wurde!), minor, 
krynicki, whitakeri! 


558 Ernst Hartert: 


Ferner tadelt Reichenow, dass ich Sturnus unicolor nicht 
als Subspezies zu Siurnus vulgaris stellte, da ich doch alle an- 
dern Starenformen ternär behandelte. Jawohl, da hat mein lieber 
pro tempore Gegner einen schwachen Punkt gefunden! Ganz ge- 
wiss hätte es einige Berechtigung gehabt und wäre vielleicht 
besser und konsequenter gewesen, auch Siurnus unicolor ternär 
zu fassen — denn schliesslich ein Star ist es auch! Ich habe 
dabei lange geschwankt, aber mir schien doch eine grössere Kluft 
zu bestehen zwischen ihm und allen andern Staren, denn Siurnus 
unicolor unterscheidet sich von 8. vulgaris in allen seinen Formen 
durch die noch viel längeren und spitzigen Kehlfedern, sowie 
die einförmig graphit-schwarze Färbung. Übrigens habe ich die 
Frage ja offen gelassen, denn ich sagte (p. 41): „Man könnte 
schliesslich auch 8. unicolor als Unterart von $. vulgaris auffassen, 
denn als Brutvogel vertritt er den letzteren im Mittelmeergebiete, 
er ist aber weiter von den übrigen Siurnus- Formen getrennt, 
als jene von einander. Die roten, grünen und stahlblauen Farben 
sind bei ihm nicht nebeneinander verschieden verteilt, wie bei 
jenen, sondern gleichmässig gemischt, sodass sie ein unreines, 
glänzendes Schwarz ergeben, die Federn sind viel stärker ver- 
längert, die weisse Fleckung sehr gering, das Herbstkleid grau 
überzogen.“ Mein Kritiker hätte diese meine Auseinandersetzung 
vielleicht erwähnen können, dann hätte mein Vergehen weniger 
schlimm ausgesehen. Mich aber freut es, dass dieser Fehler (ich 
nehme einmal an, dass es einer war) hervorgehoben wurde, da es 


mir für die Zukunft eine Lehre sein wird, nicht wieder so zaghaft 


vorzugehen. Aber in einem Übersichts-Werke wie das meine 
muss man zu einem Entschlusse kommen, auch da, wo die Fälle 
sehr schwierig sind — da muss man eben tun, was man für das 
beste hält, ohne dass damit gesagt ist, dass es in allen Fällen 


das Richtige sein muss — spätere Forschung, namentlich grösseres 


Material und genauere Kenntnis der Brutgebiete, kann da schon 
einmal ein Urteil umstossen und ändern, und überhaupt sind 


Fehler ja unvermeidlich, wie alle arbeitenden Ornithologen nur 


allzugut aus eigener Erfahrung wissen. Es wundert mich also 
garnicht, wenn Fehler in meinem Buche gefunden und verbessert 
werden — ich selbst habe schon solche bemerkt, die in einem 
kurzen Appendix späterhin von mir berichtigt werden sollen. 
Die mir weiter von Reichenow vorgeworfenen Fehler aber kann 
ich nicht als solche anerkennen. 


Ich habe Corvus corone und cornix artlich getrennt, weil 


sie eine total verschiedene Färbung haben, weil sie je mehrere 
Unterarten bilden und weniger geographisch, als in grossen Kolo- 
nieen, graue Formen zwischen schwarzen eingedrängt, einander 
ersetzen, und weil sie in den Grenzgebieten zahlreiche Bastarde 
erzeugen, ohne ihre Artselbständigkeit zu gefährden. Nun weiss 
ich sehr wohl, und es ist eine allgemein bekannte Kathederlehre 


und Annahme im gewöhnlichen Leben (bei Landwirten z. B.), 


u * Bo 
RR 


Antikritik. 559 


dass Tiere sich um so leichter mit einander fruchtbar vermischen, 
je näher verwandt sie sind. Daraus hat man denn auch mit 
srosser Vorliebe den Rückschluss gezogen, dass Tierformen, die 
sich mit einander fruchtbar vermischen, näher verwandt seien 
und daher als „Rassen, nicht als Spezies“ betrachtet werden 
müssen. Dieser Rückschluss aber ist durchaus falsch! Das wissen 
auch Tierzüchter sehr gut, denn man hat oft fruchtbare Bastarde 
zwischen ganz unähnlichen, verschiedenen Gattungen zugezählten, 
Enten- und Hühnerarten andrerseits, von ganz verschiedenen Ibis- 
arten, ja sogar Bastarde, und ich glaube auch fruchtbare, von 
Ibis und Löffelreiher beobachtet. Die alte Kathederlehre also, 
welche Reichenow mir entgegenhält, erkenne ich nicht an. Dagegen 
scheint es mir logisch zu sein, anzunehmen, dass zwei Formen, 
die trotz gelegentlicher Bastarde ihre Brutgebiete und Artmerk- 
male unverändert erhalten, tief begründete Arten sein müssen, 
denn wenn es nur „Rassen“ wären, würden sie als solche bald 
verschwinden, da die Verbastardierung dazu beitragen würde, sie 
ineinander übergehen zu lassen. Aber gesetzt auch, meine Be- 
handlung der Krähen wäre ein Fehler, so würde auch das keines- 
_ wegs genügen, mein System, d. h. meine Behandlungsweise der 
Spezies und Subspezies zu diskreditieren: dass ein Autor Fehler 
macht, beweist doch nicht, dass seine Auffassung der Formen 
falsch ist! Sonst würde es ja keine Arten geben, denn wie viele 
Fehler haben nicht gerade die fruchtbarsten Artbeschreiber der 
Neuzeit noch gemacht. Wenn Reichenow sagt, die „Subspezies- 
bildner“ hätten keinen Massstab, nach dem beurteilt werden 
könnte, ob eine Form als Spezies oder als Subspezies aufzufassen 
sei, während bei den „Conspeziesbildnern‘ eine Übereinstimmung 
einigermassen erreichbar sei, so kann ich für diese Behauptung 
absolut keinen Grund finden. Im Gegenteil möchte ich darauf 
aufmerksam machen, dass die Frage, ob „Conspezies‘‘ oder nicht, 
nach Reichenows Definition lediglich von der Unterscheidungsgabe 
des Autors abhängen würde. Die Entscheidung, ob Unterschiede 
geringfügig sind oder nicht, ist ganz von der Erfahrung und dem 
Scharfblick des betreffenden Autors abhängig. Wie oft habe ich von 
einem Beobachter gehört, dass eine Form „genau dasselbe sei“, 
während ein anderer sagte, „aber diesind ja himmelweit verschieden“. 
Auch die Frage, ob eine Form durch eine Diagnose bestimmt 
werden kann (wovon Reichenow, auf unsern Nomenklaturregeln 
fussend, die Entscheidung abhängig machen will — vergl. Orn. 
Monatsber. 1901 p. 149) ist ganz willkürlich zu beantworten. 
Jeder „Subspeziesbildner‘‘ wie „Conspeziesbildner‘‘ wird mir zu- 
geben, dass eine Form, die sich nur dadurch unterscheidet, dass 
der graue Rücken einen bräunlichen Schimmer zeigt, nur ternär 
zu benennen ist, trotzdem kann es doch keine schärfere Diagnose 
geben, als: | 
1. Rücken ohne eine Spur von bräunlicher Beimischung — 
2. Rücken mit bräunlicher Beimischung — 


560 : Ernst Hartert: 


Ähnliche Beispiele lassen sich viele anführen. Was also den 
„Subspeziesbildnern“ vorgeworfen wird, das ist den „Conspezies- 
bildnern“ in noch höherem Masse eigen. Der Unterschied aber 
ist der, dass die „Subspeziesbildner“ ihre Subspezies nach wissen- 
schaftlich berechtigtem Grundsatze, auf streng geographischer 
Grundlage, bilden und daher ihrer Methode eine wissenschaftliche 
Berechtigung zukommt, während die „Conspeziesbildner“ ganz 
willkürlich verfahren: sie „verbinden damit weder einen besondern 
systematischen, noch geographischen Begriff‘, sondern sie bezeich- 
nen „Arten, die der eine Autor trennt, der andere nicht gelten 
lassen will“, „aus reinen Zweckmässigkeitsgründen‘“ ternär (Reiche- 
now, J. f. O. 1904 p. 310). D.h. also, dass sie meist zweifelhafte 
Formen ternär benennen. Ein wissenschaftliches Vorgehen kann 
ich das unter keinen Umständen nennen. Eine zweifelhafte Form 
kann eben nur als solche bezeichnet werden, fernere Forschung 
muss ergeben, ob es eine Art ist oder nicht. Eine besondere 
Nomenklatur für solche angebliche Formen, mit denen kein be- 
sonderer geographischer Begriff verbunden wird, ist eine Unnötig- 
keit, auf keinen Fall aber dürfen die ‚‚Conspeziesbildner“ die 
fast allgemein in andrer Weise angewandte ternäre Nomenklatur 
für ihre undefinierbaren Begriffe in Anspruch nehmen. Das ver- 
wirrt das Verständnis und diskreditiert die systematische Orni- 
thologie. Ich stelle daher den Grundsatz auf: Nur geogra- 
phische Vertreter können ternär benannt werden; es 
ist also nicht etwa ein geringes Mass von Unterschieden, 
das uns bestimmen darf, eine Form als Subspezies auf- 
zufassen und ternär zu benennen, sondern Unterschiede 
verbunden mit geographischer Trennung, natürlich bei 
allgemeiner Übereinstimmung in den Grundzügen. (Vög. 
pal. Fauna, Einl. p. VI.) 

Dass man für unsre ternär benannten geographischen Formen 
den alten Namen „Subspezies“ beibehalten hat, ist: bedauerlich, 
da er ursprünglich in anderm Sinne eingeführt wurde und nicht 
das bezeichnet, was diese Formen sind. Da er aber einmal in 
Aufnahme gekommen ist, ist es fraglich, ob man gut tut, ihn 
durch einen neuen Namen zu ersetzen, sonst könnte man ja den 
schon früher vorgeschlagenen Namen „forma vicaria“, oder 
„geographischer Vertreter“ statt des allerdings kürzeren Wortes 
Subspezies anwenden, wenn man sich durchaus nicht dazu ent- 
schliessen will, es beizubehalten. Ich meine aber, der Name täte 
nicht viel zur Sache und sollte ruhig beibehalten werden. 

Zum Schlusse muss ich noch im Besonderen auf Reichenow’s 
Kritik der von mir unterschiedenen Tannenheherformen eingehen. 
Dass er mein Vorgehen tadelt, indem ich auch Nucifraga hemispila 
und multipunctata als Subspezies von N. caryocatactes betrachtete, 
entspricht seiner Auffassung, weil diese beiden Formen sich 
von den übrigen auffallender unterscheiden, als jene unter sich. 
Ich verteidige aber meine Anordnung, weil die auffallenden 


Antikritik. 561 


Unterschiede dieser beiden Formen doch auch nur Weiter- 
entwickelungen von bereits bei den andern Formen auftretenden 
Merkmalen sind. Neue Charaktere finden wir in ihnen nicht: 
die tropfenähnlichen Flecke, die schon bei den andern Formen 
variieren, sind bei hemispila reduziert, bei multipunctata sehr 
vergrössert, die bei allen Formen verschiedene Schnabel-, Schwanz- 
und Flügellänge ist eine andre, die schon bei den nordischen 
Formen lokal veränderte Ausdehnung des Schwanzes hat bei 
multipunctata noch bedeutend zugenommen. Maultipunctata ist die 
auffallendste der Formen: man könnte sie, wenn man nur das 
Mass der Unterschiede entscheiden lässt, als Art fassen, aber 
hemispila ist doch den andern Formen so ähnlich, dass auch 
Andere sie nur als Subspezies von N. caryocatactes auflassen 
würden — die Ideen über Ähnlichkeit und geringe Unterschiede 
sind eben individuell verschieden: die „Conspeziesbildner‘ können 
da nie zu einer Einigung gelangen. Da kann mein Prinzip viel 
eher zu einem Entschlusse führen: wir haben streng geographisch 
getrennte Formen, Übereinstimmung in den Grundzügen, die 
Unterschiede sind nur Weiterentwickelungen auch bei den andern 
Formen vorhandener Charaktere: also Subspezies! Ferner aber 
tadelt Reichenow auch meine Unterscheidung von 

Nucifraga caryocatactes caryocatactes, der in Europa brütet 
und Stand- und Strichvogel ist, und Nucifraga caryocatactes macro- 
rhynchos, der in Sibirien brütet und im Herbst und Winter süd- 
westwärts, bis West- Europa, wandert, und, dass ich die von 
ihm 1889 beschriebene Nucifraga relicta (binär benannt) nicht 
anerkannte. Er behauptet, ich hätte als Unterscheidungsmerk- 
male „die am wenigsten zuverlässigen Kennzeichen‘ benutzt, und 
meine Darstellung sei durchaus nicht treffend. Er kommt dann 
zu dem Schlusse, man müsse drei europäische Formen unter- 
scheiden: 

„Nucifraga caryocatactes“: Norwegen, Ostpreussen, Karpa- 

then, Siebenbürgen. 

„Nucifraga caryocatactes relicta“: Alpen. 

„Nucifraga caryocatactes macrorhyncha“ : Sibirien. 
Nach seiner Darstellung sollen sich diese Formen hauptsächlich 
durch hellere und dunklere Grundfarbe der Oberseite unterscheiden, 
sowie durch Flügellänge und grössere oder kleinere weisse Tropfen- 
flecke — die von mir angegebene, so wichtige Schnabelform erwähnt 
er auch, modifiziert sie aber durch „häufiger“, die verschiedene Aus- 
dehnung der weissen Schwanzspitzen erwähnt er nicht. Schon 
Reichenows merkwürdige Verbreitung von „Nucifraga caryocatac- 
tes‘‘ gegenüber relöcia muss stutzig machen. Wenn er gegenüber 
der nordischen, etwa in Skandinavien, Preussen und Polen brü- 
tenden Form eine andre, die Gebirgszüge Mitteleuropas von den 
Pyrenäen, durch die Alpen und Karpathen hin wohnende annähme, 
so wäre das plausibel — so aber ist es eine auf den ersten Blick 
ganz unwahrscheinliche Verbreitung. Reichenow war auch früher 


562 Ernst Hartert: 


selbst andrer Meinung, denn er betrachtete die Karpathenvögel 
auch als „relicia“, wie ich auf von ihm selbstgeschriebenen Eti- 
ketten sah, während er jetzt die Karpathenvögel zur skandina- 
vischen Form rechnet. Es wäre das wahrscheinlich das einzige 
Beispiel, dass eine Form Skandinavien, Ostpreussen und die Kar- 
pathen bewohnt, eine andre die Alpen allein. Tatsächlich unter- 
scheiden sich die beiden vermeintlichen Formen überhaupt nicht. 
Die erneute Untersuchung von etwa 100 Stück europäischer 
und sibirischer Exemplare hat mich überzeust, dass die hellere 
und dunklere Rückenfärbung ebensowenig wie die ganz und gar 
imaginäre Flügellänge zur Unterscheidung von „relicta‘‘ dienen 
kann. Der Rücken ist im Herbste dunkler, bleicht aber allmählich, 
namentlich zur Brutzeit stark ab. Die Flügellänge ist ganz 
dieselbe, die weissen Tropfenflecke variieren an Grösse individuell. 
Dagegen sind die von mir angegebenen Merkmale durchaus zu- 
treffend. Danach also unterscheidet sich die sibirische Form 
durch viel schlankeren Schnabel, sowie ausgedehntere weisse 
Schwanzspitzen, die an den seitlichen Steuerfedern etwa 21/, — 31/, 
cm lang sind. Dass ab und zu Exemplare vorkommen, die eines 
dieser Merkmale nicht scharf ausgeprägt haben, ist nätürlich, 
namentlich der Schnabel variiert sehr, ist aber bei einer Serie 
sehr auffallend verschieden. Seltener noch trügt das Kennzeichen 
der Schwanzspitzen — nie beide Merkmale zusammen. Nauecifraga 
caryocatactes caryocatactes brütet in Skandinavien, Bornholm, 
Lappland, Finland, den russischen Ostseeprovinzen, Ostpreussen, 
Polen, dem Harz und Böhmerwalde, im ganzen Alpengebiete, 
dem Jura und den Karpathen (Tatra, Siebenbürgen etc.), jeden- 
falls auch in den Pyrenäen, woher ich aber keine Brutvögel 
untersuchen konnte. Nucifraga caryocatactes macrorhynchos brütet 
in Sibirien. Ich habe das Material des Rothschildschen und 
Londoner Museums, das der Dresserschen Sammlung, Stücke aus 
dem Liverpool Museum, die (grösstenteils von mir am Brutplatze 
in Ostpreussen gesammelte) Serie der Homeyerschen Sammlung, 
sowie einige von Schlüter :geliehene Stücke untersucht, natürlich 
auch C. L. Brehm’s Material. Dass Professor Reichenow diese 
Formen nicht richtig beurteilte, kann ich nur dem Umstande zu- 
schreiben, dass sein Material an Brutvögeln ungenügend war. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einer älteren Kritik 
sedenken, die mir im Journ. f. Orn. 1901 p. 277 zu Teil wurde. 
Dort spricht Freund Matschie „die Vermutung aus, dass die von 
mir beschriebenen Formen europäischer Vögel nicht gleichwertig 
sind und dass einige von ihnen als Standortvarietäten, andere 
aber als geographische Abarten gedeutet werden müssen.“ Zu 
dieser Vermutung nun lag durchaus kein Grund vor. Es handelte 
sich um einige von ınir benannte englische und andre rein geo- 
graphische Formen und aus meinen Arbeiten geht klar und 
deutlich hervor, dass dabei von ‚Standortsvarietäten‘ keine Rede 
sein kann. Offenbar hatte mein Kritiker meine Artikel nicht 


Antikritik. 563 


ordentlich gelesen, denn ich befinde mich mit ihm in der vollsten 
Ubereinstimmung bezüglich der sogenannten Standortsvarietäten: 
dass sie nämlich (bei Vögeln wenigstens) nicht konstant und 
dauernd auftreten und nicht mit wissenschaftlichen Namen zu 
belegen sind. Die volle Übereinstimmung in diesem Punkte mit 
Herrn Matschie konnte ich erst neuerdings zu meiner Freude 
mündlich feststellen. 


Zur Berichtigung. 


Die Ausführungen meines Vortrages, die der Bericht über 
die Dezembersitzung 1903 auf 8. 309 u. f. dieser Zeitschrift in 
kurzen Zügen wiedergibt, sind nach der vorstehenden „Antikritik“ 
vom Kollegen Hartert augenscheinlich teilweise missverstanden 
worden. Ohne auf jene Darlegung im einzelnen nochmals ein- 
zugehen, halte ich es doch für notwendig, einige Berichtigungen 
und Erläuterungen anzufügen. 

Zunächst habe ich mit dem Hauptteile meines Vortrages nicht 
eine Kritik des Hartert’schen Werkes beabsichtigt, sondern mich 
gegen die neuere, nicht nur von Hartert, sondern auch von vielen 
anderen Ornithologen, namentlich der jüngeren Generation, ver- 
folgten Richtung in der Bestimmung und Behandlung des Begriffs 
„Subspezies“ gewendet. Wenn ich dabei „als Beispiel“ Harterts 
Werk herangezogen, so geschah dass, wie auf S. 311 ausdrücklich 
bemerkt ist, weil in dieser Arbeit „das System, wogegen meine 
Ausführungen sich richten,“ am weitgehendsten durchgeführt ist. 

Ich hatte zunächst auf die verschiedene ältere und neuere 
Auffassung des Begriffs Subspecies hingewiesen. Dazu bemerkt 
Hartert: „Die Berechtigung dieser beiden verschiedenen Auf- 
fassung oder vielmehr die der Reichenow’schen erkenne ich nicht 
an‘ (ein Satz, der mir nicht verständlich ist) und gibt dann die 
Darstellung, als wäre stets das geographisch Ersetzende mass- 
gebend für die Bildung von Subspezies gegenüber der Species 
gewesen. Das ist nicht richtig; vielmehr ist die geringere oder 
grössere Verschiedenheit der Formen das Entscheidende gewesen, 
wie das in der betreffenden Begriffsbestimmung in unseren 
Nomenklaturregeln sehr klar ausgedrückt ist. Dass solche Sub- 
species in der Regel auch einander geographisch vertreten, ist ja 
selbstverständlich, denn bei beständiger Gelegenheit, miteinander 
sich zu vermischen, werden geringfügige Abänderungen, wo sie 
zufällig entstanden sind, bald wieder verschwinden. Indessen 
kommen geringfügige Abänderungen auch nebeneinander in dem- 
selben geographischen Gebiet vor und scheinen dann meistens 
als „Lokalformen“ durch verschiedene Geländeverhältnisse be- 
dingt zu sein. In meiner Darstellung der verschiedenen älteren 
und neueren Richtung kam es in der Hauptsache aber gar nicht 
auf den geographischen Wert der Formen an, der Schwerpunkt 
der Verschiedenheit jener beiden Richtungen, von denen ich die 


564 Zur Berichtigung. 


ältere als Conspeziesbildner, die neue als Subspeziesbildner be- 
zeichnet habe, liegt darin, dass jene die „Conspezies“ als eine 
der Spezies ihrem systematischen Wert nach vollständig gleiche 
(kleinste Einheit des Systems), nur nebengeordnete Form auf- 
fassen, während die „Subspeziesbildner“ die Spezies in Subspezies 
aufteilen, die Spezies damit zu einem der Subspezies übergeord- 
neten Gruppenbegriff erheben und damit zu dem Widerspruch 
kommen, die Spezies einmal (wo sie nicht aufgeteilt ist) als 
kleinste systematische Einheit, ein anderes Mal als Gruppenbegriff 
zu behandeln. 

Dass auch die Amerikaner früher auf dem älteren Stand- 
punkt gestanden, die Subspezies als nebengeordnete, nicht als 
untergeordnete Form aufgefasst haben, beweist z. B. die Check- 
List von 1886, wo alle Stammformen noch binär, nur die Sub- 
spezies (Nebenarten) ternär benannt sind. 

Auf S. 560, Zeile 8—11 ist mir eine Begriffsbestimmung der 
Conspezies untergeschoben, wie ich sie niemals gegeben habe. 
Wenn man einzelne Sätze eines Absatzes verstellt, wie das an 
der bezeichneten Stelle geschehen ist, muss selbstverständlich ein 
ganz anderer Sinn als der ursprüngliche herauskommen. 

Hartert tadelt, dass ich sein Werk zur Kritik herangezogen: 
„Es ist daher nicht angebracht, ein mit Überlegung durchge- 
arbeitetes Werk eines „Subspeziesbildners“ meiner Auffassung ohne 
Weiteres zu kritisieren, weil der Kritiker gewisse darin binär 
benannte Arten „viel eher, als andere als Subspezies behandelt 
haben würde.“ Meiner Ansicht nach sind nicht nur Harterts 
Arbeiten, sondern ist in der Regel jedes Werk mit Überlegung 
durchgearbeitet. Nach obiger These müsste somit jede Arbeit 
kritikfrei sein. 

Im Anschluss an meinen Vortrag war ich dann noch auf 
Harterts Darstellung der Unterschiede der verschiedenen Formen 
der Tannenheher eingegangen und hatte diese als nicht treffend 
bezeichnet. Ich halte die von mir auf S. 312 gegebene Kenn- 
zeichnung, insbesondere die Unterscheidung der Form relicta, auch 
der Erwiderung gegenüber durchaus aufrecht. 

Die weisse Schwanzspitze, diesonstimmer als Unterscheidungs- 
merkmal für die Tannenheherformen herangezogen wird, habe 
ich deshalb nicht erwähnt, weil ihre Ausdehnung bei Vögeln aus 
demselben Gebiet ungemein wechselt. Es wundert mich, dass 
Hartert bei Untersuchung seines so umfangreichen Materials dieses 
Schwanken nicht ebenfalls gefunden hat. 


Reichenow. 


Zur Abwehr. 565 


Zur Abwehr. 


In der Sitzung der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 
am 7. Dezember 1903 ist über den vom Unterzeichneten zwei 
Tage vorher in der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin gehaltenen 
Vortrag über den Schutz der natürlichen Landschaft, ihrer 
Pflanzen- und Tierwelt berichtet worden.!) Nach dem im 
Journal für Ornithologie (52. Jahrg. Leipzig 1904. S. 308 f.) ent- 
haltenen Referat wurde gegen ihn der Vorwurf erhoben, dass 
seine „Ausführungen merkwürdigerweise eine genügende Kenntnis 
der Lebensweise unserer Vögel vielfach hätten vermissen lassen.“ 
Weiter heisst es: „wer das Abnehmen der Auerhahnbestände mit 
der Abholzung der Buchenwaldungen in Verbindung bringe und 
über die Ausrottung des Kormorans Klage führe, der verkenne 
doch die tatsächlichen Verhältnisse erheblich.“ 

Es ist unbillig, solche Angriffe zu veröffentlichen, ohne auch 
nur den Versuch zu machen, dieselben zu begründen. Für die- 
jenigen, welche den Vortrag in der Gesellschaft für Erdkunde 
nicht gehört haben, möge Folgendes hier in Kürze bemerkt werden. 

Unterzeichneter führte u. a. aus, dass der ursprüngliche 
Wald mit seiner Pflanzen- und Tierwelt durch den jetzt vielfach 
herrschenden Kahlschlagbetrieb ernstlich gefährdet sei. Ausser 
den bestandbildenden Baumarten schwinde auch das ganze Unter- 
holz, die krautartige Pflanzendecke und ein grosser Teil der 
Tierwelt, deren Lebensbedingungen mehr oder weniger an die 
umgebende Vegetation geknüpft sind. Mit dem Unterwuchs ver- 
lieren sich die Vögel, welche im niedrigen Buschwerk leben, lieben 
und nisten. Ferner können durch die mit dem intensiveren 
Abhieb in den Wald getragene Unruhe auch grössere Vögel ver- 
scheucht werden. Im Revier Ilfeld zog sich das Auerwild zurück 
seit dem Schwinden der alten Buchenorte (nach einem Bericht 
der Forstverwaltung vom 3. Oktober 1900.). 

An einer anderen Stelle des Vortrags wies Unterzeichneter 
darauf hin, dass manche bemerkenswerte Tierart örtlich bedroht 
sei, wenn Prämien ohne Mass und Ziel auf ihren Abschuss aus- 
gesetzt werden. Der Kormoran sei allerdings ein Feind der 
Fischerei; dies berechtige aber nicht zu einem Vorgehen, welches 
seine Vernichtung zur Folge hat. In hohem Grade bedauerlich 
sei es, wenn selbst ein ornithologischer Verein, der sich sta- 
tutenmässig den Schutz der Vogelwelt zur Aufgabe macht, einen 
wahren Vertilgungskrieg gegen den Kormoran ausführte. Jetzt 
sei es dahin gekommen, dass im ganzen Küstengebiet der Ostsee 


1) Unterzeichneter möchte nicht unterlassen zu erwähnen, dass er 
bei einer früheren Gelegenheit von Herrn Professor Reichenow freund- 
lichst eingeladen wurde, einmal eine Sitzung der Deutschen Ornithologischen 
Gesellschaft zu besuchen. Leider war er verhindert, der Sitzung am 7. 
Dezember beizuwohnen; übrigens hatte er auch nicht davon Kenntnis, 
dass in derselben auf seinen Vortrag Bezug genommen werden würde. 


566 Conwentz: Zur Abwehr. 


deutschen Anteils, so weit bekannt, nicht mehr eine einzige Kor- 
morankolonie besteht; auch im Binnenlande sei nur noch eine 
sanz geringe Anzahl vorhanden. Es drohe somit die Gefahr, 
dass dieses eigenartige Bild mit dem auf hohen Bäumen hor- 
stenden Schwimmvogel aus der deutschen Landschaft gänzlich 
verschwinde, falls nicht Massnahmen ergriffen werden, um noch 
die wenigen Horste, soweit es mit den wirtschaftlichen Interessen 
vereinbar ist, zu schonen. 

Was Unterzeichneter damals gesagt, beruht auf Tatsachen, 
und es liegt für ihn kein Anlass vor, an jenen Ausführungen 
etwas zu ändern. Wer sich aber gemüssigt fühlt, dieselben anzu- 
greifen, sollte sich erst selbst über den Gegenstand hinreichend 
informieren. Jetzt kann Unterzeichneter obigen Erörterungen 
noch hinzufügen, dass seine „Klage über die Ausrottung des 
Kormorans“ auch in weiteren Kreisen geteilt wird. Der Herr 
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten hat mittels 
Erlass vom 5. Juli cer., Gesch. Nr. I. Bb. 5530, III. 8382, bestimmt, 
dass b. a. W. der Abschuss des Vogels in den Staatsforsten zu 
unterlassen ist. 

In dem in Rede stehenden Referat wird weiter bemerkt, 
dass Ornithologen bei den Unteruehmungen zur Erhaltung der 
Naturdenkmäler gehört werden sollten. Dies ist schon vielfach 
geschehen und wird selbstverständlich auch künftig geschehen 
müssen. Vornehmlich solche Ornithologen, die mit den Verhält- 
nissen im Gelände unserer Heimat wohl vertraut sind, können 
der Sache gute Dienste leisten. 

Danzig, im August 1904. Conwentz, 

Direktor des Provinzial-Museums. 


Deutsche Ornithologische Gesellschaft. 
Bericht über die April-Sitzung 1904. 


Verhandelt Berlin, Montag, den 11. April 1904, Abends 8 
Uhr, im Architektenhause, Wilhelmstr. 92 11. 

Anwesend waren die Herrn: Reichenow, Deditius, von 
Treskow, Neumann, Haase, von Lucanus, Heinroth, 
Freiherr von Erlanger und Matschie. 

Als Gast anwesend Herr Knud Andersen (Kopenhagen). 

Vorsitzender: Herr Reichenow, Schriftf.: Herr Matschie. 

Zunächst berichtete, nachdem die Niederschrift der in der 
letzten Sitzung verhandelten Gegenstände verlesen und ange- 
nommen war, Herr von Lucanus über die von der Deutschen 
Ornithologischen Gesellschaft an das Preussische Abgeordneten- 
haus gerichtete Petition, die von dem Vortragenden zusammen 


mit Herrn Rörig entsprechend den gefassten Beschlüssen aus- 


gearbeitet worden ist. 


Bericht über die April-Sitzung 1904. 567 


Herr Neumann sprach über die Rotflügelglanzstare. Das 
wichtigste aus seinen Bemerkungen, die später einmal ausführ- 
licher veröffentlicht werden sollen, ist folgendes: 


Gute Genera sind, wenn man von den aberranten Poeoptera und 
Stilbopsar absieht, nur drei: Amydrus, Ptilorhinus und Galeopsar. 

Eine Einteilung von Amydrus, in Amydrus, Pyrrhocheira, 
Onychognathus, Oinnamopterus, wie sie Prof. Reichenow in seinem 
Werk „Vögel Afrikas‘ vornimmt, halte ich nicht für praktisch, 
da es nach dem von ihm angegebenen Merkmalen bei einigen 
der Arten sehr schwer ist, zu sagen, in welches Genus sie ge- 
hören. Will man nicht alles unter Amydrus behalten, so muss 
man auch Hagiopsar Sharpe stehen lassen, und ferner für Amydrus 
gracilirostriss Neum., der durch seinen Schnabel, welcher noch 
dünner ist, wie der von Oinnamopterus tenuirostris, einen neuen 
Genusnamen einführen. In dem von Reichenow gegebenen 
Schlüssel wird Pyrrhocheira von Oinnamopterus, Onychognathus 
und Amydrus durch den bei erster abgestutzten, seicht ausge- 
randeten oder keilförmigen, bei letzteren stufigen Schwanz ge- 
sondert, aber wie dann bei Besprechung der Unterschiede 
zwischen Pyrrhocherra und Amydrus ausgeführt ist, sind die 
“ Unterschiede zwischen diesen beiden so gering, dass sie vereinigt 
werden könnten. 

Amydrus und Onychognathus werden dadurch gesondert, 
dass bei Onychognathus die Aussensäume der Armschwingen und 
meistens auch der grossen Armdecken zerschlissen sind. Somit 
wird Amydrus blyihi Hartl. unter Onychognathus gestellt. Nun 
haben aber Amydrus wallerı und Amydrus frater ebenso zer- 
schlissene Armschwingen wie blythi. 

Etwas anders ist es mit den echten westafrikanischen Ony- 
chognathus- Arten der fulgidus-Gruppe. Diese haben an Schwingen 
und Armdecken vor dem zerschlissenen Aussensaum eine eigen- 
tümliche glänzende Fett- oder Bügellinie. Aber auch das scheint 
nicht als guter Genuscharacter dienen zu dürfen aus folgendem 
Grunde. Von drei dem ganzen Bau und Färbungscharacter nach 
streng zusammengehörigen und sich geographisch ersetzenden 
Formen, nämlich Amydrus walleri Shell., Amydrus elgonensis 
Sharpe und Onychognathus preussi Rchw., hat letzterer diese 
Bügelfalte ebenso deutlich und stark wie die grossschnäbeligen 
Formen der fulgidus-Gruppe, elgonensis hat sie etwas schwächer, 
. bei walleri fehlt dieselbe. Diese drei Arten ähneln sich, wie ge- 
sagt, derart im Bau und Färbungscharacter, dass ihre Selb- 
ständigkeit oft bezweifelt und sie mehrfach mit einander ver- 
wechselt wurden. Sie sind entschieden Vertreter eines Formen- 
kreises. Trotzdem müsste man sie nach dem Schlüssel im Ca- 
talogue of Birds und im Werke Reichenows in zwei verschiedene 
Genera stellen, was beweist, dass die angeführten Genuscharactere 
künstliche und keine natürlichen sind. 


568 Bericht über die April-Sitzung 1904. 


Sonst ist noch folgendes erwähnenswert: 

Bei Amydrus morio ist es auffallend, dass, während sich in 
allgemeinen die Art in drei Subspecies: morio morio von Süd- 
Afrika, morio shelleyi (Hartert, Catalog Senckenberg. Mus. p. 75), 
von Deutsch- u. Englisch-Ost-Afrika und morio rüppelli von Nord- - 
Ost-Afrika, sondern lässt, in manchen Gegenden von Nord-Ost- 
Afrika — so bei Sheikh Hussein im Arussi-Galla-Lande — Stücke 
vorkommen, die ganz ebenso feine Schnäbel haben, wie Exem- 
plare vom Kap. Ob hier Zugverhältnisse mitsprechen oder ob 
morio und rüppellö überhaupt verschiedene Arten sind, die ge- 
legentlich im Arussi-Land neben einander vorkommen, während 
sie sich in Deutsch- und Englisch-Ost-Afrika zu einer interme- 
diären Form entermedius Hartert vermischt haben, das sei vor- 
läufig dahin gestellt und bleibe ferneren Forschungen überlassen. 

Zur sogenannten Pyrrhocheira caffra ist zu bemerken: 

Es ist unmöglich, wie das zuerst Gray getan, die (oracias 
caffra mit der Diagnose: „Coracias caerulea, remigibus margine 
externis luteis. Habitat in Athiopia. J. Burmanns“ auf unsern 
Vogel zu beziehen, besonders wenn man sich vergegenwärtigt, 
dass Linne mit „caeruleus“ immer’ hellblau, mit „luteus“ gelb 
meint. Die Farbe unseres Vogels hätte Linne ater genannt. 
Linn& hatte also eine hellblaue Mandelkrähe mit gelben Schwingen- 
säumen vor sich, von der ihm ein Herr Burmanns erzählte, dass 
sie aus Afrika käme. 

Unserm Vogel gebührt der Name Amydrus nabouroup Lev. 

Bemerkenswert ist ferner bei Onychognathus, dass der Typus 
von hartlaubi nicht von Fernando Po gekommen ist, sondern ohne 
Fundort ist. Der Fundort Fernando Po ist später dem in der 
Beschreibung zuerst genannten d — also dem Typus — bei- 
gesetzt worden, da das auch dabei vorliegende, aber nicht 
eigentlich beschriebene @ „Fernando Po“ etikettiert war. Aber 
auch dieses Exemplar stammt sicher nicht von Fernando Po, 
sondern wurde von der Thomson Expedition heimgebracht, die 
zuerst am Niger sammelte, dort von den Eingeborenen zer- 
sprengt wurde und dann nach Fernando Po flüchtete. Es stimmt 
völlig mit von Ansorge am Niger gesammelten Exemplaren des 
Tring Museums überein und dürfte von dort stammen. Auf 
Fernando Po gibt es keine Form der fulgidus-Gruppe, sondern 
nur den kleinen preusst Rehw. 

Folgende Formen möchte ich vorläufig unter den Rotflügel- 
slanzstaren anerkennen: 


A. Galeopsar. 
1. Galeopsar sawadorii Sharpe Hauasch-Tal, Webbi-Shebeli- 
Gebiet, bis südlich des Rudolf-Sees. 


B. Ptilorhinus. 
1. Ptilorhinus albirostris Rüpp. Abyssinien, Schoa, Arussi- 
Galla-Land. 


Bericht über die April-Sitzung 1904. 569 


C. Amydrus. 


. Amydrus morio. 


1. Amydrus morio morio L. Süd-Afrika, sporadisch im 


Il. 


Il. 


‚IV. 
. Amydrus blythk Hartl. Nord-Abyssinien, Nord-Somali- 


‚V. 


VI. 


v1. 
VII. 


Arussi-Galla-Land. 

2. Amydrus morio shelleyi Hartert, Deutsch- und Englisch- 
Ost-Afrika. 

3. Amydrus morio rüppelli Verr. Nordost-Afrika. 

Amydrus tristrami. 

1. Amydrus tristrame tristrami Scl. Palästina und Sinai. 

2. Amydrus tristrami hadramanuticus (Lor. Hellm.) Süd- 
Arabien. 

Amydrus nabouroup. 

1. Amydrus nabouroup intensitinctus Rehw. Natal und 
östliche Teile der Kap-Kolonie. 

2. Amydrus nabouroup nabouroup Lev. Westliche Teile der 
Kap-Kolonie, Deutsch-Südwest-Afrika. 

3. Amydrus nabouroup benguellensis Neum. Benguella und 
Mossamedes. 

Amydrus frater Sel. Hartl. Sokotra. 


Land, Sokotra. 

Amydrus walleri. 

1. Amydrus walleri walleri Shell. Gebirge am Nyassa-See, 
Usambara, Kilima-Ndscharo, Kikuyu, Kenia. 

2. Amydrus wallerı elgonensis Sharpe Mau, Mandi, Elgon. 

3. Amydrus walleri preussi Rehw. Kamerungebirge, Fer- 
nando Po. 

Amydrus fulgidus. 

1. Amydrus fulgidus fulgidus Hartl. St. Thomas. 

2. Amydrus fulgidus hartlaubi Gray, West-Afrika vom Niger 
bis Nord-Angola, im Innern bis Niamniam. 

3. Amydrus fulgidus harterti Neum. Liberia, Togo, Goldküste. 

Amydrus gracilirostris Neum. Süd-Afrika (Kap-Kolonie?) 

Amydrus tenuirostris Rüpp. Nord-Ost-Afrika, Ruwenzori, 

Kenia, Gebirge am Nyassa-See. 


D. Poeoptera. 
1. Poeoptera lugubris Bp. West-Afrika von der Goldküste 
bis zum Kongo. 


E. Stilbopsar. 
1. Stilbopsar stuhlmanni Rehw. Ruwenzori, Elgon, Mandi 
bis Kaffa und Doko am Omo. 
2. Stilbopsar kenricki Shell. Usambara und Kilima-Ndscharo. 


Herr Matschie machte darauf aufmerksam, dass Nord- 


Kamerun und das östliche Togoland in der Zusammensetzung 
seiner Säugetierwelt eine auffallende Ähnlichkeit zeige. 
Journ. f. Orn. LII. Jahrg. Oktober 1904. 38 


570 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


Herr Freiherr von Erlanger hielt einen Vortrag über 
die geographischen Formen der durch gelben Bürzel, weisse 
Wangen und wellenförmige Rückenzeichnung kenntlichen Dendro- 
picus und zeigte die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten 
an zahlreichen von ihm vorgelegten Bälgen. 

Die interessanten Mitteilungen des Redners wurden durch 
Herrn Neumann, der schon früher sich ausführlich über diese 
Vogelgruppe geäussert hat, bestätigt und teilweise ergänzt. 

Herr Heinroth berichtete nunmehr über einige neue Ein- 
gänge, die der Berliner Zoologische Garten zu verzeichnen hat. 
Er erwähnte, dass jetzt 3 verschiedene Arten von Pinguinen hier 
ausgestellt seien, darunter auch Catarrhactes chrysocome in zwei 
Exemplaren. Dieser Pinguin zeichne sich durch längere helle 
Läufe, schmalere Flügel, und dreieckigen Kopf aus; seine Stimme 
erinnere an diejenige von Larus canus. Auch er werfe bei der 
Mauser alle Federn auf einmal ab. 

Ferner sind zu erwähnen: Ibyeiter macropterus aus Iquique, 
ein sehr heller Leinfink aus Sibirien, der nach der Meinung des 
Herrn Reichenow zu L. hornemanni gehört, Gyps rüppelli, 
Pseudogyps schillingsi, Fseudogyps zechi, Eunetta falcata und 
Tadorna radja. Die hohe Stimme der Jg der Tadorna-Arten 
wird durch die den Ton abschwächende Knochentrommel im 
Kehlkopf hervorgebracht. 

Herr Reichenow erwähnte hierzu, dass Herr Schillings 
Nestjunge von Pseudogyps gesammelt habe. Hierauf sprach Herr 
Reichenow über einige andere in der Schillings’schen Sammlung 
enthaltene Arten, Astur nisus, Glaucidium perlatum und kili- 
mense, Apus aeqguatorialis, Anthus caffer, über das Schmarotzen 
der Ohrysococcy& in Webernestern und über schöne Reihen von 
F'rancolinus fischer und Pternistes. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


The Annals of Scottish Natural History. A Quarterly Magazine. 
Edinburgh. No. 51. 1904. 

The Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Vol. XXI. No. 3. 1904. 

Bulletin of the British Ornithologists’ Club. No. CVII. 1904. 

The Condor. A Magazine of Western Ornithology. Vol. VI. No. 4. 
1904. 


Die Gefiederte Welt. Wochenschrift für Vogelliebhaber. Herausg. 
Karl Neunzig. Magdeburg (Creutz’sche Verlagshandlung). 
Jahrg. XXXIII. Hift. 22—33. 


The Ibis. A Quarterly Journal of Ornithology. (8.) IV. 1904. Heft 3. 

Naturae Novitates. Bibliographie neuer Erscheinungen aller 
Länder u. s. w. (R. Friedländer & Sohn). Berlin. XXVI. Jahrg. 
No. 8—13. 1904. 


Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 571 


Ornithologisches Jahrbuch. Organ für das palaearktische Faunen- 
gebiet. Herausgegeben von Victor Ritter von Tschusi zu 
Schmidhoffen. XV. Jahrg. No. 4. 1904. 


Ornithologische Monatsschrift des deutschen Vereins zum Schutze 
der Vogelwelt.e. XXIX. No. 6—9. 1904. 


Der Ornithologische Beobachter. Herausg. ©. Daut u. G. v. Burg 
(Bern). III. No. 1 u. 2. 1904. 


Records of The Australian Museum. Vol. V. No. 4. 1904. 


G. Clodius, Ornithologischer Bericht über Mecklenburg für die 
Jahre 1900—1903. (Abdruck aus: Archiv Ver. Fr. Naturg. 
Mecklenb. 58. 1904). 


A. Ehmcke, Beschreibung einiger neuer Lerchenarten aus den 
Museen von Sarajevo und Budapest. (Abdruck aus: Annales 
Mus. Nation. Hungariei II. 1900). 


C. G. Friderich, Naturgeschichte der Deutschen Vögel ein- 
schliesslich der sämtlichen Vogelarten Europas. 5. Aufl. 
Lief. 9—16. 


H. Grote, Russische Vogelliebhaberei. (Abdruck aus: Mntsschr. 
D. Ver. z. Schutze d. Vogelw. 1904. No. 5). 


E. Hartert, die Vögel der paläarktischen Fauna. Systematische 
Übersicht der in Europa, Nord-Asien und der Mittelmeer- 
region vorkommenden Vögel. Heft II. Berlin 1904. 


E. Hartert, On the Birds collected by Mr. Robert Hall of Mel- 
bourne, on the Banks of the Lena River between Gigalowa 
and its Mouth. With an Introduction and Field-notes by 
R. Hall. (Abdruck aus: The Ibis July 1904). 


L. A. Jägerskiöld, Birds from the White Nile. Results of 
the Swedish Zool. Exp. to Egypt and the White Nile 1904. 


E. Lönnberg, On the Homologies of the different pieces of the 
compound Rhamphotheca of Birds. (Abdruck aus: Arkiv 
för Zoologi I. Stockholm 1904). 


J. v. Madaräsz, An extraordinary discovery in Ornithology. 
(Abdruck aus: Annales Mus. Nation. Hungariei II. 1904). 


R. Martin, Die vergleichende Osteologie der Columbiformes unter 
besonderer Berücksichtigung von Didunculus strigirostris. 
Ein Beitrag zur Stammesgeschichte der Tauben. (Abdruck 
aus: Zool. Jahrb. 1904). 

. Martin, On some remains of Struthio Karatheodoris Ma;j. 
of the Island of Samos. (Abdruck aus: Proc. Z. S. London I. 
1903). 


H. C. Oberholser, Description of a new African Weaver Bird. 
(Abdruck aus: Proc. U. St. Nat. Mus. XXVII No. 1370). 


38* 


ae) 


572 Dem Herausgeber zugesandte Schriften. 


H. C. Oberholser, Description of two new Birds from Somali- 
land. (Abdruck aus: Proc. U. St. Nat. Mus. XXVIIL. No. 1373). 


O. Reiser, Zur Kenntnis der Vogelwelt von Konstantinopel. 
(Abdruck aus: Ornith. Jahrb. Afl. 4. 1904). 
0. Reiser, Über das Auftreten des Seidenschwanzes (Ampelis 


garrulus) in Bosnien im Januar und Februar 1904. (Abdruck 
aus: Orpith. Jahrb. XV. Afl. 4). 


J. Rohweder, Norderoog. Ein nordfriesisches Vogelheim. (Ab- 
druck ?). 

P. Schnee, Die Landfauna der Marschall-Inseln nebst einigen 
Bemerkungen zur Fauna der Insel Nauru. (Abdruck aus: 
Zool. Jahrb. XX. Heft 4). 

V. v. Tschusi, Über paläarktische Formen. (Abdruck aus: 
Ornith. Jahrb. XV. Hft. 4. 1904). 

H. Winge, Fuglene ved de danske Fyr i 1903. 21de Aarsberet- 
ning om danske Fugle (Abdruck aus: Vidensk. Meddel. 
naturh. Foren. Kbhvn. 1904). 

Th. Zell, Ist das Tier unvernünftig? Neue Einblicke in die 
Tierseele. Stuttgart 1904. 


Abdimia abdimi 338. 

Acanthis africanus 483. 

— cannabina 480, 48], 
521, 522, 539. 

— fringillirostris 480. 

— linaria 269. 

— mediterranea 479,481. 

Accentor collaris reiseri 
121. 

— modularis 121. 

Accipiter 171. 

— hilgerti 171. 

intermedius 173, 174. 

korschun 209. 

macrourus 160. 

— melanoleucus 167. 
minullus 173, 174, 176, 

177. 

— nisus 86, 170, 171. 

— perspicillaris 172, 173, 
361 


172, 173, 


— rufiventris 
361. 

— tropiealis 173, 174,176. 

Acrocephalus 524. 

— aquaticus 113. 

— arundinaceus 112. 

— palustris 113, 511,518, 
525. 

— schoenobaenus 113, 

— streperus 525. 

Actophilus africanus 334. 

Aegithalus caudatus 463, 
464. 

— roseus 463. 

Aegolius montanus 231, 
374. 

Agapornis pullaria 377. 

— taranta 377. 

Agrobates familiaris 118, 
119, 120, 121. 

— galactodes 120, 121, 

Aithyia marila 314. 

Alauda 453, 454, 509, 520, 
522, 525, "597, "529, 530, 
531, 532, 533. 


Index 
1904. 


Alauda arvensis 53, 248, 
271, 424, 469, 508, 520, 
522, 526, 529, 531, 539. 


— brachydactyla 136,317, 


469. 
— cinerascens 313, 
— cinera 312, 313. 
— cristata 470. 
— senegalensis 471. 
Alea torda 506. 
Aicedo ispida318,416,496. 
— spatzi 496. 
Ammomanes deserti 307. 
— erythrochroa 307, 
Amydrus benguellensis 
569. 

blythi 569. 
elgonensis 569. 
frater 569. 

fulgidus 569. 
gracilirostris 569. 
hadramauticus 569. 
hartlaubi 569. 
harterti 569. 
intensitinctus 569. 
morio 569. 
nabouroup 569. 
preussi 569. 
rüppelli 569. 
shelleyi 569. 
tenuirostris 569. 
tristrami 569. 
walleri 569. 
nas acuta 504. 
boschas ‘49, 504. 
capensis 329. 
cerecca 504. 
penelope 504. 
poecilorhyncha 328. 
querquedula 504. 
rüppelli 327, 328. 
— undulata 327, 328. 
ann: 298. 
— lamelligerus 338, 340. 
Andropadus insularis So- 

maliensis 133, 


FETT FERE DEE 


Andropadus insularis sub- 
alaris 133. 

Anhinga rufa 327. 

Anser arvensis 504. 

— erythropus 314. 

— fabalis 504. 

Anthus 453, 524, 532. 

_ campestris 252, 444, 
arl, 517. 

_ pratensis 248, 264, 422, 
471, 520, 521, "522, 526, 
531. 

— trivialis 471. 

Apaloderma narina 405. 

Aplopelia bronzina 349. 

— johnstoni 349. 

— kilimensis 349. 

larvata 349. 

Apus 297, 301. 

— apus 412, 491. 

— kollibayi 492, 494, 

— melba 297, 301, 491, 
494, 

Aquila albicans 189, 190, 
192, 362. 

— belisarius 189,190,191. 

bonelli 185. 

chrysaetus 86, 189. 

fasciata 185. 

imperialis 189. 

mogilnik 1%. 

naevia 30, 189. 

naevioides 189. 

orientalis 189,190,191. 

pomarina 86. 

— rapax 145, 188, 189, 
190, 191, 192. 

— vindhiana 189, 191. 

Arachnothera 297, 301. 

Archibuteo lagopus 264, 
265. 

Ardea cinerea 426, 501. 

goliath 339. 

— melanocephala 338, 
340. 

— purpurea 340, 501. 


ea 


574 


Ardeola ralloides 339, 501. 


Ardetta minuta 501. 
Arenaria interpres 252. 


Asio abyssinicus 231, 232, 


373, 374. 

_ accipitrinus88, 89,230, 
373. 

— leucotis 233. 

— nigrovertex 233. 


Astur 297, 531, 533, 536. 


— arrigonü 441. 
badıus 169. 

— brevipes 85, 169. 
— castanilius 360. 

— melanoleucus 167. 


monogrammicus 165. 


nisus 517,518, 519,522, 
523, 525, 531, 533, 534. 


— nyansae 360. 

— palumbarius 85, 518, 
534. 

— poliopsis 169. 

— polyzonoides 170. 


— sphenurus169,170,360. 
— tachiro 168, 169, 360. 
— unduliventer 168, 360. 


Athene brama 239. 

— glaux 89, 238, 239. 
— noctua 89, 239. 

— perlata 240. 

— plumipes 239. 

— pulchra 239. 

— pusilla 239. 

— spilogaster 238, 239. 
— troglodytica 238. 


Balearica pavonina 333. 

Barbatula centralis 392. 

— chrysocoma 392. 

— extoni 392. 

— guineensis 392. 

— schoana 391, 392. 

— xanthostieta '391, 392. 

Bathmedonia 134. 

Bathmocereus 134. 

Ban garrula 265, 

Bostrychia carunculata 
337. 

Botaurus stellaris 501. 

Brachypteryx montana 
125. 


Bubo abyssinicus 228, 374. 


— ascalaphus 373. 

— bubo 88. 

— capensis 373, 374. 

— ceinerascens 597, 228, 
229, 232, 373, 374. 


Index. 


Bubo dilloni 372, 373, 374. 

— lacteus 226, 227, 372, 
3a, 

— leucotis 233. 

— mackinderi 373. 

— maculosus 227, 228, 
2209: 

— milesi 229, 230. 

Bubuleus ibis 340. 

Budytes 518. 

— flavus421,472,511,521. 

Buphaga 307. 

Butastur rufipennis 197, 
218. 

Buteo 508, 509, 510, 517, 
518, 519, 520, 528, 529, 
530, 531, 533, 536. 

— anceps 195, 196, 364, 
366. 

— aquilinus 366, 367. 

— astracanus 307. 


— augur 193, 194, 196, 


362, 364, 367. 
— auguralis195, 196, 364, 
365, 366. 
borealis 306. 
brachypterus 364. 
buteo86, 282, 365, 366. 
canescens 367. 
cinereocapillus 306, 
cirtensis 193, 366. 
desertorum 195, 364, 
365, 366. 
eximius 367. 
ferox 192,193, 366,367. 
— var obscura 367. 
fuliginosus 367. 
jakal 367. 
leucocephalus 367. 
leucurus 366. 
longipes 367. 
menetriesi 366. 
minor 365, 366. 
nigricans 367, 
pygmaeus 306. 
rufinus 366. 
rufipennis 197. 
tachardus 366. 
vulgaris 196, 509, 511, 
518. 
— vulpinus 366. 
— zimmermannae 365. 


ee al 


Caccabis saxatilis 499. 

Calandrella brachydactyla 
333, 469. 

— pispoletta 33. 

Campylopterus 297, 301. 


Campylopterus ensipennis 
297, 301 

Canabina 
480. 

— minor 479, 480. 

— nana 480. 

Caprimulgus 
495. 

— meridionalis 495. 

Carduelis 453. 

— albigularis 483. 

— caniceps 482. 

— carduelis 481. 

— elegans 124. 

— maior 482. 

— meridionalis 483. 
parva 482, 483, 


mediterranea 


europaeus 


“ — tschusü 483, 


Cariama 297, 301. 
Carine glaux 238. 
— spilogastra 238. 
Carpodacus erythrinus 
250, 251, 291. i 
Cathartes monachus 154. 
Centropus caeruleiceps380 
— grilli 280, 381. 
— monachus 379. 
— nigrorufus 380. 
— superciliosus 380. 
— thierryi 381. 
Cerchneis alopex 221. 
— ardosiaceus 219, 372, 
— arthuri 220, 221, 222, 
DOa RE 
— derserticolus 221. 
fieldi 220, 221,222, 224. 
japonicus 221. 
molluccensis 221. 
naumanni 88, 372, 
newtoni 220, 
punctata 221. 
rupicola 221. 
rupicoloides 220. 
tinnunculus 88, 219, 
220, 221, 222, 223, 274, 
372. 
— vespertina 87, 88, 274, 
412 


Certhia 297, 298. 

— australasiana 301. 

— cardinalis 298, 301. 
— familiaris 468. 

— sanguinea 298, 

Cettia cetti 112. 
Chalcopelia abyssinica349. 
— afra 349. 

— delieatula 349. 
Charadrius 424, 


Y 


- Cinnamopterus 


Chrysococcyx 
57382. 22: 


 _ klaasi 382. 


-— macrourus 160, 359 


Charadrius alexandrinus 
307. 

— apricarius 249, 252, 
425, 502, 

— eantianus 307. 

— dubius 502, 

— elegans 307. 

— hiatieula 250. 

— morinellus 538. 

— varius 330. 

Chelidonaria urbica 517. 

Chenalopex aegyptiacus 
329. 

— jubata 134. 

Chizaerhis zonura 378. 

Chloris aurantiiventris 478, 
479. 

— chloris 478, 479. 

— hortensis 522, 539. 

cupreus 


Chrysomitris spinus 481. 

Ciconia alba 47. 

— ciconia 319, 502. 

Bucu 298, 301. 
albicollis 457, 458. 

— aquaticus 458, 

— cinclus 457, 458. 

— melanogaster 458. 

— merula 457. 

tenuiros- 
tris 567. 

Cinnyris 297, 298, 301. 

— affınis angolensis 134, 

— — mechowi 134. 

— eques 301. 

— rubrater 301. 

— -mariquensis ovambo- 
ensis 133. - 

— — suahelicus 133. 

Circaetus cinerascens 362. 

— cinereus 182, 361. 

— faseiolatus 183. 

— gallicus 86, 183. 

— pectoralis 183, 184,361. 

— thoracieus 183. 

Cireus aeruginosus 85. 

— cyaneus 85, 161, 359. 


2 


- macrurus 85, 273. 
— maculosus 134. 

— pygargus 85. 

— swainsonii 160. 
Cisticola eisticola 112. 
Clangula islandica 314. 
Clivicola rupestris 491. 


Index. , 


Coccothraustes 
thraustes 477. 

Coccystes cafer 381. 

— jacobinus 381. 

Colaeus collaris 485. 

— monedula 282, 417, 
485. 

Colius affinis 404, 405. 

— berlepschi 404, 405. 

— leucotis 403, 404, 405. 

— minor 404, 

- nigriscapalis 404, 405. 

— nigricollis 404, 405. 

— striatus 404. 

Columba albitorques 344. 

— arquatrix 346. 

— guinea 344, 345, 346. 

— livia 85, 499. 

— longipennis 344, 345, 
346. 

— oenas 499. 

— palumbus 498, 520, 
623. 

— phaeonota 345, 346. 

— uhehensis 345. 

— waalia 341. 

Colymbus capensis 325. 

— cristatus 249, 250, 271, 
506. 

— fluviatilis 510, 518, 

— nigrieans 506. 

— nigrico lis 249, 

Conopophaga 300, 

— nigrogenys 300. 

Coracias caffra 568. 

— garrula 49. 

Corythaixoidasleucogaster 


COCCO- 


Corvultur 
362. 

Corvus 298, 509. 

— corax 484. 

— cornix 249, 264, 267, 
275, 282, 284, 291, 311, 
485, 509, 510, 514, 521, 
523, 529, 535, 558. 

— corone 249, 
417, 514, 558. 

— cyaneus 2%. 

— erythrorhynchus 298. 


crassirostris 


— frugilegus 264,485,507, 
508, 509, 510, 511, 513, 


514, 517, 521, 522, 523, 


524, 525, 526, 528, 529, 


5al, 538. 
— monedula 264, 267. 
Corydus 470. 
Coturnix coturnix 500. 


291, 311, 


575 


Crateropus 548. 
— atripennis 554. 
—  — atripennis 554. 
— — bohndorffi 554. 
— — haynesii 554. 
buxtoni 548. 
hindei 555. 
hypoleucus 554. 
hypostictus 549. 
leucocephalus 549. 
— — abyssinicus 550. 
—- — leucocephalus 550. 
— leucopygius 552. 
— — hartlaubi 553. 
— — lacuum 553. 
— -- leucopygius 552. 
— — limbatus 553. 
— — omoensis 553. 
— — smithi 553. 
— melanops 551. 
— — melanops 551. 
— — tenebrosus 552. 
— platycereus 550. 
— — platycercus 550. 
— — squamulatus 551. 
— — togoensis 5öl. 
— plebeius 548. 
— — cinereus 548. 
— — emini 549. 
— — hypostictus 549. 
— — jardiniüi 549. 
— — kirki 549. 
— — tanganjicae 549. 
— reinwardti 551, 552. 
— — stietilaemus 552. 
— sharpei 551. 
Crax carunculata 135. 
Crex crex 500. 
Crithagra estherae 122, 
Cuculus 530. 
— canorus 291, 416, 497, 
510. 

— chalybeus 381, 382. 
— clamosus 381. 
— gabonensis 381, 382, 
— gularis 382. 
Curruca 298. 
Cyanecula coerulecula 65. 
— leucocyana 66. 
— suecica 64, 65, 66. 
Cyanochen cyanopterus 

329. 
Seelze 297. 

comatus 301. 

melba 444. 
-—- murarius 301. 
— mystaceus 301. 
— parvus 301. 


576 


Baedalion 297. 
— perspicillaris 172. 
Delichon urbica 250, 415, 

490. 
Dendrocopus lilfordi 498. 
— maior 252, 274, 497. 
— minor 497. 
— sanctijohannis 497,498. 
Dendrocygna viduata 329. 
Dendromus angolensis 93. 
— kaffensis 392, 393. 
maculosus 393. 
neumanni 394, 395. 
niger 395. 
nubicus 394, 395. 
pallidus 394. 
permistus 392, 393. 
pumilus 394. 
togoensis 393. 
endropicos 401. 
abyssinicus 398, 399. 
albicans 401, 402, 
centralis 401, 402. 
guineensis 401, 402. 
hartlaubi 399, 401. 
hemprichi400,40 1,402, 
lafresnayi 398,399, 100, 
401, 402, 

lepidus 399, 400, 401. 
massaicus 400,401,402., 
simoni 399. 

sharpei 599. 

stierlingi 401, 403. 
zanzibari 399. 

zechi 400, 401. 
Dissoura microscelis 338. 
Dryocopus martius 498. 


len) 


Wlanoides riocouri 212. 

Elanus coeruleus 210, 211. 

— melanopterus 210. 

Emberiza 298, 453. 

calandra 313, 472. 

cia 454, 475. 

cinerea 454. 

— cirlus 474, 

eitrinella 174, 539. 

— hortulana 52, 250, 474, 

re) 

— melanocephala 473, 
475. 

— schoeniclus 424, 449, 
476. 

Ephippiorhynchus senega- 
lensis 338. 

Eremophila alpestris 265. 

Erithacus astrologus 302, 
304, 


Index. 


Erithacus astrologus cya- 
neculus 64, 68. 

— — discessus 64, 68. 

— — suecicus 64,68,302, 
303, 304. 

— caeruleculus 304. 

— cyaneculus 304, 305, 

510. 

discessus 303, 304. 
gaetkei 302, 303, 304. 
luscinia 89, 511, 512. 
occidentalis 302. 
pallidogularis 304. 

— phoenicurus 250. 

— rubeculus 91, 510. 

Eupodotis kori 332. 

Eurypiga 298, 301. 

Eutolmaetus spilogaster 
185, 186. 


—y 


Walco 297. 

— abyssinicus 369, 370, 

371, 405, 406. 
aegyptius 207. 

aesalon 87, 522, 527. 
alopex 221. 

anceps 196. 

arabicus 164. 

augur 19. 

— barbarus 371. 
belisarius 190. 
bellicosus 183. 
biarmicus 369, 370, 

371, 405, 406. 

— canorus 161. 

— cherrug 370, 371. 

— coeruleus 210. 

— concolor 215, 216, 217, 
218, 219. 

— ceuvieri 371, 372, 

— cyaneus 16l. 

— cyanostolos 215, 216, 
218, 219. 

— dichrous 216. 

— ecaudatus 198. 

— eleonorae21H, 216,217, 
218, 219. 

— erlangeri 369, 370,371, 
405, 406. 

— fasciinucha 371. 

— feldeggi 34, 35, 369, 

370, 371. 

ferox 192. 

gabar 178. 

hierofalco 212,213,370. 

— horus 219. 

hydrophilus 193. 

islandus 213. 


Falco lanarius 212. 

laniarius 297. 

leucogenys 215. 

monogrammicus 165. 

neglectus 221. 

nisus 170. 

oceipitalis 187. 

peregrinus 86, 213. 

perspicillaris 172. 

plumbeus 219. 

— polyzonus 163, 164. 

rapax 188. 

— typicus 190. 

— sacer 370, 371. 

ruficollis 372. 

— schistaceus 215, 217, 
218,219. 

— semitorquatus 224. 

— serpentarius 156. 

— sphenurus 169. 

— subbuteo 86, 411, 518, 
534. 

— tachardus 196. 

-- tachiro 168. 

— tanypterus 212, 213, 
369, 370, 371, 405, 406. 

— tinnunculus ’219, 220, 
223, 533, 534. f 

— vocifer 205. 

Francolinus castaneicollis 

352, 353, 354. 
clappertoni 355. ' 
bottegi 352, 353, 354. 
erckeli 351, 352, 353. 
gedgü 355. 

gofanus 353, 354. 
granti 356, 357, 358. 
gutturalis 356. 
icterorhynchus?355. A 
kirki 358. Ze 
nigrosquamatus 355. 
ochrogaster An; 358. 
schoanus 356. h 
schoensis 356, =. 

358. 

schütti 351. 
sephaena 357, 358. 
sharpii 355. 
spilogaster 358. 
spilolaemus 356. 
tetraoninus 351, } 

Fringilla 453, 531,582. 


— coelebs 248, 249, 279, 


477, 508, 5ll, 521, 522, 
524, 525, 531, 532, 58 

= montifringilla 178, 08, 
521. 

— serinus 449, 458. 3 


Fulica atra 248, 249, 427, 
501. 
— cristata 336. 


Galeopsar salvadoriüi 568. 

Galerida 136, 470. 

— ceristata 251, 444. 

Galerita 470. 

— arborea 508, 522, 526, 
531. 

Gallinago coelestis 508. 

— gallinago 248, 429, 504. 

— gallinula 504. 

— media 504. 

— nigripennis 332. 

Gallinula chloropus 336, 
500. 

— gigas 298, 361. 

Garrula 298. 

Garrulus atricapillus 311. 

— brandti 311. 

— glandarius 9, 311, 485. 

Geronticeus eremita 317. 

Glareola fusca 502. 

Glaucidium capensis 240, 
241. 

— kilimensis 240, 241. 

— passerinum 240, 

— perlatum 239, 240,241, 
375. 

Grus 524, 530, 531, 532. 

— collaris 134. 

“— communis 509, 523. 

'— grus 248, 333, 501. 

— leucogeranus 23, 47, 
134. 

— paradisea 134. 

Gymnoschizoris 378. 

— personata 378. 

Gypaetus 202, 203. 

— atlantis 204. 

— barbatus 201, 203, 204. 

— meridionalis 201, 203, 
204, 

— ossifragus 201,202,203, 
204, 368. 

Paposeranas serpentarius 

56, 


Gyps 148, 149. 

— africanus 149,150, 151. 

— bengalensis 149, 

— fulvus 84, 139, 141, 
142, 143, 144, 146, 150. 

— himalayensis 141, 142, 
147. 

— hispaniolensis 142. 

— indieus 148, 149. 


Index. 


Gyps kolbei 141, 142,148, 
359 


— oceidentalis 141, 142, 


143, 146. 

— rüppelli 141, 142, 144, 
146, 359. 

— tenuirostris 149. 

— typicus 147. 


Büagedashia hagedash337. 

Haleyon smyrnensis 318. 

Haliaetus vocifer 205, 368. 

Harelda glacialis 314. 

Helias 298. 

— phalenoides 298, 301. 

Helotarsus ecaudatus 198, 
199, 367. 

— fasciatus 199. 

— leuconotus 198, 199, 
200, 

Herodias alba 340, 501. 

— garzetta 501. 

Hians 298. 

Hiaticula elegans 307. 

Hieraaetus fasciatus 185, 
186. 

— minor 185, 186, 187. 

— spilogaster 184, 185, 
186. 

— wahlbergi 362. 

Hierofalco 297. 

— candicans 297. 

Himantopus himantopus 
502. 

Hippolais hippolais 250. 

Hirundo 297, 301, 530. 

— rustica 53, 57, 250, 
414, 415, 490, 510, 526, 
530. 

Hoplopterus spinosus 331, 

Huhua poönsis 134. 

Hydrochelidon hybrida 
326. 

— leucoptera 251. 

— nigra 251, 505. 

Hypolais 107. 

— hypolais 105, 106. 

— olivetorum 106, 107, 
108, 109, 110, 111. 

— opaca 107. 

— pallida 106, 107, 108, 
110, 118 

— polyglotta 105, 106. 

Hypotriorchis eleonorae 
215. 


Ebis aethiopica 337, 


— melanocephala 134, 


577 


Indicator conirostris coni- 
rostris 384. 

— — ussheri 384. 

exilis 384, 385. 

— poensis 385. 

— willcocksi 385. 

indicator 383. 

lovati 384, 385. 

maculatus 384. 

maculicollis 383. 

maior 383. 

minor 384, 385. 

— — teitensis 384. 

— pygmaeus 385. 

— teitensis 384, 385. 
ussheri 385. 

— variegatus 383, 384. 

Ithaginis 70. 

— berezowskii 78, 79. 

—  cruentus 70, 74, 77, 
78. 

— geoffroyi 70, 74, 75, 76, 
ren 

— michaölis 73, 73. 

— sinensis 70, 71, 
75, 78, 79. 

— — berezowskii 73, 74, 
75, 78, 80. 

— — michaelis72,73,75, 
78, 79. 

— — sinensis 73. 

Iyngipicus 201, 402, 

— abyssinicus 401. 

— gabonensis 401. 

— heuglini 402, 403. 

— ingens 401, 409. 

— lugubris 401. 

— minutus 401. 

— nigricans 402, 403. 

— obsoletus 401, 402, 
403. 

— — ingens 402. 

— — obsoletus 402, 403. 

— poecilolaemus 401. 

— reichenowi 401. 

Iynx aequatorialis 392. 

— pectoralis 307. 

— ruficollis 307. 

— torquilla 498. 


FRzezze 


73, 


Baupifalco meridionalis 
166. 
— monogrammicus 165, 
166. 


Lagopus mutus 314. 
— rupestris 314. 
Lanius atrieilla 300. 


578 


Lanius collurio 250, 486, 


488, 518. 


— excubitor 9, 419, 486. 


— homeyeri 9. 

— maior 9, 250. 
— minor 486. 

— — obseurior 31. 


— rutilans 478, 487, 488, 


489. 
— senator 487, 488, 489. 
--— — rutilans 109. 
— tyrannus 298. 
Larus affınis 325. 
— audouini 317. 
— cachinnans 505. 
— canus 505. 
— cirrocephalus 326. 


— fuscus 264, 325, 326, 


505. 
— melanocephalus 505. 
— minutus 251. 
— ridibundus 505. 
— sabinei 62. 


Leptoptilus crumenifer338. 


Ligurinus chloris 508. 

Limicola indiana 298. 

Limnocorax niger 335. 

Limosa 298. 

— limosa 503. 

Linota islandica 314. 

Lissotis melanogaster 333. 

Lobivanellus senegallus 
331. 

Locustella fluviatilis 250. 

— naevia 250. 

Lophoaetus occipitalis 187, 
188, 362. 

Lophogypus occipitalis 
138, 358 

Loxia 298. 

— pyrrhula 298. 

Lullula arborea 248, 469, 
470. 

— cherneli 470, 

Lusciniola melanopogon 
112. 

Lybius 389, 390. 

— aequatorialis 285. 

— bidentatus 385. 

— gardullensis 387, 388, 
389, 

— leucogenys 388, 389, 

— salvadorii 388, '389. 

— thiogaster337, 3gg, 389, 

— tridactylus 386, 389, 

— tsanae 389, 390, 

— undatus 387, 388, 389, 
390. 


Index. 


Machetes pugnax 503. 

Megaloperdix caucasica46, 

Melanobucco leucogenys 
388. 

— tsanae 389. 

Melanophoyx ardesiaca 
339. 

Melierax 161. 

— canorus 162, 163. 

— gabar 178. 

— — nigra 182. 

— mechowi 162, 163. 

— metabates 162, 163, 
164, 360. 

— niger 180, 181. 

— poliopterus 162, 163, 
164, 165. 

— polyzonus 163, 164. 

— somaliensis 164, 165. 

Mergus albellus 505. 

— serrator 505. 

Merops apiaster 495. 

— fasciculatus 298. 

Mesopicos abyssinicus 396. 

— centralis 396. 

— goertae 396. 

— — abyssinicus 
397. 

— — poicephalus 396. 

— königi 396, 397. 

— poliocephalus 396, 397. 

— rhodeogaster 396, 397. 

— spodocephalus396, 397, 
39. 


396, 


Metallococcyx smaragdi- 
neus 382. 

Microdactylus eristatus 
297, 301 

Mieronisus 171, 

— carbonarius 182. 

— gabar178,179,180,181, 

— niger 171, 180. 

= sphenurus 169. 

Mieropus 511, 516, 517. 

— apus 516, "517, '538. 

Milvus 208. 

— aegyptius207, 208,209, 
210, 368. 

— aetolius 209. 
affıninis 210. 

— forskali 207. 

— ictinus 519. 

— korschun 208, 209, 210 
247. 

— migrans 209, 210. 

— milvus 247. 

— regalis 534. 

— reichenowi208,209,210. 


I 


Moho 298. 

— atriceps 298. 

Monticola eyanus 101, 102. 

— saxatilis 101. 

Motacilla 453, 520, 522, 
524, 532. 

_ alba 248, 420, 472, 
521, 522, 596. 

_ boarula” 472. 

— melanope 518. 

— ruticilla 300. 

Museicapa 300. 

— atricapilla 249, 490, 
518. 

— collaris 490. 

— delalandi 300. 

— grisola 490. 

luctuosa 52. 

olivater 300. 

parva 490. 

rufescens 300. 


Nauclerus riocouri 212. 

Nectarinia 297. 

— inornata 297, 301. 

— longirostra 297, 301. 

Neophron 144, 297, 301. 

— monachus 154, 155,359. 

— percnopterus 84, 145 
152, 155, 297, 301, 359. 

— pileatus. 145, 154. 

Nisaetus bellicosus 184. 

— spilogaster 185, 186. 

Nisus badius 169. 

— communis 170. 

fringillarius 170. 

gabar 178. 

minullus 173, 176. 

niger 180. 

niloticus 178, 

rufiventris 172. 

sphenurus 169, 

— tachiro 168. 

Noctua 297. 

— perlata 239. 

— spilogastra 238. 

— woodfordi 237. 

Nucifraga 310. 

— caryocatactes 269, 310, 
312, 561. 

— — macrorhyncha 561. 

— — relicta 561. 

— hemispila 310,311,560. 

— japonica 310, 311. 

— macrorhyncha310,312. 

_ multipunctata310, 311, 
560. 

— relicta 310, 311, 312. 


al Ike 


Nucifraga rothschildi 310, 
ol. 

Numenius arcuatus 502, 
509. 

— tenuirostris 503. 

Numida coronata 410. 

— macroceras 350, 406, 
408, 409. 

— maior350,407,408,409, 
410. 

— neumanni406,408,409. 

— omoensis 350, 407, 408, 
409. 

— ptilorhyncha 407, 408, 
409, 410. 

— somaliensis 407, 408, 
409, 410. 

— toruensis 408, 410, 

Nyctea nyctea 251. 

Nycticorax nycticorax502. 

Samen clangula 505. 
ferina 250, 504. 

— fuligula 504. 

— marila 504, 

— nyroca 504, 

— rufina 504. 


©edicnemus affinis 332, 

— oedienemus 331. 

— senegalensis 331. 

Oena capensis 350. 

Oenanthe 52. 

Oidemia fusca 31, 505. 

— nigra 314, 

Onychognathus hartlaubi 
568. 


— preussi 568. 

Oreoeincla horsfieldi 125. 

Oriolus oriolus 484. 

Ornismya 297, 301. 

— latipennis 297, 301. 

— simplex 297, 301. 

Ortygometra parva 500. 

— porzana 500. 

Ostinops decumanus 318. 

Ötocorys 33. 

— auricularis 137. 

— nubicus 138, 

Otomela raddei 44. 

Otus abessinicus 374. 

— abyssinicus 230, 231, 
374, 

— brachyotus 230. 

— capensis 374, 

— montanus 231, 374. 


Pachyrhynchus 300, 
Pandion haliaötus 86, 412. 


Index. 


Pandion orientalis 205. 

— vocifer 205. 

Paradisea maria 467. 

Parus aphrodite 459, 

— blanfordi 459. 
caeruleus 460, 
caucasicus 29, 
coeruleus 29. 

cyanus 24, 

graecus 463, 
languidus 307, 
lugubris 109, 460, 461, 

462, 463. 

— maior 458, 460. 

— minor quadrifasciatus31. 

— pallidus 307. 

— persicus 29. 

— pleskei 24, 

sulfureus 459, 

— ultramarinus 29. 

Passer domesticus 476, 

— hispaniolensis 476. 

— italiae 476. 

— montanus123, 125,477, 

— 483, 521, 522. 

Passerina 298. 

— collaris 298. 

Pastor roseus 484. 

Pavoncella pugnax 332. 

Pelecanus onocrotalus 327. 

— roseus 327. 

Penelope sibilatrix 134. 

Perenopterus niger 297, 
301. 

Perdix perdix 425, 500, 

Pernis 511, 517, 519, 533, 
534, 536. 

— apivorus 86, 511. 

Phalacrocorax africanus 
326. 

— carbo 506. 

— Jugubris 326. 

— pygmaeus 506. 

Phalaropus lobatus 252. 

Phasianus 74. 

— colchicus 425. 

Phene 297, 301. 

— gigantea 297, 301. 

— ossifraga 201, 297,301. 

Philedon 298. 

Phileremos alpestris 9. 

Phoeniconaias minor 339. 

Phoenicopterusroseus338. 

Phylidonyris 298, 301. 

Plıylloscopus rufus 105, 
509, 516, 520, 521, 524, 
530. 

— — canariensis 105. 


| 


579 


Phylloscopus sibilator516. 

— — flavescens 104. 

— — sibilator 104. 

— trochilus 105, 279,516. 

Pica 298. 

— pica 271, 485. 

Picus maior 252, 291, 292. 

— martius 444. 

— viridieanus 498. 

— viridis 419, 498. 

Pipra naevia 300. 

Pisorhina capensis235,236, 
374. 

— icterorhyncha 236. 

— leucopsis 236. 

— scapulata 236. 

— scops 88, 89, 234, 235, 
237. 

— ugandae 236. 

Pitangus 298. 

Platalea ajaja 134. 

— alba 337, 

— leucorodia 502, 

— minor 134. 

— spinicauda 134. 

Plegadis antumnalis 502. 

Plotus anhinga 134. 

Pluvianus aegyptius 329. 

Poeoptera lugubris 569, 

Pogonias undatus 390. 

Pogonorhynchus undatus . 
389, 390. 

Poicephalus aurantiiceps 
8376. 

— bohndorffi 376, 

— crassus 376. 

— citriniceps 376. 

— citrinocapillus 375. 

— flavicapillus 376. 

— flavifrons 375,376, 377. 

— fuseicapillus 376. 

— rufiventris 375. 

Poliohierax castanonotus 
226. 

— semitorquatus 224,225. 

Poliornis rufipennis 197. 

Polyboroides 160. 

— radiatus 134, 157, 158, 
159. 

— typicus 157, 159, 359. 

Porphyrio caeruleus 335. 

— porphyrio 335. 

Pratincola 453. 

— hemprichü 33. 
maura 33. 

— rubetra 511, 517, 519, 
526. 

— — dalmatica 100. 


580 


Prätincola rubetra rubetra 
100. 

— rubicola 33, 101, 509, 
510, 526, 527, 530. 

Prinia deltae 307. 

— gracilis 307. 

Pseudaetusspilogaster185. 

Pseudogyps 148, 149, 151, 
152 


— africanus 144,149, 150, 
152, 359. 

— fülleborni 151. 

— schillingsi 150. 

— zechi 152, 

Pternistes infuscatus 350. 

— leucoscepus 350. 

Pterocles quadricinetus 
336. 

Pterolestes augur 194. 

Ptilocorys senegalensis 
470. 

Ptilopsis leucotis 233. 

Ptilorhinus albirostris 568. 

Pyrophthalma melanoce- 
phala 118. 

Pyrrhocheira caffra 568. 

Pyrrhocorax pyrrhocorax 
486 


Pyrrhula 298. 
— europaea 483, 484, 
— pyrrhula 264, 483,484, 


Eallus 298, 301. 

— aquaticus 500. 
Regulus ignicapillus 458. 
— regulus 458. 
Rhinoptilus cinctus 330. 
— seebohmi 330. 
Rhynchopsflavirostris326. 
Riparia riparia 415, 490. 
Rougetius rougeti 3314. 
Rubecula hyrcana 9. 
Ruticilla cairei 92. 

— phoenicurus 92. 

— titys 92. 

— — cairei 9. 


Saxicola 9, 453, 464. 

_ albicollis 396,97. 

— amphileuca 98, So SL, 
98, 99, 100. 

_ aurita 37899, 

_— —_ amphileuca 94, 

— — aurita 94, 

— catarinae 96. 

— melanoleuca 93, 98,99. 

— oenanthe 93, 97, 250, 
272, 280, 444, 517. 


Index. 


Saxicola saltatrix 23. 
— stapazina 99. 
Scelospizias sphenurus 


— tachiro 169. 

— unduliventer 168, 169. 

Scolopax rusticola 248,270, 
271, 504. 

_ saturata 123. 

Scops africana 235. 

— capensis 235. 

— giu 235. 

— leucotis 233. 

— senegalensis 235. 

— zorca 231. 

Scopus umbretta 339. 

Serinus hortulanus 483, 

— serinus 483, 

Serpentarius 157. 

— orientalis 156, 157. 

— secretarius 156. 

— serpentarius 156. 


Sitta caesia 465, 466, 467. 


— caucasica 464, 466, 
— homeyeri 464, 
— krüperi 31. 


— neumayeri 466, 467, 


468, 470, 
Sparvius niger 180. 


Spheniscus demersus 134, 


— humboldti 134. 


Spizaetus bellicosus 183, 


184. 
— coronatus 184. 
— oceipitalis 187. 
— spilogaster 184, 187. 


Squatarola squatarola 252. 


Stephanibyx coronatus 
330. 

— melanopterus 330. 

Stercorarius pomarinus 
264. 

Stilbopsar kenricki 569. 

— stuhlmanni 569. 


Streptopelia barbaru 348. 


Strix 297. 

— aceipitrinus 230, 
— africana 227. 

— brachyotus 230. 
— ernesti 243. 

— ferruginea 297. 


— flammea 240, 241, 242, 


943, 
— — kirehhoffi 242. 
— — meridionalis 243. 


— kirchhoffi 242, 243,244. 


— lactea 226. 
— leucotis 233, 234. 


Strix maculata 242, 243, 
244, 


— paradoxa 242,243,244. 

— perlata 239. 

— pusilla 239. 

— schmitzi 243. 

— scops 234. 

— splendens 240, 241, 
242, 243, 244. 

— verreauxi 227. 

Struthio camelus 325. 

— massaicus 325. 

— molybdophanes 325. 

Sturnus 525, 527, 531. 

— cincelus 458. 

— unicolor 311, 558. 

— vulgaris 248, 268, 271, 
275, 311, 484, 539, 558. 

Sylvia 298. 

— are all 511,520. 
cinerea 251. 

— curruca 114, 115, 250. 

— jerdoni 115, 116. 

— nisoria 113. 

— orphea 115. 

— — jerdoni 115. 

— phoenicura 52. 

— simplex 114, 

— subalpina 108, 
118, 298. 

— sylvia 114, 117. 

pam 297. 
aluco 89, 238. 

_ nigricantius 238. 

— suahelicum 238. 

— umbrinum 237, 238. 

— woodfordi 237, 238. 

Syrrhaptes paradoxus 48. 


Bir. 


Tadorna tadorna 253. 
Tantalus ibis 338. 
Tetraophasis 74. 

— obscurus 74. 

— szechenyi 74. 
Thripias angolensis 398. 
— namaquus 39. 

— schoensis 397, 393. 
Tichodroma 468. 

— muraria 468. 
Tinnunculus 222, 518, 520. 
— alaudarius 219, 223. 
— arthuri 223. 

— concolor 215. 

— neglectus 223. 

— tinnunculus 224, 
Totanus calidris 424. 
— glareola 273, 503. 
— glottis 424. 


Totanus littoreus 503. 

— ochropus 332, 468, 503, 
516, 527. 

— totanus 503. 

Tricholaema 390. 

— ansorgei 390. 

— blandi 390, 391. 

— flavipunctatum 390. 

— hirsutum 3%. 

— lacrymosum 390. 

— leucomelan 390. 

— melanocephalum 390. 

— stigmatothorax390,391. 

Tringa alpina 503. 

— canutus 252. 

— ferruginea 503, 504. 

Tringoideshypoleucos 332, 
503 


Trochilus 297, 301. 

— falcatus 297, 301. 

Troglodytes 318. 

— troglodytes 121. 

Turacus donaldsoni 379. 

— leucotis 379. 

— ruspolii 379. 

Turdus 453, 531. 

— auritus 300. 

— cinclus 298, 301. 

— coburni 314, 

— iliacus 103, 258, 260, 
262, 453, 510, 525, 530. 


Index. 


Turdus merula 103, 258, 
260, 262, 510. 

— musicus 103, 258, 260, 
262, 510, 522, 523. 

— pilaris 103, 248, 258, 
260, 262, 453, 511, 
522, 525, 526, 528, 533. 

— torquatus 522,523,538. 

— — alpestris 104. 

— viscivorus 103, 258, 
260, 262. 

Turtur 359. 

aegyptiaca 346. 

albiventris 348, 

lugens 346. 

schoanus 347, 348. 

semitorquatus 347,348. 

senegalensis 346. 

turtur 253, 499. 

— vinaceus 348. 

Turturoena delegorguei 
349. 

— harterti 349, 

Tylibyx melanocephalus 
331. 

Tympanistria tympanistria 
349. 


Tyrannus 298. 


Upupa epops 495. 
Urinator arcticus 506. 


581 


Vanellus 508, 509, 510, 
523, 524, 529, 530, 
531. 

— cristatus 454. 

— vanellus 249, 426, 502. 

Vinago calva 342, 343, 
344. 

— cinereiceps 341. 

— nudirostris 342, 343, 

— pytiriopsis 342. 

— salvadorii 342, 343, 
344. 

— sharpei 342, 343. 

— waalia 340, 341. 

Vultur africanus 149. 

— auricularis 137. 

— cinereus 39. 

fulvus 39, 139, 142. 

kolbei 144, 148. 

monachus 84. 

occidentalis 142. 

oceipitalis 138. 

orientalis 139. 

perenopterus 152. 

rüppelli 144, 148. 


Xema sabinei 61. 


Ziosterops niassae 133. 
— stuhlmanni 133. 
— toroensis 133. 


Druck von Otto Dornblüth in Bernburg. 


WEN Ba ihe 


Br 


E Journ. £.Ornith. 1904. Taf.A. 


A 


f Crithagra. estherae Finsch 00. 


0.Finsch,n.d.N.pr. Druckv.Wilhelm Greve, Röl.Hoflith Berlin. 


Journ. f. Ornith. 1904. 


Tarsık 


PT 
Ehay, 


Gyps fulvus fulvus (Gm.) 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. 


Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Erklärung zu Tafel 1. 


Gyps fulvus fulvus (Gm.) 


1. 9, sehr alt, Giuvegia, Rumänien, 19. April 1902. 
2. ©, med. Dobrudscha, Rumänien, 3. April 1902. 
3. ©, jun. Dobrudscha, Rumänien, 7. Mai 1902. 


Zu beachten: Entwicklung der Hals- und Kopfbefiederung, 
— Färbung des Kropfschildes nicht verschieden von der der 
übrigen Unterseite. 


Rrklärung zu Tafel Il. 


Gyps fulvus rüppelli (Bp.) 


1. ©, sehr alt, 28. Juni 1900, Arussi-Gallaland. 
2. 8, adult., 18. Februar 1900, N. Somaliland.. 


Zu beachten: Ähnlichkeit des Alterskleides mit dem ve 
Gyps fulvus fulvus (Gm.). 
Kropfschild jedoch dunkler als die übrige Unterseite. 


Journ. f. Ornith. 1904, Ta7. ER 


Gyps fulvus rüppelli (Bp.)‘ 


inzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


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Taf. II. 
Journ. f. Ornith. 1904. 


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1. Pseudogyps africanus africanus (Salvad.) 2. Pseudogyps africanus schillingsi Erl. 3. EN en Togds 
Somaliland und Abessinien. Deutsch-Ost-Afrika. yassagebiet, 


Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler, Gera-Untermhaus 
BE : { [ us (Salvad.). 
Steinzeichn. y. 0. Kleinschmidt Formen von Pseudogyps africanus ( 


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Rrklärung zu Tafel II. 


Pseudogyps africanus (Salvad.) 


Jugendkleid (Fig. 1a) ähnlich Gyps fulvus iuv., Alterskleider 
(Fig. 1b, 2, 3, 4) mit weissem Bürzel und Unterflügel, Fig. 2 
(mit Flugbild von unten) sichtbar. 


la. iuv. Ira-Lukw, Arussi-Gallaland 21. Juni 1900. 
Ib. ad. 9, Fluss Daroli, Arussi-Gallaland, 25. Januar 1901. 


2. adult. $, Mkomasi, 20. Februar 1896. Trotha leg. (Mus. Berlin). 
3. adult. Rukwa See, Fülleborn leg. (Mus. Berlin). 


4. adult. Kratschi, 1. September 1896. Graf Zech leg. (Mus. Berlin). 


2, 3 und 4 sind die Typen. 


Frklärung zu Tafel IV. 


Oben: 


1. Serpentarius serpentarius (Mill.) 


4. Juli 1899, Rukwa See, Fülleborn leg. (Mus. Berlin.) 


Unten: 


2. Serpentarius serpentarius orientalis (Verr.) 


g, 22. September 1900, Abessinien, Managascha bei Adis-Abeba. 
(Coll. C. v. Erlanger.) 


Journ. f, Ornith. 1904. Tafs By: 


1. Serpentarius serpentarius (Mill.) 
2. Serpentarius orientalis Verr. 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. : Buntdruck v. Fr.. Eugen Köhler. 


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Erklärung zu Tafel V. 


1. Rehoboth, Damara, Fleck leg. (Mus. Berlin.) 4. g, Igonda, 22. November 1882. Böhm leg. (Mus. 
2. & Warabot bei Zeila, N.-Küste des Somalilandes, Berlin.) 
13. Januar 1900. (Coll. v. Erlanger.) 5. ©, Scheik-Hussein, Arussi-Gallaland, 3. Juli 1900. 


3. d, Ganda-Kore bei Harar, Abessinien, 22. Oktober (Coll. v. Erlanger.) 


1900. (Coll. v. Erlanger.) 
Die mit „b“ bezeichneten Nebenfiguren stellen die Färbung der Sekundärschwingen dar. 


Die mit „ec“ bezeichneten (in Nummer und Anordnung den Vollbildern entsprechend) die Färbung 
der oberen Schwanzdecken. 


6. 7. 8. Federn des Jugendkleides (Unterseite): 
6. M. c. canorus (Rislach), die hellen Binden gehen nicht bis zum Schaft. 
7. M. c. metabates (Heugl.), „ » R sehen bis an den Schaft (Schaft dunkel). 
8. M. c. poliopterus (Cab.), »  » r gehen durch den Schaft (Schaft hell). 


Erklärung zu Tafel VI. 


Aceipiterihilgerti Erl. 


© Fluss Daroli, Arussi-Gallaland, 18. Februar 1901. 


Typus. 


Färbung der Augen, der Wachshaut und der Füsse nach 
Hilgerts Aufzeichnungen. 


Journ. f. Ornith. 1904. YeBuc WOIG 


Aceipiter hilgerti Erl. 


Steinzeichn. v. O. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Journ, f. Ornith. 1904, Taf.vre 


Accipiter minullus tropicalis Rchw. 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Brklärung zu Tafel WM. 


Accipiter minullus tropicalis Rehw. 


Oben: 


g ad. Umfudu, Süd-Somaliland, 24. Juni 1901. 


Unten: 


© ad. Umfudu, Süd-Somaliland, 18. Juni 1901. 


Brklärung zu Tafel VII. 


Oben: 
Accipiter minullus minullus (Daud.) 


g ad. Kaffernland. Krebs leg. (Mus. Berlin.) 


Unten: 


Accipiter minullus intermedius Erl. 


9 ad. Abela, Südschoa (Seengebiet), 11. Dez. 1900. Typus 


Journ. f. Ornith. 1904. at VARIoe 


Accipiter minullus minullus (Daud.) 
Aceipiter minullus intermedius Erl. 
Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Journ. f. Ornith. 1904. Taf IX 


Hieraaetus spilogaster (Du Bus] Bp.) 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Erklärung zu Tafel IX. 


Hieraaetus spiüogaster ([Du Bus] Bp.) 


Gepaartes Paar am Horste erlegt, Hanole, Süd-Somaliland, 
1. Juli 1901. 


Oben: d ad. 
Unten: 2 ad. 


Erklärung zu Tafel \. 


Hieraaetus fasciatus minor Erl. 
Typen. 


Gepaartes Paar am Horste erlegt am 24. Februar 1900, 
Dambale bei Artu, N. Somaliland. 


Oben: d ad. 


Unten: 8 ad. 


(Der Horst enthielt 2 Eier.) 


Journ. f. Ornith. 1904. Tal.x 


Hieraaetus fasciatus minor Eri. 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Erklärung zu Tafel Al. 


Buteo anceps Mir. Brehm. 


Oben: 


9, Harar, Abessinien, 23. Oktober 1900. 


Unten: 


g, Mara, Süd-Abessinien (Djam-Djam), 
20. Januar 1901. 


Unten links: Unten rechts: 


mittlere Schwanzfeder mittlere Schwanzfeder 
des g. des ®. 


Journ. f. Ornith. 1904. NUEBES DO 


Buteo anceps Alfr. Brehm. 
teinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


ne Omith, 1904. Par x 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Erklärung zu Tafel XI. 


Milvus. 


1. Milvus aegyptius (Gm.) 


g, El Hota, Süd-Arabien, Sultanat Lahadsch, 
23. Dezember 1899. 


2. Milvus korschun reichenowi Erl. 


g, Gafsa, Tunesien, 11. Mai 1899. 


3. Milvus korschun korschun (Gm.) 


Q, Westpreussen, Klein Lutau, 27. Mai 1899. 
Ovarium 1 cm. gross. 


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Journ. f. Ornith. 1904. Taf. XIV. | 


Falco eleonorae schistaceus (Hempr. & Ehr.) 
Falco eleonorae Gene 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Erklärung zu Tafel XV. 


Oben: 


Falco eleonorae schistaceus (Hempr. & Ehr.) 


Insel Barcan, Rotes Meer. (Mus. Berlin.) 


Unten: 


Falco eleonorae Gene. 


g, Griechenland, 4. August 1897. (Coll. v. Erlanger.) 


Erklärung zu Tafel X. 


Falco concolor Temm. 


Oben: 


g ad. Domaso, Süd-Somaliland, 15. Mai 1901. 


Unten: 


© ad. Domaso, Süd-Somaliland, 14. Mai 1901. 


Nebenfigur: 
Eigentümlich verkrüppelter Fuss des 9. 


(Kralle der Aussenzehe verloren, 
» „ Hinterzehe missgestaltet.) 


Journ. f. Ornitn. 1904. YO DKM 


Falco concolor Temm. 


teinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Journ. f. Ornith. 1904. Taf. XI 


Cerchneis tinnunculus arthuri (Gurn.) 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


Erklärung zu Tafel XV. 


Cerchneis tinnunculus arthuri (Gurn.) 


Oben: 


Q©, Ganda-Kore bei Harar, Abessinien, 23. Oktober 1900. 


Unten: 


g, Harar, Abessinien, 10. März 1900. 


Erklärung zu Tafel XV. 


Cerchneis fieldi EI. 


Oben 8, unten 3, beide: 


Warabot [Route Zeila-Djeldessa], Nord-Somaliland, 
12. Januar 1900. 


Journ, f. Ornith. 1904. NEUEIENDE 


Cerchneis fieldi EIl. 


Steinzeichn v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. Fr. Eugen Köhler. 


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Journ. f. Ornith. 1904. Tar. Xu 


Asio otus abyssinicus (Guer.) 


Steinzeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. W. Greve. 


Erklärung zu Tafel XI. 


Asio otus abyssinicus (Guer.) 


Links: 


Q 
Ladscho, 


Süd-Abessinien, 
1l. Februar 1901. 


Unten links: 


Federn der Unterseite 
von 


Asio otus abyssinieus 
(Guer.) 


Rechts: 


6) 
Waramgambo, 
Süd-Abessinien, 
18. Februar 1901. 


Unten rechts: 


Federn der Unterseite 
von 
Asio otus otus (L.) 


Erklärung zu Tafel AN. 


Oben: 


4Asio leucotis nigrovertex Erl. 


©, Roba-Schalo, Abessinien, 1. Dezember 1900. 


Unten: 


Asio leucotis leucotis (Temm.) 


—, Deutsch Südwestafrika, Volkmann leg. 
(Mus. Berlin.) 


urn. f. Ornith. 1904. eEuL DRDK. 


Asio leucotis nigrovertex Erl. 


Asio leucotis leucotis (Tem.) 
ızeichn. v. ©. Kleinschmidt. Buntdruck v. W. Greve. 


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Im Auftrage der 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 
herausgegeben 
von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Beriin, 
Generalsekretär, der Deutschen Oinithologischen Gesellschaft, Ehrenmitglied der Natur- 
forschenden ‚Gesellschaft des Osterlandes, der American Ornithologists’, Union, 
der British Ornithologists’ Union, der Ungarischen Ornithologischen Centrale, 

der Ornithol, Vereine in Leipzig und München u.a. 


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Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Omitholozischen Gesellschaft. 


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GEGRÜNDET VON J. CABANIS 


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Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 


herausgegeben 
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. Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Ormithologischen Gesellschaft. 


Heft II. LI. Jahrgang. 


Leipzig 1904. 
Verlag von L. A. Kittler. 


- London, Paris, New-York, 
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GEGRÜNDET VON J. CABANIS 


Im Auftrage der 


herausgegeben 


von 


Prof. Dr. Ant. Reichenow, 


Kustos der Ornithologischen Abteilung des Kgl. Zoologischen Museums in Berlin, 
Generalsekretär der Deutschen Ormithologischen Gesellschaft. 


Deutschen Ornithologischen Gesellschaft 
Heft Iv. LI. Jahrgang. 1904. 


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